Jürgen Bickhardt Palliativmedizin - Bestandsaufnahme und ... · Anstellung ohne Zusagen von...

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Jürgen Bickhardt

Palliativmedizin - Bestandsaufnahmeund Handlungsbedarf

PublikationVorlage: Datei des AutorsEingestellt am 15. Mai 2009 unterwww.hss.de/downloads/090428_RM_Bickhardt.pdf

AutorJürgen BIckhardt

Veranstaltung"Patientenverfügungen und Palliativmedizin"Expertentagung der Hanns-Seidel-Stiftungam 28. April 2009 im Konferenzzentrum München

PALLIATIVMEDIZINBESTANDSAUFNAHME UND HANDLUNGSBEDARF

IMPULSDr. med. Jürgen Bickhardt

EXPERTENRUNDE HANNS-SEIDEL-STIFTUNG

28. APRIL 2009

Unsere Antwort auf die Forderung nach gesetzlicher „Freigabe“ der Tötung auf Verlangen und der (kommerziell organisierten) Beihilfe zur Selbsttötung muss heißen:

Zügiger Ausbau von Palliativversorgung und Hospizarbeit

Respektierung des aktuell erklärten, vorausverfügten oder mutmaßlichen Willens von Schwerkranken und Sterbenden

ES KÖNNTE EIN WETTLAUF MIT DER ZEIT WERDEN !

Palliativmedizin und Hospizbewegung

Hospizbewegung und Palliativmedizin gehören zusammen. Ihr gemeinsames Ziel ist die umfassende Betreuung und Begleitung von Schwerstkranken und Sterbenden sowie von deren Angehörigen unter Berücksichtigung der kör- perlichen, psychosozialen und spirituellen Bedürfnisse und Nöte der Betroffenen.

Dieses Ziel ist nur im gemeinsamen vernetzten und gleichberechtigten Miteinander von Vertretern verschiede- ner Berufsgruppen und qualifiziert vorbereiteten ehren- amtlichen HospizhelferInnen unter Einbeziehung der Angehörigen erreichbar.

Multidisziplinäres Team

Patient

„An-gehörige“

Pflegende

Therapeuten

Umfeld

Hospizhelfer

Palliativmedizin/Hospizarbeit• Erkennt das Sterben als normalen

Prozess und wichtigen Teil des Lebens an• Beschleunigt oder verzögert das Sterben

nicht („Therapiezieländerung“)• Bietet Unterstützung für ein möglichst

aktives Leben bis zum Tode (wennmöglich in vertrauter Umgebung)

• Bietet Unterstützung für die Angehörigenauch über den Tod hinaus

DIE ZEIT, DIE MIT DER KRANKHEIT BLEIBT,SOLL SO GUT WIE MÖGLICH SEIN

4 Säulen der Hospiz- undPalliativbetreuung

.

. .

vernetzte Hospiz- undPalliativbetreuung

Symptomen

KontrolleKommunikation Rehabilitation Sterbebegleitung

Entwicklung in Deutschland(1967

• 1983• 1987

• 2008

England St. Christopher)

16 Jahre später:Palliativstation KölnHospiz Aachen

>180 Palliativstationen>160 Stat. Hospize>1200 Ambulante Dienste8 Lehrstühle, Studium,

Palliativ- und Hospizversorgungin Bayern (2007/2008)

4 Akademien für Palliativmedizin, Palliativpflege und Hospizarbeit

11 Stationäre Hospize (117 Plätze) 37 Palliativstationen (331 Betten) 130 Hospizgruppen

mit ca. 4000 HospizhelferInnen und ca. 150 000 Einsatzstunden

1 Lehrstuhl Großhadern (IZP)

Die Realität in DeutschlandVon allen Sterbenden (900 000/Jahr)

erhalten 2,3% eine Palliative-Care- Versorgung, 4,3% werden ehrenamtlich begleitet. Das ist zu wenig!

Gesundheitskosten/Jahr: 250 Milliarden € Palliativ-Care-Versorgung: 24 Millionen €

(ca. 1 Promille) Amb. Hospizbetreuung: 12 Millionen € (ca.

0,5 Promille)

DAS MUSS UND WIRD ANDERS WERDEN!

Gründe für Defizite

Mangel an palliativem „Know how“ (vor allem in der palliativen Basisversorgung)

Mangel an Aufklärung über die Möglichkeiten von Hospizarbeit und Palliativbetreuung

Mangel an Kommunikation (Schnittstellen- problematik) und Vernetzung

Mangel an Geld

Ziele einer verbessertenhospizlichen und palliativen Versorgung

(1)

Verbesserung der palliativen Grundkompetenz aller am Patienten tätigen Ärzte und Pflegekräfte (Aus-, Fort- und Weiterbildung, Pflicht- und Prüfungsfach an medizinischen Fakultäten) einschließlich Altenpflege (AAPV)

Aufbau eines flächendeckenden Angebotes an spezialisierten Palliativmedizinern und Pflegekräften (SAPV)

Aufbau von ambulanten Hospiz- und Palliativteams (Zuständig für SAPV, Vernetzung mit AAPV etc.)

Ziele einer verbessertenhospizlichen und palliativen Versorgung

(2)

Schaffung von mehr stationären Hospizen (die Eigenbeteiligung der Betreiber muss wie bei den Kinderhospizen von 10 % auf 5 % gesenkt werden)

Implementierung von Palliative Care in Pflegeheime

Fortbildung der Ärzte bezüglich Beratung bei Erstellung und Anwendung von Patientenverfügungen und hinsichtlich der Ermittlung des mutmaßlichen Patientenwillens/subjektiven Patientenwohls

EIN BEISPIEL VOM LAND:

PAHN ERDING

Aufbau eines ambulanten PAlliativen undHospizlichen Versorgungs-Netzwerks im

Landkreis Erding

PAHN ErdingModellprojektHerbst 2007

Christophorus Hospizverein Erding e. V.(„CHV“)

Prinzipien- Ambulant vor stationär- Orientierung an den Bedürfnissen der Betroffenen- Prinzip der Subsidiarität (niedrigschwellige Angebote haben Vorrang)

- Vernetztes Arbeiten (Vernetzung von Profes- sionen, Institutionen, Versorgungsebenen)

- Vermeidung von Parallelstrukturen

CHV Erding1994 Vereinsgründung Trauerbegleitung, Öffentlichkeitsarbeit• Hospizhelferbegleitung2000 Palliativer Beratungsdienst Beratung zur Patientenverfügung• Förderung nach § 39 a SGB V2006 Zusammenarbeit mit ambulantem Kinderhospiz• Palliative-Care-Pflegekraft mit 8 Std. im Krankenhaus angestellt

Feldkompetenz Vernetzungserfahrung

PAHN ErdingRunder Tisch 2007/2008

Beteiligte:

Christophorus Hospizverein mit:

- Ärztlichem Kreisverband- Krankenhaus Erding/Dorfen- Klinik Wartenberg (Palliativstation)- AOK, Gesundheitsamt, Pflegediensten,- Altenheimen, kirchlichen Bildungswerken,- VertreterInnen anderer Berufsgruppen wie Seelsorge, Apotheker, Psychotherapie, Physiotherapie, Nachbarschaftshilfe, Ethik

Konkrete Ziele (1)Förderung der palliativen ärztlichen Grundkompetenz:Resultat: 40 Hausärzte der Region haben die von uns organi- sierten Grundkurse (40 Std.) absolviert

Förderung der palliativen pflegerischen Grundkompetenz:Resultat: 10 Altenpflegekräfte haben einen von uns durchgeführten 40-Std. Kurs absolviert

Aufbau einer ärztlichen palliativen Rufbereitsschaft:Resultat: Rufbereitschaft für Ärzte seit 1.12.07 etabliert

Gemeinsame Fortbildung:Resultat: Interdisziplinärer Qualitätszirkel Palliative Care

Konkrete Ziele (2):Ausbau des Palliative-Care-Teams (Palliativberatungdurch Hospizverein seit 2003, Hospizbegleitung seit 1996):Resultat: Eigenes Büro; eigene Schreibkraft; zusätzliche Palliative-Pflegekraft (8 Std.) für Netzwerkaufbau; Palliativmediziner beratend vorhanden; Anstellung ohne Zusagen von Geldern nach § 37 b neu/132 d jedoch nicht möglichVerbesserung der Vernetzung:Resultat: Gut vorbereitete Entlassung aus stationären Einrichtungen; wesentlich verbesserte Zu- sammenarbeit mit geschulten Hausärzten und Pflegeheimen. Alles ehrenamtlich bzw. durch CHV, Spenden, Stiftungsgeldern finanziert

Vernetzungs - ModellHospizbegleitung - AAPV - SAPV

Anfrage

Eingangs-assessment

HospizbegleitungLeistungserbringer

Spezialisierte Versorgung

Leistungserbringer SAPV

GrundversorgungLeistungserbringer

AAPV(Hausärzte, Pflegedienste)

SAPVIndividueller

Hilfe – und

Koordinie-rungs-Plan

SymptomenKontrolle

Kommunikation

Rehabilitation

Sterbebegleitung

Patienten-Zufriedenheit

EvaluationV

v

V = Verordnung von SAPV

Was zusätzlich nötig wäre• Der Stellenwert der palliativen Grundversorgung

(AAPV) muss ins Blickfeld der Fachverbände und derPolitik kommen.

• Qualifizierte palliative Grundversorgung (AAPV) muss adäquat honoriert werden.

Denn: - SAPV funktioniert nur, wenn die Grundversorgung (AAPV) klappt - Je besser AAPV, umso effizienter (und kosten- sparender) kann SAPV eingesetzt werden

Respektierung

des Patientenwillens

„FÜRSORGE

IM RESPEKT

VOR DER FREIHEIT

DES ANDEREN“ CICELY SAUNDERS

Beratungzu Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht

Ermittlung des mutmaßlichen Patientenwillens

Alle sind sich einig: Eine Beratung bei Erstellung einer Patientenverfügung ist dringlich zu empfehlen!

Wer berät Wie?Wer ist dafür qualifiziert?

Wer zahlt das?

Beraterschulungen in Bayern(Basis: Bayerische Vorsorgebroschüre)

2002/2003: ca. 65 SeelsorgerInnen (ELKB)seit 2004: ca. 100 Ehrenamtliche (BHV, Hospizakademie

Bamberg) mit jährlichen Treffen der geschulten Berater

seit 2006: Angebote für interdisziplinäre Schulungen in Hospizakademien

2008: 20 Hausärzte der Region in Erding geschult 2009: Wiederholung für 20 (-24) weitere Hausärzte

geplant

Was zusätzlich nötig wäre• Schulung aller am Patienten tätigen Ärzte ( vor allem Hausärzte, Krankenhausärzte) bezüglich einer Beratung bei Erstellung und Anwendung einer Patientenverfügung sowie bezüglich der Ermittlung des mutmaßlichen Patientenwillens

• Angemessene Honorierung dieser Beratung (1,5 – 2 Std. Aufwand)

WENN HEILUNG

NICHT MEHR

MÖGLICH IST…

…IST

NOCH VIEL

ZU TUN