Post on 14-Apr-2022
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Großübung Schnittgrößen
1. Motivation „Wozu braucht man Schnittgrößen?“
2. Definition der Schnittgrößen
3. Beziehungen zwischen den Schnittgrößen
4. Definition von Bereichen zur Berechnung
5. Beispiel Balken mit Dreieckslast
6. Extremwerte
7. Schnittgrößen am Kreisbogenträger
8. weitere Beispiele
Wozu Schnittgrößen? Schnittgrößen geben die Verteilung der Belastungen innerhalb des Bauteiles wider. Sie werden zum Beispiel benötigt, um die Beanspruchung des Bauteils (Spannungen) oder die Verformungen des Bauteils zu bestimmen. Sie geben dem Konstrukteur Anhaltspunkte zur optimalen Gestaltung der Konstruktion, z.B. bei der Auswahl notwendiger Bauteilabmessungen oder der Art der Lasteinleitung in Bauteile.
Zug/DruckZug/Druck
Typische Verformung: Längsdehnung (konst. über dieQuerschnittsfläche) ⇒ Verlängerung/Verkürzung
Ursache: Längskraft FL
Reine Biegung Reine Biegung
Ursache: Biegemomente Mby (vgl. Bild rechts) bzw.. Mbz
Typische Verformung: Längsdehnung (linear veränderlich über den Querschnitt⇒ Biegung der Längsachse
Torsion Torsion
Ursache: Torsionsmoment Mt
Typische Verformung: Gleitung in der Querschnittsebene⇒ Verdrehung der Querschnitte
um die Längsachse Stabilität (Knicken)Stabilität (Knicken)
Ursache: Kritische Druckkraft FK
Typische Verformung: Knicken beim Erreichen von FK⇒ Biegung der Längsachse
FL
FL
F<FK
FK
Mt
Mt
ϕϕ
••
yz
x
Mby
Mby
Querkraftschub bei BiegungQuerkraftschub bei Biegung
Ursache: Querkräfte FQy, FQz
Typische Verformung: Gleitungen in der Querschnittsebene⇒ Krümmung der Längsachse wie bei der Biegung
Hinweis: Eine reine Querkraftschubbeanspruchung kommt praktisch kaum vor. Sie ist in der Regel an eine Biegebeanspruchung gekoppelt. Die Spannungen und Verformungen infolge des Querkraftschubs können bei Balken mit großer Länge gegenüber den Querschnittsabmessungen in der Regel vernachlässigt werden, da sie im Vergleich zu den Biegebeanspruchungen klein sind.
ScherbeanspruchungScherbeanspruchung
Ursache: Dicht (theoretisch unendlich dicht) nebeneinanderliegende entgegengesetzt gerichtete parallele Kräfte
Typische Verformung: sehr große Gleitungen in der Querschnittsebene⇒ Gefahr der Zerstörung durch Abscheren
FlächenpressungFlächenpressung
Ursache: Druckbelastung einer ebenen odergekrümmten Fläche (z. B. zwischen Niet und Blech an der gemeinsamen Kontaktfläche)
klein!
Resultierende aus Flächen-pressung (Blech - Niet)
zusätzlicher Verformungsanteil aus Querkraftschub (meist gering!)
yz
x
Verformungsanteilaus der Biegung
⇒ Gefahr der Oberflächenschädigung (insbe-sonders bei einer Relativbewegung der Kontaktflächen
Flächenpressung im Blech infolge der Belastung durch den Niet
Definition der Schnittgrößen Alle (positiven) Schnittgrößen werden so definiert, daß sie am positiven Schnittufer in Richtung der positiven Koordinatenachsen weisen. Am negativen Schnittufer wirken wegen des Wechselwirkungsgesetzes actio = reactio die dazu korrespondierenden Größen. Das positive Schnittufer liegt, wie im Bild zu sehen, auf der Seite des geschnittenen Bauteils wo sich auch der Ursprung des verwendeten Koordinatensystems befindet. Hinweis: das hat nichts mit links oder rechts zu tun
Die Koordinate x folgt der Profilmittellinie. Neben der Darstellung mit dem Koordinatensystem x-y-z (Rechtssystem!) existiert die „gestrichelte-Faser-Konvention“, die ebenfalls der Festlegung der Koordinaten dient. Sie wird im wesentlichen für ebene Probleme verwendet und gibt in dem Fall die Richtung der z-Achse an. Merke: Ein positives Biegemoment führt zu einer Balkenkrümmung, die die gestrichelte Faser dehnt.
Definition der Schnittgrößen für ebene Probleme (2D)
positives Schnittufer negatives Schnittufer
z
x
q(x)
SchnittstelleBalkenlänge a
z
x
q(x)
FAv
FAh
Qz(x)
Mby(x)
Nx(x)
q(x)
(a-x)FB
Mby(x)
Nx(x)Qz(x)
Definitionsbereich0 ≤ x ≤ a
Definition der Schnittgrößen am positiven Schnittufer im 3D-Raum
Schnittebene
Definition der Schnittgrößen am positiven Schnittufer im 3D-Raum
Schnittebene
Definition der Schnittgrößen am positiven Schnittufer im 3D-Raum
Schnittebene
Definition der Schnittgrößen am positiven Schnittufer im 3D-Raum
Schnittebene
x
y
z
QzQy
N
M x
Mz
My
Differentielle Beziehungen zwischen den Schnittgrößen
z
x
qz(x)
Balkenlänge a
dx
qx(x)
Herausschneiden eines differentiellen Elementes aus dem Bauteil
dx
qz(x)
Qz(x)+dQz
Mby(x)+dMby
Nx(x)+dNx
Mby(x)
Nx(x)
Qz(x)
s
qx(x)
Antragen der Schnittgrößen am differentiellen Element
Aufstellen der Gleichgewichtsbedingungen am differentiellen Element Querkraft:
)(
0)()(
xqdx
dQdxxqdQQQ
zz
zzzz
−=
=−+−↑
Normalkraft:
)(
0)()(
xqdx
dNdxxqdNNN
xx
xxxx
−=
=+++−→
Biegemoment (linksdrehend um S):
zby
zzby
zzzbybyby
Qdx
dM
dxdQdxQdM
dxdQQdxQMdMM
=
=−−
=+−−−+
≈
02
02
)(2
)(
0321
Regeln für die Festlegung von Bereichen für die Berechnung der Schnittgrößen Wegen der geltenden differentiellen Beziehungen zwischen den Schnittgrößen kann man diese Größen jeweils nur für Bereiche bestimmen, in denen sie stetig und differenzierbar sind. (keine Integration über Knicke und Sprungstellen im Funktionsverlauf!) Daraus folgt: Bereiche für die Berechnung von Schnittgrößen beginnen / enden
• an Lagerstellen / Gelenken
• an Angriffspunkten von Einzellasten / Momenten
• am Beginn / Ende von Linienlasten
• wenn sich die Funktion für die Linienlast ändert
• an Knick- / Verzweigungspunkten des Bauteil,
Abwinkelungen usw.
Definition und Berechnung der Schnittgrößen am ebenen Bauteil
0 ≤ x ≤ a
q(x) = q0 * x/a N (x) = -FAH
Qz (x) = FAV - FR(x) = FAV - 1/2 * q(x) * x = FAV - 1/2 * q0 *x2/aMy(x) = FAV * x - FR(x) * x/3 = FAV * x - 1/2 * q(x) * x * x/3 = FAV * x - 1/2 * q0 * x/a * x * x/3 = FAV * x - 1/6 * q0 * x3/a
FAH
FAV
xz
x/3
N
Qz
My
FR(x) =1/2 * q(x) * xq(x)
Beispiel Dreieckslast
y
Rechenablauf zur Bestimmung der Schnittgrößen
(diese Vorgehensweise hat sich allgemein als zweckmäßig erwiesen, in Abhängigkeit vom zu berechnenden System kann die Vorgehensweise jedoch variieren, evtl. können einige Schritte entfallen)
1. Freischneiden des Gesamtsystems, ggf. Zerlegung in Teilsysteme
2. Berechnung der Lagerreaktionen
3. Festlegen der Anzahl der Bereiche zur Bestimmung
der Schnittgrößen
4. Einführung der entsprechenden Koordinatensysteme
für jeden Schnittgrößenbereich:
1. Freischneiden im Geltungsbereich der laufenden Koordinate x, Antragen der Schnittgrößen gemäß der Definition für das entsprechende Schnittufer
2. Berechnung der Schnittgrößen in Abhängigkeit vom
verwendeten Koordinatensystem am positiven oder negativen Schnittufer
3. Auswertung und grafische Darstellung, d.h.
Berechnung der Werte an den Bereichsgrenzen und in Abhängigkeit vom Funktionsverlauf auch von Zwischenwerten
4. Suche von Extremwerten (insbesondere von Mb ,
dazu Suche von Querkraft-Nullstellen)
grafische Darstellung des Schnittgrößen- verlaufs als Funktion der Koordinate x Die grafische Darstellung der Schnittgrößen dient dazu schnell einen Überblick über die Verteilung der Belastung im Bauteil zu erhalten. Dies ist später wichtig zur Beurteilung der Belastbarkeit von Bauteilen bzw. deren Dimensionierung. Die Darstellung erfolgt in getrennten Bildern für die 3 Schnittgrößen (2D) bzw. 6 Schnittgrößen (3D) entlang der Koordinate x. Senkrecht dazu werden die Ergebnisse abgetragen (Funktionsdarstellung). Es lassen sich dann schnell Zusammenhänge zwischen Belastungen, Lagerreaktionen und evtl. vorhandenen Sprungstellen, Nullstellen und Extremwerten der Schnittgrößenfunktionen ablesen.
Beispiel 1 Träger mit linear veränderlicher Linienlast Lagerreaktionen und Schnittgrößen sind nur eindeutig im Zusammenhang mit Schnittbildern. Diese sollten übersichtlich und nicht zu klein sein!
x
z
A B
q
l
Lagerreaktionen
FR = q l
FA FBV
FBH
l12 1
3
6
31:
3
32:
00
qlFlFlFB
qlFlFlFA
FFFF
AAR
BVBVR
RBVA
BH
=⇒=
=⇒=
=−+↑
=−→
Schnittgrößen
xFA
q(x)
Q(x)
N(x)
Mb(x)
x3
FR
kubisch Verlauf 61
61
31)(:
hquadratisc Verlauf 21
61
konstant Verlauf 0)(
3
2
lxqqlx
xFxFxMS
lxqqlFFQ(x)
xN
RAb
RA
−=
−=
−=−=
=
lxqxxqxF
lxqxq
lx
R
2
21)(
21)(
)(
0
==
=
≤≤
grafische Darstellung
dargestellt sind die normierten Größen 2)(:)(;)(:)(;)(:)(
qlxMxM
qlxQxQ
qlxNxN b
b ===
0 0.2 0.4 0.6 0.8 11
0.6
0.2
0.2
0.6
1
N x( )
x
l
0 0.2 0.4 0.6 0.8 11
0.6
0.2
0.2
0.6
1
Q x( )
Null
x
l
0 0.2 0.4 0.6 0.8 10
0.02
0.04
0.06
0.08
0.1
Mb x( )
x
l
Spezielle Werte
Q 0( ) 0.167= Q 1( ) 0.333−=
Mb 0( ) 0= Mb 1( ) 0=
Q13
l
0= Mb13
l
0.064=
Bestimmen der Querkraftnullstelle:
llx
lx
lxqqlxQ
E 577,031
31
21
610)(
2,1
2
==
±=
−==
(Die negative Lösung entfällt, da sie nicht im Definitionsbereich von x liegt.) Extremwert des Biegemomentes:
=
==
eBalkenmittin Wert 0625,0161
06415,0)577,0(
22
2
qlql
qllxM Eb
Dieser Wert ist also größer als der Wert in Balkenmitte.
Extremwerte von Schnittgrößen Schnittgrößen weisen absolute und relative Extremwerte auf. absolutes Maximum / Minimum
• Größtwert der Schnittgröße am Bauteil relatives Maximum / Minimum
• Wert im Kurvenverlauf, bestimmbar über die differentiellen Beziehungen zwischen den Schnittgrößen
• Kann u.U. auch gleichzeitig das absolute Extremum sein
Von großer Bedeutung sind die Extremwerte des Biegemomentes.
• Extremwertberechnung • Kurvendiskussion
Ist die 1. Ableitung einer Funktion an einer Stelle x gleich Null, so hat die Funktion an dieser Stelle einen Extremwert.
)()( xQdx
xdMb =
Schnittgrößen am Kreisbogenträger
• Koordinate x des geraden Trägers wird durch Bogenkoordinate s ersetzt
• beim Kreisbogen ist
• Schnittgrößen lassen sich in Abhängigkeit vom Winkel berechnen
N(ϕ)Mb(ϕ)
Q(ϕ)
F1
F2
ϕ
R
R sin(ϕ)
R - R cos(ϕ)
Kraftzerlegung
Zweckmäßig ist die Zerlegung der Kräfte in Richtung der Schnittgrößen.
0)sin())cos(1()(0)cos()sin()(0)sin()cos()(
12
12
12
=−−+=−+=++
ϕϕϕϕϕϕϕϕϕ
RFRFMFFQFFN
b
Die differentiellen Beziehungen zwischen den Schnittgrößen gelten weiterhin.
ϕRs =
Beispiel 2 Träger mit Einzelkraft und Einzelmoment Lagerreaktionen und Schnittgrößen sind nur eindeutig im Zusammenhang mit Schnittbildern. Diese sollten übersichtlich und nicht zu klein sein!
x1
z
A B
a
x2
a2
MF
Lagerreaktionen Aus den Gleichgewichtsbedingungen ergibt sich in den angegebenen Richtungen:
( )
FF
FF
FaMAnnahme
FaMa
F
FaMa
F
F
B
AV
B
AV
AH
3235
2:32
21
320
−=
=
=
+−=↑
+=↑
=→
Schnittgrößen 1. Abschnitt ax ≤≤ 10
FAV Q1(x1)
N1(x1)
Mb1(x1)
x1FAH
1111
11
11
35)(
35)(
0)(
xFxFxM
FFxQ
FxN
AVb
AV
AH
==
==
=−=
2. Abschnitt 2
0 2ax ≤≤ (negatives Schnittufer)
FBQ2(x2)
N2(x2)
Mb2(x2)
(a/2 - x2)z2
x2
−−=
−=
=−=
=
2222
22
22
232
2)(
32)(
0)(
xaFxaFxM
FFxQ
xN
Bb
B
grafische Darstellung Die Normalkraft ist in allen Bereichen Null.
x1
z
A B
a
x2
a2
MF
F
F23Q(x)
M
Mb(x)
F53
Fa53
Fa13
FAV
FB
Die Rechnung ergab FFB 32
−=↑ , in der Darstellung sieht man FFB 32
+=↓ .
Der Sprung im Momentenverlauf beträgt MFaFaFa ==−+ 231
35 .
Beispiel 3 Träger mit konstanter Linienlast auf einem Teilbereich Lagerreaktionen und Schnittgrößen sind nur eindeutig im Zusammenhang mit Schnittbildern. Diese sollten übersichtlich und nicht zu klein sein! Lagerreaktionen
x1
z
A B
a
x2
a2
a2
x3
q
FB
a a2
a2
q
qa2
a4FAV
FAH
Die Lagerkräfte ergeben sich zu:
qaF
qaF
F
B
AV
AH
1651630
=
=
=
Schnittgrößen Es sind in diesem Fall 3 Abschnitte zur Bestimmung der Schnittgrößen erforderlich. 1. Abschnitt ax ≤≤ 10
FAV Q1(x1)
N1(x1)
Mb1(x1)
x1FAH
1111
11
11
163)(
163)(
0)(
xqaxFxM
qaFxQ
FxN
AVb
AV
AH
==
==
=−=
2. Abschnitt 2
0 2ax ≤≤
FAV Q2(x2)
N2(x2)
Mb2(x2)
x2FAH az2
qFR
xR
( ) ( )
222
222
22222
222
22
21
163
163
2
163
0
qxqaxqa)x(M
xFxaFxFxaF)x(M
qxqaFF)x(Q
F)x(N
b
RAVRRAVb
RAV
AH
−+=
−+=−+=
−=−=
=−=
3. Abschnitt 2
0 3ax ≤≤ (negatives Schnittufer)
Q3(x3)
N3(x3)
Mb3(x3)
(a/2 - x3)z3
x3FB
32
33
3333
33
33
165
325)(
2165
2)(
165)(
0)(
qaxqaxM
xaqaxaFxM
qaFxQ
xN
b
Bb
B
−=
−=
−=
−=−=
=
grafische Darstellung aus dem Funktionsverlauf folgt eine Querkraftnullstelle im Bereich 2
ax
qxqaxQ
E 163
1630)(
2
222
=
−==
Extremwert des Biegemomentes an dieser Stelle
2
)(
2
22
xx
xqxF
R
R
=
=
22
222
22
22
512105
51291896
5129
2569
163
163
21
163
163
163)
163(
qaqa
qaqaqa
aqaqaqaaxM Eb
=−+
=
−+=
−+==
Die Querkraft ist in allen 3 Abschnitten Null.
FB
a a2
a2
q
FAV
FAH
FAV
FB
316
532
316
x2E
105512
-516
Qqa
Mb
qa2
Anmerkung:
==
51280
325;
51296
163
Maximalwert des Momentes = 2
512105 qa .