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Dr. Ursula Renold, ETHZ – KOF Konjunkturforschungsstelle – Forschungsbereich Vergleichende Bildungssysteme
Die Berufslehre im internationalen Vergleich
Swisscontact, 2. Oktober 2014, Zürich
Übersicht
• Facts zum Bildungs- und Beschäftigungssystem Schweiz
• Berufsbildung im internationalen Vergleich
• Curriculum Value Chain: Validität zwischen Bildungsabsicht und Wirkung auf dem Arbeitsmarkt
• Erfolgsfaktoren und Barrieren für die länder-übergreifende Zusammenarbeit in der Berufsbildung
2ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
Bildungssystem SchweizAuf-, um- und wiedereinsteigen im Laufe des Lebens
3ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
Bildungsabschlüsse Schweiz und Soft SkillsNachfrage seit 1950 bis 2011 Schweiz
Salvisberg, A. : Stellemarkt-Monitor Schweiz, Universität Zürich
ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
Qualifikations-Mix in Schweizer UnternehmenBerufliche Grundbildung ausgesprochen wichtig!
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Anteil Bildungs-Niveau /-Abschluss Anzahl Betrachtungen
Durchschnitt
Share Lower*
Obligatorische Schule oder
in Ausbildung (Berufslehre)
13143 32.8
Share Trained*
Berufslehre EFZ 13143 47.3
Share Advanced*
Höhere BerufsbildungFachhochschule
13143 14.3
Share Acad* Universität 13143 05.6
Eigene Berechnungen; KOF-Innovationspanel 1999-2011ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
Übersicht
• Facts zum Bildungs- und Beschäftigungssystem Schweiz
• Berufsbildung im internationalen Vergleich
• Curriculum Value Chain: Validität zwischen Bildungsabsicht und Wirkung auf dem Arbeitsmarkt
• Erfolgsfaktoren und Barrieren für die länder-übergreifende Zusammenarbeit in der Berufsbildung
6ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
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Bildungssysteme haben verschiedene Funktionen. Mindestens folgende drei hat jedes Land anzustreben. Die Wissenschaft interessiert sich für ihre Erfüllung. Funktionen werden darauf hin analysiert, wie weit es gelingt,
a. die Individuen zu befähigen, die eigene Biografie, das Verhältnis zur Umwelt und das Leben in der Gemeinschaft selbständig zu gestalten. (individuelle Regulationsfähigkeit)
b. die auf dem Arbeitsmarkt benötigten Kompetenzen bereit zu stellen und somit quantitativ und qualitativ das Arbeitskräftevolumen zu sichern, das für Wohlstand und gesellschaftliche Entwicklung erforderlich ist. (Humankapital)
c. gesellschaftliche Teilhabe, auch unter dem Gesichtspunkt sozialerKohäsion zu gewährleisten (Chancengleichheit / Equity)
Bildungssystem und ihre Funktionen
ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
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KOF Youth Labour Market Index (web-application)
Switzerland
Germany
Spain
Ireland
Finanzkrise
ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
http://www.kof.ethz.ch/en/indicators/ylm-index/
Messung der Humankapitalfunktion
17. November 2007 9Präsentationsname (optional)
KOF Youth Labour Market Index
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KOF Youth Labour Market Index (web-application)
ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
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KOF Youth Labour Market Index
Statistische Vergleichbarkeit zwischen Industrie- &Entwicklungsländern ist begrenzt
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• Das Konzept «Jugendarbeitslosigkeit» reicht nicht aus, um die Humankapitalfunktion zu evaluieren. Es braucht mehrere Dimensionen wie im YLMI abgebildet
• Jugendarbeitslosenraten sind von kulturellen und ordnungs-politischen Rahmenbedingungen eines Landes geprägt (z.B. informeller Wirtschaftssektor, fehlende Arbeitslosenversicherung, Unterbeschäftigung, prekäre Beschäftigungsbedingungen)
• Verfügbarkeit vergleichbarer Daten eingeschränkt
• Fazit: Weitere (qualitative) Forschung nötig, um Datenvergleichbarkeit zu verbessern – Case studies sind notwendig
ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
Übersicht
• Facts zum Bildungs- und Beschäftigungssystem Schweiz
• Berufsbildung im internationalen Vergleich
• Curriculum Value Chain: Validität zwischen Bildungsabsicht und Wirkung auf dem Arbeitsmarkt
• Erfolgsfaktoren und Barrieren für die länder-übergreifende Zusammenarbeit in der Berufsbildung
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Curriculum Value Chain: Validität zwischen Bildungsabsicht und Wirkung im Arbeitsmarkt
• Curriculumtheorie ist eigentliche Theorie der Bildung. Sie gibt Antworten auf die Frage: Was ist Bildung?
• Der Curriculumprozess beginnt mit der Absicht, eine Situation zu schaffen, in der jemand etwas lernen können soll.
• Curricula in der Berufsbildung sind Beschreibungen von Situation im Rahmen eines Berufs, in denen die entsprechende Handlungs-kompetenzen gelernt werden können. Dies setzt ein Berufskonzept voraus.
• Umsetzung von Curricula bedeutet, die beabsichtigten Lehr- und Lern-situationen in möglichst realitätsnahen Kontexten erlernbar zu machen.
Quelle: Karl Frey, Die Projektmethode, S. 24f.
Curriculum
designCurriculum application
Curriculum outcome
Wie werden Curricula
Erstellt?
Wer ist involviert?
Wer entscheidet über den
Bildungsstandard?
Transformationprozess
Wie können realitätsnahe Kontexte geschaffen werden, um berufliche Lehr-Lernsituationenerlernbar zu machen?
Value added
Youth Labour Market
Outcome Index
Benchmark-standard Learning environments Measuring outcomes
Curriculum Value Chain: Validität zwischen Bildungsabsicht und Wirkung im Arbeitsmarkt
ETHZ/KOF • Dr. Ursula RenoldEducation beyond Schools
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Typologie von Bildungssystemen (Forschungsprojekt)
«labor market» driven
upper secondary II/High school-level
(Index)
school/college driven
upper secondary II/High School-level
(Index)
youth labor market outcomes index
Countries above benchmark
Youth labor market outcomes index
countries below benchmark
hypothesis
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Koppelung zwischen Bildungs- und Beschäftigungssystem ist unterschiedlich intensiv
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• Länder, welche eine schuldominierte Bildungstradition haben, vernachlässigen i.d.R. die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes oder können keine realitätsnahen Lehr-Lernsituationen generieren --> skills mismatch / fehlendes Wachstum
• Schuldominierte Bildungssysteme können mit dertechnologischen Entwicklung in der Wirtschaft kaum Schritt halten (veraltete Infrastruktur) skills mismatch
• Fragmentierung der Governance-Strukturen in einem Land machen es schwierig ein auf die Arbeitsmarkt-Region ausgerichtetes Bildungssystem mit Berufsstandards zu entwickeln.
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InputsBerufs-bildung
Berufsbildungssysteme bedingen adäquate Governance-Strukturen
Outputs
Impact
Outcomes
Government
national/state
Firmen
StudierendeLernende
Angestellte
Organisationen der Arbeitswelt
National/lokal
Zielgruppen
SchulenInstitutionen
Berufsbildung Governance
«Curriculum Value Chain»
Wie ist sie organisiert und durch Akteure gemanaged?
Welche Anreize stimulieren die Koordination?
Wie beeinflusst die Governance die EEE?
E = Effizienz
E = Effektivität
E = Equity
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Übersicht
• Facts zum Bildungs- und Beschäftigungssystem Schweiz
• Berufsbildung im internationalen Vergleich
• Curriculum Value Chain: Validität zwischen Bildungsabsicht und Wirkung auf dem Arbeitsmarkt
• Erfolgsfaktoren und Barrieren für die länder-übergreifende Zusammenarbeit in der Berufsbildung
19ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
Erfolgsfaktoren für die Zusammenarbeit in der Berufsbildung – Systemsicht
Problembewusstsein und –analyse im Zielland muss identifiziert sein; welches Ziel will man anstreben? Welche Mittel sind für die Zielerreichung erfolgsversprechend?
Identifikation geeigneter Kooperationspartner im In- und Ausland – Forschung, Behörden und Praxis
Gute Kenntnisse der Merkmale des Bildungs- und Beschäftigungssystems eines Landes sowie der Akteurkreise (Ecosystem)
Eine «duale Berufslehre im Zielland» muss im Einklang stehen mit den gegebenen Rahmenbedingungen von Bildungs- und Beschäftigungssystem (Governance, Struktur des Bildungssystem, Kulturen, etc.)
20ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
Erfolgsfaktoren für die Zusammenarbeit in der Berufsbildung – Unternehmersicht – Organisationen der Arbeitswelt
Anreize für Firmen identifizieren? Was ist vereinbar mit der Wirtschaftsordnung eines Landes? Wie kann «poaching» vermieden werden?
Kooperations- und Ausbildungsbereitschaft der Firmen vor Ortidentifizieren – «ohne Betriebe keine duale Lehre»
Funktionales «Akteur-Setting» eruieren (Staat – private Akteure auf System- und Firmenebene), das für eine nachhaltige Einführung einer dualen Berufslehre in einem Systemkontext verantwortlich ist.
Handlungsstrategien und Entscheidungsregeln für die curriculare Entwicklung und die Überprüfung der Standards festlegen.
Professionalisierung der Verantwortlichen in der Umsetzung (Instruktoren, Lehrmeister, Prüfungsexperten etc.)
21ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
Erfolgsfaktoren für die Zusammenarbeit in der Berufsbildung – Sicht der Jugendlichen
Keine Sackgassenausbildung: von Beginn an auf Durchlässigkeit im gesamten Bildungssystem hin arbeiten; Anschlussfähigkeit an weiter-führende Bildungspfade aufzeigen
hohe Mobilität im Bildungssystem gewährleisten Attraktor schaffen, diesen Bildungsweg zu wählen
staatlich anerkannter Abschluss als «Währungseinheit» auf dem Arbeitsmarkt (im Unterschied zu firmenspezifischen Abschlüssen).
Insbesondere anspruchsvolle Berufslehren schaffen – wichtig für den sozialen Status und die Attraktivität der Berufsbildung
22ETHZ/KOF - Dr. Ursula Renold
Barrieren für die Zusammenarbeit in der Berufsbildung
Zu wenig Abklärung der Rahmenbedingungen im Zielland
Soziale Konstruktion von Begriffen und Konzepten der Bildung wirdzu wenig reflektiert. Man geht fälschlicherweise davon aus, dass man das gleiche unter Begriffen versteht!
Unterschätzen der zeitlichen Dimensionen: Erfolg ist nicht auf die Schnelle zu haben!
Ohne Committment aller beteiligten Akteure keine Nachhaltigkeit.
Vom Pilotprojekt zur nachhaltigen Systementwicklung: Zeitdimension, Partnerschaften, Finanzierung, institutionelles Setting werden oft vernach-lässigt. Begleitforschung notwendig: what works?
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Thesen
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• Akteure müssen sich über die mit der Kooperation zu verfolgenden Ziele in den jeweiligen Ländern einig werden und die damit verbundenen Erwartungen an die Erfolgschancen transparent machen.
• Erfolgsfaktoren und Barrieren müssen von verschiedenen Perspektiven (staatliche Steuerung/Kompetenzordnungen, Wirtschaft/Unternehmen, Lernende) her betrachtet werden und in den bildungs- und beschäftigungssystemischen Gesamtzusammenhang eingebettet werden.
• Länder sind in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Regeln und Standards sind historisch produziert. Die historische Einbettung und «Decodierung» hilft, die normative Setzung des jeweiligen Bildungsjargons zu neutralisieren und sich einer funktional Betrachtung hinzuwenden.
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Dr. Ursula Renold, ETHZ – KOF Konjunkturforschungsstelle – Forschungsbereich Vergleichende Bildungssysteme
Die Berufslehre im internationalen Vergleich
Swisscontact, 2. Oktober 2014, Zürich
Besten Dank
für Ihre Aufmerksamkeit!