Post on 10-Mar-2016
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Der Mensch hat eine Unterschrift
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Bilder und Texte aus dem Humanus-Haus
Das vorliegende Buch zeigt Werke, die 2009/10 erstmals im Rahmen der Ausstellung
«Der Mensch hat eine Unterschrift» im Humanus-Haus gezeigt wurden. Es präsentiert
Zeichnungen, Mal- und Textarbeiten von Menschen mit einer Behinderung. Gradlinig
und kompromisslos werden Lebenserfahrungen auf vielfältige und kraftvolle Art ausge-
drückt. Das Menschsein hat einen künstlerischen Ausdruck gefunden.
«Mir scheint in der Kunst von Menschen mit Behinderung etwas von dem ans Licht zu
drängen, was mit solchen Widerstands-, Krisen- und Konfl iktprozessen zu tun hat –
wie in aller und jeder Kunst, die uns berührt. Das macht das Unvollkommene vollkom-
mener, das Naive tiefgründig, das Einfache komplex. Die Künstlerinnen und Künstler
des Humanus Hauses haben ihren Lebenserfahrungen einen Ausdruck verliehen, an
dem sich unsere Erfahrungen als Betrachtende und Lesende brechen, spiegeln und
verwandeln können.» Prof. Dr. Rüdiger Grimm
www.der-mensch.ch
RAFFAEL-VERLAG RAFFAEL
ISBN 978-3-9521326-6-1
5
Inhaltsverzeichnis
5 Inhaltsverzeichnis
7 Zu diesem Buch
8 Zum Geleit
9 Humanus-Haus Beitenwil
10 Kunsttherapie in der Heilpädagogik und Sozialtherapie
13 Begegnungskreis
29 Textbilder
53 Malerei
56 Gestützte Kommunikation
86 Anhang
6
Begegnungskreis | Vernissage «Der Mensch hat eine Unterschrift» Humanus-Haus 2009/10
Malerei | Vernissage «Der Mensch hat eine Unterschrift» Humanus-Haus 2009/10
7
Zu diesem Buch
Das vorliegende Buch zeigt Werke von Men-
schen mit einer Behinderung, die erstmals im
Rahmen der Ausstellung «Der Mensch hat
eine Unterschrift – Im künstlerischen Dialog
mit Menschen aus dem Humanus-Haus»
gezeigt wurden.
Es gehört zu den Grundsätzen des Lebens im
Humanus-Haus, dass alle Menschen intensiven
Zugang zu Kunst und künstlerischem Schaffen
haben können. Dies geschieht einerseits durch
ein reichhaltiges Kulturprogramm, andererseits
durch die angebotenen anthroposophi schen
Kunsttherapien.
Ausgangspunkt der Ausstellung war die von
Clemens Wild gemalte Porträtreihe «Begeg-
nungskreis». Diese Bilder führten die beiden
Therapeutinnen Elke Bühler (Malen) und
Monika Kellersberger (Sprache) zur Idee, über
die Mittel der bildenden Kunst und der Spra-
che eine Ausstellung zum Thema Menschsein
zu verwirklichen. Sie haben die Menschen im
Humanus-Haus zur Mitarbeit ermutigt und sie
in ihrem Schaffen begleitet. Dabei ist eine Fül-
le von Bildern und Texten entstanden.
Ende 2009, Anfang 2010 wurden die Werke
während dreier Monate in einer grossen,
öffentlichen Ausstellung im Humanus-Haus
gezeigt. Das Echo war gross. Die Initiative, ein
Buch zur Ausstellung herauszugeben, geht
auf Marcel Eichenberger, einen begeisterten
Besucher zurück. Nachdem die Gesellschaft
für Kunstpflege und Jugendbildung in Basel,
finanzielle Unterstützung zugesagt hatte,
konnte die Arbeit beginnen.
Die Stiftung Humanus-Haus bedankt sich bei
allen Beteiligten, die dieses Buch und die Aus-
stellung ermöglicht haben!
Textbilder | Vernissage «Der Mensch hat eine Unterschrift» Humanus-Haus 2009/10
8 Der gleichermassen lakonischen wie fakti-
schen Aussage «Der Mensch hat eine Unter-
schrift» ist nichts hinzuzufügen. Sie stimmt
und lässt staunen. Auch andere Sätze brennen
sich unmittelbar ins Bewusstsein ein: «Ich
habe das Gefühl, ich bin zur Welt gekommen,
um der Gesellschaft einen Gefallen zu tun».
Oder «Manchmal sehe ich die Aufgabe klar
vor mir, andere Male frage ich mich, warum
bin ich noch da…». Sätze, die so herausste-
chen, gewinnen eine merkwürdige Autorität
und Gültigkeit, deren Ursprung dunkel, aber
fern jeder Banalität ist: Sie treffen uns – und
treffen zu.
Wie alle künstlerischen Tätigkeiten entstam-
men auch die bildenden und redenden, bzw.
schreibenden Künste einem individuellen
Ausdrucksprozess, in diesem Fall dem Ringen
um Form und Inhalt im Medium von Farbe
und Sprache. Es handelt sich um eine Wech-
selwirkung, denn der künstlerisch gestaltende
Mensch sucht seinen Ausdruck im Material
– und wird seinerseits durch es. Kunst wird
dadurch zu einem dialogischen Entwicklungs-
und Wandlungsprozess.
Authentische Kunsterfahrung entstammt
einem Vorgang, in dem sich etwas Neues,
Einmaliges und Zukünftiges ereignet, das sich
bedeutungsvoll in der Biographie niederschla-
gen kann. Er trifft gleichermassen den Gestal-
tenden wie den Nacherlebenden: Eine Erfah-
rung an den Grenzen, denn das eigentliche
Element der Kunst ist nicht das vordergründig
Schöne oder elysisch Beschauliche, sondern
das Ringen mit den Widerständen des «Ma-
terials», oder, besser gesagt, «des Lebens».
Denn was wir den Widerständen abringen,
wird uns mehr und tiefer zu eigen als das
Selbstverständliche und Offenkundige.
Es lässt uns zu uns selbst kommen.
Mir scheint in der Kunst von Menschen mit
Behinderung etwas von dem ans Licht zu
drängen, was mit solchen Widerstands-,
Krisen- und Konfliktprozessen zu tun hat –
wie in aller und jeder Kunst, die uns berührt.
Das macht das Unvollkommene vollkom-
mener, das Naive tiefgründig, das Einfache
komplex. Nur unter diesen Bedingungen
wird, wie Beuys meinte, «jeder Mensch zum
Künstler». Die Künstlerinnen und Künstler
des Humanus-Hauses sind es zweifellos ge-
worden. Sie haben ihren Lebenserfahrungen
einen Ausdruck verliehen, an dem sich unsere
Erfahrungen als Betrachtende und Lesende
brechen, spiegeln und verwandeln können.
Prof. Dr. Rüdiger Grimm
Zum Geleit
Rüdiger Grimm ist Sekretär der Konferenz für Heilpädago-
gik und Sozialtherapie der Medizinischen Sektion der Freien
Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum in
Dornach und Professor für Heilpädagogik an der Alanus
Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter (DE).
9Die Stiftung Humanus-Haus Beitenwil in der
Gemeinde Rubigen bei Bern wurde 1974
gegründet. Ihr Zweck ist es, Lebensräume
zu gestalten, in denen Menschen mit Behin-
derungen im Zusammenleben mit anderen
Menschen Förderung erfahren und sich entfal-
ten können.
Das von einer Parkanlage, Obst- und Gemüse-
gärten umgebene Areal in Beitenwil umfasst
ein altes Landgut, mehrere Werkstatt- und
Wohngebäude, einen Saal sowie ein Schwimm-
bad. In der Dorfgemeinschaft leben und
arbei ten 83 Menschen mit unterschiedlichen
Fähigkeiten und Behinderungen. Dazu bietet
das Humanus-Haus 20 Arbeits- und Beschäf-
tigungsplätze für Menschen, die ausserhalb
wohnen.
Humanus-Haus Beitenwil
Sinnvolle Arbeit und Beschäftigung sowie An-
lehren sind in folgenden Bereichen möglich:
Bäckerei, Schreinerei, Holzwerkstatt, Weberei,
Musikinstrumentenbau, Kreativwerkstatt,
Unterhaltswerkstatt, Wäscherei, Küche, Gärt-
nerei, Kräuterverarbeitung sowie auf dem
Bauernhof. Mit etwa 150 Mitarbeitenden ist
das Humanus-Haus der grösste Arbeitgeber in
der Gemeinde Rubigen.
Ein reichhaltiges kulturelles Leben prägt den
Dorfalltag. Künstlerische Therapien (Malen,
Musik, Sprachgestaltung, Eurythmie) sowie
Massage und Bäder sind fester Bestandteil des
Angebots.
Im «Laden & Café» werden Gäste empfangen
und – unter anderem – Erzeugnisse aus den
Werkstätten verkauft. Im Saal finden regel-
mässig öffentliche Vorträge, Konzerte und
Theateraufführungen statt.
Laden & Café
Innenhof Paracelsus-Haus
Paracelsus-Haus
Das Humanus-Haus Beitenwil ist eine
Camphill-Dorfgemeinschaft und arbeitet
auf der Grundlage der Anthroposophie. Für
die Zukunft wird an einer konzeptionellen
Erweiterung gearbeitet, welche den Vortei-
len der gewachsenen Dorfstruktur und den
zunehmenden Bedürfnissen nach Selbstän-
digkeit und Autonomie gerecht wird. Dazu
ist vorgesehen, weitere Begegnungs- und
Kontaktmöglichkeiten mit der umliegenden
Bevölkerung zu schaffen. Die Ausstellung
«Der Mensch hat eine Unterschrift» ist ein
gutes Beispiel dafür.
14 Clemens Wild, geboren 1965, lebt seit seinem
17. Altersjahr im Humanus-Haus. Er hat eine
künstlerische Leidenschaft entdeckt: Er zeichnet
Comics. In ihnen verarbeitet er unter anderem
seine Erinnerungen an die Schulzeit. Er hat
dabei nicht nur Ausdauer, sondern auch gros-
se Fähigkeiten entwickelt – insbesondere im
Porträtieren von Menschen.
Wie es dazu kam, dass er das Bedürfnis ver-
spürte, alle Menschen im Humanus-Haus zu
porträtieren, erklärt Clemens Wild mit diesen
Worten: «Irgendwann, als ich ein Zirkusbild
fertig gemalt hatte, suchten wir nach einem
neuen Thema. Ich kritzelte mit Elke zusammen
Tiere und Menschen auf ein grosses Blatt
Papier. Da hatten wir plötzlich die Idee, Men-
schen aus dem Humanus-Haus zu zeichnen.
Die erste Figur gelang mir so gut, dass ihr
noch 99 weitere folgten.»
«Die meisten Menschen konnte ich recht gut
auswendig zeichnen. Bei jenen, die ich oft
sah, war es natürlich leichter. Früher zeichnete
ich zuerst die Schuhe oder die Füsse, bis ich
auf Anraten von Elke mit dem Kopf begann.
So ist es leichter, die Proportionen zu erfassen.
Lange glaubte ich eben, man müsse unten
beginnen, weil die Menschen auch von unten
nach oben wachsen.»
Aus diesen Anfängen ist das Projekt «Begeg-
nungskreis» hervorgegangen, das nun 100
von rund 260 möglichen Porträts zeigt. Ent-
standen ist ein Werk, das auf eindringliche
Weise zum Ausdruck bringt, aus welch grosser
Vielfalt an Individualitäten die Gemeinschaft
des Humanus-Hauses besteht. Der Begriff
Begegnungskreis weist übrigens auf die wö-
chentliche Versammlung aller BewohnerInnen
und Mitarbeitenden hin.
Auf den nachfolgenden Seiten ist eine Aus-
wahl dieser Porträts zu sehen. Sie zeigen
betreute Menschen, Mitarbeitende und deren
Kinder sowie Ehemalige. Auffallend ist die
Treffsicherheit, mit der Clemens Wild die ein-
zelnen Gestalten erfasst und kennzeichnende
Accessoires hinzufügt. An der Mimik sind sei-
ne Figuren kaum zu erkennen – es ist vielmehr
das Bild als Ganzes, das bei jenen Betrachtern,
die mit den Menschen im Humanus-Haus ver-
traut sind, meistens rasch zur Erkenntnis führt:
«Diese Person kenne ich doch...».
Elke Bühler, Maltherapeutin
Selbstporträt Clemens WildClemens Wild erklärt seine Bilder
Begegnungskreis
16
Porträt Ruedi Wälchli Porträt Monika Kellersberger Porträt Corinne Mosimann Porträt Chöying PhurtagPorträt Frank Bürgel
17
Porträt Cem Hamurabi Porträt Pius Gegenschatz Porträt Isabelle BrodmannPorträt Maria Lidia CandidoPorträt Simone Tritten
30 Am Anfang der Textarbeit standen Fragen:
«Der Mensch? Was bedeutet es, ein Mensch
zu sein? Was ist mir wichtig am Menschen?»
und «Wer bin ich?»
Die Fragen lösten Gedanken aus und es erga-
ben sich Gespräche, die ich mitgeschrieben
habe. In der Sprachtherapie wird unter an-
derem das Gespräch geübt. Sich mitteilen zu
können und fähig zu sein, in einen lebendigen
Austausch mit dem Gegenüber zu treten, sind
wichtige Grundbedürfnisse des Menschen.
Unsere Gespräche waren eine Art Spuren-
suche. Es war mein Ziel, einen Raum zu schaf-
fen, in dem die Erzählenden ihre Ideen, Bilder
und Gedanken, die zu Beginn vielleicht nur
vage vorhanden waren, entwickeln konnten.
Die nun vorliegenden Texte enthalten sehr
persönliche Aussagen, die ganz aus dem Mo-
ment heraus entstanden sind.
In einem weiteren Schritt wurden die Texte
oder Teile davon* auf ein farbiges Blatt Papier
abgeschrieben. Dies war eine Gelegenheit,
den eigenen Gedanken noch einmal zu be-
gegnen und sie allenfalls zu berichtigen. Die
individuellen Aussagen erhielten durch die
Handschriften eine weitere Qualität und eine
sinnlich wahrnehmbare Originalität.
Monika Kellersberger, Sprachtherapeutin
Textbilder
* Die auf das Papier (50 x 70 cm) abgeschriebenen
Textteile sind in diesem Buch in einer leicht fetteren
Schrift gesetzt.
31Der Mensch hat eine Unterschrift.
Chöying Phurtag
Ich bin gern hier auf der Welt. Ich habe
gern Kinder und Bébé. Am liebsten hätte
ich auch ein Bébé im Bauch. Mein Freund
wäre der Vater und ich die Mutter. Ich
möchte gern mit meinem Freund in die Ferien
nach Amerika. Er sagt ja. In Amerika gehen
wir in eine Beiz essen, in der Stadt. Wir tan-
zen zusammen, dann packen wir wieder und
kommen heim.
Meine Brüder sind wichtig. Ivo und Tobias,
weil ich sie gern habe. Ich bin schon Tante.
Tante Laura.
Laura Zysset
32
Der Mensch hat zwei Beine und zwei
Arme, er kann arbeiten. Ich brauche Luft
und andere Leute, sonst ist es langweilig.
Wichtig ist, dass ich über mein Leben sel
ber bestimmen kann, weil ich nicht alles
will, was die Anderen wollen.
Mit anderen Menschen zusammen kann ich
segeln gehen, reden, arbeiten und festen.
Beim Reden merkt man, ob man dieselben
Interessen hat. Wenn man die gleichen Inte-
ressen hat, kann man über das Thema reden,
man kann Erlebnisse, gute und schlechte,
teilen. Auch Trauriges und Schönes kann man
besprechen.
Ich weiss meistens was ich will, weil ich
darüber nachdenke oder es spüre. Mei
stens sage ich auch, was ich will.
Ernst Horat
Für den Mensch ist die Liebe wichtig. Die
Aufgabe der Menschen ist die Arbeit. Wir
kommen zur Welt, um etwas zu lernen.
Damit die Welt nicht leer ist, hat Gott die
Menschen erschaffen.
Sich anstrengen im Gehirn ist wichtig, dass
man die Augen offen hat, zum Beispiel auf
der Strasse, auch.
Die Liebe ist wichtig, damit man nicht so
alleine ist.
Michael Siegenthaler
Der Mensch kommt einmal auf die Welt.
Er kommt um die Welt kennen zu lernen.
Wir kommen zum Arbeiten, wir bekommen
Lohn und zu Essen.
Mir ist wichtig, dass es keine Kriege mehr
gibt. Aber das ist nicht überall so.
Wichtig ist, dass wir zu trinken haben und
schlafen können. Um glücklich zu sein,
brauchen wir Freunde. Freunde machen
Freude, weil man Kontakt hat.
Ich habe ein paar Freunde. Einem Freund
schreibe ich manchmal ein SMS und frage,
wie es ihm geht. Es ist wichtig den Kontakt
nicht zu verlieren. Man kann auch Briefe
schreiben, das habe ich schon gemacht,
meinem Götti.
Zum Mensch gehört auch, dass er irgend
einisch wieder gehen muss. Er stirbt und
kommt in den Himmel, also die Seele, da
bin ich sicher.
Angel Gerber
Ich bin Künstler zwar. Male Bilder zu Ge
burtstag und Weihnacht und verschenke sie.
Ich bin ein Künstler, weil die anderen sagen,
ich male gut und ich sage im Herz, dass ich
ein Künstler bin. Im Zimmer schreibe ich ab,
Gedichte oder so.
Für mich sind Gespräche mit den Eltern wich-
tig. Ich vermisse meine Eltern und wünsche zu
ihnen zu gehen.
Mein Vater geht «ga platzge» mit Menschen
und ich helfe ihm dabei. Dann organisieren
wir Feste, ich spiele die Flöte und singe.
Ich bin als kleiner Bub auf die Welt ge
kommen 1980. Meine Mutter hat mich
geboren. Ich habe «schnurre» gelernt,
später kam mein Bruder zur Welt, da
lernte ich «lavere», das nützte nichts. Ich
ging nach Bern in die Kinderklinik und
lernte sprechen. Beim Sprechen kann ich
korrigieren und einsehen, was ich falsch
mache. Ich beisse in meine Finger, wenn ich
wütend bin. Besser wäre es, wenn ich dann
ein Gespräch hätte.
Traurig sein gehört zum Mensch, dann
kann man «usegränne» und nachher kann
man wieder etwas entwickeln.
Ich habe viele Kollegen und Kolleginnen,
die brauche ich zum Helfen, um zusam
men ein Problem zu lösen.
Michael Flühmann
36 Mir scheint wichtig, dass man gut und
gesund lebt. Ich bin zur Welt gekommen
weil meine Mutter mit mir schwanger
war. Ich probiere in diesem Leben ganz
fest selbständig zu werden. Ich glaube,
dass ich das kann. Um glücklich zu leben,
brauche ich ein Zuhause, ich erlebe an
verschiedenen Orten Zuhause sein.
Ich bin froh, dass ich lebe.
Ich habe es gern, wenn ich mit anderen
Leuten zusammen bin, aber auch wenn
ich allein bin geniesse ich meine Ruhe. Als
Baby musste ich viel im Spital sein, daran
erinnere ich mich aber nur wegen den
Fotos im Album. Zum Glück ist das vorbei.
Natürlich war ich auch später noch im
Spital. Ich glaube, das gehört einfach zu
mir. Ich bin nicht sicher.
Es ist gut, dass ich hier eine Arbeit habe.
Arbeiten gehört zum Menschenleben. Es
gibt Menschen, die nicht arbeiten können,
sie haben vielleicht eine starke Behinde
rung, sind krank oder finden keine Arbeit.
Keine Arbeit finden ist, glaube ich, nicht
einfach – sicher nicht!
Pascale Kuratli
Für die Menschen sind die Knochen wich
tig, damit wir fest halten. Rippen schützen.
Das Herz ist wichtig, es hilft, dass das Blut
fliesst. Das Speiseröhrli brauchen wir fürs
Essen und Trinken. Schienbein ist gut fürs
Bewegen. Die Nase brauche ich zum At
men.
Für den Mensch ist die Gruppe wichtig,
andere Leute, für den Ausgang, ins Kino,
Theater, den Fussballclub, in den McDonald
zum Essen und Trinken bestellen, einfach das
Leben teilen.
Der Magen ist wichtig fürs Abnehmen, man
soll nicht zu viel essen.
Damit wir glücklich sind, müssen wir la
chen.
Mit dem Mund können wir gut reden und
erzählen. Mir gefallen bei den Menschen
die Frauen. Ich habe verliebt und ich gehe
küssen und armen. Sex machen heisst, die
Frau wird schwanger und es kommt ein
Baby. Echli das Herz spüren ist auch, wenn
man verliebt ist.
Danilo Esposito
37
Für den Mensch ist alles wichtig.
Für mich zum Beispiel das Velo, ich fahre gern.
Ich hatte schon einen Unfall mit dem Velo, das
möchte ich nicht mehr.
Ich helfe den anderen Menschen gern das Auto
aus dem Schnee befreien.
Ich habe gern, wenn man mit mir lieb ist, aber
weniger gern, wenn man mich mit Schnee
wäscht.
Ich habe gern andere Menschen um mich, ich
bin ein Team.
Ich bin am Murtensee zur Welt gekommen.
Warum, weiss ich nicht.
Alexander Kubicek
54 Die Malenden, die ich in diesem Projekt be-
gleiten durfte, haben mich oft in Erstaunen
versetzt. Gestaunt habe ich über die Selbstver-
ständlichkeit ihres Ausdrucks, über die Sicher-
heit ihrer Farbwahl, über das Elementare, das
Archaische in ihrer Arbeit.
Ich konnte Phasen des Wartens, des Innehal-
tens beobachten, dann wieder klare, sichere
Zeichenbewegungen. Die Malenden haben
sich auf unterschiedlichste Weise dem Thema
Mensch genähert. Einige haben Erlebnisse aus
der Vergangenheit verarbeitet, andere religi-
öse Themen oder Märchenfiguren, wiederum
andere haben Freunde, MitbewohnerInnen
oder gar sich selber ins Zentrum gestellt.
Im Gespräch und mittels gestützter Kommuni-
kation (siehe Seite 56) haben wir thematisiert,
wie schwierig es ist, innere Werte zu malen
oder zu zeichnen. Kann ich meine Stummheit
malen? Die Liebe? Das, was mich bewegt?
Die Hilfestellungen versuchte ich so gering
wie möglich zu halten. Einige Bilder sind von
Menschen gemalt worden, die wenig oder gar
nicht sprechen. Bei ihnen kann das Bild die
eingeschränkten sprachlichen Möglichkeiten
ergänzen, kann ein nicht verbaler Kommuni-
kationsträger sein – eine Brücke zum Du.
Elke Bühler, Maltherapeutin
Malerei