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transcript
Empirische Erhebung des IFW im Rahmen des von der Hochschule Koblenz
geförderten Forschungsprojekts TAWO*
* Verbesserung der Teilhabe von Wohnungslosen in Rheinland-Pfalz durch professionelle Vermittlung und Koordination
der Hilfeangebote von Wohnungslosen- und Suchtkrankenhilfe
Frietsch, Holbach, Link IFW / FB/SW HS-Koblenz 2014
-Stand 28.05.2014-
Frietsch, Holbach, Link IFW / FB/SW HS-Koblenz 2014
Konstituierende Bereiche des Wohnens
physisch
Wohnungs- bzw. Raumbesitz
sozial
Privatheit, Beziehungen
pflegen
rechtlich
Adresse, legaler Rechtstitel
Frietsch, Holbach, Link IFW / FB/SW HS-Koblenz 2014
I. „OBDACHLOS“ 1 Obdachlose Menschen öffentl. Raum, unter Brücken
2 Menschen in Notunterkünften Notschlafstellen, Wärmestuben
II.
WOHNUNGSLOS
3 … in Wohlohilfe-einrichtungen Übergangswohnheime, Herbergen
4 … in Frauenhäusern Frauenhäuser
5 … MigrantInnen/AsylbewerberInnen Auffangstellen, Quartiere f. Arbeitsmigranten
6 … aus Institutionen entlassen Strafanstalten, Krankenhäuser, Jugendheime
7 … Dauereinrichtungen Langzeitwohnheime, amb. Wohnbetreuung
III.
UNGESICHERTES
WOHNEN
8 … ungesicherte Wohnverhältnisse temporär bei Bekannten, illegale Hausbestzungen
9 … von Delogierung bedroht lfd. gerichtl. Verfahren, Enteignungsbeschlüsse
10 …Gewaltbedrohung in der Wohnung mit Strafanzeige gegen Täter
IV.
UNGENÜGENDES
WOHNEN
11 … in Wohnprovisorien Wohnwagen, Garage, Keller, Zelte
12 … in ungeeigneten Räumen Hausbesetzung von Abbruchgebäuden
13 … in überfüllten Räumen unter der zulässigen Mindestquadratmeter pro Pers.
Genderaspekt Migration 1
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Ergebnisse N, Gender, Migration
N= 161 bzw. 220; Anteil der Frauen bei Wohnungslosigkeit bundesweit bei ca.
25% in RP: 24%.
Der Anteil der Landesbevölkerung mit Migrationshintergrund liegt in RP bei 19%.
Bei den Wohnungslosen beträgt er 22%.
Median gesamt 35 Jahre Frauen 28 J. Männer 37 J.
Zugänge 2
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N ohne Personen mit bestätigter Diagnose Sucht
Zugang in die Wohnungslosenhilfe
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Gesamtverteilung
• Eigeninitiative/Bekannte/Freunde 29%
• Klinik/Entgiftung 22%
• Ambulante Wohnungslosenhilfe 10%
• Jugendamt 9%
• Suchtberatung 8%
• lediglich 6% (3% Haftentlassung, 3% über
Polizei/Ordnungsamt)
3
Schul- und Berufsausbildung Altersunterschiede 4
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Schulausbildung
Ü50 ohne Hauptschulabschluss 11% - Bevölkerung RLP 10%
U25 ohne HS 17% - Bevölkerung RLP 5%
Berufsausbildung
Berufsausbildung begonnen 82% Abschluss haben 50%
Ü50 Ausbildung begonnen 92% Abschluss haben 89%
U30 Ausbildung begonnen 74% Abschluss haben 16% (12% laufend)
Erwerbsstatus
25% erwerbstätig bei/vor Eintritt in die Wohnungslosenhilfe („Aufstocker“!)
Substanzgebrauchs- und Sucht-Störung 5
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Drogen N = 114 Lifetimeprävalenz 62% (F 64%, M 62%)
N*= 185 Bier
M N = 140
F N = 45 Gesamtergebnis
ca. 10 Flaschen 69% 36% 61%
ca. 20 Fl. 3% 0% 2%
mehr als 20 Fl. 2% 0% 2%
kein Bier 26% 64% 35%
Gesamtergebnis 100% 100% 100%
•N ohne Personen mit bestätigter Diagnose Sucht
Substanzgebrauchs- und Sucht-Störung 5
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Ausmaß von Substanzgebrauchs- und Sucht-Störungen
• eklatant, chronische Substanz- und Suchtstörung (analog der
Definition CMA) bezüglich Alkohol und Drogen
Erklärungsansätze
• inadäquate „Selbstmedikation“ zur Behandlung von manifesten
psychiatrischen Krankheitsbildern und/oder psychomotorischen
Verhaltensauffälligkeiten ?
• Verstärkung der Substanzgebrauchs- / Suchtstörung durch prekäre
Situationen/Peergroup- Gegebenheiten ?
Entgiftungsbehandlungen 5
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N* = 125 Entgiftungen
M N = 90
F N = 35 Gesamtergebnis
Keine Entgiftung N = 58 40% 63% 46% Stat. Entgiftung(en) N = 67 60% 37% 54%
1 - 10 Entg. 80% 85% 81%
11 – 20 Entg. 19% 8% 16%
> 20 Entg. 2% 8% 3%
Gesamtergebnis 100% 100% 100%
* N ohne Personen mit bestätigter Diagnose Sucht
Entwöhnungsbehandlungen 5
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Psychiatrische Behandlung 6
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Psychiatrische Behandlung
• sehr hohe Anzahl stationärer Aufenthalte zur Behandlung psychiatrischer
Krankheitsbilder / psychischer Störungen
• 1-4 stationäre Behandlungen bei 78% der Betroffenen
• sehr defizitäre Zugangsstrukturen zur adäquaten ärztlichen/psychiatrischen
Behandlung von Wohnungslosen einhellige Auffassung der Fachkräfte in der
Wohnungslosenhilfe (siehe Expertenbefragung)
N = 161 Psychiatrie M F Gesamtergebnis
ja 35% 57% 41%
nein 65% 43% 59%
Gesamtergebnis 100% 100% 100%
Gründe Dauer 7
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Gründe
• 61% gravierende/ungelöste Beziehungskonflikte
• 53% Suchtproblematik
• Bestätigung der Verwobenheit von Beziehungs- und Suchtproblemen:
• 71% der Frauen geben sehr stark belastende Beziehungskonflikte an
• 63% der Männer nennen stark belastende Suchtprobleme an erster Stelle
N = 161 Gründe Wohnungslosigkeit * M F Gesamt
Fam./Partner-Beziehungsprobleme 57% 71% 61% Suchtprobleme 63% 32% 53%
sons. gesundheitl. Probleme 37% 43% 40% Arbeitslosigkeit 33% 20% 30% Überschuldung 18% 25% 20%
Haft 13% 3% 12% * Mehrfachnennungen
Kritische Lebensereignisse 8
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Häufigkeit Kritischer Lebensereignisse
Tod enge Bezugsperson 55% (F 65%, M 51%)
Trennungsprobleme 52% (F 50%, M 52%)
Probleme mit Eltern 49% (F 50%, M 36%)
Gewalt 36% (F 80%, M 21%)
Sucht in der Familie 35% (F 52%, M 30%)
Schulden/Darlehen 29% (F 45%, M 23%)
Gerichtsverfahren 28% (F 25%, M 30%) …
Finanzielle Situation 9
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Analyse finanzielle Situation
•Überschuldungen 75%
• bis 5000 € 28%
• 5.000 und 25.000 € 54%
• 25.000 bis 170.000 € 18%
•ca. 70% haben keine Schuldnerberatung
Schulden M F Gesamtergebnis
ja 72% 81% 75%
nein 28% 19% 25%
Gesamtergebnis 100% 100% 100%
72%
81%
28%
19%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
M
F
ja nein
Justizielle Belastung / Sanktionen 10
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justizielle Belastungen • 60% mit Delikten: Beschaffungsdelikte im Zusammenhang mit BtMG
Bagatelldelikte wie Beförderungserschleichung (mit Inhaftierung)
Sanktionen (SGB II) • Sanktionierungsquote 40% (deutlich über der allgemeinen Sanktionierungsquote)
• junge Wohnungslose anteilmäßig häufiger und gravierender sanktioniert als ältere
N = 161 Strafverfahren M F Gesamtergebnis
ja 64% 45% 59%
Inhaftierung 62% 33% 57%
keine Haft 38% 67% 43%
Kein Strafverf. 35% 53% 39%
Inhaftierung (Ausnücht., etc.) 10% 0% 6%
keine Haft 88% 100% 92%
keine Angabe 2% 0% 2%
keine Angabe 1% 3% 1%
Gesamtergebnis 100% 100% 100%
Hilfeoptionen 11
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Persönliche Hilfeoptionen
„Was hätte Ihnen früher geholfen, um Ihre Probleme angemessen
bearbeiten/überwinden zu können?“
• prioritär Familie und Partner (auch unter Genderaspekten)
Ursachenzuschreibung/Verantwortlichkeiten:
• ungelöst-konfliktive, als sehr belastend empfundene
Beziehungsproblematiken
adäquate Hilfen zur Überwindung der Probleme
• prioritär intaktes (familiäres/partnerschaftliches) Beziehungsgefüge
Ergebnisse face-to-face Erhebung Wohnungsloser
Fazit
*Dynamische Wechselwirkung von gesundheitlichen Problemen, Armut und
Wohnungslosigkeit, erschwerter Zugang zum Gesundheitssystem
*Durchschnittsalter der Klientinnen u. Klienten in der Wohnungslosenhilfe:
Median aktuell 35 Jahre
*Anteil der Klientinnen in der Wohnungslosenhilfe weiter erhöht (aktuell 24%)
*Gravierende Suchtprobleme insbesondere in der Altersgruppe von 20 – 30
Jahren
*Psychiatrische Krankheitsbilder, die eine stationäre Behandlung erforderten und
erfordern in der Altersgruppe von 20 – 40 Jahren überproportional
*Überschuldungen und Überschuldungshöhen (größtenteils nicht bearbeitet)
sowie justizielle Belastungen (Strafverfahren) sind in der Altersgruppe von 20 –
40 Jahren überproportional
*Erhebliche Schnittstellenprobleme im Bereich der Jugendhilfe, Psychiatrie,
Suchtkrankenhilfe, Jobcenter, Schuldnerberatung, Straffälligenhilfe,
Genderaspekt
Frietsch, Holbach, Link IFW / FB/SW HS-Koblenz 2014
weitere Informationen
www.hs-koblenz.de/rmc/fachbereiche/sozialwissenschaften/forschung-projekte/institut-fuer-
forschung-und-weiterbildung-ifw/aktuelle-forschungsprojekte/
IFW der Hochschule Koblenz
-Sozial und Gesundheitsforschung-
Konrad-Zuse-Straße 1 56075 Koblenz Tel. 0261 9528 226
Prof. Dr. Robert Frietsch
frietsch@hs-koblenz.de
Dirk Holbach M.A.
holbach@hs-koblenz.de
Sabine Link Dipl. Soz.Arb./Soz.Päd.
slink@hs-koblenz.de