Erbrechtliche Ansprüche und ihre Durchsetzung - … · 09.12.2011 Vorlesung GC 8/131 13.01.2012...

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Erbrechtliche Ansprüche und ihre Durchsetzung

Dr. Andreas Frieser, 27.01.2012

Materielle und verfahrensrechtliche Fragen (mit simulierter nachlassgerichtlicher Verhandlung im Gerichtslabor)

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A. Terminplan

� 09.12.2011 Vorlesung GC 8/131� 13.01.2012 Vorlesung GBCF 04/257� 18.01.2012 GC 03/49 - simulierte

Gerichtsverhandlung im Gerichtslabor, unter Mitwirkung von Herrn Richter am AG Detmold, Dr. Klaus-Peter Busch

� 27.01.2012 Vorlesung GC 8/131

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B. Erbrechtliche Streitigkeiten (Überblick)

� Streit um die Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung

� Pflichtteilsstreit � Streit zwischen Miterben� Streit zwischen Erbe und Vermächtnisnehmer � Streit zwischen Vorerbe und Nacherbe � Streit zwischen Erbe und Testamentsvollstrecker � Streit des Erben mit dem vom Erblasser

Beschenkten

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C. Verfahren (Überblick)

� I. FamFG1. Erbscheinsverfahren

2. Verfahren auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses

3. Abberufung des Testamentsvollstreckers 4. Nachlasspflegschaft

5. Nachlassverwaltung

6. Betreuungsverfahren

� II. Zivilprozess1. Feststellungsklage

2. Stufenklage

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D. Erbscheinsverfahren

� I. Bedeutung des Erbscheins � II. Arten von Erbscheinen � III. FamFG oder ZPO? � IV. Gang des Erbscheinsverfahrens� V. Entscheidungsmöglichkeiten des Gerichts � VI. Rechtsbehelfe � VII. Einziehung, Kraftloserklärung und

Herausgabeanspruch

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D. Erbscheinsverfahren

� „Ausweispapier“ gegenüber Banken, dem Grundbuchamt, Versicherungen, Schuldnern, Gläubigern etc.: Amtlic hes Zeugnis.

� Gem. §§§§ 5 S. 1 Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen können Kreditinstitute Legitimation des Erben verlangen; existiert eine no tariell beurkundete letztwillige Verfügung, kann sich die B ank mit der Vorlage einer beglaubigten Abschrift dieser Verfügung und der Eröffnungsniederschrift des Nachlassgerichts begnügen. Die Forderung, einen Erbschein vorzulegen, kann eine Pflichtverletzung d er Bank darstellen (BGH NJW 2005, 2779, m.A.v. Starke S. 3184; vgl. auch Schröder/Meyer NJW 2006, 3252).

I. Bedeutung des Erbscheins 1. Nachweisfunktion

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1. Nachweisfunktion (Forts.)

� §§§§ 5 S. 1 AGB entspricht inhaltlich §§§§ 35 Abs. 1 S. 2 GBO (Grundbuchordnung). Diese Vorschrift gilt auch für das notarielle Testament eines Ausländers, wenn er darin wirksam die Anwendung deutschen Erbrechts gewählt hat (LG München I ZEV 2007, 434).

� §§§§ 12 Abs. 1 Satz 3 HGB � Bei Lebensversicherungen ist auf die

Bezugsberechtigung abzustellen.

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2. Gesetzliche Definition

� Der Erbschein ist ein amtliches Zeugnis über das Erbrecht des Erben, §§§§ 2353 BGB.

� Der Erbschein hat keine rechtsbegründendeFunktion; er erwächst nicht in materielle Rechtskraft (zur formellen Rechtskraft vgl. §§§§ 45 FamFG).

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3. Rechtswirkungen

� Vermutung der Richtigkeit des Erbscheins, §§§§ 2365 BGB.

� Öffentlicher Glaube gem. §§§§ 2366 BGB. � Gem. §§§§ 2367 BGB wird der gutgläubige

Nachlassschuldner bei Leistungen an den Erbscheinserben befreit, auch wenn der Empfänger sich nicht als tatsächlicher Erbe erweist.

� Kein Schutz des Dritten, wenn dieser die Unrichtigkeit des Erbscheins kennt

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II. Arten von Erbscheinen

1. Alleinerbschein , §§§§ 2353, 1. Fall BGB 2. Gemeinschaftlicher Erbschein, §§§§ 2357 BGB

Bei Erbengemeinschaften wird die Erbfolge in den gesamten Nachlass bezeugt.

3. Teilerbschein4. Gegenständlich beschränkter Erbschein

Dieser diente Ausländern zum Nachweis ihres Erbrechts im Inland („Fremdenrechtserbschein“) und wurde erteilt, wenn zumindest teilweise ausländisches Erbrecht anzuwenden war. Nach§§§§ 2369 n. F. BGB ist die Anwendung ausländischen

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II. Arten von Erbscheinen (Forts.)

materiellen Rechts nicht mehr Voraussetzung der Erteilung. Nach §§§§ 105 FamFG ist das Nachlassgericht bei örtlicher Zuständigkeit auch international umfassend zuständig; möglich ist eine Beschränkung auf bestimmte Gegenstände im Ausland oder nur in bestimmten Ländern; auch bei deutschem Erblasser anwendbar.

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III. FamFG oder ZPO?

1. Alternative zum Erbschein: Feststellungsklage im streitigen Verfahren nach der Zivilprozessordnung.

2. Vorteil der Feststellungsklage: Rechtskraft der Entscheidung mit Bindung des Nachlassgerichts im Rahmen des Erbscheinsverfahrens. Vorteil des Erbscheinsverfahrens: Amtsermittlungspflicht des Gerichts, in der Regel keine Kostenerstattung I. In stanz, (aber Neuregelung in §§§§ 81 Abs. 1, Abs. 2 FamFGbeachten). Zu beachten ist die „Anstoßfunktion“ des Erbscheinsantrages →→→→ Viele streitigen Erbfälle werden im Rahmen des Erbscheinsverfahrens ausgetragen. Derjenige, der dem Erbscheinsantrag widerspricht und als Beteiligter i m Rahmen des Verfahrens angehört wird, macht seine Rechtsposition geltend.

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IV. Gang des Erbscheinsverfahrens

1. Zuständigkeit Sachlich und örtlich zuständig ist das Nachlassgeri cht des letzten Wohnsitzes, §§§§§§§§ 343 Abs. 1 FamFG, 23a Abs. 2 Nr. 2 GVG

2. Richter oder Rechtspfleger? §§§§§§§§ 3 Nr. 2 c; 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG?

3. Internationale ZuständigkeitGem. §§§§ 105 FamFG leitet sich die internationale Zuständigkeit von der örtlichen ab. Hatte der Erbla sser keinen inländischen Wohnsitz ( §§§§ 343 Abs. 1 FamFG), so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk er sein en Aufenthalt hatte, §§§§ 343 Abs. 1 FamFG; bei ausländischem Erblasser ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich Nachlassgegenständ e befinden, §§§§ 343 Abs. 3 FamFG.

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IV. Gang des Erbscheinsverfahrens (Forts.)

4. Antragsberechtigt sind u.a.� der Allein- oder Miterbe � die Gläubiger des Erben unter der Voraussetzung der §§

792, 896 ZPO.

5. Form des AntragsFormlos, aber in der Regel eidesstattliche Versicherung erforderlich, §§§§ 2356 Abs. 2 BGB. Deshalb meist Antragstellung durch Notar oder zu Protokoll des Nachlassgerichts.

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IV. Gang des Erbscheinsverfahrens (Forts.)

6. Inhalt a) Der Antrag muss das behauptete Erbrecht genau

bezeichnen; das Nachlassgericht ist streng an den Antrag gebunden, es kann ihm nur entsprechen oder ihn zurückweisen. Deshalb in der Praxis nicht selten: Haupt- und Hilfsantrag.

b) Notwendige Angaben, §§§§ 2354 BGB

7. Urkunden, §§§§ 2356 BGB

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IV. Gang des Erbscheinsverfahrens (Forts.)

8. Es gelten die Verfahrensgrundsätze des FamFG� Amtsermittlungsgrundsatz, §§§§ 26 FamFG

Der Sachverhalt wird vom Amtsgericht von Amts wegen ermittelt.

� Jedem Beteiligten ist rechtliches Gehör zu gewähren, §§§§ 30 Abs. 4 FamFG i.V.m. Art. 103 GG

� Das Nachlassgericht hat die Auswahl zwischen strengem Beweis (ZPO, vgl. §§§§ 30 Abs. 1 FamFG) und freiem Beweis (Ermittlungen in der zweckmäßig erscheinenden Art und Weise, §§§§ 29 Abs. 1 FamFG).

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V. Entscheidungsmöglichkeiten des Gerichts

1. Erteilung des Erbscheins2. Feststellungsbeschluss

Vor der Erbscheinserteilung ergeht ein Beschluss, der feststellt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung vorliegen - im unstreitigen Verfahren wird dieser sofort wirksam und nicht zugestellt, §§§§ 352 Abs. 1 S. 2 FamFG; im streitigen Verfahren wird die sofortige Wirksamkeit ausgesetzt, §§§§ 352 Abs. 2 S. 2 FamFG, und der Beschluss den Beteiligten bekannt gegeben, dem widersprechenden Beteiligten durch förmliche Zustellung mit Rechtsbehelfsbelehrung, §§§§§§§§ 15, 41 Abs. 1 S. 2 FamFG

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3. ZwischenverfügungBei Zulässigkeits- oder Begründetheitsmängeln wird dem Antragsteller aufgegeben, diese innerhalb bestimmter Frist zu beheben.

4. Zurückweisung5. Vergleich

Über die Erbenstellung kann nicht im Vergleichswege disponiert werden. Abschlossen werden kann ein sogenannter Auslegungsvertrag, der gem. §§§§ 2385 BGB der notariellen Beurkundung bedarf, nicht aber, wen n er als gerichtlicher Vergleich abgeschlossen wird, §§§§ 127 a BGB.

V. Entscheidungsmöglichkeiten des Gerichts (Forts.)

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VI. Rechtsbehelfe

1. Beschwerde Gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts ist gem. §§§§ 58 Abs. 1 FamFG die Beschwerde statthaft; sie ist innerhalb eines Monats einzulegen und „soll“ begründet werden, §§§§§§§§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1, 65 Abs. 1 FamFG; sie kann auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden und von jedem eingelegt werden, der in seinen Rechten betroffen ist, §§§§§§§§ 65 Abs. 3, 59 Abs. 1 FamFG. Ist der Erbschein bereits erteilt, kann sie mit Antrag auf Einziehung oder Kraftloserklärung verbunden werden; über die Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, §§§§ 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG.

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VI. Rechtsbehelfe (Forts.)

1. Weitere Beschwerde� Nach §§§§§§§§ 70 - 75 FamFG kann die

Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts mit der Rechtsbeschwerde vor dem Bundesgerichts-hofangegriffen werden, wenn das OLG diese in der Beschwerdeentscheidung zugelassen hat, §§§§ 70 Abs. 1 FamFG; sie ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dies erfordert, §§§§ 70 Abs. 2 FamFG (keine Nichtzulassungsbeschwerde)

� Die Frist zur Einlegung der an den BGH zu richtenden Rechtsbeschwerde beträgt einen Monat, §§§§ 71 Abs. 1 FamFG

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VII. Einziehung, Kraftloserklärungund Herausgabeanspruch

1. Prüfung von Amts wegen §§§§ 2361 Abs. 1 BGB2. Verfahren3. Kraftloserklärung, §§§§ 2361 Abs. 2 BGB 4. Herausgabe, §§§§ 2362 BGB

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E. Feststellungsklage

• Gerichtsstand

•§§§§ 27 ZPO

Unter den besonderen Gerichtsstand der Erbschaft na ch §§§§ 27 ZPO fallen:

• Klagen auf Feststellung des Erbrechts nach Eintritt des Erbfalls

• Klagen aus §§§§§§§§ 2018 ff. BGB gegen den Erbschaftsbesitzer; nicht aber Klagen aus §§§§§§§§ 985 ff. BGB

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•Klagen aus Vermächtnis und sonstigen Verfügungen vo n Todes wegen, etwa Auflagen ((((§§§§ 2192 BGB), und aus Schenkungsversprechen von Todes wegen ((((§§§§ 2301 BGB), nicht aber aus Vertrag zugunsten Dritter (zweifelhaft für §§§§ 332 BGB)

•Klagen auf den Pflichtteil und Pflichtteilsergänzun g, auch soweit sich der Ergänzungsanspruch nach §§§§ 2329 BGB gegen den beschenkten Dritter richtet.

•Klagen aus §§§§ 1969 und §§§§ 1932 BGB

•Sämtliche Streitigkeiten innerhalb einer Erbengemei n-schaft im Zusammenhang mit der Verwaltung des Nach-lasses und der Auseinandersetzung der Gemeinschaft.

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� Der erweiterte Gerichtsstand nach §§§§ 28 ZPO setzt bei der Alleinerbschaft voraus, dass sich bei Rechtshängigkeit noch mindestens ein Nachlassgegenstand im Gerichtsbezirk befindet. Bei einer Erbengemeinschaft besteht der Gerichtsstand bis zur Nachlassteilung fort und danach insoweit, als die Erbenhaftung für die Nachlassverbindlichkeit nicht gem. §§§§§§§§ 2060, 2061 BGB beschränkt ist (BayObLG NJW-RR 2004, 944).

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• Nicht anwendbar sind die §§§§§§§§ 27, 28 ZPO

•auf Streitigkeiten aus einem Erbschaftskauf (§§ 2374 ff. BGB)

•auf Klagen auf Herausgabe eines unrichtigen Erbscheins gem. § 2362 Abs. 1 BGB

• Örtlich zuständig ist das Gericht, bei dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen allgemeinen Gerichtsstand im Sinne der §§§§§§§§ 12 -16 ZPO hatte. Beachte: Hilfsgerichtsstand des §§§§ 27 Abs. 2 ZPO.

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• Feststellungsklagen zu Lebzeiten des Erblassers Regelmäßig wird ein der Feststellungsklage zugängliches Rechtsverhältnis oder jedenfalls das Feststellungsinteresse verneint: Die bloße Möglichkeit, Erbe zu werden, stellt kein gegenwärtiges konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des §§§§ 256 ZPO dar (BGH NJW 1962, 1723; OLG Karlsruhe FamRZ 1989, 1351). Gegen die Zulassung von Klagen künftiger Erben spricht auch das Interesse des künftigen Erblassers, zu seinen Lebzeiten nicht in einen Rechtsstreit über seinen Nachlass hineingezogen zu werden (OLG Frankfurt FamRZ 1997, 1021).

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•Unzulässig sind insbesondere Feststellungsklagen künftiger gesetzlicher oder testamentarischer Erben mit dem Ziel, die Testierunfähigkeit einer lebenden Per son feststellen zu lassen (OLG Köln JW 1930, 2064). Entsprechendes gilt auch für ein selbständiges Beweisverfahren (OLG Frankfurt FamRZ 1997, 1021).

•Streitig ist, ob vor dem Erbfall eine Klage auf Feststellung etwaiger Ansprüche gem. §§§§§§§§ 2287, 2288 BGB gegen den Beschenkten erhoben werden kann (dafür OLG Koblenz MDR 1987, 935; dagegen OLG München FamRZ 1996, 253).

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� Der Vermächtnisnehmer hat selbst bei einem wechselbezüglichen oder vertragsmäßig angeordneten Vermächtnis (§§§§§§§§ 2270 Abs. 1, 2278 Abs. 1 BGB) nur die Aussicht auf einen künftigen Anspruch. Seinen Anspruch auf Vermächtniserfüllung nach Eintritt des Erbfalls kann er weder durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung schützen (BGHZ 37, 319) noch durch Feststellungsklage gegen den Erblasser klären lassen (vgl. Hohmann ZEV 1994, 133).

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• Durch Feststellungsklage zu Lebzeiten des Erblassers geklärt werden können:

•Der Streit, ob eine Person überhaupt zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehören wird; der Pflichtt eils-berechtigte kann wegen einer testamentarischen Pflichtteilsentziehung eine negative Feststellungsk lage gegen den künftigen Erblasser erheben (BGH ZEV 2004 , 243). Für ein Feststellungsinteresse spricht nach de r höchstrichterlichen Rechtsprechung das Interesse de s Pflichtteilsberechtigten, „Handlungsmöglichkeiten z u nutzen“ (etwa durch einen Pflichtteilsverzichtsvertr ag mit dem Erblasser).

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•Nach dem Tod eines Ehegatten ist eine Klage gegen d en überlebenden Ehegatten auf Feststellung der Bindung an das Testament gem. §§§§§§§§ 2270, 2271 BGB zulässig (BGHZ 37, 331, 334).

•Besteht zwischen den Vertragsbeteiligten Streit übe r die Gültigkeit eines Erbvertrages, kann nach herrschend er Meinung jede Vertragspartei Feststellungsklage erhe ben (OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 141).

•Eine Feststellungsklage des Nacherben gegen den Vorerben, der über Nachlassgegenstände verfügt hat, ist schon vor Eintritt des Nacherbfalls zulässig, etwa wenn der Vorerbe Schenkungen im Sinne des §§§§ 2113 Abs. 2 BGB vornimmt (BGHZ 52, 269).

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•Zulässige Feststellungsklagen nach dem Erbfall

• Klage auf Feststellung der Erbfolge Alternative: Klärung in einem Erbscheinsverfahren (Dessen Ergebnis erwächst aber nicht in Rechtskraft , vgl. etwa OLG Brandenburg ZEV 2009, 246 und insb. BGH ZEV 2010, 468).

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• Feststellungsklage zur Vorbereitung der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft

•Die Erbteilungsklage bietet erhebliche Schwierigkei ten, deshalb sind an die Zulässigkeit einer Feststellung s-klage zur Vorbereitung der Erbauseinandersetzung kei ne strengen Maßstäbe anzulegen (BGH NJW-RR 1992, 242).

•Es können beispielsweise folgende Punkte durch Feststellungsklage geklärt werden:

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• Die Frage, ob eine testamentarische Zuwendung eine Teilungsanordnung oder ein Vorausvermächtnis darstellt (BGH MDR 1991, 135).

• Die Frage, ob Vorempfänge oder Leistungen von Abkömmlingen gem. §§§§§§§§ 2050 ff. BGB auszugleichen sind.

• Feststellungsklage des Testamentsvollstreckers Der Testamentsvollstrecker kann zur Klärung von Streitfragen eine Feststellungsklage erheben, soweit seine Verwaltungsaufgaben berührt sind. Beispiel: Klärung des Umfangs eines Erbrechts durch negative Feststellungsklage gegen einen Erbprätendenten (OLG Karlsruhe ZEV 2005, 256).

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F. Erbteilungsklage

• Grundsätzliches

•Jeder Miterbe kann nach §§§§ 2042 BGB jederzeit die Auseinander-setzung einer Erbengemeinschaft verlangen. Die Ausei nander-setzung ist im wesentlichen nach den Regeln der Aufh ebung der Gemeinschaft durchzuführen, §§§§§§§§ 749 ff. BGB.

•Voraussetzung: Teilungsreife (herrschende Meinung: K G NJW 1961, 733; a.A. BGB bei Johannsen WM 1970, 744; vgl . auch Steiner ZFE 2004, 332). Nach weitergehender Auffass ung ist Voraussetzung, dass der vorhandene Nachlassbestand entsprechend den Erbquoten in gleichartige Teile oh ne Wertverlust aufteilbar ist, §§§§§§§§ 2042 Abs. 2, 752, was den vorherigen Abschluss des Teilungsverfahrens nach den §§§§§§§§ 752, 753, 754 (Zwangsversteigerung, Pfandverkauf) voraus setzt (Krug FA ErbR 2006, 7).

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•Das obsiegende, rechtskräftige Urteil ersetzt die Zustimmung des beklagten Miterben zum Teilungsplan, §§§§ 894 ZPO. Der Beklagte kann mit der Widerklage seinerseits auf Zustimmung zu einem abweichenden Teilungsplan klagen.

•Klageantrag:

„... den Beklagten zu verurteilen, zur Herbeiführung der Auseinandersetzung des Nachlasses des am ... in ... verstorbenen Erblassers ... folgendem Teilungsplan zuzustimmen: ...“

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� Der Teilungsplan muss alle Miterben einbeziehen, sämtliche noch vorhandenen Aktiva und Passiva auflisten und Angaben darüber enthalten, wie mit den Nachlassgegenständen zu verfahren ist. Es dürfen keine Streitpunkte offen bleiben. Es muss beispielsweise angegeben werden, welche offenen Verbindlichkeiten bestehen und aus welchem Vermögen sie zu begleichen sind.

� Ist im Nachlass nur noch ein zu verteilender Geldbetrag vorhanden, so ist die Vorlage eines Teilungsplan entbehrlich. Es kann sofort auf Zahlung bzw. Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrages geklagt werden.

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G. Klagen wegen lebzeitiger Verfügungen

• Anspruchsgrundlagen

•Aus Verfügungen eines Bevollmächtigten über Erblasserkonten zu Lebzeiten des Erblassers folgt e in Rechnungslegungsanspruch gem. §§§§ 666 BGB. Die Verteidigung, der Erblasser habe auf Rechnungslegun g verzichtet, greift dann nicht, wenn Tatsachen Zweif el an der Zuverlässigkeit des Bevollmächtigten begründen (BGHZ 39, 87; BGH WM 2001, 305).

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� Die Beweislast für den Rechtsgrund der vom Bevollmächtigten vorgenommenen Verfügungen liegt bei diesem (OLG Bamberg ZEV 2004, 207), insbesondere wenn er als Rechtsgrund eine Schenkung behauptet (BGH ZErb 2007, 301). Für die bestimmungsgemäße Verwendung erhaltener Gelder trägt er ebenfalls die Beweislast, da er hierdurch gegen den Herausgabeanspruch aus § 667 BGB Erfüllung einwendet (BGH WM 1987, 79; LG Itzehoe ZErb 1999, 29).

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•Verfügt der Erblasser unentgeltlich über sein Vermö gen, kommen Pflichtteilsergänzungsansprüche ( §§§§§§§§ 2325, 2329 BGB) und Ansprüche gem. §§§§ 2287 f. BGB in Betracht.

•Der Anspruch aus §§§§ 2287 Abs .1 BGB richtet sich auf Herausgabe des Geschenkes in Natur. Auf Zahlung ist anzutragen, wenn bei einer gemischten Schenkung der unentgeltliche Teil des Geschäfts nicht überwiegt o der wenn das Geschenk dem Beschenkten wertmäßig aufgrund eigenen Pflichtteils- und Erbrechts mindest ens zur Hälfte zusteht.

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H. Stufenklage gem. §§§§ 254 ZPO

• Grundlagen

•Die Stufenklage steht für Informationsansprüche zur Verfügung, also für Klagen auf Rechnungslegung oder Vorlage eines Vermögensverzeichnisses bzw. eidesstattliche Versicherung.

•Dem Leistungsanspruch ist zunächst ein Informationsanspruch vorgeschaltet: Auf der ersten Stufe verlangt der Gläubiger Auskunft und/oder Rechnungslegung und/oder Wertermittlung, auf der nächsten Stufe wird er auf Abgabe der eidesstattlic hen Versicherung oder sogleich auf Zahlung in Anspruch genommen.

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• Hat der Gläubiger Zweifel an der Richtigkeit einer vorgerichtlich erteilten Auskunft, so steht ihm grundsätzlich nur der Anspruch auf eidesstattliche Versicherung zu, eine Ergänzung der Auskunft kann er nur verlangen, wenn diese offensichtliche Lücken aufweist oder von vorne herein nicht ernst gemeint ist (BGH GRUR 2001, 841).

• Mit der Stufenklage wird umfassend die Verjährung unterbrochen, obwohl zunächst nur ein unbezifferter Klageantrag gestellt wird, § 264 Nr. 2 ZPO; BGH NJW 1979, 925).

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• Informationsansprüche im Erbrecht

Rechnungslegung schulden

•gem. §§§§ 666 BGB derjenige, der mit oder ohne Auftrag Geschäfte des Erblassers geführt hat

•gem. §§§§§§§§ 2218 Abs. 1, 666 BGB der Testamentsvollstrecker dem Erben bei Beendigung des Amtes

•gem. §§§§§§§§ 1978 Abs. 1, 1991 Abs. 1, 666 BGB der Erbe dem Nachlassgläubiger in Fällen der beschränkten Erbenhaftung (Nachlassverwaltung, NachlassinsolvenzNachlassinsolvenzNachlassinsolvenzNachlassinsolvenz, Dürftigkeitseinrede)

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• gem. §§§§§§§§ 1959, 666 BGB der ausschlagende Erbe demjenigen, der an seiner Stelle Erbe wird

• gem. §§§§ 2130 Abs. 2 BGB der Vorerbe dem Nacherben bei Eintritt der Nacherbfolge.

•Auskunft schulden

• gem. §§§§ 666 BGB alle Vorgenannten, die rechenschaftspflichtig sind

• gem. §§§§ 2012 Abs. 2 BGB der Nachlasspfleger • gem. §§§§ 2028 BGB der Hausgenosse den Erben • gem. §§§§§§§§ 2027, 2362 Abs. 2 BGB der Erbschaftsbesitzer

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• gem. §§§§ 2127 BGB der Vorerbe dem Nacherben• gem. §§§§ 2057 BGB die Miterben untereinander über ausgleichungspflichtige Zuwendungen

• gem. §§§§ 2314 Abs. 1 BGB der Erbe dem pflichtteilsberechtigten Nichterben

• gem. §§§§ 242 BGB der Erben dem Beschenkten, den er auf Pflichtteilsergänzung in Anspruch nimmt, über Schenkungen, die er selbst erhalten hat (BGH NJW 1964, 1414)

• gem. §§§§§§§§ 2314, 242 BGB der Beschenkte dem pflichtteilsberechtigten Nichterben über die erhalt enen Schenkungen (BGHZ 55, 378)

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• gem. §§§§ 242 BGB der Beschenkte dem pflichtteilsberechtigten Erben über möglicherweise pflichtteilsergänzungsrelevante Schenkungen bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für unentgeltlich e Verfügungen, und zwar auch dann, wenn der Beschenkte Miterbe ist (BGHZ 61, 180)

• gem. §§§§ 242 BGB der Beschenkte dem vertraglich oder durch bindendes gemeinschaftliches Testament eingesetzten Erben über möglicherweise beeinträchtigende Schenkungen nach §§§§ 2287 BGB bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte (BGHZ 97, 188).

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•Wertermittlung können verlangen

• gem. 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB der pflichtteilsberechtigte Nichterbe vom Erben

• gem. §§§§ 242 BGB der pflichtteilsberechtigte Erbe oder Nichterbe von dem Beschenkten, wenn der Wert der Zuwendung sich auf andere Weise nicht ermitteln lässt (BGH NJW 1986, 127).

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• Entscheidung über die Stufenklage

•Das Gericht entscheidet durch selbständig anfechtba re Teilurteile ohne Kostenentscheidung über die jeweil s zur Entscheidung stehenden Anträge; die Kostenentscheidung ist dem Urteil in der letzten St ufe vorbehalten.

•Hält das Gericht den noch unbezifferten Zahlungsant rag ohne Rücksicht auf das Ergebnis der Auskunft für unbegründet (etwa aus Gründen der Verjährung), so kann es nach der ersten Stufe die Klage durch Endur teil insgesamt abweisen. Der Informationsanspruch ist in diesem Fall in der Regel unbegründet, da der Hilfsanspruch abhängig ist von einem zumindest denkbaren Hauptanspruch (BGH NJW 1985, 384).

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� Vorzeitige Beendigung des Rechtsstreits nach Auskunftserteilung tritt ein, wenn der Schuldner bereits in der ersten Stufe die Auskunft erteilt und sich hieraus ergibt, dass der Kläger keine Leistungsansprüche hat. Dies ist kein Fall der Erledigung des § 91 a ZPO (der Leistungsantrag war bereits bei Eintritt der Rechtshängigkeit unbegründet, BGH NJW 1994, 2895). Der Kläger kann sein Klagebegehren auf eine Feststellungsklage umstellen und die Feststellung beantragen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm die Kosten zu ersetzen, die durch die ursprünglich erhobenen und noch nicht beschiedenen Klageanträge angefallen sind.

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