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Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt
Mecklenburg-Vorpommern GmbH
Instandsetzung von Stahlbrücken –
Werkstoffkundliche Probleme bei der
schweißtechnischen Verarbeitung von Stählen
an Brückenbauwerken von 1850 bis heute
Dr.-Ing. G. Winkel
18.02.2016
Brückenbautag Linstow
Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt Mecklenburg-Vorpommern GmbH 2
Gliederung
1. Kurzvorstellung SLV M-V GmbH
2. Historie - Anwendung von Eisen und Stahl
3. Brücken aus Eisenwerkstoffen – historische Bauwerke
4. Altstähle und ihre metallurgischen Besonderheiten
5. Stahlbrücken aus voll beruhigt vergossenen Stählen ab ca. 1950
6. Moderne Stahlbaukonstruktionen und heutige
Herausforderungen
7. Zusammenfassung
1. Kurzvorstellung SLV M-V GmbH
Geschäftsfelder
Aus- und Weiterbildung
Qualitätssicherung/Bauüberwachung
Werkstofftechnik
Forschung- und Entwicklung
10 SLVen in Deutschland
6 Niederlassungen der GSI
4 kooperierende Einrichtungen
3
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Standorte der SLV M-V GmbH
Rostock Greifswald
Alter Hafen Süd 4 Herrenhufenstr. 12/13
18055 Rostock 17489 Greifswald
www.slv-rostock.de
1. Kurzvorstellung SLV M-V GmbH
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1. Kurzvorstellung SLV M-V GmbH
Aufgaben der SLV
Aus- und Weiterbildung / kundenspezifische Schulungen
Betriebszulassungen
Bauüberwachungen – Stahlbau, Offshore……
Beratung zu schweißtechnischen Problemstellungen
Beratung zu werkstofftechnischen Problemstellungen
Unterstützung bei der Planung schweißtechnischer Projekte
Auswahl von Firmen – wer darf was schweißen, wer hat welche Zulassung
Materialprüfungen, Verfahrensprüfungen
Materialabnahmen für Bauwerke im Stahl-/Walzwerk
Zerstörungsfreie Werkstoffprüfungen
Schadensanalysen
….
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2. Historie - Anwendung von Eisen und Stahl
http://wikipedia.de
98 % reines Schmiedeeisen
ca. 1% Phosphor
Höhe 7,21 m
(davon 1,12 m im Boden)
Gewicht 6,5 t
Durchmesser unten 42 cm
Durchmesser oben 30 cm
Herstellung vermutlich
durch Hammerschweißen
Säule rostet nicht
Eisensäule in DelhiInnenhof der Quwwat-ul-islam-Moschee im Qutb-Komplex (Alter > 1700 Jahre)
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Bilder: Wikipedia / Herrmann Historica
Metalle für Kriegswaffen
Bronze / z.T. 3000v.Ch.
Eisen
Stahl (Damaszener Stahl)
2. Historie - Anwendung von Eisen und Stahl
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Iron Bridge bei Coalbrookdale
1779 – England
(Gusseisen)
http://www.sirenen-und-heuler.de/ironbridge-gorge-wiege-der-industrie/
Eisenbahnbrücke über den
Firth of Forth bei Edinburgh,
1890
(Siemens-Martin-Stahl)http://www.bernd-nebel.de
3. Brücken aus Eisenwerkstoffen – historische Bauwerke
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http://www.karninerbruecke.eu
Brücke Karnin, Bj. 1933http://www.galerie-orientation.de
Meiningenbrücke, verbindet die Halbinsel Zingst mit dem Festland, Bj. 1910
3. Brücken aus Eisenwerkstoffen – historische Bauwerke
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Geschweißte Straßenbrücke (Belgien)
Baujahr 1937, eingestürzt 1938
http://www.amtplau.de
Hubbrücke Plau am See, Bj. 1916
3. Brücken aus Eisenwerkstoffen – historische Bauwerke
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4. Altstähle und ihre metallurgischen Besonderheiten
Begriff Altstahl
Stähle aus der Zeit zwischen 1850 und 1950
1850 1900 1950 2000
Schweißeisen
Flußeisen/Flußstahl
Baustahl DIN 1612 (1924)
unberuhigt vergossen
beruhigt vergossen
Puddelstahl
Baustahl DIN 17100
(1966)Baustahl DIN EN 10025
Si-
Stahl
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Puddelstahleine Hauptherstellungsmethode (Flammenofen mit oxidierender
Atmosphäre) im 19. Jahrhundert, wurde bis ca. 1905 hergestellt
Flussstahlab ca. 1860 /1880 danach mit steigender Tendenz hergestellt
Bessemerstahl
Siemens-Martin-Stahl
Thomasstahl
verdrängte den Puddelstahl
bis Mitte der 1920er Jahre des letzten Jahrhunderts grundsätzlich unberuhigt
vergossener Flussstahl, danach zusätzlich halbberuhigt und ab Mitte der
1930 Jahre Erzeugung beruhigt vergossene Stähle
Siliziumstahlein Ende der 1920er Jahre kurzzeitig hergestellter Stahl
höhere Festigkeit sollte über einen hohen Si-Gehalt erreicht werden
4. Altstähle und ihre metallurgischen Besonderheiten
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4. Altstähle und ihre metallurgischen Besonderheiten
Auswirkungen auf die Schweißeignung
Phosphor Phohe Gehalte an P z.B. in Puddelstahl führen zu Kaltbrüchigkeit
Schwefel Shohe Gehalte an S führen zu Heißrissigkeit
Stickstoff Nhohe Gehalte an N führen zur Alterung des Stahls
Schlackeeinschlüssebewirken Rissgefahr
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Desoxidation von Stählen
unberuhigt vergossen
(neu: FU)ohne die Desoxidationsmittel Si und/oder Al
beruhigt vergossen (halbberuhigt)
(neu: FN)Desoxidation mit ≥ 0,20 % Si oder ≥ 0,02 % Al
besonders beruhigt vergossen (neu: FF)
(auch vollberuhigt, sonderberuhigt)
Desoxidation mit ≥ 0,20 % Si und ≥ 0,02 % Al
4. Altstähle und ihre metallurgischen Besonderheiten
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Baumann-Abdruck
von einem Träger
aus Altstahl
Altstähle – typische Merkmale- geringe C-Gehalte
- i.d.R. unberuhigt vergossen
- Seigerungszonen
- Speckschicht
- hohe P- und/oder S-Gehalte
- hohe N-Gehalte
- Schlacken (großvolumig oder
fein verteilt)
Schweißeignung ?sollte individuell bestimmt werden
4. Altstähle und ihre metallurgischen Besonderheiten
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T-Träger aus Puddelstahl (ca. 1890)
C 0,006%
Mn 0,12%
Si 0,24%
P 0,25%
S 0,016%
Al 0,009%
N 0,009%
4. Altstähle und ihre metallurgischen Besonderheiten
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4. Altstähle und ihre metallurgischen Besonderheiten
Schmiedeeisen, ca. 1800
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4. Altstähle und ihre metallurgischen Besonderheiten
Empfehlungen für die Sanierung von Bauwerken vor 1950
1) Probenentnahme zum Nachweis der chemischen
Zusammensetzung, der mechanischen Eigenschaften und der
Gefügeausbildung (sogenannte Altstahluntersuchung)
Umfang:
Bestimmung der chemischen Zusammensetzung inkl.
Stickstoff im Rand- und im Mittenbereich des Profils/Bleches
Bestimmung der mechanischen Eigenschaften im Zugversuch
Bestimmung der Kerbschlagarbeit bei Raumtemperatur
Baumannabdruck
Mikroskopische Untersuchung in Längs- und Querrichtung
2) Basierend auf den Ergebnissen Empfehlung, ob eine
schweißtechnische Verarbeitung möglich ist
(z.B. wie und wo kann geschweißt werden / welche
Schweißprozesse sollten angewendet werden)
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Erlaß I. 15 D. 14248/III.2010.A.
vom 15. September 1913:
Prüfung von Brückenbaustoffen
Vereinigte Preussische und Hessische Staatseisenbahnen (Hrsg.):
Zusammenstellung allgemeiner Erlasse über eiserne Brücken und Dächer
zum Dienstgebrauch.
4. Altstähle und ihre metallurgischen Besonderheiten
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Erlaß I. 15 D. 14248/III.2010.A.
vom 15. September 1913:
Prüfung von Brückenbaustoffen
4. Altstähle und ihre metallurgischen Besonderheiten
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5. Stahlbrücken aus vollberuhigt vergossenen Stählen
Einsatz der vollberuhigt vergossenen Stähle führte zu verbesserter
Stahlqualität und Verbesserung der schweißtechnischen Verarbeitung
vollberuhigt vergossene Stähle sind schweißgeeignet
Problem: Terrassenbruchgefahr bei Beanspruchung in Dickenrichtung
Ursache: Beanspruchung des Materials in Blechdickenrichtung bei
Vorhandensein von langgestreckten Mangansulfiden MnS
Zugeigenspannungen
durch Schweißen
Zugspannungen
MnS
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5. Stahlbrücken aus vollberuhigt vergossenen Stählen
Vermeidung von Terrassenbrüchen
DAST 014 (1981)
DIN EN 1993-1-10 Tabelle 3.2
Ermittlung der erforderlichen Z-Güte (Z15, Z25, Z35) nach DIN EN 10164
(Z – Brucheinschnürung in Blechdickenrichtung)
Dopplungsprüfung ergänzt - ersetzt keine Prüfung der Z-Güte
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5. Stahlbrücken aus vollberuhigt vergossenen Stählen
DIN EN 1993-1-10 Tabelle 3.2
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5. Stahlbrücken aus vollberuhigt vergossenen Stählen
DIN EN 1993-1-10 Tabelle 3.2
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Brucheinschnürung in %
Güteklasse Mittelwert aus
3 Versuchen
kleinster zulässiger Einzelwert
Z15 15 10
Z25 25 15
Z35 35 25
5. Stahlbrücken aus vollberuhigt vergossenen Stählen
Bestimmung der Z-Güte nach DIN EN 10164
für Dicken von 15 mm bis 400 mm an Stählen mit einem festgelegten
Mindestwert der oberen Streckgrenze ReH oder der Dehngrenze Rp0,2 ≤ 960 MPa
Stähle
1950-1990
Z-Werte
0% bis 50%
Stähle nach
DIN EN 10025-ff
Z-Werte
bis 80%
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Terrassenbruch an einer Stahlkonstruktion aus den 1970er Jahren
Schweißnaht
WEZ
Rissverlauf entlang der Mangansulfide
REM-Aufnahme des
aufgebrochenen Risses
5. Stahlbrücken aus vollberuhigt vergossenen Stählen
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voll beruhigt vergossener Stahl H52.3 nach TGL 7960
5. Stahlbrücken aus vollberuhigt vergossenen Stählen
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Empfehlungen für die Sanierung von Bauwerken aus der Zeit
zwischen 1950 - 1990
1) Sichtung der vorhandenen Materialzertifikate zur Feststellung
der Stahlgüte – falls Dokumente vorliegen
2) Probenentnahme zum Nachweis der chemischen
Zusammensetzung, der mechanischen Eigenschaften
(auch Z-Güte) und der Gefügeausbildung
3) Festlegung des Sanierungskonzeptes unter Berücksichtigung
schweißtechnischer Belange
5. Stahlbrücken aus vollberuhigt vergossenen Stählen
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6. Moderne Stahlbaukonstruktionen und heutige
Herausforderungen
Werkstoffe für Brücken nach ZTV-ING
DIN EN 10025-1 bis DIN EN 10025-5
DIN EN 10210
DIN EN 10219
Festigkeitsklassen: S235, S355, S460
tragende Bauteile von Brücken: Gütegruppen JR und J0 nicht erlaubt
1) Stähle nach diesen Normen sind schweißgeeignet
2) Stähle nach diesen Normen sind beruhigt vergossen
(Stähle nach DIN EN 10025-ff - unberuhigt nicht zulässig)
3) wenn Z-Güte erforderlich ist, sollte der Nachweis möglichst
bereits im Stahlwerk erbracht werden
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Schweißtechnische Probleme bei der Verarbeitung aktueller
Stähle?
Ausgebildete Schweißer –
handwerkliche Mängel?
Schweißen in Zwangspositionen?
Lieferzustand des Stahls? (+AR; +N; +M)
Wärmeführung / Vorwärmung
abgestimmt auf die Schweißaufgabe?
Schweißen unter Last?
Schweißen in kaltverformten Bereichen?
Aufhärtung
Rissbildung
Grobkornbildung / Zähigkeitsverlust
Wasserstoffinduzierte Risse
Risse nach dem Feuerverzinken
….
6. Moderne Stahlbaukonstruktionen und heutige
Herausforderungen
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6. Moderne Stahlbaukonstruktionen und heutige
Herausforderungen
Pasarela del Arganzuela - Brücke über den Manzanares-Fluss in Madrid
Werkstoff: Lean Duplex
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7. Zusammenfassung
Sanierung von bestehenden Brückenbauwerken
setzt Kenntnisse über den verwendeten Stahl und seine
Eigenschaften voraus
Herstellungsjahr des Materials berücksichtigen
falls eine schweißtechnische Verarbeitung vorgesehen ist muss
Schweißeignung festgestellt werden – (Alt-)Stahluntersuchung
Sanierungskonzept sollte auf den Werkstoff und seine
Besonderheiten abgestimmt werden
ggf. Berücksichtigung anderer Verbindungsverfahren
(Schrauben, Nieten)
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Schweißtechnische
Lehr- und Versuchsanstalt
Mecklenburg-Vorpommern GmbH
Alter Hafen Süd 4
18069 Rostock
GERMANY
Tel.: +49 381 811-5010
Fax: +49 381 811-5099
Kontakt:
Dr.-Ing. Gerlinde Winkel (IWE)
E-mail: winkel@slv-rostock.de