Post on 05-Apr-2015
transcript
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Experimentelle Methoden in der Sozialpsychologie (Dr. Rainer Roth)
SS 2006
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
aktualisiertes Semesterprogramm28. April Vorbesprechung05. Mai Experimente in der Sozialpsychologie: Grundlagen I12. Mai Experimente in der Sozialpsychologie: Grundlagen II
!Terminänderung: ausnahmsweise 10.00 s.t. (Seminarraum I – Geb. A 1 3)!
19. Mai Milgram: Gehorsamkeitsexperiment (Sebastian Geiges) +Zimbardo: Stanford Gefängnis Experiment (Marcella Neudert)(Blocksitzung: Beginn 11.00 s.t.)
26. Mai entfällt (siehe 19.05)
02. Juni Darley & Latané, 1968: „Bystander“ Phänomen (Petra Klasmeier )
09. Juni Asch, 1955: visuelle Wahrnehmung (Henriette Kuhnlein / Karin Buchholz )+Asch, 1946: Eindrucksbildung / Personwahrnehmung (Claudia Twartz / Anna Schätzle)(Blocksitzung: Beginn 11.00 s.t.)
16. Juni entfällt (siehe 09.06.)
23. Juni Hastie & Kumar, 1979: Eindrucksbildung (Caroline Eisenlauer / Holtz Katrin)
30. Juni Loftus, Miller & Burns, 1974: Gedächtnis von Zeugen (Nathalie Raffel / Anne Krätschmer)
07. Juli Tversky & Kahneman, 1974: Urteilsheuristiken (Schmitt Mareike / Olga Brügmann)
14. Juli Ross, Greene & House, 1977: False-Consensus-Effekt (Anna Guillem / Katrin Blass)
21. Juli Abschlussveranstaltung
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Material zum Download:
http://www.uni-saarland.de/fak5/wintermantel/pages/studium/veranstaltungen/ss-2006.php
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Literaturangaben
•Bortz, J. & Döring, N. (2002). Forschungsmethodenund Evaluation. Berlin: Springer.
•Westermann, R. (2000). Wissenschaftstheorie und Experimentalmethodik. Göttingen: Hogrefe.
•Martin, D. W. (2000). Doing psychology experiments (5th ed.). Pacific Belmont, CA: Wadsworth/Thomson Learning.
•Aronson, E., Wilson, T. & Akert, R. (2004). Sozialpsychologie. München: Pearson Studium.
•Smith, E.R. & Mackie, D.M. (2000). Asking and answering research questions. In E. R. Smith & D. M. Mackie (Eds.), Social Psychology (2nd ed., pp. 25-57). New York, NY: Psychology Press.
•diverse Internetquellen
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
was heute ansteht.... warum wird experimentiert? Arten sozialpsychologischer Forschung
deskriptive korrelative experimentelle
was ist ein Experiment? unterschiedliche Arten von Variablen
unabhängige Variable / abhängige Variable Versuchspläne
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Demonstration: Fragebogenuntersuchung
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Warum wird in der Sozialpsychologie experimentiert?
Gewinnung neuer Erkenntnisse; Erklärung von Phänomenen
Ziel wissenschaftlicher Forschung: Konstruktion einer Theorie über den jeweiligen Forschungsbereich
Theorie
Gefüge von Sätzen, die nachprüfbar sind und in systematischer Beziehung zueinander stehen.
versucht, Phänomene zu ordnen und zukünftige Ereignisse vorher zu sagen, d.h. eine Theorie erlaubt es, über die Grenzen der konkreten Einzelbeobachtung hinaus zu gehen und Vorhersagen zu treffen.
Bsp.: Dissonanztheorie
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Beispiel DissonanztheorieDissonanztheorie (Festinger, 1957): Inkonsistente Kognitionen / Handlungen führen zu einem Zustand kognitiver Dissonanz, der als aversiv (unangenehm) erlebt wird. Durch Veränderung von Kognitionen und/ oder Handlungen wird versucht, die kognitive Dissonanz zu reduzieren...
Einstellung „Ich rauche gern.“Kognition „Rauchen verursacht schwere Erkrankungen.“
Reduktion der Dissonanz
Abwertung dissonanter Information „Die Argumente, dass Rauchen schädlich ist,
sind nicht überzeugend.“
Änderung des Verhaltens nicht mehr Rauchen
Verhalten neu bewerten „Ich bin ja kein starker Raucher.“
neue Kognitionen hinzufügen “Ich rauche nur leichte Zigaretten.“
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Woher kommen wissenschaftliche Theorien?
Jemand hat eine brilliante Einsicht Es zeigt sich ein Phänomen, das man
sich noch nicht erklären kann und geht an die Arbeit
Man entwickelt eine schon bestehende Theorie weiter
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Theorie
Hypothesen
Empirische Methoden(z.B. Experiment)
Daten
Theorien, Hypothesen und Daten
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Hypothese
aus einer Theorie abgeleitete Behauptung formuliert in Aussageform muss
einfach und klar in der Formulierung sein empirisch prüfbar sein
Bsp. (abgeleitet aus Dissonanztheorie):
Wird eine Person unter Druck genötigt, eine ihrer Überzeugung widersprechende Aussage öffentlich zu äußern, verändert sie ihre Einstellung in Richtung der geäußerten Meinung.
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Drei „Arten“ von Forschung
deskriptive Forschung korrelative Forschung experimentelle Forschung
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
deskriptive Forschung (Beobachtung)
genaue Beschreibung des untersuchten Phänomens Tritt ein Ereignis auf oder nicht? Beispiel aggressives Verhalten bei Kindern:
Welche aggressive Handlungen treten auf? Wann werden sie ausgeführt?
Einschränkungen der Beobachtungsmethode viele Verhaltensweisen nur schwer beobachtbar immer begrenzt auf beobachtete Situation / Personen kann nicht beantworten, warum Phänomene/ Ereignisse
auftreten bzw. wie Ereignisse zusammenhängen
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
korrelative Forschung
zwei oder mehr Variablen werden systematisch gemessen und die Beziehung zwischen ihnen wird bestimmt
besteht ein systematischer Zusammenhang zwischen der Ausprägung einer Variablen mit der Ausprägung einer anderen Variablen?
Wie misst man den Zusammenhang zwischen zwei Variablen? Korrelationskoeffizient r: statistisches Maß für den Zusammenhang zwischen zwei
Variablen kann Werte zwischen -1 und 1 annehmen
+1 perfekt positiver Zusammenhang 0 kein Zusammenhang -1 perfekt negativer Zusammenhang
Beispiel aggressives Verhalten und Fernsehkonsum: Wie hängt Ausmaß von Fernsehkonsum und aggressivem Verhalten zusammen?
Problem der korrelativen Forschung: kann keine kausalen Erklärungen liefern!
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Fernsehkonsum
Aggression
Fernsehkonsum
Aggression
Fernsehkonsum
Aggression
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
X YDer Zusammenhang kommt durch den Einfluss von X auf Y zustande.
(Fernsehkonsum Aggression)
X YDie Situation ist umgekehrt: Einfluss von Y auf X bewirkt die Korrelation.
(Aggression Fernsehkonsum)
X Y Die Korrelation besteht, weil X auf Y wirkt und Y auf X zurück.
X YEin dritter Faktor beeinflusst sowohl X als auch Y und führt zu der zwischen X und Y festgestellten Beziehung. Weiterhin ist denkbar, dass die Kovariation von X und Y nicht nur auf den dritten Faktor zurückgeht, sondern z.T. auch auf den Einfluss von X auf Y, oder umgekehrt (angedeutet durch gestrichelte Pfeile)
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Übungsfragen
Wenn ein Anstieg der Werte einer Variablen mit einer Verringerung der Werte einer anderen Variablen einhergeht, sind beide Variablen
unabhängig negativ korreliert unkorreliert positiv korreliert
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
ÜbungsfragenZeichnen Sie aus folgenden (fiktiven) Daten ein bivariates Streuungsdiagramm, um die Korrelation zwischen den beiden Variablen graphisch zu veranschaulichen!
Alter Körpergröße
8 105
10 122
12 140
8 110
13 145
12 142
7 100
11 135
13 152
9 112
Welcher Art ist die Korrelation zwischen den Variablen Alter und Körpergröße?
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
ÜbungsfragenEine Untersuchung bei amerikanischen Soldaten hat gezeigt, dass Anzahl an Tätowierungen mit Anzahl von Motorradunfällen positiv korreliert sind.
Was sagt diese Korrelation aus?
Kann man daraus schlussfolgern, dass Tätowierungen zu Motorradunfällen führen?
Nein, Korrelation macht keine Aussagen über Kausalität! Es gibt mehrere Möglichkeiten, wodurch der Zusammenhang zwischen Anzahl der Tätowierungen und Unfällen bedingt sein kann: Tätowierungen Unfällen Unfälle Tätowierungen Drittvariable (z.B. Risikobereitschaft) beeinflusst beide Variablen
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
experimentelle Forschung
Ziel: Information über kausale Beziehungen zwischen Variablen
Ein Merkmal wird absichtlich verändert Veränderung geschieht auf kontrollierte Weise Beobachtet wird die Auswirkung auf das interessierende
Phänomen
liefert Erklärungen für Phänomene
Abhängige und unabhängige Variablen
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Definition Experiment
Ein Experiment ist eine Untersuchung, in der der Versuchleiter
eine oder mehrere Variablen manipuliert (unabhängige Variable)
andere wichtige Variablen kontrolliert eine oder mehrere Variablen beobachtet
oder misst (abhängige Variablen)
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Variablen: Alle Gegebenheiten, die sich in ihrer Quantität oder Qualität ändern können; mindestens zwei Abstufungen möglich (z.B. Geschlecht)
Arten von Variablen unabhängige
vom Versuchsleiter manipuliert
ihr Einfluss auf die a.V. soll festgestellt werden
abgetragen auf der Abszisse abhängige
ihre Veränderung durch die Manipulation der u.V. wird beobachtet
abgetragen auf der Ordinate
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Darstellung der Beziehung zwischen unabhängiger und abhängiger Variablen
0
100
200
300
400
500
600
Reaktions-zeit
Alkoholkonsum
Stufen der unabhängigen Variablen x-Achse (Abszisse)
Stufen der abhängigen Variablen y-Achse (Ordinate)
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Frage: Führt Hitze zu aggressivem Verhalten?
Operationalisierung „Übersetzung“ der Variablen in messbare
Form; eine Zuordnung zu beobachtbaren Phänomenen
In unserem Beispiel Hitze: z.B. °C Aggression: z.B. Anzahl direkter Gewaltakte
oder Erfassung der Aggression durch Fragebogen
Wie wirkt sich Lärm auf die Lernleistung aus?
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Vorexperimentelle Versuchspläne einmalige Untersuchung einer Gruppe
Behandlung MessungX YG
Problem kein Feststellen einer Veränderung möglich Effekt der unabhängigen Variablen auf abhängige
Variable?
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Vorexperimentelle Versuchspläne
Vorher-Nachher Messung einer Gruppe
Behandlung NachhermessungX YnachG
VorhermessungYvor
Vorteile (gegenüber Plan ohne Vorhermessung) Vergleich von zwei Messwerten
Problem Grund für die Differenz zwischen Vorher- und Nachhermessung?
Zeiteinflüsse Testeffekte durch Vorhermessung
Lösung: Vergleich mit Kontrollgruppe
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Experimentelle Versuchspläne
Eine Experimental- und eine Kontrollgruppe
Experimentalgruppe: Gruppe, die der unabhängigen Variablen ausgesetzt war
Kontrollgruppe: Versuchsgruppe im Experiment, die sich von der anderen Gruppe nur durch die nicht erfolgte Behandlung unterscheidet
R = Randomisierung (Zufällige Zuordnung der Vpn zu den beiden Gruppen + zufällige Zuteilung der Gruppen zu den Experimentalbedingungen) Kontrolle von unbekannten Unterschieden zwischen den beiden
Gruppen
Behandlung NachhermessungX Y1G1
Vorhermessung-
- Y2G2 -R
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Unterschiede können nur auf die experimentelle Behandlung zurückgeführt werden (Einfluss von Störvariablen ist in der Kontrollgruppe genauso vorhanden wie in der Experimentalgruppe)
ermöglicht kausale Schlüsse
interne Validität Gültigkeit der Annahme, dass beobachtete Veränderungen der abhängigen Variablen auf die vorgenommenen Veränderungen der unabhängigen Variablen (und nicht der Störvariablen) zurückzuführen sind. (vgl. ) Bedrohung durch konfundierende Variablen (Variable, die sich systematisch mit der Merkmalsausprägung der UV verändert; Beispiel: Untersuchung von Reaktionszeiten)
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Störvariablen
Variablen, die einen Einfluss auf die abhängige Variable haben – mit Ausnahme der unabhängigen Variable(Bsp.: Wie wirkt sich Hitze auf aggressives Verhalten aus? zusätzlich tritt Lärmbelästigung auf...)
Techniken zur Reduktion / Kontrolle von Störvariablen, z.B.: Eliminieren Verändern der Versuchsbedingung, so dass
die Störvariable nicht auftreten kann Konstanthaltung gleiche Ausprägung der Störvariablen
auf allen Stufen der UV Einführung einer Kontrollgruppe Kontrollgruppe erlebt die
gleichen Umgebungsvariablen wie Experimentalgruppe bis auf Auswirkung der UV
Randomisierung verschiedene Ausprägungen der Störvariablen werden über das Experiment zufällig verteilt (z.B. Versuchspersonen auf Versuchsbedingungen)
Folie:interne Validität
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Merkmale eines Experimentes (Kerlinger, 1973)
Replizierbarkeit (Wiederholbarkeit) Kontrolle von Bedingungen Manipulation von mindestens einer
unabhängigen Variablen Zufällige Zuordnung von Personen zu
Versuchsgruppen zufällige Zuordnung von Versuchsgruppen
zu Versuchsbedingungen
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Handelte es sich bei der heutigen Fragebogenuntersuchung um ein Experiment?
Dr. Rainer Roth, Universität des Saarlandes: Experimentelle Methoden der Sozialpsychologie
Merkmale eines Experimentes (Kerlinger, 1973)
Replizierbarkeit (Wiederholbarkeit) Kontrolle von Bedingungen Manipulation von mindestens einer
unabhängigen Variablen Zufällige Zuordnung von Personen zu
Versuchsgruppen zufällige Zuordnung von Versuchsgruppen
zu Versuchsbedingungen