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Die Energiewende ist nicht in Gefahr –
denn sie ist in Bürgerhand
1. März 2013
Dr. Gerd Stadermann
Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Die Energiewende ist notwendig
• Klimaproblematik - Ausstieg aus der Kohle
• Das Ölzeitalter geht zu Ende (trotz Fracking!)
• Energiearmut überwinden
• Ernährungskrise
• Umweltkrise – weltweite Vermüllung und radio-aktive Verseuchung
• Ausstieg aus der Atomkraft
Wir können nicht mehr zurück
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Ziel einer globalen nachhaltigen Energieversorgung
• Stabilisierung der CO2-Konzentration bei 450 ppm (jetzt 430 ppm)
� Reduktion der energiebedingten CO2-Emissionen um 90 % bis 2050 (bezogen auf 1990)
� Pro-Kopf CO2-Emissionsrechte von ca. 1 t CO2/a in 2050 (rote Linie)
0 5 10 15
Afrika
China
Deutschland
OECD
Welt
t CO2/ Kopf, Jahr
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Energiewende ist notwendig
Quelle: FVEE
Verbreitung der radioaktiven Emissionen aus Fukushima
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Energiewende ist notwendig
Wer ist zuständig für die Energiewende?
• Die Bundesregierung
• Der Bundestag, die Parteien
• Die Wirtschaft
• Die Energieversorger (Vattenfall, RWE, E.ON, ENBW)
• Die Verbände (BEE, BSW, FVEE, AEE, Greenpeace)
• Die Kirchen
• Die Gewerkschaften
• Die Bürger
Die Energiewende ist ein Gemeinschaftswerk
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Bürgerdialog des BMBF, Juli – Nov. 2011
• 1500 Bürger aus den Telefonbüchern ausgewählt
• Themen: Energieeffizienz, Erneuerbare Energien, Speicher und Netze, Brückentechnologien, Wissenschaft und Forschung, Euro-päische und internationale Dimensionen, Bürger als Mitgestalter
• Die Bürger empfehlen: Dialog zwischen Bevölkerung, Forschen den, Wirtschaft und Politik, um ein gemeinsames Verständnis zu erreichen mit Hilfe der Medien.
• Modellprojekte, die Institutionen in den Regionen mit einbeziehen
• Energieforschungsfahrplan, der auf einer Zeitschiene die realisier-baren Projekte darstellt und die beteiligten Akteure aufzeigt.
• Beachtung ethischer und sozialer Konflikte bei der Systemtransfor-mation
• Ausrufung eines Wettbewerbs „Bürger forschen“
Dialog bricht aber ab, weil die politischen Instrumente nicht entwickelt sind. (Angriff auf die repräsentative Demokratie)
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Bedingungen für eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien: E2D2
• E2 = Zusammenspiel von Erneuerbaren und Energieeffizienz machen die Energiewende ökologisch und ökonomisch
• D2 = Dezentralität und Demokratie: Mitgestaltung und Mitbestim-mung durch Bürger
• Das neue Energiesystem orientiert sich an den Quellen: die sind dezentral und sie sind regional verschieden
• Ausbau und Umstrukturierung des Stromnetzes
• Entwicklung von Energiespeichertechnologien
• Nutzung der direkten erneuerbaren Wärmeenergie: EEWärmeG
• Erhalt bzw. Modifizierung des EEG mit Vorrangregelung für EE
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Die Energiewende ist technisch möglich
• Alle Technologien sind vorhanden
• Energiekonzept 2050 aus dem FVEE
• Energiekonzept der Bundesrepublik Sept. 2010
• Der Masterplan der Energiewende: Die Leitstudie des BMU 2011
• Deutschlands Energiewende – Ein Gemeinschaftswerk für die Zukunft (Bericht der Ethikkommission)
• Entwicklung eines Energieinternets zur Steuerung eines dezentralen, zuverlässigen und robusten Versorgungssystems
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Wind Solar Biogas HydroImport/
Export
12,6 MW 5,5 MW 4,0 MW 1,0 MW 1,0 MW
Deckung derLastkurve Deutschlands1/10000zu jedem Zeitpunkt
Steuerung realerAnlagen
Fähigkeit der EE zur Vollversorgung – 220 GW Kapazität
Regenerative Kombikraftwerke: BK Merkel 2008
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Energiespeicherung
• Batterien – Lithiumrevolution der Laptops aufs Auto übertragen
• Pumpspeicherwerke
• Druckluftspeicher
• Kraftstoffe: Wasserstoff, erneuerbares Methan
• Biomasse – Biomethan
• Wärmespeicher
• dezentrale Stromerzeugung und -speicherung
• Smart Grids – Lastmanagement
Bonus für den Einsatz von Energie speicher-
technologien wäre hilfreich
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Beispiel Energiespeicherung: Herstellung von Methan und anschließende Speicherung
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Gegenwärtiger Stand: Hemmnisse
• Finanzkrise -> EU-Schuldenkrise: 50 % der Staatschulden der südlichen EU-Länder resultierten aus erhöhten Kohle-, Erdöl-, und Erdgaspreisen (Recherche des EU-Parlaments)
• Investitionsbereitschaft der Wirtschaft ist schlecht
• Finanzierungsdebatte EEG: Angriff des BMWi
• Erfreulicher Streit der Bundesländer um Teilhabe am EEG: (Jeder will etwas vom „Kuchen“ abhaben.)
• Die Funktion einiger Medien – Ängste schüren, statt Information und Aufklärung:Stromlücke, Atomstrom aus Frankreich, Black out in Deutschland, Netzausbau verschlingt Milliarden, Stromkosten werden für Arme unbezahlbar, EE gefährden Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, Kosten der Energiewende – eine Billion Euro
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Unternehmensgewinne und Nettoinvestitionen der Unternehmen in Deutschland zwischen 1991 und 2009
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Quelle: WBGU, 2011
Die Preisentwicklung ist weitgehend unabhängigvon der EEG Umlage
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30
1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012
c/k
Wh
Jahr
Strompreise in Deutschland
Haushalt
EEG
Industrie
Quelle: BMWI Gesamtausgabe der Energiedaten (13.1.2011)
Evang. Akademie Hessen und Nassau 22.9.2012
http://www.ftd.de/unternehmen/industrie/:trotz-energiewende-deutschland-lockt-stromhungrige-industrie-
an/70086000.html
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Differenzkostenentwicklung bis 2050 im Verhältnis zu den Energiegesamt-ausgaben (212 Mrd. €) in Deutschland. Unten: Vorleistungen laut Folie 49
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Quelle: FVEE
Das Erneuerbare-Energien-GesetzAchtung: das EEG ist keine Subvention der EE !
• Ausgleich für das Fehlen einer CO2-Steuer
• Investitionssicherheit durch Garantie der Vergütung über 20 Jahre
• kostendeckende Vergütung für Strom aus Windenergie, Photovoltaik, Biomasse, Wasserkraft, Geothermie:
ist bei PV aber jetzt nicht mehr gewährleistet!
• Das EEG-Umlagesystem muss neu justiert werden.
• Der Erhalt der Vorrangregelung zur Stromeinspeisung ist aber absolut notwendig.
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Anteile erneuerbarer Energien an der Energiebereitstellung
in Deutschland
7,8
4,3
0,9
4,53,2
11,011,0
20,3
5,5
12,5
10,0 1,2)
mind. 35,0 1)
14,0 1)
18,0 1)
0
5
10
15
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25
30
35
40
Anteile EE am gesamtenStromverbrauch
Anteile EE an dergesamten
Wärmebereitstellung
Anteile EE am gesamtenKraftstoffverbrauch (2)
Anteile EE am gesamtenEndenergieverbrauch
(Strom, Wärme,Kraftstoffe)
Anteile EE am gesamtenPrimärenergieverbrauch (3)
An
teil
e i
n [
%] 2002 2004 2006 2007 2008
2009 2010 2011 2020
Bru
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en
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Ziele:
1) Quellen: Ziele der Bundesregierung; Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG); Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG), EU-Richtlinie 2009/28/EG; 2) Der gesamte Verbrauch an Motorkraftstoff, ohne Flugbenzin, Militär und Binnenschifffahrt; 3) Berechnet nach Wirkungsgradmethode - Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V. (AGEB);
EE: Erneuerbare Energien; Quelle: BMU-KI III 1 nach Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat); Hintergrundbild: BMU / Brigitte Hiss; Stand: Juli 2012; Angaben vorläufig
Entwicklung der Stromkosten und der EEG Vergütungsgesetze in Deutschland
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30
40
50
60
2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020
Jahr
€C
en
ts / k
Wh
StromkostenHaushalte1.000 kWh/a bis 2.500 kWh/aHaushalte2.500 kWh/a bis 5.000 kWh/aIndustrie500 MWh/a bis 2.000 MWh/aIndustrie20.000 MWh/a bis 70.000 MWh/a
EEG VergütungPV Dachanlage bis 30 kW(-8%/a)PV Dachanlage 30 kW bis 100 kW(-8%/a)PV Dachanlage 100 kW bis 1000 kW(-10%/a)PV Dachanlage größer 1000 kW(-10%/a)PV Freiflächenanlage(-10%/a)Wind auf dem Meer(-5%/a)Wind an Land(-1%/a)
Quelle: BMWi und BMU Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
EE-Bruttostromerzeugung und -verbrauch in Deutschland bis 2050
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Entwicklung der Differenzkosten im Strom- und Wärmesektor bis zum Jahr 2050 - neue Berechnung sogar 950 Mrd. € volkswirtschaftlicher Gewinn (Quelle: ZSW)
• Der Strombleibt nur mit erneuerbaren Energien bezahlbar
• Altmaier: 1 Bill. Euro kostet die Energie-wende!
Aber Gegenrechnung:
• 2,4 Bill. Euro kostetÖl, Gas und Kohlebis 2050 ohne Energiewende!
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Bürgernahe Funktion der Stadtwerke
• Rekommunalisierung der Stadtwerke (Schönau war der Anfang)
• Dezentrale Ausgleichsoptionen - Vergleichmäßigung der Stromab-gabe
• Systemintegration: Zusammenwachsen von Strom-, Gas- und Wärmenetzen
• Ausbau von Nahwärmenetzen
• Stadtwerke könne Transparenz schaffen: Bürger brauchen Informa-tionen und Aufklärung über EE
• Sanierung von kommunalen Gebäuden – stille Beteiligung durch Bürger (in Thüringen möglich)
• Direkte Beteiligung von Bürgern an Stadtwerken durch Kauf von Anteilen
Stadtwerke sind Schlüsselakteure der Energiewende
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Energiewende von unten• Beteiligung der Bürger durch Investition in Solaranlagen, Windparks
und Biogasanlagen
• Bürger gründen Gemeinschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
• Bürger gründen Betreibergesellschaften und werden Miteigentümer.Sie erhalten dadurch Mitbestimmungs- und Kontrollrechte. Gewinn-beteiligung aber tragen auch unternehmerisches Risiko.
• Bürger gründen Energiegenossenschaften (seit 2005 rund 600 eG mit ca. 80.000 Bürgern, die 800 Mio. Euro investiert haben).
• Sie streben gemeinsam ein System der Energieversorgung an, das dezentral, erneuerbar und demokratisch organisiert ist.
• Durch Fokussierung auf die Regionen, Städte und Gemeinden werden Potenziale vor Ort genutzt und die regionale Wertschöpfung gesteigert.
Die Energiewende finden in der Fläche statt.
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Investitionen in die Errichtung von Erneuerbare-
Energien-Anlagen in Deutschland im Jahr 2011
2.950 Mio. Euro
2.000 Mio. Euro
1.050 Mio. Euro
960 Mio. Euro
880 Mio. Euro
70 Mio. Euro
15.000 Mio. Euro
0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000 14.000 16.000
Photovoltaik
Windenergie
Biomasse (Strom)
Solarthermie
Geothermie *
Biomasse (Wärme)
Wasserkraft
[Mio. Euro] * Großanlagen und Wärmepumpen; Abweichungen in den Summen durch Rundungen;
Quelle: BMU-KI III 1 nach Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW); Stand: Juli 2012; Angaben vorläufig
Investitionen in Erneuerbare-Energien-Anlagen: 22,9 Mrd. Euro
Veränderung auf der Erzeugerseite –Eigentumsverhältnisse bei erneuerbaren Energien
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Partizipation und Akzeptanz durch Bürger
• Seit 30 Jahren haben die Bürger die Energiewende eingeleitet
• Privathaushalte: von 2006 – 2011 ca. 27% weniger CO2 emittiert!
• Stärkung der Regionen, Wertschöpfung, Standortsicherung
• Online-Rechner für regionale Energiepotenziale: ERNEUERBAR KOMM!
• Partizipation: Einbeziehen der Bevölkerung in den Planungs- und Umsetzungsprozess
• Auswirkungen auf das Leben der Bürger: Wo sollen die Anlagen stehen? Wie viel darf Energie kosten? Wie müssen die Technologien gehandhabt werden? Wer soll sie bedienen?
Das Solarzeitalter kommt nur als Gemeinschaftswerk
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Entwicklung der CO2-Emissionen in Deutschland nach Sektoren. Angaben in Mio. t CO2-Äquivalenten.
Quelle: Allianz pro Schiene auf Basis von Umweltbundesamt 2013.
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Bürgerpartizipation - eine conditio sine qua non
• Transformation erfordert simultane Stärkung von Staat und Bürgerschaft.
• 100 % Regionenkongress Sept. 2013 in Kassel
• Bundesnetzagentur startet Bürgerdialog für den Netzausbau
• TNS Infratest: 94% der Bundesbürger halten einen verstärkten Ausbau der Erneuerbaren für wichtig, sehr wichtig und außerordentlich wichtig.
• Initiative des Bürgermeisters von Seattle zum Emissionshandel
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Demonstration am 5.3.2012 vor dem Brandenurger Tor, Berlin
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Zusammenfassung
• Der Ausstieg aus der Atomkraft ist unumkehrbar
• Eine Vollversorgung mit erneuerbaren Energien ist notwendig, machbar
und technologisch möglich
• Bedingung für Vollversorgung: E2D2 (Eurosolar)
– Zusammenspiel von Erneuerbaren und Energieeffizienz (E2)
– Demokratie und Dezentralität (D2)
• Die Gegnerschaft ist mächtig, nicht zu unterschätzen aber überwindbar
• Die Erfolge des Umbaus des Energiesystems sind sichtbar: hohe
Wachstumsrate, wirtschaftliche Bilanz positiv, 400.000 Arbeitsplätze
• Die Politik der Regierungskoalition gefährdet zwar die Energiewende –
aber sie ist nicht aufzuhalten.
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013
Energiewende als Gemeinschaftswerk
Evangelische Kirchengemeinde Alt-Pankow, 1. März 2013