Post on 27-Jun-2020
transcript
Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung
Bachelorthesis
Der Situationsorientierte Ansatz nach Armin Krenz
Wissenschaftlicher Anspruch und Realisierbarkeit
im
Studiengang Early Education
von
Chmielnik, Heike
urn:nbn:de:gbv:519-thesis 2016-0525-2
Datum der Abgabe:
Erstgutachterin:
Zweitgutachterin:
01.02.2017
Prof. Dr. Julia Franz
Prof. Dr. Claudia Hruska
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„„Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben:
die Sterne der Nacht,
die Blumen des Tages und die Augen der Kinder“
Dante Alighieri
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Situationsorientierte Ansatz
2.1. Wissenschaftsbezug
2.2. Rechtliche Grundlagen
2.3. Anforderungen und Vorarbeiten
2.3.1. Vielfalt der pädagogischen Ansätze
2.3.2. Rollenverständnis und Kompetenzen pädagogischer Fachkräfte
2.3.3. Fort- und Weiterbildung
2.3.4. Teamentwicklung
2.3.5. Konzeption und Raumgestaltung
2.3.6. Das Umfeld der Kindertagesstätte
2.3.7. Zusammenarbeit mit Dritten und Öffentlichkeitsarbeit
2.4. Projektarbeit
2.4.1. Beobachtung, Dokumentation und Entschlüsselung der Ausdrucks-
formen
2.4.2. Vom einzelnen Lebensplan zum Projektthema
2.4.3. Gruppenkreis zum Projektthema
2.4.4. Projektplanung, -durchführung, -dokumentation und –auswertung
2.4.5. Weitere Hinweise
2.5. Fazit
3. Überprüfung des Wissenschaftsbezugs
3.1. Bindung
3.2. Grundbedürfnisbefriedigung
3.3. Entstehung von Irritationen
3.4. Entwicklung von Persönlichkeitsmerkmalen
3.5. Veränderung innerer Grundauffassungen
3.6. Fazit
4. Darstellung des Forschungsprozesses
4.1. Methode
4.2. Interviewpartner
4.3. Leitfäden
4.4. Interviews und Auswertung
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5. Herausforderungen, Hilfen und Chancen aus Sicht der InterviewpartnerInnen
5.1. Herausforderung: Haltung und Kompetenzen pädagogischer Fachkräfte
5.1.1. Veränderungsprozess
5.1.2. Die Rolle der Leitung
5.1.3. Weitere notwendige Kompetenzen
5.2. Herausforderung: Organisatorische und formale Bedingungen
5.2.1. Zeit
5.2.2. Fortbildung
5.2.3. Einstellung neuer MitarbeiterInnen
5.3. Herausforderung: Ausbildung
5.4. Der Situationsorientierte Ansatz als Hilfe für Kinder und Fachkräfte
5.5. Fazit
6. Zusammenfassende Betrachtung der Ergebnisse
7. Weiterführende Fragen
8. Literatur- und Quellenverzeichnis
9. Eidesstattliche Erklärung
Anhang auf CD
- Die 16 seelischen Grundbedürfnisse nach Krenz
- Interview Kitaleitung A: Auszugsweise Transkription
Formulierende Interpretation
Zusammenfassende Interpretation
- Interview Kitaleitung B: Auszugsweise Transkription
Formulierende Interpretation
Zusammenfassende Interpretation
- Interview Marlies Wagner: Auszugsweise Transkription
Formulierende Interpretation
Zusammenfassende Interpretation
- Interview Armin Krenz: Auszugsweise Transkription
Formulierende Interpretation
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1. Einleitung
„Der Situationsorientierte Ansatz ist doch ein Relikt der 80er Jahre“, ließ eine Lehrkraft
einer Fachschule für Sozialpädagogik unlängst verlauten. Nun, dass er in den 1980er
Jahren entwickelt wurde stimmt, aber ein „Relikt“? Ist er ein Überbleibsel aus einer
längst vergessenen Zeit, das zurückgelassen wurde, weil man es nicht benötigt? Der
Situationsorientierte Ansatz ist in der Tat nicht häufig anzutreffen, obgleich viele Ein-
richtungen behaupten, sie arbeiteten „situationsorientiert“. Oft kommt es zu Verwech-
selungen mit dem Situationsansatz oder dem situativen Arbeiten. Also können wir ihn
ad acta legen? Ich meine „nein“. Der Situationsorientierte Ansatz hat aus meiner Sicht
nicht nur eine „Über-Lebensberechtigung“, ich halte ihn in seinem theoretischen Kon-
strukt für zukunftsweisend, weil er sich auf ganz besondere Weise an den Bedürfnis-
sen von Kindern orientiert. Allerdings ist er ein äußerst komplexer pädagogischer An-
satz, der einer ausgesprochen humanistischen Haltung und eines breiten Wissens und
Könnens bedarf. Vielleicht ist er aus diesem Grund nicht oft vorzufinden oder weil er
sich stark an der psychoanalytischen Psychologie orientiert und auf einige Menschen
„therapeutisch“ wirkt. Vielleicht auch, weil er nicht einfach zu erfassen ist, denn er zeigt
sich als „vernetztes Konstrukt. Das heißt, viele unterschiedliche Aspekte und Merkmale
sind eng miteinander verknüpft und stehen in einer Abhängigkeit voneinander. Ver-
gleichbar ist der Ansatz daher mit einem mechanischen Uhrwerk, wo außergewöhnlich
viele Zahnräder miteinander verbunden sind. Klemmt nur ein Zahnrad oder verliert ein
Teil den Kontakt zu einem anderen Verbindungsstück, so kann die Uhr ihrer eigentli-
chen Funktion nicht nachkommen und bleibt stehen“ (Krenz2014: 54).
In der vorliegenden Arbeit möchte ich nun dieses „Uhrwerk“ mit seinen wesentlichsten
Zahnrädern näher betrachten. Dabei geht es um folgende Fragen:
Wie ist der Situationsorientierte Ansatz aufgebaut und durch welche Erkenntnisse der Forschung ist er begründet?
Welche Kompetenzen benötigen Fachkräfte zur Umsetzung des Ansatzes?
Inwieweit ist er trotz seiner Komplexität und psychoanalyti-schen Ausrichtung für den breiten Einsatz geeignet?
Wie kann der Ansatz ggf. variiert werden, um einen leichteren Einstieg zu ermöglichen?
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Zunächst beschreibe ich die Grundlagen, die Vorarbeiten und die Umsetzung des An-
satzes, um mich dann mit Hilfe von Fachliteratur der Frage nach seinem Wissen-
schaftsbezug zu nähern. Gleichzeitig werden hier auch die notwendigen Kompetenzen
von Fachkräften zur Sprache kommen. Um mich den Antworten auf die Frage nach der
Praxistauglichkeit des Ansatzes zu nähern, habe ich vier Interviews mit Experten ge-
führt: mit dem Autoren des Ansatzes, Armin Krenz; mit Marlies Wagener vom Institut
für angewandte Psychologie und Pädagogik, die seit vielen Jahren Fortbildungen zu
den unterschiedlichen Themenfeldern des Situationsorientierten Ansatzes gibt sowie
mit zwei Kitaleitungen, die diesen Ansatz mit ihren Teams umsetzen. Abschließend
fasse ich meine Erkenntnisse zusammen und benenne neue, interessante Fragen, die
in dieser Arbeit unbeantwortet bleiben müssen.
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2. Der Situationsorientierte Ansatz
Der Situationsorientierte Ansatz wurde in den Jahren 1984 bis 1989 von Armin Krenz
auf Grundlage seiner, durch hermeneutische Forschung gewonnenen Erkenntnisse
entwickelt und seit dem unter Beachtung neuer Ergebnisse in den für die Elementar-
pädagogik relevanten Forschungsbereichen konsequent fortgeschrieben (Krenz 2014:
17). Die Grundlagen, denen sich dieser Ansatz verpflichtet fühlt, die Anforderungen an
die pädagogische Fachkräfte und die notwendigen Vorarbeiten zur Umsetzung sowie
das Vorgehen in der Projektarbeit werden im Folgenden umrissen.
2.1. Wissenschaftsbezug
Insbesondere den Feldern der Entwicklungspsychologie, der Bindungs- und Bildungs-
forschung sowie der Neurobiologie fühlt sich dieser Ansatz verpflichtet (ebd.: 29) und
bezieht sich in starkem Maße auch auf die Psychoanalytik. Der vielzitierte „Wandel der
Kindheit“, der für pädagogische Fachkräfte spürbar und durch Ergebnisse der Kind-
heitsforschung belegbar ist, wird laut Krenz (ebd.: 42ff) durch den Situationsorientierten
Ansatz beantwortet.
Als Grundlage jeder Entwicklung sieht Krenz (2010: 15f) die positiv erlebte Bindungs-
beziehung, die das Kind unterstützt, seine Ich-Kompetenz auf- und auszubauen und so
Vertrauen in sich und sein Handeln zu entwickeln, also Selbstvertrauen herzustellen.
Aktuelle Forschungen zeigten, dass Kinder heute „… in zunehmendem Maße Entwick-
lungsunterbrechungen durch Beziehungsstörungen erleben/erlebt haben, die es ihnen
nahezu unmöglich machen, sogenannte Basisfähigkeiten aufzubauen …“ (ebd.: 17).
Als Beispiele für Basisfähigkeiten benennt Krenz an selber Stelle u.a. Selbst- und
Fremdwahrnehmungsbereitschaft, Wahrnehmungsdifferenzierung, Selbstannahme,
Öffnungsbereitschaft für Selbstexploration, Aktivitätsmotivation zum Stressabbau und
intrinsische Lernmotivation, wobei er anmerkt, dass es zwar keine automatisierten
Entwicklungsabläufe im Aufbau von Fähigkeiten gäbe, Beobachtungsergebnisse je-
doch eine enge Verbindung zwischen einer intensiven Befriedigung der seelischen
Grundbedürfnisse innerhalb einer sicheren Bindungsbeziehung und dem Aufbau basa-
ler Fähigkeiten bzw. der Nichtbefriedigung dieser Bedürfnisse und dem Aufbau von
Verhaltensirritationen zeigten. Krenz sieht also eine bindungsnahe Bedürfnisbefriedi-
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gung als Grundlage für den Aufbau von Fähigkeiten. Diese Fähigkeiten wiederum sei-
en die Grundlage für den Aufbau von Fertigkeiten (ebd.). Die seelischen Grundbedürf-
nisse werden in Kapitel 2.3.2. genannt. Im Anhang ist eine entsprechende Übersicht
mit zugeordneten Kompetenzen und Irritationen zu finden. Basale Fähigkeiten sind lt.
Krenz (ebd.: 21) motorische, emotionale und soziale Kompetenzen, wobei kognitive
Fähigkeiten sich „… nebenbei im Sinne eines concomitant learning …“ entwickelten.
Gleichzeitig stünde heute gerade die Entwicklung kognitiver Kompetenzen im Fokus
und würden vielfach mit dem Begriff „Bildung“ gleichgesetzt. Krenz (2014: 32ff) ver-
steht Bildung dagegen vor allem als Persönlichkeitsbildung und der Fähigkeit zur Ver-
netzung von Können und Wissen; wobei die Nutzung aller Sinne, das eigene Handeln
und das tatsächliche Erleben in realen, alltagsbezogenen Sinnzusammenhängen mit
gleichzeitiger oder anschließender Reflexion des Erlebten, nachhaltige Bildung erst
ermögliche. Dabei sollten möglichst alle Entwicklungsbereiche (Krenz unterscheidet 9
Bereiche: Emotionen, Denken, Intelligenz, Soziabilität, Fantasie, Kreativität, Spra-
che/Sprechen, Motorik, Interessen) in einem Handlungsstrang angesprochen werden.
Auch könnten Kinder nicht „gebildet“ werden, sondern bildeten sich dann selbst, wenn
sie sich angesprochen und intrinsisch motiviert fühlten (ebd.). Diese sog. Bildung aus
1. Hand „… funktioniert am besten und intensivsten, wenn es sie [die Kinder H.C.] emo-
tional berührt und sie die neuen Impulse mit sich persönlich in Verbindung bringen.
Das „Neue“ braucht einen Berührungspunkt, einen Anknüpfungspunkt an bisherige
Erfahrungen, dann wird es im Gehirn neuronal vernetzt …“ (Ingenfeld in Krenz 2010:
37).
Der Situationsorientierte Ansatz nimmt Kinder ernst und bietet ihnen ein Lernen im
„echten Leben“ statt in isolierten Programmen und Themeneinheiten. Hier einige Bei-
spiel zur Veranschaulichung (vergl. Krenz 2014: 35ff; Krenz 2015: 124f):
ein abwechslungsreiches tägliches Kita-Frühstück statt einem 3-wöchigen Thema
„gesunde Ernährung“
der Bau von Instrumenten aus Holz und Metall mit echten Werkzeugen statt dem
Basteln von Schüttelbechern aus Plastik
Wachstumsbeobachtungen an Pflanzen im Garten statt mit Kressesamen auf Wat-
te
matschen, werken, im Regen spielen, Steine schleppen, aus Ästen ein Tipi bauen,
statt Naturtage oder Tastwände zur „Wahrnehmungsförderung“
Kunst als vielfältige Ausdrucksform statt Schablonenarbeiten
Brettspiele, Rollbretter und andere Spielzeuge selber herstellen bzw. vorhandenes
nach Möglichkeit selbst reparieren, statt immer wieder Neues anzuschaffen
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riesige Dinosaurier aus Maschendraht und Kleisterpapier herstellen, statt sie nur
als kleine Bilder in Büchern zu betrachten
Besuche beim Tischler oder Bäcker verfolgen eine Absicht und haben einen be-
stimmten Zweck für den Alltag, statt dass Berufe in einem Thema ohne weiteren
Zusammenhang erarbeitet werden.
Krenz (2004: 35f und 2014: 43f, 70) bezieht sich auf unterschiedliche Autoren, wenn er
die heutigen Lebensbedingungen von Kindern beschreibt:
die Zeiten und Räume von Kindern wären zunehmend beschnitten, zerteilt, ver-
plant und organisiert, was u.a. zur Vernachlässigung des Spiels im Sinne einer
selbstgewählten, fantasievollen Beschäftigung führe
Kinder erlebten immer öfter keine sicherheitsgebenden Umgebungen und fühl-
ten sich ausgeliefert, ohnmächtig, bedroht und in Beziehungsnot
Leistungsanforderungen seien häufig mit (subjektiv empfundenen) Drucksituati-
onen verbunden
die starke Zunahme von Ängsten bewirke Entwicklungsstörungen, Suchtprob-
leme, Gewalt etc.
fehlende Bedürfnisbefriedigung werde durch Konsum kompensiert
immer mehr Kinder litten unter psychosomatischen Beschwerden wie Schlafstö-
rungen, Kopfschmerzen und wiesen Verhaltensirritationen auf
Erwachsene zeigten zunehmende Hilflosigkeit bei Erziehungsproblemen
Auf Grundlage von Ergebnissen der o.g. Forschungsbereiche geht der „Situationsori-
entierte Ansatz … grundsätzlich davon aus, dass Kinder in einer unüberschaubaren
Welt von Eindrücken aufwachsen, die wiederum eine (un-)mittelbare Auswirkung auf
Entwicklungsvorgänge haben: auf die Einstellungen der Kinder, ihre Weltwahrneh-
mung, ihre Weltbewertung, ihre tägliche Lebensgestaltung, ihre Erinnerungswelt und
ihre perspektivische Sicht auf das, was ihrer Meinung nach kommen wird“ und somit
auf ihre gesamte Persönlichkeitsentwicklung (Krenz 2014: 70f). Erlebnisse, Eindrücke
und Erfahrungen, vor-, während- und nachgeburtlicher Art beeinflussten und prägten,
so Krenz (ebd.), also das Leben der Kinder nachhaltig und führten zu entsprechenden
Persönlichkeitsmerkmalen. Diese Einflüsse der Vergangenheit trügen also zu einem
„So-Sein“ des einzelnen Kindes bei und zeigten sich in spezifischem Verhalten in der
Gegenwart, wobei sie sich durch ihre Tendenz zur Verstärkung selbst stabilisierten und
damit „die Verfestigungsgrundlage für die Zukunft“ bildeten (Krenz 2004: 62). Das spe-
zifische Verhalten in der Gegenwart zeigt also lt. Krenz die, von einem Menschen in
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der Vergangenheit erworbene, innerlich getragene Grundauffassung von sich selbst
und seiner Umwelt nach außen. Dies zeige sich in sechs Ausdrucksformen (= codierte
Ausdrucksweisen): dem gezeigten Verhalten, den gewählten und vernachlässigten
Spielformen, den Erzählthemen und der Sprache, dem Malen und Zeichnen, in Tag-
und Nachtträumen sowie in der zum Ausdruck gebrachten Motorik (Krenz 2014: 71).
Um einer Verfestigung entwicklungshinderlicher Einstellungen zu sich und der Umwelt
und damit Selbstständigkeits-, Autonomie- und Soziabilitätsbestrebungen behindernder
Verhaltensweisen entgegen zu wirken, bedarf es lt. Krenz (2004, 2010, 2014, 2015)
der Aufarbeitung und des Neu-Erlebens in Bindungsnähe, so dass sich innere Über-
zeugungen wandeln können, wobei der Lebensfreude als Verstärker des Erlebten und
Gelernten eine hohe Bedeutung beigemessen wird. Gleichzeitig sollen „… Ausdrucks-
formen positiver, konstruktiver, lebendiger Art unterstützt und ausgebaut werden“
(Krenz 2014: 72). Es stellt sich also immer wieder die Frage, was „braucht das Kind,
damit sein entwicklungshinderliches Verhalten überflüssig wird / sein entwicklungsför-
derliches Verhalten noch stärker ausgebaut werden kann?“ (Krenz 2012a: 52). Würden
es sich Pädagogen zur Aufgabe machen, „Kinder dort abzuholen wo sie stehen“, also
das kindliche Erleben als Grundlage der pädagogischen Arbeit zu betrachten, müssten
sie zunächst diese Lebensthemen der Kinder wahrnehmen und verstehen, wobei
gleichzeitig von außen bzw. durch Erwachsene generierten Schwerpunkten eine klare
Absage erteilt werden müsste (ebd.: 70).
„Entwicklungspsychologische Forschungen im In- und Ausland haben es sich seit mehr
als zwei Jahrzehnten unter anderem zur Aufgabe gemacht, die möglichen Hintergrün-
de für die unterschiedlichen Ausdrucksformen auf der Grundlage der analytischen Psy-
chologie zu „entschlüsseln““ (ebd.: 72). Diese Erkenntnisse gelte es zu nutzen, um
Kinder in der Tiefe zu verstehen und sie zu unterstützen, aus entwicklungshinderlichen
Zuständen herauszukommen und damit auch neue Verhaltensweisen zu erwerben
(ebd.). In seinen Literaturhinweisen benennt Krenz (ebd.: 89f) in diesem Zusammen-
hang neben zwei eigenen Büchern z.B. Rose Fleck-Bangert (Diplompädagogin), Wolf-
gang Bergmann (Diplompädagoge), Gwyneth Doherty-Sneddon (Dozentin für Psycho-
logie, University of Stirling, Schottland), Gertraud Finger (Diplompsychologin), Verena
Kast (Professorin für Psychologie, Universität Zürich, Dozentin und Lehranalytikerin,
C.-G.-Jung-Institut, Zürich) und Anne Maguire (Psychoanalytikerin und Dermatologin).
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2.2. Rechtliche Grundlagen
Krenz (2014: 28) misst der Beachtung der Gesetzeslage eine hohe Bedeutung bei. So
verweist er auf die UN-Charta Rechte des Kindes, die in Deutschland 1992 in Kraft
getreten ist und beispielsweise jede Form der Diskriminierung von Kindern verbietet,
ihnen ein Recht auf Spiel, Erholung und kultureller wie künstlerischer Teilhabe zu-
spricht und Bildung als Persönlichkeitsbildung definiert (ebd.: 45ff). Hier betont Krenz
auch, dass der Situationsorientierte Ansatz elementarpädagogische Fachkräfte dazu
auffordert, „… ihre eigenen Verhaltensweisen, pädagogischen Prinzipien, die Gestal-
tung der Tagesabläufe, die methodischen Arbeitsschwerpunkte und die räumlichen
Bedingungen sowie die organisatorischen Strukturen der Einrichtung sorgsam zu
durchleuchten – ebenso wie bestehende Regeln und normative Gegebenheiten (!)-,
wo, wann, durch wen, wie vielleicht das eine oder andere Kinderrecht vernachlässigt
oder verletzt wurde/wird, um Veränderungen zu bewirken“ (ebd.: 44).
Auf den Seiten 29ff befasst sich Krenz (ebd.) mit den Inhalten des Sozialgesetzbuches,
Achter Band, dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) und seinen Aufträgen an
Kindertagesstätten, die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und
gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu fördern und sein Leistungsangebot an den
Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien zu orientieren sowie die Zusammenarbeit
mit den Erziehungsberechtigen zum Wohl der Kinder auszurichten. Die ebenfalls im
KJHG formulierte Differenzierung des Betreuungs-, Bildungs- und Erziehungsauftrags
wird von Krenz (ebd.) unter Einbeziehung der UN-Charta Rechte des Kindes sowie den
Erkenntnissen der Kindheitsforschung und Entwicklungspsychologie, bezogen auf die
Bedürfnisse von Kindern in den ersten Lebensjahren, wie folgt definiert:
Betreuung bedeute in erster Linie den „… Auf- und Ausbau fester, vertrauensvoller
Beziehungen zu Kindern …“ durch Wertschätzung, Respekt und Achtsamkeit als
unbedingte Voraussetzung für nachhaltige Entwicklungsprozesse (ebd. 31).
Bildung sei nicht ein „…Faktor einer besonders hohen Intelligenz…“, sondern „…
vielmehr der Grad einer Persönlichkeitsreifung …“, insofern sei Bildung in erster Li-
nie Persönlichkeitsbildung (ebd. 34).
Erziehung heiße, Kindern „… vielfältige Möglichkeiten und aktive Unterstützung zu
geben, gegenwärtig aktuelle und unverarbeitete Erlebnisse, Erfahrungen und Ein-
drücke zu verarbeiten“ (ebd. 38).
Gleichsam fühlt sich der Situationsorientierte Ansatz den Kindertagesstättengesetzen
der jeweiligen Bundesländer, sofern sie die Vorgaben der UN-Charta und des KJHG
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beachtet haben, sowie den länderspezifischen Bildungsrichtlinien bzw. –konzepten,
sofern diese „eine ganzheitliche Elementarpädagogik in ihren Ausführungen deutlich
werden lassen“, verpflichtet (Krenz 2014: 28).
2.3. Anforderungen und Vorarbeiten
2.3.1. Vielfalt der pädagogischen Ansätze
„Der „Situationsorientierte Ansatz“ darf – wie jeder andere elementarpädagogische
Ansatz auch – keinen Anspruch auf „Alleinexistenz“ besitzen, …“ (ebd.: 8). Krenz weist
in seinem Vorwort (ebd.) deutlich darauf hin, dass eine Vielzahl von pädagogischen
Ansätzen ein Merkmal unserer demokratischen Gesellschaft ist. Im selben Kapitel so-
wie im weiteren Verlauf seines Buches (ebd. 55f) schreibt Krenz, dass eine Kinderta-
gesstätte ihren pädagogischen Ansatz sorgfältig – und damit in Kenntnis und nach ei-
nem ausführlichen Vergleich verschiedener pädagogischer Ansätze – auszuwählen
hat. Dabei sei eine gründliche Situationsanalyse, z.B. die psychologisch bedeutenden
Lebensumstände betreffend, notwendig, da sich die Arbeitsweise einer Kita an den
spezifischen pädagogischen Erfordernissen des jeweiligen Einzugsgebietes und damit
an den Bedarfen der jeweiligen Kinder auszurichten hat.
2.3.2. Rollenverständnis und Kompetenzen pädagogischer Fachkräfte
Entscheidet sich ein Team für den Situationsorientierten Ansatz, folgt – eng verbunden
mit der umfassenden Betrachtung wissenschaftlicher und rechtlicher Grundlagen – die
Erarbeitung eines notwendigen Rollenverständnisses bzw. Selbstbildes der Fachkräfte.
Die Basis der pädagogischen Arbeit sind lt. Krenz (ebd.: 31) verlässliche Beziehungs-
angebote durch die pädagogische Fachkraft, so dass jedes einzelne Kind den Wunsch
entwickelt, sich an diesen Erwachsenen zu binden, weil dies als Voraussetzung für den
Aufbau einer inneren Sicherheit und damit für Selbstbildungsprozesse anzusehen ist.
Eng damit verknüpft ist die Befriedigung der, von Krenz auf entwicklungspsychologi-
scher Grundlage herausgearbeiteten, 16 seelischen Grundbedürfnisse (ebd.: 49): Res-
pekt und Wertschätzung erhalten, Geheimnisse haben dürfen, Vertrauen erfahren, Zeit
haben, verstanden werden, Gewaltfreiheit erleben, Bewegung ausdrücken, Ruhe erle-
ben, Erfahrungsräume erkunden, Mitsprache haben, Optimismus erfahren, Sicherheit
erleben, Liebe als echte Anteilnahme erleben, Gefühle erleben, Sexualität integrieren
und Neugierde (aus)leben (Krenz 2015). Die Erfüllung dieser Grundbedürfnisse sind lt.
Krenz die unverzichtbare Grundlage für den Aufbau basaler Fähigkeiten und erst durch
die Existenz von Fähigkeiten könnten sich Fertigkeiten entwickeln; umgekehrt entwi-
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ckelten Kinder bei nicht ausreichender Erfüllung bestimmter Grundbedürfnisse spezifi-
sche Verhaltensirritationen (ebd.: 58) (siehe Anhang). „So geht der Situationsorientierte
Ansatz konsequent den Weg, Kindern zunächst dabei behilflich zu sein, ihre personale
Ich-Kompetenz zu entwickeln, um daraus eine schrittweise Sachkompetenz aufzubau-
en. Beide Kompetenzfelder stellen nun die Grundlage für die Entwicklung einer Sozial-
kompetenz dar“ (Krenz 2014: 50).
Nun weisen Kinder in Kindertageseinrichtungen sehr unterschiedlich ausgeprägte Bin-
dungssicherheiten und ebenso unterschiedliche „Befriedigungsstände“ hinsichtlich der
16 Grundbedürfnisse auf. Dies ist weniger bestimmt vom jeweiligen Lebensalter, als
vielmehr von den Lebenssituationen der Kinder und damit vor allem von den Verhal-
tensmerkmalen der direkten Bezugspersonen. Die pädagogischen Fachkräfte müssen
ihre Arbeit demnach an den individuellen Bedürfnissen der Kinder, ihren Lebenssituati-
onen und ihrem Entwicklungs(!)alter ausrichten (Krenz 2014: 42). Weitere Aufgaben
bestehen in der eingehenden Beobachtung und Analyse der Aktivitäten aller Kinder
sowie darin, aus diesen Beobachtungen Projekte abzuleiten, die den Bedürfnissen
jedes einzelnen Kindes entsprechen. Dies stellt die praktische Umsetzung des Situati-
onsorientierten Ansatzes dar und wird in Kapitel 2.4. beschrieben.
Folgende Kompetenzen sind für pädagogische Fachkräfte im Situationsorientierten
Ansatz lt. Krenz (ebd.: 42f) beispielsweise notwendig: „… hohe Fachlichkeit, ein aktuel-
les Wissen, Engagement, Belastbarkeit, Zivilcourage, Klarheit, Direktheit im Umgang
mit Anderen, Lebendigkeit, Wachheit, organisiertes und strukturiertes Verhalten, Ziel-
orientierung, Vorurteilsfreiheit, Selbstkritik, reflektiertes Verhalten und Konzentration
auf die wesentlichen Aufgaben …“. Auf Seite 57 desselben Buches wird diese Aufzäh-
lung durch die Persönlichkeitsmerkmale Mut, Begeisterungsfähigkeit, Freude, Opti-
mismus, Neugierde, die Fähigkeit zum Staunen, Ausgeglichenheit, Zufriedenheit im
Beruf, Motivation zur Selbsterfahrung- und Selbstentwicklung ergänzt. Krenz möchte
Fachkräfte als „… Beteiligte, Akteure, Betroffene, Impulsgeber, Beobachter, Moderato-
ren … Lernende und Mitspieler/-innen [sehen, die H.C.] Sinnverbindungen zwischen
dem, was Kinder tun und dem, was Kinder brauchen [erkennen und dafür sorgen, H.C.]
… dass Kinder das Notwenige finden und erfahren …. Professionalisierung im Beruf
und Humanität in der gesamten Umgangskultur mit Kindern vollzieht sich nicht durch
ein Lehren von oben nach unten, sondern durch eine gelebte Identität verinnerlichter
und nach außen getragener Verhaltensweisen“, was bedeutet, dass Ziele für Kinder
zunächst als Ziele für sich selbst anzusehen sind (ebd.: 57). In gleicher Weise würden
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auch kulturelle Werte wie eine konstruktive Konfliktkultur, Sprachkultur oder Esskultur
durch selbstverständliches Vorleben vermittelt (ebd.: 20).
2.3.3. Fort- und Weiterbildung
Das lebenslange Lernen ist inzwischen eine vielfach publizierte Forderung. Auch von
pädagogischen Fachkräften wird im Allgemeinen eine bestimmte Anzahl von Fortbil-
dungstagen pro Jahr erwartet. Der Situationsorientierte Ansatz stellt Fachkräfte aber
auch hier vor besondere Anforderungen. „Einerseits geht es um das regelmäßige (!)
Lesen von aktuellen Fachbüchern und Fachzeitschriften, andererseits um den Besuch
von Seminarveranstaltungen, den Besuch von Kongressen und Fachforen, von Ar-
beitsgruppen und berufspolitisch bedeutsamen Treffen“, wobei einrichtungsinternen
Studientagen als eine „besonders effektive Form der Weiterbildung“ sowie Supervision
und Coaching eine hohe Bedeutung zukommen (Krenz 2014: 58). Bei all diesen Mög-
lichkeiten der Weiterentwicklung darf es lt. Krenz (ebd.: 58) nicht um die persönlichen
Vorlieben und Interessen der einzelnen Teammitglieder gehen, vielmehr müssen sie
grundsätzlich Fachthemen, die für die Einrichtung bzw. die persönliche Weiterentwick-
lung des Einzelnen in Bezug zu seiner Tätigkeit von Bedeutung sind, behandeln. Wur-
de im vorherigen Abschnitt auf notwendige Persönlichkeitsmerkmale von pädagogi-
schen Fachkräften hingewiesen, möchte ich hier exemplarisch einige Wissensbereiche
nennen, die für den Situationsorientierten Ansatz (im Grunde aber für die pädagogi-
sche Arbeit grundsätzlich) von Bedeutung sind: Theorie und Praxis des Bindungsauf-
baus und -erhalts, entwicklungspsychologische Grundlagen (wie z.B. die Entwicklung
von Ich-, Sach- und Sozial-Kompetenz oder die Entwicklung von Resilienz), die Bedeu-
tung des Spiels und entwicklungsförderliche Spielformen, die Bedeutung von Märchen,
die Entstehung eines Selbstwertgefühls, der Aufbau von Schulfähigkeit u.v.m. (ebd.:
48ff). Als besonders typisches Merkmal des Situationsorientierten Ansatzes kann die
psychoanalytische Betrachtung kindlicher (wie erwachsener) Ausdrucksweisen gese-
hen werden, die ein reichhaltiges Symbolverständnis notwendig macht (ebd.: 50f). Hie-
rauf wird in Kapitel 2.4.1. genauer eingegangen. Krenz (ebd.: 51) weist außerdem auf
die Vernetzung der Entwicklungspsychologie mit der Persönlichkeitspsychologie hin
und schreibt: „Kein Wissen ist reine Technik, die für Kinder gedacht ist. Es ist auch
immer mit einem Bedeutungsgehalt für die elementarpädagogischen Fachkräfte ver-
bunden. Fachlichkeit löst eigene Betroffenheit aus“. In Kenntnis des Autors und seiner
Standpunkte darf ich diesen Satz folgendermaßen deuten: Die Auseinandersetzung mit
den seelischen Grundbedürfnissen und dem Symbolgehalt der Ausdrucksformen wirft
auch Erwachsene auf ihre unerfüllten, kindlichen Sehnsüchte und Mängel zurück und
zeigt ihnen, warum sie sich in bestimmten Situationen auf eine bestimmte Art und Wei-
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se verhalten, warum sie bestimmten Anforderungen ausweichen usw. Insofern ist eine
biografie- und selbsterfahrungsorientierte Form der Weiterbildung im Sinne von Selbst-
bildung für die Umsetzung des Situationsorientierten Ansatzes unerlässlich.
2.3.4. Teamentwicklung
Eine weitere Voraussetzung für die Arbeit im Situationsorientierten Ansatz stellt eine
intensive Teamarbeit dar (ebd.: 58f). Krenz merkt an, dass dieser Ansatz davon lebt,
„wie kooperativ und solidarisch, intensiv und ehrlich, klar und unmissverständlich die
Kooperation der Mitarbeiter/-innen auf den unterschiedlichsten Berührungsebenen
klappt“ (ebd.: 58). Im Fokus stehen hier besonders die zwischenmenschlichen Konflikte
und Rivalitäten, die, wenn sie nicht bearbeitet werden, eine fachlich-konstruktive Kom-
munikation und damit eine entwicklungsförderliche Atmosphäre stören oder gar verhin-
dern. Krenz fordert (ebd.), Konflikte zu klären und ausschließlich miteinander, statt
übereinander zu sprechen.
2.3.5. Konzeption und Raumgestaltung
Der nächste Schritt liegt Krenz zufolge in der Erarbeitung einer umfassenden Konzep-
tion, die kontinuierlich zu aktualisieren ist, Ziele, Aufgaben und Arbeitsweisen begrün-
det darstellt und so einen realistischen Eindruck von der Arbeit in dieser bestimmten
Kindertagesstätte gibt (Krenz 2014: 60). Auch der Raumgestaltung wird ein hoher Wert
beigemessen. Krenz fordert „Kindergartenräume müssen LEBENS(T)RÄUME für Kin-
der sein“ (ebd.: 61). Dazu dürften nicht Kriterien wie „gute Putzbarkeit“ oder „genormte“
Sicherheit Ausgangspunkt der Gestaltung sein, sondern kindorientierte Gesichtspunkte
wie freie Flächen zum Spielen, Rückzugsmöglichkeiten, Einbeziehung von Garderoben
und Fluren, Werkmöglichkeiten usw. (ebd.: 61ff). Er fordert Kreativität und Vielfalt in
der Einrichtung der Innen- wie der Außenräume, so dass unterschiedlichste Spielberei-
che mit unterschiedlichsten Nutzungsmöglichkeiten entstehen, nicht aber „überdeko-
rierte“ Räume; insbesondere erteilt er schablonengeprägten Dekorationsgegenständen
eine Absage (ebd. 61ff).
2.3.6. Das Umfeld der Kindertagesstätte
Dem Umfeld kommt im Situationsorientierten Ansatz eine besondere Bedeutung zu:
„Je stärker das Umfeld in alltäglichen, sinnverbundenen Schwerpunkten mit einbezo-
gen wird, desto überflüssiger werden isolierte, künstlich hergestellte Kontakte oder
„Lerneinheiten“ … Wenn sich Kinder im Verkehr bewegen, wird ein „Verkehrstraining“
nicht gebraucht … Ein Kindergarten, der innerhalb seiner Projekte auch den Wald auf-
sucht, um bestimmte Schwerpunkte mit Kindern zu erleben, braucht keine besonderen
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„Waldtage“. Es ist schon verwunderlich, wenn zunächst Kinder von natürlichen Erfah-
rungen ferngehalten werden und dann – ganz im Sinne einer „ganzheitlichen Pädago-
gik“ (!?) – wieder durch „pädagogische Programme“ an ausgeklammerte Erfahrungen
herangeführt werden. Dafür ist im Situationsorientierten Ansatz kein Platz.“ (ebd.: 65).
2.3.7. Zusammenarbeit mit Dritten und Öffentlichkeitsarbeit
Der Zusammenarbeit mit Eltern kommt nach Krenz eine wichtige Rolle zu, die er mit
folgenden Worten umreißt und einschränkt: „Elternmitsprache, -mitarbeit und
-beteiligung: ja! Elternentscheidung/-bestimmung der Pädagogik: nein!“, weil pädagogi-
sche Entscheidungen ausschließlich im Sinne der Kinder unter Berücksichtigung der
o.g. Grundlagen getroffen werden sollen und „so wie jedes Handwerk und jeder aus-
gebildete Handwerker sein Wissen nutzt/nutzen sollte, gestellte Aufgaben optimal zu
erfüllen, so versteht sich auch die Elementarpädagogik als Handwerk“ (ebd.: 63).
Gleichzeitig fordert er unterschiedlichste Formen der Kooperation mit Eltern, von
(Themen-)Elternabenden über Ausflüge und Feiern bis hin zu Elternberatung und dem
Vorhalten angemessener Literatur über Erziehungsfragen (ebd.: 63f). Krenz weist an
gleicher Stelle deutlich darauf hin, dass eine professionelle Haltung im Sinne eines
ausgewogenen Verhältnisses zwischen Nähe und Distanz notwendig ist und Eltern
Fachkräfte als freundlich, klar und kompetent erleben müssen. In der Zusammenarbeit
mit dem Träger erwartet der Situationsorientierte Ansatz eine ebensolche professionel-
le Haltung und Diskussionsfreude im konstruktiven, auf Kinderinteressen gerichteten
Sinn (ebd.: 64). Eine Vernetzung mit anderen Kitas, Schulen, Fachschulen, sozialen
Diensten usw. gehört zum Selbstverständnis einer situationsorientiert arbeitenden Kin-
dertagesstätte, wobei auch hier darauf zu achten ist, dass es sich um eine Ergänzung
der eigenen pädagogischen Arbeit und um einen fachlich-konstruktiven Austausch auf
Augenhöhe handelt und nicht darum, fremde Erwartungen zu erfüllen (ebd.: 65f). Beim
Thema Öffentlichkeitsarbeit kritisiert Krenz, dass viele Kitas ausschließlich durch Zei-
tungsartikel zu Themen wie „Laterne-laufen“ oder „Aufführungen von Theaterstücken“
von sich reden machen; statt dessen (oder zusätzlich) fordert er ein „(fach)politisches
Engagement“ durch professionelle Veröffentlichungen (Jahresberichte, Filmvorführun-
gen, Fachartikel …) und die aktive Teilnahme an Arbeitskreisen sowie Mitwirkung an
Fachtagen u.v.m. (ebd.: 66f).
17
2.4. Projektarbeit
Erst wenn all diese Grundlagen „… zum festen Bestandteil eines solchen Selbstver-
ständnisses der elementarpädagogischen Fachkräfte geworden sind bzw. werden …“
sind lt. Krenz (2014: 67) die Voraussetzungen gegeben, sich der praktischen Umset-
zung von Projekten zuzuwenden. Diese Projekte verlaufen nach einem klar strukturier-
ten Schema, dass ich im Folgenden vorstelle.
2.4.1. Beobachtung, Dokumentation und Entschlüsselung der Ausdrucksformen
Wie bereits in Kapitel 2.1. benannt, zeigen Kinder (wie auch Erwachsene) lt. Krenz ihr
Seelenleben durch 6 Ausdrucksformen. Im Situationsorientierten Ansatz werden nun
die Ausdrucksweisen jedes einzelnen Kindes in möglichst allen Ausdrucksformen über
einen längeren Zeitraum beobachtet und strukturiert dokumentiert, wobei pro Aus-
drucksform nach Möglichkeit drei bis sechs, für das Kind typische (nicht einmal oder
selten gezeigte!) Beispiele gefunden werden sollten (ebd.: 72ff).
Krenz unterscheidet bei der Dokumentation und Entschlüsselung von Ausdruckswei-
sen
das beobachtete Verhalten,
den Ausdruckswert dieses Verhaltens (was „sagt“ das Kind damit, wie geht es
ihm?),
den Erzähl- bzw. Bedeutungswert (was braucht das Kind?) sowie
die pädagogischen Konsequenzen (Krenz 2012a: 52f; 2014: 72f).
In seinen Publikationen nennt er zahlreiche Beispiele, wie Ausdrucksweisen deuten
seien. Hier einige Beispiele:
- Das Nutzen von Spielzeugwaffen deutet darauf hin, dass Kinder sich in bestimmten
Situationen wehrlos fühlen (vergl. auch im Folgenden Krenz 2012b: 211).
- Kindern, die Andere im Spiel stören, geht es so schlecht, dass sie es nicht aushal-
ten, dass andere Kinder fröhlich sind.
- Einkoten (nach abgeschlossener Sauberkeitsentwicklung) ist ein Zeichen dafür,
dass Kinder ihre Aggressionen unterdrücken müssen.
- Die Verweigerung des Malens deutet darauf hin, dass Kinder Angst haben, ihre
starken Belastungen, die sie auf diese Weise zu Papier bringen würden, vor sich zu
sehen.
- Um sich selbst beim Malen und Zeichnen zu personifizieren, nutzen Kinder häufig
Häuser oder Bäume. Hier deutet beispielsweise das (nicht) Vorhandensein und die
Größe, Anzahl, Ausschmückung usw. von Fenstern auf eine erlebte oder ge-
18
wünschte Nähe bzw. Distanz oder die Art der Darstellung von Wurzeln auf mehr
oder weniger vorhandene Unsicherheit bzw. Handlungskompetenz (Krenz 2002:
109).
- Auch die Auswahl der genutzten oder vermiedenen Farben (ebd.: 93ff) oder der
Umgang mit dem fertigen Bild (zusammenknüllen, falten, zerschneiden,…) (ebd.:
115ff), einzelne Grapheme (Krenz unterscheidet 20, z.B. Punkt, Kurvenlinie,
Schlangenlinie, Spirale) (ebd.: 67ff), weitere gegenständliche Darstellungen (ebd.:
107ff) stellen lt. Krenz entschlüsselbare Ausdrucksweisen dar.
Diese Ausdrucksweisen sind in einer ganzheitlichen Betrachtung zu deuten (vergl.
auch im Folgenden Krenz 2012c). Alle beobachtbaren Ausdrucksweisen sind mit den
bekannten Lebensumständen des Kindes in eine Sinnverbindung zu bringen. Ziel ist
es, das einzelne Kind zu verstehen, um ihm künftig über die Veränderung der Bedin-
gungen (feinfühligerer Umgang, angemessene Angebote, etc.) entwicklungsförderliche
Erfahrungen zu ermöglichen.
Zum besseren Verständnis folgt nun ein Beispiel von Spitz-Güdden (2008) in der Aus-
drucksform „Spiel“, welches sich jedoch nicht auf die Planung eines Projektes bezieht,
sondern auf die Entwicklung einer individuellen Maßnahme für ein einzelnes Kind: „Ausdrucksform Ausdruckswert Erzähl-, Bedeutungswert Päd. Konsequenz
Das Kind unterbricht häufig
das Spiel anderer Kinder.
Es wechselt häufig die
Spielbereiche
Beim Betrachten und
Vorlesen von Bilderbü-
chern kann das Kind zuhö-
ren und ist aufmerksam.
Im Rollenspiel:
a) Mit Erwachsenen spielt
es immer das Baby.
b) Alleine in der Verklei-
dungsecke spielt es häufig
Polizist.
Ich bin nicht beim Spiel
dabei und fühle mich
ausgeschlossen.
Ich stehe innerlich unter
Druck und kann mich auf
kein Spiel einlassen.
Hier fühle ich mich wohl
und kann mich auf die
Situation und Nähe einlas-
sen.
a) Ich bin in meinem Urver-
trauen nicht befriedigt und
fühle mich hilflos.
b) Hier bin ich mächtig und
kann für Recht und Ord-
nung sorgen – ich bin in
innerer Unordnung.
Ich brauche die Annahme
um meiner selbst willen.
Ich brauche Druckentlas-
tung.
Ich brauche mehr Nähe
und Halt.
a) Ich brauche das Gefühl
von Nestwärme und Ge-
borgenheit.
b) Ich brauche mehr
Selbstbestimmung.
Um Urvertrauen aufzubau-
en muss das Bedürfnis
nach Nahe befriedigt sein.
Mit dem Kind kann eine Art
Nest gebaut werden und
solange Baby gespielt
werden, bis der Wunsch
des Versorgtwerdens
befriedigt ist. Wichtig – das
Kind bestimme den Zeit-
punkt, wann das Spiel
beendet ist.“
19
2.4.2. Vom einzelnen Lebensplan zum Projektthema Hat man nun für alle sechs Ausdrucksformen eine ausreichende Anzahl von Beobach-
tungen vorliegen und diese im Sinne von Bedeutungs- und Ausdrucks-/Erzählwert ge-
deutet, ist lt. Krenz (2014: 75) grundsätzlich ein roter Faden zu erkennen, der sich
durch alle bzw. die meisten Aussagen zieht. Es „offenbart sich ein Verhaltensmuster,
das sich offensichtlich im Laufe der Zeit und des Kind(-er-)lebens herausgebildet hat
…“, wobei „… außergewöhnlich viele Kinder etwa ein Verhaltensmuster zeigen, we l-
ches deutlich macht, dass Kinder:
unter Druck stehen und Druckentlastung suchen,
unglücklich sind und Glück erleben wollen,
sich schwach und minderwertig fühlen und Seelenstärke brauchen,
Angstsituationen ausgesetzt sind und eine Befreiung aus der Angst suchen,
Einsamkeit erleben und auf der Suche nach Annahme sind,
unter Anspannung leben und Entspannung suchen,
mutlos sind und eigentlich mutig sein wollen,
Anforderungen mit Resignation begegnen und lieber Wagnisse eingehen würden,
Angst vor Versagenserlebnissen haben und daher innere Stärke brauchen,
in Überforderungen stecken und sich davon zu befreien versuchen,
unterfordert sind und auf der Suche nach „echten“ Herausforderungen sind,
Enttäuschungen mit sich herumtragen und lieber eine emotionale Freiheit hätten.
Natürlich (!) gibt es daneben auch Kinder, die sogenannte positive Verhaltensmuster
zum Ausdruck bringen, doch sind sie im Verhältnis zur Gesamtzahl der beobachteten
Kinder deutlich in der Minderheit.“ (ebd.76). Weiter weist Krenz darauf hin, dass es im
Situationsorientierten Ansatz nicht um eine negativ geprägte Projektarbeit handele. Ich
denke, dies wird im weiteren Verlauf der Beschreibung deutlich.
Der „rote Faden“, der bei einer vernetzten Betrachtung aller Ausdrucksweisen und ihrer
Erzählwerte zu entdecken ist, bezeichnet Krenz (ebd.) als individuellen Lebensplan
eines Menschen, der dazu diene, die seelischen Grundbedürfnisse zu befriedigen.
Auch hier nennt Krenz an selber Stelle Beispiele zur Verdeutlichung dieses Zusam-
menhangs: Unter Spannung stehende Kinder suchten häufig intensive Bewegung, um
Stress abzubauen und entspannter zu sein, einsame Kinder suchten häufig die Nähe
von Erwachsenen, unsichere Kinder suchten sicherheitsgebende Situationen und Per-
sonen und könnten sich nicht nur schwer von Bezugspersonen trennen und auf neue
Situationen einlassen usw.
20
Wenn nun auf diese Weise unter die Lebenspläne aller Kinder einer Gruppe entschlüs-
selt wurden, gilt es, so Krenz (ebd.: 80) „… eine Häufung von Lebensplänen möglichst
vieler Kinde zu entdecken und festzustellen“, welches dann das Thema des nächsten
Projektes darstellt und nennt in diesem Zusammenhang wiederum Beispiele: Lebens-
freude entdecken und verstärkt erfahren, Angst haben und Mut entwickeln, sich
schwach fühlen und Stärke in sich entdecken. Ist das Projektthema identifiziert, gilt es
Beispiele aus dem direkten Erleben jedes einzelnen Kindes und der Fachkräfte zu fin-
den und zu beschreiben.
2.4.3. Gruppenkreis zum Projektthema
Diese Beschreibungen benötigen die Fachkraft im nun folgenden Sitzkreis mit den Kin-
dern, wenn sie jedem Kind durch direkte Ansprache sein persönliches Beispiel in Kürze
beschreibt (Krenz 2014: 80). Krenz empfiehlt hier maximal sieben Sätze pro Beispiel
zu nutzen und schildert folgende Sprachbeispiele für ein angenommenes Projekt
´Angst erleben und überwinden´: „„Jennifer, als du letztens einmal mit der großen Säge
die Bretter zersägt hast, kam Max und wollte dir die Säge wegnehmen. Da hast du dich
vor ihn hingestellt und die Säge hinter deinem Rücken versteckt. Du hast auch ganz
laut gesagt, du wüsstest gar nicht, wo die Säge ist. Bestimmt hast du Angst gehabt,
dass Max dir die Säge einfach fortholen wollte.“ „Max, du warst vor ein paar Tagen auf
dem hohen Baum. Dabei bist du ganz hoch geklettert. Plötzlich hast du laut gerufen, du
wüsstest gar nicht, wie du wieder runterkommen kannst. Und ganz fest hast du dich an
dem dicken Ast festgehalten. Ich glaube, du hast Angst gehabt, runterzufallen oder für
immer auf dem Baum bleiben zu müssen.“ „Katrin, du warst in der Küche und hast mit
uns den großen Kuchen backen wollen. Dabei ist dir der Krug mit der Milch auf den
Boden gefallen und der ging kaputt. Du hast dann ganz doll geweint und gesagt, du
könntest nichts dafür. Bestimmt hast du Angst gehabt, dass einer von uns Erwachse-
nen mit dir schimpft““ (vergl. auch im Folgenden Absatz Krenz 2014: 81f).
Es sei von Vorteil, die Beschreibungen mit dem Namen des Kindes zu beginnen, im
Anschluss die Situation möglichst genau zu beschreiben und im letzten Satz das Pro-
jektwort (in diesem Fall: Angst) zu benennen. Dabei sei unbedingt darauf zu achten,
dass die Beispiele bzw. die Art des Vortrages Kinder nicht beschämt und dass keine
Geheimnisse preisgegeben werden, auch dürften die Kinder Nachfragen stellen und
das Erzählte ergänzen oder korrigieren. Spätestens zum Ende der Runde benennt die
Fachkraft auf gleiche Weise ein echtes, eigenes Beispiel.
21
Hieran anschließend werden die Kinder gefragt, ob sie denn noch weitere Situationen
kennen, in denen sie schon mal Angst hatten und dies löst lt. Krenz (ebd.) eine von
zwei möglichen Reaktionen aus: Entweder die Kinder reagieren so gut wie nicht „ent-
sprechend der unausgesprochenen Frage der Kinder: „Was will die denn von uns?““,
was den Beweis dafür brächte, dass der identifizierte Projektschwerpunkt nicht passt
und damit die Lebenspläne der Kinder nicht treffend entschlüsselt wurden oder die
Kinder berichten lebendig von einer Vielzahl von Beispielen (wie Angst vor Hexen,
Spinnen, dunklen Höhlen, Gewitter, anderen Kindern, …), wobei dann davon ausge-
gangen werden könne, dass „realitätsbezogene Vergangenheitsbilder durch diese Ein-
führungsrunde aktualisiert wurden“ und nun zum Ausdruck gebracht werden (ebd. 81f).
Diese Beispiele sollen während des Kreises von den Fachkräften aufgeschrieben wer-
den, denn sie bieten die Basis für die Projektplanung (ebd.).Sind in der Gruppe jüngere
Kinder oder Kinder, die die deutsche Sprache noch nicht ausreichend beherrschen
(und keine Übersetzungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen), sei es nötig, dass sich
die Fachkraft bemüht, Inhalte zu finden, die zu den Lebensplänen des jeweiligen Kin-
des bzw. der jeweiligen Kinder passen (ebd.).
2.4.4. Projektplanung, -durchführung, -dokumentation und –auswertung
Die pädagogischen Fachkräfte sichten nun die notierten Begriffe bzw. Situationen und
leiten daraus Aktionen mit der Gruppe und sinnvolle oder notwendige Vorbereitungen
ab, wobei folgende Aspekte Berücksichtigung finden sollen:
Situationen, die in Aktionen innerhalb der Kita umgesetzt werden können
Situationen, die in Aktionen außerhalb der Kita umgesetzt werden können
Lieder, Werkarbeiten, Spiel, Märchen, Musik- oder Kunstaktionen, die im Zusam-
menhang mit den genannten Situationen sinnvoll erscheinen
Themen, die in die Zusammenarbeit mit Eltern einfließen können/müssen
mögliche Kooperationspartner für einzelne Vorhaben
dabei ließen sich die Aktionen den Lernfeldern bzw. Förderschwerpunkten der län-
derspezifischen Bildungsrichtlinien für Kindertagesstätten zuordnen, wobei in ei-
nem Projekt alle Bereiche Berücksichtigung finden sollen (Krenz 2014: 82ff).
Haben die Fachkräfte eine Ordnung und (vorläufige) Reihenfolge festgelegt, beginnt
die Durchführung des Projektes, das zwischen acht Wochen und sechs Monaten oder
auch länger dauern kann (ebd.: 84). Die Projektschwerpunkte könnten lt. Krenz (ebd.:
83) beispielsweise in der vorgesehenen Reihenfolge auf ein Plakat gemalt werden, so
dass der Projektverlauf für die Kinder nachvollzieh- und vorhersehbar ist; dabei können
natürlich (neu) auftretende projektbezogene Bedarfe trotz dieser Vorausschau aufge-
22
nommen werden. Um die pädagogische Arbeit für Eltern transparent zu machen, er-
wartet der Situationsorientierte Ansatz (ebd.), dass wöchentlich ein besonderer
Schwerpunkt des Projektes mit den entsprechenden Lern- und Erfahrungsmöglichkei-
ten als Nachschau präsentiert wird. Dies könne beispielsweise nach den Bereichen
emotional, sozial, motorisch, sprachlich und kognitiv strukturiert werden. Gleichzeitig
wird ein Projekttagebuch geführt, in dem Fachkräfte täglich besondere Ereignisse fest-
halten und Kinder ihre Erlebnisse zeichnerisch oder mit Hilfe von Fotos eintragen kön-
nen (ebd.). Am Ende des Projektes erfolgt eine Auswertung mit den Kindern. „Dazu
werden die Fotos, die während des Projekts gemacht wurden, angeschaut, Tonauf-
nahmen angehört, Bildaufnahmen betrachtet, Werkarbeiten „nach“ bestaunt und das
Projekttagebuch noch einmal durchgeblättert und kommentiert“ (ebd.).
2.4.5. Weitere Hinweise
Schon während des laufenden Projektes gilt es im Situationsorientierten Ansatz erneut
Ausdrucksformen zu dokumentieren, um „… nach einem zeitlich angemessenen Aus-
klang…“ mit einem neuen Projekt beginnen zu können (Krenz 2014: 83). Im Situati-
onsorientierten Ansatz existiert nicht nur eine klare Struktur im projektorientierten Vor-
gehen, auch die Tage folgen einem festgelegten Ablauf: Er beginnt mit einer „Ein-
stiegsrunde“, zu dem die Kinder eingeladen (also nicht gezwungen) werden; darauf
folgt der „Hauptteil“, in dem das Projekt, anknüpfend am Vortag weitergeführt wird; das
Ende markiert eine Abschlussrunde, in der über Besonderheiten des Tages gespro-
chen und der nächste Tag geplant werden kann (ebd.: 84). Lt. Krenz (ebd.: 83) bele-
gen „ungezählte Beispiele situationsorientiert arbeitender Kindergärten …, dass Projek-
te lebendige, aktive, lustvolle und spannende Erlebnisaktionen sind, die Kinder und
Erzieher/-innen gleichermaßen faszinieren“.
2.5. Fazit
Der Situationsorientierte Ansatz verlangt von pädagogischen Fachkräften ein Höchst-
maß an Fachkompetenz im Sinne emotionaler, sozialer und kognitiver Fähigkeiten und
Kenntnisse. Daher bedarf er einer langfristigen Vorbereitung und regelmäßiger Fortbil-
dung sowie eines entsprechend großes Zeitkontingentes für kontinuierliche Dokumen-
tation, Auswertung und Planung. Krenz bezieht sich in seinen Ausführungen zum Si-
tuationsorientierten Ansatz auf gesetzliche Vorgaben, die er konsequent (im Sinne des
Ansatzes) für eine entwicklungsförderliche Pädagogik auslegt. Der Ansatz ist in sich
schlüssig und nachvollziehbar. Seine Grundannahme kann wie folgt zusammengefasst
23
werden: Jedes Verhalten eines Menschen hat einen Sinn und verfolgt das Ziel der
Grundbedürfnisbefriedigung, ist aber manchmal nicht ausreichend entwicklungsförder-
lich und soziabel. So müssen Fachkräfte Kindern das geben, was sie brauchen, um
sich anders (entwicklungsförderlicher und soziabler) verhalten zu KÖNNEN und zu
WOLLEN. Lt. Krenz bilden wissenschaftliche Erkenntnisse die Grundlage seines An-
satzes. Er begründet (fast) jeden Aspekt des Situationsorientierten Ansatzes und gibt
in jeder Schrift eine Vielzahl von Literaturhinweisen, belegt seine Grundannahmen aber
innerhalb seiner Ausführungen nur wenig. Im nächsten Kapitel werde ich mich daher
mit einem Abgleich seiner Grundaussagen mit einschlägiger Literatur befassen.
3. Überprüfung des Wissenschaftsbezugs
Meine bisherigen Ausführungen zum Situationsorientierten Ansatz fasse ich im Fol-
genden in 5 Grundaussagen zusammen, die nach meinem Verständnis die Basis des
Ansatzes bilden. Diese Grundaussagen überprüfe ich mit Hilfe von Literaturrecherchen
auf ihre Wissenschaftlichkeit und stelle eigene Überlegungen an.
3.1. Bindung Grundaussage: Sichere Bindungserfahrungen sind notwendig für den Aufbau des
Selbstvertrauens und damit für die Entwicklung von Basiskompetenzen bzw. für Bil-
dungsprozesse im Allgemeinen.
Die Bindungstheorie, die auf John Bowlby zurückgeht, besagt, dass Kinder Bindungen
zu Erwachsenen entwickeln, um ihr eigenes Überleben zu sichern und dass sichere
Bindungen die Exploration des Kindes [und damit sein Selbstbildungsverhalten H.C.]
ermöglichen und unterstützen (Siegler et al. 2011: 416ff). Während meines Studiums
habe ich mich bereits in mehreren Arbeiten (vergl. Chmielnik 2014a, 2014b, 2016a)
mit dem Thema Bindung befasst und sehe den Zusammenhang zwischen dem Erwerb
sicherer Bindungsmuster und einer gesunden Entwicklung als unstrittig an. Lt. Bowlby
(2010; 30f) erschienen bereits zwischen 1937 und 1943 zahlreiche, voneinander unab-
hängig erstellte Arbeiten über die Auswirkungen von Heimaufenthalten oder den
Wechsel von Pflegemüttern, die in ihren Schlussfolgerungen zu übereinstimmenden
24
Ergebnissen kamen: „Mit eintöniger Regelmäßigkeit weist jeder Untersucher auf die
Unfähigkeit des Kindes zu menschlichen Beziehungen als des zentralen Faktors hin,
von dem alle anderen Störungen ausgehen …“. An anderen Stellen nennt Bowlby
2010) Verhaltensmerkmale als Folge von Beziehungsstörungen wie „Oberflächlichkeit
der menschlichen Beziehungen; … Mangel an Mitgefühl; hinterhältiges und auswe i-
chendes Benehmen; Teilnahmslosigkeit; Stehlen; Konzentrationsschwäche in der
Schule“ (ebd.: 30), „Bettnässen, … Zunahme von Aggressionen und die Unfähigkeit,
Frustrationen zu ertragen“ (ebd.: 41f), Kleinkindverhalten obwohl dies altersgemäß
nicht erwartbar wäre (ebd.: 145) oder auch „… ein extrem heiteres und aktivistisches
Benehmen“ (ebd.: 46). Ainsworth schreibt bei Bowlby (2010: 169), „eine beträchtliche
Zahl von Studien“ zeige, dass die Heimunterbringung nicht die einzige Ursache für
Deprivation darstelle, sondern dass Kinder, deren Mütter keine angemessene Bin-
dungsbeziehung zu ihnen herstellen konnten, ebenfalls Entwicklungshemmungen auf-
wiesen, ohne dass sie von ihren Müttern getrennt waren. Auch Schore wies in seinem
Vortrag über die Entstehung des mentalen Systems (vergl. auch im Folgenden Schore
2007: 57ff; vergl. auch Chmielnik 2014a) ganz eindrücklich auf die Verbindung zwi-
schen gelingender Mutter-Kind-Interaktion und kindlicher Entwicklung hin. Frühe Bin-
dungsinteraktionen beeinflussten die sozial-emotionale Struktur des Gehirns, da sie
während des Wachstums der rechten Hemisphäre stattfänden, in der das „Arbeitsmo-
dell für Beziehungen“ (nach Bowlby) abgespeichert würde. Dies seien unbewusste
Prozesse, die lebenslang (unbewusst) wirkten. Schore (ebd.) wie auch Ahnert (2008:
29f) verweisen darauf, dass gelungene Bindungsprozesse Anpassungsleistungen des
Kindes an seine Umwelt und somit eine aktive Affektregulation (erst in Beziehung,
dann auch allein) ermöglichten. Die „psychologische Anpassung in bindungstheoreti-
scher Sicht … erzeugt im Verlauf der Entwicklung „etwas, das wir konstruktive internale
Kohärenz“ nennen (Grossmann/Grossmann 2004). Sie macht das Kind „klug“ und
kompetent“ (Ahnert 2008: 29f). Ferner empfände sich ein solches Kind selbst als wer-
tig, könne seine Gefühle benennen und in einen äußeren Zusammenhang bringen und
bleibe trotz negativer Gefühle handlungsfähig (ebd.).
Braun und Helmeke beschreiben bei Ahnert (2008: 288) eine Studie von Skeels, die in
den 1960er Jahren an Heimkindern im Alter zwischen 7 und 30 Monaten durchgeführt
wurde. Diese Studie kann aus ethischer Sicht sicher kritisiert werden, brachte aber ein
wesentliches und gleichermaßen erstaunliches Ergebnis: „Aus einer Gruppe von
Heimkindern (alle mehr oder weniger stark geistig zurückgeblieben) wurde ein Teil der
Kinder aus dem Waisenhaus als „Pflegekinder“ in ein Heim für debile Frauen verlegt.
Die übrigen Kinder (im Durchschnitt geistig normal entwickelt) verblieben als Kontroll-
25
gruppe im Waisenheim. Die debilen Frauen des Heimes bauten stabile Eins-zu-Eins-
Beziehungen zu ihrem Pflegekind auf und die Kinder erhielten kontinuierliche und un-
eingeschränkte emotionale Zuwendung. Ein Vergleich zwischen den beiden Kinder-
gruppen nach zwei Jahren ergab bereits signifikante Unterschiede: verbesserte Intelli-
genzleistungen der „Adoptivkinder“ und ein Entwicklungsdefizit der im Heim verb liebe-
nen Kinder. Diese Unterschiede ließen sich bis ins Erwachsenenalter nachweisen“.
3.2. Grundbedürfnisbefriedigung
Grundaussage: Die Erfüllung der 16 seelischen Grundbedürfnisse bietet Bindungs- und
Explorationsangebote und bewirkt den Aufbau von Fähigkeiten, die wiederum die Aus-
bildung von Fertigkeiten ermöglichen. Die Nicht-Erfüllung der Grundbedürfnisse führt
zu Verhaltensirritationen.
Dem vorigen Kapitel konnte bereits entnommen werden, dass sichere Bindungsbezie-
hungen sowie die Möglichkeit zur Exploration die Voraussetzungen für den Erwerb
grundlegender Kompetenzen bilden und dass die Abwesenheit dieser Faktoren als ein
wesentlicher Grund für Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsverzögerungen an-
zusehen sind. Auch Hüther (vergl. auch im Folgenden 2008) formuliert, dass Men-
schen „dazugehören“ und „über sich hinaus wachsen“ wollen. Dies seien auch die ers-
ten Erfahrungen im Mutterleib: Untrennbar mit der Mutter verbunden zu sein und täg-
lich „über sich hinaus“ zu wachsen. Diese beiden Grundbedürfnisse seien aber wider-
sprüchlich und schlössen sich häufig gegenseitig aus. Es sei eine Entwicklungsaufga-
be, zu erkennen, dass beides nicht ständig, aber immer wieder zu erreichen sei, wobei
Hüther dies nicht für selbstverständlich, sondern nur unter der Voraussetzung von
„Liebe“ für möglich hält. Nur Menschen, die den Anderen um seiner selbst willen lie-
ben, gewährten ihm innige Verbundenheit und gönnten ihm gleichzeitig persönliches
Wachstum. Bei fehlschlagender Integration dieser beiden (gegensätzlichen) Bedürfnis-
se müsse von der Entwicklung von Verhaltensauffälligkeiten, psychosomatischen Be-
schwerden bis hin zu schweren psychischen Erkrankungen ausgegangen werden.
Krenz differenziert nun eine gelingende Bindungs- und Beziehungsgestaltung und die
dadurch bedingte Möglichkeit und Erlaubnis zur Exploration in 16 Grundbedürfnisse,
die ich nun den beiden „Hauptbedürfnissen“ zuordne: Respekt und Wertschätzung,
verstanden werden, Gewaltfreiheit erleben, Mitsprache haben, Sicherheit erleben und
Liebe als echte Anteilnehme erleben sind aus meiner Sicht in der Hauptsache dem
26
Bindungsbedürfnis zuzuordnen; Geheimnisse haben, Vertrauen erfahren, Zeit haben,
Bewegung ausdrücken, Ruhe erleben, Erfahrungsräume erkunden, Optimismus erfah-
ren, Gefühle erleben, Sexualität integrieren und Neugierde ausleben, dem Bedürfnis
nach Exploration. Diese Unterteilung soll keine klare Trennung, sondern lediglich eine
inhaltliche Tendenz beschreiben und auf die allgemein akzeptierte Theorie über die
Felder Bindung und Exploration als Bildungsgrundlage verweisen.
Der Bedürfnispyramide von Maslow ist eine Hierarchie der Bedürfnisse zu entnehmen.
Nach Boeree (2006) entdeckte er in seiner Arbeit mit Affen, dass bestimmte Bedürfnis-
se Vorrang vor anderen haben. 1943 stellte er eine fünfstufige Rangfolge auf, die er in
der Folge weiter entwickelte (vergl. auch im Folgenden Borree 2006, Eisold 2011).
1973 veröffentlichte er die achtstufige Pyramide:
1. Physiologische Bedürfnisse
2. Sicherheitsbedürfnisse
3. Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Liebe
4. Bedürfnis nach Achtung und Wertschätzung
5. Bedürfnis nach Wissen und Verstehen
6. Ästhetische Bedürfnisse
7. Bedürfnis nach Selbstverwirklichung
8. Bedürfnis nach Transzendenz
Maslow ging davon aus, dass die jeweils vorrangige Bedürfnisstufe weitgehend erfüllt
sein muss, um das darüber liegende Bedürfnis zu spüren. So würde erst ein Sicher-
heitsbedürfnis erzeugt, wenn elementare Bedürfnisse wie Hunger, Durst, Schlaf etc.
ausreichend abgedeckt seien und erst in einem Zustand akzeptabler Sicherheit verfol-
ge der Mensch sein Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Diese wiederum bilde die Grundla-
ge von Selbstachtung auf der Basis sozialer Achtung und Wertschätzung. Das Be-
dürfnis nach Bildung (Stufe 5) stelle sich also erst ein, wenn die vorerwähnten Bedürf-
nisse weitgehend gesättigt seien. „Maslow betrachtet all diese Bedürfnisse als lebens-
wichtig. … Ihm zufolge sind all diese Bedürfnisse genetisch in uns angelegt, ebenso
wie die Instinkt“ (Boeree 2006). Die ersten vier Bedürfnisse „… nennt Maslow Defizit-
bedürfnisse … Wenn Sie nicht genug von einem der genannten haben … dann verspü-
ren Sie das jeweilige Bedürfnis. Haben wir alles, was wir brauchen, fühlen wir auch
nichts! Anders ausgedrückt hören diese Bedürfnisse dann auf zu motivieren“ (ebd.).
Oder im Sinne der Schriften von Krenz: Erst wenn ein Bedürfnis weitgehend gesättigt
ist, hört das Kind (der Mensch) auf, sich danach zu sehnen und ggf. mit Verhaltensirri-
tationen auf seinen Mangel aufmerksam zu machen.
27
Maslows Konzept lässt sich in der Bindungsforschung im Abhängigkeitsverhältnis Bin-
dungssicherheit (Aspekte: physiologische Bedürfnisse, Sicherheit, Zugehörigkeit u.
Liebe, Achtung u. Wertschätzung) und Exploration (Aspekt: Achtung u. Wertschätzung,
Wissen u. Verstehen) wiederfinden. Auch die seelischen Grundbedürfnisse nach Krenz
lassen sich, wenn auch nicht immer eindeutig den Maslowschen Bedürfnissen zuord-
nen:
1. Die physiologischen Bedürfnisse kommen in den seelischen Grundbedürfnissen
nach Krenz in Form von Integrieren der Sexualität, Ruhe und Bewegung ausdrücken
zum Tragen.
2. Sicherheit als Grundbedürfnis finden wir bei Maslow wie auch bei Krenz, das Be-
dürfnis nach Gewaltfreiheit (Krenz) ist dem zuzuordnen.
3. Sich verstanden und geliebt zu fühlen (Krenz) entspricht dem Bedürfnis nach Zuge-
hörigkeit und Liebe bei Maslow.
4. Achtung und Wertschätzung nach Maslow finden sich bei Krenz in Respekt / Wert-
schätzung, Geheimnisse haben, Vertrauen erfahren, Mitsprache haben, Zeit haben,
Optimismus erfahren und Gefühle erleben.
5. Die fünfte Stufe bei Maslow entspricht den Krenzschen Bedürfnissen nach Neugier-
de (aus)leben und Erfahrungsräumen.
Den Maslowschen Bedürfnissen 6 – 8 setzt Krenz meines Erachtens keine seelischen
Bedürfnisse an sich gegenüber. Schauen wir uns allerdings die von ihm beschriebene
Wirkungsweise der Bedürfnisbefriedigung an, finden wir wiederum Parallelen:
6. Definieren wir ästhetische Bedürfnisse als den inneren Wunsch nach Ordnung und
Schönheit (Dede 2003 nach Zimbardo, Gerrig), so finden wir bei Krenz (2015, siehe
auch Anhang) Kompetenzen und Fertigkeiten, die für deren Schaffung und Erhaltung
notwendig scheinen: Umgangskulturelle Werte, Leistungsbereitschaft, Sorgsamkeit,
intrinsische Motivation, Konzentrationsfertigkeit, Selbstdisziplin, Zuständigkeitsempfin-
den als durch Grundbedürfnisbefriedigung erwerbbare Fertigkeiten sowie Selbstenga-
gement, Entlastung, Ausgewogenheit, Lebensfreude und Freude an Veränderung [und
damit an Gestaltung H.C.] sowie Genussfähigkeit als Erwachsenenkompetenz, die ei-
nerseits aus der Grundbedürfnisbefriedigung resultiere, andererseits zur Grundbedürf-
nisbefriedigung bei Kindern notwendig seien. Das bedeutet, Krenz sieht (ähnlich wie
Maslow) die Befriedigung der in 1. bis 5. benannten Bedürfnisse als eine Grundvoraus-
setzung an, sich der Befriedigung ästhetischer Bedürfnisse zuzuwenden.
28
7. In gleicher Weise kann Maslows Bedürfnis nach Selbstverwirklichung mit Krenz
(ebd.) verglichen werden. Bei Dede (ebd.) findet sich die Definition des Begriffs als
„Bedürfnis, das eigene Potenzial auszuschöpfen, bedeutende Ziele zu haben“. Hier
können wir die Basisfähigkeiten Akzeptanz einer ganzheitlichen Identität, Selbstan-
nahme, Selbstwahrnehmung, Fremd- (und damit Welt- H.C.)wahrnehmung sowie Ent-
wicklungsinteresse und wiederum die Fertigkeit Leistungsbereitschaft und die Erwach-
senenkompetenzen Entlastung, Ausgewogenheit, Lebensfreude, Freude an Verände-
rung sowie Selbstveränderungsbereitschaft und aktive Lebensgestaltung als Voraus-
setzung für Selbstverwirklichung annehmen.
8. Lt. Duden bedeutet Transzendenz „jenseits der Erfahrungen des Gegenständlichen
Liegendes“ (bildungssprachlich) und „das Überschreiten der Grenzen von Erfahrungen
und Bewusstsein, des Diesseits“ (Philosophie). Neben vielen der unter 6. und 7. ge-
nannten Kompetenzen benötigen wir Zeit und (innere) Ruhe, Mut, den eigenen Gefüh-
le nachzuspüren, die Kontaktaufnehme mit sich und die Öffnung zur (auch
undinglichen) Welt, sowie ein Interesse an der Entwicklung (oder wie der Volksmund
sagt: ein Interesse an Gott und der Welt) und nicht zuletzt: Setzt man sich selbst Ge-
danken aus, die sich dem scheinbar Realen entziehen und philosophiert über Themen
wie Tod und Sterben, so bedarf es eines hohen Maßes an Angstfreiheit.
Problematisch zeigte sich meine Literaturrecherche bezüglich der klaren Ableitung von
Fähigkeiten und Fertigkeiten bzw. Verhaltensirritationen. Zwar finden sich immer wie-
der spezifische Benennungen von Verhaltensauffälligkeiten bei mangelnder Bindungs-
sicherheit und auch wird ein Zusammenhang zwischen sicherer Bindung und Basis-
kompetenzen in der Literatur deutlich (vergl. Kapitel 3.1.), eine genaue Ableitung im
Sinne Krenzscher Ausführungen ist jedoch nicht zu entdecken. Dennoch halte ich sei-
ne Ausführungen im Wesentlichen für schlüssig und nachvollziehbar. Hier drei Beispie-
le:
Respekt, Wertschätzung, Achtung durch die Bindungsperson erfahren, unterstütze, so
Krenz, die Fähigkeit, sich als unverwechselbares Individuum zu erleben und die Fertig-
keit, umgangskulturelle Werte zu erwerben. Im Falle der Nicht-Erfüllung drohe eine
Disposition zur Gewalt (Krenz 2015: 63ff). Es ist inzwischen Allgemeingut, dass Kinder
Vorbilder für ihre Entwicklung benötigen. Bringt also eine Beziehungsperson dem Kind
Respekt entgegen (nicht mit anderen vergleichen, es nicht „bloß stellen“ oder beschä-
men, nicht über das Kind reden - sondern mit ihm, körperliche Autonomie respektieren,
usw.), wird es sich zunächst mit seinen persönlichen Eigenheiten als wertig ansehen
29
(weil es durch den Erwachsenen als wertig geachtet und beachtet wird) und es wird
ihm leicht fallen, auch andere Menschen zu achten und in der Folge vorgelebte Höf-
lichkeitsrituale (Begrüßung, danke, etc.) zu übernehmen. Wird das Kind hingegen nicht
respektiert, also nicht als Individuum beachtet, holt es sich, quasi als Ersatz, die Be-
Achtung und Wunscherfüllung mit Gewalt, wobei diese nicht ausschließlich körperlicher
Art sein muss und kopiert damit das nicht-respektvolle Verhalten der Erwachsenen.
Geheimnisse haben dürfen hilft dem Kind zwischen seiner öffentlichen und privaten
Person zu unterscheiden, also zwischen dem, was es preis geben und dem was es
nicht preis geben möchte. Die sich daraus entwickelnde Fertigkeit nennt Krenz Ent-
scheidungspotenzialität zwischen Nähe und Distanz. Die entsprechende Verhaltensirri-
tation bei Nicht-Erfüllung wäre distanzloses Verhalten oder völlige Distanziertheit (ebd.:
73ff). Auch hier liegt der Zusammenhang sehr klar auf der Hand: Wenn Kinder von
Beginn an selbst entscheiden dürfen, ob und wem sie etwas anvertrauen, können sie
sich im Austarieren ihres persönlichen Nähe- und Distanzbedürfnisses üben. Wir alle
kennen Menschen, die dies offenbar nicht lernen konnten und ihrer Umwelt wenig von
sich preis geben und andere, die bereits während der ersten Kontakte ihre gesamte
Lebensgeschichte offenbaren.
Gefühle erleben ist die Grundlage für die Fähigkeit, die Existenz aller Gefühle in sich
zu akzeptieren. Daraus erwächst als Fertigkeit, zwischen der Emotion und der Kogniti-
on zu wechseln, also bei einem bestehenden Gefühl reflektorisch und perspektivisch
vorzugehen und dabei unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung zu
haben. Als Irritation bei Nicht-Erfüllung gibt Krenz Gefühlsabwehr bzw. die Suche nach
einem Gefühlsoptimum an (ebd.: 163ff). Helfen Bindungspersonen dem Kind bei der
Einordnung seiner Gefühle (und Voraussetzung dafür ist, dass der Erwachsene die
Gefühle des Kindes anerkennt und ernst nimmt!), lernt es Gefühle als zum Leben da-
zugehörig anzuerkennen, sie zu benennen und mit eigener Handlungsaktivität zu be-
antworten. Hat das Kind nicht die Möglichkeit, seine Gefühle einzuordnen, versteht es
sogar aus der Nicht-Beantwortung oder dem Weg-Reden seiner Gefühle durch den
Erwachsenen, seine Gefühle seien falsch oder zumindest unwichtig, so wird es sie
immer weiter ausblenden bzw. unterdrücken. Es lernt auch nicht, negative Gefühle
auszuhalten bzw. mit ihnen umzugehen und wird so danach streben, möglichst selten
tiefe Gefühle wahrzunehmen.
Im Grunde verfolgt Krenz mit seinem Konzept der Grundbedürfnisse einen Ansatz, der
uns aus der Bindungstheorie bekannt ist: Zunächst muss die erwachsene Bindungs-
30
person dem Kind bestimmte Verhaltensweisen entgegen bringen, bevor das Kind eige-
ne Leistungen im Sinne z.B. eines sozialen Miteinanders zeigen kann (vergl. z.B.
Schore 2007, Chmielnik 2014a).
3.3. Entstehung von Irritationen
Grundaussage: Die Kindheitsforschung weist auf vielfältige, entwicklungshinderliche
Lebensumstände von Kinder hin. Aufgrund dieser Lebensumstände drücken die meis-
ten Kinder innere Irritationen auf unterschiedliche Weise aus; Kinder mit grundsätzlich
entwicklungsförderlichen Verhaltensmustern sind eher selten anzutreffen.
Lt. Conrad (vergl. auch im Folgenden o.J.) wies Roux während eines Vortrags 1998 in
Speyer am Rhein auf veränderte Lebensbedingungen von Kindern hin. Sie hätten ei-
nen Bedeutungs- und Rollenwandel erfahren, „von einem materiellen Wert für Familien
(als Altersversorgung, Mitverdiener, …) hin zu einem immateriellen Wert für Familien
[in Form von H.C.] Sinngebung, Glück und Lebenserfüllung“. Diese Entwicklung hat
nach Loux eine Überbehütung nach sich gezogen, die durch veränderte Außenräume
(Zersiedelung, Verkehrsaufkommen, etc.) noch verstärkt wurde. Dies bewirke, so Loux
weiter, eine Verinselung des kindlichen Lebensraumes, Abhängigkeit von Eltern in Be-
zug auf Mobilität, termingebundene Spielzeiten und eine (fast) permanente Beaufsich-
tigung. Merkel (2005) betont hier den Unterschied zu den Lebensbedingungen von
Kindern des 19. Jahrhunderts: „Die strenge Erziehung, wie sie für das 19. Jh. bezeich-
nend war und mit Abwandlungen bis vor kurzem gültig blieb, legte Kinder auf Verhal-
tensregeln fest, die fraglos zu befolgen waren, sowie auf Wissensbestände, die ohne
Widerrede gelernt werden mussten. … [Dies H.C.] füllte aber nur einen Teil des kindli-
chen Alltags aus, die übrige Zeit verbrachten Kinder mit selbst gewählten Beschäfti-
gungen und meist zusammen mit anderen Kindern. … [Hier H.C.] galten andere Regeln
und Maßstäbe. … [Es bot sich ihnen H.C.] ein offenes Gelände voller lockender Erfah-
rungen … Dort wurden Erfahrungen gemacht, die das Selbstbewusstsein stärkten,
wurden Verhaltensweisen durchgespielt, die zu Hause verpönt waren, wurden Phanta-
sien ausgetobt, von denen man nicht sprechen durfte. … [Dies H.C.] ermöglichte den
Kindern, Qualitäten auszubilden, die sie später zu aktiven, beweglichen und verände-
rungsfähigen Menschen heranwachsen ließen.“
Auch Zeiträume von Kindern werden lt. Loux (vergl. auch im Folgenden Conrad o.J.)
häufig fest verplant und unterliegen zunehmender Beschleunigung und damit entste-
31
hendem Zeitdruck. Spielzeiten im Sinne eines freigewählten Spiels treten folglich in
den Hintergrund. Eine „kommerzialisierte Kinderkultur“ verändere zudem das Spielver-
halten. Loux stellt fest, dass Leistung und Konkurrenz sowie Inhalte von Fernseh- und
Videofilmen das Spiel zunehmend dominieren. Die Präsenz elektronischer Medien ha-
be zur Folge, dass „Kinder nicht selten eine Überstimulierung der entsprechenden Sin-
neseindrücke [erfahren, wohingegen H.C.] zusehends Stimulierungen in emotionalen,
sozialen und motorischen Bereichen“ fehlten.
Heutige Lebensbedingungen von Kindern böten unter bestimmten Umweltbedingungen
zwar viele Entwicklungschancen, brächten aber gleichzeitig (nach Bründel u. Hurrel-
mann) „neue Formen von Belastungen, die die Bewältigungsmöglichkeiten von Kindern
überfordern können“ (Conrad o.J.). Folgen wären „Stresssymptome, Angst, Unsicher-
heit, Ersatzbefriedigungen, … Distanzlosigkeit, Kontaktarmut, … Störungen im Wahr-
nehmungs- und Leistungsbereich wie Konzentrationsschwächen, … Bewegungsarmut
und Bewegungsstörungen, …psychosomatische Störungen wie Schlafstörungen, Ner-
vosität, Einnässen und Sprachauffälligkeiten“ ebd.). Loux fragt, „ob kindliche Verhal-
tensauffälligkeiten nicht „gesunde“ Reaktionen auf eine „krankmachende“ Umwelt sind“
(ebd.). Diese Frage beantwortet Krenz mit einem deutlichen „ja“, denn er geht davon
aus, dass sich die äußeren Bedingungen ändern müssen, damit verhaltensirritierte
Kinder überhaupt die Möglichkeit haben, sich zu ändern.
Das Robert Koch-Institut veröffentlichte 2014 das Faktenblatt „Psychische Auffälligkei-
ten“ zur KiGGS-Studie (SDQ-Elternbefragung), demzufolge 20.2 % der 3 bis
17jährigen der Risikogruppe für psychische Auffälligkeiten zugeordnet werden können.
In der Gruppe der 3 bis 6jährigen zeigten sich bei 13,9% der Mädchen und bei 20,4%
der Jungen psychische Auffälligkeiten. Dabei handelt es sich um „eine Annäherung an
Beeinträchtigungen mit potenzieller klinischer Bedeutsamkeit“ (Hölling et al. 2014:
810). Allerdings „gaben die Eltern von 40,8% der Teilnehmenden [aller Altersgruppen
H.C.] … leichte, 6% deutliche und weitere 1,1% massive Schwierigkeiten … an“ (ebd.:
815). Bei 73,2% dieser Gruppe lagen die Schwierigkeiten länger als ein Jahr vor, bei
16% zwischen sechs und zwölf Monaten, was lt. Hölling auf eine deutliche Tendenz zur
Chronifizierung hinweist (ebd.). Hölling (ebd.: 817) gibt an, frühere Validierungsstudien
des SDQ mit klinischen Stichproben hätten eine „hohe Spezifität von 94,6% und eine
Sensitivität von 63,3% …“ ergeben, „wobei über 80% der Kinder und Jugendlichen mit
Verhaltens-, Hyperaktivitäts-, depressiven oder Angststörungen mit dem SDQ identifi-
ziert wurden, bei anderen psychischen Störungen wie Essstörungen, speziellen Pho-
bien, Trennungsängsten oder Panikstörungen lag die Sensitivität nur bei 30-50%“. Dies
32
lässt auf eine zusätzliche Dunkelziffer im Bereich der potenziell klinischen Auffälligkei-
ten schließen. Bedenken wir nun noch einen Anteil von Kinder, die (einzelne) Verhal-
tensirritationen aufweisen, ohne dass diese bereits als behandlungswürdig oder chro-
nisch eingestuft werden können, so nähern wir uns der Behauptung, die wenigsten
Kinder zeigten grundsätzlich entwicklungsförderliche Verhaltensmuster.
3.4. Entwicklung von Persönlichkeitsmerkmalen
Grundaussage: Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen vor, während und nach der
Geburt haben Auswirkungen auf die Entwicklung von (Lebens-)Einstellungen, Selbst-
und Weltwahrnehmung, Lebensgestaltung und Erinnerung. Diese führen zu bestimm-
ten Persönlichkeitsmerkmalen. Erworbene (Lebens-)Einstellungen und Verhaltenswei-
sen haben eine eigene Tendenz zur Verstärkung.
Hüther bezeichnet das Gehirn als ein sozial-emotionales Konstrukt, das Erfahrungen
bildlich abspeichert. Dies geschehe einerseits auf einer bewussten Ebene, was es er-
mögliche, Vergangenes abzurufen, andererseits in vielfacher Hinsicht auf einer unbe-
wussten Ebene, die sich der kognitiven-absichtsvollen Erinnerung entzöge (Hüther
2004: 69ff). „Erst relativ spät erwerben Kinder die Fähigkeit, gemachte Erfahrungen in
Form innerer Bilder zu erinnern … Alle davor, also bereits im Säuglingsalter oder gar
intrauterin gemachten Erfahrungen sind daher zwar im Gedächtnis der Zellen, einzel-
ner Organe, einzelner Hirnbereiche oder des ganzen Körpers gespeichert. Sie können
jedoch nicht bewusst erinnert oder mitgeteilt werden, kommen jedoch bisweilen auf
andere, zum Beispiel körperliche Weise zum Ausdruck“ (Hüther 2004: 72f).
Das Gehirn entwickelt sich selbst organisierend in der Interaktion mit seiner Umwelt
(vergl. Hüther 2004: 65; Schore 2007: 61ff bzw. Chmielnik 2014a). So werden neue
Wahrnehmungen automatisch mit vorhandenen inneren Bildern abgeglichen (vergl.
auch im Folgenden Hüther 2004: 76f). Sind diese beiden Muster identisch, werden sie
auf die gleiche Weise beantwortet, wie schon zuvor. Werden keine Übereinstimmun-
gen festgestellt, werden die „eingegangenen Sinnesdaten … als unsinnig und daher
belangloses „Trugbild“ verworfen“. Nur wenn das Neue teilweise mit vorhandenen Mus-
tern übereinstimmt, modifiziert sich das vorhandene Muster an der neuen Wahrneh-
mung. Dies kann als Erklärung dienen, warum bestimmte erworbene Verhaltensmuster
auch bei völlig neuen Wahrnehmungsangeboten lange Zeit stabil sind, wie es z.B. bei
Kindern mit unsicher-vermeidenden Bindungsmustern der Fall ist: „Um weitere Zu-
33
rückweisung zu vermeiden, verhalten sich diese Kinder eher beziehungsvermeidend
und suchen in belastenden Situationen keine Nähe, Trost und Unterstützung bei ihren
Bindungsfiguren …“ (Julius et al 2009: 14, zitiert in Chmielnik 2014b).
„Bisweilen weigern sich einzelne Menschen auch, sich überhaupt noch auf neue
Wahrnehmungen einzulassen, weil sie zu der Überzeugung gelangt sind, dass alles
Neue und Fremde ihr bis dahin entwickeltes inneres Gleichgewicht nur erneut stört und
bedroht“, was aus der Erfahrung rühre, dass eine gewisse Offenheit gegenüber Neuem
nutzlos oder gefährlich ist (Hüther 2004: 78). Andererseits gäbe es Menschen, die
schon im Kindesalter die wiederholte Erfahrung der Bereicherung durch Neues und
Fremdes gemacht hätten und diese als innere Überzeugungen im Gehirn verankern
konnten (ebd.). Diese Beantwortung oder Nicht-Beantwortung neuer Wahrnehmungen
soll hier auch als Beispiel dienen für Hüthers Aussage (ebd.: 83f), dass Reaktionen
und Handlungen durch innere Bilder ausgelöst werden.
Das Gehirn sei grundsätzlich bemüht, so Hüther (vergl. auch im Folgenden 2004: 113f,
2008), für ein Problem die jeweils optimale Lösung zu finden. Kriterium hierfür sei, ob
die durch das Problem entstandene Unruhe im Gehirn wieder beruhigt werde. Aus die-
ser Sicht könne auch die Wahl einer Flasche Wodka nach einem Streitgespräch mit
dem Chef eine optimale Lösung sein. Würde nun diese Problem“bewältigung“ häufiger
gewählt, entstünde, wie bei allen anderen Prägungen des Gehirns, eine feste Synaptie-
rung zwischen Problem und Alkohol, so dass jede Nutzung der Bewältigungsstrategie
eine Verstärkung der Internalisierung zur Folge habe. Ist das innere Bild geradezu
übermächtig geworden, werden u.U. sogar Situationen herbeigeführt, die dieses Bild
immer wieder bestätigen und das entsprechende Handlungsmuster „notwendig“ ma-
chen. Auch Grundannahmen über sich selbst werden verstärkt, in dem das Gehirn im-
mer wieder nach Bestätigung dieser Annahmen sucht und ab einem bestimmten Zeit-
punkt diese Bestätigungen sogar Dopaminausschüttungen auslösen, aus „Freude da-
rüber, dass die Annahme richtig war. Die Dopaminausschüttung wiederum sorgt für
eine Verstärkung der entsprechenden Synapsen (Hüther: 2008).
Gehen wir nun davon aus, ein Mensch habe konstruktivere Mittel der Problembewälti-
gung erlernt, so kann auch er in Situationen geraten, in denen diese Mittel aufgrund
einer Stresssituation nicht abrufbar sind. Nun nutzt das Gehirn bewährte Strategien der
frühen Kindheit, z.B. trotziges Aufstampfen oder Schreien (Hüther 2008). Wenn auch
diese Handlungsmuster nicht abrufbar sind, kommen die archaischen Notfallprogram-
me zum Tragen: Angriff, Flucht oder Erstarrung (ebd.). Diese Verhaltensweisen, die in
34
Kitas in unterschiedlichen Ausprägungen und Varianten vielfach beobachtet werden
können, sind also Ausdruck nicht abrufbarer oder nicht vorhandener Handlungsalterna-
tiven und dienen dem Zweck, das Gehirn in Ruhe zu versetzen – nach Hüther (ebd.)
eine überlebenswichtige, automatische Not-Maßnahme.
Wenn nun Erfahrungen im Gehirn bildhaft abgespeichert werden, vielfach aber nicht
abrufbar sind, wenn gespeicherte Erfahrungen Handlungsmuster generieren, wenn
diese Erfahrungen und Handlungsmuster durch den inneren Wunsch nach Bestätigung
sich selbst verstärken, auch in dem sie völlig andere, neue Wahrnehmungen nicht zu-
lassen, dann kann aus meiner Sicht tatsächlich davon gesprochen werden, dass Er-
lebnisse, Erfahrungen und Eindrücke die Sicht des Individuums auf sich selbst und die
Welt, also innere Einstellungen prägen, die auch unbewusste Handlungen erzeugen
und so Persönlichkeitsmerkmale zum Ausdruck bringen.
3.5. Veränderung innerer Grundauffassungen
Grundaussage: In der Vergangenheit erworbene innere Einstellungen über das Selbst
und die Umwelt werden in der Gegenwart durch sechs Ausdrucksformen offenbart.
Diese inneren Einstellungen lassen sich durch Aufarbeitung in Bindungsnähe verän-
dern. Grundlage dieser Veränderungsprozesse ist eine ganzheitliche Entschlüsselung
der Lebenspläne von Kindern als Grundlage von Projekten. Diese Projekte dienen der
Aktualisierung von Erlebnissen, Erfahrungen und Eindrücken und geben in der Folge
die Möglichkeit neuer prägender Erfahrungen und so einer Veränderung / Erweiterung
von inneren Einstellungen über sich selbst und die Welt sowie der Veränderung / Er-
weiterung von Handlungsmustern.
Krenz differenziert Ausdrucksformen nach Verhalten, Spielformen, Erzählthemen und
Sprechen, Malen und Zeichnen, Tag- und Nachtträume sowie Motorik. Wie unter 3.4.
bereits erläutert, erzeugen die im Gehirn gespeicherten bewussten und unbewussten
Erinnerungen mehr oder weniger stabile Handlungsmuster. Unter Handlung ist hier
alles zu verstehen, was ein Mensch im Stande ist zu tun: grobmotorisches, feinmotori-
sches, mimisches, sprachliches, … Verhalten. Kast (1992) beschreibt, angelehnt an
die Psychologie von Jung die kompensatorische Bedeutung von Handlungen und
Träumen: Phantasien von Macht, Identifikationen mit mächtigen Personen im Traum,
erdachte, geträumte oder umgesetzte Zerstörungswut oder auch Entwertung einer an-
deren Person dienen der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Selbst als
35
kompetent, wirksam und wertig und ist in dem Moment die (subjektiv) wirkungsvollste
oder einzige Methode, die dem Individuum zur Verfügung steht. Lt. Lapierre und Au-
couturier (2002: 68) ist es das Bedürfnis eines jeden Menschen, als „handelndes und in
seinen Handlungen freies Subjekt anerkannt zu werden“. Die Autoren verfolgen das
Ziel, die zur Kompensation erzeugten Phantasien und Impulse von Kindern in spieleri-
sches Handeln umzusetzen, so dass sie adäquat gelebt werden können. So würden
Erfahrungen vom Kind in symbolische Handlungsimpulse „übersetzt“, die vom Er-
wachsenen verstanden und in wiederum symbolische Handlungsanregungen übertra-
gen werden. Diese Vorgehensweise kennen wir z.B. aus der Gestalt-, Kunst-, Tanz-
oder Musiktherapie. Hier werden bestimmte (künstlerische) Ausdrucksformen des
Menschen genutzt, um innere und äußere Konflikte darzustellen (auszudrücken) und
zu bearbeiten.
Hauch (2004) macht den Zusammenhang zwischen psychischen Problemen und psy-
chosomatischen Erkrankungen deutlich. Sie verweist darauf, dass ein Kind seine Emo-
tionen unmittelbar in seinem Bewegungsverhalten ausdrückt (ebd.: 20). Gelingt es ihm
nicht, negative Gefühle wie Anspannung oder Reizüberflutung zu verringern, so wird es
„nur noch wechseln zwischen Übererregung und Erschöpfung oder Schlaf“ (ebd.: 26f).
Darauf gibt es, so Hauch (ebd.: 32ff) weiter, drei mögliche Reaktionen: Der regressiv /
depressive Modus (wenig Bewegung, Teilnahmslosigkeit, Rückentwicklung), die archa-
ische Anästhesierung (unterschiedliches asoziales, rücksichtsloses Verhalten) und der
retroflektive Modus (Erkrankung des Körpers als nach innen gerichteter Angriff als Er-
satz für Aggressionen gegen die Umwelt).
Je geringer die Selbstwirksamkeit ausgebildet ist, je weniger Handlungsoptionen einem
Menschen (subjektiv) zur Verfügung stehen, umso mehr ist er auf die Regulation durch
direkte Affektäußerung angewiesen. Diese Affektäußerungen sind somit die symboli-
sche Darstellung des inneren Empfindens. Hier sei auch auf den meist unbewussten
Ausdruck von Gestik und Mimik verwiesen, der Hinweise auf unser aktuelles Erleben
geben kann. Aber auch (scheinbar) bewusste Handlungen (beim Malen wird dies be-
sonders deutlich) sind letztlich durch die abgespeicherten Bilder (und damit Grundhal-
tungen) geprägt und können so ebenfalls als symbolischer Ausdruck betrachtet wer-
den. Bagdadi (1994) erläutert in ihrem Buch „Ich koch dich, ich freß [sic!] dich und dann
mach ich dich tot!“ anhand vieler Beispiele, wie Kinder ihr inneres Erleben in symboli-
scher Form durch Verhalten, Bewegung, Sprachäußerungen, Zeichnungen oder Spiel
zum Ausdruck bringen und wie diese verstanden und beantwortet werden können.
36
Während Krenz die Entschlüsselung der zum Ausdruck gebrachten inneren Befindlich-
keit z.T. sehr konkret vornimmt (vergl. Krenz 2002), verweist Kämpfer (2001) auf Wahl,
der schrieb, dass „Symbole ihre Bedeutung nicht objektiv an sich tragen“ und so nicht
von einem Dritten gedeutet werden könnten. Die Auffassung von Wahl bzw. Kämpfer
ist insoweit nachvollziehbar, dass Assoziationen mit den gespeicherten Bildern, also
mit dem individuellen Erleben in der Vergangenheit in Zusammenhang stehen. Bei-
spielsweise kann ein Kaktus als Geschenk Freude bei einem Kakteensammler auslö-
sen oder Irritation bei einem Menschen, der bereits Kakteen von einem ungeliebten
Menschen erhalten hat. In Bezug auf bestimmte Verhaltensweisen scheint mir eine
Universalität der Symbole zumindest für eine erste Einordnung schlüssig, können wir
uns doch leicht vorstellen, wie innerlich erlebter Druck zu vermehrter Bewegung führt
(um den Stress zu reduzieren) oder wie dieser Druck durch heftiges Kritzeln zu Papier
gebracht wird. Dennoch dürfte die Entschlüsselung der Ausdrucksformen und somit
der Grundstimmung (des Lebensplans) eine schwierige und komplexe Aufgabe darstel-
len, auf die ich in der Auswertung meiner Interviews noch zu sprechen komme.
Wenden wir uns nun der Frage zu, inwieweit die Aktualisierung alter, entwicklungshin-
derlicher und die Möglichkeit zur Sammlung neuer, entwicklungsförderlicher Erfahrun-
gen zu einer Veränderung der Einstellungen und Handlungsmuster führen. Hüther
(2004: 59) vertritt die Auffassung, das Gehirn bewahre eine „lebenslange Plastizität
und Lernfähigkeit“. Während des Beginns der Entwicklung sei aber die „erfahrungsab-
hängige Neuroplastizität – und damit die erfahrungsabhängige Modulation … am
stärksten ausgeprägt“ (ebd.). Verschiedene Studien der Bindungsforschung zeigen,
dass die Modulation von Bindungsmustern während der ersten sechs Lebensjahre gut
gelingen kann, diese Muster aber etwa ab dem Schuleintritt stabiler werden (vergl. Ju-
lius 2004: 72ff; Chmielnik 2014b: 4). Das Angebot neuer Bindungserfahrungen dürfte
bei einem Kind zunächst alte Verhaltensmuster provozieren, die seine Erfahrungen mit
der primären Bindungsperson generiert hat. Bleibt das neue Angebot stabil aufrechter-
halten und durch das Kind abrufbar, kann aus der ersten Irritation (ob des „das ist an-
ders“) ein neues Erfahrungsmuster entstehen. Dazu bedarf es allerdings Zeit und In-
tensität.
Eich (2016) zitiert in ihrer Abhandlung über die psychoanalytische Pädagogik
Ferenczis: „Die Persönlichkeit der Menschen ist infolge derselben schädlichen Erzie-
hungseinflüsse mehr oder minder unfähig geworden, die naturgegebenen Freuden des
Lebens unbefangen zu genießen. Wie selbstverständlich drängt sich also die Frage
auf, welchen praktischen Nutzen die Pädagogik aus diesen Erfahrungen haben könn-
37
te? … Das vorläufige ins Auge zu fassende Ziel der pädagogischen Reform wäre, die
kindliche Seele von der Belastung unnötiger Verdrängung zu schonen“, was letztlich
bedeutet, alte Erfahrungen bewusst zu machen, damit sie nicht verdrängt werden und
ihnen neue entgegenzusetzen.
Neben der „holding-Funktion“ (nach Winnicott: schützende, vertrauensvolle Umwelt)
hätten pädagogische Fachkräfte eine „containing-Funktion“ (das Aufnehmen, Verste-
hen und Spiegeln kindlicher Affekte) wobei hier das „szenische Verstehen“ gemeint ist
(Eich 2016: 17f). Letzteres bedeutet, den Fokus auf die Szenen, „…die zwischen Kind
und Interaktionspartnerin entstehen und über die verbale Kommunikation hinausgehen
[zu legen H.C.] (vgl. Trescher in: Muck & Trescher 1994: 172). Eine psychoanalytisch
orientierte Pädagogin geht davon aus, dass das Kind sein Unbewusstes, seine Phan-
tasien und Bedürfnisse im Beziehungsprozess in Szene setzt (vgl. Naumann 2010,
130ff.)“ (Eich 2016: 19). Dies bedarf meines Erachtens einer tieferen (symbolischen)
und ganzheitlichen Betrachtung des kindlichen Verhaltens. Eich (ebd.: 15) verweist
allerdings auch auf Quellen, die vor dem Versuch der therapeutischen Intervention
durch Pädagogen bei schweren psychischen Problemen warnen und zieht so eine (na-
turgemäß unscharfe) Grenze zwischen Pädagogik und Therapie. Gleichzeitig kann die
psychoanalytische Pädagogik helfen, Verhaltensauffälligkeiten für das Kind überflüssig
zu machen und so einen Beitrag zur Prävention der Chronifizierung von Verhaltensirri-
tationen und der Entwicklung psychischen Erkrankungen leisten. Projekte im Situati-
onsorientierten Ansatz dürfen in diesem Sinn interpretiert werden: Sie bieten ein Ver-
stehen und Halten des Kindes, sowie neue Erfahrungen, die neue Bilder und Synaptie-
rungen im Gehirn und so neue Handlungsmuster ermöglichen.
3.6. Fazit
Aus meiner Sicht wurden die in diesem Kapitel angesprochenen Grundaussagen in
weiten Teilen belegt. Dies gilt insbesondere für den Aspekt Bindung als Voraussetzung
für Bildungsprozesse sowie für die Aussage, dass Erfahrungen Einfluss auf die Ent-
wicklung von Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale besitzen und dass sich ein-
mal entwickelte Einstellungen tendenziell selbst verstärken. Auch das Modell der
Grundbedürfnisse stellt eine schlüssige Erklärung für die Entwicklung von Verhaltens-
merkmalen dar, wenngleich hier sicher keine konsequent-lineare Wirkungsweise an-
genommen werden darf, sondern eine Betrachtung der Gesamtheit von Ausdruckswei-
sen sowie der systemischen Lebenssituation des einzelnen Kindes vorgenommen
38
werden muss. Auch veränderte Lebensbedingungen und daraus resultierende Risiken
für die Entwicklung von Kindern dürfen als unzweifelhaft angesehen werden. Nicht
vollständig bewiesen ist, dass nur wenige Kinder generell entwicklungsförderliche Ver-
haltensmerkmale aufweisen. Gleichzeitig muss die Zahl der betreffenden Kinder als
hoch eingeschätzt und damit als Aufforderung zum Handeln angesehen werden. Eine
Reihe von Autoren führen Beispiele für den externalisierten Ausdruck interner Irritatio-
nen an und auch die Nützlichkeit einer Aufarbeitung (statt Verdrängung) ungünstiger
Erfahrungen ist aus meiner Sicht nicht strittig. Unbewiesen muss hier die Eins-zu-Eins-
Deutung von Symbolen bleiben, insbesondere weil die Symbolbezogenheit der Psy-
choanalyse als umstritten gilt.
4. Darstellung des Forschungsprozesses
Lässt sich die Frage nach dem Wissenschaftsbezug des Situationsorientierten Ansat-
zes und nach den, für die Umsetzung notwendigen Kompetenzen der Fachkräfte noch
durch einschlägige Fachliteratur beantworten, so bedarf es für die Klärung der Fragen
nach der Eignung des Ansatzes für den breiten Einsatz und Möglichkeiten eines leich-
teren Einstiegs anderer Methoden der Forschung.
4.1. Methode
Es ist kaum möglich, in diesem Forschungszusammenhang Items für eine quantitative
Befragung zu entwickeln, weil dafür die Antworten bereits bekannt sein müssten. Au-
ßerdem liegt mir daran, möglichst verschiedene Sichtweisen und Lösungswege zu er-
fahren. Insofern entschied ich mich hier für eine qualitative Forschungsmethode, ge-
nauer gesagt für leitfadengestützte Interviews. Zu dieser Form des Interviews zitiert
Nohl (2012: 14) Meuser und Nagel: „Die in die Entwicklung eines Leitfadens eingehen-
de Arbeit schließt aus, dass sich der Forscher als inkompetenter Gesprächspartner
darstellt. … Die Orientierung an einem Leitfaden schließt aus, dass das Gespräch sich
in Themen verliert, die nichts zur Sache tun, …“. Mein Ziel war es, das Expertenwissen
der Interviewten zu einem bestimmten Ausschnitt ihrer beruflichen Erfahrungen zu er-
fragen. Lt. Nohl (ebd.: 15) dient der Leitfaden auch der Vergleichbarkeit mehrerer In-
39
terviews, da die Befragten sich auf diese Weise zu denselben Themen äußern. Gleich-
zeitig lag mir an einer möglichst großen Bandbreite möglicher Antworten auf meine
Forschungsfrage und so wollte ich den Freiraum meiner Interviewpartner möglichst
wenig einengen. Folglich nutzte ich die Leitfäden flexibel (ebd.), d.h. ich stellte je nach
Gesprächsverlauf auch nicht im Leitfaden enthaltene (Rück-)Fragen bzw. verzichtete
zugunsten selbst gewählter Erzählthemen der Interviewpartner auf bestimmte Fragen.
4.2. Interviewpartner
Für die Beantwortung meiner Forschungsfragen ist ein Common-Sense hinsichtlich der
Definition „Situationsorientierter Ansatz“ notwendig. Dieser ist selbst unter elementar-
pädagogischen Fachkräften nicht grundsätzlich gegeben, da der Situationsorientierte
Ansatz immer wieder mit dem Situationsansatz verwechselt wird (vergl. Chmielnik
2016b, 29). Natürlich lag es nahe, den Begründer des Ansatzes selbst zu befragen
sowie eine Fortbildnerin, die diesen Ansatz seit vielen Jahren vertritt (Marlies Wagner).
Beide sind mir aus Seminaren bekannt. Zudem entschloss ich mich, zwei Kita-
Leitungen zu interviewen, die mir von Wagner als Interviewpartner vorgeschlagen wur-
den. Diese Nutzung von „Insider-Informationen“ erwog ich bereits in meiner Reflexion
innerhalb einer Hausarbeit zur Qualitativen Sozialforschung (ebd.: 31). Beide Kita-
Leitungen waren mir im Vorfeld nicht bekannt. Ihre Kitas befinden sich im nördlichen
Niedersachsen bzw. im nord-östlichen Schleswig-Holstein.
4.3. Leitfäden
Ich entwickelte leicht variierende Leitfäden für die Kita-Leitungen und die Fortbildner.
Kita-Leitungen:
Eingangsimpuls: Bitte erinnern sie sich an den Beginn ihrer Auseinandersetzung
mit dem Situationsorientierten Ansatz und wie sie begonnen ha-
ben, ihn umzusetzen. Welche Erfahrungen haben sie im Laufe
der Zeit gewonnen? Erzählen sie bitte einfach von Anfang an.
Weitere Impulse: Welche Kompetenzen sind für die Umsetzung des Situationsori-
entierten Ansatzes notwendig?
Wie können Fachkräfte diese Kompetenzen erwerben?
Erinnern sie sich bitte an Probleme, die ihnen im Laufe der Zeit
begegnet sind.
40
Sie haben eben von … gesprochen. Bitte erzählen sie mehr da
rüber.
Welche Lösungen scheinen ihnen für dieses Problem möglich?
Fortbildner:
Eingangsimpuls: Ich bitte dich, dich an deine langjährige Fortbildungs- und Bera-
tungstätigkeit in Bezug auf den Situationsorientierten Ansatz zu
erinnern. Welche Themen und Aspekte beschäftigen dich in die-
sem Zusammenhang häufig?
Weitere Impulse: Welche Kompetenzen pädagogischer Fachkräfte sind für die
Umsetzung des Situationsorientierten Ansatzes notwendig?
Wie können Fachkräfte diese Kompetenzen erwerben?
Welche Lösungen siehst du für das Problem …?
Abschlussfrage: Angenommen, du hättest einen Wunsch zum Thema Situations-
orientierter Ansatz frei und heute Nacht käme eine Fee und wür-
de dir diesen Wunsch erfüllen. Welchen Wunsch würdest du äu-
ßern?
4.4. Interviews und Auswertung
Die Interviews mit den beiden Kita-Leitungen führte ich in den jeweiligen Kitas. Wagner
traf ich in ihrem Hotel und Krenz interviewte ich in seinem Büro. Alle vier Interviewpart-
ner empfand ich als sehr offen meinem Anliegen gegenüber. Sie wurden über mein
Vorgehen und die Nutzung des Materials informiert und um ihr Einverständnis gebeten.
Die Interviews mit den Kita-Leitungen wurden anonymisiert, die Interviews mit den
Fortbildnern nicht. Mit letzteren vereinbarte ich die Zusendung des Transskriptes und
die Möglichkeit zur Korrektur missverständlich erscheinender Passagen. Die Interviews
dauerten jeweils 60 – 70 Minuten. Sie enthielten eine Vielzahl von Informationen, die
ich für diese Arbeit nicht alle verwenden konnte. In der Auswahl der zu transkribieren-
den Passagen orientierte ich mich ausschließlich an meinen Forschungsfragen und
nutze insofern nur eins von drei vorgeschlagenen Kriterien nach Nohl (2012: 40). Bei
der Transkription der ausgewählten Passagen verzichtete ich auf Intonationszeichen,
Pausen und Füllwörter, die in der gesprochen Sprache häufig vorkommen. Dies hat
zwei Gründe. Zum einen geht es mir in dieser Arbeit vor allem um sachlich-fachliche
Inhalte und Handlungsanregungen, so dass ich die emotionale Ebene der Interviews
im Wesentlichen nicht behandelt habe. Zum anderen erleichterte ich den Fortbildnern
41
so ihre Zustimmung zur namentlichen Veröffentlichung und wollte aus ethischen
Gründen keine Differenzierung zwischen Kita-Leitungen und Fortbildnern vornehmen.
Im Anschluss führte ich die formulierende Interpretation durch. Nohl (2012: 40f)
schreibt hierzu, dass die „thematische Zusammenfassung in ganzen Sätzen und mit
den eigenen Worten der Forschenden angefertigt“ werden soll, um sich den Aussagen
gegenüber fremd zu machen. Dies ist mir teilweise schwer gefallen, da mir die Aussa-
gen sehr nah sind, ich sie i.d.R. sofort in mein Wissen integrieren konnte und bei be-
stimmten Formulierungen den Eindruck hatte, ich würde sie quasi „verwässern“, wenn
ich sie umformulierte. Dies ist sicher kritisch zu sehen. Gleichzeitig halte ich den Com-
mon Sense in diesen Interviews für sehr weitreichend, so dass dieses Vorgehen die
Ergebnisse nur wenig beeinflusst haben dürfte. Im Anschluss erstellte ich für jedes
Interview eine zusammenfassende Interpretation und verglich diese miteinander, um
Gemeinsamkeiten, Unterschiede und vor allem eine möglichst große Zahl von Hinwei-
sen zu erhalten. Insofern erfolgte hier eine sinngenetische Typenbildung unter Berück-
sichtigung der individuellen Unterschiede (Nohl 2012: 108ff) wohingegen eine sozioge-
netische Typenbildung (ebd.: 110ff) schon aufgrund der geringen Zahl von Interviews
kaum möglich war. Die durchaus erkennbaren Unterschiede zwischen Kitaleitungen
und FortbildnerInnen lasse ich auch diesem Grund, sowie wegen ihrer geringen Be-
deutung im Hinblick auf den Forschungsschwerpunkt unberücksichtigt.
5. Herausforderungen, Hilfen und Chancen aus Sicht der InterviewpartnerInnen
Im Folgenden fasse ich nun meine Erkenntnisse aus den geführten Interviews im Hin-
blick auf die Eingangsfragen zusammen. Die auszugsweisen Transkriptionen, formulie-
renden und zusammenfassenden Interpretationen der Einzelinterviews, die meinen
Ausführungen zugrunde liegen, finden sich im Anhang.
42
5.1. Herausforderung: Haltung und Kompetenzen pädagogischer Fachkräfte
Die Haltung bzw. die Veränderung der Haltung pädagogischer Fachkräfte stellt für alle
InterviewpartnerInnen die zentrale Herausforderung dar. Es geht ihnen darum, erwor-
benes Wissen, verinnerlichte Einstellungen und eingefahrene Handlungsmuster zu
überprüfen, zu aktualisieren und ggf. zu verändern. Dies betrifft zum Einen das Ver-
ständnis von Kindheit, die Rolle der Bindung im Entwicklungsprozess von Kindern, die
Art und Weise, wie Kinder sich ihre eigene Person und die Umwelt erschließen sowie
der Anerkennung und Beantwortung von Individualität. Zum Zweiten geht es um die
Einstellung zur Gleichwertigkeit von Kindern und Erwachsenen und die Sicht auf Kin-
derrechte (z.B. Partizipation, physische und psychische Gewaltfreiheit). Und zum Drit-
ten wird die Einstellung der Fachkräfte zum eigenen Vorbildverhalten hinsichtlich von
Selbstbildung, Selbstauseinandersetzung, Konfliktfähigkeit usw. angesprochen.
5.1.1. Veränderungsprozess
Der Prozess der Veränderung von Haltung kann nur nach und nach über einen länge-
ren Zeitraum geschehen, auch hier sind sich alle InterviewpartnerInnen einig. Kitalei-
tung B begann beispielsweise in ihrem Team mit der Umstellung von schablonenorien-
tierten Bastelarbeiten auf freies künstlerisches Arbeiten mit den Kindern bei gleichzeiti-
ger Reflexion der pädagogischen Wirkung beider Methoden. Kitaleitung A wählte den
Weg über eine Konzeptionserarbeitung, die von Studientagen begleitet und inspiriert
wurde und über das In-Frage-Stellen von Formulierungen (z.B. arbeiten AN Kindern
oder arbeiten MIT Kindern). Das schrittweise Vorgehen wird auch von Krenz betont,
indem er auf notwendige Vorarbeiten zum Situationsorientierten Ansatz (vergl. auch
Kapitel 2.3.) hinweist. Zudem hält er besondere Herausforderungen z.B. durch verhal-
tensirritierte Kinder, bei denen die bisherigen Methoden nicht die erwünschte Wirkung
zeigten, als besonders geeigneten Anknüpfungspunkt für die Entwicklung neuer Sicht-
und Vorgehensweisen. Für Wagner spielt hier die Selbstauseinandersetzung hinsicht-
lich der eigenen Lernbiografie, der erworbenen Werte und Einstellungen sowie der
gelebten und unterdrückten Gefühle eine zentrale Rolle, um sich selbst, auch im Sinne
des Situationsorientierten Ansatzes, entwickeln zu können und Kindern ein authenti-
sches Vorbild zu sein.
5.1.2. Die Rolle der Leitung
Kitaleitung B und Krenz stellen sehr deutlich die Rolle der Kitaleitung als Vorbild, Anre-
gung und Unterstützung heraus. Bei Kitaleitung A sind ebenfalls indirekte Hinweise
darauf zu finden und bei Wagner darf dies aus dem Gesamtinterview geschlossen
43
werden. B beschreibt ihre Haltung zur Individualität der MitarbeiterInnen sehr eindring-
lich. Sie sieht darin eine Chance zur Gegenseitigen Unterstützung in Lern- und Ent-
wicklungsprozessen und ist bemüht, jeder Fachkraft mit ihren persönlichen Stärken
und Schwächen „abzuholen“, indem sie beispielsweise Raum für persönliche Fragen
bietet, für neue MitarbeiterInnen individuell passende Einstiegsliteratur auswählt und
ihnen Zeit für Entwicklung lässt. Außerdem nimmt sie die Teamatmosphäre insbeson-
dere im Bereich Konfliktkultur und Offenheit besonders in den Fokus und spricht über
Fehlerfreundlichkeit, Geduld und Humor im Umgang mit Noch-nicht-Stärken. Sie warnt
vor der Bestrebung zum Perfektionismus. Dies schade der Arbeitsatmosphäre. Krenz
sieht die Leitung in einer Vorreiterrolle bezogen auf die Kenntnis des Ansatzes sowie
die entsprechende Haltung. Außerdem fordert er ihren Schutz für MitarbeiterInnen in
Bezug auf unangemessene Anforderungen von außen sowie Geduld, methodisches
Vorgehen und Fokussierung bei der Vorbereitung und Umsetzung des Ansatzes.
Gleichzeitig betont er, es ginge nicht um die „perfekte“ Umsetzung, sondern um eine
vertiefte Auseinandersetzung. Kitaleitung A kann Klarheit in der pädagogischen Aus-
richtung, das Leben der eigenen Werte und Engagement unterstellt werden. Die Forde-
rung Wagners nach authentischen Vorbildern in Bezug auf Lehrkräfte bzw. Professo-
rInnen in der Ausbildung elementarpädagogischer Fachkräfte, lässt einen Rückschluss
auf ihre Erwartungen gegenüber Kitaleitungen zu.
5.1.3. Weitere notwendige Kompetenzen
Wagner nennt Kenntnisse in den Bereichen Entwicklungspsychologie, Neurobiologie,
Bindungs- und Bildungsforschung unabhängig vom pädagogischen Ansatz als unver-
zichtbar. Darüber hinaus fordert sie ein emotionales Einfühlungsvermögen und eine
vertiefte Betrachtung der Situation und des Empfindens des einzelnen Kindes. Lern-
und Entwicklungsbereitschaft sowie Authentizität sind für sie die Voraussetzung für die
Arbeit mit anderen Menschen. Sie fordert Fachkräfte auf, Ziele für Kinder zunächst als
Ziele für sich zu begreifen (z.B. Konfliktfähigkeit, Selbstbildung), auch wenn der Weg
dahin anstrengend und zuweilen schmerzhaft sein kann, da niemand einen Anderen zu
Entwicklungsschritten anzuregen vermag, die er selbst noch nicht bewältigt hat. Wag-
ner beobachtet häufig eine Selbstüberschätzung der Fachkräfte im Sinne einer Selbst-
zuschreibung von Kompetenzen, die nicht der Realität entspricht. Auch Krenz möchte
Fachkräfte anregen, pädagogische Inhalte und Fragen auf die eigene Biografie zu be-
ziehen. Er fordert die eindeutige Abkehr von einer programmorientierten, schulähnli-
chen Pädagogik und eine Hinwendung zur Persönlichkeitsbildung durch ganzheitliche
Aktivitäten und einen handlungs- und werteorientierten Umgang mit Kindern. Dies be-
dürfe einer Auseinandersetzung mit der Frage, wie sich die Lernfelder der Bildungsplä-
44
ne in Alltags- und Projektaktivitäten einbinden ließen. Diese Forderung ist auch Wag-
ners Ausführungen zu einer veränderten Ausbildung pädagogischer Fachkräfte zu ent-
nehmen. Die Praxisbeispiele der beiden Kitaleitungen zeigen sehr anschaulich, wie
dieser Anspruch im Alltag von Kindertagesstätten umgesetzt werden kann. Kitaleitung
A spricht in diesem Zusammenhang das „Beseelen“ von Situationen an, also das Be-
trachten der gefühlsmäßigen Dimension eines Erlebnisses und verweist so ebenfalls
auf den Anspruch der Ganzheitlichkeit. Letzteres setzt eine Ausgewogenheit der per-
sönlichen Gefühle der Fachkräfte voraus, damit sie sich auf diese Prozesse einlassen
(können). Hierauf und auf die Notwendigkeit der Fokussierung der emotionalen Ent-
wicklung von Kindern als Grundlage der Persönlichkeitsbildung weisen auch Krenz und
Wagner hin.
Hinsichtlich eines umfassenden Symbolverständnisses und der Fähigkeit, das Aus-
drucksverhalten von Kindern zu deuten, geht es Krenz nicht um Perfektionismus, son-
dern um eine grundsätzlich veränderte Sichtweise auf problematisches Verhalten:
Fachkräfte müssten begreifen, dass jedes Verhalten einen Hintergrund habe und somit
Ausdruck einer inneren Irritation sei und den Mut entwickeln, sich mit „archetypischen
Bildern“ auseinanderzusetzen. Auch Wagner sieht in dem theoretischen Wissen über
die Bedeutung von Symbolen zwar einen wichtigen kognitiven Zugang, fordert aber
gleichzeitig ein stärkeres Einfühlen in die Psyche des Kindes. Die beiden Kita-Teams
gehen unterschiedlich mit der Aufgabe der Deutung von Ausdrucksformen um. Kitalei-
tung B beschreibt eine sehr stringente Umsetzung von der Beobachtung bis zur Aus-
wahl des Projektthemas, während Kitaleitung A, dies (z.Zt.) für nicht leistbar hält und
so die Identifizierung des Projektthemas offenbar eher in einer gröberen Form, gleich-
wohl aber auf der Grundlage von Beobachtungsbögen erfolgt.
5.2. Herausforderung: Organisatorische und formale Bedingungen
5.2.1. Zeit
Wie bereits unter 5.1.1. ausgeführt, bedarf es in der Erarbeitung des Situationsorien-
tierten Ansatzes einer Reihe kleinschrittiger Vorarbeiten. Aber auch in Bezug auf die
tägliche Umsetzung wurde der Faktor Zeit in den Interviews angesprochen. Dem Team
der Kitaleitung B steht ein ungewöhnlich großer Anteil der Arbeitszeit als Vorberei-
tungszeit zur Verfügung (50% der Betreuungszeit), in der sie ihre Beobachtungen aus-
werten und Projekte vorbereiten sowie den fachlichen Austausch, eine gegenseitige
Unterstützung, ihre Konflikt- und Umgangskultur auch in Form von Gruppen- und
45
Dienstbesprechungen pflegen können. Dennoch bleibt ein temporärer Zeitmangel bei
der Vorbereitung des Projektthemas auch durch B nicht unerwähnt und sie betont die
Wichtigkeit einer Strukturierung der Vorbereitungszeiten bei gleichzeitiger Flexibilität
aufgrund besonderer Bedarfe. Kitaleitung A weist auf das „nicht ganz so wissenschaft-
liche Vorgehen“ in der Identifizierung des Projektthemas hin, und erläutert, dass sich
das Team damit schwer tue und der Rahmen nicht gegeben sei. Zeit kann hier in dop-
pelter Hinsicht als Manko verstanden werden: In der Erarbeitung des Wissens und der
Kompetenzen, Verhaltensweisen zu entschlüsseln sowie in der alltäglichen Anwen-
dung. Eine mangelhafte Ausstattung mit Vertretungskräften im Krankheits- und Ur-
laubsfall sieht Kitaleitung B als Hürde für die Umsetzung der Projekte. Diese müssten
in Zeiten des Personalmangels ruhen, da im Wesentlichen in Kleingruppen gearbeitet
würde. Krenz mahnt Fachkräfte, nicht sofort zeitlich-organisatorische Schwierigkeiten
als Beleg dafür zu nehmen, dass sie sich in ihrer Arbeit nicht auf das einzelne Kind
beziehen könnten, sondern fordert zu mutigem Ausprobieren auf.
4.2.2. Fortbildung
Lebenslanges Lernen als Anforderung für pädagogische Fachkräfte begleitete jedes
Interview. Kitaleitung A strukturiert die Frage nach Fortbildungsinhalten grundsätzlich
am Jahresbeginn mit den Teammitgliedern unter der Fragestellung, welcher Fortbil-
dungsinhalte das Team bedarf, um seinen pädagogischen Aufgaben noch besser ge-
recht zu werden. Fortbildungen nach persönlichen Einzelinteressen der Fachkräfte
lehnt A ab. Dies unterstreicht auch Krenz und fügt hinzu, Fortbildungen müssten sich
an den Problemen in der Kita orientieren („aus der Praxis, in die Theorie, zurück in die
Praxis“) und grundsätzlich selbstreflektorische Anteile bieten. Auch aus Wagners Aus-
führungen kann hier eine Zustimmung abgeleitet werden, wobei sie die Forderung
nach Selbsterfahrungsseminaren besonders unterstreicht. Kitaleitung B empfindet
Teamsupervision als ein zielführendes Mittel, eine reibungsarme und konstruktive Zu-
sammenarbeit zu erreichen und sich so auf die wesentlichen Aufgaben konzentrieren
zu können. Außerdem fördert sie die Weitergabe von Erkenntnissen, die in Fortbildun-
gen gewonnen wurden an das gesamte Team.
4.2.3. Einstellung neuer MitarbeiterInnen
Die interviewten Kitaleitungen haben offensichtlich einen starken Einfluss auf die Aus-
wahl neuer Fachkräfte und sind auch in der Lage, sich von ungeeigneten MitarbeiterIn-
nen zu trennen. Kitaleitung B formuliert in Vorstellungsgesprächen z.B. auch die Anfor-
derung des Lesens von Fachbüchern und der ständigen Weiterentwicklung. Im nicht
46
transkribierten Teil des Interviews benennt Krenz die Auswahl neuer MitarbeiterInnen
durch das Kita-Team als ein Grundforderung an Träger.
5.3. Herausforderung: Ausbildung
Notwendige Veränderungen in der Ausbildung elementarpädagogischer Fachkräfte
sprechen sowohl Wagner als auch Krenz an. Neben der Notwendigkeit, Inhalte ele-
mentarpädagogisch relevanter Forschungsbereiche zu vermitteln, fordern beide, ana-
log zu ihren elementarpädagogischen Bildungsansätzen, eine Vernetzung von Ausbil-
dungsinhalten mit selbstreflektorischen Anteilen, um eine innere Betroffenheit der Aus-
zubildenden zu erreichen. Wagner fordert zudem mehr Möglichkeiten für Auszubilden-
de, eine ganzheitliche Bildung selbst erleben zu können (z.B. Naturerfahrungen im
Wald statt mit dem Forscherkoffer). Dies entspräche einer Bildung unter Einbeziehung
emotionaler, kognitiver und handlungspraktischer Anteile und böte so ein Vorbild für
künftige Elementarpädagogen. Ihre Kritik richtet sich an alle relevanten Ausbildungsin-
stitutionen von Fachschulen bis Universitäten. Lehrer und Professoren müssten eben-
falls authentische Vorbilder sein und Lernerwartungen an Auszubildende wie Werte,
Methoden, etc. (vor-)leben und nicht nur in der Theorie lehren. Dies betreffe auch eine
ständige Lernbereitschaft hinsichtlich neuer Erkenntnisse. Hier merkt Krenz auch an,
dass viele Lehrkräfte die Wirkungen und Bedeutungen pädagogischer Ansätze nicht in
Gänze und in der Tiefe verstanden hätten.
Wagner befürwortet einen späteren Berufseinstieg. In der Anfangsphase der Ausbil-
dung würde sie den SchülerInnen grundsätzlich eine Selbstauseinandersetzung in
Verbindung mit den künftigen Berufsanforderungen anbieten, um ihnen die Möglichkeit
zu geben, sich auf Grundlage der Informationen und Erkenntnissen, neu für oder ge-
gen den Beruf zu entscheiden. Außerdem spricht sie die gesellschaftspolitische Di-
mension der Elementarpädagogik an. Heutige Lebens- und Arbeitsbedingungen schei-
nen ihr nicht an den Bedürfnissen von Kindern orientiert. Eine Auseinandersetzung
darüber und über die hohe Verantwortung von Elementarpädagogen auch bezogen auf
die Zukunftsgestaltung unserer Gesellschaft hält sie (nicht nur) während der Ausbil-
dung für unabdingbar.
47
5.4. Der Situationsorientierte Ansatz als Hilfe für Kinder und Fachkräfte
Wagner sieht im Situationsorientierten Ansatz eine notwendige Antwort auf die zuneh-
menden Verhaltensirritationen von Kindern, die durch Druck, Angst usw. ausgelöst
werden. Dabei berichtet sie auch über Erfolge in der Arbeit mit geistig behinderten Er-
wachsenen. Sich verstanden fühlen und die Gelegenheit zu neuen Erfahrungen sieht
sie als Chance, erworbene entwicklungshinderliche Muster zu verändern. Den Ausfüh-
rungen von Krenz kann entnommen werden, dass er den Situationsorientierten Ansatz
so aufgestellt hat, dass jedes einzelne Kind in der Tiefe wahrgenommen werden und in
seiner Entwicklung unterstützt werden kann. Gleichzeitig bietet der Ansatz aus seiner
Sicht ein ganzheitliches Lernen aus erster Hand mit dem Schwerpunkt Persönlich-
keitsbildung sowie vielfältigen Möglichkeiten des concomitant learning. Bei beiden Kita-
leitungen stehen ebenfalls die individuelle Begleitung des einzelnen Kindes sowie
ganzheitliche Bildungsprozesse im Fokus, wobei sie den Situationsorientierten Ansatz
als einzigen pädagogischen Ansatz begreifen, der das einzelne Kind in den Fokus
nimmt.
Krenz vermutet einen Zusammenhang zwischen der hohen Fachkräfte-Fluktuation im
Elementarbereich und den sich ständig steigernden und wandelnden Anforderungen
an Fachkräfte. Er hält den Situationsorientierten Ansatz unter der Voraussetzung einer
schrittweisen Umsetzung und feinfühligen Begleitung durch die Leitung sowie der wirk-
lichen Verinnerlichung entsprechender Werte und Verhaltensweisen für eine Chance,
die Fluktuation zu unterbrechen. Es bedürfe keiner Zusatzprogramme (Sprachförde-
rung, mathematische Vorläuferkompetenzen, …) und Zusatzthemen (Gender, Partizi-
pation, …), weil all diese Bildungsinhalte im Situationsorientierten Ansatz auf natürliche
Weise inkludiert seien. So bestünde für die Fachkräfte die Möglichkeit zur Vertiefung
und Konzentration. Dies weckt nach seiner Auffassung Interesse und Zufriedenheit.
Kitaleitung B weist darauf hin, dass in ihrem Team eine große Zufriedenheit bestünde
und sich die Fachkräfte mit der Form der pädagogischen Arbeit identifizierten. Die von
Wagner angesprochene Selbstbildung und vertiefte Selbstreflexion der Fachkräfte
kann als Chance zur persönlichen Weiterentwicklung und damit bereichernd wahrge-
nommen werden.
48
5.5. Fazit
Es konnten viele Gemeinsamkeiten unter den Interviewpartnern ermittelt werden,
wenngleich sich naturgemäß unterschiedliche Gewichtungen von Aspekten zeigten
und nicht jeder Aspekt von allen angesprochen wurde. Die beiden Kitaleitungen skiz-
zierten mit ihren Aussagen Variationen in der Umsetzung des Situationsorientierten
Ansatzes, wobei wesentliche Aspekte des Ansatzes (Individualität von Kindern, Fokus
auf emotionale Aspekte, Lernen im langfristigen Zusammenhang usw.) erhalten blei-
ben. Von allen Interviewten werden offenbar mehr Chancen als Schwierigkeiten gese-
hen bzw. die Schwierigkeiten nur als Hürde, nicht als Hindernis für die Umsetzung des
Ansatzes wahrgenommen. Eine langfristig angelegte Erarbeitung scheint auch Chan-
cen für Teamentwicklungsprozesse und für die individuelle Entwicklung der Fachkräfte
zu beinhalten, wobei die Rolle der Leitung als zentral erlebt wird. Außerdem wurden
Anforderungen an verbesserte Aus- und Fortbildungen für elementarpädagogische
Fachkräfte formuliert. Bei Einstellungsverfahren wurde die Bedeutung der Einbezie-
hung des Teams oder zumindest der Leitung deutlich.
6. Zusammenfassende Betrachtung der Ergebnisse
Der Situationsorientierte Ansatz enthält eine Vielzahl pädagogischer Aspekte, die, un-
abhängig vom praktizierten Ansatz, eine Verbindlichkeit für alle Fachkräfte haben soll-
ten, weil sie wissenschaftlich fundiert sind und ihre Nicht-Beachtung ungünstige Bedin-
gungen für die Entwicklung von Kindern darstellen. An erster Stelle sei hier die konse-
quente Orientierung an den Bindungs- und Explorationsbedürfnissen genannt. Weitere
Beispiele sind eine ganzheitliche, handlungsorientierte Bildung im Sinn- und Lebens-
zusammenhang, die Wahrung der Rechte von Kindern (Gleichwertigkeit, Partizipation,
körperliche Selbstbestimmung u.v.m.) sowie eine individuelle Entwicklungsbegleitung.
Auch Gesichtspunkte wie die Auswahl des pädagogischen Ansatzes auf der Basis ei-
ner Situationsanalyse, eine kooperative und konfliktbewusste Teamarbeit, anspre-
chende und sinnstiftende Räume, die Nutzung des Umfeldes der Kita sowie eine fach-
lich orientierte Zusammenarbeit mit Eltern und Institutionen oder auch das engagierte
Eintreten für die Bedürfnisse von Kindern bestimmen ganz allgemein die Qualität von
Kindertageseinrichtungen mit.
49
Der Wissenschaftsbezug des Situationsorientierten Ansatzes in Bezug auf die formu-
lierten Grundaussagen (vergl. Kapitel 3.) ist aus meiner Sicht durch die genutzte Litera-
tur und der, aus ihr abgeleiteten Argumentationen, weitestgehend belegt. Einzig die
Orientierung an der Deutung archetypischer Bilder aus der psychoanalytischen Psy-
chologie lassen Fragen nach der Allgemeingültigkeit dieser Bilder offen, denen in die-
ser Arbeit nicht ausreichend nachgegangen werden konnte. Weitere Standpunkte des
Ansatzes, die ich im vorherigen Absatz als grundsätzlich notwendig benannt habe,
wurden nicht erforscht, weil ich davon ausgehe, dass diese Ansprüche – zumindest in
der Theorie – nicht umstritten sind.
Die Anzahl der Kompetenzen, die Fachkräften abverlangt werden, ist hoch und so will
ich sie an dieser Stelle nicht alle wiederholen. Zusammenfassend lässt sich sagen,
dass es in erster Linie personale Basiskompetenzen sind, die die Umsetzung ermögli-
chen. Es ist also eine humanistische, konsequent kindorientierte Haltung erforderlich.
So drängt sich immer wieder der Gedanke auf, es werde „Übermenschliches“ erwartet.
Man kann Krenz in seinen Ausführungen in der Literatur sicher ein hohes Maß an Per-
fektionismus unterstellen, von dem er im Interview allerdings ein wenig abrückt. Auch
die Kitaleitungen warnen vor dem „Zu-Viel“ und „Zu-Genau“. Schauen wir uns die in
Kapitel 2. und 5. genannten Kompetenzen in Ruhe und einzeln an, wird ein Wider-
spruch schwierig, denn ihr Nutzen für die Entwicklung der Kinder ist augenfällig. Wenn
wir den Weg zur Erringung der vielen Fähigkeiten und des breiten Wissens bereits als
Gewinn aus pädagogischer Sicht ansehen können und uns lediglich „immer-etwas-
mehr“ und „immer-etwas-genauer“ abverlangen, so besteht Grund zur freudigen Moti-
viertheit, weil eine Entwicklung beruflicher Kompetenzen für uns pädagogische Fach-
kräfte auch eine Entwicklung persönlicher Kompetenzen bedeutet und so einen Ge-
winn für das Leben im Allgemeinen darstellen kann.
Gleichwohl ist es schwierig, erworbenes Wissen und geprägte Einstellungen und
Handlungsmuster zu verändern (siehe Kapitel 5.). Ich halte dies aber für absolut not-
wendig, weil sich unsere Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten drastisch verändert
hat. Wir leiden (zum Glück!) nicht unter Hunger oder Krieg und die Demokratisierung
ermöglicht uns Vieles, was vor nur zwei Generationen noch undenkbar erschien.
Gleichzeitig sind viele Normen und Regeln nicht mehr Allgemeingut und wir haben täg-
lich eine Vielfalt von Entscheidungen zu treffen. Das heißt auch, es werden andere
Kompetenzen benötigt als vor 50 Jahren: Entscheidungsfähigkeit, Selbstverantwor-
tung, Selbstdisziplin und innere Motivation statt Gehorsam und Anpassung. Es macht
also wenig Sinn, Kinder heute für ein Leben im Morgen mit Methoden von gestern zu
50
erziehen. Oder wie Wagner im Interview sagte: „Wohin wollen wir Kinder erziehen? Die
Frage müssen Erwachsene beantworten. Sollen Kinder gehorchen oder dürfen sie sich
entwickeln?“ Stimmen wir Letzterem zu, benötigen wir die entsprechende Haltung und
da viele von uns diese nicht in früher Kindheit erwerben konnten, bedarf es einiger An-
strengungen.
Die Umsetzung des Situationsorientierten Ansatzes erfordert also ein umfangreiches
Wissens, Können und ein bestimmte innere Haltung, die von eingehender Selbstrefle-
xion und Selbsterfahrung geprägt ist. Insofern kann er nicht quasi umgehend in die
Praxis umgesetzt werden. Die Vorbereitungen, die Krenz (2004, 2012) beschreibt, die-
nen auch dem Erwerb dieser Kompetenzen, wobei der Kitaleitung eine besondere Be-
deutung als Vorbild und Anleitung zukommt. Die beiden Kitaleitungen beschrieben un-
terschiedliche Wege eines sukzessiven Einstiegs und auch Abweichungen in der Um-
setzung. Ganz sicher ist der Situationsorientierte Ansatz ohne ein umfassendes Ver-
stehen des einzelnen Kindes und ohne emotional-basierte Projektarbeit nicht denkbar.
Gleichzeitig kann (in Anlehnung an die Aussagen von Kitaleitung A), durchaus eine
etwas gröbere als die von Krenz beschriebene Deutung kindlichen Handelns vorge-
nommen werden. Vermutlich werden sich die Kompetenzen in diesem Bereich mit zu-
nehmender Erfahrung und in einem förderlichen Austausch im Team schärfen.
Offenbar (und dies verwundert sicherlich niemanden) spielt der Einfluss der Leitung
oder gar des Teams bei der Personalauswahl eine wesentliche Rolle für eine rei-
bungsarme Umsetzung des Ansatzes. Dies betrifft aber sicherlich nicht nur den Situati-
onsorientierten Ansatz, sondern dürfte sich im Allgemeinen förderlich auf die Zusam-
menarbeit und Kontinuität von Beschäftigungsverhältnissen sowie die Qualität der pä-
dagogischen Arbeit auswirken. Auch Forderungen an die Aus- und Fortbildung von
Fachkräften konnten identifiziert werden. Hierzu gehören ein humanistisches Men-
schenbild und eine ganzheitliche, erfahrungs- und reflexionsorientierte Bildung auf der
Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und damit auch die ständige Wei-
terentwicklung aller in diesem Feld tätigen Pädagogen. Auch dieser Punkt betrifft nicht
ausschließlich den Situationsorientierten Ansatz, sondern muss sich aus meiner Sicht
dringend im Sinne der pädagogischen Qualität von Kindertagesstätten entwickeln.
Eine Verbreitung des Situationsorientierten Ansatzes dürfte also in erster Linie von der
Entwicklungsfähigkeit und Entwicklungsbereitschaft heutiger und künftiger Fachkräfte
und damit auch von der Qualität der Aus- und Fortbildungen in diesem Berufsfeld ab-
hängen.
51
7. Weiterführende Fragen
Im Verlauf dieser Arbeit habe ich mich ausschließlich auf die, in der Einleitung genann-
ten Forschungsfragen fokussiert. Bei der Untersuchung, inwieweit der Situationsorien-
tierte Ansatz wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, mussten eine Reihe von Aspek-
ten mehr oder weniger unbearbeitet bleiben. Hier ließen sich weiterführende For-
schungsfragen formulieren:
- Inwieweit ist die Bildungsdefinition und die praktische Umsetzung des Ansatzes
hinsichtlich einer umfassenden Bildung wissenschaftlich begründet?
- Ist eine so weitreichende Individualisierung in der Entwicklungsbegleitung notwen-
dig bzw. warum?
- Welche wissenschaftlichen Belege für die Notwendigkeit der Authentizität von
Fachkräften können benannt werden?
- Welche Richtungen gibt es in der psychoanalytischen Forschung und wie stehen
sie zur Deutung von Symbolen?
In den geführten Interviews lässt sich ebenfalls noch eine Reihe von Themenfeldern
entdecken, denen nachgegangen werden kann:
- Wie wirkt sich der Situationsorientierte Ansatz auf die Zusammenarbeit
im Team
mit dem Träger
mit Eltern
mit Schulen
mit anderen Institutionen aus?
- Welchen Realitätsbezug hat die Annahme von Krenz, dass die Fachkräfte-
Fluktuation in situationsorientiert arbeitenden Kitas geringer ist und was wären die
Gründe?
- Gibt es Fachschulen, Hochschulen etc., die die von Wagner und Krenz genannten
Anforderungen erfüllen und inwieweit wirken sie sich auf die Kompetenzqualitäten
der ausgebildeten Fachkräfte aus?
- Welche Wirkung zeigen biografisch- und selbsterfahrungsorientierte Seminare von
Fachkräften auf ihre pädagogische Qualität im Langzeitvergleich?
52
Zudem könnte der Situationsorientierte Ansatz mit anderen pädagogischen Ansätzen
verglichen werden:
- In welcher Häufigkeit und Intensität wird nach bestimmten Ansätzen gearbeitet und
wie wird dies von den Fachkräften begründet?
- Welche reformpädagogischen Ansätze und Arbeitsweisen lassen sich im Situati-
onsorientierten Ansatz finden?
- Was grenzt ihn zu anderen Ansätzen ab und wie sind die Unterschiede aus wis-
senschaftlicher Sicht zu bewerten? Hier wären aus meiner Sicht insbes. der Offene
Kindergarten, der Lebensbezogene Ansatz und der Situationsansatz interessant.
- Welche Qualitäten zeigen Schulkinder, die ihre frühen Jahre in einer Kita verbrach-
ten, die nach dem Situationsorientierten Ansatz arbeitet?
- Welche Langzeitwirkungen lassen sich identifizieren?
53
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9. Eidesstattliche Erklärung
Ich versichere hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und
ausschließlich unter Nutzung der verzeichneten Quellen angefertigt und die
angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Alle Quellen, die ich wörtlich oder sinnhaft
entnommen habe, wurden durch mich im Text kenntlich gemacht und verweisen auf die
im entsprechenden Verzeichnis notierten Literaturangaben und Quellen.
Leiferde, den 29.01.2017
(Heike Chmielnik)