Die Leiden des Jungen Konsumenten

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Die Leiden des jungen Konsumenten

Björn Schotte - bjoern.schotte@mayflower.de Mayflower GmbH

Willkommen zum Vortrag „Die Leiden des jungen Konsumenten“. Liebe Händler, wir wollen uns heute mal in die Schuhe des Konsumenten begeben, einem Shopaholic, der viel Online kauft. Begleiten Sie mich auf meiner Reise.

Lieber Händler! Deine Bedürfnisse

interessieren mich nicht.

Es ist schwer zu akzeptieren, jedoch: als Konsument interessiert mich nun wirklich nicht, ob du Probleme bei der Template-Anpassung des Standard-Shops hattest und deswegen einfach die Standard-Templates deines Standard-Shopsystems genutzt hast. Ich habe ganz andere Probleme und Bedürfnisse.

Willst du etwas über meine Bedürfnisse

wissen?

Willst du wirklich etwas über meine Bedürfnisse wissen, lieber Händler? Ich habe häufig den Eindruck, dass du das gar nicht wissen willst. Du forderst mich nicht zu Feedback auf, Feedback-Formulare muss ich mühsam suchen und ansonsten willst du nur die Standard-Bewertung NACH dem Einkauf haben, damit du in deinem TrustedShops Gütesiegel dich mit tollen Bewertungen schmücken kannst. Doch hast du schon mal nachgedacht, dass ich erst bei dir - und nicht den tausend anderen, die auch deine Produkte anbieten - einkaufen muss?

Überall Einkaufen. Mit dem Device, das ich

gerade zur Verfügung habe.

Sieh, ich bin häufig unterwegs. Ich habe mehrere Tablets, Smartphones, Rechner, und habe Lust dann zu shoppen wann ich will. Mit dem Device, das ich gerade in der jeweiligen Situation zur Verfügung habe. Und wer weiß, vielleicht shoppe ich in einem Jahr über meine Smartwatch? Ich kann mir vorstellen, dass das viel Geld kostet, wenn du überall sein willst. Aber, lieber Händler, sei doch wenigstens auf den wichtigsten „Kanälen“ (was für ein grausliger Name, der wieder mal nur deine egoistische Innensicht beweist!) präsent. Und zwar so, dass ich einkaufen kann!

keine Versandkosten

Kennst du schon Amazon Prime? Das ist cool. Seitdem ich das habe, bestelle ich extrem viel mehr. Ich bekomme eine garantierte Lieferung und zahle noch nicht mal Versandkosten. Mittlerweile suche ich sogar explizit nach Produkten, die Amazon Prime lieferbar sind. Warum kenne ich das in deinem Nischenshop nicht? Über Mischkalkulation und erzielte stärkere Kundenbindung müsste sich das doch für dich rechnen. Auch wenn mich das nicht wirklich interessiert, ob sich das für dich rechnet.

mein Zahlungsmittel nutzen

(PayPal)

Ich will mit dem Zahlungsmittel bezahlen, das zu mir am besten passt. Heute ist das PayPal, weil das so schön einfach und komfortabel ist. Vielleicht ist das morgen aber auch schon Apple Pay, weil meine Smartwatch „ungestörtes“ Bezahlen ermöglicht.

facettiert suchen

Ich will heute eine Suche haben, die mir Vorschläge macht. Bei der ich nach Facetten, also einzelnen Merkmalen, suchen kann. Die schnell ist. Die mir relevante Ergebnisse liefert. Wie du das technisch löst, ist mir egal. Aber auch heute gibt es dafür schon Standard-Technologien, die kostenfrei verfügbar sind (zB Solr oder ElasticSearch). Ich will nicht nur nach Farben suchen können, sondern nach Ähnlichkeiten.

mich inspirieren lassen

emotional eingefangen werden

Wenn ich im Fashion-Bereich shoppe (und nicht nur dort), will ich mich inspirieren lassen. Du sollst mich emotional einfangen. Denn häufig genug tätige ich Impulskäufe. Zum Nachteil für meinen Geldbeutel. Zum Vorteil für mein Belohnungssystem im Hirn. Und zum Vorteil für deinen Geldbeutel, lieber Händler.

Der Dreispalter hat ausgedient!

Das drei- oder vierspaltige Layout hat heute ausgedient. Daran erkenne ich häufig auch Standard-Shopsysteme. Oder überfrachtete Sortimente. Es kann sich lohnen, hier in andere Navigationssysteme zu investieren, denn ich will schnell die für mich passenden Produkte durchstöbern, ohne von Dreispaltigkeit angeödet zu werden.

Der Dreispalter hat ausgedient

Nimm als Beispiel Zalando. Ich kaufe dort gerne Klamotten ein. Aber irgendwie nervt mich diese langweilige Darstellung. Wenigstens haben sie Endless-Scrolling eingebaut! (kein Vergleich zu design3000.de, bei denen ich umständlich per Pager stöbern muss)

Der Dreispalter hat ausgedient

Oder diesen Online-Shop eines schwäbischen, inhabergeführten Bekleidungsherstellers. Hier sieht man auch gleich, dass OXID als „Standard“ genutzt wurde.

Der Dreispalter hat ausgedient

tennis-point.de, jüngst durch eine Jury ausgezeichnet, zeichnet sich in meinen Augen auch nicht besonders für seine Produktansicht aus. Ob das daran liegen mag, dass die „Standard-Templates“ angepasst wurden? Naja, einen Wermutstropfen habe ich: die mobile Variante scheint besser zu sein.

?Und was bedeutet das für mich als Händler?

Doch was bedeuten diese Kritiken nun für dich als Händler? Lass uns erst einmal mit Ideen und Prinzipien einsteigen, um dir nachher aufzuzeigen, wie du die technische Entwicklung für deinen Online-Shop aufstellen solltest.

!Wir wissen nicht genau, wie der Kunde einkauft

Häufig genug weiß ich nicht, wann und wie der Kunde einkauft. Ich muss also auch in Technologie investieren, die den Kunden und seine Bewegungen analysiert. Das geht weit über ein Clicktracking mit externen Tools wie Google Analytics oder Piwik hinaus.

!2/3 aller Funktionen in Software wird selten oder nie genutzt.

Wusstest du schon, dass 2/3 aller Funktionen in Software selten oder nie genutzt wird? Im CHAOS Report findet sich diese Kennziffer. Und wenn man sich dies ins Bewußtsein ruft, dann haben wir ein erhebliches Optimierungspotenzial für zielgerichtetere Investitionen in deinen Online-Shop.

!Ich muss in werthaltige Funktionen minimal investieren.

Denn das bedeutet, dass ich in werthaltige Funktionen minimal investieren muss. Werthaltig deswegen, weil ich sie für mich als Konsument einen Wert haben müssen, denn sonst kaufe ich in einem anderen Online-Shop ein. Minimal deswegen, weil du ja gar nicht weißt, worauf ich beim Einkauf stehe, du also viel ausprobieren musst. Damit du dein Geld gut einsetzt, baust du Funktionen also minimal, schaust dir das Verhalten deiner Nutzer an und investierst in den Ausbau der Funktionen, die für den Nutzer einen Wert darstellen - und am Ende zu mehr Verkäufen deiner Produkte führen.

!Ich muss die Funktionen anhand von Nutzer-Feedback und Datenanalyse

weiter entwickeln.

Damit du das gut machen kannst, musst du in Nutzer-Feedback und Datenanalyse investieren. Wie, das zeige ich dir später. Wichtig ist: nicht dorthin investieren, wo dein Produktmanager oder Marketing-Manager in ihren Träumen glauben, dass das „geiler Scheiß“ sei. Sondern dorthin investieren, wo deine KUNDEN glauben, dass das „geiler Scheiß“ ist.

!Ich habe keine Angst davor, Funktionen auch mal

wegzuschmeissen.

Als Händler darfst du keine Angst davor haben, Funktionen auch mal wegzuschmeissen. Ich weiß, es schmerzt, denn die Funktion XYZ hat dich 5.000 EUR in der Entwicklung gekostet. Weil du nur in eine kleine Variante der Funktion gelernt hast, hast du diese Erfahrung schon bei 5kEUR gemacht anstatt bei 15kEUR. Somit hast du dir 10kEUR „verbranntes Geld“ gespart, was du nun anderweitig investieren kannst. Wenn du die Funktion wieder ausbaust, dann ist das gut für den Zustand deiner Software (Online-Shop), denn dann kompostiert die Funktion, die eh keiner braucht, nicht vor sich hin.

!Mobile First Ansatz wählen.

Du solltest darüber nachdenken, zunächst für mobile Geräte die Darstellung deines Online-Shops zu entwickeln, und erst später für den Desktop. Damit zwingst du dich und dein technisches Umsetzungsteam, im Grundsatz immer an mobile Nutzer zu denken. Wie es nicht gehen soll, sollen ein paar Beispiele zeigen…

!Bei hemden-meister.de kaufe ich ganz gerne mal Hemden ein. Allerdings würde ich viel mehr kaufen, wenn das mobil auch gut dargestellt werden würde. Wie du siehst, lädt mich das nicht gerade zum Shoppen ein.

!Die Größen-Buttons sind so unendlich klein dargestellt. Und die „kostenlose Krawatte“ will ich auch nicht haben, sondern lieber den Rabatt einstreichen. Aber ob meine Finger auf dem Mobile Device die kleine Checkbox wirklich treffen?

!Etwas besser macht es da schon tennis-point.de, die wir aus dem vorherigen Dreispalter-Beispiel kennen. Die haben eine eigene Mobile Website für ihren Shop gebaut, mit einer passenderen Darstellung. Matchpoint tennis-point!

!Responsive Design ist nur eine Etappe zum Ziel.

Als Händler denkst du dir „Klar, investier ich in Responsive Design!“. Aber bitte beachte: Responsive Design ist nur eine Etappe zum Ziel. Denn es gibt unterschiedliche Nutzergewohnheiten auf den einzelnen Devices. Das bedeutet eine Anpassung in Nutzerführung, Produktdarstellung Checkout auf unterschiedlichen Devices! Der Benefit für dich? Mehr Verkäufe.

!Meine E-Mails an die Kunden müssen mobil gut, schnell und einfach lesbar sein.

A propos E-Mail Marketing: manchmal mag ich ja diese kleinen süßen E-Mails auf meinem Smartphone, die von dir, lieber Händler, kommen. Doch bitte achte darauf: auf dem Smartphone bin ich on-the-go. Die Information, die du mir geben willst, muss kompakt sein. Das Layout muss die Kompaktheit unterstützen und sich gut darstellen lassen. Form follows function. Vielleicht schaust du dir nochmal die Prinzipien aus der Bauhaus-Epoche an.

!Ich treffe datengetriebene Entscheidungen.

Denn ich will dort hin, wo meine Kunden sind.

Als Händler willst du datengetriebene Entscheidungen treffen und deinen Shop so auslegen, dass dir diese Entscheidungen ermöglicht werden. Denn du willst doch genau dorthin, wo deine Kunden sind, und nicht das machen was du willst, sondern was du brauchst. Und was du brauchst, das zeigen dir die Kunden. Spätestens dann, wenn sie mal wieder bei Amazon einkaufen gehen.

?PUH. Wie setze ich das alles nur um?

Puuuuh. Ganz schön viel Holz, lieber Händler, nicht wahr? Wie setzt du das nur alles um … ich habe nicht viel Zeit in diesem Vortrag, aber ein paar Prinzipien und Taktiken will ich dir vorstellen.

!Gut aufgestellt: der Händler von Morgen

Wie muss der Händler von Morgen sich prinzipiell aufstellen? Lass uns mal reinschauen …

!Im Kern IT- und Daten-getrieben

Als Händler bist du im Kern IT- und Daten-getrieben. Du brauchst eine Mannschaft, die fit und flexibel im Kopf ist, IT/Smartphone mit der Muttermilch aufgesogen hat und bereit ist, zu experimentieren und aus Fehlern zu lernen. Du musst elastisch sein, um robust für die Zukunft sein zu können. Hört sich komisch an? Ist aber so.

!verkauft „nebenbei“ seine Produkte

Nebenbei verkaufst du deine Produkte. Spürst du, wie maximal anders diese Denke ist? Du denkst sicherlich „Aber meine Produkte ist doch mein Kern-Business!“. Im Grundsatz schon. Aber du und deine Mannschaft, Ihr braucht ein anderes Mindset. Ihr seid IT- und datengetrieben. Denn der Produktverkauf folgt automatisch, wenn alles andere gut gemacht ist.

!Online Shop ist kein Projekt, sondern mein (Kern-)Produkt

Betrachte dein Online-Shop nicht als abgeschlossenes Projekt, sondern als dein Produkt, möglicherweise sogar Kernprodukt. Warum? …

!investiert kontinuierlich in Weiterentwicklung des Shops

(und zwar permanent)

Weil du kontinuierlich in die Weiterentwicklung deines Shops investieren musst, um innovativ und am Ball zu bleiben. Und zwar permanent. Ja, Online Shops sind kein kleines Investment. Deine Budgets sind angespannt. Dennoch: nur wer kontinuierlich investiert (und in Investition statt in Kosten-für-Entwicklung denkt), wird die Gewinne von Morgen einfahren können.

!schmeisst auch mal Funktionen weg

Wie ich schon sagte… du schmeißt auch mal Funktionen weg. Weil sie deine Nutzer nicht (mehr) brauchen. Für dich ist das okay und normal. Denn du hast dein Mindset geändert.

!Gut aufgestellt: Shopsysteme?!

Tja, welches Shop-System sollst du nur dafür nehmen?

!Standard-Systeme häufig zu starr

Die schlechte Nachricht: die bekannten Standard-Systeme sind häufig zu starr dafür. Die Fundamente sind okay, aber im Ausbau haben auch hier die Shop-Hersteller nicht kontinuierlich in die Flexibilität ihrer Systeme im Unterbau investiert. Das rächt sich heute.

!müssen modular sein im Programmcode

im Frontend

Denn Shopsysteme müssen modular aufgebaut sein. Im Programmcode, damit die Entwickler „mix and match“ machen können, denn vielleicht verkaufst du morgen deine Produkte nur noch über die Smartwatch und hast keine Webpräsenz mehr dafür. Und das Frontend, die Darstellung, muss so flexibel aufgebaut sein, dass Änderungen schnell machbar sind.

!serviceorientierte Architektur

(denn morgen kaufe ich per Dash ein)

Am besten arbeitest du mit einer serviceorientierten Architektur in deinem Online-Shop. Das unterstützt den „mix and match“ Ansatz und die Flexibilität im System, um robust für die Zukunft aufgestellt zu sein. Denn vielleicht kaufen wir zukünftig alle nur noch per Sprachsteuerung ein.

!über Eigenentwicklung nachdenken

Standard Shops reichen möglicherweise nicht aus

Manchmal kann es auch sinnvoll sein, mit einem Standard-System anzufangen, damit du dein Geschäftsmodell schnell validieren kannst. Und dann kann es schon bald viel sinnvoller sein, in eine Eigenentwicklung zu investieren. Habe keine Angst vor den Kosten, betrachte es als Investition. Wenn die Standard-Systeme für Entwickler flexible Bausätze wären, wäre alles viel einfacher…

!Gut aufgestellt: gutes Messen

Ich habe vorhin davon gesprochen, dass du dich an deinen Kunden orientieren solltest. Online musst du in gute Messverfahren investieren, damit du an dieses Kundenfeedback kommst. Vergiss das Feedback-Formular im Hauptmenü deines Online-Shops.

!Welche Buttons klicken die Nutzer?

Welche Funktionen rufen sie auf?

(Google Analytics Events)

Zunächst mal willst du wissen, welche Buttons deine Shop-Kunden klicken und welche Funktionen sie damit aufrufen. Damit du feststellen kannst, welche Funktionen gut bei deinen Shop-Kunden ankommen und welche Funktionen gar nicht genutzt werden. Das kann sich auch auf einzelne Aspekte in Funktionen beziehen, zum Beispiel den tollen neuen Suchfilter den du gebaut hast oder die 3D Ansicht in deinem Produktkonfigurator. Google Analytics bietet hier die Möglichkeit, Events zu tracken. Einige unserer großen Kunden nutzen dies für ihre Software, sogar auf Webservice-Ebene.

!Welche Devices nutzen meine Kunden?

Eine besondere Statistik in deinem Analytics ist die der genutzten Devices deiner Kunden: schau dir das regelmäßig an und überlege, für welche Devices du wie deinen Shop optimierst.

!Customer Retention: wie aktiv sind meine Kunden?

Weißt du schon, wie aktiv deine Kunden sind? Du wirst sicherlich Taktiken aus der Customer Retention nutzen wollen, um verlorene Kunden zu reaktivieren, zum Beispiel vergessene Warenkörbe. Aber wäre es nicht besser, wenn deine Kunden grundsätzlich aktiv sind? Überlege dir, wie du deine Kunden „bei der Stange hältst“. Kleiner Tipp: Gutscheine sind ausgelutscht. Denk’ doch über ungewöhnlichere Ideen nach, die vielleicht nicht jeder Shop hat.

!Aber: Gedanken über die „richtigen“ KPIs machen.

Ich kann nicht alles aufzählen, aber: mach dir Gedanken über die „richtigen“ Kennzahlen, die du betrachten willst. Und verändere auch deine KPIs in regelmäßigen Abständen - denn damit änderst du auch deinen Blickwinkel und findest möglicherweise noch unentdecktes Potenzial.

!Gut aufgestellt: den Nutzer richtig fragen

Wie fragst du denn deine Nutzer „richtig“? Nun, ich möchte dir dazu ein zentrales Fragenmodell vorstellen…

!KANO Modell Kundenzufriedenheit

Das KANO-Modell zur Kundenzufriedenheit: über geeignete Fragetechniken lässt sich in Bezug auf deine Funktionen im Online-Shop herausfinden, welche Funktionen „Basiskriterium“ sind, welche „Leistungskriterium“ und welche die absoluten „Exciter“ sind. Das Blöde dabei: in die Basis-Features musst du unbedingt investieren, sonst sind deine Nutzer weg. In die Leistungskriterien solltest du möglicherweise investieren, aber das Fehlen der Funktion wird nicht unbedingt vom Nutzer wahrgenommen. Sie schaffen allerdings unbewusst Zufriedenheit oder räumen Unzufriedenheit weg. Und die „Exciter“-Funktionen solltest du dringend weiter investieren!

!bipolare Fragen

Funktional (positiv) „Was würden Sie sagen, wenn es … gäbe / über …

verfügt“ +

Dysfunktional (negativ) „Was würden Sie sagen, wenn es … weniger

gäbe / NICHT über … verfügt“

Doch wie finde ich das heraus? Durch bipolare Fragen: du fragst den Nutzer bezüglich einer Funktion gleichzeitig zwei Fragen. Einmal eine positive, funktionale Frage, und dann eine dysfunktionale, also negative, Frage. Durch die Fragen kannst du die Wertigkeit deiner Funktion einordnen.

!Basis Merkmal: „Das setze ich voraus“

+ „Das würde mich sehr stören“

Hier haben wir also die Antworten für ein Basis-Merkmal: diese Funktion braucht der Online-Shopper unbedingt, damit er bei dir einkauft. Ist die Funktion nicht da, entsteht Unzufriedenheit. Allerdings gewinnst du kein Mehr an Zufriedenheit, wenn die Funktion da ist.

!Leistungs Merkmal: „Das würde mich sehr freuen“

+ „Das würde mich sehr stören“

Leistungs-Merkmale werden unbewusst wahrgenommen. Damit kannst du Zufriedenheit erzeugen oder Unzufriedenheit aus dem Weg räumen. Blöd nur, dass das dem Nutzer nicht bewusst ist. :-)

!Begeisterungs Merkmal: „Das würde mich sehr freuen“

+ „Das ist mir egal“

Die Exciter, also die Begeisterungs-Merkmale, sind die Funktionen, die deinem Kunden einen tollen Nutzen verschaffen, mit dem er nicht unbedingt rechnet. Das sind deine Kronjuwelen in der Software, denn diese führen dazu, dass der Kunde eher bei dir einkauft als bei anderen Shops.

!Unerhebliches Merkmal: „Das ist mir egal“

+ „Das ist mir egal“

Unerhebliche Merkmale sind die „Ist mir egal“-Merkmale. Sie sind ohne Belang für deinen Kunden. Sie führen weder zur Zufriedenheit noch zur Unzufriedenheit. Du hast solche Funktionen in deiner Software? Zeit sie auszubauen und nicht weiter in diese Funktionen zu investieren.

!Rückweisungs Merkmal: „Das würde mich sehr stören“

+ „Das setze ich voraus“

Rückweisungs-Merkmale gibt es auch: sie führen bei Vorhandensein zu Unzufriedenheit. Wenn sie fehlen, führen sie jedoch zu keiner bewussten Zufriedenheit.

!Gut aufgestellt: Fake Funktionen nutzen

Jetzt möchte ich dir noch ein anderes Prinzip vorstellen: das Einbauen von Fake-Funktionen. Nein, wir wollen unsere Kunden nicht veräppeln. Aber manchmal müssen wir ein bißchen testen, und das geht nur durch charmantes, gut gemeintes „vorgaukeln“.

!Interesse der Nutzer an Funktionen testen

Denn du willst doch wissen, ob dein Nutzer diese Funktion goutiert. In Kombination mit der KANO-Abfrage bekommst du damit heraus, ob es sich lohnt, in die Entwicklung dieser Funktion zu investieren. Beispiel: ein Button, der zu Einsatz-Tipps deines Produkts führen soll. Klickt der Nutzer hier drauf, erscheint ein kleines Popup-Layer, das den Nutzer darauf hinweist, dass die Tipps in Planung sind. Du lässt den Nutzer nach KANO beantworten, wie wichtig ihm diese Funktion ist. Und schon bekommst du wertvolles Feedback und hast eine Entscheidungsgrundlage, ob du in diese Funktion investierst.

!Alternativ: Funktionen minimal implementieren

Alternativ kannst du auch Funktionen minimal implementieren. Der Produktkonfigurator muss nicht unbedingt sofort die 3D-Darstellung und Drag-und-Drop Mechanismen haben. Das kann später kommen, wenn du weißt, dass deine Nutzer das haben wollen.

!Damit rausgehen, 4 Wochen Daten sammeln und Ergebnisse in Planung einbeziehen

Du gehst also mit den Fake- oder Minimalen Funktionen online und findest in einem selbst gewählten Zeitraum heraus, ob deine Nutzer das wollen, was du glaubst dass sie wollen. Denn dein Ziel ist möglichst schnell deine Annahmen zu invalidieren, damit du in die „richtigen“ Funktionen - die du vorher nicht genau kennst - investierst. Mit dem Ziel, am Ende mehr Verkäufe zu machen und Kunden besser an dich zu binden.

!Gut aufgestellt: Feedback der Kunden sammeln

Wie kann ich also das Feedback meiner Kunden einsammeln? Mit dem KANO-Modell haben wir schon eine Fragetechnik kennen gelernt. Doch es gibt noch mehr …

!Nutzer wissen oftmals besser Bescheid als Produkt- oder Marketing-Manager

Doch zunächst einmal: schön, dass du einen Produkt- und/oder Marketing-Manager hast! Doch der trifft häufig genug irgendwelche Annahmen, manchmal aufgrund persönlicher Präferenzen. Oder ist einfallslos - „Die Navigation soll so wie bei otto.de sein!“

!direkte Feedback-Möglichkeiten in Funktionen einbauen

(Nein, keinen „Feedback“ Hauptmenüpunkt)

Besser ist es, direktes Feedback in deine Funktionen einzubauen. Das können KANO-Abfragen sein, wenn der Nutzer auf einen Button klickt. Du kennst sicherlich die Five-Star-Bewertungen zu deinen Produkten. Oder wie wäre es mit Ampel-Smileys verbunden mit der Frage „Wie hat Ihnen diese E-Mail gefallen?“. Oder die NPS-Abfrage, am Ende des Kaufs. Sei kreativ, unaufdringlich und sammel permanentes Feedback. Gehe neue Wege!

!Plattformen wie zB UserVoice nutzen

Wir haben Kunden, für die wir arbeiten, die zusammen mit uns in ihre Planungen direkte Wünsche der Nutzer zu Funktionen einsammeln. Dafür nutzen sie Plattformen wie zB uservoice.com. Dort können die Nutzer Wünsche für Funktionen hinterlassen und über Votings von allen aus der „Community“ einzelne Wünsche hochvoten. Das sind tolle Indikatoren für uns Product Owner, um herauszufinden, welche Funktionen die Kunden haben wollen. Die Tools wie UserVoice sind kostenlos oder zu kleinen Kosten erhältlich, bieten aber einen erheblichen Mehrwert zur Schärfung der Wünsche deiner Nutzer. Und dein Nebel lichtet sich.

?Wie stelle ich die technische Entwicklung dafür auf?

So, und wie kannst du dich nun technisch gut dafür aufstellen, lieber Händler?

!Geschäftsmodell-Validierung: Lean Business Canvas

Wenn du mit deinem Business neu anfängst oder den Online/Mobile Shop als neuen „Kanal“ zum traditionellen Geschäft aufsetzt, empfehle ich dir eine Validierung des Geschäftsmodells anhand des Lean Business Canvas kontinuierlich zu machen. Eine Erklärung führt zu weit, Google ist dein Freund. Im Grundsatz geht es darum, das Geschäftsmodell zu definieren und über Hypothesen möglichst schnell zu invalidieren, um den „richtigen“ Weg zu finden, bei möglichst wenig Geld-Verschleiß.

!Personas definieren: wer sind meine Nutzer?

Du solltest dir dringend über Personas Gedanken machen. Das ist ein Abbild deiner echten Kunden, mit Name, Alter und ganz wichtig: Was will die Person auf meinem Shop? Welche Ziele verfolgt sie? Was stört sie besonders? Achte darauf, keine aufwändig inszenierten Personas von Marketing-Agenturen zu bekommen. Die Persona soll einfach strukturiert dargestellt werden und die wichtigsten Kernfragen beantworten. Dann hat dein Marketing- und Entwickler-Team immer vor Augen, wer deine Online-Shopper sind.

!Funktionen anhand der Ziele der Nutzer planen

Plane deine Funktionen anhand der Ziele deiner Nutzer. Am Anfang wirst du mit Hypothesen arbeiten. Durch regelmäßiges Fragen bekommst du ein konkreteres Bild und kannst die Funktionen anhand der Ziele orientieren.

!klein anfangen: Minimum Viable Product

Fange klein an, mit dem sogenannten MVP. Das ist dein Produkt (Online Shop) mit dem minimalen Set der werthaltigsten Funktionen, um möglichst schnell online gehen zu können. Der Rest kommt dann später.

!Technologien verwenden, die schnelle Änderungen erlauben

Verwende Technologien, die dein Entwickler-Team dazu befähigen, schnell Änderungen durchzuführen. Manchmal sind Änderungen auch am Fundament des Shops notwendig. Dann bist du froh, wenn du Technologien benutzt, die schnelle Änderungen zugunsten einer kurzen TimeToMarket erlauben.

!Infrastruktur haben, die mehrfache Live-Gänge pro Tag erlauben

Lass’ eine Infrastruktur für dein Entwickler-Team errichten, die es ihm ermöglicht, mehrmals am Tag neue Zwischenstände deines Online-Shops zu veröffentlichen. Denn das Ziel ist, möglichst schnell zu lernen, was nicht funktioniert und welche Dinge besonders gut funktionieren.

!minimaler Invest/Feature mit maximalem Value für den Nutzer

Du möchtest also die Grenzkosten für ein einzelnes Feature durch all diese Dinge möglichst niedrig halten, und gleichzeitig maximalen Wert für den Nutzer schaffen.

Denn wenn dein Nutzer maximalen Wert empfindet, wird er auch deine Produkte bei dir einkaufen. Und dabei geht es nicht nur um den Wert, den dein Produkt liefert, sondern insbesondere auch den Wert, den du mit deinem Shop für den Nutzer lieferst.

!All diese Prinzipien, die ich dir vorgestellt habe, beruhen im Wesentlichen auf dem Deming-Cycle. Ich plane ein bißchen, mache etwas (bringe Funktionen online), finde dann heraus was funktioniert und was nicht, agiere auf dieser Basis und verändere meinen Plan/plane neu.

!Messpunkte in Software einbauen

Baue ganz viele Messpunkte in deinen Shop ein. Nochmal: nicht Seiten-basiertes Clicktracking. Sondern echte Messpunkte auf einzelne Funktionen.

!Ergebnisse in die Produktentwicklung des Shops einbeziehen

Ein wichtiges Prinzip: beziehe die Ergebnisse aus all den Messungen und Feedback-Sammlungen in die weitere Produktentwicklung ein. Es gibt eine ganze Reihe an Techniken dafür.

!kontinuierlicher Invest in Entwickler-Ressourcen

Investiere kontinuierlich in Entwickler-Ressourcen. Einzelne, abgeschlossene Projekte verhindern deine Investitionskraft. Ständiger Auf- und Abbau von Teams oder Team-Mitgliedern verhindern, dass das Entwickler-Team performen kann (5 Phasen Teamentwicklung nach Tuckman). Denn du willst einen Schnellzug haben, und nicht jedesmal von neuem beginnen.

!Design-, Entwicklungs- und Test-Phase integrieren

(Agile vs. Wasserfall)

Lass Design-, Entwicklungs- und Testphasen gleichzeitig von den gleichen Leuten stattfinden. Mit einem wasserfallartigen Ansatz wirst du keine Innovationen heben können. Ausserdem ist die Gefahr sehr sehr hoch, dass dein „Projekt“ scheitert.

Vielen Dank.

bjoern.schotte@mayflower.de @BjoernSchotte

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