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Je Woche 11. Jahrgang ISSN 1862 – 1996
Kulturexpress
unabhängiges Magazin Ausgabe 52
20. – 26. Dezember 2015
DAM Architecural Book Award 2015
Inhalt
o DAM Architecural Book Award 2015 verliehen
o Holzverbindungen. Gegenüberstellung japanischer und europäischer Lösungen (Neuauflage 2015) Hg. von Wolfram Graubner DVA
o Schwedischsprachiges Handbuch über die Renovierung alter Holzhäuser
o Auf der Suche nach 0.10 - russische Avantgarde von 1915 futuristische Malerei
o Ende des Jahres ziehen die ersten Flüchtlinge in den umgebauten 'Labsaal'
Zeitschrift für Kunst, Kultur, Philosophie, Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie Kulturexpress verpflichtet sich unabhängig über wirtschaftliche, politische und kulturelle Ereignisse zu berichten. Kultur-
express ist deshalb ein unabhängiges Magazin, das sich mit Themen zwischen den Welten aus Wirtschaft und Kultur aber
auch aus anderen Bereichen auseinandersetzt. Das Magazin bemüht sich darin um eine aktive und aktuelle Bericht-
erstattung, lehnt jedoch gleichzeitig jeden Anspruch auf Vollständigkeit ab.
Impressum Herausgeber Rolf E. Maass
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USt-idNr.: 54 036 108 722
redaktion@kulturexpress.de
DAM Architecural Book Award 2015 verliehenFoto (c) Kulturexpress, Meldung: Deutsches Architekturmuseum DAM, Frankfurt am Main
Die Frankfurter Buchmesse bringt es an
den Tag den DAM Architectural Book
Award, der jedes Jahr aufs Neue
anlässlich der Buchmesse die besten
Architekturbücher bekanntgibt. Das
Architekturmuseum in Frankfurt hat 2015
zum siebten Mal den Internationalen
Buchpreis vergeben. Die feierliche
Preisverleihung fand am 14. Oktober in
den Räumen des DAM in Frankfurt statt.
Der in seiner Art einmalige und mittlerweile angesehene Preis zeichnet die besten
Architekturbücher eines Jahres aus. Dem gemeinsamen Aufruf sind 63 Architektur- und
Kunstbuchverlage weltweit gefolgt. Eine Fachjury aus externen Experten sowie Vertretern des
DAM hat sich am 30. September 2015 getroffen und aus 178 Einsendungen nach Kriterien wie
Gestaltung, inhaltliche Konzeption, Material- und Verarbeitungsqualität, Grad an Innovation und
Aktualität die zehn besten Architekturbücher des Jahres ausgewählt. Seit seiner ersten Auslobung
2009 erfährt der DAM Architectural Book Award eine stetig wachsende weltweite Resonanz. Das
ist zugleich als Aufforderung an Verlage gedacht, um sich an der Auswahl zu beteiligen.
Das breite Spektrum der Themen und das hohe Niveau der Einsendungen stellt die Jury jedesmal
vor eine Herausforderung. Zum wiederholten Mal haben die Juroren entschieden, nicht nur zehn
Preisträger zu bestimmen, sondern auch zehn weitere Einsendungen für die Shortlist des DAM
Architectural Book Awards 2015 auszusuchen.
Der externen Fachjury gehörten in diesem Jahr an: Cornelia Mechler (Verlag Scheidegger &
Spiess Zürich), Christian Huther (Architekturkritiker), Mario Lorenz (Gestalter deserve
Wiesbaden), Petra Gerschner (Fotografin München), Alexander Sahm (Buchhandlung Walter
König Frankfurt), Marietta Andreas (Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft der Freunde des
DAM).
Die internen Juroren waren: Peter Cachola Schmal (Direktor DAM), Annette Becker (Kuratorin
DAM), Oliver Elser (Kurator DAM), Christina Budde (Kuratorin Architekturvermittlung DAM \
Koordination DAM Architectural Book Award 2014), Brita Köhler (Öffentlichkeitsarbeit DAM).
Der DAM Architectural Book Award 2015 wird gefördert von der Gesellschaft der Freunde des
DAM e.V.
Preisträger und prämierte Bücher
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DUTCH DIKES
Verlag: nai010 Publishers Rotterdam
Autoren und Herausgeber: LOLA Landscape Architects: Eric-Jan Pleijster,
Cees van der Veeken
Mitwirkende: Tracy Metz, Eric Luiten, Steffen Nijhuis, Hans Renes, Henk Ovink
Künstlerische Gestaltung: Koehorst in´t Veld
AN IGLOO ON THE MOON
Verlag: Circa Press London
Autor: David Jenkins
Künstlerische Gestaltung: Jean-Michael Dentand
Illustration: Adiran Buckley
JAN KAPLICKÝ DRAWINGS
Verlag: Circa Press London
Autoren: Ivan Margolius, Richard Rogers
Künstlerische Gestaltung: Jean-Michael Dentand
YOUNG - OLD
Verlag: Lars Müller Publishers Zürich
Autor: Deane Simpson
Künstlerische Gestaltung: Studio Joost Grootens, Rebekka Kiesewetter,
Michael Amman, Lars Müller Publishers
Fotografie: Deane Simpson
ELEMENTS OF VENICE
Verlag: Lars Müller Publishers Zürich
Herausgeber: Giulia Foscari
Autor: Giulia Foscari
Künstlerische Gestaltung: Giulia Foscari mit Integral Lars Müller
Fotografie/Illustration: Claire Scoville, Giulia Foscari
1972. NAKAGIN CAPSULE TOWER
Verlag: Kehrer Verlag Heidelberg
Autoren: Noritaka Minami, Julian Rose, Ken Yoshida
Künstlerische Gestaltung: Sean Sullivan
Fotografie: Noritaka Minami
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DICHTE ATMOSPHÄRE
Verlag: Birkhäuser Verlag Basel
Herausgeber: Dietmar Eberle
Autor: Eberhard Tröger
Künstlerische Gestaltung: Claudia Klein
Fotografie: Claudia Klein, Michael Heinrich
THE ARCHITECTURE SCHOOL SURVIVAL GUIDE
Verlag: Laurence King Publishing London
Autor: Iain Jackson
Herausgeber: Liz Faber
Künstlerische Gestaltung: Two Sheds Design, The Urban Art
Illustration: Iain Jackson
FRIEDRICH WEINWURM. ARCHITEKT
Verlag: Slovart Publishing Bratislava
Herausgeber: Daniela Marsinová
Autor: Henrieta Moravcíková
Künstlerische Gestaltung: Lubica Segecová
Fotografie: Olja Triaška Stefanovic
WALLS THAT TEACH
Verlag: Jap Sam Books Heijningen
Herausgeber: Susanne Pietsch und Andreas Müller
Autoren: Susanne Pietsch and Andreas Müller (editors\introduction), Tom
Avermaete, Marina van den Bergen, Dolf Broekhuizen, Peter Blundell
Jones, Matthias Donath, Jennifer Mack, Marco di Nallo, Susan Reid, Sue
Robertson, Piet Vollaard
Künstlerische Gestaltung: Design Sandra Kassenaar \ David Bennewith
(Colophon), Amsterdam
Gruppenfoto DAM Architectural Book Award 2015 mit Museumsdirektor Peter Cachola-Schmal
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Shortlist
ATLAS OF THE FUNCTIONAL CITY
Verlag: gta Verlag Zürich
Herausgeber: Evelien van Es, Gregor Harbusch, Bruno Maurer, Muriel Pérez, Kees Somer, Daniel Weiss
Autoren: Enrico Chapel, Konstanze Sylva Domhardt, Evelien van Es, András Ferkai, Helen Fessás-Emmanouil,
Sokratis Georgiadis, John R. Gold, Gregor Harbusch, Eric T. Jennings, Espen Johnsen, Tamara Bjažic-Klarin, Martin
Kohlrausch, David Kuchenbuch, Bruno Maurer, Eric Mumford, Paolo Nicoloso, Muriel Pérez, Pauline K.M. van
Roosmalen, Vincent van Rossem, Josep M. Rovira, Ute Schneider, Rainer Schützeichel, Kees Somer, Klaus
Spechtenhauser, Iwan Strauven, Daniel Weiss, Sophie Wolfrum
Künstlerische Gestaltung: Studio Joost Grootens
HEBELSTABWERKE
Verlag: gta Verlag Zürich
Autor: Udo Thönnissen
Künstlerische Gestaltung: Bruno Margreth, Laura Vuile, Zürich
ERNST NEUFERT, PETER NEUFERT
Verlag: HatjeCantz Ostfildern
Herausgeber: Johannes Kister, Lilian Pfaff, Nicole Delmes
Autoren: Michael Kasiske, Johannes Kister, Lilian Pfaff
Künstlerische Gestaltung: Seltisch Weig, Düsseldorf
Fotografie: Noshe
LEARNING FROM LAS CUENCAS
Verlag: a+t ediciones Álava
Herausgeber: Sara López Arraiza, Nacho Ruiz Allén
Autoren: Sara López Arraiza, Nacho Ruiz Allén
Künstlerische Gestaltung: Sara López Arraiza, Nacho Ruiz Allén, Bis Dixit, Eujoa
Fotografie: José Francisco Arias, Oscar Á vila, Basurama, Bis Dixit, Edu Comelles, Cómo crear historias, Antonio
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Corral, Bárbara Fluxá, Fran Meana, Marcos Matínez Merino, Mind Revolution, OSS Office for Strategic Spaces,
Recetas Urbanas, Daniel Romero
FRANKFURT 1950–1959
Verlag: Niggli Verlag Sulgen\Zürich
Herausgeber: Wilhelm E. Opatz, Deutscher Werkbund Hessen
Künstlerische Gestaltung: Wilhelm E. Opatz
Fotografie: Georg Ch. Dörr, Ursula Edelmann
LUDWIG LEO AUSSCHNITT
Verlag: AA Publications London
Herausgeber: Antje Buchholz, Jack Burnett-Stuart, Gregor Harbusch, Michael von Matuschka, Jürgen Patzak-Poor
Künstlerische Gestaltung: Claire Lyon, Thomas Weaver, Zak Kyes
INFORMAL MARKET WORLDS ATLAS
Verlag: nai010 publishers Rotterdam
Autoren: Peter Mörtenböck, Helge Mooshammer
Künstlerische Gestaltung: Joost Grootens, Studio Joost Grootens, Amsterdam
Fotografie: Joost Grootens (maps)
KLASSE SCHULE
Verlag: ifa Verlag Bonn
Autoren: Valérie Hammerbacher, Diébédo Francis Kéré, Paula Melaneo u.v.m.
Herausgeber: Institut für Auslandsbeziehungen e.V. ifa-Galerie Stuttgart
Künstlerische Gestaltung: Philippa Walz, Stuttgart
Fotografie: Diverse
PLATZ-ATLAS
Verlag: Birkhäuser Basel
Herausgeber: Sophie Wolfrum
Autoren: Sophie Wolfrum, Nikolai Frfr. V. Brandis, Alban Janson
Künstlerische Gestaltung: Hug & Eberlein: Nina Hug, Stephan Eberlein, Jana Seiter
KRITIK DER KRITIK
Verlag: Dölling und Galitz Verlag Hamburg\München
Herausgeber: BDA Landesverband Bayern, Michael Gebhard
Künstlerische Gestaltung: Stephanie Krieger
Auslage der eingereichten Bücher
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Kultexpress ISSN 1862-1996 vom 25. Dezember 2015
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Holzverbindungen. Gegenüberstellung japanischer undeuropäischer Lösungen (Neuauflage 2015) herausgegeben vonWolfram Graubner bei DVA Bucheinband: Deutsche Verlagsanstalt
Ein anspruchsvolles Unterfangen, europäische
Holztechniken mit den japanischen zu vergleichen.
Hugo Kükelhaus (1900-1984) hebt in seinem Beitrag
vor allem die anthropologischen Wurzeln als Ursache
der Unterschiede hervor. Werkverfahren sind an
bestimmte Gesetzlichkeiten gebunden, was zunächst
durchaus auf Ähnlichkeiten der jeweiligen Länder in
Bezug auf deren Zimmererarbeiten schließen lässt.
Daraus resultiert die Ansicht der gemeinsamen
Ursprünge in der Holzverbindungstechnik zwischen Ost
und West.
Leseprobe...
Sägewerkzeuge wurden zeitgeschichtlich erst in jüngerer Zeit bei der Herstellung von
Holzverbindungen herangezogen. Nut und Feder zeigen sich dagegen mit als älteste
Flächenverbindungen. Schlag- und Spaltwerkzeuge sind geschichtlich gesehen am ältesten bei
der Bearbeitung von Holz. So unscheinbar Holzverbindungen sind, so spiegeln sich in ihnen
geometrische Bedingungen und verschieden wirkende Krafteinwirkungen. Besonderes
Augenmerk liegt auf entgegengesetzt wirkende Kräfte.
Eine Reihe unterschiedlicher Beispiele wozu die Gegenüberstellung von Holz in Holz
Verbindungen mit Metallteilen gehört. Wobei traditionelle Holzverbindungen und regionale
Bedingungen unmittelbar Einfluss aufeinander haben bei der Verarbeitung. Aufgezeigt wird wie
das Brandverhalten von Holz enorm an Bedeutung gewinnt, um Kenntnis über ein brennbares
Material zu erhalten. Technische Hinweise ergänzen den Lehrgang: Trocknung und Lagerung,
Einschnittmethoden, welche Hölzer als Bauhölzer geeignet sind und mehr. Letztere werden sogar
unterstrichen dargestellt. Das zeigt, wie sehr das Manuskript zum Buch auf historischer Vorlage
beruht. Autor Hugo Kükelhaus von Beruf Tischler, Künstler und Pädagoge ist schon 1984
gestorben. In dessen Geiste wirkt Graubners Buchvorhaben weiter, indem traditionelle
Werkverfahren und Gesetzmäßigkeiten sinnvoll weitergegeben werden. Wirksam damals wie
heute.
Die Entwicklung der Holzbauweise beginnt bei den Pfahlbauten. Die Stabbauten folgen.
Einführung der Grundschwelle und Rahmen sowie Gebindebauweisen kommen vor. Daraus
spricht handwerkliches Verständnis, wozu menschliches Geschick zählt. Exemplarisch werden
Dachkonstruktion mit Pfette und Tragebalken abgebildet, die üblicherweise heute noch in der
gleichen Art gebaut werden.
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 52 - 2015
Die traditionelle chinesische Bauweise wiederum unterscheidet sich von der Konstruktion
japanischer Holzverbindungen. Das zeigt sich vor allem an den Tempelbauten aus Japan. Eine
Fotoserie stellt den Arbeitsprozess eines japanschen Handwerkers dar, der gerade beim Sägen
ist. Insgesamt sind rund 400 sinnvolle japanische Holzverbindungen bekannt. Hochinteressant
sind Fügeformen, das sind Steckverbindungen aus Holz. Text und Abb. sind sehr schematisch im
Aufbau und fast ein wenig zu didaktisch in Bezug auf das Zimmererhandwerk, als das wirkliche
Unterschiede zwischen den Kulturen offenbart würden.
Sehr wirksam sind Fotos, die mit der Technik der verlorenen Form hergestellt wurden. Mit anderen
Worten haben fast alle Fotos einen schwarzen Hintergrund. Nur das dargestellte Detail aus Holz
erscheint hell im Vordergrund. Dadurch entsteht ein fast ungebrochener Kontrast der Flächen. Die
Betonung des Sachlichen wird damit erhöht, um nicht zu sagen überhöht.
Zapfenstoß, doppelte Schäftung, das Blatt, der schräge Stoß, der stumpfe Stoß,
Längsverbindungen, Stabzapfen und viele Begriffe mehr, die sich nacheinander sowohl mit s/w
Foto als auch mit Schemazeichnung wirkungsvoll präsentieren. Schwalbenschwanzverbindungen,
Schlitzzapfen, Kreuzzapfen, Sichelzapfen Fremdverbinder, Fixierschlösser. Holz kennt keine
Grenzen in seiner Variabilität, was Bearbeitung und Ausführung angeht.
Holzverbindungen
Gegenüberstellung japanischer und europäischer Lösungen
Hrsg. Wolfram Graubner
Deutsche Verlags-Anstalt, Neuauflage 2015
gebunden, 176 Seiten, zahlreiche Abb.
Größe: 24 x 30,5 x 1,9 cm
ISBN: 978-3421039958
Kultexpress ISSN 1862-1996 vom 26. Dezember 2015
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Schwedischsprachiges Handbuch über die Renovierung alterHolzhäuser Bucheinband: Ica bokförlag
Schon 2007 ist "Vård av gamla hus. Undersöka och
återgärda" von Autor Lars Eric Olsson im Schwedischen
erschienen, ein Handbuch das anschaulich bei der
Vermittlung alter Handwerkstechniken Auskunft gibt. Die
schwedische Holzbauweise hat eine lange Tradition. Holz
ist ein nachwachsendes Naturprodukt. Die schwedischen
Wälder sind reich und ausgedehnt, so dass die
Verwendung des Materials naheliegend ist. Der
Variantenreichtum dieser Holzhäuser ist entsprechend
vielfältig.
Interessant sind die vielen abgebildeten Fotos zum Beispiel
während der Freilegung eines Kachelofens oder Hausbeispiele, die anhand schematisierter
Grundrisse und Skizzen zu Konstruktion und Ausführung verschiedener baulicher Details verknüpft
sind. Oftmals entsteht damit auch der Versuch die Allgemeingültigkeit einer Bauweise historisch
herzuleiten.
Aufarbeitung und Untersuchung bei der Vielfalt schwedischer Holzhäuser wäre eine eigene bisher
noch unentdeckte Forschungsaufgabe. Die Häuser zu beschreiben, zu fotografieren und zu
katalogisieren. Welche Typologien, Stile und Formen zum Vorschein kommen. Dahinter verbirgt
sich ein nicht gehobener kulturhistorischer Schatz von immenser Bedeutung auch für die
Geschichte des Landes. Was sich hinter Holzfassade und Fußbodenbelag alles so verbirgt,
offenbart so manches Geheimnis traditioneller Zimmermannstechnik, die auch in der Gegenwart
Anwendung findet. Abwechslungsreichtum in Konstruktion und baulicher Umsetzung sind
individuell. Obwohl immer die gleichen Gegebenheiten zur Ausführung kommen, welche dem
häuslichen Wohlstand dienen. Dazu zählen Räumlichkeiten wie: Küche, Herd, Backstube, Flur,
Wohnstube, Esszimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer, Arbeitszimmer, Veranda, Wintergarten,
Speisekammer, Dachboden und vieles andere mehr. Daran angeschlossen ist meist ein
passender Schuppen etwas außerhalb stehend. Die Pflege und Renovierung bedürfen einer
sachlichen Orientierung, um Schritt für Schritt und mit Bedacht vorzugehen. In vielen Dingen
folgen die Holzbauten auch der staatlichen Aufsicht, die in früheren Jahrhunderten viel stärker auf
Baubestimmungen einwirkte, als dies heutzutage der Fall ist.
Schwedische Holzhäuser stehen überwiegend auf dem Land, auf Schwedisch mit "Stuga"
bezeichnet. Die größeren Häuser sind Villen, wie die aus Astrid Lindgrens Erzählungen. Mehrere
Häuser bilden Häusergruppen. Das sind Höfe, Landgüter oder Dorfgemeinschaften. Letztere
stehen in einem baulichen Kontext zueinander. Das Konstruktionsverständnis ist Grundlage bei
Renovierungen, um vorhandene oder bevorstehende Bauschäden sachgerecht zu beseitigen. In
der Fragestellung wendet sich das Handbuch damit an Hausbesitzer, die ihr Holzhaus besser
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 52 - 2015
kennenlernen sollen. Zugleich kommt die Frage auf, welchen ethischen Grundsätzen das
schwedische Holzhaus gemeinhin folgt. Oftmals stehen staatliche Auflagen dahinter, die in
früheren Zeiten helfen sollten, die weit auseinander und verstreut liegenden Häuser sichtbar zu
machen und von der Natur abzuheben. Weshalb Gebäude von außen rot angestrichen sein
mussten. Diese Verordnung wurde mittlerweile aufgehoben. Es soll jedoch erkennbar bleiben:
Hier wohnt jemand, die Gegend ist bewohnt.
Das Inhaltsverzeichnis ist in mehrere Kapitel geteilt. "Att lära känna en byggnad" lässt den Leser
das Haus mit seinen Eigenschaften kennen lernen, um darüber zu urteilen, welche
Baumaßnahmen notwendig sind und wo angesetzt werden muss. Dabei wird über den Wert
nachgedacht, den ein Haus haben kann abhängig von seinem Erhaltungszustand. Unterschieden
wird zwischen ökonomischem und kulturhistorischem Wert. Der Gebrauchswert eines Hauses
bemisst sich an den ursprünglichen Funktionen, die seit dem Hausbau noch vorhanden und in
Gebrauch sind. Der ökonomische Wert drückt sich in seinem Marktwert aus. Die
Immobilienbranche kennt viele Angebote, die in preislichen Dimensionen oftmals erheblich
variieren. So ein Haus kann auch über seinen Taxierungswert näher definiert werden, ein Wert der
in regelmäßigen Abständen meist jährlich in Listen publiziert wird. Auf dem Immobilienmarkt
geschieht dies zumeist in Zusammenhang mit Zahlen, die den Nennwert des Hauses festlegen.
Weitere Werte die ein Haus haben kann, werden im ersten Kapitel mit aufgeführt.
Der ethische Wert eines Hauses erklärt sich daher stark mit seinem kulturhistorischen Wert. Dafür
wird eine Untersuchung des Gebäudes benötigt. Aus welchem Material das Haus besteht und wie
dieses Material bei der Konstruktion verwendet wurde. Funktioniert das Abwassersystem, wie sind
die Fenster, wie ist der Fußboden und wie sind andere Bauteile erhalten. Diese Untersuchungen
führen schließlich zur Gebäudearchäologie, um herauszufinden welche Veränderungen das Haus
in früheren Zeiten schon durchgemacht hat bis zum Jetztzustand. Hilfreich können Fundstücke
sein, die im Keller oder woanders gelagert werden, deren Rekonstruktion am Gebäude eine
weitergehende Untersuchung beansprucht. Im weitesten Sinne setzt hier auch der Begriff
Bauforschung ein.
Daneben spielt die Farbgebung eine wesentliche Rolle für das Haus. Es gilt herauszufinden,
welche Farben für Innen und Außen verwendet wurden. Die Instrumente die hierbei zum Einsatz
kommen, sind Skalpell und Spachtel. Selbst Tapetenmuster sind von Interesse bei der
Rekonstruktion. Auch alte Werkzeugspuren sind wichtig für das Baugeschehen. Der Profilkamm
zeigt die Form der Profile, um alte vielleicht zerstörte Verzierungen nachvollziehbar zu machen
und zu erneuern. Nicht zuletzt hilft das Archiv bei der Suche nach Vorlagen, Plänen und alten
Fotografien weiter, welche bei der Ermittlung früherer baulicher Gegebenheiten hilfreich sein
können.
Das Kapitel über Verschlechterungsfaktoren befasst sich mit dem Zustand des Mörtels,
Hausschwamm, Kalibrierung, Verschlechterung der Lichtfaktoren, schädliche Insekten und
anderes mehr. Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, wie man einen Kachelofen
behandelt. Wichtiges Detail sind Türschwellen, die ersetzt werden, wenn sie nicht mehr vorhanden
oder unbrauchbar geworden sind.
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Vård av gamla hus. Undersöka och återgärda
Herausgeber: Mette Ramel (red.), Niklas Alveskog (form)
Illustrationen und Fotografien: Ulf Erixon
Ica Bokförlag, 2007
gebunden, 112 Seiten
Größe: 273 x 220 x 12 mm
Gewicht: 600 g
ISBN: 9789153428121
Sprache: Schwedisch
Kultexpress ISSN 1862-1996 vom 25. Dezember 2015
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Ausgabe 52 - 2015
bis 17. Januar 2016
Auf der Suche nach 0.10 - russische Avantgarde von 1915futuristische Malerei Bucheinband: Hatje Cantz
Was zu sehen ist, ist die Wiederholung einer
Ausstellung, die vom 19. Dezember 1915 bis 19.
Januar 1916 schon einmal und zwar in Petrograd
in Russland lief. Seinerzeit jedoch unter völlig
anderen Vorzeichen. Die neue Ausstellung
versteht sich als Versuch der kritischen
Rekonstruktion eines für die Kunstgeschichte so
bedeutsamen Ereignisses.
Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog bei Hatje
Cantz erschienen. Herausgegeben von Matthew Drutt.
Gewidmet ist der Katalog Anatolij Strigalev (1924 - 2015),
der neben Anna Szech und Maria Tsantsanoglou die
Beiträge zum Katalog verfasste. Der Katalog enthält eine
Chronik der Jahre 1905 - 1935, die von Anna Szech
zusammengestellt wurde. Sie gibt Hinweis wie sich die Malerei weiterverfolgen lässt auch nach
den politischen Veränderungen und der Russischen Revolution von 1917. Außerdem sind die
Biografien einzelner Künstler im Bildteil vorhanden, die ebenfalls von Anna Szech und von Irina
Arskaja verfasst worden sind.
Zu Anfang steht das Plakat in kyrillischen Schriftzeichen und den arabischen Ziffern 0,10. Es bildet
sozusagen die Einführung in einen Tatsachenbericht. Ab da beginnt die Suche, eine Suche nach
der letzten futuristischen Ausstellung der Malerei. Im ersten Stock eines Petrograders
Wohnhauses befanden sich die Ausstellungsräume. Das gelbe Haus befindet sich in zentraler
Umgebung nahe der Moika gegenüber dem Marsfeld, einem Exerzierplatz nicht weit vom reich
verzierten Winterpalais der russischen Zarenfamilie.
Im Mittelpunkt steht auch ein Bild, das von Kasimir Malewitsch gemalt worden ist und den Titel
trägt "Schwarzes Quadrat" von 1915, eine Ikone der modernen Kunst. Obwohl der Begriff Ikone in
diesem Zusammenhang nicht geeignet ist. Es handelt sich dabei um eine schlichte quadratische
Leinwand, die flächendeckend mit schwarzer Farbe bemalt wurde, so dass der Eindruck einer
schwarzen quadratischen Fläche entsteht. Mehr ist auf dem rahmenlosen Bild nicht zu sehen.
Doch das war schon genug, um neuartiges auszulösen. Daneben sind Bilder von Malewitschs
runder Kreis, Rechteck und flächiges Kreuz ebenfalls in schwarz auf hellen Grund gesetzte
reduzierte Formen. Ähnliche zeichenartige Motive gibt es auch in Rot oder Blau. Ein historisches
s/w Foto vom Ausstellungsraum gibt Aufschluss über die Petersburger Bildhängung.
Mit „Auf der Suche nach 0,10 – Die letzte futuristische Ausstellung der Malerei“ feiert die
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Fondation Beyeler einen der denkwürdigen Momente für die Entwicklung der Gegenwartskunst.
Die Ausstellung „0,10“ fand im Jahr 1915 in Petrograd (in das der deutschklingende Name der
russischen Hauptstadt – Sankt Petersburg – kurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges
geändert wurde) statt und sollte sich als eine der bedeutendsten des 20. Jahrhunderts erweisen.
Sankt Petersburg wurde zur Wiege der Russischen Avantgarde:
Mit „0,10“ setzt die Fondation Beyeler nach „Venedig“, „Wien 1900“, „Surrealismus in Paris“ ihre
Ausstellungsserie über Städte fort, die für die Entwicklung der modernen Kunst ausschlaggebend
waren. „0,10“ markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der modernen Kunst und beschreibt
jenen historischen Moment, als Kasimir Malewitsch seine ersten nicht-gegenständlichen Gemälde
schuf und Wladimir Tatlin mit seinen revolutionären Konter-Reliefs an die Öffentlichkeit trat.
Darunter befindet sich auch Tatlins "Blaues Konterrelief" aus dem Jahre 1914, einer
synthesostatischen Komposition aus Holz, Metall, Leder, Waschblau, Kreide und Leimfarben. Mit
den Maßen 79,5 x 44 x 7,3 cm aus einer Privatsammlung stammend.
Die meisten anderen Künstler, die an der ursprünglichen Ausstellung beteiligt waren, werden
ebenfalls in der kritisch rekonstruierten Version der Fondation Beyeler vertreten sein: Natan
Altman, Wassili Kamenski, Iwan Kljun, Michail Menkow, Vera Pestel, Ljubow Popowa, Iwan Puni,
Olga Rosanowa, Nadeschda Udalzowa und Marie Vassilieff.
Das einzigartige ist der Erfindungsgeist, den die russische Avantgarde an den Tag legte, um ihre
Werke zu erschaffen, muss man schon sagen. Aus diesen Bildern spricht Kreativität, eine eigene
Formensprache, wie das in den Zeiten danach und in der Sowjetunion nicht mehr der Fall
ist. Politik und Russische Revolution vertreten bald andere Ideale, die mit Kubismus und
Suprematismus nicht mehr einher gingen. Einfache und doch intensive Ausdrucksformen steckt in
Bildern und Reliefen und drückt über Jahrzehnte hinweg eine Ausdrucksform der eignen
Sprachlichkeit aus. Es bedeutete die Abkehr von der traditionellen russischen Kunst. Die
Gruppenausstellung von damals entfernte sich von allem, was bisher in der Malerei da gewesen
war.
"Ich warte auf gut ausgerüstete künstlerische Niederlassungen, wo die psychische Maschine des
Künstlers eine entsprechende Reparatur erhalten kann. Ich rufe alle meine Berufsgenossen auf.,
durch das das von mir gebotene Tor zum Sturz des überkommenen zu treten, damit ihr Geist den
Weg des Anarchismus beschreiten kann." Zitat Wladimir Tatlin.
Wassilij Kandinsky hatte um 1907 die abstrakte Malerei erfunden. George Braque, Pablo Picasso
und Juan Gris waren die ersten Vertreter einer Stilrichtung mit Namen Kubismus, das war
ebenfalls um 1907. Die Ausstellung in Russland war schon eine Weiterentwicklung. Die
Ausstellung hat nicht nur für Russland an kunsthistorischer Bedeutung gewonnen, sondern auch
für die gesamte westliche Welt seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Futuristische Malerei eigner
Ausprägung fand in späteren Jahren besonders in Italien intensive Ausprägung und starke
Verbreitung.
Doch die Kritiker antworteten mit Hohn und nannten die Ausstellung einen "chaotischem
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Gärungsprozess", der sich vor den Augen der Betrachter abspielt. Die Künstler waren gestraft. Es
heißt weiter: wenn man des Gebäude betritt, wird man von einem peinlichen Gefühl erfasst.
Urheber solcher Berichte war die bürgerliche Presse, die in diesem Punkt mit der breiten
Öffentlichkeit einer Meinung war.
Maria Tsantsanoglou beschäftigt sich in ihrem Katalogbeitrag näher dem Kunstsammler George
Costakis, der ursprünglich aus Griechenland kam. Der Sammler sah sich im stalinistischen
Regime mit zahlreichen Repressalien konfrontiert. Seine Wohnung fungierte dann in den 1960 und
70er Jahren als inoffizielles Museum für Moderne Kunst in Moskau. Costakis verließ Moskau im
Jahre 1977 und zog nach Griechenland um. Einen erheblichen Teils einer Sammlung stiftete er
der staatlichen Tretjakow Galerie in Moskau. In der Riehener Ausstellung ist neben anderen
Exponate aus dem Staatlichen Museum für zeitgenössische Kunst, Thessaloniki zu sehen.
Darunter ist das Bild "Schwarzes Rechteck" von Malewitsch aus dem Jahre 1915.
Im Anhang des Katalogs finden sich die Abbildungen zahlreich erhalten gebliebener Dokumente
und Manifeste, die ein Beleg sind für die revolutionäre Bedeutung der Kunstwerke von damals.
Abgedruckt ist Malewitschs Text "Vom Kubismus zum Suprematismus". Der neue malerische
Realismus, wie es heißt. Aber auch Tagebuchauszüge von Nadeschda Udalzowa sind Bestandteil
des Anhangs.
Auf der Suche nach "0,10 – Die letzte futuristische Ausstellung der Malerei"
Hrsg. Matthew Drutt, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, Texte von Sam Keller, Anatolij Strigalev, Anna
Szech, Maria Tsantsanoglou, Gestaltung von Miko McGinty
Hatje Cantz Verlag, Berlin 2015.
Leinen gebunden 272 Seiten, 188 Abb.
Größe: 25,20 x 31,00 cm
Deutsche Ausgabe ISBN 978-3-7757-4032-6
English Edition ISBN 978-3-7757-4033-3
Siehe auch: Auf der Suche nach 0,10 – Die letzte futuristische Ausstellung der Malerei
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Flüchtlingshilfe
Ende des Jahres ziehen die ersten Flüchtlinge in denumgebauten 'Labsaal' Foto (c) Kulturexpress Meldung: Pressemeldung der Stadt Frankfurt (pia)
Die Architektur des früheren
Mensagebäudes auf dem Campus
Bockenheim stammt von Ferdinand
Kramer. Die ABG Frankfurt Holding und
Johanniter-Unfall-Hilfe realisieren die
Notunterkunft jetzt für die Stadt Frankfurt.
Passend zur Ferdinand Kramer Ausstellung ist
der Hinweis, dass Ende des Jahres der bisher
leerstehende und frisch renovierte Labsaal als
Flüchtlingsunterkunft dienen soll. Dort befand
sich in früheren Jahren die Mensa als zentraler
Ort auf dem Campus an der Bockenheimer
Warte. Anfangs wurden einige Verzögerungen
laut, da sich die Umnutzung nicht so schnell
verwirklichen ließ. Die Architektur des Gebäudes
stammt von Ferdinand Kramer, dessen Witwe
Lore Kramer anlässlich der Ausstellung im
Architekturmuseum diesen Schritt begrüßte auch im Rückblick auf den Architekten. Ferdinand
Kramer war reformorientiert und ein an soziale Belange denkender Mensch. Er gab mit seiner
modernen Bauweise in den Nachkriegsjahren den Frankfurtern ein architektonisches Gesicht, da
seine Bauten von der amerikanischen Denkweise beeinflusst sind, die an der Umerziehung und
damit Erneuerung in Nachkriegsdeutschland auf fundamentale Weise orientiert war.
Das Labsaalgebäude ist ein moderner zweistöckiger Flachbau, der im Inneren überwiegend aus
großen Sälen und Fluren besteht. In den Sälen standen früher reihenweise Mensatische. Diese
Räume in einzelne Wohn- oder Übernachtungseinheit zu unterteilen, dürfte eine besondere
Herausforderung gewesen sein bei der Umgestaltung zu einem Flüchtlingswohnheim.
Als Notunterkunft für 160 Flüchtlinge hat die ABG Frankfurt Holding die ehemalige Mensa der
Goethe-Universität, den Labsaal, hergerichtet. Für den Betrieb der Unterkunft konnte die Stadt
Frankfurt die Johanniter-Unfall-Hilfe gewinnen, die die Räume zurzeit ausstattet. Vor dem Einzug
der ersten Bewohner Ende des Jahres informierten Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld, der
Vorsitzende der Geschäftsführung der ABG, Frank Junker, und der Regionalvorstand der
Johanniter-Unfall-Hilfe, Oliver Pitsch, am Mittwoch, 23. Dezember, über das gemeinsame Projekt
beim Pressegespräch zum Labsaalgebäude.
Ausdrücklich dankte Stadträtin Birkenfeld der ABG und den Johannitern für die zügige Umsetzung
des Projekts. „Das Land Hessen hat für das kommende Jahr angekündigt, die wöchentlichen
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 52 - 2015
Zuweisungen von Flüchtlingen an die Landkreise und Kommunen erneut anzuheben“, sagte die
Sozialdezernentin. „Angesichts dessen muss die Stadt weiter gemeinsam mit verlässlichen
Partnern wie der ABG und den Johannitern kurzfristig solche Notunterkünfte wie hier im Labsaal
schaffen, ohne die langfristigen Konzepte zur Integration der Flüchtlinge zu vernachlässigen.“
Zuletzt wurden im Schnitt 170 Flüchtlinge pro Woche aus den hessischen Erstaufnahme-
Einrichtungen nach Frankfurt zugewiesen. Diese Zahl wird in den kommenden Wochen
voraussichtlich auf bis zu 250 steigen. „Aufs Jahr gerechnet müssen wir uns also auf 12.000
weitere Flüchtlinge einstellen, die wir in Frankfurt zu versorgen und zu integrieren haben“, sagte
die Stadträtin.
Zusammen mit den 100 Wohnungen, mit denen die ABG die Flüchtlingshilfe der Kommune in der
gegenwärtig schwierigen Lage unterstütze, „gehört der Labsaal zu unserem Beitrag für eine
humanitäre Hilfsaktion“, sagte Junker. Damit beweise die ABG, „sich ihrer Verantwortung für das
alltägliche Leben der Menschen, die in unsere Stadt kommen, bewusst zu sein“.
Insgesamt habe die ABG mittlerweile 555 Plätze zur Verfügung gestellt, um den Flüchtlingen zu
helfen. Dazu gehöre der Erhalt von ursprünglich für den Abriss vorgesehenen Wohnungen ebenso
wie die Herrichtung früherer Büros der Wohnungsbaugesellschaft. Insofern steht die humanitäre
Hilfe „weit oben“ auf der Agenda der ABG, unterstrich Junker.
Der Labsaal gehört zu den Gebäuden des ehemaligen Campus Bockenheim der Goethe-
Universität, das die ABG im Zusammenhang mit dem Kulturcampus Frankfurt vom Land Hessen
erwirbt. Insgesamt umfasst das Areal gut 17 Hektar zwischen Senckenberganlage und Gräfstraße.
Die Universität nutzte den Labsaal bis Mitte der 90er Jahre für die mittägliche Versorgung ihrer
Studenten. Künftig sollen dort Flüchtlinge einen Schlafplätze finden und sich im Erdgeschoss in
eigens eingerichteten und nach Geschlechtern getrennten Sanitäranlagen waschen können.
Erst vor wenigen Monaten hatte die Stadt die kurzfristige Nutzung der früheren Mensa der
Goethe-Universität für Flüchtlinge als „gute Idee“ öffentlich präsentiert. „Wir kümmern uns um die
Menschen mit aller Sorgfalt“, unterstrich Oliver Pitsch von der Johanniter-Unfall-Hilfe bei dem
Pressegespräch.
Kultexpress ISSN 1862-1996 vom 23. Dezember 2015
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