Post on 17-Sep-2018
transcript
Heft 6 | 201618
ARBEIT + WIRTSCHAFT
Das ist doch eine „Marke“. Im Saar-land sind 28,2 Prozent aller Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert. Das ist bundesweit die beste Quote, wie eine aktuelle Untersuchung des Ins-tituts der Deutschen Wirtschaft be-legt. Zum Vergleich: In Bayern liegt der sogenannte Organisationsgrad des DGB bei 12,7 Prozent, in Meck-lenburg-Vorpommern gar nur bei 11,7 Prozent. Der DGB Saar als Teil des DGB-Bezirks Rheinland-Pfalz/Saarland hat rund 135.000 Mit-glieder, davon sind knapp 35.000 Frauen. Als „solidarische Gemein-schaft“, so DGB-Saar-Chef Eugen Roth, hat die regionale Arbeiter-bewegung übrigens auch keinerlei Nachwuchssorgen, seit einiger Zeit treten sogar Jahr für Jahr mehr junge Frauen und Männer ein. Derzeit sind in der saarländischen DGB-Jugend insgesamt 12.000 Per-sonen registriert. Fast jeder zehnte Saar-Gewerkschafter ist 27 Jahre oder jünger. Bundesweit liegt die „Jugendquote“ bei 8,4 Prozent.Für den Saarbrücker DGB-Jugend-sekretär Mike Kirsch kommt der erfreuliche Trend nicht von unge-fähr. Er meint: „Wir bieten schon recht viel in den verschiedenen Be-reichen“ – ob nun bei Fort- und Weiterbildung, bei innerbetriebli-cher Hilfestellung, bei der Arbeits-
rechtsberatung oder bei der Orga-nisation von Demonstrationen und Veranstaltungen. Beim Blick auf die Bundeszahlen fällt auf, dass von den aktuell 514.000 jungen Mitgliedern im DGB 68.000 Studierende sind. Die Gewerkschaften präsentieren sich also längst nicht mehr nur als klas-sische Interessenvertretungen in den Betrieben, sondern mischen auch an den Hochschulen kräftig mit, wenn es darum geht, die Arbeitsbedingungen für Lernende und Lehrende zu verbessern. Be-
sonders „jugendaffin“ ist innerhalb des DGB offensichtlich die IG Me-tall. Sie allein zählt bundesweit rund 233.000 junge Mitglieder (da-runter 31.000 Studierende). Ihre Gewerkschaft sei damit die „größte Jugendorganisation in Deutsch-land“, sagt IGM-Vize Christiane Benner selbstbewusst.Und was genau zieht junge Frauen und Männer in eine Gewerkschaft und speziell in die IG Metall? Bei einer IGM-Jugendkonferenz in der Dillinger Stadthalle fragte der „ar-beitnehmer“ nach. „Wir wollen So-lidarität zeigen, unsere Interessen wahrnehmen und vertreten“, er-klärt Maximilian Kreis. Bei seinem Beitritt spielten zudem die gewerk-schaftlichen Bildungsangebote eine ausschlaggebende Rolle. Die Soli-darität in der Gemeinschaft ist auch Lisa Sehn wichtig. Sie meint: „Jeder kämpft für jeden. Wenn wir alle an einem Strang ziehen, sind wir ge-meinsam stark.“ Ihre Freundin Ja-nine Spindel ergänzt: „Es geht auch um die Zukunft unserer Nachkom-men.“ Für Kevin Wierslin ist der Einsatz für faire Arbeitsbedingun-gen entscheidend. Er bringt aller-dings noch einen weiteren Gedan-ken ins Spiel: „In der Gewerkschaft werden auch einige politische The-men außerhalb der Arbeitswelt be-handelt, das hilft mir persönlich.“
GEWERKSCHAFTEN | DGB hat im Bund und im Saarland keine Nachwuchsprobleme
Bei den 1.-Mai- Aktionen in Saar- brücken (links) bringt die saar- ländische Arbeiter- bewegung Tausen- de auf die Straße.
Eugen Roth (rechts) ist Chef
des DGB Saar und Vize des DGB
Rheinland-Pfalz/Saarland.
Fotos: Pasquale D‘Angiolillo
Die Arbeiterbewegung bleibt für junge Menschen attraktivQQ Von Dennis Langenstein und Wulf Wein
| Dennis Langenstein ist freier | Journalist im Saarland.
INFO |
Ende 2015 hatte der DGB genau 6.095.513 Mitglieder. Davon waren 33,5 Prozent Frauen und 66,5 Prozent Männer. Die acht Einzelgewerkschaften im DGB sind (der Größe nach) die IG Me-tall, die Vereinte Dienstleistungs-gewerkschaft (ver.di), die IG Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE), die Gewerkschaft Er-ziehung & Wissenschaft (GEW), die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), die Eisenbahn- und Ver-kehrsgewerkschaft (EVG) sowie die Gewerkschaft der Polizei (GdP). red
Heft 6 | 201614
ARBEIT + WIRTSCHAFT
WOCHE DER INDUSTRIE |
Die Branche greifbar gemachtDas Saarland als Industrieland „erlebbar und greifbar“ zu machen, war das Ziel der Woche der Industrie vom 17. bis 25. September. In der Woche gab es Podiumsdiskussionen und verschiedene Entdeckertouren für Schüler rund um das Thema. Außerdem wurde der Bund Neue Arbeitswelt Saar gegründet, „mit dem Sozialpartner, Wissenschaft und Politik noch enger miteinander vernetzt und die Kommunikation intensiviert“ werden soll, wie es Wirtschafts ministerin Anke Rehlinger ausdrückt.Die beteiligten Akteure definierten die Themenwoche jeweils mit einem eigenen Akzent. Für IHK Präsident Richard Weber ging es darum, die Saarindustrie als „wichtigen Motor für Innovation, Wachstum und Beschäftigung“ mit vielen attraktiven Arbeits und Ausbildungsplätzen, von denen auch Handel, Handwerk und sonstige Dienstleister profitieren, in Szene zu setzen. Eugen Roth als DGBVize RheinlandPfalz/Saar forderte eine nachhaltige industriepoli tische Strategie ein, die durch eine starke und durchsetzungsfähige Mitbestimmung und einen sozialpartnerschaftlichen Dialog gekennzeichnet ist. Für Arbeitskammer Vorstandschef Hans Peter Kurtz galt das Motto: „Wenn Gute Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit sich bedingen, ist es folgerichtig, im sozialpartnerschaftlichen Dialog die Aufgaben der Zukunft gemeinsam anzugehen.“Unter der Fragestellung „Die Industrie im Saarland – gut gerüstet für die Zukunft?“ luden IHK und AK Saar am 21. September zu einer gemeinsamen Veranstaltung ins Saarbrücker AKGebäude ein. Dabei referierte Prof. Dr. Martin Gornig vom DIW über die deutsche Industrie im Wandel, ihre Erfolgsfaktoren und künftige Herausforderungen. Danach gab es eine Podiumsdiskussion mit Ministerin Rehlinger, Achim Pecka (SiemensNiederlassung Saarbrücken), Heino Klingen (IHKHauptgeschäftsführer) und Hans Peter Kurtz. Ein Bericht dazu folgt. red
AKTIONSTAG | Bosch-Beschäftigte schlagen Alarm
Hunderte Arbeitsplätze sind akut gefährdetEinen großen Aktionstag, an dem sich 3.500 Menschen beteiligten, hat die IG Metall am 31. August in Homburg organisiert. Unter dem Motto „Bosch bleibt!“ protestierten die Beschäftigten der drei saarländischen KonzernStandorte und viele Unterstützer gegen den geplanten Abbau von mehreren hundert Arbeitsplätzen. Die Demonstranten, die Betriebsräte und die Gewerkschaft forderten von der Unternehmensführung in Stuttgart ein Bekenntnis zu den bestehenden 5.600 Arbeitsplätzen in den BoschWerken der Region. Der 2. Bevollmächtigte der IG Metall HomburgSaarpfalz, Ralf Cavelius, sagte: „Wir wollen, dass diese Zahl auch künftig erhalten bleibt. Es geht uns um die industrielle Zukunft unserer Region und der Menschen, die hier leben.“
Die saarländische Wirtschaftsmini sterin Anke Rehlinger erklärte bei der Veranstaltung, sie werde nicht akzeptieren, wenn auch nur ein einziger Mitarbeiter Fehler des BoschManagements ausbaden müsse. BoschSaarland brauche eine langfristige, solide und belastbare Unternehmensstrategie. Bis zum 31. Dezember hätten die BoschVerantwortlichen gemäß ei
ner Verabredung mit der Landesregierung Zeit, um Vorschläge zu JobAbsicherung und JobPerspektiven zu machen. „Ende des Jahres muss Bosch aber auch liefern“, sagte Rehlinger.Der Vorsitzende der SPDFraktion im SaarLandtag, Stefan Pauluhn, erklärte anlässlich der Protestaktion: „Das BoschWerk in Homburg ist eines der ältesten in Deutschland und größter Arbeitgeber in der Region. Das BoschManagement sollte sich an die soziale Tradition des Firmengründers Robert Bosch erinnern. Zu dieser Tradition gehört es auch, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an den saarländischen Standorten in den letzten Jahrzehnten wesentlich zum Unternehmenserfolg beigetragen haben.“ Die SPDLandtagsfraktion und Wirtschaftsministerin Rehlinger hätten die 200 Arbeitsplätze bei BoschRexroth in Homburg und die 200 Arbeitsplätze bei Bosch Emission Systems in Neunkirchen noch nicht aufgegeben, so Pauluhn weiter: „Wir stehen hinter den Beschäftigten und werden alles dafür tun, Arbeitsplätze zu erhalten und sozialverträgliche und gerechte Lösungen für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu finden“. red
„Bosch bleibt!“ So lautete die For -derung der Teilneh-mer am Aktionstag in Homburg.
Foto: Thorsten Wolf
15 Heft 6 | 2016
ARBEIT + WIRTSCHAFT
RECHTSSCHUTZSAAL | Ausstellungspräsentation und Ehrung von Lucie Meyfarth
QQ Von AK-Chefredakteur Peter Jacob
Das wollten sich ehemalige Weggefährtinnen und Mitstreiter nicht entgehen lassen: Bis auf den letzten Platz gefüllt war der LucieMeyfarthSaal im Bildstocker Rechtsschutzsaal, um an die Verdienste der 2011 verstorbenen ehemaligen Kreisvorsitzenden des DGBNeunkirchen zu erinnern: In einer von Männern dominierten Gewerkschaftswelt war Meyfarth an der Saar die erste hauptamtliche Gewerkschaftsfunktionärin.Thematisch verknüpft wurde die gemeinsame Veranstaltung der Arbeitskammer, der DGBRegion Saar und der HansBöcklerStiftung mit der Präsentation der bundesweit beachteten Ausstellung „Vom Wert der Mitbestimmung“. Man habe den Rechtsschutzsaal, „die Wiege der Mitbestimmung“, wie AKHauptgeschäftsführer Thomas Otto erklärte, bewusst gewählt, um an die von den Arbeitnehmern erkämpfte Mitbestimmung, zu erinnern, zu denen Lucie Meyfarth zählte. Otto betonte die Akzeptanz betrieblicher Interessenvertreter und verwies auf die hohe Wahlbeteiligung bei Betriebsratswahlen. „Es lohnt sich, für die Mitbestimmung zu kämpfen“, so sein Fazit.
Auch Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger lobte das Engagement der Arbeitnehmervertreter und forderte eine Weiterentwicklung: „Wir brauchen ein Mehr und nicht ein Weniger an Mitbestimmung“, sagte sie. Mit Blick auf die engagierte Lucie Meyfarth stellte die Ministerin fest, dass sich viele Themen, mit denen sich die leidenschaftliche Gewerkschafterin beschäftigte, „auch heute noch aktuell sind“. Der Kampf für die Rechte der Frauen und gegen Fremdenfeindlichkeit müsse weitergehen. Künftige Fragen der Mitbestimmung bei Industrie 4.0 erforderten weiterhin große Kämpfer und engagierte Persönlichkeiten.
Eigens aus dem Ruhrgebiet nach Bildstock war AusstellungsKurator Dr. Rudolf Tschirbs angereist. „Vom Wert der Mitbestimmung. Betriebsräte und Aufsichtsräte in Deutschland seit 1945“ zeigt deutlich, welche Bedeutung die Betriebsräte am Wiederaufbau der Demokratie und Wirtschaft in der jungen Bundesrepublik hatten. Man bedenke, so Tschirbs, dass die ersten demokratischen Wahlen nach 1945 in den Betrieben stattfanden.Der Kurator führte durch die Jahrzehnte bis zur Gegenwart mit allen
Erfolgen und Enttäuschungen für die betriebliche Mitbestimmung. Mit Blick auf die Bewältigung der Wirtschafts und Finanzkrise von 2008/2009 lobte er im europäischen Vergleich die betriebliche Mitbestimmung in Deutschland: „Die Bewältigung der Krise“, so der Historiker, „zeigt überdeutlich, dass nur eine konsensuelle Konfliktpartnerschaft weltwirtschaftlich bedingte Krisen meistern kann.“ Während in den Nachbarländern massenhaft Facharbeiter entlassen wurden, fand man in Deutschland betriebliche Lösungen, um die Mannschaften zu halten.AKHistoriker Dr. Frank Hirsch ging in seinem Vortrag auf die Rolle der Frauen in der Einheitsgewerkschaft und in der saarländischen Nachkriegswirtschaft ein. So war in der saarländischen Nachkriegsverfassung die Frau rechtlich im Vergleich zur Bundesrepublik schlechter gestellt. Das Rollenbild war auf das der Hausfrau reduziert, die „stolz auf ihren Mann sein sollte“.DGBGeschäftsführerin Bettina Altesleben ist froh, dass Lucie Meyfarth als Vorkämpferin dafür gesorgt hat, dass sie heute als Frau an der Spitze einer DGBRegion steht: „Ohne ihren engagierten Einsatz für die Frauen wäre das nicht möglich gewesen...“
Mitbestimmung als wichtiger Pfeiler der Demokratie
Eröffneten die Ausstellung über
die Mitbestimmung und erinnerten an
Lucie Meyfarth: Dr. Frank Hirsch,
Bettina Altesleben, Anke Rehlinger,
Thomas Otto und Dr. Rudolf Tschirbs
(von links).Foto: Pasquale D‘Angiolillo
Lucie Meyfarth war die erste
hauptamtliche Gewerkschafts-
funktionärin an der Saar. Sie setzte sich sehr für die Gleichberechti-
gung von Frauen ein. Ein Saal des
Rechtsschutzsaals in Bildstock ist
nach ihr benannt.
Foto: Archiv
19 Heft 6 | 2016
ARBEIT + WIRTSCHAFT
Viele Akteure sind beteiligt, wenn es um die betriebliche Eingliede-rung und die berufliche wie medi-zinische Rehabilitation für Beschäf-tigte mit psychischen Problemen geht. Bei einer AK-Thema-Veran-staltung an einem Samstagvormit-tag im September tauschten sich Experten der Arbeitskammer, der Saar-Ärztekammer, des Verbandes der Betriebsärzte, der Saar-Psycho-therapeutenkammer und des saar-ländischen Bündnisses gegen De-pression über Möglichkeiten aus, die Situation für alle Beteiligten an diesem „Konzert“ zu verbessern. Insgesamt 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (darunter San.-Rat Dr. Josef Mischo, Präsident der Saar-Ärztekammer, Bernhard Morsch, Präsident der Psychothe-rapeutenkammer Saar und Petra Otto, Leiterin des Bündnisses gegen Depression Saar) nahmen an der Tagung mit dem Titel „Gute Arbeit – starke Psyche“ im Haus der Ärzte-
kammer in Saarbrücken teil. Kon-kret ging es um Schnittstellen-optimierung, Synergieeffekte und Prävention beim arbeitsmedizini-schen Handeln. AK-Geschäftsführerin Beatrice Zei-ger sagte zur Einführung, es gelte herauszufinden, „wo im Prozess Zeit verschenkt wird, wo Zahn-räder nicht ineinander passen, wo Reibungsverluste entstehen und wo Arbeit mehrfach getan wird“. Alle Beteiligten könnten vom kooperati-ven Handeln profitieren und sollten sich dafür einsetzen, dass „der Ein-satz für Klienten, Patienten und Betreute effizienter und effektiver wird“. Es genüge nicht, wenn jeder nur das Seine tue. Vielmehr gelte, dass das Ganze mehr sei als die Summe seiner Teile. Beatrice Zeiger schloss ihre Rede mit einem Spruch des Dichters Eugen Roth, der noch einmal die beiden Seiten von Arbeit verdeutlichte: „Ein Mensch sagt und ist stolz darauf, er gehe ganz in seiner Arbeit auf. Bald aber, nicht mehr ganz so munter, geht er in seiner Arbeit unter.“
Auf die psychosozialen Aspekte von Arbeit im Schnittpunkt der arbeitsmedizinischen Tätigkeit ging Prof. Dr. Mathias Berger ein. Der ärztliche Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Freiburg warnte eindringlich davor, Menschen mit psychischen Proble-men wie „Aussätzige“ zu behan-deln. Das sei leider zum Teil immer noch der Fall. Dr. Martina Opitz, Leiterin des werksärztlichen Diens-tes bei ZF in Saarbrücken, referierte über betriebsärztliches Handeln als „Navigation in einem weiten Feld“. Sie sieht Betriebsärzte in der Rolle von „Unterstützern und Lotsen“ für Betroffene. Und für sie steht fest: „Gute Arbeit wirkt antidepressiv!“Wie Opitz warb der leitende Ge-werbemedizinaldirektor beim Lan-desamt für Umwelt- und Arbeits-schutz, Dr. Michael Heger, für den Aufbau von „Netzwerken für ge-sundes Arbeiten“. Er erklärte: „Dia-gnostik, Behandlung und Rehabi-litation sind zwingend Teamarbeit – besonders bei psychischen Er-krankungen.“ Um eine möglichst gute Verzahnung bei der Betreuung der Patienten ging es auch im Vor-trag von Dr. Karl-Michael Müller. Das Motto des Facharztes für All-gemeinmedizin lautet: „Zusammen geht es besser.“ Müller sieht die see-lische Gesundheit als gemeinsames Anliegen hausärztlicher und be-triebsärztlicher Versorgung.Manfred Leinenbach, der die Fach-tagung für die Arbeitskammer or-ganisiert hatte und sie moderierte, erklärte in seinem Resümee: „Die Sinnhaftigkeit besserer Vernetzung aller betrieblichen wie außerbe-trieblichen Stellen im Spannungs-feld der beruflich-medizinischen Reha steht nicht erst seit heute außer Frage. Die Voraussetzungen dazu sind allemal schon jetzt vor-handen.“ Im Übrigen sei kein Ar-beitnehmer für alle Beteiligten so belastend und teuer wie ein kranker Arbeitnehmer.AK-Geschäftsführerin Zeiger kün-digte an, weitere Tagungen, Infor-mationsveranstaltungen, Work-shops und Veröffentlichungen über „gute Arbeit und starke Psyche“ anzubieten. Ein Anfang für eine (noch) bessere Zusammenarbeit aller Beteiligten ist also gemacht.
ARBEITSMEDIZIN | Praktiker tauschten sich über Schnittstellen, Synergien und Prävention aus
Mit Interesse verfolgten die vielen Teilnehmer die Vorträge der Fachreferenten.
Fotos: Pasquale D‘Angiolillo
Gute Arbeit sorgt für starke PsycheQQ Von AK-Redakteur Wulf Wein
Gastgeber und Referenten (von links): Karl-Michael Müller, Josef Mischo, Michael Heger, Bernhard Morsch, Martina Opitz, Beatrice Zeiger, Mathias Berger und Petra Otto.
„Ein Mensch sagt und ist stolz darauf, er gehe ganz in seiner
Arbeit auf. Bald aber, nicht mehr ganz so munter, geht er in seiner Arbeit unter.“
DichterEugen Roth
Heft 6 | 201620
ARBEIT + WIRTSCHAFT
BETRIEBSBAROMETER | Arbeitskammer und DGB Saar rufen erneut zur Teilnahme auf
QQ Von Eugen Roth und Hans Peter Kurtz
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist wieder soweit: Die Arbeitskammer will wissen, wie es um die Arbeitsbedingungen in den Betrieben und Dienststellen im Saarland steht. Geht es den Betrieben und Behörden gut, sind die Arbeitsplätze sicher und, vor allem, finden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Bedingungen vor, die sich als „Gute Arbeit“ kennzeichnen lassen? Kurz und gut: Sind die Arbeitsbedingungen und das Betriebsklima „produktiv“? Im Auftrag der Arbeitskammer führt BEST, die Beratungsstelle für Betriebs und Personalräte von AK und DGB, die Befragung zum AKBetriebsbarometer zum siebten Mal seit 2005 durch. Erneut wird ein aussagekräftiges Bild der Lage gezeichnet. Neben den regelmäßigen Fragen (siehe „Info“Kasten) ist diesmal das Schwerpunktthema die „Arbeitszeitgestaltung“. Die Ergebnisse sind wichtig für die Diskussion mit den Arbeitgebern und finden Eingang in die Politikberatung wie zum Beispiel die Berichterstattung der Arbeits kammer an die Landesregierung. Mit der Diskussion um „Gute Arbeit“ haben nicht zuletzt die Gewerkschaf
ten, die Arbeitskammer und weite Teile der Politik ein wichtiges Zukunftsthema geprägt. Das Leitbild „Gute Arbeit“ ist zentraler Bestandteil der Fachkräftesicherungsstrategie der Landesregierung geworden. „Gute Arbeit“ und „Wettbewerbsfähigkeit“ gelten als zwei Seiten der selben Medaille. Die Zukunft des Saarlandes wird nicht zuletzt davon abhängen, wie attraktiv die Arbeits
verhältnisse sind. Und gerade die Arbeitszeit und die Möglichkeiten ihrer Gestaltung sind hierbei gewichtige Faktoren. Welche Arbeitszeitmodelle kommen zum Einsatz und wie werden diese von den Beschäftigten bewertet? Wie wird mit Überstunden umgegangen? Wie sieht es mit der Erreichbarkeit in der Freizeit aus? Welche Regelungen bestehen bei Heimarbeit, stimmen betriebliche Regelungen und die Realität überein, wie steht es um die Einflussnahme der betrieblichen Mitbestimmung, gibt es (auch für diese) ausreichend überbetriebliche Beratungsmöglichkeiten und so weiter?Wenn man seriös diskutieren will, muss man wissen, wo man steht. Es ist wichtig, in Sachen „Guter Arbeit“ und „Arbeitszeit“ den IstZustand regelmäßig mit dem SollZustand abzugleichen. Ein wichtiger Gradmesser dafür ist das AKBetriebsbarometer. Damit es aussagekräftige Ergebnisse liefern kann, rufen Arbeitskammer und DGBGewerkschaften alle saarländischen Betriebsräte, Personalräte und Mitarbeitervertretungen auf, sich daran zu beteiligen. Nur wenn sich möglichst viele Interessenvertretungen beteiligen, können die Aussagen der Umfrage bestmöglich verwertet werden.
Die Arbeitszeit ist das zentrale Thema der aktuellen Befragung
Eugen Roth als stellvertretender Vorsitzender des DGB Rhein-land-Pfalz/Saarland und AK-Vorstands-chef Hans Peter Kurtz (links) appel-lieren an Betriebs-und Personalräte sowie Mitarbeiter-vertretungen, sich am Betriebsbaro-meter zu beteiligen.
Fotos: Pasquale D‘Angiolillo / DGB Saar / AKS
HINTERGRUND UND INFOS |
Breit angelegte UntersuchungDas AKBetriebsbarometer wird alle zwei Jahre im Auftrag der Arbeitskammer durch die Beratungsstelle für sozialverträgliche Technologiegestaltung e.V. (BEST) erhoben. Es handelt sich um eine breit angelegte Befragung von Arbeitnehmervertretungen in Betrieben und Dienststellen im Saarland, deren Ergebnisse in der medialen Berichterstattung stets mit großem Interesse kommentiert werden. Die Befragung liefert eine aktuelle und umfassende Bestandsaufnahme der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten sowie der Arbeitssituation und der Mitbestimmungsschwerpunkte ihrer Interessenvertretungen. Ende Oktober versendet BEST Fragebögen an Betriebsräte, Personalräte und Mitarbeitervertretungen im Saarland. Wer bisher noch nicht am AKBetriebsbarometer teilgenommen hat und in diesem Jahr gerne mitmachen möchte, kann sich direkt an BEST wenden. redAnsprechpartner für Fragen und Zusatzinfos: Dr. Matthias Hoffmann, Tel.: (0681) 4005255, EMail: matthias.hoffmann@bestsaarland.de, Kerstin Blass, Tel.: (0681) 4005349, EMail: kerstin.blass@bestsaarland.de.
| www.arbeitskammer.de/gute-arbeit/ak-betriebsbarometer | www.best-saarland.de/ak-betriebsbarometer
2015 wurde das letzte AK-Betriebs-
barometer präsentiert. Nun
werden die Daten für 2017 erhoben.
INFO |
Regelmäßige Fragestellungen der Betriebsräte-, Personalrä-te- und Mitarbeitervertretun-gen-Befragung für das AK-Be-triebsbarometer sind:
• Wie stellen sich die wirtschaftli-che Lage und die Arbeitsbedin-gungen in den Betrieben dar?
• Wie ist es um die Arbeitsor-ganisation bestellt, welchen Stel lenwert haben der Ar-beits- und Gesundheitsschutz oder auch die Weiterbildung?
• Welchen Einfluss nehmen die Interessenvertretungen und wo liegen ihre Mitbestimmungs- schwerpunkte?
21 Heft 6 | 2016
ARBEIT + WIRTSCHAFT
ANGEBOT | AK erweitert ihr Leistungsspektrum mit einem Fachreferat Pflege
Die Arbeitskammer baut ihr bereits seit Jahren bestehendes Angebot im Bereich Pflege aus. Die Fachleute Esther Braun und Andreas Dörr verstärken die AK in einem neu geschaffenen Referat Pflege mit einem erweiterten Leistungsspekt-rum. Davon profitieren direkt die knapp 17.000 Beschäftigten in der Pflege (davon 2.400 Auszubil-den de), aber indirekt auch alle AK-Mitglieder und ihre Angehöri-gen, die Pflegeleistungen in Kran-kenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten in An-spruch nehmen.Primäres Ziel der AK ist es, auf die Verbesserung der Arbeitsbedingun-gen hinzuwirken und die Stellung der Beschäftigten in der Pflege zu stärken. Eine zu niedrige Entloh-nung, hohe körperliche wie psychi-sche Arbeitsbelastungen, Arbeitsver-dichtung, Zeitdruck, hohe Anforde- rungen an die Arbeitszeitflexibilität und eine unzureichende Mitsprache führen zu wenig attraktiven und belastenden Arbeitsplätzen. Unter-suchungen der Arbeitskammer aus dem vergangenen Jahr haben ge-zeigt, dass die Gesundheitsbranche in Bezug auf Gesunde Arbeit selbst zu den Problembranchen gehört. Arbeitsschwerpunkte der Pflegere-ferentin/des Pflegereferenten sind die Unterstützung der saarländi-schen Pflegeakteure und die Bera-tung der in der Pflege tätigen AK-Mitglieder. In erster Linie geht es um die Vermittlung von AK- eigener Fachberatung zum Arbeits- und Sozialrecht, zum Arbeits- und
Gesundheitsschutz, zur Aus- und Weiterbildung oder zum Steuerrecht. Durch die enge Zusammenarbeit mit der AK-Tochter BEST e.V. wer-den aber auch Betriebs- und Perso-nalräte sowie Mitarbeitervertretun-gen in mitbestimmungsrelevanten Fragen wie Dienstvereinbarungen und Datenschutz beraten. Die Pflegeexperten vermitteln Kontakte und dienen als „Lotsen“ zu den in der Pflege relevanten Netzwerken und Organisationen. Zu ihrem Aufgabenbereich gehören Stellung-nahmen zu Gesetzentwürfen aus Sicht der Beschäftigten, die Bera-tung von Politik, Gewerkschaften und Verbänden ebenso wie die Ver-öffentlichung von pflegerelevanten Informationen und Fachanalysen in Publikationen und auf der AK-Homepage. Mit der Organisa-tion von pflegepolitischen Veran-staltungen und einem modular auf-gebautem Weiterbildungsangebot wird das Spektrum ihres Aufgaben-gebietes abgerundet.
Personalmangel in der Pflege ist schon lange zum Alltag geworden, denn der demografische Wandel nimmt die Beschäftigten von zwei Seiten in die Zange: Durch immer älter werdende Menschen steigt der Bedarf an Pflege und Betreuung, gleichzeitig nimmt die Anzahl der potenziellen Pflegekräfte ab. Um dem zukünftig immer akuter wer-denden Personalmangel entgegen-
zuwirken, fordert die Arbeits kam-mer des Saarlandes verbesserte Rah menbedingungen für die Pflege. Sie setzt sich ein für:• eine gesetzliche Personalbemes-sung. Diese existiert bereits für den stationären Bereich der Altenpflege und würde auch das Krankenhaus-personal entlasten.• die Verbindlichkeit von Dienst-plänen. Die sehr enge Personal-ausstattung führt zu häufigen Schichtwechseln und erschwert ein ge regeltes Privatleben. Ein verläss-licher Dienstplan sowie Mitgestal-tungsmöglichkeiten führen zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und steigern die Attrak-tivität des Berufs.• die Verbesserung der Ausbil-dungsqualität in den Pflegeberufen. Eine Anhebung auf das Niveau unserer Nachbarstaaten ist wün-schenswert, allerdings mit bereits vorher klar strukturierten Vorga-ben und Inhalten in Form eines Curriculums.• die Angleichung der Löhne in der Altenpflege an die Krankenpflege und die Anhebung des Lohn-niveaus, vergleichbar dem anderer EU-Länder.• Gute Arbeit in der Pflege. Denn nur dadurch lässt sich die Arbeits-zufriedenheit steigern und die sehr kurze Verweildauer in den Pflege-berufen erhöhen. • Einführung eines Gesundheits-managements zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit. Hierzu gehört auch eine angemessene ergonomi-sche Hilfsmittelausstattung. red
Gut vertreten in der Pflege
Bei einer Pressekonferenz
erläuterten der stellvertretende AK-Vorsitzende
Kurt Hau und Geschäftsführerin
Beatrice Zeiger (3. von links) das
neue Angebot.Foto: Pasquale D‘Angiolillo
AK fordert bessereRahmenbedingungen
Zum Angebot zählt auch eine eigene
Internetseite: www.
arbeitskammer.de/Pflege