Kommunikation 2 Ralf Rummer. Medial vermittelte Kommunikation.

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Kommunikation 2

Ralf Rummer

Medial vermittelte Kommunikation

Schriftliches und mündliches Kommunizieren

• Zeitliche Kopräsenz

• Physikalische Kopräsenz

• Externe Speicherung des Diskursprotokolls

Face-to-Face Kommunikation und Brief im Vergleich

Zeitliche Kopräsenz

Räumliche Kopräsenz

Externer Speicher

Face-to-Face

+ + -

Brief - - +

„Neue“ und alte Medien

• Forschungsgebiet Vergleich CMC vs. FTF

• Große Unterschiede bei den sog. „neuen“ Medien

• Systematisierung von Medien anhand der Dimensionen

Vgl. verschiedener IndividualmedienZeitliche Kopräsenz

Räumliche Kopräsenz

Externer Speicher

AB - - -/+

Brief - - +

E-Mail + - +

Chat + - +

FTF + + -

Nutzung medialer Unterschiede zur Erforschung der

Kommunikation

• Möglichkeit der systematischen Variation der genannten Dimensionen durch die Wahl des Mediums

• Daraus lassen sich Schlussfolgerungen allgemeiner Art ziehen, die dann medienspezifische Vorhersagen ermöglichen.

Schlussfolgerungen

• Vorteile beim Abruf starren Faktenwissens für die schriftliche Modalität.

• Bei wörtlichem Behalten: Vorteile bei kurzem Delay für mündliche Darbietung, sonst Vorteile für visuelle Darbietung.

• Eine Analyse medial vermittelter Kommunikation erfordert (zusätzlich zur Unterscheidung mündlich-schriftlich) die systematische Unterscheidung weiterer Dimension.

Common Ground

Was ist CG?

Die Konstruktion des CG im Dialog (Pickering & Garrod)

Der Prozess der CG Etablierung (Horton & Keysar)

CG Etablierung: Kontrolliert oder automatisch (Roßnagel)?

Wissen, was anderer wissen im Tierreich

Inhaltliche Determinanten der Sprachproduktion

• Ziele des Sprechers• Zu übermittelnde Information• Annahmen über den Partner (z.B.

Situationswissen, allgemeines Weltwissen)• Soziale Regeln (deontischer Kontext)

nach Herrmann (1985)

Inhaltliche Determinanten der Sprachproduktion

• Ziele des Sprechers• Zu übermittelnde Information• Annahmen über den Partner (z.B.

Situationswissen, allgemeines Weltwissen)• Soziale Regeln (deontischer Kontext)

nach Herrmann (1985)

Um unsere kommunikativen Ziele erreichen zu können, ist es nötig, wechselseitig voneinander zu wissen, welche Information dem jeweiligen Partner verfügbar ist.

Common Ground

Common Ground

• Von A und B geteiltes Wissen

• A weiß, dass B X weiß.

• B weiß, dass A weiß, dass B X weiß.

• A weiß, dass B weiß, dass A weiß, dass B x weiß.

• . . .

Spezifikation des Common Ground

• CG umfasst sowohl Welt- als auch Situationswissen.

• Weltwissen: – Wissen über den Kommunikationspartner, insbesondere

über dessen Wissensvoraussetzungen.

• Situationswissen:– Wissen über die partnerseitigen

Wahrnehmungsbedingungen;

– Kommunikationsprotokoll.

• Kognitive Aspekte (Prozesseigenschaften, Verortung im Sprachproduktionsprozess)

• Kommunikative Aspekte– Bedingungsanalyse (Fussell, Kraus)– Kommunikative Feinsteuerung (Clark)

Gegenstand der aktuellen Forschung

Gegenstand der aktuellen Forschung

• Kognitive Aspekte (Prozesseigenschaften, Verortung im Sprachproduktionsprozess)

• Kommunikative Aspekte– Bedingungsanalyse (Fussell, Kraus)– Kommunikative Feinsteuerung (Clark)

Ist die Etablierung des CG kontrolliert oder automatisch?

• Untersuchung von Roßnagel (2000).

• Es wird eine Situation, in der CG (von vornherein) vorhanden ist mit einer Situation verglichen, in der der CG auf Sprecherseite etabliert werden muss.

Roßnagel (2000, EJSP)

• Aufbau einer Dampfmaschine wird von Vpn einem Studierenden (CG vorhanden) oder einem siebenjährigen Kind gegenüber (nicht vorhanden) instruiert.– UV1: Partner ist Kind vs. Student

• Vpn und Studierende teilen einen CG; bei der Kommunikation mit dem Kind muss der CG aktiv hergestellt werden.

• Memory Load (6 Ziffern vs. Kontrolle)– UV2: mit oder ohne Sekundäraufgabe

Annahme: Ist der Unterschied zwischen den Partnern größer ohne Load, so kann dies als Indiz dafür gewertet werden, dass der Aufbau des CG kontrolliert erfolgt.

AV: Anzahl der verwendeten technischen (für die Kinder nicht verständlichen) Fachtermini.

Anzahl benutzter technischer Fachbegriffe

0

20

40

60

80

100

ohne

StudentKind

Anzahl benutzter technischer Fachbegriffe

0

20

40

60

80

100

ohne Load

StudentKind

Die Ergebnisse belegen, dass CG-Etablierung kognitiv beanspruchend sein kann.

Allerdings: Untersuchungen von Anderson & Garrod (1980) zeigen, dass sich ein CG auch beiläufig aufbauen kann. (Wie das geschieht, erklären z.B. Pickering & Garrod, 2004.)

Frage nach dem Time Course

• Es stellt sich die Frage danach, zu welchem Zeitpunkt die (kontrollierte) Etablierung des CG erfolgt.

• In der Literatur werden zwei Hypothesen unterschieden: – Die Initial-Design-Hypothese wird von sozial-kognitiv

ausgerichteten Psychologen vertreten (z.B. Clark; Kraus & Fussell);

– die Monitoring & Adjustment-Hypothese von eher kogntiv ausgerichteten Wissenschaftlern (Dell & Brown; Horton & Keysar).

Initial Design Hypothese (IDH)

• Etablierung des CG findet immer statt.

• Die Etablierung erfolgt vor Beginn der eigentlichen Sprechplanung.

• Menschen werden als primär interagierend aufgefasst.

Monitoring & Adjustment Hypothese (MAH)

• In der Regel genügt es, Äußerungen auf egozentrischer Basis zu planen.

• Partnerbezug erst im Zuge des Adjustmentprozesses, wenn während des Monitoringprozesses deutlich wird, dass die ursprüngliche Planung nicht ausreicht.

• Menschen werden als primär egozentrisch gesehen.

Blueprint of the Speaker (angelehnt an Levelt, 1989)

Conceptualizer

Formulator

Articulator

Rezeptions-system

Monitoring

Äußerung

Phonetischer Plan

kontrolliert

automatisch

internal

overt

Initial Design

Conceptualizer

Formulator

Articulator

Rezeptions-system

Monitoring

Äußerung

Phonetischer Plan

kontrolliert

automatisch

internal

overt

Common Ground

Monitoring & Adjustment

Conceptualizer

Formulator

Articulator

Rezeptions-system

Monitoring

Äußerung

Phonetischer Plan

kontrolliert

automatisch

internal

overt

Common Ground

Ein Entscheidungsexperiment von Horton und Keysar (1996,

Cognition)

Das experimentelle Paradigma

• Der Sprecher sieht immer zwei Objekte und beschreibt seinem Partner immer das obere.

• Der Partner soll ent-scheiden („ja“ vs. „nein“), ob ein ihm vorliegendes Objekt identisch ist.

Variablen

• Common Ground Manipulation:a. Der Partner sieht das Ziel- und das Kontextobjekt

(shared) (CG für beide Partner identisch). b. Der Partner sieht nur das Zielobjekt (privileged) (CG

muss etabliert werden).– Unter allen Bedingungen weiß der Sprecher, ob der

Partner das Kontextobjekt sieht oder nicht.

• Mit vs. ohne Zeitdruck: Selektive Unterdrückung der letzten Prozessstufen.

• AV: Anzahl der Referenzen auf das Kontextobjekt.

Shared

SP

Shared

SP

 

Shared

SP

Shared

SP

Privileged

SP

Privileged

SP

Privileged

SP

Privileged

SP

Anteil der Referenzen auf das Kontextobjekt

0

20

40

60

80

100

ohne Zeitdruck

SharedPrivileged

Anteil der Referenzen auf das Kontextobjekt

0

20

40

60

80

100

ohne Zeitdruck mit Zeitdruck

SharedPrivileged

Diskussion

• Ergebnisse belegen scheinbar die Annahmen der MAH.

• Zwei grundlegende Vorbehalte:– Zeitdruck wirkt nicht notwendigerweise auf die letzten

beiden Prozessstufen.– Vpn haben im Falle der „privilegierten“ Bedingung

keine reelle Chance, die Objekte so zu benennen, dass sie vom Kommunikationspartner zweifelsfrei identifiziert werden können (hierzu wäre etwa Interaktion nötig).

Ein aktuelles Modell menschlicher Kommunikation

• Pickering & Garrod (2004, BBS)– Direkte Verknüpfung der Sprecher- und Partnerrolle.

– Postulierung von Primingprozessen auf unterschiedlichen Ebenen.

– Dies ermöglicht es, zwischen einer automatischen und eine kontrollierten Etablierung des CG zu unterscheiden.

– In monologischen Situationen Beschränkung auf kontrollierte Etablierung.

Exkurs: Wissen, was andere wissen

(Theory of Mind) im Tierreich

Schimpansen

• Viele negative Befunde (z.B. Povinelli & Eddy, 1996; Call & Tomasello, 1999):

– Schimpansen strecken die Hand aus/betteln um Futter, selbst wenn der Experimentator sich abgewendet hat, oder gar einen Eimer auf dem Kopf hat, so dass er nichts sehen kann.

– Scheinbar positive Befunde treten nur nach vielen Lerndurchgängen auf und lassen sich daher lerntheoretisch erklären. (Byrne 1995; Heyes 1998)

Positive Evidenzen(Hare, Call & Tomasello, 2000, 2001; Tomasello et al., 2003)

• Food competition paradigm– Uninformed: Tür des Dom. bleibt verschlossen während das Futter

versteckt wird.

– Misinformed: Dom. Tür zunächst geöffnet während Futter versteckt wird, dann geschlossen, und Futter wird vertauscht. (“FB task?”)

– Kontrolle (x 2): Tür bleibt die ganze Zeitgeöffnet.

• Sub. erhält einen kurzen Vorsprung– Reagiert also nicht einfach auf

Verhalten von Dom.

• Keine Lerndurchgänge

Positive Evidenzen(Hare, Call & Tomasello, 2000, 2001; Tomasello et al., 2003)

• Mehr Futter für Sub. bei nicht oder falsch informierten Dom. (a)

• Weniger Durchgänge, in den Sub. nicht versucht ans Futter zu kommen bei nicht oder falsch informierten Dom. (b)

Überzeugungszuschreibung in Schimpansen zumindest ansatzweise vorhanden. – Sch. interpretieren, was Artgenossen sehen, und

erinnern, was sie gesehen haben. Sie wissen, was Andere wissen.