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Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Mathematischer Vorkurs – TU Dortmund Seite 76 / 226
Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Definition 6.1 (Zahlenfolgen)
Eine Zahlenfolge (oder kurz: Folge) ist eine Funktion f : 0 ! .Statt f(n) schreiben wir x
n
und schreiben abkurzend(x
n
) := (x0, x1, . . . , xk
, . . .) fur die Sammlung aller Bilder. xn
heißt n-tesFolgenglied.
Bemerkung: Manchmal macht es Sinn den Definitionsbereicheinzuschranken, dieser sollte allerdings dann keine “Lucken” haben.
Beispiele:
(n) hat den Definitionsbereich 0.�
1n
�
hat den Definitionsbereich .⇣
1(n+1)(n�4)
⌘
hat den Definitionsbereich �5.
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Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Technisches Hilfsmittel zur Beschreibung des Verhaltens von Zahlenfolgen:
Definition ("-Umgebung)
Fur a 2 und " > 0 heißt das o↵ene Intervall]a � ", a+ "[= {x 2 | |x � a| < "} die "-Umgebung von a und wirdmit U
"
(a) bezeichnet.
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Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Was bedeutet “Eine Folge lauft gegen einen festen Wert”?
Definition 6.3 (Konvergenz von Zahlenfolgen)
Eine Folge (xn
) heißt konvergent gegen den Grenzwert a, wenn gilt
8" > 0 9n0 2 0 8n � n0 : |xn
� a| < " .
Wir schreiben: lim
n!1xn
= a oder manchmal auch xn
! a (n ! 1) und
sagen: (xn
) geht gegen a fur n gegen unendlich, oder auch: (xn
)
konvergiert gegen a.
Satz 6.41 Eine konvergente Folge besitzt einen eindeutigen Grenzwert.
2lim
n!1xn
= a ist gleichbedeutend mit lim
n!1|x
n
� a| = 0.
3 Ist lim
n!1yn
= 0 und 0 xn
yn
fur alle n, so gilt lim
n!1xn
= 0.
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Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Und nun halten wir noch fest, was es bedeutet, wenn eine Folge nichtkonvergiert. Von “Nicht-Konvergenz” gibt es verschiedene Abstufungen.
Definition 6.5 (Divergenz)
1. Eine Folge, die nicht konvergent ist, heißt divergent.
2. Eine Folge (xn
) heißt uneigentlich konvergent, wenn gilt
8M 2 9n0 2 0 8n � n0 : xn > M
Wir schreiben in diesem Fall lim
n!1xn
= 1 oder xn
! 1 (n ! 1).
Analog macht man das fur �1.
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Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Beispiele 6.6:
1 Jede Folge, die konstant wird (d.h. es gibt eine Zahl m 2 , so dassxn
= xm
fur alle n � m), ist konvergent.
2 Die Folge�
1n
�
=
�
1, 12 ,13 , . . .
�
konvergiert gegen 0. Genauso auch dieFolge
�
1n
k
�
(falls k > 0).
3 Ist die Folge (xn
) uneigentlich konvergent und ist xn
6= 0 fur alle n,so konvergiert die Folge
�
1xn
�
gegen 0.
4 Die Folge�
(�1)
n
�
ist divergent.
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Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Definition 6.7 (Teilfolge)
Eine Teilfolge einer Folge erhalt man, indem man aus ihr eine beliebigeAnzahl von Gliedern weg lasst (keines, endlich oder unendlich viele), wobeiaber unendlich viele Glieder ubrigbleiben mussen.
Satz 6.8 (Eigenschaften von Teilfolgen)
1 Ist eine Folge konvergent gegen a, so konvergiert jede Teilfolgeebenfalls gegen a.
2 Hat eine Folge zwei Teilfolgen, die gegen unterschiedliche Grenzwertekonvergieren, dann ist die Folge divergent.
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Satz 6.9 (Rechenregeln fur konvergente Folgen)
Es seien (xn
) bzw. (yn
) konvergente Folgen und außerdem sei c 2 .Dann gilt
1lim
n!1(x
n
± yn
) = lim
n!1xn
± lim
n!1yn
.
2lim
n!1(c · x
n
) = c · lim
n!1xn
.
3lim
n!1(x
n
· yn
) = lim
n!1xn
· lim
n!1yn
.
4lim
n!1
xn
yn
=
lim
n!1xn
lim
n!1yn
(hierbei sei yn
6= 0 und lim
n!1yn
6= 0).
5 Ist xn
yn
oder xn
< yn
, dann gilt lim
n!1xn
lim
n!1yn
.
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Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Definition 6.10 (Grenzwert einer Funktion)
Es sei D ⇢ eine Teilmenge und x 2 D. Weiter sei f : D \ {x} ! eineFunktion. f hat in x den Grenzwert y wenn gilt:
Fur jede Folge (xn
) in D \ {x} mit lim
n!1xn
= x gilt lim
n!1f(x
n
) = y.
Man schreibt dann lim
x!x
f(x) = y. Die Definition lasst sich auch auf
x = ±1 oder y = ±1 erweitern.
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Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Definition 6.11 (Stetigkeit)
Es sei f : D ! eine Funktion auf der Teilmenge D ⇢ . Dann heißt ...
1 ... stetig in x0 2 D, wenn lim
x!x0f(x) = f(x0)
2 ... stetig, wenn f in jedem Punkt aus D stetig ist.
Beispiele 6.12:
1. Die Identitat und die Betragsfunktion sind stetig.
2. Die Signum-Funktion � : ! mit �(x) :=
8
>
<
>
:
1 falls x > 0
0 falls x = 0
�1 falls x < 0
ist nicht stetig.
3. Die Funktion f mit f(x) =1
xist stetig auf ihrem Definitionsbereich
D = \ {0}.4. Die Wurzelfunktionen f :
�0 ! �0 mit f(x) = npx fur n 2 N sind
stetig.Mathematischer Vorkurs – TU Dortmund Seite 85 / 226
Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Satz 6.13 (Rechenregeln fur Grenzwerte)
Es seien f, g : D \ {x0} ! Funktionen mit lim
x!x0f(x) = a und
lim
x!x0g(x) = b, sowie c 2 . Dann gilt
1lim
x!x0
�
f(x) ± g(x)�
= a ± b.
2lim
x!x0
�
c · f(x)�
= c · a.
3lim
x!x0
�
f(x) · g(x)�
= a · b.
4lim
x!x0
f(x)
g(x)=
a
b(falls b 6= 0).
Beispiele 6.12 [cont.]:
5. Die Potenzfunktionen sind stetig und die Polynome sind stetig.
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Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Satz 6.141 Es seien f, g : D ! stetig in x0 2 D und c 2 . Dann sind auch
f ± g, c · f , f · g und f
g
stetig (wobei im letzten Fall g(x) 6= 0 fur allex 2 D vorausgesetzt werden muss).
2 Ist f : D ! stetig in x0 2 D und g :
ˆD ! mit f(D) ⇢ ˆD stetigin f(x0) 2 ˆD, so ist g � f stetig in x0.
Satz 6.15
Die Winkelfunktionen und ihre Umkehrfunktionen sind stetig auf ihrenDefinitionsbereichen.
Beispiele 6.11 [cont.]:
6. f : x 7!px2 + 1 ist stetig.
7. x 7! arctan
�
sin(x)�
ist stetig.
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Kapitel 6 — Folgen und Stetigkeit
Nullstellensatz 6.16
Ist f : [a, b] ! eine stetige Funktion mit f(a) · f(b) < 0, so gibt es einx 2 [a, b] mit f(x) = 0.
Beispiel: Das Polynom f mit f(x) = x3 + 2x2 � x � 2 erfulltf(�3) = �8 < 0 und f(2) = 12, hat also eine Nullstelle in [�3, 2] (sogardrei: �2, �1 und 1).
Zwischenwertsatz 6.17
Es sei f : [a, b] ! eine stetige Funktion und es gelte f(a) 6= f(b). Danngibt es zu jedem y zwischen f(a) und f(b) ein x 2 [a, b], so dass f(x) = y.
Beispiel [cont.]: Das Polynom f mit f(x) = x3 + 2x2 � x� 2 nimmt sogarjeden Wert in [�8, 12] im Intervall [�3, 2] an.
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Kapitel 7 — Di↵erenzierbarkeit
Kapitel 7 — Di↵erenzierbarkeit
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Kapitel 7 — Di↵erenzierbarkeit
Definition 7.1 (Di↵erenzierbarkeit)
Es sei f : I ! eine Funktion auf dem o↵enen Intervall I ⇢ . f heißt...
1. ... differenzierbar in dem Punkt x0 2 I, wenn der Grenzwertdes Differenzenquotienten
lim
x!x0
f(x) � f(x0)
x � x0= lim
h!0
f(x0 + h) � f(x0)
h2
existiert. Dieser Wert wird dann mit f 0(x0) bezeichnet und heißt die
Ableitung von f an der Stelle x0.
2. ... differenzierbar auf I, wenn f an jeder Stelle x 2 Idi↵erenzierbar ist.
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Kapitel 7 — Di↵erenzierbarkeit
Grundlegende Beispiele 7.2:
f(x) f 0(x)
c 0
x 1
x2 2x
xn n · xn�1 , n 2
f(x) f 0(x)
1
x� 1
x21
xn� n
xn+1, n 2
sinx cosx
cosx � sinx
Wichtige Beobachtung: In der rechten Spalte taucht 1x
= x�1 nie auf!
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Kapitel 7 — Di↵erenzierbarkeit
Die Ableitung einer Funktion f kann man auch geometrisch interpretieren.
y
a x
T
Die Steigung der Tangente T im Punkta ist der Grenzwert der Sekantenstei-gungen.
Definition 7.3 (Tangente)
Die Gerade mit der Gleichung
y = f(x0) + f 0(x0) · (x � x0)
heißt Tangente an den Graphen von f im Punkt�
x0, f(x0)�
(kurz auch:Tangente an f in x0).
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Kapitel 7 — Di↵erenzierbarkeit
Bemerkung: Di↵erenzierbarkeit in x0 bedeutet also anschaulich, dass sichdie Funktionswerte von f in einer “kleinen Umgebung von x0” gut durchdie Werte der Tangente annahern lassen. Man sagt auch: f ist linearapproximierbar. Genauer:
Satz 7.4 (Lineare Approximation)
Es sei f : I ! eine Funktion auf dem o↵enen Intervall I ⇢ undx0 2 I. Dann sind folgende Aussagen aquivalent:
1. f ist di↵erenzierbar in x0.
2. Es gibt eine Zahl c 2 und eine Funktion � : I ! mitlim
x!x0�(x) = 0 und
f(x) = f(x0) + c · (x � x0) + �(x) · (x � x0) .
In diesem Fall ist c = f 0(x0).
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Kapitel 7 — Di↵erenzierbarkeit
Satz 7.5
Ist f : I ! di↵erenzierbar in x0 2 I, so ist f auch stetig in x0.
Definition 7.6 (Hohere Ableitungen)
1. Ist f auf I di↵erenzierbar, so heißt die Funktion f 0: I ! mit
x 7! f 0(x) die Ableitung von f .
2. Ist f di↵erenzierbar, und f 0 stetig auf I so nennt man f stetigdifferenzierbar.
3. Sind f und f 0 di↵erenzierbar auf I, dann nennt man die Funktionf 00
:= (f 0)
0 die zweite Ableitung von f .
4. Ebenso definiert man hohere Ableitungen f 000, f (4), . . .
5. f heißt k-mal stetig differenzierbar, wenn f (k) existiert undstetig ist.
6. f heißt glatt, wenn fur alle k 2 die Ableitung f (k) existiert undstetig ist.
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Kapitel 7 — Di↵erenzierbarkeit
Satz 7.7 (Di↵erentiationsregeln)
1. Summenregel (f + g)0(x) = f 0(x) + g0
(x)
2. Produktregel (f · g)0(x) = f 0(x) · g(x) + f(x) · g0
(x)
3. Quotientenregel
✓
f
g
◆0(x) =
f 0(x)g(x) � f(x)g0
(x)
g2(x)
4. Kettenregel (f � g)0(x) = f 0�g(x)�
· g0(x)
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Kapitel 7 — Di↵erenzierbarkeit
Satz 7.8 (Ableitung der Umkehrfunktion)
Es sei f auf dem Intervall I streng monoton und di↵erenzierbar und esgelte f 0 6= 0. Dann ist die Umkehrfunktion f�1 di↵erenzierbar aufJ := f(I). Fur y = f(x) 2 J , also x = f�1
(y), gilt dann
�
f�1�0(y) =
1
f 0(x)
.
Beispiel: Wir berechnen die Ableitung von f(y) = arcsin(y). Dann istf�1
(x) = sinx und wegen Satz 7.8 gilt
arcsin
0(sinx) =
1
cosx=
1
p
1 � sin
2 x,
mit y = sinx also schließlich arcsin
0(y) =
1
p
1 � y2.
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Kapitel 7 — Di↵erenzierbarkeit
Grundlegende Beispiele 7.2 [cont.]
f(x) f 0(x)
px
1
2
px
npx
1
nnpxn�1
n 2
tanx1
1 + tan
2 x=
1
cos
2 x
arcsinx1p
1 � x2
arccosx � 1p1 � x2
arctanx1
1 + x2
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Kapitel 7 — Di↵erenzierbarkeit
Weitere Folgerungen 7.9
1. (f2)
0(x) = 2 · f(x) · f 0
(x).
2. (fn
)
0(x) = n · fn�1
(x) · f 0(x).
3.
✓
1
f
◆0(x) = � f 0
(x)
f2(x)
.
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