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Inhalt
Vorwort 2
Zusammenfassung 3
1. Motivation 3
1.1 Krankheiten erforschen – für ein gesundes Leben .................................................................................................................4
1.2 Disziplinen vereinen – für eine individualisierte Medizin....................................................................................................4
1.3 Datenschätze heben – für eine verbesserte Patientenversorgung.................................................................................5
2. Förderpolitische Strategien 7
2.1 Medizin und Informationstechnologie zusammenführen..................................................................................................7
2.2 Die bio- und medizininformatische Forschung stärken.......................................................................................................8
2.3 Eine verbesserte, datenbasierte Patientenversorgung etablieren ..................................................................................8
3. Das Förderkonzept Medizininformatik 9
3.1 Ziele des Förderkonzepts .....................................................................................................................................................................9
3.2 Struktur des Förderkonzepts........................................................................................................................................................... 11
3.3 Konzeptphase.......................................................................................................................................................................................... 12
3.4 Phase I: Aufbau und Vernetzung................................................................................................................................................... 13
3.5 Phase II: Ausbau und Erweiterung............................................................................................................................................... 14
3.6 Ergänzende Fördermodule............................................................................................................................................................... 15
3.7 Nationales Steuerungsgremium .................................................................................................................................................... 15
Ausblick 16
Impressum 17
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Vorwort Die Menge an elektronisch verfügbaren Daten in der Medizin wächst rasant. So fallen beispielsweise in der biomedizinischen Forschung zu Volkskrankheiten wie Krebs oder Diabetes in kürzester Zeit sehr viele Daten an. Zahlreiche gesundheitsrelevante Werte werden außerdem bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten erfasst, wenn Therapien verordnet und deren Erfolge gemessen werden. Die Medizininformatik spielt dabei eine große Rolle.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt die Medizininformatik mit dem vorliegenden Förderkonzept. Mit ganzheitlichen Lösungen sollen Daten aus Krankenversorgung und Forschung sinnvoll miteinander verknüpft werden. Bislang liegen die Informationen meist in vielen verschiedenen Formen vor und eine Zusammenführung indet nur punktuell statt. Ziel ist, die Forschungsmöglichkeiten in der Medizin und die individuelle Patientenversorgung durch innovative IT-Lösungen zu verbessern.
Ich bin überzeugt: In der Medizininformatik steckt großes Potenzial. Durch den geplanten Datenaustausch zwischen Forschung und Patientenversorgung können Diagnosen und Therapien für die Patienten verbessert werden und die teilnehmenden Kliniken werden künftig einen erkennbaren Standortvorteil haben.
Prof. Dr. Johanna Wanka Bundesministerin für Bildung und Forschung
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Zusammenfassung Der Trend zur Digitalisierung erfasst zunehmend auch das Gesundheitswesen. Heute sind immer mehr medizinische Daten – z. B. Röntgenbilder, Arztbriefe oder Blutwerte – elektronisch verfügbar. Gleichzeitig werden in der biomedizinischen Forschung immer größere Datenmengen erhoben. Zusammen haben diese Daten das Potenzial, die Diagnose und Therapie von Krankheiten entscheidend zu verbessern.
Das Förderkonzept Medizininformatik soll dazu beitragen, die Chancen der Digitalisierung in der Medizin zu nutzen. Ziel ist die Verbesserung von Forschungsmöglichkeiten und Patientenversorgung durch innovative IT-Lösungen. Diese sollen den Austausch und die Nutzung von Daten aus Krankenversorgung, klinischer und biomedizinischer Forschung über die Grenzen von Institutionen und Standorten hinweg ermöglichen.
Die Medizininformatik
„ist die Wissenschaft der systematischen Erschließung, Verwaltung, Aufbewahrung, Verarbeitung und Bereitstellung von Daten, Informationen und Wissen in der Medizin und im Gesundheitswesen. Sie ist von dem Streben geleitet, damit zur Gestaltung der bestmöglichen Gesundheitsversorgung beizutragen“.
(Definition Medizinische Informatik, Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V.)
Die Etablierung eines elektronischen Daten- und Wissensaustauschs zwischen medizinischer Forschung und Versorgung ist ein langwieriger Prozess, der viele Hürden nehmen muss. Das Förderkonzept für die Medizininformatik ist daher gestuft und modular aufgebaut. Wenn die ersten Stufen erfolgreich verlaufen, wird sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) längerfristig und mit substanziellen Fördermitteln engagieren.
Zunächst sollen an ausgewählten Universitätskliniken in sogenannten Datenintegrationszentren die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für einen standortübergreifenden Datenaustausch zwischen Krankenversorgung sowie klinischer und biomedizinischer Forschung geschaffen werden. Ärztinnen und Ärzten sollen so datenbasierte Unterstützungssysteme für eine verbesserte Erkennung und Behandlung von Krankheiten zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig soll die medizinische Forschung von einer besseren Daten- und Wissensbasis profitieren.
Es ist zu erwarten, dass die entwickelten Lösungen in vielen Teilen des Gesundheitssystems und der Gesundheitswirtschaft einen Mehrwert schaffen können. Langfristig sollen Kliniken, niedergelassene Ärzte, Krankenkassen und die Patienten selbst besser in die Lage versetzt werden, aus den bestehenden Daten praxisorientiertes Wissen abzuleiten. Für eine Patientin oder einen Patienten würde das bedeuten: An jedem Punkt unseres Gesundheitssystems – ob beim Hausarzt, Facharzt oder im Krankenhaus – werden gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten Entscheidungen getroffen, die auf allen relevanten im Gesundheitssystem verfügbaren Daten und dem daraus ableitbaren medizinischen Wissen beruhen.
Das digital vernetzte Gesundheitswesen ist zurzeit noch eine Zukunftsvision. Durch Fortschritte in der Medizininformatik ist es aber möglich, dieser Vision einen großen Schritt näher zu kommen.
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1. Motivation
1.1 Krankheiten erforschen – für ein gesundes Leben
Gesundheit ist elementar für unser Wohlbefinden. Eine stabile Gesundheit verspricht ein langes, aktives und selbstbestimmtes Leben. Kaum etwas hat solchen Einfluss auf unser Leben wie die eigene Gesundheit.
Die medizinischen Fortschritte der Vergangenheit haben unsere Gesundheit und Lebensqualität deutlich verbessert. Heute erscheint es uns selbstverständlich, dass wir gesund das Rentenalter erreichen. Ein wesentlicher Treiber für den medizinischen Fortschritt war und ist die biomedizinische Forschung. Sie hilft uns, Gesundheit und Krankheit besser zu verstehen. Mit diesem Wissen lassen sich neue und bessere Methoden entwickeln, um Krankheiten zu erkennen, zu therapieren oder sogar gänzlich zu verhindern.
Der demografische Wandel stellt unser Gesundheitssystem vor schwierige Aufgaben: In einer alternden Bevölkerung leiden mehr Menschen an Volkskrankheiten
wie Krebs, Demenz, Herz-Kreislauf- oder Stoffwechselerkrankungen. Wir haben den Anspruch, jedem Menschen zu der für ihn bestmöglichen Therapie zu verhelfen. Gleichzeitig steigt der Druck, auch in der Gesundheitsversorgung Kosten zu begrenzen. Wir stehen daher vor der Herausforderung, gute medizinische Versorgung und wirtschaftliche Überlegungen in Einklang zu bringen.
Es bedarf effektiver Strategien für die Prävention, Diagnose und Behandlung von Krankheiten, um die Herausforderung des demografischen Wandels zu meistern. Die Forschung für ein gesundes Leben ist deshalb eine von sechs Zukunftsaufgaben der neuen Hightech-Strategie der Bundesregierung.
1.2 Disziplinen vereinen – für eine individualisierte Medizin
Forscherinnen und Forscher haben sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Sie wollen eine auf das individuelle Krankheitsbild und die individuellen Voraussetzungen jedes
5 1. MOTIVATION
Menschen zugeschnittene individualisierte Medizin entwickeln. Von dieser individualisierten Medizin erhoffen sie sich exaktere Diagnosen und wirksamere Therapien. Denn die Behandlung von so schwerwiegenden Krankheiten wie Krebs zeigt eindrücklich: Wenn ein Medikament einer Patientin oder einem Patienten hilft, bedeutet das nicht automatisch, dass es auch anderen in gleichem Maße helfen wird – selbst wenn diese nach aktuellem Wissensstand an der gleichen Erkrankung leiden.
Gesundheit und Krankheit entstehen aus einer Vielzahl komplexer Wechselwirkungen in unserem Körper. Ob wir gesund oder krank sind, hängt zum Beispiel von der Aktivität unserer Gene ab oder von Ernährung, Stress und Bewegung. Das Zusammenspiel all dieser Faktoren führt dazu, dass eine bestimmte Krankheit bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich verlaufen kann. Das bedeutet auch: Um die Wirkung eines Medikaments zuverlässig vorhersagen zu können, müssen wir die relevanten Wechselwirkungen in unseren Zellen und Organen möglichst vollständig erfassen und verstehen.
Forschung Wis
sen
Versorgung
Individualisierte Medizin
Dieser Herausforderung stellen sich zwei junge, interdisziplinäre Forschungszweige: Systembiologie und Systemmedizin. Die Systembiologie will die komplexen molekularen Vorgänge in Zellen, Organen und Organismen als Ganzes verstehen. Ziel der Systemmedizin ist es, die Erkenntnisse der Systembiologie für Erkennung und Behandlung von Krankheiten nutzbar zu machen. Das BMBF hat diese Entwicklung frühzeitig aufgegriffen und die systemorientierte Gesundheitsforschung mit Förderschwerpunkten in der Genomforschung, Systembiologie und Systemmedizin vorangetrieben.
Der systemmedizinische Ansatz kann bereits erste Erfolge vorweisen, vor allem bei der Behandlung einiger Krebsleiden. Ein Beispiel dafür ist ein neuer Gentest, der verschiedene Arten von Lungenkrebs genauer als bisher unterscheiden kann. Durch den Test können Therapien individueller auf Patientinnen und Patienten abgestimmt und deren Überlebenschancen deutlich erhöht werden.
Trotz aller Fortschritte müssen wir feststellen: Bei anderen Krebsleiden oder komplexen Erkrankungen wie multipler Sklerose wirken die verschriebenen Medikamente nur bei einem Teil der Patientinnen und Patienten. Es muss weiter intensiv und interdisziplinär geforscht werden, damit medizinisches Wissen entsteht. Der Weg zu einer individualisierten Medizin ist Erfolg versprechend – ein großer Teil des Weges liegt aber noch vor uns.
1.3 Datenschätze heben – für eine verbesserte Patientenversorgung
Die Forschungsansätze der Systembiologie und Systemmedizin fußen auf einer rasanten technologischen Entwicklung der vergangenen zwei Jahrzehnte. Heute lassen sich mit Hochdurchsatztechnologien – in der Fachsprache als „Omics“-Technologien bezeichnet – Tausende Moleküle wie Proteine oder Stoffwechselprodukte gleichzeitig messen. Die Verfahren werden immer schneller und immer kostengünstiger: Die Sequenzierung eines menschlichen Genoms dauert heute wenige Tage und wird teilweise schon für unter tausend Euro angeboten. Im zurückliegenden Jahrzehnt, schätzen Forscher, hat sich die Menge der gesammelten Genomdaten alle sieben Monate verdoppelt. Durch die
Hochdurchsatztechnologien entstehen täglich riesige Datenmengen, die nur noch mit leistungsstarken Computern analysiert werden können. Um die Daten in neues biologisches oder medizinisches Wissen zu übersetzen, bedarf es interdisziplinärer Zusammenarbeit: In der Systemmedizin verschmelzen Biologie und Medizin mit Methoden der Informatik, Mathematik, Physik und Ingenieurwissenschaften.
Gleichzeitig wächst der Bestand elektronisch verfügbarer Daten auch in der Patientenversorgung und der klinischen Forschung. Der Trend zur Digitalisierung erfasst zunehmend das Gesundheitswesen. Immer mehr medizinische Daten – Röntgenbilder, Arztbriefe oder Blutwerte – sind digital verfügbar.
Die großen Datenmengen stellen Forscherinnen und Forscher, Ärztinnen und Ärzte vor neue wissenschaftliche, technische und organisatorische Aufgaben. Nicht nur die Menge, sondern vor allem auch die Heterogenität der medizinisch relevanten Daten ist nach wie vor eine Herausforderung. Oft müssen ganz unterschiedliche Datentypen zusammengeführt werden: Das Wachstum eines Tumors kann in einem Röntgenbild sichtbar werden – die Ursache für das Wachstum verstehen wir mitunter erst, wenn wir parallel auch das Erbgut seiner Zellen analysieren können.
Selbst Daten gleichen Inhalts unterscheiden sich oft stark: Unterschiede in Speicherort und Datenqualität, in Datentyp und Datenformat, in genutzter „Sprache“ und verwendeten Standards erschweren die Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Quellen. IT-Systeme sind häufig nicht miteinander kompatibel, und grundlegende technische und nicht technische Fragen – wem gehören die Daten und wieso sollte man sie teilen? – werden diskutiert.
Daher ist insgesamt zwar eine große Menge an medizinisch relevanten Daten vorhanden, für den einzelnen Nutzer sind diese aber – über den primären Erhebungszweck hinaus – oft nicht verfügbar. Falls sie verfügbar sind, sind sie meist nur schwer sinnvoll zu verbinden.
Wir können das Potenzial der großen Datenmengen in der Medizin nur dann bestmöglich nutzen, wenn wir diese Hindernisse überwinden. Eine Grundlage dafür ist ein verbesserter standortübergreifender Austausch von Daten und Wissen. Die heute noch stark getrennten Informationswelten der biomedizinischen Grundlagenforschung, klinischen Forschung und Versorgung sollen zusammengeführt werden. Während biomedizinische Forschungsdaten oft eine detaillierte Momentaufnahme einer Erkrankung abbilden, können Versorgungsdaten helfen, den Verlauf einer Krankheit besser zu verstehen oder Zusammenhänge zwischen verschiedenen Erkrankungen im Laufe eines Lebens aufzudecken.
Dabei ist es eine unabdingbare Voraussetzung, dass die einschlägigen datenschutzrechtlichen Standards und Rahmenbedingungen eingehalten werden.
6 FÖRDERKONZEPT MEDIZININFORMATIK
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2. Förderpolitische Strategien
Die aktuelle Förderpolitik des BMBF setzt auf eine Stärkung der bio- und medizininformatischen Forschung, die Zusammenführung von Medizin und Informationstechnologie und eine schnelle Überführung wissenschaftlich-technischer Fortschritte in eine verbesserte Patientenversorgung.
2.1 Medizin und Informationstechnologie zusammenführen
Wie wird die Gesundheitsversorgung von morgen aussehen? Ein Trend zeigt sich schon heute deutlich: Die Digitalisierung erfasst auch die Medizin. Die computergestützte Auswertung großer Datensätze, die z. B. bei der Sequenzierung unseres Erbguts oder bei bildgebenden Verfahren entstehen, wird immer öfter Teil der ärztlichen Untersuchung sein. Telemedizinische Anwendungen können zu einer guten medizinischen Versorgung auch in ländlichen Regionen beitragen. Und „Gesundheits-Apps“ für das Smartphone faszinieren
eine wachsende Schar von Menschen, die ihre Sportaktivitäten und ihren Lebensstil kontrollieren wollen.
Innovative IT-Lösungen sind der Schlüssel, um aus dem wachsenden Datenschatz in der Medizin neues Wissen, genauere Diagnosen und verbesserte Therapien abzuleiten.
Die Entwicklung innovativer Informations- und Kommunikationstechnik ist schon lange ein Förderschwerpunkt des BMBF. Im Förderprogramm „IKT 2020“ wird aktuell die Forschung zum Umgang mit großen Datenmengen („Big Data“) in Deutschland gefördert. Seit 2014 unterstützt das BMBF zwei Big-Data-Kompetenzzentren in Berlin und Dresden. Sie arbeiten an Herausforderungen auf dem Gebiet der Akquise, Handhabung und Verwertung großer Datenbestände und sollen auch Lösungen für medizinische Fragestellungen anbieten.
Beim praktischen Einsatz moderner Informationstechnologien im Gesundheitswesen zählt Deutschland im internationalen Vergleich jedoch nicht zu den Vorreitern. Bei der Einführung telemedizinischer Dienste,
8 FÖRDERKONZEPT MEDIZININFORMATIK
dem elektronischen Datenaustausch zwischen Ärzten oder dem Zugang zu elektronischen Patientenakten liegen andere Länder wie die USA, Dänemark oder die Niederlande vorn.
Die Bundesregierung hat daher mit dem 2015 auf den Weg gebrachten E-Health-Gesetz den Rechtsrahmen für die Entwicklung der Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen gestärkt. Nach Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sollen die rechtlichen Vorgaben nun die zügige Einführung nutzbringender Anwendungen der Gesundheitskarte unterstützen. Die Telematikinfrastruktur kann künftig weiterentwickelt werden, um auch einen sicheren und schnellen Austausch von Daten zwischen medizinischer Versorgung und Forschung möglich zu machen.
Mit dem vorliegenden Förderkonzept Medizininformatik soll der Einsatz innovativer IT-Lösungen weiter vorangetrieben werden. Dazu sollen zunächst an Universitätskliniken geeignete technische und nicht technische Rahmenbedingungen für den Datenaustausch und eine standortübergreifende, synergetische Datennutzung von Forschung und Versorgung geschaffen werden.
2.2 Die bio- und medizininformatische Forschung stärken
Mit der Menge an medizinischen Daten wächst auch der Bedarf an neuen Unterstützungssystemen für Forschung und Versorgung. Um diese unterschiedlichen Daten zusammenzuführen, auszuwerten und daraus neue Erkenntnisse für die Erkennung und Behandlung von Krankheiten zu gewinnen, werden automatisierte Systeme benötigt. Die Entwicklung dieser Systeme ist Aufgabe der Medizininformatik. Sie beschreibt und analysiert, modelliert und simuliert medizinische Prozesse mit dem Ziel, neues Wissen zu generieren, Versorgungs- und Forschungsabläufe zu optimieren und die Akteure im Gesundheitswesen zu unterstützen.
Innovationskraft, Wettbewerbs- und Anschlussfähigkeit unseres Forschungs- und Gesundheitssystems werden zunehmend auch von einer leistungsfähigen Medizininformatik abhängen. Die medizininformatische Forschung und Nachwuchsausbildung soll deshalb weiter ausgebaut werden.
Dabei kann das BMBF an eine erfolgreiche Förderung der bio- und medizininformatischen Forschung anknüpfen: Bereits seit 2004 fördert das BMBF mit der systembiologischen Forschung auch die Entwicklung von mathematischen und bioinformatischen Werkzeugen für die Datenanalyse. Dieses Repertoire an Methoden bildet die Basis für die Auswertung großer biologischer und medizinischer Datensätze. Anfang 2015 wurde das deutschlandweite Netzwerk für Bioinformatik-Infrastruktur ins Leben gerufen, von dessen Expertise und Dienstleistungen vor allem auch die medizinische Forschung profitieren soll. Mit dem Förderschwerpunkt „Integrative Datensemantik in der Systemmedizin“ hat das BMBF besondere Akzente in der Medizininformatik gesetzt: Die geförderten Projekte wollen auch den Wissensschatz der Medizin nutzbar machen, der in Form von unstrukturierten Daten (z. B. in Arztbriefen) vorliegt. Aufbauend auf den bisherigen Erfolgen wird das BMBF die bio- und medizininformatische Forschung weiter stärken.
2.3 Eine verbesserte, datenbasierte Patientenversorgung etablieren
Die Medizininformatik will Entscheidungen und Prozesse in der Medizin unterstützen und verbessern. Dafür müssen medizininformatische Werkzeuge nicht nur entwickelt, sondern auch erprobt und implementiert werden. Für ihren Einsatz im Klinikalltag sind umfassende Konzepte notwendig: Bei der Umsetzung müssen Ärztinnen und Ärzte sowie Forscherinnen und Forscher verschiedener Disziplinen eng zusammenarbeiten, es müssen geeignete IT-Infrastrukturen geschaffen und neue Arbeitsabläufe erlernt werden. Ziel ist es, die Daten aus Forschung und Patientenversorgung optimal zu nutzen und zur besseren Behandlung von Krankheiten einzusetzen. Mit anderen Worten: Wenn die Daten sinnvoll genutzt werden, dann hat in der Patientenversorgung die richtige Person die richtige Information zur richtigen Zeit.
Das Förderkonzept Medizininformatik soll dazu beitragen, die Möglichkeiten der Medizininformatik zu nutzen, um eine verbesserte datenbasierte Patientenversorgung zu etablieren. Dabei sollen innovative IT-Lösungen nicht nur entwickelt, sondern direkt zum Wohle der Patientinnen und Patienten eingesetzt werden.
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3. Das Förderkonzept Medizininformatik
Mit der Digitalen Agenda hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, die Innovationspotenziale der Digitalisierung zu nutzen – auch in der Medizin. Dabei legt das BMBF einen Schwerpunkt auf die Medizininformatik. Das Förderkonzept ist Teil des Rahmenprogramms Gesundheitsforschung der Bundesregierung und bedient insbesondere die Aktionsfelder „Gebündelte Erforschung von Volkskrankheiten“ und „Individualisierte Medizin“.
Die Einführung eines elektronischen Datenaustauschs im Gesundheitswesen ist ein langwieriger Prozess, der viele Hürden nehmen muss. Das Förderkonzept für die Medizininformatik ist daher gestuft und modular aufgebaut. Wenn die ersten Stufen erfolgreich verlaufen, wird sich das BMBF längerfristig und mit substanziellen Fördermitteln engagieren.
3.1 Ziele des Förderkonzepts
Ziel des Förderkonzepts ist die Verbesserung von Forschungsmöglichkeiten und Patientenversorgung durch IT-Lösungen. Diese sollen den Austausch und die Nutzung von Daten aus Krankenversorgung, klinischer und biomedizinischer Forschung über die Grenzen von Institutionen und Standorten hinweg ermöglichen.
Im Fokus stehen dabei zunächst die Universitätskliniken, da es hier die engste Verbindung zwischen Krankenversorgung und klinischer Forschung gibt. Weitere Partner (z. B. Forschungsinstitute, Hochschulen, private Kliniken, Unternehmen aus den Branchen IT, Pharma, Biotechnologie, Medizintechnik) können hinzukommen. Die Anwendung über die Universitätskliniken hinaus soll von Beginn an mitbedacht werden. Bei technischen Neuentwicklungen sollen auch Innovationspotenziale bei jungen Unternehmen und im Mittelstand gehoben werden.
Die innovativen IT-Lösungen sollen Forscherinnen und Forscher, Ärztinnen und Ärzte dabei unterstützen, das Potenzial der wachsenden medizinischen Datenmengen zu nutzen. Daten aus Forschung und Versorgung sollen in neues medizinisches Wissen übersetzt und für den Einsatz am Krankenbett aufbereitet werden. Versorgungsdaten sollen in den Forschungsprozess einfließen. Umgekehrt sollen aktuelles Fachwissen und nachprüfbare Forschungsergebnisse schneller im Klinikalltag verfügbar gemacht werden. Langfristiges Ziel ist es, jeder Patientin und jedem Patienten eine möglichst maßgeschneiderte, auf das eigene Krankheitsbild zugeschnittene Behandlung zu ermöglichen.
Unabdingbare Voraussetzung für einen elektronischen Datenaustausch zwischen Forschung und Krankenversorgung sind standortübergreifend interoperable IT-Systeme. Dabei soll, sofern möglich, auf existierende Technologien und etablierte Standards zurückgegriffen werden. Bei Forscherinnen und Forschern, Ärztinnen und Ärzten muss zudem das Interesse geweckt werden, Daten zum Nutzen aller zu teilen. Da es sich um sensible medizinische Daten handelt, sind standortübergreifende Verfahren für die Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit zu vereinbaren und einzusetzen.
Ohne spezialisierte „Data Scientists“, die sowohl modernste Werkzeuge der Informatik beherrschen als auch mit medizinischen Fachbegriffen vertraut sind, werden die wachsenden Datenmengen nicht sinnvoll auszuwerten sein. Daher sieht das Förderkonzept Medizininformatik auch eine verstärkte Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses in den „Data Sciences“ vor. Von den Hochschulen und Kliniken werden zudem eigene Aktivitäten in Forschung, Lehre und Weiterbildung erwartet, damit der Umgang mit den neuen informationstechnischen Werkzeugen selbstverständlich wird. Insgesamt soll die Medizininformatik in Deutschland zukunftsgerichtet aufgestellt werden.
Ziele des Förderkonzepts Medizininformatik
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● Forschungsmöglichkeiten und Patientenversorgung durch innovative IT-Lösungen verbessern (zunächst in Universitätsk liniken)
● Datenaustausch und gemeinsame Datennutzung zwischen Forschung und Versorgung befördern
● Medizininformatik in Forschung, Lehre und Weiterbildung zukunftsgerichtet aufstellen
11 3. DAS FÖRDERKONZEPT MEDIZININFORMATIK
3.2 Struktur des Förderkonzepts
Leitgedanke des Konzepts ist die Entwicklung und Umsetzung von IT-Lösungen, mit denen die Forschungsmöglichkeiten und die Patientenversorgung in Universitätskliniken verbessert werden können. Die Implementierung der technischen und organisatorischen Lösungen wird zunächst an einigen Standorten gefördert. Die spätere Übertragung auf weitere Partner soll durch deren frühzeitige Einbindung vorbereitet werden. Perspektivisch sollen möglichst alle deutschen Universitätskliniken profitieren.
Förderkonzept Medizininformatik
2016–2017 2017–2021 2022–2025
Audit Audit
Konzeptphase Aufbau- und
Vernetzungsphase Ausbau- und
Erweiterungsphase
Ergänzende FördermoduleErgänzende Fördermodule
Begleitende Aktivitäten
Ein Kernelement des Förderkonzepts sind sogenannte „Datenintegrationszentren“, die an Universitätskliniken sowie ggf. weiteren Einrichtungen, die Forschungsoder Versorgungsdaten verfügbar machen wollen, aufgebaut und miteinander vernetzt werden sollen. Zu den Aufgaben eines Datenintegrationszentrums gehören:
● Herstellung des Zugriffs auf dezentral in der Organisation vorhandene Daten
● Qualitätsmanagement für die eingespeisten Daten ● Einhaltung der Datenschutzbestimmungen ● Gewährleistung der Datensicherheit ● Nutzer- und Rechteverwaltung
● Nutzerbetreuung und -schulung ● Schaffung von Schnittstellen für den Datenaus
tausch mit externen Partnern und Datensammlungen
Die Forschungs- und Versorgungsdaten sollen in der Regel nicht im Datenintegrationszentrum selbst gespeichert und vorgehalten werden, sondern dezentral an den jeweiligen Orten, an denen die Daten generiert werden. Das Datenintegrationszentrum sollte eine Organisationseinheit sein, die mit klar definierten Kompetenzen ausgestattet wird. Sie sollte von möglichst hochrangig in der Organisationsstruktur verankerten Personen geleitet und mit den notwendigen personellen und infrastrukturellen Ressourcen ausgestattet werden. Die Datenintegrationszentren sollten eng mit wissenschaftlichem und ärztlichem Personal zusammenarbeiten, das an der Nutzung und Auswertung der zugänglich gemachten Daten interessiert ist.
Zweites Kernelement des Förderkonzepts sind IT-Lösungen für spezifische Anwendungen, für die der standortübergreifende Austausch von Forschungs- und Versorgungsdaten genutzt werden soll. Eine solche Anwendung („Use Case“) könnte beispielsweise die IT-basierte Unterstützung von Diagnose und Therapiewahl bei seltenen Erkrankungen, die Rekrutierung von Patienten für klinische Studien, die personalisierte
12 FÖRDERKONZEPT MEDIZININFORMATIK
Krebstherapie oder eine andere Aufgabenstellung aus dem Forschungs- und Versorgungsalltag sein. Anhand solcher konkreten Anwendungsfälle soll der Mehrwert des Datenaustauschs und der entwickelten IT-Lösungen für Forscherinnen und Forscher, Ärztinnen und Ärzte bzw. Patientinnen und Patienten am Ende der ersten Förderphase demonstriert werden. Erfolgreiche Lösungen können dann in der anschließenden zweiten Förderphase auf weitere Universitätskliniken und Partner übertragen werden.
Viele erfolgskritische Fragen müssen beantwortet werden, bevor mit dem Aufbau der Datenintegrationszentren und der IT-Lösungen begonnen werden kann. Diese sollen in einer neunmonatigen Konzeptphase adressiert werden. Die überzeugendsten Konzepte sollen in einer vierjährigen Aufbau- und Vernetzungsphase (Phase I) realisiert werden. Falls die Aufbau- und Vernetzungsphase die erhofften Ergebnisse erbringt, können erfolgreich demonstrierte Lösungen in einer anschließenden Ausbau- und Erweiterungsphase (Phase II) in die breite Anwendung gebracht und auf weitere Standorte übertragen werden. Parallel hierzu
sind weitere Fördermodule geplant, zu denen bei Bedarf separate Förderbekanntmachungen veröffentlicht werden können. Ein Nationales Steuerungsgremium wird die Umsetzung des Förderkonzepts begleiten (vgl. Kapitel 3.7).
Dieser modulare und gestufte Aufbau des Förderkon zepts erlaubt flexible Anpassungen an die erzielten Erfolge, technischen Entwicklungen und entstehenden Bedarfe in den kommenden Jahren, die aus heutiger Sicht nicht vollkommen vorhergesehen werden können.
3.3 Konzeptphase
In der neunmonatigen Konzeptphase werden Konsortien gefördert, die Daten aus biomedizinischer Forschung und Patientenversorgung untereinander zugänglich machen und austauschen wollen. Um Insellösungen zu vermeiden, müssen an jedem Konsortium mindestens zwei Universitätskliniken beteiligt sein. Optional können
13 3. DAS FÖRDERKONZEPT MEDIZININFORMATIK
weitere Partner aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen, privaten Kliniken oder anderen Trägern der Gesundheitsversorgung sowie der Wirtschaft in den Konsortien vertreten sein. Die Konsortien werden ermutigt, auch Startups sowie kleine und mittelständische Unternehmen einzubinden.
In der Konzeptphase werden die Konsortien aufgefordert, Konzepte für die gemeinsame Datennutzung und den Datenaustausch im Konsortium und darüber hinaus auszuarbeiten. Dabei sollen u. a. Bedingungen für den Datenaustausch festgelegt, Art und Umfang der auszutauschenden Daten definiert und Verfahren zur Einhaltung von Datenschutzbestimmungen entwickelt werden. Es werden Konzepte zum Qualitätsmanagement und zur Qualitätssicherung von neu erhobenen und vorhandenen Daten erwartet. Die Interoperabilität mit vorhandenen Datensammlungen und IT-Lösungen im In- und Ausland muss sichergestellt werden. Am Ende der Konzeptphase sollen die Konsortien darlegen, wie sie die im Konsortium bzw. konsortienübergreifend festgelegten Regeln für Datennutzung und Datenaustausch implementieren werden.
Während der Konzeptphase sollen die Konsortien einen oder mehrere konkrete Anwendungen („Use Cases“) ausarbeiten. Dabei sollen überprüfbare Meilensteine festgelegt werden, anhand derer Funktionsfähigkeit und Nutzen der IT-Lösungen in der sich ggf. anschließenden Aufbau- und Vernetzungsphase demonstriert werden können.
Für jede beteiligte Einrichtung, die in größerem Umfang Forschungs- oder Versorgungsdaten verfügbar machen will, soll ein Konzept für ein Datenintegrationszentrum entwickelt werden. Dazu gehört auch ein vorläufiges Fortführungskonzept für das Datenintegrationszentrum über das Ende der vierjährigen Aufbauförderung hinaus. Bereits in der Konzeptphase soll ein vorläufiges Roll-out-Konzept für eine spätere Ausweitung der aufzubauenden IT-Lösungen auf weitere Anwendungen sowie andere Einrichtungen entwickelt werden. Die Anwendung über die Universitätskliniken hinaus soll von Beginn an mitgedacht werden.
Von den Konsortien wird zudem erwartet, dass sie Strategien für die zukunftsgerichtete Aufstellung der Medizininformatik an den beteiligten Hochschulen entwickeln. Dazu können z. B. die Einrichtung neuer
Professuren für Medizininformatik und unterstützender Nachwuchsgruppen sowie eigene Aktivitäten in Forschung, Aus- und Weiterbildung gehören.
3.4 Phase I: Aufbau und Vernetzung
In der vierjährigen Aufbau- und Vernetzungsphase soll die Förderung auf wenige ausgewählte Konsortien fokussiert werden. Für diese Förderphase sind insgesamt etwa 100 Mio. Euro vorgesehen.
Während der Aufbau- und Vernetzungsphase soll jedes geförderte Universitätsklinikum ein Datenintegrationszentrum aufbauen. Falls neben den Universitätskliniken auch weitere Konsortialpartner (z. B. Forschungsinstitute, private Kliniken) Daten in größerem Umfang einspeisen, dann sollten auch diese Partner jeweils ein eigenes Datenintegrationszentrum aufbauen.
Neben dem strukturellen Aufbau von Datenintegra-tionszentren sollen IT-Lösungen für eine oder mehrere klar definierte Anwendungen entwickelt, implementiert und getestet werden. Ein halbes Jahr vor Förderende der Aufbau- und Vernetzungsphase sollen die Konsortien bei einem extern durchgeführten Audit nachweisen, dass erstens die aufgebauten organisatorischen und technischen Lösungen einen messbaren Mehrwert für Forschung bzw. Versorgung bieten und zweitens der konsortienübergreifende Datenaustausch möglich ist.
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Die Konsortien sollen im Laufe der Zeit weitere Universitätskliniken als Vernetzungspartner hinzugewinnen, um eine spätere Verbreitung erfolgreicher Lösungen vorzubereiten. Spätestens am Ende des ersten Jahres der „Aufbau- und Vernetzungsphase“ wird daher von jedem geförderten Konsortium erwartet, dass mindestens drei weitere Universitätskliniken, die keinem der geförderten Konsortien angehören, als Vernetzungspartner beteiligt werden. Diese Universitätskliniken sollten interessiert sein, die IT-Lösungen des Konsortiums in der später anschließenden „Ausbau- und Erweiterungsphase“ zu übernehmen. Um diese Übernahme vorzubereiten, sollten die Vernetzungspartner frühzeitig in die Gestaltung der IT-Lösungen einbezogen werden, ohne bereits ein eigenes Datenintegrationszentrum aufzubauen.
Von den Konsortien wird erwartet, dass sie ihre Konzepte zur Stärkung der Medizininformatik umsetzen. Um einen Anreiz für die Einrichtung neuer Professuren für Medizininformatik zu geben, bietet das BMBF jeder beteiligten Hochschule die Förderung von zwei Nachwuchsgruppen als Unterbau für eine neue Medizininformatik-Professur an. Die auf fünf Jahre angelegten Nachwuchsgruppen können beantragt werden, sobald die Professur besetzt und geeignete Nachwuchsgruppenleiterinnen bzw. -leiter identifiziert wurden.
Jedes Konsortium muss über eine adäquate Managementstruktur verfügen. Empfohlen werden mindestens ein internes Lenkungsgremium und ein mit Externen besetztes Beratungsgremium, das u. a. für die Sicherstellung der internationalen Anschlussfähigkeit
genutzt werden sollte. In die Managementstrukturen des Konsortiums sollten auch Vertreter der Vernetzungspartner eingebunden werden.
3.5 Phase II: Ausbau und Erweiterung
Falls in der Aufbau- und Vernetzungsphase die erhofften Ergebnisse erzielt werden, kann in einer zweiten Förderphase darauf aufgebaut werden. Erfolgreich demonstrierte Lösungen sollen auf weitere Universitätskliniken und ggf. auch andere interessierte Kliniken oder Forschungseinrichtungen übertragen werden. Damit Forscherinnen und Forscher, Ärztinnen und Ärzte sowie letztlich die Patientinnen und Patienten möglichst flächendeckend von den Fortschritten profitieren, ist die Einbeziehung weiterer Akteure etwa in der ambulanten Versorgung oder privaten Kliniken in den Datenaustausch sinnvoll. Auch für diese Phase wird das BMBF erfolgreichen Konsortien substanzielle Mittel zur Verfügung stellen.
Die Bundesförderung kann allerdings nur eine Anschubfinanzierung darstellen. Für die Fortführung der Datenintegrationszentren wird von den Konsortialpartnern ein Eigenbeitrag erwartet. Daher sind bereits in der Konzeptphase erste Überlegungen zu einem Fortführungskonzept anzustellen, das im Laufe der Zeit zu konkretisieren und mit Finanzierungszusagen zu unterlegen ist.
3.6 Ergänzende Fördermodule
Bereits in der Aufbauphase sollen schrittweise weitere Fördermodule starten. Um diese Module bedarfsgerecht auszugestalten, wird sich das BMBF vom Nationalen Steuerungsgremium zur Medizininformatik beraten lassen.
Ein vorrangiges Ziel des Förderkonzepts ist die Vermeidung von Insellösungen. Daher ist geplant, Vernetzungsprojekte zwischen den Konsortien sowie auch mit neuen Partnern zu fördern. Außerdem sind internationale Kooperationsprojekte vorstellbar, um die internationale Anschluss und Passfähigkeit sicherzustellen. Denkbar sind auch zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen für den wissenschaftlichen Nachwuchs, etwa die Förderung von Sommerschulen.
Wenn der Datenaustausch prinzipiell funktioniert, kann die Entwicklung weiterer IT-Lösungen vorangetrieben werden, um Forschungsmöglichkeiten und Patientenversorgung in weiteren Anwendungen („Use Cases“) zu verbessern. Dabei sollen auch Innovationspotenziale in der Wirtschaft gehoben werden.
Durch Begleitforschung soll die technische Entwicklung im In und Ausland verfolgt werden. Nach jetzigem Stand sind die heute verfügbaren ITTechnologien prinzipiell in der Lage, den angestrebten Austausch von Forschungs und Versorgungsdaten zu verwirklichen. Daher soll auf bestehende Technologien aufgesetzt werden. Das BMBF wird gleichwohl die technologische Entwicklung aufmerksam beobachten.
Mögliche gesellschaftliche, soziale und ethische Fragen können im BMBFFörderschwerpunkt „Ethische, rechtliche und soziale Aspekte in den Lebenswissenschaften“ (ELSA) aufgegriffen werden.
3.7 Nationales Steuerungsgremium
Um Insellösungen zu vermeiden, sind über die Managementstrukturen der einzelnen Konsortien hinausgehende Abstimmungsprozesse erforderlich. Hierfür soll ein Nationales Steuerungsgremium eingerichtet werden.
Die Arbeit des Nationalen Steuerungsgremiums soll von einer Geschäftsstelle unterstützt werden. Dafür wird das BMBF parallel zur Konzeptphase ein Begleitprojekt fördern, um die Arbeit des Nationalen Steuerungsgremiums in dieser Zeit zu unterstützen. Das Begleitprojekt soll insbesondere die konsortienübergreifend notwendige Koordination z. B. hinsichtlich einheitlicher Datenstandards, ITSchnittstellen und Datenschutzkonzepte unterstützen. Dafür sind Arbeitsgruppen einzurichten, die während der Konzeptphase regelmäßig tagen. Den Arbeitsgruppen sollen für ihre Arbeit relevante Informationen zur Verfügung gestellt werden, z. B. über
● Datensammlungen im In und Ausland, zu denen Schnittstellen und Interoperabilität hergestellt werden sollten,
● bestehende Standards und Normen, ● aktuelle technologische Trends.
3. DAS FÖRDERKONZEPT MEDIZININFORMATIK 15
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Ausblick Wenn es mit Hilfe der Förderung durch das BMBF gelingt, einen Austausch von Forschungs- und Versorgungsdaten zwischen Universitätskliniken zu etablieren, wird dies gänzlich neue Möglichkeiten eröffnen. Es ist zu erwarten, dass die entwickelten Lösungen in vielen Teilen des Gesundheitssystems einen Mehrwert schaffen können.
Neue Formen des Daten- und Wissensaustauschs zwischen biomedizinischer und klinischer Forschung würden beispielsweise die Innovationsprozesse für kooperierende Biotechnologie-, Pharma- und Medizintechnik-Unternehmen vereinfachen: Die Wirkstoff-und Medizinprodukte-Entwicklung könnte zielgerichteter und effizienter werden, z. B. weil neue Ansätze für Therapie und Diagnose schneller zu finden sind.
Langfristig sollen die verschiedenen Akteure des Gesundheitswesens – Kliniken, niedergelassene Ärzte, Krankenkassen und die Patienten selbst – in die Lage versetzt werden, aus den bestehenden Daten praxisorientiertes Wissen für ihre Tätigkeiten und Bedürfnisse abzuleiten. Diese Akteure können den Bestand an medizinischen Informationen wiederum mit ihren Erfahrungen und den von ihnen generierten Daten anreichern. Für eine Patientin oder einen Patienten würde das bedeuten: An jedem Punkt unseres Gesundheitssystems – ob beim Hausarzt, Facharzt oder im Krankenhaus – werden gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten Entscheidungen getroffen, die auf allen relevanten im Gesundheitssystem verfügbaren Daten und dem daraus ableitbaren medizinischen Wissen beruhen.
Das beschriebene Bild eines digital vernetzten Gesundheitswesens ist zurzeit noch eine Vision. Durch Fortschritte in der Medizininformatik ist es aber möglich, dieser Vision einen großen Schritt näher zu kommen.
Beim Zukunftstag „Gesundheit neu denken“ am 22. August 2015 haben 60 Bürgerinnen und Bürger darüber debattiert, welche Auswirkungen aktuelle Trends wie die Digitalisierung auf unseren Umgang mit Gesundheit und Krankheit im Jahr 2030 haben werden. Diese Diskussion werden wir im Fachforum „Digitalisierung und Gesundheit“ fortführen, das als eine Arbeitsgruppe des Hightech-Forums die Weiterentwicklung der Hightech-Strategie der Bundesregierung begleitet. Das Fachforum wird Zukunftsbilder entwerfen, was Digitalisierung für Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge bedeuten könnte. Diese Zukunftsbilder sollen dann breit diskutiert werden, um Hoffnungen und Ängste Betroffener frühzeitig zu erkennen. So schärfen wir unseren Blick für die Zukunft, bevor wir ihre Gestaltung weiter in die Hand nehmen.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/ medizininformatik.php
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