Post on 30-Aug-2019
transcript
Herausgeber: Eugène Leguen de Lacroix,
Europäische Kommission, Generaldirektion
Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
Projektleitung: Isobel Maltby
Die in dieser Veröffentlichung geäußerten
Meinungen spiegeln nicht unbedingt die
Auffassung der Kommission wider.
ISBN 92-894-8200-1
© Europäische Gemeinschaften, 2005
Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.
Printed in Belgium
GEDRUCKT AUF CHLORFREI GEBLEICHTEM PAPIER
Das Copyright für die Fotos, die nicht
anderweitig gekennzeichnet sind, liegt bei der
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1
In den letzten zehn Jahren wurde in der Gemeinsamen
Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union kaum ein
Stein auf dem anderen gelassen.
Vor 1990 hatte die GAP bestimmte grundlegende Ziele,
insbesondere, die Selbstversorgung mit Grundnah-
rungsmitteln zu garantieren – eine Reaktion auf die
Lebensmittelknappheit nach dem Krieg. Das Ergebnis
war eine starre, produktionsorientierte Subventions-
politik, die bis in die 1990er Jahre Bestand hatte. Zu
diesem Zeitpunkt war die GAP jedoch bereits ein Opfer
ihres eigenen Erfolges geworden. Als das Hauptziel,
mehr Lebensmittel zu erzeugen, erreicht war, traten
unangenehme Nebenwirkungen auf, wie zum Beispiel
die legendären Rindfleisch- und Getreideberge oder
Handelsverzerrungen auf dem Weltmarkt, die beson-
ders den Entwicklungsländern geschadet haben.
Hinzu kamen eine zunehmende Besorgnis über die
Auswirkungen der GAP auf die Umwelt sowie die Angst
vor Krankheiten wie BSE. Verbraucher und Steuerzah-
ler verloren nach und nach das Vertrauen.
So begann vor mehr als einem Jahrzehnt der „lange
Marsch“ weg von der Unterstützung der Überprodukti-
on hin zu einer marktorientierten, umweltfreundlichen
GAP, die eine effiziente und nachhaltige Landwirt-
schaft zum Ziel hat. Nach den Reformen der Agenda
2000 war die grundlegende Überarbeitung der GAP
im Jahre 2003 der nächste logische Schritt hin zu einer
Politik, die nicht nur die Landwirtschaft unterstützt,
sondern auch den langfristigen Erhalt unserer ländli-
chen Räume insgesamt sicherstellt.
Die heutige Agrarpolitik ist kaum noch wiederzuer-
kennen. Die GAP wurde nicht nur durch die Zusam-
menlegung verschiedener Direktzahlungsregelungen
zu einer Betriebsprämie bedeutend vereinfacht, sie
ist jetzt auch ein wirksamerer Mechanismus, mit dem
mehr Ziele zu geringeren Kosten erreicht werden.
Verschlang die GAP einst zwei Drittel des gesamten
EU-Budgets, so benötigt sie momentan weniger als
die Hälfte und in zehn Jahren voraussichtlich nur noch
ein Drittel. Trotz geringerer Kosten wird der Wirkungs-
bereich der GAP ständig größer, da eine umfassende
ländliche Entwicklungspolitik eingeführt wurde, die
die Diversifizierung, Umstrukturierung und Entwick-
lung der ländlichen Gebiete und ihrer Wirtschaft inner-
halb der Europäischen Union unterstützt.
Auch die Beihilfen für landwirtschaftliche Betriebe
sind jetzt an den Interessen der Verbraucher und den
V o r w o r tvon der Öffentlichkeit gesetzten Prioritäten ausge-
richtet. Weit entfernt von der Politik, die einst Sub-
ventionen für die produzierte Menge anbot, hängt
eine Unterstützung durch die GAP nun davon ab, ob
Qualitäts- und Umweltschutzstandards eingehalten
und die Lebensmittelsicherheit garantiert werden
– was den Bedürfnissen der europäischen Bevölke-
rung entspricht. Unsere Landwirte können wieder
das erzeugen, was der Markt verlangt. Und indem die
Anreize zur Überproduktion abgeschafft wurden, hat
unsere Reform auch dazu beigetragen, dass die GAP
weniger handelsverzerrend ist und die Bedürfnisse der
Entwicklungsländer besser berücksichtigen kann.
In den vergangenen zehn Jahren fand zwar nicht gera-
de eine grüne Revolution, aber zumindest eine grüne
Evolution in der Agrarpolitik statt. Verbraucher und
Steuerzahler haben heutzutage andere Ansprüche
als zu der Zeit, als die GAP eingeführt wurde. 91% der
EU-Bürger glauben, dass ein Kernpunkt der Gemein-
samen Agrarpolitik die Garantie sicherer Lebensmittel
ist. 89% halten den Umweltschutz für eine weitere
wichtige Aufgabe. Die neue, reformierte Gemeinsame
Agrarpolitik hat diese neuen Bedürfnisse der Verbrau-
cher berücksichtigt, und wir haben jetzt eine stabile
Grundlage, mit der wir unser ländliches Erbe bewah-
ren, die nachgefragten landwirtschaftlichen Erzeug-
nisse produzieren und gleichzeitig unsere Position auf
dem Weltmarkt sichern können.
Franz Fischler
22
I n h a l t
Vorwort 1
Einleitung 3
1. Die Rolle der Landwirte 4
2. Die Geschichte eines erfolgreichen Wandels 6
3. Eine Bilanz, auf die man stolz sein kann 8
4. Qualität ist ein Schlüssel zum Erfolg 12
5. Schutz des ländlichen Raumes 16
6. Dem Verbraucher Vertrauen in die Lebensmittelsicherheit geben 18
7. Unterstützung für ländliche Gemeinden 20
8. Neue Mitgliedstaaten, neue Herausforderungen 22
9. Die EU – ein weltweit bedeutender Händler von Agrarprodukten 24
10. Die Kosten der GAP 28
11. Die Anliegen der Menschen berücksichtigen 30
12. Die GAP – Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft
in einer globalen Umwelt 32
Wo bekomme ich mehr Informationen zur GAP? 33
3
Die meisten Regionen in der Europäischen Union (EU) sind ländlich geprägt und durch die Menschen und ihre Arbeit geformt worden. Sie sind dabei sehr verschieden, was auf unterschiedliche land- und forstwirtschaftliche Bearbeitungsmethoden in diesen ländlichen Gebieten sowie die damit verbundenen Handwerks- und Gewerbezweige zurückzuführen ist.
E i n l e i t u n g
In dieser Broschüre wird erklärt, was die GAP ist, warum
es sie gibt, was sie kostet, wie sie entstanden ist und
vor allem, wie sie die Bedürfnisse sowohl der Landwir-
te als auch der gesamten Gesellschaft erfüllt.
MERKMALE DER EUROPÄISCHEN
LANDWIRTSCHAFT
Land- und Forstwirtschaft als größte Landnutzer
spielen eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, den
Zustand der ländlichen Wirtschaft und des ländlichen
Raums zu bestimmen. Obwohl die Bedeutung der
Landwirtschaft für die Wirtschaft in den ländlichen
Gebieten inzwischen weniger groß ist als früher, leistet
sie dort immer noch einen wichtigen Beitrag zum wirt-
schaftlichen Wachstum und zur Erhaltung der Umwelt.
Die EU-Landwirtschaft ist nicht so eindimensional, wie
man vermuten könnte. In Wirklichkeit übernehmen
Landwirte viele verschiedene Aufgaben, angefangen
von der Nahrungsmittel- und Faserproduktion über
das Landschaftsmanagement, den Naturschutz bis
hin zum Tourismus. Die Landwirtschaft hat somit viele
unterschiedliche Funktionen.
• Europa hat einen modernen und wettbewerbsfä-
higen Agrarsektor und nimmt eine führende Posi-
tion auf den Weltmärkten ein, sowohl als Exporteur
als auch weltgrößter Importeur von Lebensmitteln,
hauptsächlich aus Entwicklungsländern;
• Europa verfügt über einen nachhaltigen und effi-
zienten Agrarsektor, in dem sichere, saubere und
umweltfreundliche Produktionsmethoden ange-
wandt und Qualitätsprodukte angeboten werden,
die der Nachfrage der Verbraucher entsprechen;
• der EU-Agrarsektor nutzt den ländlichen Gemeinden
und spiegelt deren reiche Traditionen und Vielfalt
wider. Seine Rolle besteht nicht nur in der Produk-
tion von Nahrungsmitteln, sondern er bewahrt
das Land als einen Ort zum Leben, Arbeiten
und zur Erholung;
• Europas Agrarpolitik wird auf EU-Ebene von den
Regierungen der Mitgliedstaaten beschlossen und
von den Mitgliedstaaten umgesetzt. Dazu gehören
Einkommensbeihilfen für Landwirte, die gleichzeitig
ermutigt werden, die am Markt nachgefragten
Produkte in hoher Qualität zu liefern und zusätzliche
Wege zu entwickeln, um ihre Betriebe in Einklang mit
der Umwelt zu führen.
44
1. Man sollte bei all diesen Aufgaben nicht vergessen,
dass Landwirte auch Geschäftsleute sind und dass die
Landwirtschaft, entgegen einem weit verbreiteten
Glauben, keine Goldgrube ist. Die Rentabilität eines
Bauernhofes ist gering. Landwirte arbeiten hart für
relativ niedrige Einkünfte – viele haben einen 24-Stun-
den-Job, sieben Tage die Woche. Doch wenn die Land-
wirtschaft nicht rentabel genug ist, werden Landwirte
ihre Höfe aufgeben und junge Leute sich nicht mehr
für die Arbeit in der Landwirtschaft interessieren. Das
bedeutet auf lange Sicht einen Niedergang der Land-
wirtschaft und des ländlichen Raumes.
Die Arbeit der Landwirte besteht hauptsächlich aus
der Erzeugung von Lebensmitteln. Um hochwertige
Lebensmittel zu erschwinglichen Preisen anbieten zu
können, verwenden sie Methoden, die eine lange Tra-
dition haben, gleichzeitig aber auch neueste Erkennt-
nisse der Wissenschaft und moderne Technologien in
sich vereinen. Sie verbinden traditionelle Fertigkei-
D i e R o l l e d e r L a n d w i r t e
Zur Landwirtschaft gehört mehr als nur die Tier- und Pflanzenproduktion zu Nahrungs-zwecken. Landwirte müssen aufgrund der Komplexität ihres Berufes viele Aufgaben übernehmen. Für die meisten Landwirte ist ihr Beruf auch eine Lebensweise.
55
3 000
2 500
2 000
1 500
1 000
500
02002200120001995 1996 1997 1998 1999
ten und Kenntnisse (zum Beispiel in den Bereichen
Wissenschaft, Zuchttechnik, Maschinen) mit techni-
schem Know-how und Vermarktungstalent. Um ihre
Erzeugnisse besser produzieren und vermarkten zu
können, arbeiten Landwirte in zunehmenden Maße
mit Informationstechnologien. Außerdem müssen sie
sich vermehrt Kenntnisse im Landmanagement und im
Umweltbereich aneignen. In den letzten Jahren kamen
zu Fragen der Tiergesundheit und des Tierschutzes
auch noch die der Lebensmittelsicherheit hinzu. Kein
anderer Beruf erfordert wohl eine solche Bandbreite
an Fähigkeiten.
Die meisten Höfe sind kleine, oft familiengeführte
Betriebe. Sie spielen eine wichtige Rolle in der ländli-
chen Welt und sind in vielen ländlichen Gebieten wich-
tige lokale Arbeitgeber.
Landwirte spielen eine positive Rolle bei der Erhal-
tung der Landschaft und der Umwelt, indem sie für
eine sichere und profitable Zukunft für sich und ihre
Familien arbeiten.
Landwirte arbeiten nicht allein. Sie sind das erste Ver-
bindungsglied in der Nahrungskette. Manchmal ver-
arbeiten sie ihre Produkte direkt auf dem Hof, meist
verkaufen sie sie jedoch an andere, die sie in die Lebens-
mittel umwandeln, die der Verbraucher schließlich in
den Geschäften zu kaufen bekommt.
Entwicklung der durch-schnittlichen Bruttolöhne in der Wirtschaft und der durch-schnittlichen Bruttoeinkommen in der Land-wirtschaft
Landwirtschaft
Andere Bereiche
(EUR/Monat)
DAS EINKOMMEN VON LANDWIRTEN IST GERINGER ALS DAS DER DURCHSCHNITTSBEVÖLKERUNG
Quelle: Farm Accountancy Data Network (FADN); Eurostat
6
2.DIE URSPRÜNGLICHE GAP
Die Ursprünge der GAP liegen im Westeuropa der
1950er Jahre, das vom Krieg zerstört war, wo die
Landwirtschaft darnieder lag und keine ausreichende
Versorgung mit Lebensmitteln gewährleistet war. Mit
der GAP der Anfangsjahre sollte vor allem die Produk-
tivität innerhalb der Nahrungsmittelkette angekurbelt
werden, um den Verbrauchern dauerhaft erschwing-
liche Lebensmittel bieten zu können und in der EU
einen lebensfähigen Agrarsektor zu schaffen. Die GAP
bot den Landwirten Subventionen, garantierte stabile
Preise und lieferte ihnen so Anreize, zu produzieren.
Es gab finanzielle Unterstützung für die Umstrukturie-
rung der Bauernhöfe. So wurden zum Beispiel Inves-
titionshilfen für die Vergrößerung der Höfe gewährt
sowie für Maßnahmen zur Vertiefung von Manage-
mentkenntnissen und technischem Wissen, um die
Höfe an die damaligen wirtschaftlichen und sozialen
Bedingungen anzupassen.
Die Aufgabe der GAP, die Selbstversorgung in der EU
sicherzustellen, wurde erfolgreich gemeistert. In den
1980er Jahren hatte die EU jedoch mit ständigen Über-
schüssen zu kämpfen, die (mit Hilfe von Subventionen)
zum Teil exportiert, teilweise aber auch gelagert oder
D i e G e s c h i c h t e e i n e s e r f o l g r e i c h e n W a n d e l s
Es herrscht die weit verbreitete Auffassung, dass es sich bei der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) um ein starre, unveränderliche Politik handelt, die dazu dient, dem Steuerzahler das Geld aus der Tasche zu ziehen, um damit eine kleine Gruppe von Menschen zu belohnen, die das Privileg genießt, auf dem Land zu leben. In Wirklichkeit gab und gibt es weiterhin triftige Gründe für die Existenz der GAP. Sie hat sich ständig weiterentwickelt und spiegelt eher die sich ändernden Bedürfnisse der Gesellschaft wider als die Forderungen der Agrarlobby. Die heutige GAP unterscheidet sich sehr von der GAP der 1960er Jahre.
7
Landwirte um so mehr Subventionszahlungen, je mehr
sie produzierten. Nach dem neuen System erhalten
sie zwar weiterhin direkte Einkommensbeihilfen, um
die Einkommensstabilität zu bewahren, aber die Ver-
bindung zur produzierten Menge wurde aufgehoben.
Außerdem müssen Landwirte bestimmte Standards
im Umweltschutz, der Nahrungsmittelsicherheit und
im Tierschutz einhalten – Landwirten, die sich nicht
daran halten, werden die Direktzahlungen gekürzt
(dieser Ansatz ist unter der englischen Bezeichnung
„Cross Compliance“ bekannt). Die Aufhebung der
Verbindung aus Subvention und Produktionsmen-
ge (gewöhnlich als „Entkopplung“ bezeichnet) wird
zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit und stärke-
ren Marktorientierung der EU-Landwirte führen. Sie
können nun das produzieren, was für sie die meisten
Gewinne bringt, und haben trotzdem die gewünschte
Sicherheit beim Einkommen.
Diese Reihe von Reformen hat ein klareres Bild von der
Zukunft der GAP gezeichnet und deren Wert für die
gesamte Gesellschaft deutlicher gemacht.
innerhalb der EU entsorgt wurden. Diese Maßnah-
men bedeuteten einen hohen Kostenaufwand. Sie ver-
zerrten einige Weltmärkte, dienten nicht immer den
Interessen der Landwirte und waren bei Verbrauchern
und Steuerzahlern unpopulär. Gleichzeitig machte
sich die Gesellschaft zunehmend Sorgen über die
Umweltverträglichkeit der Landwirtschaft. Der Welt-
gipfel in Rio1 Anfang der 1990er Jahre markierte in
dieser Hinsicht einen wichtigen Wendepunkt.
Die GAP musste sich ändern ... und sie tat es.
DIE HEUTIGE GAP
Viele wichtige Veränderungen wurden in den 1990er
Jahren durchgeführt. Produktionsbeschränkun-
gen trugen dazu bei, die Überschüsse zu verrin-
gern, und es wurde ein neuer Schwerpunkt auf die
Umweltverträglichkeit der Landwirtschaft gelegt.
Landwirte, die nun direkte Einkommenszuschüsse
erhielten, mussten sich mehr am Markt orientieren
und auf die sich ändernden Bedürfnisse der Verbrau-
cher reagieren.
Zu dieser Schwerpunktverlagerung gehörte ein wich-
tiges neues Element – eine Politik der ländlichen Ent-
wicklung, die viele ländliche Initiativen förderte und
gleichzeitig den Landwirten half, neue Produktionsbe-
reiche zu erschließen, die Vermarktung der Erzeugnis-
se zu verbessern und auch anderweitig ihre Betriebe
umzustrukturieren. Es wurde eine Ausgabengrenze
für das Budget festgesetzt, um den Steuerzahlern zu
garantieren, dass die Kosten nicht außer Kontrolle
gerieten. Im Jahr 2003 einigte man sich auf eine wei-
tere, grundlegende Reform.
Landwirte werden inzwischen nicht mehr nur für die
Erzeugung von Lebensmitteln bezahlt. Die GAP wird
heutzutage von der Nachfrage bestimmt. Sie berück-
sichtigt die Interessen der Steuerzahler und Verbrau-
cher und räumt den Landwirten gleichzeitig die Freiheit
ein, das zu produzieren, was auf dem Markt gewünscht
ist. In Zukunft wird der größte Teil der Beihilfen für
Landwirte unabhängig davon gezahlt, was und wie
viel diese produzieren. In der Vergangenheit erhielten 1 UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED), Rio de Janeiro, 3.-14. Juni 1992
8
3. E i n e B i l a n z , a u f d i e m a n s t o l z s e i n k a n n
WIR BAUEN FAST ALLES AN
Aufgrund der klimatischen und geographischen
Bedingungen können in Europa fast alle landwirt-
schaftlichen Produkte erzeugt werden. Bei einigen
Produkten ist Europa führend auf dem Weltmarkt, zum
Beispiel bei Olivenöl, Fleisch, Wein, Whisky und ande-
ren Spirituosen. Europa ist jedoch auch ein großer
Importeur vieler unterschiedlicher Erzeugnisse.
Diese natürlichen Vorteile und die Leistungen der GAP
führten zu erheblichen Steigerungen der Produktivi-
tät, zu einer höheren Produktion, zu Nahrungsmittel-
Effektivitätssteigerungen in der Landwirtschaft sowie Anreize durch die GAP führten seit den 1960er Jahren zu erheblichen Steigerungen in der Nahrungsmittelproduktion. Es gab erhebliche Verbesserungen hinsichtlich des Produktionsniveaus und der Selbstversorgung. Gleichzeitig stiegen die landwirtschaftlichen Einkünfte, oftmals bedingt durch Vergrößerungen der Höfe aufgrund von Betriebsaufgaben und -zusammenlegungen. Quelle: Europäische Kommission
Die wichtigsten Agrarerzeugnisse in der EU 2002 (Angaben in Prozent)
Getreide
Ölsaaten
Olivenöl
Frischobst
Frisches Gemüse
Kartoffeln
Wein
Milchprodukte
Rinder, Schweine, Schafe
& Ziegen
Eier & Geflügel
andere
20 %
5.8 %
20.5 % 14 %
5 %
2.2 %
8.1%
6.3 %
2.2 %1.6 %14.3 %
9
180
160
140
120
100
80
60
19741975
19761977
19781979
19801981
19821983
19841985
19861987
19881989
19901991
19921993
19941995
19961997
19981999
20002001
20022003
Getreide
Ölsaaten
Olivenöl
Frischobst
Frisches Gemüse
Kartoffeln
Wein
Milchprodukte
Rinder, Schweine, Schafe
& Ziegen
Eier & Geflügel
andere
sicherheit bei den meisten Produkten und schließlich
zu Überschüssen bei vielen Agrarerzeugnissen.
Diese Überschüsse mussten vom Markt genommen
werden, um einen Verfall der Preise ab Hof zu verhin-
dern. Das wurde entweder mit Hilfe von Subventionen
für die Lagerung (öffentliches Interventionssystem)
oder für den Export in Drittländer erreicht.
ENT WICKLUNG DER SELBST VERSORGUNG IN DER EU MIT GE TREIDE, ZUCKER, BUT TER UND RINDFLEISCH
Selbstversorgungsrate in %
Getreide
Zucker
Butter
Rindfleisch
Quelle: Europäische Kommission, Eurostat
10
35 000
30 000
25 000
20 000
15 000
10 000
5 000
0
68/69
72/73
74/75
70/71
76/77
78/79
82/83
84/85
80/81
86/87
90/91
92/93
88/89
94/95
98/99
00/01
02/03
96/97
1 400
1 200
1 000
800
600
400
200
0
19741975
19761977
19781979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
20002001
20022003
In den 1980er und 1990er Jahren führte die EU politische
Maßnahmen ein, mit denen die Überschussproduktion
verringert werden sollte. Es wurde eine Reihe von Maß-
nahmen ergriffen: zunächst freiwillige, dann obligatori-
sche Flächenstillegung, bei der Landwirte einen Teil ihres
Landes brach liegen lassen; feste Quoten für die Milch-
produktion mit Strafen bei Überschreitung; Beschränkun-
gen für die Anbaufläche von Getreide und für die Anzahl
der Tiere, für die die Landwirte Subventionen erhalten
konnten. Diese Maßnahmen hatten allmählich Erfolg, und
die Überschüsse wurden verringert. Die GAP-Reformen
in den 1990er Jahren, die teilweise aus dem Abkommen
der Welthandelsorganisation (WTO) von 1995 resultierten,
bewirkten eine Verringerung der EU-Exportsubventionen
(zur Entschädigung von Exporteuren, die Produkte zu
einem im Vergleich zu EU-Preisen niedrigeren Weltmarkt-
preis exportierten).
Als Ergebnis all dieser Maßnahmen hat die EU ihre Export-
Entwicklung der öffentlichen Lagerbestände an Getreide (Interventionsbestände)
Wirt
schafts
-
jahr
WeizenRoggen
GersteHartweizen
MaisHirse Lagerbestände an Butter Lagerbestände an Rindfleisch
Entwicklung der öffentlichen Lagerbestände an Rindfleisch und Butter (Interventionsbestände)
in 1000 Tonnen in 1000 Tonnen
L E B E N S M I T T E L B E R G E G I B T E S N I C H T M E H R
Quelle für beide Schaubilder: Europäische Kommission
11
12 000
10 000
8 000
6 000
4 000
2 000
0
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
20002001
20022003
70 000
60 000
50 000
40 000
30 000
20 000
10 000
0
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
20002001
20022003
©
Kosten für Exporterstattungen insgesamt*
Mio. EUR
Export von Agrargütern*
Mio. EUR
Quelle: Europäische Kommission
* (EU-12: 1988-1994, EU-15: ab 1995)
EXPORTHILFEN SINKEN, ABER DER EXPORT WERT STEIGT WEITER
Quelle: Eurostat
subventionen verringert und gleichzeitig den Umfang
der landwirtschaftlichen Exporte beibehalten und sogar
erhöht.
12
4. WIE FÖRDERT DIE EU DIE PRODUKTION VON
NAHRUNGSMITTELN IN BESTER QUALITÄT?
Europa besteht aus vielen verschiedenen Regionen.
Die Bedingungen für die Agrarproduktion variie-
ren. Die einzelnen Regionen haben unterschiedliche
Produktionsmethoden und kulinarische Traditionen.
Verbraucher in Europa und weltweit zeigen ein gestei-
gertes Interesse an der Qualität dieser Lebensmittel.
Die EU spielt eine wichtige Rolle bei der Verbesserung
dieser hohen Qualitätseigenschaften.
Die EU sichert die Qualität von Lebensmitteln auf
verschiedene Weise, zum Beispiel durch Maßnahmen
zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit und
-hygiene, klare Regelungen für die Kennzeichnung,
Vorschriften zur Tier- und Pflanzengesundheit
und zum Tierschutz, durch Kontrolle der Pestizid-
rückstände und Zusatzstoffe in Lebensmitteln und
durch Informationen zur Ernährung. Zum Ansatz
der EU gehört auch die Anwendung von strengen
Q u a l i t ä t i s t e i n S c h l ü s s e l z u m E r f o l g
Europa ist für die Vielfalt seiner Landwirtschaft und seiner Agrarprodukte bekannt. Die natürliche Umwelt und über Jahrhunderte entwickelte Produktionsweisen haben sie hervorgebracht. Die vielfältigen kulinarischen Traditionen sind für die kulturelle Identität der Menschen und Regionen Europas von großer Bedeutung. Der wesentliche Vorteil der EU-Landwirtschaft ist ihre hohe Qualität.
13
Überwachungs- und Kontrollsystemen bei gleichzei-
tiger Gewährleistung eines funktionierenden euro-
päischen Binnenmarktes.
STÄNDIGE SUCHE NACH VERBESSERUNG
Immer mehr Verbraucher sind bereit, für garantierte
Qualität zu zahlen, vorausgesetzt, sie können erken-
nen, dass sie einen Mehrwert erhalten. In einem
EU-Binnenmarkt mit 454 Millionen Verbrauchern
gewährleistet die GAP, dass Originalprodukte leicht
erkannt werden können und die Verbraucher nicht
mit Nachahmungen getäuscht werden. Mit-
gliedsländer haben durch die GAP die Möglich-
keit, politische Maßnahmen einzusetzen, wie etwa
Anreizzahlungen, um Landwirte zu bestärken, frei-
willig an EU- oder nationalen Programmen teilzu-
nehmen, mit denen die Qualität der Agrarprodukte
gewährleistet und verbessert werden soll.
Bemühungen, die Lebensmittelqualität zu verbessern,
waren schon immer ein Teil der GAP. Sie gehen zurück
auf die Entwicklung einer Qualitätskennzeichnung
für Weine in den 1980er Jahren und wurden später
auch auf dem Olivenöl-, Obst- und Gemüsesektor
angewendet.
Inzwischen spielen diese Bemühungen eine wesent-
lich größere Rolle innerhalb der Agrarpolitik. Sie sind
in allen Bereichen der GAP zu finden. Beispiele für
entsprechende Maßnahmen sind:
• Methoden zur Identifizierung von Rindern sowie
Regelungen für eine Fleischkennzeichnung, die
eine vollständige Rückverfolgung des Fleisches
vom Geschäft zum Bauernhof ermöglicht;
• finanzielle Anreize für Landwirte zur Verbesserung
der Produktqualität aus Mitteln der ländlichen
Entwicklungspolitik;
• eine besondere Förderung der Umstellung auf
ökologische Landwirtschaft.
14
Die außergewöhnliche Beschaffenheit und Qualität
einiger Produkte hängt sowohl mit dem Herstellungs-
ort als auch mit der Herstellungsweise zusammen.
Verbraucher und der Lebensmittelhandel zeigen ver-
stärktes Interesse am Herkunftsort des Produktes und
an anderen Eigenschaften. Die EU hat dies erkannt und
deshalb drei „Qualitätslogos“ entwickelt:
Die Logos „geschützte Ursprungsbezeichnung“
(g.U.) und „geschützte geographische Angabe“
(g.g.A.) betreffen Produkte oder Lebensmittel, die
einen engen Bezug zu einer bestimmten Region
beziehungsweise zu einem bestimmten Ort haben.
Ein Produkt mit dem Logo „geschützte geographi-
sche Angabe“ hat eine besondere Eigenschaft oder
Reputation, die es mit einer bestimmten Gegend in
Verbindung bringt. Mindestens eine Produktionsstufe
muss in dieser Gegend erfolgt sein. Beispiele dafür
sind „Clare Island Salmon“, „Arancia Rossa di Sicilia“ und
„Dortmunder Bier“: Die einzigen Nahrungsmittel, die
diese Namen und das Logo tragen dürfen, sind Lachs
wendet, die entweder traditionelle Zutaten enthalten
oder auf traditionelle Art und Weise hergestellt wur-
den. Zu diesen Produkten zählen „Kalakukko“-Brot,
„Serrano“-Schinken und „Kriek“-Bier. Sie sind jeweils
von Finnland, Spanien und Belgien registriert worden.
Der Schutz dieser Produktnamen bietet folgende
Vorteile:
• Der Verbraucher erhält Garantien hinsichtlich des
Herkunftsortes und der Herstellungsmethoden;
• für Erzeugnisse mit einem hohen Mehrwert kann
wirkungsvoll geworben werden;
• landwirtschaftliche Betriebe, die Qualitätsprodukte
herstellen, werden vor Nachahmung geschützt und
dadurch gefördert.
Bis Juli 2004 hat die EU fast 700 geschützte geographi-
schen Angaben, geschützte Ursprungsbezeichnungen
von Clare Island in Irland, Blutorangen aus Sizilien und
Biere aus der Dortmunder Gegend, sofern diese beson-
deren Qualitätsanforderungen entsprechen.
Ein Erzeugnis mit dem Logo „geschützte Ursprungs-
bezeichnung“ hat nachgewiesene Eigenschaften, die
ausschließlich auf den Boden und die Fähigkeiten der
Produzenten in der Herkunftsregion zurückzuführen
sind. Deshalb müssen alle Produktionsstufen in die-
ser Region durchgeführt worden sein. Beispiele dafür
sind „Huile d’olive de Nyons“, „Queijo Serra da Estrella“
und „Shetland lamb“: Das heißt, dass nur Olivenöl aus
einer bestimmten Gegend in der Nähe von Nyons
in Frankreich, Käse aus einer bestimmten Gegend in
der Serra da Estrella in Portugal und Lamm von den
Shetland-Inseln im Vereinigten Königreich, die genau
die Anforderungen erfüllen, diese Bezeichnungen und
das Logo tragen können.
Das Logo „garantiert traditionelle Spezialität“ (g.t.S.)
wird für Produkte mit besonderen Eigenschaften ver-
BESONDERE ERZEUGNISSE HABEN BESONDERE EIGENSCHAFTEN
15
und garantiert traditionelle Spezialitäten registriert.
Außerdem sind über 2000 geographische Angaben
zu Weinen und Spirituosen aus der EU und aus
Drittländern auf dem EU-Markt geschützt.
ÖKOLOGISCHER LANDBAU
Im ökologischen Landbau (bzw. in der biologischen
Landwirtschaft) werden die Struktur und Fruchtbarkeit
des Bodens bewahrt, ein hoher Tierschutzstandard
gefördert, die Anwendung von Pestiziden, Herbiziden,
Kunstdünger, Wachstumsbeschleunigern wie Hor-
monen und Antibiotika oder genetisch veränderten
Organismen vermieden. Die Landwirte verwenden
Produktionsmethoden, die zum Erhalt des Ökosystems
beitragen und die Umweltverschmutzung verringern.
Bei der Verarbeitung ökologischer Lebensmittel darf
nur eine begrenzte Anzahl an Zusatzstoffen und
Verarbeitunghilfsmitteln verwendet werden.
Durch die EU-Regelungen wird die Authentizität
der Ökoprodukte garantiert, egal wo sie produziert
werden, und eine genaue Kennzeichnung sicher-
gestellt. Der Gebrauch des Wortes „Öko“ und sei-
ner Entsprechungen in anderen Sprachen im
Zusammenhang mit Lebensmitteln ist gesetzlich aus-
schließlich Produkten aus ökologischem Anbau vorbe-
halten. Der Verbraucher erhält dadurch Garantien zur
Qualität und Sicherheit der gekauften Produkte.
Der ökologische Landbau ist einer der dynamischsten
Sektoren in der EU. Er machte 2002 eine Fläche von
geschätzten 4,4 Millionen Hektar (3,3% der gesamten
landwirtschaftlichen Fläche) auf 150.000 Höfen aus.
Viele Landwirte nehmen an Maßnahmen teil, die sie
bei der Umstellung zum Öko-Landbau innerhalb länd-
licher Entwicklungsprogramme der EU unterstützen.
Ein stärkeres Bewusstsein der Verbraucher für
Produktionsmethoden und die Umwelt haben zu
einem schnellen Wachstum des Öko-Landbaus bei-
getragen.
Bio-Bauern und Herstellern von ökologischen
Lebensmitteln steht das Bio-Siegel der EU zur
Verfügung, das sie freiwillig verwenden können. Das
Siegel besagt, dass:
• mindestens 95 % der Inhaltstoffe des Produktes aus
dem ökologischen Landbau kommen;
• das Produkt die Vorschriften des amtlichen Kontroll-
systems erfüllt;
• auf dem Produkt der Name des Herstellers, des
Aufbereiters oder Vertreibers/Verkäufers und der
Name oder die Kennzeichnung der Kontrollbehörde
bzw. -stelle stehen.
16
5.
Der Zusammenhang zwischen dem Reichtum der
natürlichen Umwelt und der Anwendung landwirt-
schaftlicher Verfahren ist komplex. Während viele
wertvolle Lebensräume in Europa durch extensive
Landwirtschaft bewahrt werden und das Überleben
einer großen Anzahl wildlebender Tiere davon abhängig
ist, können landwirtschaftliche Methoden auch gegen-
teilige Auswirkungen auf die natürlichen Ressourcen
haben. Die Verschmutzung des Bodens, der Luft und
des Wassers, die Zersplitterung von Lebensräumen
und das Verschwinden von wildlebenden Tieren kön-
nen durch ungeeignete Produktionsmethoden und
Landnutzung verursacht werden. Die EU-Politik, ins-
besondere die GAP, zielt deshalb vermehrt darauf ab,
die Risiken der Umweltschädigung zu mindern und
gleichzeitig die Landwirte darin zu bestärken, weiter-
hin eine positive Rolle beim Erhalt der Landschaft und
der Umwelt zu spielen.
Die Integration von Umweltschutzzielen in die
Agrarpolitik begann in den 1980er Jahren. Seitdem
spielt Nachhaltigkeit innerhalb der GAP eine zuneh-
mend wichtige Rolle. Zu den Zielen der GAP gehört
es, die Landwirtschaft dabei zu unterstützen, ihre
multifunktionale Rolle innerhalb der Gesellschaft zu
erfüllen: das heißt, sichere und gesunde Lebensmittel
zu produzieren, zur nachhaltigen Entwicklung der
ländlichen Gebiete beizutragen und den Zustand
der landwirtschaftlich genutzten Umwelt und ihren
Artenreichtum zu schützen und zu verbessern. Für die
EU war es auch wichtig, allgemeine Regeln hinsicht-
lich der Zulassung genetisch veränderter Organismen
(GVOs) in der Landwirtschaft aufzustellen.
S c h u t z d e s l ä n d l i c h e n R a u m e s
Die Hälfte der EU-Fläche wird landwirt-schaftlich genutzt. Allein diese Tatsache zeigt, warum die Landwirtschaft so wichtig für die natürliche Umwelt in der EU ist. Landwirtschaft und Natur ste-hen in einer engen Wechselbeziehung. Landwirtschaft hat über Jahrhunderte dazu beigetragen, eine Vielfalt wertvol-ler, naturnaher Lebensräume zu schaffen und zu bewahren. Diese prägen heutzu-tage das Landschaftsbild der EU und sind Heimat vieler verschiedener wildleben-der Tiere.
17
AGRARUMWELTMASSNAHMEN
Agrarumweltmaßnahmen werden seit ihrer Ein-
führung 1992 von der EU unterstützt. Sie bestärken
Landwirte, umweltfreundliche Produktionsverfahren
anzuwenden, die über die gute landwirtschaftliche
Praxis und gesetzliche Standards hinausgehen.
Landwirte, die freiwillig über einen Zeitraum von min-
destens fünf Jahren an Agrarumweltmaßnahmen
teilnehmen, können Beihilfen erhalten. Für bestimm-
te Programme können längere Zeiträume festgelegt
werden, je nachdem, welche Auswirkungen sie für die
Umwelt haben. Die Mitgliedstaaten sind dazu verpflich-
tet, den Landwirten solche Agrarumweltmaßnahmen
anzubieten. Dies zeigt die politische Bedeutung, die
diese Programme haben.
Eine sauberere Umwelt
Die EU versucht, die Umwelt zu schützen, indem sie
• Finanzhilfen für Maßnahmen zahlt, die über konventionelle gute landwirtschaftliche Methoden hinaus-
gehen. Dazu gehören die Verringerung der Anzahl der Tiere pro Hektar, das Brachlegen von Feldrainen,
die Anlage von Teichen oder das Pflanzen von Bäumen und Hecken;
• bei den Ausgaben für den Naturschutz hilft;
• darauf besteht, dass die Landwirte, die Anspruch auf direkte Einkommenszahlungen haben wol-
len, das Umweltrecht einhalten (sowie die Gesetze zur öffentlichen Gesundheit und zur Tier- und
Pflanzengesundheit) und ihr Land vernünftig bewirtschaften.
G enetisch veränder te Organismen und die EU-Landwir tschaf t
Eine EU-Gesetzgebung zu genetisch veränderten Organismen (GVOs) existiert seit Anfang der 1990er
Jahre und wurde seitdem erweitert und verbessert. Die EU hat spezielle Gesetze erlassen, die die
Gesundheit ihrer Bürger und ihrer Umwelt schützen sollen (und gleichzeitig einen einheitlichen Markt für
Biotechnologie schaffen sollen). So müssen GVOs beziehungsweise Erzeugnisse, die GVOs enthalten oder
daraus bestehen (zum Beispiel Mais, Ölraps oder Mikroorganismen), ein Genehmigungsverfahren durch-
laufen, das auf einer Fall-zu-Fall-Beurteilung der Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt
basiert, ehe sie auf den Markt gelangen dürfen.
18
6.LEBENSMITTELSICHERHEIT
Die Verbraucher in Europa wollen sichere und gesun-
de Lebensmittel. Anliegen der EU ist es, für alle Bürger
einen gleich hohen Standard bei den Lebensmitteln
sicherzustellen. Deshalb wird kontinuierlich an der
Verbesserung der Lebensmittelsicherheit gearbeitet.
In den 1990er Jahren bewirkten durch BSE und dio-
xinverseuchte Lebensmittel ausgelöste Ängste grund-
legende Veränderungen. Es sollte sichergestellt wer-
den, dass die EU-Lebensmittelgesetze so umfassend
wie möglich sind und dass die Verbraucher möglichst
viele Informationen über mögliche Risiken erhalten
und darüber, wie sie diese minimieren können.
Lebensmittelsicherheit beginnt auf den Bauernhöfen.
Die EU-Regelungen gelten „vom Bauernhof bis zum
Teller des Verbrauchers“, egal ob die Lebensmittel in
der EU produziert oder aus anderen Teilen der Welt
importiert wurden.
D e m V e r b r a u c h e r V e r t r a u e n i n d i e L e b e n s m i t t e l s i c h e r h e i t g e b e n
Die GAP wurde nicht nur wegen der Veränderungen in der Landwirtschaft, son-dern auch als Antwort auf die veränderten Bedürfnisse innerhalb der gesamten Gesellschaft weiterentwickelt. Dazu zählt die zunehmende Sorge um die Hygiene und Sicherheit der Lebensmittel sowie hinsichtlich des Tierschutzes. Diese Bereiche spielen in der GAP und in anderen EU-Programmen seit den 1990er Jahren eine wesentlich stärkere Rolle.
19
Die EU-Strategie für Lebensmittelsicherheit enthält
vier wichtige Elemente:
• Vorschriften für die Sicherheit von Lebensmitteln
und Tierfutter;
• unabhängige und öffentlich zugängliche wissen-
schaftliche Beratung;
• Maßnahmen zur Durchsetzung der Vorschriften und
zur Kontrolle der Umsetzung;
• das Recht der Verbraucher, ihre Wahl auf der
Grundlage von vollständigen Informationen über
Herkunft und Inhalt der Erzeugnisse zu treffen.
Lebensmittelsicherheit ist nicht gleichbedeutend mit
Eintönigkeit bei den Lebensmitteln. Das System zur
Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit gibt es
zwar in allen EU-Ländern, es ermöglicht aber trotz-
dem eine Vielfalt an Produktionsweisen und nationa-
len Geschmäckern.
TIERSCHUTZ UND -GESUNDHEIT
Sichere Lebensmittel setzen die Gesundheit der Tiere
voraus, von denen sie stammen. Die Sicherstellung
der Tiergesundheit durch tierärztliche Kontrolle
und die Verhinderung von Ausbrüchen anstecken-
der Krankheiten wie Maul- und Klauenseuche,
Schweinepest oder Vogelgrippe hat in der EU höchs-
te Priorität. Kommt es jedoch zu einem Ausbruch,
wird er sorgfältig überwacht, und es werden Schritte
gegen eine Verbreitung eingeleitet. Um zu verhin-
dern, dass kranke Tiere in die Nahrungskette gelan-
gen, müssen alle Tiere und Tierprodukte strenge
gesundheitliche Anforderungen erfüllen, ehe sie
importiert oder innerhalb der EU gehandelt werden.
Immer mehr Verbraucher in Europa sind über das
Wohlergehen der Tiere besorgt, von denen das
Fleisch, die Eier und die Milchprodukte stammen,
die sie kaufen. Ein Grundsatz der EU-Politik ist, dass
Tieren kein unnötiger Schmerz zugefügt wird und
man sie nicht unnötig leiden läßt. Dieser Grundsatz
spiegelt sich in eindeutigen Vorschriften für die
Bedingungen wieder, unter denen Hühner, Schweine
oder Kälber aufgezogen werden oder Nutztiere trans-
portiert oder geschlachtet werden dürfen. Diese
Vorschriften werden angesichts neuer wissenschaft-
licher Erkenntnisse regelmäßig aktualisiert und zäh-
len zu den strengsten weltweit.
Forschungsergebnisse zeigen, dass Nutztiere gesün-
der sind und bessere Lebensmittel erzeugen, wenn
sie gut behandelt werden und sich natürlich verhal-
ten können. Physischer Stress (zum Beispiel, wenn sie
unter schlechten Bedingungen gehalten, transpor-
tiert oder geschlachtet werden) kann sich nicht nur
auf die Gesundheit des Tieres auswirken, sondern
auch auf die Qualität des Fleisches.
BEITRAG DER GAP
Lebensmittelsicherheit und hohe Tierschutzstandards
werden nicht nur mit Hilfe von Vorschriften erzielt.
Damit Landwirte ihre Leistung in dieser Hinsicht
verbessern, bietet ihnen die GAP Anreize. Da die
Beachtung der Standards der gesamten Gesellschaft
nützt, den Landwirten jedoch erhebliche Kosten
verursachen kann, erhalten diese finanzielle
Unterstützung.
20
7.
Da über die Hälfte der Bevölkerung der 25 EU-Mitgliedstaaten in ländlichen Ge-bieten lebt, die 90 % des Territoriums umfassen, hat die ländliche Entwicklung in der Politik eine große Bedeutung. Land- und Forstwirtschaft sind die vor-rangigen Formen der Landnutzung in ländlichen Gebieten und bilden deshalb eine wichtige Grundlage für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung ländli-cher Gemeinden sowie für den Umgang mit den natürlichen Ressourcen und der Landschaft.
Zahlreiche Umfragen in der EU-15 und in den neuen
Mitgliedstaaten zeigen deutlich, dass lebendige,
zukunftsfähige ländliche Regionen für die EU-Bürger
von Bedeutung sind.
Menschen arbeiten, leben und reisen auf dem Land, sie
finden dort lebenswichtige Ressourcen wie Wasser und
Boden, um Getreide anzubauen und Vieh zu züchten.
Die Landschaften spiegeln deshalb die Tätigkeiten der
Menschen wider, die dort leben. Die Menschen haben
das Landschaftsbild immer nach ihren Bedürfnissen
geformt, indem sie zum Beispiel Straßen, Brücken und
Häuser gebaut oder Arbeitsstätten geschaffen haben.
Unterschiedliche landwirtschaftliche Tätigkeiten lassen
unterschiedliche Landschaftsformen entstehen, wie bei-
spielsweise Weideland für die Viehzucht, Ackerland für
den Getreideanbau, Obstplantagen, Olivenhaine oder
Weinberge.
MEHR GELDER FÜR LÄNDLICHE ENTWICKLUNG
Mit der GAP-Reform 2003 wurde die Politik zur
Entwicklung des ländlichen Raums wesentlich
gestärkt: durch eine Reduzierung der Direktzahlungen
für große Bauernhöfe und die Verwendung der Mittel
für Maßnahmen der ländlichen Entwicklung.
LEADER+
Eine weitere wichtige Maßnahme ist der
Bottom-up-Ansatz der öffentlich-privaten Gemein-
schaftsinitiative Leader+, innerhalb der lokale Projekte
zur Entwicklung des ländlichen Raumes durch die EU
und die nationalen Regierungen sowie durch private
Institutionen gefördert werden. Die Gemeinden sollen
die Möglichkeit erhalten, solche Projekte auszuwählen
und zu finanzieren, die für sie geeignet sind und ihnen
langfristigen Nutzen bringen. Außerdem werden mit
dem Leader-Ansatz neue Wege der nachhaltigen ländli-
chen Entwicklung gefördert, die durch einen Austausch
innerhalb der EU weit über das ursprüngliche Projekt
hinausgehen und die ländliche Entwicklungspolitik
beeinflussen und verbessern können.
Heutzutage gibt es weniger Landwirte als früher, und
sie arbeiten auch nicht mehr allein: Sie benötigen
alle möglichen Dienstleistungen, um ihre Erzeugnisse
herstellen und verkaufen zu können. Eine zusätzli-
che Einkommensquelle bilden oftmals Angebote für
Urlaub auf dem Bauernhof oder Bauernläden. Diese
Angebote funktionieren aber nur, wenn die Landwirte
U n t e r s t ü t z u n g f ü r l ä n d l i c h e G e m e i n d e n
21
ihre Umgebung attraktiv gestalten und dabei die
Umwelt erhalten und respektieren. Bauernfamilien
und Menschen, die auf dem Land leben und arbei-
ten, sind ebenfalls Verbraucher und wünschen sich
dieselben Vorteile von der ländlichen Umgebung
wie die Gesellschaft insgesamt. Deshalb umfasst die
ländliche Entwicklungspolitik weitaus mehr als tradi-
tionelle „landwirtschaftliche“ Tätigkeiten und schließt
Maßnahmen zum Schutz und zur Verbesserung der
Umwelt, Programme zur Förderung der ländlichen
Gemeinden und zur Entwicklung der ländlichen
Wirtschaft insgesamt mit ein.
LÄNDLICHE ENTWICKLUNG
Landwirte und die in ländlichen Gebieten lebende Bevölkerung erhalten Hilfe bei:• der Ausbildung in neuen ländlichen Produktionsweisen und Handwerken• der Niederlassung junger Landwirte• dem Eintritt in den Vorruhestand• der Inanspruchnahme von Beratungsdiensten • land- und forstwirtschaftlichen Investitionen• der Modernisierung von Gebäuden und Maschinen• der Anpassung an anspruchsvolle EU-Standards zum Beispiel bei der Umwelt, im Tierschutz
und in der öffentlichen Gesundheit• dem Aufbau von Anlagen zur Lebensmittelverarbeitung auf dem Hof, damit Landwirte ein
höheres Einkommen durch die Aufwertung landwirtschaftlicher Produkte beziehen können• der Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten• der Verbesserung der Qualität und der Vermarktung von Qualitätsprodukten• der Etablierung von Erzeugergruppen in den neuen Mitgliedstaaten• naturbedingten Nachteilen in Bergregionen und anderen benachteiligten Gebieten• der Wiederherstellung von beschädigtem land- und forstwirtschaftlichen Produktionspotenzial• zusätzlichen Verbesserungen beim Tierschutz• der Sanierung von Dörfern und ländlichen Gebäuden• der Förderung des Tourismus• Verbesserungen des Zugangs der Landbevölkerung zu grundlegenden Dienstleistungen• Agrarumweltmaßnahmen zur Verbesserung der Umwelt• Ausgleichszahlungen für Landwirte in Natura-2000-Gebieten* • der Aufforstung• Maßnahmen zur Verbesserung des Forstmanagements
* Natura 2000 – EU-weites Netz aus Gebieten, die von den Mitgliedstaaten unter die Vogelschutzrichtlinie
und die Habitatrichtlinie gestellt wurden.
22
8.
Die Erweiterung der EU um zehn neue Mitgliedstaaten (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern) am 1. Mai 2004 war ein historischer Meilenstein in der Neugestaltung Europas nach jahr-hundertelanger, durch Krieg und ideologische Konflikte hervorgerufener Spaltung. Ganz Europa wird sowohl von der politischen Stabilität und Sicherheit als auch von der Vergrößerung des EU-Binnenmarktes von 380 auf 454 Millionen Menschen profitieren. Dieser größere Markt bietet außerdem neue und beträchtliche Möglichkeiten für die Entwicklung der europäischen Landwirtschaft und der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP).
Die Erweiterung wirkt sich zahlenmäßig erheblich
auf die EU-Landwirtschaft aus. Zu den bereits vor-
handenen sieben Millionen Landwirten sind wei-
tere vier Millionen dazugekommen. Mit den neuen
Mitgliedstaaten kommen 38 Millionen Hektar Agrar-
fläche zu den 130 Millionen Hektar in der alten
EU-15 hinzu, das ist eine Vergrößerung um 30 %.
Die Produktion wird sich jedoch bei den meisten
Erzeugnissen in der EU-25 nur um 10 bis 20 % erhöhen.
Damit bestätigt sich, dass das große landwirtschaftliche
Produktionspotenzial in den neuen Mitgliedstaaten
weit davon entfernt ist, in vollem Umfang genutzt zu
werden.
Die Landwirte in den neuen Mitgliedstaaten haben
Zugang zum EU-Binnenmarkt und profitieren von den
relativ stabilen Preisen, den Direktzahlungen (die stu-
fenweise eingeführt werden, bis sie das volle EU-
Niveau erreicht haben) und den Maßnahmen zur länd-
lichen Entwicklung.
Trotz der Fortschritte bei der Modernisierung und
Umstrukturierung des Agrarsektors in den neuen
Mitgliedstaaten (vor allem in den ehemals sozialisti-
schen Ländern) in den letzten Jahren besteht eine der
größten Herausforderungen darin, den Wohlstand in
der Landwirtschaft und in den ländlichen Gemeinden
N e u e M i t g l i e d s t a a t e n , n e u e H e r a u s f o r d e r u n g e n
23
in ihrer Gesamtheit zu vergrößern. Die bekannten
Unterschiede hinsichtlich des Wohlstandes zwischen
der EU-15 und den neuen Mitgliedstaaten (45% des
EU-15-Niveaus im Jahre 20012) sind in den ländli-
chen Gebieten noch ausgeprägter, da dort niedrigere
Einkommen und eine höhere Arbeitslosigkeit als in
den Städten vorherrschen (diese Ungleichheit ist in
den neuen Mitgliedstaaten größer als in der EU-15).
Die EU hat schon begonnen, sich dieser Heraus-
forderung zu stellen, indem sie neue Maßnahmen zur
ländlichen Entwicklung eingeleitet hat, die die beson-
dere Situation in den neuen Mitgliedstaaten berück-
sichtigen. Es gibt in diesen Ländern zum Beispiel viele
kleine Höfe, die für den Eigenbedarf produzieren,
aber auch einen Teil der Erzeugnisse verkaufen. Um
diesen Familien bei Liquiditätsproblemen wäh-
rend der Umstrukturierung ihrer Höfe zu
helfen, werden ihnen Beihilfen für einen Zeitraum
von bis zu fünf Jahren gewährt. Landwirtschaftliche
Betriebsberatungsdienste können bezuschusst wer-
den, um sicherzustellen, dass die Landwirte professio-
nelle Unterstützung erhalten, damit sie eine umwelt-
verträgliche und abwechslungsreiche Landwirtschaft
betreiben oder ihre Gebäude und Anlagen verbessern
können. Eine weitere spezielle Investitionshilfe soll den
Landwirten in den neuen Mitgliedstaaten helfen, die
EU-Standards hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit
und Hygiene, des Tierschutzes und des Arbeitsschutzes
einzuhalten.
Wichtig ist der Hinweis, dass die mit der EU-
Mitgliedschaft verbundenen Auflagen sofort für
die Landwirte in den neuen Mitgliedstaaten ver-
pflichtend geworden sind. Ein Beispiel dafür ist die
Lebensmittelsicherheit, die für die Verbraucher in der
EU eine so große Rolle spielt, dass man keine Abstriche
bei den herrschenden Standards machen konnte.
2 BIP pro Kopf, an die Kaufkraftparität angepasst.
24
9.
© PhotoDisc
3 Mercosur wurde im März 1991 von Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay gegründet.
Die EU hat umfangreiche Kontakte und Handelsbeziehungen zu Drittländern und
Handelsblöcken. Als größter Importeur und zweitgrößter Exporteur von Lebensmitteln
spielt sie eine wichtige Rolle im Weltagrarhandel und bei der Durchsetzung von globalen
Handelsabkommen innerhalb der Welthandelsorganisation (WTO). Die EU hat bilaterale
Handelsabkommen mit Drittländern, Freihandelsabkommen mit ihren Nachbarstaaten und
spezielle Abkommen mit Entwicklungsländern, die dadurch einen bevorzugten Zugang
zum EU-Markt erhalten, abgeschlossen und steht in weiteren Verhandlungen. Außerdem
unterhält sie umfangreiche Beziehungen zu regionalen Gruppierungen, wie zum Beispiel
zu den südamerikanischen Ländern der Mercosur-Gruppe3. Die EU ist die einzige große
Handelsgruppe unter den reicheren Nationen, die Produkten aus Entwicklungsländern
nicht nur bevorzugten Zugang zu ihren Märkten gewährt, sondern die auch tatsächlich
erhebliche Mengen aus diesen Ländern importiert.
25
© PhotoDisc
4 Eingeleitet im November 2001 in Doha, Katar.
MULTILATERALEN HANDELSREGELN
VERPFLICHTET
Der EU ist klar, dass der wachsende Handel zwi-
schen allen Ländern, ob entwickelt oder weniger
entwickelt, multilaterale Handelsregeln zum Nutzen
aller Länder, insbesondere der Entwicklungsländer,
erforderlich macht. Deshalb unterstützt die EU die
WTO und spielt seit jeher eine aktive Rolle bei
Diskussionen und Verhandlungen zum Agrarhandel.
Die EU ist der „Doha Development Agenda“ (DDA)4
angeschlossen, einer Verhandlungsrunde, die
eine weitere Liberalisierung des Handels und eine
Verbesserung der Entwicklung anstrebt. Hinsichtlich
der Landwirtschaft hat das im August 2004 erzielte
Abkommen den Weg für weitere Verhandlungen
geebnet, die eine wesentlich größere Liberalisierung
des Agrarhandels bewirken könnten, als es die vor-
angegangenen Verhandlungen (die Uruguay-Runde)
taten. Das Abkommen schließt die GAP-Reform mit
ein. Es sollte dazu beitragen, dass handelsverzerren-
de Beihilfen erheblich reduziert, handelsverzerren-
de Praktiken des Exportwettbewerbs abgeschafft
und die Agrarmärkte weiter geöffnet werden, und
gleichzeitig Sonderregelungen für sensible Produkte
ermöglichen.
Alle Entwicklungsländer profitieren von einer
Sonderregelung, die es ihnen ermöglicht, über einen
längeren Zeitraum einen weniger liberalisierten
Handel zu treiben.
Der B eitrag der EU zum Weltagrarhandel
Die EU ist ein bedeutender Nettoimporteur von Agrarerzeugnissen und ein Nettoexporteur von verarbei-
teten Lebensmitteln.
Die EU hat große Anstrengungen unternommen, um die Agrarpolitik transparenter und weniger handels-
verzerrend zu machen – hauptsächlich, indem sie rund zwei Drittel der Zahlungen an Landwirte von der
produzierten Menge abgekoppelt hat.
Die EU ist der bei weitem größte Markt für Agrarimporte aus Entwicklungsländern und hat unter
den reicheren Nationen eine Vorreiterrolle eingenommen, indem sie Produkten aus den am wenigsten
entwickelten Ländern einen zoll- und quotenfreien Zugang gewährt.
26
DER ZWEITGRÖSSTE EXPORTEUR
UND GRÖSSTE IMPORTEUR WELTWEIT
Die europäische Landwirtschaft spielt eine bedeuten-
de Rolle auf den Agrarmärkten der Welt. Aufgrund der
Fähigkeit der EU-Landwirtschaft, eine große Menge
an Agrarerzeugnissen herzustellen, sowie durch deren
Vielfalt und Qualität, ist die EU ein wichtiger Exporteur
für viele Lebensmittel (der zweitgrößte Exporteur der
Welt mit einem Exportvolumen in Höhe von 61,088
Milliarden EUR im Jahr 2002).
Aber der Handelsverkehr geht nicht nur in eine
Richtung. Die EU ist gleichzeitig der weltgrößte
Importeur von Agrarerzeugnissen. 2002 importierte
die EU Agrarerzeugnisse im Wert von 61,274 Milliarden
EUR.
Die Nettoexporte sind seit 1990 in jedem Sektor
zurückgegangen.
D I E W I C H T I G S T E N AG R A R E X P O R T E U N D - I M P O R T E
Fleisch & essbare Schlachtnebenerzeugnisse
Milcherzeugnisse
frisches Obst & Gemüse
verarbeitetes Obst & Gemüse
Blumen & Pflanzen
Getreide, Mühlenprodukte & Stärke
Fette & Öle
Getränke, Spirituosen & Essig
Zucker & Süßwaren
andere
Fleisch & essbare Schlachtnebenerzeugnisse
Ölsaaten
Speiseobst
Kaffee, Tee & Gewürze
Getreide, Mühlenprodukte & Stärke
verarbeitetes Obst & Gemüse
Fette & Öle
Getränke, Spirituosen & Essig
Kakao & Kakaoprodukte
andere
Quelle für beide Schaubilder: Europäische Kommission
Die wichtigsten Agrarimporte der EU 2002 (Anteil am Gesamtimport in Prozent)
Die wichtigsten Agrarexporte der EU 2002 (Anteil am Gesamtexport in Prozent)
31.1 %
3.4 %
22.0 % 4.5 %
12.4 %
2.7 %
4.0 %
6.0 % 7.7 % 6.2 %
37.7 %
4.8 %
6.0 % 4.4 % 5.5 % 6.0 % 5.9 %
9.9 %
14.4 %
5.4 %
27
45 000
40 000
35 000
30 000
25 000
20 000
15 000
10 000
5 000
0EU-15
37 355
21 223
36 815
41 131
© PhotoDisc
DER HANDEL MIT ENTWICKLUNGSLÄNDERN
Die Bilanz bei den Importen von Agrarerzeugnissen
aus Entwicklungsländern und am wenigsten entwi-
ckelten Ländern ist eindrucksvoll und besser als die
der USA, Japans, Kanadas, Australiens und Neuseelands
zusammen.
Die EU zeigt damit deutlich, dass sie keine „Festung“
ist. Sie spielt eine bedeutende Rolle in der Welt und
wirkt mit Hilfe multilateraler und regionaler/bilatera-
ler Mittel auf eine allmähliche Verbesserung bei der
Liberalisierung des Handels hin.
D I E G R Ö S S T E N H Ä N D L E R D E R W E LT U N D D I E E N T W I C K LU N G S L Ä N D E R ( D urchschnitt 2000 – 2002 )
Quelle: Eurostat; UN Comtrade * CAN = Kanada, AUS = Australien, NZ = Neuseeland
Agrarimporte insgesamt Agrarexporte insgesamt
Mio. EUR
USA+JAPAN+CAN+AUS+NZ*
28
10.
Seit mehr als 40 Jahren ist die GAP eine der wichtigsten europäischen Politiken. Deshalb überrascht es nicht, dass das GAP-Budget einen großen Anteil des gesamten EU-Budgets und der EU-Ausgaben ausmachte. Diese Situation hat sich nun mit der Beschränkung der GAP-Ausgaben sowie der Entwicklung ande-rer EU-Politiken geändert. Es gibt jedoch noch verschiedene „Mythen“ über die Kosten der GAP, die ausgeräumt werden müssen.
tätig sind (in den 15 EU-Ländern vor der Erweiterung).
Der Anteil der GAP am Bruttoinlandsprodukt der EU
ist gering und sogar abnehmend (von 0,54 % des
BIP Anfang der 1990er Jahre auf 0,43 % 2004, 0,33 %
2013), und überdies sinkt er auch wesentlich schnel-
ler als die öffentlichen Ausgaben der EU (dreimal
schneller zwischen 1993 und 2003).
. . .IST ABER IM VERGLEICH ANGEMESSEN
Die Kosten der GAP sollten im Kontext betrachtet
werden. Sie betragen insgesamt zum Beispiel weniger
als die Hälfte von Deutschlands Sozialausgaben. Im
Durchschnitt steuert jeder Bürger ungefähr 2 EUR pro
Woche oder etwa die Kosten für ein Kilo Äpfel oder ein
oder zwei Brote zur Finanzierung der GAP bei. Dieser
Preis ist wohl kaum zu hoch für eine Versorgung
mit gesunden Lebensmitteln und eine lebendige
Landschaft. Auch wofür das Geld verwendet wird,
hat sich geändert. Weniger für Exportsubventionen,
weniger für Marktunterstützung (wie etwa Inter-
ventionsbestände), mehr für Direktzahlungen an die
Erzeuger und mehr für die Entwicklung des länd-
lichen Raumes und der Landschaft.
HAUSHALTSKONTROLLE
Für die GAP gelten eine Reihe von strengen
Parametern. Durch Haushaltsobergrenzen sollen die
Ausgaben jeweils innerhalb eines Jahres und über
D i e K o s t e n d e r G A P
SCHEINT TEUER...
In den ersten Jahren der EU hat die GAP einen
großen Teil der Haushaltsausgaben ausgemacht,
manchmal sogar über zwei Drittel. Eine strengere
Haushaltsdisziplin, eine zunehmende Beteiligung
der EU in anderen Politikbereichen und eine Reihe
von GAP-Reformen haben dazu geführt, dass die-
ser Anteil gesunken ist. Die GAP kostet rund 50
Milliarden EUR im Jahr. Das macht weniger als 50 %
des gesamten EU-Haushalts aus. Weniger als ein
Prozent des Bruttoinlandsproduktes wird für die 5,5%
der Bevölkerung aufgewendet, die landwirtschaftlich
29
50 %
40 %
30 %
20 %
10 %
0
50
40
30
20
10
01980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002
einen Zeitraum von mehreren Jahren gedeckelt wer-
den. Das Ausgabenlimit der alten EU mit 15 Mit-
gliedstaaten wurde angepasst, um die Kosten der
Erweiterung bis 2006 zu berücksichtigen. Allerdings
werden aufgrund der von 2007 bis 2013 vorgesehe-
nen Begrenzungen für die GAP-Marktmaßnahmen
und Direkthilfen keine effektiven Steigerungen mög-
lich sein. Tatsächlich nehmen die Begrenzungen
jedes Jahr zu, weil die Direktzahlungen in den
zehn neuen Mitgliedstaaten in diesem Zeitraum
allmählich erhöht werden, bis sie das Niveau in den
anderen 15 Mitgliedstaaten erreichen. Gleichzeitig
wurde die GAP reformiert (dreimal innerhalb von
zehn Jahren), auch, damit die Ausgaben zielgerich-
teter und besser zu kontrollieren sind. Das effektive
Ausgabenvolumen der GAP wird bis 2013 eingefro-
ren. Die Ausgaben werden streng kontrolliert: ein
neuer Kontrollmechanismus wird eingeführt, um
sicherzustellen, dass die Ausgabenobergrenze nicht
überschritten wird.
PERSPEKTIVEN DER GAP-KOSTEN
Die Kosten der GAP lassen einen deutlichen
Trend erkennen:
• sinkender Anteil am BIP der EU
(von 0,54 % auf 0,43 % auf 0,33 %)
• sinkender Anteil am EU-Etat
• sinkender Anteil an den öffentlichen
Gesamtausgaben der EU
• eine wesentliche Veränderung in der Art der
Unterstützung
Kosten der GAP im Vergleich
Anteil am BIP
(relative) Kosten der GAP
Öffentliche Gesamtausgaben (EU und nationale Etats)
GAP-AusgabenExportsubventionen DirekthilfenMarktunterstützung Ländliche Entwicklung
Entwicklung der GAP-Ausgaben
Milliarden Euro
EU-10 EU-12 EU-15
Quelle für beide Schaubilder: Europäische Kommission
30
11.
© Comstock
© Comstock
Viele Menschen verstehen nicht, warum die Landwirte für ihre Arbeit Geld von der
EU bekommen. Das ursprüngliche Ziel war es, eine ausreichende Versorgung mit
Lebensmitteln zu stabilen Preisen sicherzustellen und den Landwirten ein regelmäßiges
und ausreichendes Einkommen zu gewährleisten, das unabhängig von sich ändernden
klimatischen Bedingungen war. Doch die GAP hat sich weiterentwickelt und berücksich-
tigt heute mehr denn je die Anliegen der gesamten europäischen Gesellschaft. Außerdem
bemüht sich die EU verstärkt darum, die Bürger in die Politikgestaltung einzubeziehen
und ihnen die GAP nahe zu bringen.
D i e A n l i e g e n d e r M e n s c h e n b e r ü c k s i c h t i g e n
31
© Comstock © Comstock
• formelle und informelle Konsultationen in Konfe-
renzen, öffentliche Diskussionsrunden und durch
Beratungsgruppen
• Video- und Internet-Konsultationen
• Befragungen und Informationskampagnen
• dezentralisierte Entscheidungsfindung über Form
und Umsetzung der Agrarpolitik (insbesondere im
Bereich der ländlichen Entwicklung) auf regionaler
und lokaler Ebene. Außerdem wird das Europäische
Parlament durch die Konvention neue Befugnisse
bei den Entscheidungsfindungsprozessen der GAP
haben und ist somit eine weitere Einflussquelle.
Die Bürger im reichen Europa von heute brau-
chen sich über eine ausreichende und gesicherte
Versorgung mit Lebensmitteln keine Sorgen mehr
zu machen. Sie können davon ausgehen, dass ihnen
das, was sie möchten, in hinreichender Menge zur
Verfügung steht. Ihre Bedenken richten sich nun-
mehr auf die Produktionsmethoden und dar-
auf, ob den Marktanforderungen, der Umwelt, der
Lebensmittelsicherheit und -qualität und dem Tier-
schutz genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Die Bürger werden wesentlich stärker an Ent-
scheidungsfindungen beteiligt. Das geschieht auf ver-
schiedene Weise durch:
Den Bürgern muss klar sein, dass die GAP nicht
von „Brüssel“ ersonnen wurde und gesteuert wird.
Sie ist das Ergebnis von Verhandlungen der 25 EU-
Mitgliedstaaten. Und sie wird von den Mitgliedstaaten
umgesetzt. Die Rolle der Europäischen Kommission
ist es hierbei, sicherzustellen, dass sie effektiv und
gerecht umgesetzt wird.
Die starken Senkungen bei den effektiven Kosten
der GAP zeigen deutlich, dass die GAP fähig ist,
auf die Wünsche der Bürger einzugehen. Die GAP
wird an die jeweiligen Bedürfnisse der einzelnen
Mitgliedstaaten angepasst und reagiert so zielgerich-
tet auf die Wünsche der Gesellschaft.
32
12.
Die Rolle der EU in der Landwirtschaft war es immer, dabei zu helfen: • eine ausreichende Versorgung mit
erschwinglichen und sicheren Lebens-mitteln für die Bevölkerung sicherzu-stellen;
• den Landwirten in der EU einen ange-messenen Lebensstandard zu garantie-ren und gleichzeitig eine Entwicklung und Modernisierung des Agrarsektors zu ermöglichen;
• sicherzustellen, dass Landwirtschaft weiterhin in allen Regionen der EU betrieben werden kann.
Die GAP hat sich entsprechend der Bedürfnisse der EU-Bürger weiterentwi-ckelt und verbessert. Dabei haben fol-gende Punkte an Bedeutung gewonnen: • Schutz des ländlichen Lebensraumes
und seiner Bewohner;• Verbesserung der Qualität der europäi-
schen Lebensmittel;• Garantie der Lebensmittelsicherheit;• Schutz der Umwelt für zukünftige Ge-
nerationen; • Schaffung von besseren Bedingungen für
die Tiergesundheit und den Tierschutz; • die Umsetzung all dieser Punkte mit mini-
maler Belastung des EU-Haushalts (der hauptsächlich durch die Steuerzahler finanziert wird, d.h. durch die Bürger).
D i e G A P – F ö r d e r u n g e i n e r n a c h h a l t i g e n L a n d w i r t s c h a f t i n e i n e r g l o b a l e n U m w e l t
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Die EU verfügt über ein besonderes Land-
wirtschaftsmodell, das die Erwartungen berück-
sichtigt, die die Gesellschaft in Bezug auf die
Lebensmittelerzeugung und Lebensmittelsicherheit,
auf Umweltstandards, den Erhalt des ländlichen
Raumes, auf Beziehungen mit Entwicklungsländern
(Agrarhandel) sowie in Bezug auf die Verwendung
ihrer Steuergelder hat. Die GAP bedient all dies.
Es war ein langer Weg von einer Unterstützung
der Überproduktion zu einem marktorientierten,
umweltfreundlichen System. Diese „grüne Evolution“
wird weitergehen.
Die heutige GAP ist eine Politik der Wahl in unserer
Gesellschaft. Man kann sich kaum vorstellen, wie die
Landschaft und die Ernährung in der EU ohne sie
aussähen. Die Unterstützung der Verbraucher, der
Steuerzahler und der Gesellschaft ist notwendig, um
die Risiken der Landflucht, der Schädigung der länd-
lichen Umwelt, des Verlustes an Arbeitsplätzen und
sogar einer Auflösung der sozialen Struktur in vielen
ländlichen Gegenden zu verhindern. Die GAP und
andere EU-Programme haben zur Schaffung eines
großen Binnenmarktes für Agrarerzeugnisse in der
EU geführt und dazu beigetragen, dass die EU in der
Landwirtschaft und bei Lebensmitteln inzwischen
eine wichtige Rolle in der Welt spielt.
Wo bekomme ich mehr I nformationen zur GAP?
Website der EU-Kommission:
Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raumes
http://europa.eu.int/comm/agriculture/index_de.htm
Postanschrift:
Europäische Kommission
Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
Interne und externe Kommunikation
200 Rue de la Loi
B-1049 Brüssel
E-Mail:
agri-library@cec.eu.int