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8/19/2019 Die Rolle Der Anglizismen in Schwedischen Lehrbüchern Für Deutsch Als
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Stockholms universitet
Institutionen för baltiska språk, finska och tyska
Avdelningen för tyska
Die Rolle der Anglizismen in schwedischen Lehrbüchern für Deutsch als
Fremdsprache
Verica Skocic
Examensarbete för filosofie
kandidatexamen
15 högskolepoäng
Handledare:
Fil.dr. Charlotta Seiler Brylla
HT 2011
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INHALTSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG 2
1.1 Thema der Arbeit 2
1.2 Zielsetzung und Fragestellung 3
1.3 Material und Methode 4
1.4 Gliederung der Arbeit 5
2. FORSCHUNGSÜBERSICHT 6
2.1 Zur Geschichte des DaF-Unterrichts in Schweden 6
2.2 Zur Geschichte der Entlehnungen im Deutschen 7
2.3 Zum Begriff Anglizismus 9
2.4 Zum Begriff Jugendsprache 10
2.5 Statistik über die Verwendung von Anglizismen in Deutschland 11
2.6 Definition des Begriffes Anglizismus für diese Arbeit 11
3. MATERIALANALYSE 12
3.1 Vorbemerkung 12
3.2 Zur Häufigkeit der Anglizismen 12
3.2.1 Lehrbuch und Jahr 12
3.2.2 Wortarten 13
3.2.2.1 Substantive 14
3.2.2.2 Verben 15
3.2.2.3 Adjektive 15
3.2.3 Adoption, Partielle Reproduktion und Pseudoanglizismen 16
3.2.4 Themenbereiche 18
3.2.4.1 Analysen der Themenbereiche/Texte in denschwedischen Lehrbüchern für DaF 19
3.2.5 Phraseme und längere Ausdrücke 24
4. ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION 26
LITERATURVERZEICHNIS 30
ANHANG 33
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1. EINLEITUNG
1.1 Thema der Arbeit
Seit den 90er Jahren saust die technische Entwicklung, das Globalisierungstempo steigert sich
und die Sprachen der Welt werden von englischen Wörtern unterwandert. Infolgedessen
kämpfen Lehrbuchautoren aller Welt in jeder neuen Auflage dafür, den Abstand zwischen der
schnell veränderlichen Wirklichkeit und den traditionellen Schulbüchern einzuholen. Dazu hat in
den letzten zwei Jahrzehnten auch die Jugendkultur eine besonders starke Stellung in der
modernen Gesellschaft eingenommen. Der Lebensstil der Jugendlichen, ihr Geschmack und ihre
Interessen sind wachsende Themenbereiche in verschiedenen Medien geworden. Parallel zu den
Veränderungen in der Gesellschaft haben sich auch die Sprachen der Welt anpassen müssen. Die
Globalisierungsprozesse in fast allen Bereichen haben neue Konzepte und Wörter in Umlauf
gebracht, in erster Linie aus der englischen Sprache.
„Noch nie ist der Zuwachs an Wörtern so rasant gewesen wie heute, eine Entwicklung, die
für alle modernen Kultursprachen charakteristisch ist“ konstatiert Astrid Stedje (2007: 212).
Nach dem zweiten Weltkrieg ist der Einfluss der englischen Sprache bedeutsam, insbesondere
das amerikanische Englisch (ebd. S. 215). Die internationale Zusammenarbeit und verschiedene
Globalisierungsprozesse erfordern einerseits Standardisierung, Internationalisierung und
Vereinfachung der Sprache, um diese Zusammenarbeit zu erleichtern und die Wege der
Kommunikation zu verkürzen. Ein Teil dieses Prozesses ist der Import von Lehnwörtern aus dem
englischen und amerikanischen Sprachgebrauch. Als Reaktion entstehen auch Tendenzen der
Individualisierung und Differenzialisierung in der Sprache, um die eigene Identität zu bewahren.
Diese Identität braucht nicht immer eine Nationalidentität zu sein, sondern es entstehen
beispielsweise verschiedene Subkulturen mit eigenen Kommunikationsmitteln, so z.B.
verschiedene Jugendsprachen (ebd. S. 196), die dann auch in der Regel von der amerikanischen
Jugendkultur und populären englischsprachigen Medien stark beeinflusst werden.„Für internationale Jugendkulturen ist Englisch eine Lingua Franca – man denke z.B.an Bandnamen und Songtexte – und bietet in dieser seiner ´Neutralität´ eineMöglichkeit an, landesspezifische Konnotationen zu vermeiden“.
(Androutsopoulos 2010: 580)
Androutsopoulos schlussfolgert, dass die Verwendung von Anglizismen den „Stellenwert
einer ‚sprachlichen Brücke´ zwischen vergleichbaren Jugendgruppen aus unterschiedlichen
Ländern“ (ebd. S. 583) hat. In Bezug auf die Lehrbücher für Deutsch als Fremdsprache (DaF)
dienen die Anglizismen auch als eine „sprachliche Brücke“ für die Jugendlichen, aber meiner
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Meinung nach spielt diese Brücke noch eine andere sehr wichtige Rolle. Das Schulfach Deutsch
als Fremdsprache benötigt nämlich alle möglichen Mittel, um neue Lerner zu locken. Deshalb
entsteht die Notwendigkeit die sprachliche Realität wiederzugeben, zum Beispiel dadurch, dass
man auch Anglizismen in das Lehrmaterial einmischt, damit es aktuell, international und modern
klingt. Lehrbücher haben schon immer mehrere Funktionen gehabt, aber besonders in der letzten
Zeit scheinen sie mehr an die Jugendlichen selbst gerichtet, je nachdem welche Interessen sie
haben, und die Lehrbuchautoren scheinen weniger von den traditionellen
Überlieferungsmethoden und landesspezifischen deutschen Themen gesteuert, was, unter
anderem, in dieser Arbeit untersucht wird. Wegen der Tatsache, dass die Kommunikation und
der Gebrauch von neuen Medien im Unterricht immer öfter im Fokus stehen, bieten die neuesten
Lehrbücher für Deutsch als Fremdsprache neben den anliegenden Lern-CDs auch dazugehörige
Onlineübungen an.
In Schweden haben die Lehrbücher für DaF einerseits die Ambition, den schwedischen
Schülern einen Einblick in die Alltagssprache der Gleichaltrigen zu bieten, aber andererseits
bleibt die Jugendsprache doch ziemlich eingeschränkt. Die Autoren der Lehrbücher müssen
wahrscheinlich die Vor- und Nachteile der Verwendung von Jugendsprache abwägen. Denn eine
der Hauptaufgaben der Lehrbücher für DaF scheint im totalen Widerspruch zu dem von
Androutsopoulos oben erwähnten Phänomen zu stehen, nämlich dass die Jugendkultur zu
neutraler Landeszugehörigkeit neigt. Ihre Hauptaufgabe ist es tatsächlich den schwedischen
Schülern die deutschen „landesspezifischen Konnotationen“ beizubringen, was zur allgemeinen
deutschen Kultur gehört (Skolverket 2006/07). Dies soll selbstverständlich in dem Schulfach
Deutsch als Fremdsprache im Vordergrund stehen. Mit dieser „deutschen“ Kultur konkurriert
aber in den letzten Jahrzehnten die weltweite und von dem englischen Sprachgebiet stark
beeinflusste Jugendkultur - auch in den schwedischen Klassenzimmern.
1.2 Zielsetzung und FragestellungDas Ziel meines Aufsatzes ist es festzustellen, wie oft und in welchem Kontext englische
Ausdrücke in den Lehrbüchern benutzt werden. Damit wird sich zeigen, in welchen
Themenbereichen die Anglizismen am häufigsten vorkommen und wie sich diese
Themenbereiche in den Lehrbüchern mit der Zeit eventuell verändert haben.
Anglizismen sind heutzutage definitiv ein Teil der Alltagssprache in Deutschland. Bedeutet
dies, dass sie infolgedessen immer öfter Eingang in die Lehrbücher finden? Und falls ja, steht
das nicht im Widerspruch zum Auftrag des Faches Deutsch als Fremdsprache? Bedeutet der
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Gebrauch von Anglizismen auch, dass die globalisierte Jugendkultur eine größere Rolle in den
Lehrbüchern für Deutsch als Fremdsprache spielt?
1.3 Material und Methode
In dieser Untersuchung beschäftige ich mich mit dem Vergleich des Gebrauchs von Anglizismen
in sieben Lehrbüchern für Deutsch als Fremdsprache für den Bereich Tyska B Kurs A/Steg 3 1,
während der Zeitperiode 1994-2010. Alle Lehrbücher erschienen nach der Reform der
schwedischen Gymnasialschule und folgen dem Lehrplan vom Jahre 1994. Die Begrenzung der
Lehrbücher an nur einen Kurs liegt daran, dass Kurs A oder Steg 3 zur gymnasialen Ausbildung
gehören und daher denselben Kursinhalt umfassen, was die vorliegende Untersuchung erleichtert
und konsequenter macht.
In meinem Korpus habe ich hauptsächlich Wörter und Ausdrücke gesammelt, die man zum
äußeren Lehngut zählen kann. Das sind Anglizismen, die man schon auf den ersten Blick als
englische oder amerikanische Wörter erkennen kann, z.B Tattoo, aber nicht tätowiert . Sie sind
„lexikalische Einheiten, die fremdes Morphemmaterial enthalten“ (Androutsopoulos 2010: 554).
und nicht übersetzt werden, d.h. dass es sich um direkte Übertragungen handelt, die graphemisch
und semantisch unverändert bleiben. Beispielsweise wird Music in meinem Korpus aufgelistet,
aber nicht Musik . Mischkomposita2 mit Direktentlehnungen, auch wenn graphemisch
verschiedene Lehnworte in Zusammensetzungen mit anderen Anglizismen erscheinen, werden in
diesem Korpus mitgezählt, wie in dem Beispiel Popmusik. Wörter, wie Profi oder Handy, die
englisch klingend sind, aber keine äquivalente Bedeutung im Englischen haben, die sogenannten
Pseudoanglizismen3 oder Scheinentlehnungen4, sind ebenfalls in meinem Korpus aufgelistet.
Eigennamen werden nicht gezählt, außer englische Lieder-, Buch- und Filmtitel, die in den
Lehrtexten oder Übungen vorkommen.
Um noch einen weiteren Vergleich der Frequenz von Anglizismen in den verschiedenen
Lehrbüchern machen zu können, habe ich auch alle Wörter in allen Texten der verschiedenenKapitel gerechnet, dann ohne die dazugehörigen Übungen, die mit den Texten nicht eng
verbunden sind oder keine Anglizismen enthalten. Einige Lehrbücher haben überhaupt keine
Übungen oder Anhang, während andere sehr unterschiedliche Übungen und extra Materialien
bieten.
1 Tyska B Kurs A/Steg 3 ist die erste Fortsetzungsstufe des Faches DaF im schwedischen Gymnasium.2 Mischkomposita stellen „die für das Eindringen von Amerikanismen und Anglizismen bedeutsamste Gruppe“ dar(Carstensen 1965: 39) und bedeutet „Zusammensetzung aus englischen und deutschen Lexemen mit oder ohne
(nachweisbarem) engl. Vorbild“ (Androutsopoulos 1998: 554).3 Die Bezeichnung stammt von Inghult (2002).4 S.o. Androutsopoulos (2010).
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Die Gesamtwortanzahl der Kapiteltexte in den Lehrbüchern beträgt 106622 Wörter (also
ohne begleitende Übungen oder eventuelle Grammatikerklärungen und Vokabellisten). Alle
Wörter in den Kapiteltexten sind auf folgende Weise auf die Lehrwerke verteilt:
Perspektive 1 (1994) 22114 Wörter
Einblicke 1 (1995) 21285 Wörter
Einfach weiter (1997) 16409 Wörter
Die Libelle 1 (2000) 15603 Wörter
Deutsch Optimal 1 (2001) 10332 Wörter
Lieber Deutsch 3 (2006) 11758 Wörter
Einverstanden 1 (2010) 9121 Wörter
Die Anglizismen werden dann nach der Häufigkeit je nach Lehrbuch und Jahr, Wortarten,
den Entlehnungskategorien (‚ Adoption’, ‚Partielle Reproduktion’ und Pseudoanglizismen) und
nach Themenbereichen kategorisiert, siehe 3.1. Weil die Lehrbücher sich auf mehrere Weisen
unterscheiden, besonders wenn es um den Umfang der Übungen und Anhangmaterialien geht,
muss ich einige Einschränkungen machen, um dieselben Voraussetzungen bei jedem Lehrbuch
zu schaffen. Um eine relevante Grundlage und auch einen Gesamteindruck der Ausbreitung von
Anglizismen in den verschiedenen Lehrbüchern darzustellen, besteht mein Korpus der
Anglizismen aus Wörtern und Redewendungen, die in allen Texten und die damit
zusammenhängenden Übungen vorkommen, d.h. nur in Übungen, die mit den Texten eng
verknüpft sind, aber nicht in eventuellen Grammatikerklärungen oder Vokabellisten.
1.4 Gliederung der Arbeit
Nach dem einleitenden Teil mit Thema, Zielsetzung, Material und Methode folgen noch drei
weitere Kapitel. Zuerst erfolgt ein kurzer Überblick über den historischen Hintergrund zur
Entwicklung des Schulfaches Deutsch als Fremdsprache in Schweden, sowie über die Geschichte
und die Gründe der Entlehnungen und eine Statistik der Verwendung von Anglizismen und
Jugendsprache in Deutschland. Im Hauptteil der Arbeit präsentiere ich Resultate und Analysen
meiner Untersuchung und im abschließenden Kapitel werden die Ergebnisse zusammengefasst
und diskutiert.
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2. FORSCHUNGSÜBERSICHT
2.1 Zur Geschichte des DaF-Unterrichts in Schweden
Die deutsche Sprache war die erste Fremdsprache, die in der schwedischen Schule, der
sogenannten Läroverk, gelehrt wurde. Im Jahre 1946 beschloss aber die schwedische Regierung,
dass Englisch diese Sonderstellung übernehmen sollte. „Englisch für alle“ wurde dann als Teil
des Demokratisierungsprozesses propagiert (Svartvik 1999: 211).
Im Lehrplan des Jahres 1994 (Lpf 94) steht in dem Kursplan für das Schulfach Moderna
språk 5 (SKOLFS 2000:135) folgendes über die deutsche Sprache:
”Tyska är det största språket i Europa. Sedan medeltiden har de ekonomiska och kulturellakontakterna mellan Sverige och de tysktalande länderna haft stor betydelse. Bland annat harnya kulturyttringar ofta nått Sverige via dessa länder och det tyska språket. De båda språkenhar en till stora delar gemensam historia och det svenska ordförrådet är till stor del av tysktursprung. Kunskaper i det tyska språket ger tillgång till centraleuropeisk litteratur och kultur.Eftersom förmågan att använda engelska inte är lika utbredd i tysktalande länder som iSverige kommer även i framtiden förmågan att kommunicera på tyska att vara nödvändig försåväl sociala som yrkesmässiga kontakter.”6
Obwohl es nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr obligatorisch war, war Deutsch eine lange
Zeit sehr verbreitet in den schwedischen Schulen. Viele Schulreformen und andere
gesellschaftliche Veränderungen, die hier nicht weiter untersucht und beschrieben werden
können, haben jedoch die Stellung der deutschen Sprache drastisch verändert. Heute ist Deutsch
als Fremdsprache ein Schulfach, das mit vielen anderen Sprachen konkurriert und in vielen
schwedischen Schulen große Schwierigkeiten hat, neue Lerner zu bekommen. Deutsch wird von
den Jugendlichen nicht als hip oder in betrachtet und verliert nicht nur den Kampf gegen das
Spanische sondern auch allmählich gegen andere Fremdsprachen wie Arabisch, Chinesisch,
Japanisch, die alle eine konkurrierende Stellung im schwedischen Schulsystem bekommen haben
(vgl. Lindblom 2010).
Eine weitere Ursache, die für die schwächere Attraktionskraft des Deutschen noch bedeutsamer ist, ist die Ausbreitung der Englischen Sprache in der ganzen Welt. Englisch ist die
5 „moderne Sprachen“ (Alle Übersetzungen sind von Verica Skocic gemacht, wenn nichts anderes angegeben wird.)6„Deutsch ist die größte Sprache in Europa. Seit dem Mittelalter sind die wirtschaftlichen und kulturellen Kontaktezwischen Schweden und die deutschsprachigen Ländern sehr bedeutend. Unter anderem kamen oft neue kulturelleEinflüsse nach Schweden durch diese Länder und durch die deutsche Sprache. Die beiden Sprachen haben eine zumgroßen Teil gemeinsame Geschichte und der schwedische Wortschatz besteht aus vielen Wörtern deutscherHerkunft. Mit Deutschkenntnissen verschafft man sich Zutritt zu zentraleuropäischer Literatur und Kultur. ImVergleich mit Schweden ist die Fähigkeit der deutschsprachigen Bevölkerung Englisch zu verwenden nicht sehr
verbreitet, deswegen ist die Fähigkeit auf Deutsch zu kommunizieren auch in der Zukunft notwendig für sowohlsoziale als auch berufsmäßige Kontakte.“
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Lingua franca geworden und scheint oft das Bedürfnis danach zu unterdrücken, anderen
modernen Sprachen zu lernen. Nach eigener Erfahrung als Deutschlehrerin im schwedischen
Gymnasium beherrschen schwedische Schüler meistens Englisch sehr gut und schon die initiale
Motivation Deutsch zu lernen fehlt ihnen, weil sie Deutsch oftmals für kompliziert und unnötig
halten. Englisch wird als leichter empfunden und scheint manchen schwedischen Schülern die
einzige Fremdsprache zu sein, die für die Zukunft notwendig sei.
Der Fremdsprachenunterricht in Schweden hat sich an die veränderte Position der deutschen
Sprache in den schwedischen Schulen anpassen müssen. Lehrbuchautoren in Schweden
versuchen modernere Materialien zu verwenden und neue Themen zu behandeln. Dass man
Lehrbücher aktualisieren muss, ist natürlich nichts Ungewöhnliches, denn alle Lehrbücher
werden mit der Zeit unmodern und müssen ersetzt werden. In dem schwedischen Kursplan für
den Fremdsprachenunterricht (SKOLFS 2000:135) wird folgendes betreffs des Charakters und
der Struktur dieses Schulfaches gesagt:
„Ämnet moderna språk ger en bakgrund till och ett vidare perspektiv på olika samhälls- ochkulturyttringar som eleverna omges av och är en del av. I ämnet ingår både att språkligt dranytta av och att granska det innehåll som språk förmedlar och det utbud av språket somungdomar och vuxna möter utanför skolan.“ 7
Dass Anglizismen allerdings als Teil der deutschen Alltags- und Umgangssprache
erscheinen, ermöglicht natürlich auch die Verwendung von nicht-deutschen Wörtern und
Phrasen in den Lehrbüchern für Deutsch als Fremdsprache für schwedische Gymnasien.
2.2 Zur Geschichte der Entlehnungen im Deutschen
„From the viewpoint of linguistics, lexical borrowing is a natural process which has been going
on since the beginning of languages and language-induced contact“ erklärt Fischer (2008: 4) Alle
Sprachen, so auch die deutsche Sprache, haben in anderen Sprachen Spuren hinterlassen und
sind von anderen beeinflusst worden. Die gegenseitigen Entlehnungsprozesse entstanden unter
anderem durch Kriege und Besetzungen, Kulturwandel und wissenschaftliche Entwicklungen.Während der Römerzeit wurde das Germanische vom Lateinischen beeinflusst. Bis etwa zum
Jahr 800 n. Chr., während der Christianisierung, kamen weitere lateinische Fremdwörter in die
althochdeutsche Sprache. Französisch bereicherte zusätzlich das Mittelhochdeutsche in der
höfischen Zeit 1150-1250 mit Wörtern, „die das ritterliche Leben widerspiegeln; für
7 „Das Schulfach moderna språk (moderne Sprachen) vermittelt einen Hintergrund und eine weitere Perspektive aufverschiedene gesellschaftliche und kulturelle Aspekte, die die Schüler umgeben und in denen sie einbegriffen sind.
Das Schulfach bezieht sowohl sprachliche Kommunikation und Überprüfen des vermittelten Sprachinhalts ein alsauch das Sprachangebot, dem Jugendliche und Erwachsene außerhalb der Schule begegnen.“
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Kampfspiele, Unterhaltung, Kleidung und kostbare Handelswaren“ (Stedje 2007: 118f). In der
dritten lateinischen Welle, die Ende des 15. Jahrhunderts einsetzte sind lateinische und
griechische Fachwörter in verschiedenen Bereichen der deutschen Sprache integriert worden,
wie beispielsweise in der Sprache der Verwaltung, des Recht und der Medizin. Französisch und
andere romanische Sprachen beeinflussten das Deutsche während des 16. Jahrhunderts,
insbesondere die Kaufmannsprache, die Soldatensprache und die Musiksprache (ebd. S. 160f.).
Im 19. und 20. Jahrhundert erschienen Internationalismen aus lateinischen und griechischen
Wortstämmen (ebd. S. 30f.). Der angloamerikanische Einfluss war, wie bereits erwähnt, nach
dem zweiten Weltkrieg dominierend, und war es dann besonders in der ehemaligen
Bundesrepublik. In den 60er Jahren wurde Englisch ein Schulfach in den deutschen Schulen in
der BRD (vgl. Kontulainen 2008: 11, Inghult 2002: 14ff).
In Walter Schmidts Handbuch für Lehrer und Studierende Deutsche Sprachkunde vom Jahre
1968 beschreibt er den starken Einfluss des Englischen auf die deutsche Sprache schon seit dem
19. Jahrhundert. In einem Abschnitt des Buches listet er Anglizismen auf, die entweder vor oder
nach dem Zweiten Weltkrieg in die deutsche Sprache integriert wurden. Damit ermöglicht sich
auch eine Datierung, obwohl keine exakte, einiger der Ausdrücke aus meinem Korpus.
„Neben Fachwörtern aus der Wirtschaft, wie Export, Import, Clearing, Trust , Konzern u.a.wurden besonders viele Ausdrücke des Sports aus dem Englischen übernommen, darunter
beispielsweise die Terminologie des Rennsports: Club, Jockey, Tattersall, Start , Trainer,
Outsider, Derby, Finish, Sport, Handikap, Turf, Favorit, Tip, Buchmacher (Übersetzungslehnwort nach engl. bookmaker ) u.a. Andere Sportdisziplinen brachten dieWörter Tennis, Sportsmann, Match, Team, Champion, Rekord, Center, clever, Comeback, Fußball (Übersetzungslehnwort nach engl. football), Hockey, Polo, Golf usw. WeitereSachgebiete, die unter englischen Einfluss gerieten, waren z.B. die der Mode, besonders derHerrenmode (Ulster, Raglan, Trenchcoat, Paletot, Smoking, Cutaway, Shorts, Schlips,Pullover, Sweater, Cape, Slipper , u.a), des Gaststättengewerbes ( Beefsteak, Roastbeef ,
Rumpsteak, Mixed Pickles, Mockturtle, Pudding, Keks, Toast, Drink u.a), des Zirkus und desVarietés (Clown, Artist, Attraktion, Manager, Sketch, Exzentrik, Girl u.a). Seit dem Ende deszweiten Weltkrieges macht die Überfremdung des allgemeinen Wortschatzes inWestdeutschland durch engl. und amerik. Ausdrücke bedenkliche Fortschritte. Solche Wörtersind z.B. Hobby, Job, Party, Quiz, Show, Story, Team, Teenager.” (Schmidt 1968: 160f)
Wörter wie Club, Team, Trainer, Sport und Pullover , die in meinem Untersuchungsmaterial
häufig vorkommen, sind schon „alte“ Anglizismen, die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg
vorkamen. Beispielsweise erscheint das Wort Sport zum ersten Mal im Neuhochdeutschen schon
im Jahre 1828 (vgl. Kluge 1963: 730). Nach 1945, aber vor 1968 kamen Wörter wie Hobby, Job,
Party, Quiz, Show, Story, und Teenager (vgl. Schmidt 1968: 160f), ebenfalls häufig in den
Lehrbüchern für DaF, vor.
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Den Einfluss des Englischen auf die deutsche Sprache in westdeutschen Zeitungen nach 1945
haben viele Sprachforscher untersucht, unter anderen Carstensen (1965) und Yang (1990).
Carstensen kommt zu dem Ergebnis, dass der lexikalische Einfluss die wichtigste Veränderung
der deutschen Sprache nach 1945 sei.8
2.3 Zum Begriff Anglizismus
Schon im 17. Jahrhundert wurde das Wort “anglicism“ zum ersten Mal in Oxford English
Dictionary verwendet. Es hatte zwei Bedeutungen: 1.„[...] an expression from English used in
another language“, und 2. „[...]a characteristic or fashion deriving from England“ (Fischer 2008:
4). Heutzutage sind Anglizismen in erster Linie aus den USA stammende Wörter und nicht
unbedingt aus England entlehnt (vgl. Schmidt 1968: 160f).
Ergebnisse von Manfred Görlachs lexikographischen Untersuchungen zeigen, dass „ a large
majority of the loans often seem to have a distribution restricted to particular topics or subject
areas“ (Fischer 2008: 2). Er meint weiter, dass besonders technische Termini öfter in der Schrift
und weniger in der Rede erscheinen. Auch Juliane House, Professorin für Sprachlehrforschung
an den Universitäten in Heidelberg und Toronto, kommentiert den Gebrauch vom Englischen in
akademischen Kreisen, diesmal in Deutschland:
„German speakers, for instance, keep their national language and regional varieties for
identification while simultaneously benefiting from using English to establish ‚imaginedcommunities’ in science, economics etc. for pockets of expertise“. (House 2001)
Die von House erwähnten deutschen Sprecher verwenden wahrscheinlich Englisch als
Lingua franca häufiger als durchschnittliche deutsche Bürger, aber die Anglizismen sind
größtenteils Fachwörter, und die englische Sprache dient als Sprache der internationalen
Kommunikation und dem akademischen Diskurs.
Englische „colloquialisms“9 findet man andererseits sehr oft in der Werbung, im Journalistik
und in der Jugendsprache, „carrying a certain prestige in these discourse types“ (Fischer 2008:
2). Auch andere Forscher erkennen die Anglizismen nicht nur als „Bedürfnis-Lehnwörter“
sondern auch als sogenannte „Luxus-Lehnwörter“, die dann Imponierwert haben und als
Prestigemarkierung verwendet werden (vgl. Stedje 2007: 215, Androutsopoulos 2010: 577).
8
Siehe auch die Kandidatarbeit von Erika Kontulainen (2008: 14).9 ”an informal word or expression which is more suitable for use in speech than in writing” (Cambridge Advanced Learner’s Dictionary 2003).
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2.4 Zum Begriff der Jugendsprache
Die Jugendsprache ist ein Mittel, „um soziale Abgrenzung und bzw. Zusammengehörigkeit zu
etablieren“ (Hartmann 1996: 22). Es ist jedoch schwer eine einheitliche Jugendsprache zu
identifizieren, denn die Zusammengehörigkeit kann verschiedener Art sein. Die Abgrenzung
scheint doch, auf den ersten Blick, von der Standardsprache der Erwachsenen zu sein, aber
könnte auch Abgrenzung von anderen Gruppen in der Gesellschaft bedeuten. Der Jugendliche
sucht peers unter den Gleichaltrigen, von denen er „verstanden wird/.../ Mit ihnen teilt er seine
Sorgen und Träume. Was liege näher, „als einen eigenen ‚Code’ zu schaffen?“ fragt Hartmann
(1996: 21). Im Bereich der Aussprache, Syntax und Wortsemantik sind die Jugendlichen sehr
kreativ. Wenn ein Wort eine Umdeutung braucht oder eine Erweiterung des Bezugsrahmens
braucht, erfinden die Jugendlichen neue Wörter oder geben den alten neue Bedeutungen – das
sind sogenannte Neologismen. Vieles davon wird aus dem Englischen durch verschiedene
Medien übernommen.
Mit der technologischen Entwicklung der letzen Jahrzehnte, hat sich der Gebrauch von
Anglizismen in der Jugendsprache beschleunigt, hauptsächlich wegen der Verbreitung des
Internets (vgl. Stedje 2007: 218) und der Verwendung von englischen Ausdrücken und Phrasen
in der Kommunikation der Jugendlichen in den sozialen Netzwerken.
In ihrem Beitrag "Das käm vielleicht echt voll groovy rüber", beschreibt Hartmann (1996:
26) weiter, wie man mit der Jugendsprache als Thema im DaF-Unterricht arbeiten kann. Sie
schlägt vor, dass man sich mit diesem Thema im Rahmen eines Kurses zur Gegenwartsprache
beschäftigen kann, und zwar in Verbindung mit synchronen literarischen Texten und aktuellem
audio-visuellen Material. Für Lehrer in der schwedischen Schule, in der die Lehrbücher nur
einen begrenzten Teil der aktuellen Umgangssprache (re-)präsentieren, ist es manchmal
notwendig solche anderen Materialien hinzuzufügen. Denn die Jugendlichen sollen
„verschiedene Register“ beherrschen, „von denen eines die sogenannte ´Jugendsprache´ sein
kann“ (ebd. S. 30).In Fenja Mens sehr interessantem Artikel ”Was guckst du, bin isch Kino?”, im Spiegel
Online vom 21.06. 2008, zeigen Forschungsergebnisse einer Studie der Soziolinguistin Eva
Neuland von 1200 Personen im Alter von 10 bis 24 Jahren wie junge Leute Anglizismen
verwenden:
”Fachbegriffe wie ´Skateboard´ nicht mitgerechnet, tauchte nur etwa alle zwölf Minutenein aus dem Englischen entlehnter Ausdruck in einem Gespräch auf. Außerdem werdendiese regelrecht ins deutsche Wortbildungssystem integriert, etwa bei den Verb-Endungen:`Lass uns shoppen gehen´/…/ heißt es dann, oder „Hat er das gecheckt?“ (Mens 2008: 1)
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Bemerkenswert ist es, dass einzelne Wörter, die zuerst in der Jugendsprache verwendet wurden,
später in die Standardsprache integriert werden. Eva Neuland meint, dass man dafür aber viel
Zeit brauche: „Einiges, was in den 1970er und 1980er Jahren als Jugendsprache galt – zum
Beispiel ´Typ´oder ´cool´- benutzen heute Politiker in ihren Reden“ (ebd. S. 2).
2.5 Statistik über die Verwendung von Anglizismen in Deutschland
In einer Untersuchung der forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH
im Jahre 2008 fragte man 1.007 deutsche Bürger im Alter von 14 bis 65 Jahren, wie häufig sie
„englische Begriffe verwenden, wenn sie Deutsch sprechen und wie sie die Verwendung von
Anglizismen beurteilen“ ( forsa 2008: 1). Obwohl es schwer scheint, den eigenen
Sprachgebrauch richtig zu bewerten, erwies sich erwartungsgemäß, dass die Jüngeren sehr
häufig Anglizismen wie shoppen, relaxen u.a. verwenden, d. h. 49% bei den 14- bis 25-Jährigen,
während nur 4% bei den 56- bis 65-Jährigen solche Begriffe benutzen. Auch wenn ziemlich
viele, mehr als die Hälfte der Bürger, den zunehmenden Gebrauch von Anglizismen kritisieren,
vermutet eine große Mehrheit, 74%, dass in der Zukunft immer mehr Anglizismen verwendet
werden (ebd. S. 3). Die Jüngeren stören sich, wie erwartet, weniger an der Verwendung von
Anglizismen als die Älteren (ebd. S. 4).
Weiter präsentiert die Untersuchung eine Statistik über die Bekanntheit von Anglizismen
unter den Befragten. Begriffe wie zum Beispiel „One-Night-Stand“ hatte fast jeder gehört,
andere wie beispielsweise„Catering“ etwa ein Drittel, und Begriffe wie „Outsourcing“ etwa jeder
Zweite. Interessant ist jedoch, dass die vorgelegten Begriffe den Bürgern aus Westdeutschland
eher bekannt waren als Bürgern aus der ehemaligen DDR. Auch fiel auf, dass die besser
Gebildeten diese Anglizismen in höherem Maße kannten (ebd. S. 5).
2.6 Definition des Begriffes Anglizismus für diese Arbeit
Das englische Korpus der vorliegenden Arbeit, das in erster Linie auf äußeres Lehngut fokussiert10 und in der vorliegenden Materialanalyse kategorisiert und analysiert wird, kann hauptsächlich
in zwei Entlehnungskategorien eingeteilt werden, die Kategorien Adoption und partielle
Reproduktion 11 , dazu gibt es noch eine viel kleinere Kategorie, nämlich die Pseudoanglizismen,
wie z.B Pulli und Walkman. Diese Entlehnungskategorien sind für diese Arbeit gewählt worden,
weil sie entweder im Kontext als englische Wörter verwendet werden oder weil sie für
schwedische Schüler als solche erkennbar sind. Die adoptierten Wörter und Ausdrücke behalten
10 Siehe genauere Definition im Abschnitt 1.3.11 Die Bezeichnungen stammen von Inghult (2002).
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die englische Form und Bedeutung, z.B. blue collar jobs und Recorder , obwohl manchmal eine
Bedeutungsverengung entstehen kann, wie in Clique und cool. Zur Entlehnungskategorie
Partielle Reproduktion gehören Mischkomposita, in denen eine der lexikalischen Einheiten aus
dem Englischen übernommen wurde wie Skateboardfahren, Zungen-Piercing.
3. MATERIALANALYSE
3.1 Vorbemerkung
In diesem Kapitel folgen Zusammenstellungen der Ergebnisse nach vier verschiedenen
Kategorien: je nach der Häufigkeit der Anglizismen nach Lehrbuch und Jahr, d.h. in sieben
schwedischen Lehrbüchern für DaF seit dem Jahr 1994 bis 2010; nach Häufigkeit der
Anglizismen nach Wortarten; nach den Entlehnungskategorien Adoption, Partielle Reproduktion
(auch Mischkomposita genannt) und Pseudoanglizismen; und die Kategorisierung nach
Themenbereichen, in dem die Tendenzen in der thematischen Verwendung von Anglizismen
auch näher herausgearbeitet werden, d.h die Berechnungen von der Häufigkeit von Anglizismen
in den verschiedenen Lehrbüchern dienen als Hilfe in der Feststellung welche Themenbereiche
dominierend sind.
Phraseme12 oder längere Ausdrücke auf Englisch, die schwer kategorisierbar sind, werden in
dem allerletzten Abschnitt dieses Kapitels zusätzlich behandelt.
3.2 Zur Häufigkeit der Anglizismen
Die Gesamtwortanzahl der Anglizismen in allen erwähnten Lehrtexten und Übungen beträgt
nach meinen Berechnungen 1455 Wörter. Das entspricht im Durchschnitt 1,37 % der gesamten
Wortanzahl in allen Lehrbüchern. Hier folgt eine mehr detaillierte Berechnung der Verwendung
dieser Anglizismen jenach den in der Vorbemerkung erwähnten Kategorien.
3.2.1 Häufigkeit der Anglizismen nach Lehrbuch und Jahr
In der Tabelle 3.2.1 wird die Gesamtanzahl aller Wörter in den Lehrtexten mit der Anzahl der
Anglizismen verglichen. In der rechten Spalte habe ich Prozentsätze ausgerechnet.
12 Die Bezeichnung stammt von Androutsopoulos und bedeutet „Kurzäußerungen, die [...] als Ganzes übernommenwerden“, wie z.B. Well done, folks!; So what?;Who cares? Fuck you! (1998: 534).
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Tabelle 3.2.1 Häufigkeit der Anglizismen nach Lehrbuch und Jahr
Gesamtanzahl allerWörter in denLehrtexten
Gesamtanzahl derAnglizismen Anteil
Perspektive 1 (1994) 22114 Wörter 57 0,3%
Einblicke 1 (1995) 21285 Wörter 83 0,4%
Einfach weiter (1997) 16409 Wörter 115 0,7%
Die Libelle 1 (2000) 15603 Wörter 124 0,8%
Deutsch Optimal 1
(2001) 10332 Wörter 292 2,8% Lieber Deutsch 3 (2006) 11758 Wörter 584 5%
Einverstanden 1 (2010) 9121 Wörter 201 2,2%
Der Textumfang in den Lehrbüchern wird mit den Jahren drastisch geringer, während der Anteil
der Anglizismen zunimmt. In dem ersten Lehrbuch Perspektive 1 (1994), welches das
umfangreichste ist, kommen die Anglizismen nur 57mal vor. Ab dem Jahr 2001 lässt sich einestarke Zunahme der Anglizismen feststellen, als der Prozentsatz weit über 2% steigt. Im
Lehrbuch Lieber Deutsch 3, Jahrgang 2006, werden sie hundertmal öfter als in Perspektive 1
(1994) benutzt - 584 Mal zu 57 Mal.
3.2.2 Häufigkeit der Anglizismen nach Wortarten
In der Tabelle 3.2.2 werden die Anglizismen nach den drei am häufigsten vorkommenden
Wortarten aufgelistet, d.h. Substantive, Adjektive und Verben. Die erste Anzahl in jeder Spaltezeigt wie viele einzelne Wörter aus dem Englischen je nach den Wortarten entlehnt sind, und die
zweite Anzahl stellt die Gesamtanzahl nach Tokens dar, d.h. wie oft sie insgesamt im
Untersuchungsmaterial vorkommen. Der Prozentsatz zeigt den Anteil der Wortarten in jedem
Lehrbuch.
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Tabelle 3.2.2 Häufigkeit der Anglizismen nach Wortarten
SUBSTANTIVE ADJEKTIVE VERBEN
Perspektive 1 (1994)
44 / 55 mal 96,6% 1 / 2 3,4% 0 / 0 0 %
Einblicke 1(1995)
55 / 80 96,4% 1 / 1 1,2% 2 / 2 2,4%
Einfach weiter (1997)
87 / 107 93 % 3 / 4 3,4% 4 / 4 3,4%
Die Libelle 1 (2000)
88 / 119 96,7% 2 / 3 2,4% 1 / 1 0,8%
Deutsch Optimal 1(2001)
149 / 264 90,4% 4 / 10 3,4% 11 / 18 6,2%
Lieber Deutsch 3 (2006)
291/ 548 93,8% 5 / 5 0,9% 13 / 31 5,3%
Einverstanden 1 (2010)
116 / 186 92,5% 6 / 6 3 % 5 / 9 4,5%
3.2.2.1 Substantive
Die Substantive umfassen die Mehrheit meines Korpus. Sie machen 93,5% der gesamten Anzahl
der Anglizismen aus und kommen in insgesamt 1455 Anglizismen 1360mal vor. Die Ergebnisse
meiner Untersuchung bestätigen, dass der Anteil der Substantive konstant über 90% bleibt. In
den meisten Lehrbüchern liegt der Prozentsatz bei rund 95%. Dieses Ergebnis stimmt auch mit
bisheriger Forschung zu Anglizismen überein, wenn es um die generelle Verteilung derAnglizismen auf verschiedene Wortarten geht. In den Studien von Androutsopoulos zeigt sich
ein relativ unveränderliches Verteilungsmuster, wenn er seine Ergebnisse mit denen von Yang
und Ortner vergleicht, d.h. die meisten Anglizismen, 90%, sind Substantive, während Verben
und Adjektive je 5% umfassen (Androutsopoulos 1998: 548f). In der Jugendsprache sieht die
Verteilung jedoch anders aus. Androutsopoulos stellt auch wie Stedje fest, dass es in der
Jugendsprache mehr Verben und Adjektive gibt. In seinem Korpusbestand fand er 71%
Substantive, 15% Verben und 14% Adjektive (ebd. S. 549). In dieser Hinsicht sind alle
Lehrbücher, die ich untersucht habe, traditionell und standardsprachlich ausgerichtet.
Eine zusätzliche Bemerkung zu den entlehnten Substantiven handelt von der Verwendung
des s-Plurals in der deutschen Sprache. Einige Anglizismen behalten die ursprünglichen
englischen Pluralformen (die Teams, Songs, T-Shirts, Downloads) infolgedessen nimmt das s-
Plural in der deutschen Sprache zu (vgl. Stedje 2007: 227). In meinem Untersuchungsmaterial
sind viele Beispiele zu finden: Smileys, E-Mails, Piercings, Jobs, Videofilms, Trends, Fans,
Presseshootings, Diskos usw.
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3.2.2.2 Verben
In meinem Korpus erscheinen die entlehnten Verben insgesamt nur 63mal bzw. 4,4%, aber die
Tendenz ist eindeutig steigend, von 0% in Perspektive 1 (1994) bis 6,2% in Deutsch Optimal
(2001), 5,3% in Lieber Deutsch 3 (2006) und 4% in Einverstanden (2010). Eine Besonderheit der
Jugendsprache ist, dass mehr Verben und Adjektive verwendet werden, die entweder direkt aus
dem Englischen kommen (surfen, joggen, cool, super ) oder, die von englischen Adjektiven und
Substantiven zu Verben abgeleitet werden, wie in den Beispielen abcoolen, rumcoolen (Stedje
2007: 259). In meinem Korpus sind folgende Beispiele aus dem Englischen zu nennen:
geschockt, jobben, gejobbt, faxen, surft, recyceln, flirten, rappt, managen, skaten, ausflippen,
babysitten, doppelklicken, downloaden usw.
Weiter teilt Androutsopoulos die Ableitung der Verben in mehrere Kategorien ein, von
denen nicht alle in meinem Korpus repräsentiert sind. Eine der Kategorien entsteht durch
„Modifikation (und Komposition) ohne Bedeutungsänderung des Basisverbs“ z. B. los-rocken,
dahin-jammen, an-checken, eine andere Bedeutungsveränderung durch „Modifikation mit
Bedeutungsveränderung des Basisverbs“ wären Verben wie verchecken (analog zu verkaufen)
oder jn angrooven (analog zu anmachen). Eine seiner Kategorien erscheint auch unter meinen
Verben an dem Beispiel ausflippen, nämlich die Modifikation von ´phrasal verbś , die im
Deutschen öfters präfigiert werden, z.B. flip out>ausflippen, auch flippen, abflippen, rumflippen,
wegflippen (Androutsopoulos 1998: 561).
3.2.2.3 Adjektive
Von der Tabelle ausgehend kann festgestellt werden, dass entlehnte Adjektive in den
Lehrbüchern relativ ungewöhnlich sind. Die Adjektive aus dem Englischen sind meistens
unverändert, wenn sie in der deutschen Sprache verwendet werden, aber sie können auch
flektiert werden. Die morphologisch unintegrierten Adjektive wie cool, happy, super sind
meistens prädikativ belegt, aber können auch, obwohl seltener, adverbial und attributivverwendet werden (Androutsopoulos 1998: 562). In meinem Korpus sind die Adjektive cool und
super frequent vorkommend, so auch in Komposita wie superschick, super-cool, oder in
jugendlichen Ausdrücken verstärkt mit ´echt´ cool, ´total´ cool. Andere Adjektive sind entweder
in jugendsprachlichem Kontext wie in, hip, hippster (d.h. hip flektiert), in dem Themenbereich
von Sport wie topfit, fair, oder Technik , wie z.B. computerisiert, online, interaktiv zu finden.
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3.2.3 Häufigkeit nach den Entlehnungskategorien Adoption, Partielle Reproduktion und
Pseudoanglizismen
Die Tabelle 3.2.3 zeigt die Anzahl und den Anteil der Anglizismen nach den Kategorien der
Adoption und Partiellen Reproduktion (in der nachfolgenden Analyse auch Mischkomposita13
genannt). Wegen des raren Vorkommens von Pseudoanglizismen werden diese nur unter der
Tabelle in der Analyse erwähnt.
Tabelle 3.2.3 Häufigkeit nach Entlehnungskategorien
ADOPTION PARTIELLE
REPRODUKTION
Perspektive 1
(1994)
39 68,4% 18 31,6%
Einblicke 1(1995)
70 84,3% 13 15,7%
Einfach weiter (1997)
84 73% 31 27%
Die Libelle 1 (2000)
92 74,8% 31 25,2%
Deutsch Optimal 1(2001)
258 88,6% 34 11,4%
Lieber Deutsch 3
(2006)
495 84,8% 89 15,2%
Einverstanden 1 (2010)
172 85,6% 29 14,4%
Aus der Tabelle 3.2.3 geht hervor, dass die Kategorie Adoption in diesem Korpus am
häufigsten vorkommt. Andere Untersuchungen, wie die von Inghult (2002: 40f) und
Kontulainen (2008: 22) bestätigen, dass Adoption die größte Kategorie repräsentiert. Weiter
erweisen meine Ergebnisse im Vergleich zu Kontulainens Untersuchung des
Nachrichtenmagazins Der Spiegel eine noch stärkere Tendenz. Kontulainens höchster Anteil von
Adoption wird im Jahrgang 2007 dargestellt (72,1%), während in den Lehrbüchern für DaF schon
seit 1995 die Kategorie Adoption vorherrschend ist.
In meinem Korpus sind einzelne Wörter, Komposita oder längere Ausdrücke adoptiert, wie
cool, Smalltalk, Chart-Shows, Rockstars, babysitten, Open Air Festivals, Red Dog-special, no
future, in real life. Manchmal, wenn ein Lehnwort als sehr neu und modern angesehen wird, folgt
eine Erklärung nach dem Wort, so in Einfach weiter (1997) mit dem Wort Fastfood,
„Schnellimbiss (oder ein Fastfood, wie man auch sagt)“ (ebd. S. 10) oder dem Satz ”Fasten your
13 Die Bezeichnung stammt von Carstensen (1965: 39).
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seatbelts, please” nachdem die Erklärung ”Das ist Englisch und heißt: Bitte anschnallen!”(ebd. S.
43) folgt. Ähnlich werden neue Ausdrücke in Deutsch Optimal 1 (2001) beschrieben: sampeln =
kreatives Mixen von Modestilen und Trends, und cruisen = ziellos unterwegssein.
Aus dem oben erwähnten Vergleich mit Kontulainens Arbeit lässt sich feststellen, dass die
Entlehnungskategorie Partielle Reproduktion/ Mischkomposita, in der Mediensprache prozentual
gesehen häufiger vorkommt als in den Lehrbüchern. Aber mit der Zeit steigen der Anzahl der
Mischkomposita in den untersuchten Lehrbüchern, ab 13 in Einblicke 1 (1995) bis 89
Mischkomposita in Lieber Deutsch 3 (2006). Hier werden beispielsweise Kombinationen mit
dem englischen Wort Computer frequenter verwendet: Computerarbeit, Computerdeutsch,
Computerhersteller, Computerkenntnisse, Computerspiel, computersüchtig, Computersysteme,
Computerwelt. Der informationstechnische Bereich wird auch durch viele andere
Mischkomposita darstellt, unter anderem durch Beispiele wie Delete-Taste, Herumsurfen,
Online-Spiele, Scrollrad, USB-Anschluss.
Mischkomposita, die andere thematische Bereiche spiegeln, besonders in Bezug auf die
Interessen der Jugendlichen und die Populärkultur, sind: Abschiedsparty, Graffitimalen,
Handyrechnung, In-Ear-Kopfhörer, Inline-Rennen, Lieblingssoaps, Oscargewinner, Reise-
Freak, Werbe-Jingle. Androutsopoulos beschreibt wie einige Anglizismen dadurch, dass die
Jugendlichen die neuen Lehnwörter in verschiedenen Mischkomposita benutzen eine zusätzliche
Bedeutung erhalten. Ein Beispiel hierfür ist das Wort Party, weil es viele Mischkomposita
bilden kann: „Partymensch, Partystimmung, Party machen, Party Knüller ,...“ Die Lexeme mit
Fete dagegen sind „für den privaten Bereich und für studentische Veranstaltungen (Uni-Feten)
reserviert“ (Androutsopoulos 1998: 547).
Unter anderen englischen Lehnwörtern gibt es auch Pseudofremdwörter oder
Pseudoanglizismen, d.h. Wörter, die englischklingend sind, aber im Englischen in dieser Form
entweder nicht zu finden sind, oder dann etwas anderes bedeuten. Hiervon gibt es in meinem
Korpus nur drei Beispiele: Pulli, deutsche Verkürzerung des Wortes Pullover; Walkman,eigentlich nur eine Marke der Firma Sony für ein tragbares, heute sehr altmodisches,
Abspielgerät, und zuletzt das moderne Gerät Handy, das anstatt des Wortes Mobiltelefon
gebraucht wird, eng.´handlich´,´praktisch´ (vgl. Stedje 2007: 216). An dem Beispiel Handy ist
mir etwas Interessantes aufgefallen: In dem Lehrbuch Einfach Weiter (1997) folgt dem
Pseudofremdwort Handy nämlich eine lustige, aber zu der Zeit passende Erklärung in der
Wörterliste: „liten bärbar telefon, yuppienalle”14. In den neueren Lehrbüchern kommt dann das
14 kleines, tragbares Telefon; `yuppiebärchen`.
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Wort häufig und sehr natürlich vor, bis es in Lieber Deutsch 3 (2006) als Pseudomischkomposita
erscheint, wie in Handynummer, Handysprache, Handyrechnung.
3.2.4 Häufigkeit der Anglizismen nach Themenbereichen
In der Tabelle 3.2.4 wird aufgelistet, wie groß der Anteil der Anglizismen nach verschiedenen
Themenbereichen ist. Die neun vertikalen Spalten repräsentieren die in den Lehrbüchern am
häufigsten vorkommenden Themen. Wörter und Ausdrücke, die sich in diesen thematischen
Gruppen nicht einteilen lassen, stehen unter Sonstiges. Die in der Tabelle fett gedruckten
Markierungen zeigen die höchste Frequenz von Anglizismen.
Tabelle 3.2.4 Häufigkeit nach Themenbereichen
FilmLite-ratur
Musik Tech-nik
Sport ModeKlei-dungEinka-ufen
EssenTrink-en
Frei-zeitReise
Arbeit Freun-deLiebe
Son-stiges
Insge-samt
Perspektive1 (1994)
0 16 5 0 3 4 9 0 13 7 57
Einblicke1 (1995)
1 22 3 6 11 12 8 7 4 8 83
Einfachweiter (1997)
7 7 35 13 3 16 16 11 2 5 115
Die Libelle 1 (2000)
5 17 6 58 12 5 7 7 0 6 124
D. Optimal 1 (2001)
13 44 51 34 50 10 16 10 3 61 292
Lieber D. 3 (2006)
84 81 134 91 39 37 25 19 30 34 584
Einverstanden 1 (2010)
9 49 33 29 17 11 24 1 8 20 201
Insgesamt 121 236 267 231 135 95 115 55 60 141 1456
Die neueren Lehrbücher nach 2001 enthalten ca. drei- bis zehnmal mehr Anglizismen als die
zwei ersten Lehrbücher vom Jahr 1994. Diese Zunahme scheint mit der Verbreitung von
populären Themenbereichen wie Technik, Musik und Sport eng verknüpft zu sein. Das sind
entweder Themen die mit der modernen Technologie und der Welt des Internets zu tun haben,
und dann insbesondere beispielsweise von Simsen, Mailen, Chatten oder Surfen handeln, oder es
werden die Themen weiter erneuert, welche die Interessen von Jugendlichen behandeln, wie zum
Beispiel Musik und Sport. Die Anglizismen sind besonders häufig in Beschreibungen von
Musiker, Musikarten und Musikereignisse oder Sportarten mit englischen Namen. Auch in den
Bereichen Mode und Film kommen mehrere englische Ausdrücke vor, denn oft handelt es sich
um amerikanische Filme oder Filmstars bzw. Promis.
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Das Lehrbuch Lieber Deutsch 3 enthält tatsächlich die insgesamt höchste Anzahl von
Anglizismen fast aller Kategorien. Im Vergleich zu den früheren Lehrbüchern wie Perspektive 1
(1994), die anspruchsvollere Texte enthielten, wie z.B. zu Tatsachen zur Landeskunde, Exzerpte
aus klassischen Werken oder, wie in Einblicke 1 (1995), zu ernsthaften Themen über Jugendliche
im Gefängnis, Arbeitslosigkeit, Politik, die Stasi oder das Leben einer Nonne, war Lieber
Deutsch 3 (2006) ein Trendbrecher. Die Texte in Lieber Deutsch wurden in Bezug auf den Inhalt
der jüngeren Generation angepasst, vor allem mit Schwerpunkt auf Technik, Sport, Musik und
Film.
3.2.4.1 Analyse der Themenbereiche/Texte in den schwedischen Lehrbüchern für DaF
In diesem Abschnitt soll eine Auswahl von typischen Sätzen aus den sieben untersuchten
Lehrbüchern den Gebrauch von Anglizismen, die thematischen Schwerpunkte und den Bezug
auf die Jugendkultur illustrieren. Jedes Lehrbuch wird unten mit konkreten Beispielen
präsentiert, abhängig davon, wie sich die Texte in den Lehrbüchern im Allgemeinen thematisch
entfalten, und mit besonderem Augenmerk auf den Gebrauch von Anglizismen und die
Anpassung an den jungen Lerner.
In den verschiedenen Lehrbüchern werden englische Ausdrücke sehr unterschiedlich
behandelt. In dem ältesten Lehrbuch Perspektive 1 (1994), in dem Anglizismen nur sporadisch
vorkommen, bestehen die Texte aus einer Mischung von Fiktion und Tatsachen, welche, meiner
Meinung nach, die heutigen Jugendlichen als zu ernsthaft und umfassend empfinden würden.
Anspruchsvolle Texte über Städte wie Augsburg, Karlsbad, Lüneburg oder Nürnberg und
ausführliche Kapitel über die deutsche Geschichte sind wahrscheinlich nicht das, was die jungen
Lerner heutzutage interessiert. Einige Textabschnitte sind andererseits wenigstens inhaltlich für
Jugendliche gedacht. Sie behandeln z.B. Themen wie Freundschaft, Liebe, Magersucht oder
Jugend in der DDR, aber enthalten wenige Spuren von der Jugendsprache der damaligen Zeit.
Obwohl das Lehrbuch Einblicke 1 (1995) auch sehr umfassend ist und inhaltlich altmodischeThemen behandelt, gibt es einige interessante Beispiele in Bezug auf Anglizismen und
Jugendsprache. Einerseits werden mehr Anglizismen durch Adoption verwendet. Beispielsweise
wird der Ausdruck blue collar jobs mit der nachfolgenden Erklärung „Arbeiter, Handwerker“
( Einblicke 1, 150) erwähnt, oder das Wort Horror in der Frage „Ist das für dich der absolute
Horror?“ (ebd. S. 178), mit keiner weiteren Erklärung, wird mit seiner Grundbedeutung
adoptiert. In den neueren Lehrbüchern Lieber Deutsch 3 (2006) und Einverstanden 1 (2010) wird
Horror nur im Kontext von Filmen verwendet. Andererseits erscheint schon hier ein auch heute
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gängiges Wort in der Jugendsprache, nämlich „ätzend“ (ebd. S. 69), in der Bedeutung
„schrecklich“.
Im Jahr 1997 entstand in dem Lehrbuch Einfach weiter eine große Änderung der Themen als
der Computer in den Alltag eingebunden wurde. Das Kapitel „Die Umwelt und der Computer“
(ebd. S. 49f) enthält eine Menge grundsätzliche Wörter zum Thema Informationstechnik wie
computerisiert, Computerkenntnisse, surfen, herumsurfen und Hacker , aber auch einige
Komposita und andere Ausdrücke, die heutzutage altmodisch klingen, wie z.B. Computer-café ,
anstatt Internet-café , oder Internet -Scout , der einem „auf der elektronischen Autobahn“ weiter
hilft (ebd. S. 50). Obwohl das Thema zum ersten Mal ernsthaft behandelt wird, geht man mit
den englischen Ausdrücken mit Vorsicht und Unsicherheit um. Die Texte sind im Allgemeinen
sehr erwachsen und handeln von Reisen, Essen, Zukunft und Vergleichen zwischen
deutschsprachigen Ländern und Schweden.
In dem nächsten Lehrbuch, Die Libelle 1 (2000), gibt es fast keine Anglizismen zum Thema
Technik. Die Autoren vermeiden das Thema völlig. Sie fokussieren eher auf Sport, wo viele
Sportarten englische Namen beinhalten, wie Bowling, Bodybuilding, Skateboard, Halfpipe,
Snowboard. Sport ist im Allgemeinen ein beliebtes Thema in allen untersuchten Lehrbüchern.
Die übrigen Texte beschäftigen sich jetzt mehr mit Themen, die den Jugendlichen nahe stehen,
wie Hobbys, Liebe, Jobs und Mode, doch es gibt auch mehr informative Texte über
deutschsprachige Länder und deutsche Städte. Im technischen Bereich wird zum ersten Mal die
Abkürzung „www“ benutzt, aber nur in einer Umfrage, in der man die folgende Frage stellt:
„Was bedeutet die Abkürzung `www`?“ (ebd., 87). Jugendsprachliche Ausdrücke wie „cool“,
„echt super“, „doof“, „total“ erscheinen ebenfalls zum ersten Mal.
In den letzten drei Lehrbüchern, Deutsch Optimal (2001), Lieber Deutsch 3 (2006) und
Einverstanden 1 (2010), kristallisieren sich neben dem Sport noch zwei andere Themen heraus,
die den höchsten Anteil der Anglizismen erweisen, nämlich Technik und Musik. Diese
Lehrbücher enthalten mehrere Kapitel, die sich mit moderner Technik beschäftigen, und folglicheine große Menge englischer Ausdrücke verwenden, wie World Wide Web, Cyberspace, Chat,
Emoticons, Smileys, MP3-Player, Simsen, SMS-Flirten, Mail, chatten, downloaden, Hard-Disk,
Delete-Taste, Scanner, Scrollrad, computersüchtig, PC, Counter-Strike usw.
Wenn es um Musik geht, versuchen die Autoren der neueren Lehrbücher den schwedischen
Schülern die Populärkultur in Deutschland dadurch näher zu bringen, dass sie regelmäßig
Information und Songtexte von beliebten deutschen PopsängerInnen oder Pop-Gruppen in die
Kapitel einfügen. Manchmal enthalten die Songtexte selbst einige englische Ausdrücke, aber diemeisten Anglizismen zum Thema Musik findet man in den Infotexten oder Dialogen, z.B.
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Castingshow, Cover-Rock-Band, Hip Hopper, Partys, Clubs, Charts, World Music Award,
Rockstars, Live-Album, Beatles- und Johnny Cash-Fan etc. Laut Androutsopoulos sind die
thematischen Bereiche in denen die meisten von Jugendlichen verwendeten Anglizismen
erscheinen Musikstile und Kulturprodukte, „die nicht der dominanten Kultur angehören“. Die
Bekanntheit der Konzepte „hängt nicht von der Nationalität bzw. muttersprachlichen Kompetenz
der Sprecher/Sprecherin ab, sondern von deren Gruppenzugehörigkeit“(ebd., 1998: 544). In
meinem Untersuchungsmaterial gehören die Songs jedoch der neuen Jugendkultur an, mit
SängerInnen wie Christina Stürmer, Peter Fox, Eisblume oder Doppel-U, doch gibt es auch
klassische deutsche Popsongs von Pop- oder Rockikonen wie Herbert Grönemeyer, Nena und
Wir sind Helden.
Die drei oben erwähnten Lehrbücher, Deutsch Optimal, Lieber Deutsch 3 und Einverstanden
1, haben eine weitere Gemeinsamkeit, nämlich, dass Tatsachen aus dem Bereich der
Landeskunde oder Geschichte in allen Lehrbüchern nur in versteckter Form vorkommen, zum
Beispiel in Quizzen oder als Information auf der eigenen Homepage, die für Schülerrecherchen
geeignet ist.
Charakteristisch für Deutsch Optimal (2001) sind beispielsweise Texte, die dem „vernetzten
Mensch“ (ebd. S. 110ff) gewidmet sind: ein Kapitel heißt „Einloggen Schule“ (ebd. S. 78ff) und
der Text „Sprungbrett in die Zukunft“ (ebd. S. 114) handelt vom Internet als
Kommunikationsmittel der Jugendlichen. Andere Themen, die modern geworden sind, handeln
von Körperschmuck und Identität, Multi-Kultur, Geschlechterunterschieden und Urlaub.
Lieber Deutsch 3 (2006) enthält, wie in Tabelle 3.2.1 schon festgestellt, den größten Anteil
an Anglizismen, aber das Lehrbuch fokussiert auch inhaltlich mehr auf die Interessen der
SchülerInnen, beispielsweise mit Themen über die neue Jugendgeneration in dem Kapitel
„Jugendszene“ (ebd. S. 118ff) oder SMS-Flirten, Handysprache und Internet-Chat-Sprache (ebd.
S. 78ff) in dem Kapitel „So was wie Liebe“.
Das Lehrbuch Einverstanden 1 (2010) enthält keine bedeutenden Neuheiten, sondern ehertraditionellere Themen, aber jedoch mit einem modernen Touch. Die Kapitel tragen Titel wie
„Am Bahnhof“, „Liebe“, „Einkaufen“ oder „Wolfgang Amadeus Superstar“, „Mit der
Asphaltblase durch Berlin“ und „Klassisch, toll und weltberühmt“. Die letzteren Beispiele sind
für dieses Lehrbuch charakteristisch, denn in Einverstanden 1 ist die Mischung von Altem und
Neuem am deutlichsten. Zur Illustration verwende ich die Kapitel 21 und 22 (ebd. S. 80ff), in
denen Texte klassischer deutschen Dichter von dem Rapper Doppel-U gerappt werden. Wie
Doppel-U sagt, baue er auf diese Weise „Brücken zwischen den Generationen“ (ebd. S. 80).Diese Beschreibung passt auch auf das Lehrbuch Einverstanden 1 ausgezeichnet.
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Zuletzt folgt in dieser Auswertung der Primärliteratur eine Auswahl von prototypischen
Sätzen aus den untersuchten Lehrbüchern, in denen englische Wörter und Ausdrücke
vorkommen. Es wird auf dieser Weise versucht, die Kontexte, in denen die Anglizismen
verwendet werden, exemplarisch darzustellen:
Perspektive 1 (1994)
1. Ein Polizeisprecher: „70 000 Fahrzeuge in Spitzenzeiten führen automatisch zum Stop-
and-go-Verkehr .“ (ebd. S. 37)
2. Fraglich ist allerdings, ob sich ein 36jähriger unter den ganzen Teenies wohlfühlt! (ebd.
S. 76)
3. /.../, „wie mein defekter Recorder “ (ebd. S. 115)
4. Ich war live dabei! (ebd. S. 146)
5. Wolff kennt keinen der Radikalen, der Skinheads persönlich. (ebd. S. 151)
Einblicke 1 (1995)
6. Es war ein spannender Wildwestfilm,/.../ (ebd. S. 49)
7. Kultur mit Konzerten, Theatern und Open Air Festivals; /.../ (ebd. S. 98)
8. Jeden Tag um 16 Uhr wird „ Happy Hour “ veranstaltet. (ebd. S. 197)
9. Wir haben Disco-Fox getanzt. (ebd. S. 216)
10.
Der Discjockey nickte Daniela zu: „Well, I left my happy home to see what I could find
out“, sang Cat Stevens. Ja, er hatte recht. Um herauszufinden, wie die Welt wirklich war,
musste man sein Zuhause verlassen. (ebd. S. 126)
Einfach weiter (1997)
11. Bitte schreiben und faxen Sie mir den Preis mit Frühstück. (ebd. S. 19)
12. /.../ nur so zum Spaß im Netz herumsurfen oder elektronische Post schicken. (ebd. S. 49)
13. /.../ fragt vielleicht einen Internet-Scout . Er hilft einem auf der elektronischen Autobahn
zurecht. (ebd. S. 50)14. „ My car is my castle“, besonderes Verhältnis zum Auto. (ebd. S. 64)
15. /.../ auf meinem Keyboard . Ich mache Musik mit dem Computer und habe schon als
Discjockey gearbeitet.“ (ebd. S. 68)
Die Libelle 1 (2000)
16. Es gibt eine Menge Klubs, Diskos, Kinos und Konzerte mit internationalen Stars.
(ebd. S. 20)
17.
Mit Popmusik und Videofilme im Stall produzieren Hühner mehr. (ebd. S. 28)
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18. Hunderttausende von Techno-Ravern tanzen /.../ bei der größten Jugendparty der Welt,
Love Parade. (ebd. S. 60)
19. Wer zum Beispiel Inliner oder Snowboard fährt hat viel bei uns Skateboardern
abgeschaut. (ebd. S. 63)
20. Thomas will /.../ an Bodybuilding-Meisterschaften teilnehmen, darum ist er/.../ im
Fitness-Center . (ebd. S. 103)
Deutsch Optimal 1 (2001)
21. /.../ erste Sendung „ MTV Fett“ mit dem neuen Set , den wir entworfen haben,/.../
(ebd. S. 106)
22. Besprechung eines Presseshootings für ihn und seinen neuen Film. (ebd. S. 106)
23. Warum Menschen „in real life“ treffen? (ebd. S. 110)
24. /.../ wir wollen mehr sein als nur User . (ebd. S. 110)
25. World Wide Web, das weltweite Netz, Internet, online, Cyberspace: neue Worte und
neue Wirklichkeiten. (ebd. S. 110)
Lieber Deutsch 3 ( 2006)
26. Zum Glück haben wir kaum Probleme mit Hooligans, die ausflippen /.../ (ebd. S. 41)
27. Ich habe Hunger und gehe zu Mac Donald’s, um einen Hamburger zu essen.(ebd. S. 45)
28. Man trifft sich /.../ auf Partys, man chattet im Internet oder schickt sich SMS .(ebd. S. 49)
29.
Disziplinen wie Fitness-Skating und Halfpipes sind für Skater bekannte Begriffe.
(ebd. S. 57)
30. My home is my castle! – Trifft das auch auf dich zu? (ebd. S. 74)
31. Diese Smileys stammen /.../ aus der Internet-Chat -Sprache /.../ (ebd. S. 78)
32. Mit 16 gründete sie /.../ eine Cover-Rock-Band „Scotty“, /.../. Sie ist aus der Casting-
Show „Starmania“ entsprungen. (ebd. S. 86)
33. Total cool!/.../ nicht gerade der Hit . (ebd. S. 125)
34.
Mit dem Score zu Oscargewinner „ Rain Man“ gelang ihm der Durchbruch /.../ inHollywood. (ebd. S. 160)
35. Seine Musik kommt auch in vielen Filmen vor z.B. Charlie’s Angels /.../; Batman – „Eine
kleine Nachtmusik; Runaway Bride /.../;The Godfather – aus „Die Hochzeit des Figaro“
(ebd. S. 165)
Einverstanden 1 (2010)
36. Mit In-Ear-Kopfhörern kannst du digitale Musik hören,/.../ (ebd. S. 28)
37.
Christian Weirich, alias Doppel-U ,/.../, der Texte von Goethe und Schiller auf der Bühnerappt . (ebd. S. 80)
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38. /.../ ähnlich wie beim Big Bang. /.../ Im CERN arbeiten 5000 PCs, /.../ (ebd. S. 87)
39. Wolfgang Amadeus Mozart war ein Superstar . Vater Leopold managte /.../ die
Kinderstars. (ebd. S. 125)
40. Auch den Clubbesuch samstags betrachtet sie als sportliche Leistung. Paula meint, sie sei
topfit . (ebd. S. 101)
3.2.5 Phraseme und längere Ausdrücke
Nach den obigen Analysen meiner Ergebnisse, möchte ich meiner Untersuchung noch eine letzte
Gruppe von Anglizismen hinzufügen, die sich schwer kategorisieren lässt, nämlich Phraseme
und andere längere Ausdrücke auf Englisch.
Tabelle 3.2.2.4 Phraseme und andere englische Ausdrücke in den Lehrbüchern
Perspektive 1 (1994) /
Einblicke 1 (1995) /
Einfach weiter (1997) „“For Dogs Only” (nur für Hunde)“„The frogs are coming,die Frösche kommen“„” My car is my castle”, besonderes Verhältniszum Auto“
Hi! Yes, Sir!
„”Fasten your seatbelts, please.” Das istEnglisch und heißt: Bitte anschnallen!”
Die Libelle 1 (2000) /
Deutsch Optimal 1 (2001) LET IT BETAKE IT EASYGO ONSHIT
LET ME TELL”in real life”
Lieber Deutsch 3 (2006) „My home is my castle! – Trifft das auch aufdich zu?“
Einverstanden 1 (2010) /
Laut Androutsopoulos sind Phraseme Kurzäußerungen von Jugendlichen benutzt, die
schwer zu kategorisieren sind und oft zufällig in die Jugendsprache kommen. Öfters handelt es
sich um die kommunikative Funktion der Phraseme, die als „Selbstausdruck“ dienen, z.B. um
Begeisterung, Zustimmung oder Gleichgültigkeit auszudrücken: well, done, folks!, so what?,
let’s go, who cares? (ebd. S. 534f).
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Obwohl sich in den Lehrbüchern keine ausgemachte Steigerung in der Häufigkeit von
Phrasemen oder anderen englischen Ausdrücken zeigt, ist es interessant festzustellen, wie einige
Autoren, solche Ausdrücke verwenden. Es handelt sich entweder um sporadische Texte, die
einzelne englische Ausdrücke enthalten, oder manchmal um Texte, die die englische Sprache
thematisieren, wie zum Beispiel das Kapitel „Luki-Live“ in Deutsch Optimal 1 (2009), ein
Textabschnitt aus Christine Nöstlingers Roman, in dem die Hauptperson vom Englischen
besessen ist. Dieses Textbeispiel bestätigt teilweise das größere Bewusstsein der
Lehrbuchautoren von der Bedeutung und Verbreitung der englischen Sprache unter den
deutschen Jugendlichen. Gleichwohl lässt sich feststellen, dass einige der bedeutendsten
Merkmale der Jugendsprache, wie Phraseme oder Code-switching15, in den Lehrbüchern nur sehr
selten vorkommen. Diese Tatsache zeigt eher, dass es sich um Lehrbücher handelt und nicht
immer um authentische Sprache.
15 Die Bezeichnung stammt von Trudgill (2000).
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4. ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION
In dem schwedischen Lehrplan seit 1994 in dem Abschnitt für Fremdsprachen Kurs A/Steg 3
(Skolverket 2006/07) steht, dass der Inhalt des Kurses die Interessen der Schüler spiegeln, für sie
bekannte Themen behandeln und das Alltagsleben in deutschsprachigen Ländern vermitteln soll.
Der Auftrag der Lehrer ist die Sprache zu vermitteln, so wie sie ist, und Englisch ist ein Teil der
deutschen Alltagssprache geworden, insbesondere für die deutschen Jugendlichen, die immer
mehr multilingual und multikulturell werden. Der Gebrauch von Anglizismen als ein
Charakteristikum der Jugendkultur, obwohl in begrenzter Form in den Lehrbüchern für DaF
vorkommend, steht also nicht im Widerspruch zu der Aufgabe des Faches Deutsch als
Fremdsprache. Der englische Einfluss soll in jedem Fall nicht bestritten werden, wie House
konstatiert in The Guardian:
“There is no need to set up an old-fashioned dichotomy between local languages andEnglish as the "hegemonic aggressor": there is a place for both, because they fulfilldifferent functions. To deny this is to uphold outdated concepts of monolingualsocieties and individuals.” (House 2001)
Moderne Sprachen wie Deutsch und Schwedisch sind vom Englischen stark beeinflusst.
Englisch ist eine der dominierenden Sprachen der Welt geworden, englische Ausdrücke werden
schnell adoptiert und weiter integriert, besonders unter den Jugendlichen. Die Anglizismenhaben zugenommen, ebenso die jugendlich angepassten Themen in verschiedenen Medien. Der
Lebensstil der Jugendlichen, ihre Freizeitaktivitäten, ihr Musikgeschmack, Modeinteresse, ihr
Filminteresse, ihre „Celebritybesessenheit“ und die Internetanwendung sind wachsende
Themenbereiche in den Lernbüchern für Deutsch als Fremdsprache geworden. Mit der
Globalisierung und Verbreitung des Internets sind die Jugendlichen aus mehreren Ländern
einander näher gekommen. Musik, Mode und Film sind oftmals gemeinsame Bereiche, die das
Leben der Jugendlichen dominieren, und Englisch ist die gemeinsame Sprache, die sie von den
älteren Generationen unterscheidet.
Daraus folgt das Interesse der Lehrbuchautoren an diesen Themen und als Konsequenz folgt
die vermehrte Anwendung der englischen Sprache in den Lehrbüchern für Deutsch als
Fremdsprache. Die schwedischen Lehrbücher für DaF enthalten seit 1994 Anglizismen, die
meistens als „Bedürfnis-Lehnwörter“, aber manchmal auch als „Luxus-Lehnwörter“ (vgl. Stedje
2007: 215, Androutsopoulos 2010: 577) charakterisiert werden können. Zu den letzteren gehören
dann Ausdrücke, die aus verschiedenen Gründen verwendet werden können. Meiner
Einschätzung nach erweisen die „Luxus-Lehnwörter“ in meinem Korpus zum größten Teil
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Ausdrucksvariation, wie ausflippen, Castingshow, Reise-Freak , oder „Imponierwert“ wie in
„Mozart war ein Superstar. / Sein Vater / managte/.../ die Kinderstars“( Einverstanden 1, 2010).
Einige erweisen sprachökonomische Faktoren, wie Pulli oder PC . Das sind alles typische
Merkmale einer Jugendsprache. Bei der Mehrheit der Anglizismen in den Lehrbüchern handelt
es sich jedoch um „Bedürfnis-Wörter“ aus Bereichen wie Musik, Sport, Technik oder Kultur,
z.B. Rockkonzert, Hiphop, Jazz, Skateboard, joggen, Internet, Computer, Film, Hamburger.
Meine Untersuchung zeigt, dass eines der Lehrbücher, das in vielen schwedischen
Gymnasien gebraucht wird, Lieber Deutsch, die größte Anzahl an Anglizismen enthält. Die
Themenbereiche, die hier behandelt werden, richten sich oft direkt an Jugendliche und junge
Erwachsene, wie z.B. „Jung sein heute“, „Jugendliche in der Schuldenfalle“ oder „Meine
Freizeit“ und „Computerdeutsch“. Jedes Kapitel endet mit Songs und angepassten
Projektaufgaben, die meistens auch Internetrecherche umfassen.
Die Phänomene „Anglizismen“ und „Jugendkultur“ werden mitunter als selbständige
Themen in den Lehrbüchern gebraucht. Das heißt, dass einige Autoren der Lehrbücher für DaF
die Anglifizierung der deutschen Sprache und die Annäherung an die Jugendkultur in ihren
Lehrbüchern thematisieren. In Deutsch Optimal (2001) wird dieser Übergang besonders deutlich,
da diese Themen auch in selbständigen Kapiteln behandelt werden. So wird in einem
Textabschnitt in dem Lehrbuch Deutsch Optimal (2001) die Hauptperson des Buches von
Christine Nöstlinger Luki-live genannt, weil ihm „die englischen Wörter zu Kopf gestiegen
/sind/“. Die nachfolgenden Übungen beschäftigen sich mit dem Wort live und anderen
englischen Ausdrücken, u.a. shit , die genauso im Abschnitt verwendet werden. Die Aufgabe der
Schüler ist es, entsprechende deutsche Ausdrücke zu finden (ebd. S. 80ff). Weiter gibt es einige
Beispiele für das umgangssprachliche Scheiße, was eventuell auf einen Wandeln hindeutet, wie
Scheißkerl, /…/ scheiße zu labern und scheißfreundlich, in Deutsch Optimal zu lesen.
Aus der Perspektive der Jugendsprache ist es nämlich interessant, dass das englische
Schimpfwort shit und die deutsche Entsprechung Scheiße überhaupt in einem Lehrbuchverwendet werden. Das steht im Widerspruch zu Androutsopoulos’ Untersuchung von
Anglizismen und Jugendkultur in der er feststellt, dass ein großer Teil seines Materials „weder
im schulischen Fremdsprachenunterricht gelehrt [wird] noch durch die Lektüre von führenden
engl.spr. Printmedien erworben werden [kann]“ (Androutsopoulos 1998: 579). Auch in meinem
übrigen Material konnten solchen Belege nicht gefunden werden. Seine Quellen sind Medien der
Jugendkultur, wie Video-Clips, Fanzines und Musikzeitschriften. Folglich gibt es in seinem
Korpus viel mehr Slang und Beschimpfungen, die in der Alltagskommunikation Jugendlicherhäufiger vorkommen: That’s bullshit!, That sucks! Fuck that! (ebd. S. 579). Im Vergleich zu
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seinen Beispielen, die im Fremdsprachenunterricht als anstößig angesehen würden, widerlegen
die angegebenen Beispiele aus Deutsch Optimal wenigstens teilweise seine Ergebnisse.
Was weiterhin die Annäherung an die Jugendkultur betrifft und in meiner Untersuchung
bestätigt wird, ist die Tatsache, dass die `anspruchsvollen` Themen im letzten Jahrzehnt teilweise
weggefallen sind, d.h. solche Themen, zu denen die Jugendlichen nur schwer eine Beziehung
aufbauen können. Themenbereiche wie Geschichte, Landeskunde, Schulsystem, Kunst, Literatur
u.a., sind zwar nicht völlig verschwunden aber erscheinen in begrenzter Form. Fakten werden
entweder minimal oder in leichterer Form gebraucht. Geschichte und Landeskunde werden lieber
in Quizzen oder Projektform präsentiert. In den modernen Lehrbüchern für Schüler im
schwedischen Gymnasium richtet man den Fokus eher auf Kommunikation und bekannte
Themen, welche die schwedischen Jugendlichen interessieren. Deshalb enthält Lieber Deutsch 3
(2006) Kapitel, die sich mit den folgenden Themen beschäftigen: „WWW – World Wide Weg“,
„Das macht Spaß!“, „Jugendszene“ oder „Film und Fernsehen“, während sie in Einblicke 1
(1995) von zum Beispiel „16 Bundesländer“ oder „Arbeitslos“ handeln oder, wie in Perspektive
1 (1994) „Tatort Schleswig-Holstein“ behandeln.
Wenn es um den sprachlichen Einfluss von anderen Sprachen geht, gibt es in dem neuen
Lehrplan (Skolverket 2011) einen deutlichen Fokus auf Multikultur und Mehrsprachigkeit. Im
Unterricht soll man den Schülern die Möglichkeit geben „att utveckla flerspråkighet där
kunskaper i olika språk samverkar och stödjer varandra.”16 Der englische Einfluss, sowohl
mittels der technischen und wirtschaftlichen Globalisierung, als auch durch Populärkultur und
Jugendkultur, ist damit besiegelt.
Schließlich hat der Einsatz von neuer Technik den Sprachunterricht revolutioniert, sowohl
didaktisch als auch inhaltlich. Obwohl der Lehrplan seit 1994 auch nach der neuen
Gymnasiumreform 2011 im Wesentlichen unverändert bleibt, werden sich Inhalt und
Unterrichtsmethoden auch weiterhin ändern und an die herrschende Situation anpassen müssen,
wofür man in der neuesten Version des Lehrplans Freiraum gemacht hat. Denn dort steht, dass„undervisningen ska dra nytta av omvärlden som en resurs för kontakter, information och
lärande”17 .
Ständige Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen, in Kombination mit
enthusiastischen Lehrern, sind meiner Meinung nach die besten Hilfsmittel gegen die
16 „Multilingualität zu entwickeln, indem verschiedene Fremdsprachenkenntnisse zusammenwirken und sichgegenseitig unterstützen.“
17 [...] der Unterricht von der Außenwelt profitieren soll, um an Kontakte, Information und Bildungheranzukommen“.
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Unpopularität des Sprachlernens unter den schwedischen Schülern. Die Lehrmaterialien, ob in
Buchform oder im Netz, müssen immer schneller aktuelle Verhältnisse vermitteln und den
Lehrern als konstruktive Hilfsmittel dienen, damit der Unterricht up to date wird und bleibt.
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30
LITERATURVERZEICHNIS
Primärliteratur:
Dünnbier, Maret / Landén, Barbro / Reding, Josef (1997): Einfach weiter . Malmö: CoronaFörlag.
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Gustafsson, Monica / Göbel, Urs/ Nyström, Ralf / Dornbusch, Peter / Frost, Ulrich (1994):Perspektive 1. Stockholm: Bonnier Utbildning AB.
Johansson, Nils / Lüders, Susanne / Sölch, Hans / Rindar, Kjell / Beeck, Hans L ( 2010): Einverstanden 1. Stockholm: Bonnier Utbildning AB.
Karnland, Annika / Odeldahl, Anders / Eckhardt, Hans-Jörg (2006): Lieber Deutsch 3. Sundbyberg: Liber AB.
Skärbäck, Gun / Johansson, Nils (2001): Deutsch Optimal 1. Malmö: Gleerups Utbildning AB.
Winell, Sven-Gunnar / Heuer, Hans-Dieter / Jeckert, Maria / Raab, Hans (1995): Einblicke 1.Örebro: Almqvist & Wiksell Förlag AB.
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forsa (2008) Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH (Hg):Untersuchung „ Bekanntheit und Verwendung von Anglizismen“, Januar 2008.
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Trudgill, Peter (2000): Sociolinguistics. An Introduction to Language and Society. London:Penguin Books.
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Lehrpläne und Gesetze
SKOLFS 2000:135: Kursplan för Moderna språk. Skolverket, Stockholm.
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prioritera [veröffentlicht 28.06.2010, gesichtet 02.11.2011].
Mens, Fenja (2008): ”Was guckst du, bin isch Kino?” :http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,556366,00.html .Artikel in Spiegel Online [veröffentlicht 21.06.2008, gesichtet 07.02.2011].
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Wörterbücher:
Cambridge Advanced Learner´s Dictionary (2003). Cambridge University Press.
Duden (1996): Deutsches Universalwörterbuch. Mannheim: Dudenverlag.
Kluge, Friedrich (1963): Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin: Walter deGruyter & Co.
Wahrig, Gerhard (1996): Deutsches Wörterbuch. Gütersloh: Bertelsmann.
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ANHANG
ANHANG Seite 1
1. Perspektive Textbok 1 (1994)
Anglizismen NACH WORTARTEN und PartielleReproduktion
SUBSTANTIVE (44 verschiedene/55 mal vorkommend)1.
”Wartesaal”-Team2.
Baby3.
Babybrei4.
Bands5. Bungalow6.
Café7. Clique8.
Cocktailparty9. Computersteckdose10.
Container11.
Disco 412.
Diskoteken-Türstehern13.
Diskotheken14. Eiscafé15.
Fotokopierer16. Fotos17.
Freicorps18.
Handout19.
Hobby20.
Industrie-Tourismus 221.
Inflation 222.
Interview23.
Jazzkeller24.
Jeans25.
Jugendclub
26.
Kid27. Luxusappartments28.
Nobeldiskothek29. Partner /in 330.
Radio 231. Recorder 232. Rockkonzerte33.
Senior 534. Seniorenresidenz35.
Skinheads36. Stop-and-go-Verkehr37. Strassencafé38.
Teenies39. Toast
40.
Toaster41. Tourist/ -en 242.
Trend43.
Uniform44.
Zombie
ADJEKTIVE (1 /2 mal)live 2VERBEN (0 /0)
Anglizismen NACH THEMENBEREICHENMusikBandsCocktailpartyDisco 4
Diskoteken-TürstehernDiskotheken
JazzkellerJugendclub NobeldiskothekRadio 2
RockkonzerteTeenies”Wartesaal”-Team
TechnikComputersteckdoseFotokopiererRecorder 2Toaster
Mode/Kleidung/ EinkaufenJeansTrendUniform
Essen/TrinkenCaféEiscaféStrassencaféToast
Freizeit/ReisenBungalowFotosHobbyIndustrie-TourismusLuxusappartmentsStop-and-go-VerkehrTourist/ -en 2
Freundschaft/LiebeBabyBabybreiCliqueKidPartner /in 3Senior 5Seniorenresidenz
Jugendsprache in Perspektive 1
Klasse!
Spitze!Geschmack!Echt? Sie hat das einfach geschluckr?Schiess los!Du spinnst! 3Wenn schon! Än sen då
Nicht kategorisierte AnglizismenContainerFreicorpsHandoutInflation 2Interviewlive 2Skinheads
Zombie
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ANHANG Seite 2
2. Einblicke 1 (1995)
Anglizismen NACH WORTARTEN
SUBSTANTIVE (55 veschiedene/ 80 mal vorkommend)
1.
Au-pair-Mädchen2. Bar3.
Bars4. blue collar jobs (S 150)5.
Boys6. Café/ -s 67.
Camping-Freunde8.
Campingplätze9. CD10.
CD11. Chance12.
Chance 313. Clique14.
Cliquenmensch
15.
Cola16.
Computer17.
Discjockey18.
Disco/ -s 619.
Disco-Fox20.
Diskothek21.
Diskotheken22.
Fans23.
Festivals24. Fitneβstudio25.
Geburtstagsparty26. Girls27.
Grillparty28. Happy Hour29. Hit30.
Hitparade31. Hobby/ -s 532.
Horror33. Jeans34.
Journalist35.
no future36.
Open Air Festivals37.
Pink-Floyd-Welttour38.
Projekt39.
Pubs40.
Pullover 941.
Radio 242.
Recorder43.
Squash
44.
Squashhalle45.
Stier-Boy46.
Tagestouren47.
Teamgeist48.
telephonieren49. Tenniscenter50.
Tricks51. T-Shirt52.
Walkman53. WC54. Welttournee55.
Wildwestfilm
ADJEKTIV (1/1)
nonstop
VERBEN (2/2 mal)interviewt jobben
Anglizismen NACH THEMENBEREICHEN
Horror (S.178) wird in der Grundbedeutung Scheusal
verwendet, nicht als Filmart
Film/LiteraturWildwestfilm
MusikCD 2DiscjockeyDisco/ -s 6Disco-FoxDiskothekDiskothekenFansFestivals
GeburtstagspartyHitHitparadeOpen Air FestivalsPink-Floyd-WelttourRadio 2Welttournee
TechnikComputerRecorderWalkman
SportFitneβstudioSquashSquashhalleTeamgeistTenniscenterTricks
Mode/Kleidung/EinkaufenJeansPullover 9T-Shirt
Essen/TrinkenBar
Bars
Café/ -s 6ColaGrillpartyHappy HourPubs
Freizeit/ReisenCamping-FreundeCampingplätzeHobby/ -s 5Tagestouren
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ANHANG Seite 3
Fortsetzung Einblicke 1 (1995)
ArbeitAu-pair-Mädchen blue collar jobs (S. 150)
Journalistno futureProjekt
interviewt jobben
Freundschaft/LiebeCliqueCliquenmenschGirlsBoys
Jugendsprache in EinblickeIch spinne
Los, spuck´s aus!Klasse!ätzendokay
3. Einfach Weiter (1997)
Anglizismen NACH WORTARTEN
SUBSTANTIVE (87 verschiedene/ 107 malvorkommend)
1.
”Hunde”-Café2. ”Red Dog” –Café3.
”Red Dog-special”4. Aupairmädchen5.
Aupairstelle6.
Autofreak7. Café 48.
Chef von Microsoft9. Coca-Cola10.
Cockpit11. Cola12.
Computer 1013.
Computerarbeit
14.
Computer-Café15.
Computerkenntnissen16.
Computersysteme17.
Computerwelt18.
Computerwelt19.
Copilot20. Cowboy21.
Cowboyhüte22.
Crew23.
Discjockey24.
Disco25.
Disco26.
Eishockeyspieler27. Fanta28.
Fastfood29.
Fax30.
Flirt /- s
31.
Flugticket32.
Fotosafari33.
Fussballstar34.
Hacker35.
Halfpipe 336.
Handy ( in der Wörterliste übersetzt : liten bärbar
telefon, yuppienalle)37.
Herumsurfen 238. Hobby39.
Internet40. Internet-Scout41.
Jumbojet42.
Keyboard43. Klassenclown44.
Klischees45. Krabbencocktail46.
Motto47. Mountainbikes48.
Musicbox49.
Partys
50.
Pilot51.
Pullover52.
Queen Victoria53.
Reisebranche54.
Serie Star Trek55.
Skandinavien-Fans56.
Snacks57.
Snowboard 458.
Snowboarden59.
Software60.
Speisewagen-Crew61.
Sprite62.
Star Trek.Mag