Post on 10-Nov-2021
transcript
Aus dem Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin
der Universität zu Köln
Klinik und Poliklinik für Allgemeine Kinderheilkunde
Direktor: Universitätsprofessor Dr. med. D. Michalk
Der Einfluss des Tragens von Säuglingen und Kleinkindern in Tragehilfen
auf die Entwicklung von Haltungsschäden im Schulkindalter
–
Untersuchungen mit der MediMouse®
Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde
der Hohen Medizinischen Fakultät
der Universität zu Köln
vorgelegt von
Hilal Kavruk
aus Wuppertal
Promoviert am 03. Februar 2010
Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln
2010
Dekan: Universitätsprofessor Dr. med. J. Klosterkötter
1. Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. med. D. Michalk
2. Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. med. P. Eysel
Erklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne
Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen
direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht.
Bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der gedanklichen Herstellung der
vorliegenden Arbeit habe ich keine Unterstützungsleistungen von anderen Personen erhalten.
Insbesondere habe ich nicht die Hilfe eines Promotionsberaters in Anspruch genommen.
Dritte haben von mir weder unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistung für Arbeiten
erhalten, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertation stehen.
Die Arbeit wurde von mir bisher weder im Inland noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher
Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und ist auch noch nicht veröffentlicht.
Remscheid, 14. Mai 2009
Diese Arbeit ist auf Anregung von Frau Dr. med. Waltraud Stening entstanden. Die zugrunde
liegenden Untersuchungen und Messungen habe ich selbst durchgeführt und ausgewertet.
Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mithilfe von Herrn Dr. Sahin und Dr. Stützer,
Institut für medizinische Statistik, Informatik und Epidemiologie der Universität zu Köln.
Danksagung
Während der klinischen Datenerhebung in den Wintermonaten des Jahres 2006 hätte ich mir nicht vorstellen können, einmal an der Danksagung meiner Dissertationsschrift zu arbeiten. Es galt der Überwindung von Hürden, die sich, wie es schien, unermüdlich ihren Weg in unseren Untersuchungsablauf bahnten, mit Geduld zu entgegnen. Auch zu Beginn der schriftlichen Zusammenstellung schien eine Fertigstellung unabsehbar. Umso mehr verlangt es mir ein Schmunzeln ab, den Menschen, die mich bis zur Vollendung zusprechend, motivierend und liebenswert zur Geradlinigkeit und Entschlossenheit ermutigt und mobilisiert haben, meine Anerkennung aussprechen zu dürfen. Meine Dankempfindung richtet sich vor allem an:
- Dr. Waltraud Stening, die die Idee für diese Studie entwickelt und mich in allen Streitfragen mit ihrer Fachkunde kompetent unterstützt und unermüdlich zur Kontinuität angehalten hat. Rückblickend erkenne ich den unentbehrlichen Nutzen ihres Zuspruchs, der mich auf Kurs gebracht und gehalten hat, denn Leistung ohne Anerkennung wäre wertlos.
- Kwadwo Antwi, dem ich die Bekanntschaft mit Waltraud zu verdanken habe und der mir bei computer-technischen Krisen tatkräftig zur Seite stand.
- Dr. Herkenrath, dessen Geduld, analytische Auffassungsgabe und Appell zur Initiative dieser Studie einen beträchtlichen Antrieb verliehen haben. Seine nützlichen Ratschläge haben, trotz dass sie mir anfangs wie aus der Rätselecke der Tageszeitung entnommen zu sein schienen, einen essentiellen Beitrag zur Durchführung und Fertigstellung dieser Arbeit geleistet.
- Dr. Sahin, Dr. Stützer, die IMSIE-Mitarbeiter, eingenommen Frau Müller, die mir durch Ihre hilfsbereite Aufforderung zum initiativen Unterstützungsgesuch, ihre freundliche Zuwendung und ihr entgegengebrachtes Interesse Beistand bei der statistischen Bearbeitung, die sich für mich als Wüstengang gestaltete, zukommen ließen.
- das Idiag-Team, das sich persönlich, telefonisch und elektronisch für die reibungslose MediMouse-Software-Installation und für eine rasche Aufklärung sowohl technischer als auch interpretativer Fragen engagiert hat.
- die Schulärzte der Stadt Köln, die Hilfestellung bei der Rekrutierung des Probandenkollektivs und der Zusammenstellung sozio-demographischer Daten dargeboten haben.
- die Eltern und Kinder, die bereitwillig und uneigennützig durch ihre Teilnahme das Fundament dieser Studie bildeten.
- Frau Büyükodabasi, durch dessen zeitaufopfernde Geste mir viel Zeit und Kopfzerbrechen erspart blieben und der ich die Auswahl, Aufklärung, Überzeugung und das Beilaunehalten der elf Probanden des ersten Studienabschnitts zu verdanken habe.
- Ursula Volkenhoff, die mir die Befürchtung, dass sich das Licht am Tunnelende als Leuchttafel mit der Aufschrift „kein Ausgang“ entpuppen würde, genommen und diese Arbeit durch ihre Korrekturvorschläge bereichert hat.
- Mama, die immer nur das Gute in dem sieht, was wir tun, und uns zur Ermöglichung unserer Vorhaben alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten bietet, die uns durch ihr Vertrauen zu vertrauenswürdigen Menschen erzogen hat und die mir während meiner mittellosen Zeit als Promotionsstudentin trotzdem alle meine InStyle-Wünsche erfüllt hat.
- Miray Kavruk, die fest daran glaubt, dass Schwestern auch ihren Titel teilen können (ab und an).
- Opa, dessen Förderung, Zuspruch und Liebe alles übertrifft und mich mein ganzes Leben begleitet, und Oma, durch deren Zuwendung, Aufopferung und leckeres Essen ich mir meine kurzweiligen Zuflüchte als Rekonvaleszenzphasen nutzen konnte.
- Tante Heidi, die unbedingt einen echten Doktor in der Familie haben wollte. - Tante Ruki, die auch ohne Worte während der ganzen Phase präsent war. - Meral Aydogan und Nermin Ünal, die mir immer wieder das Gefühl geben, etwas
Besonderes zu sein und mich gelehrt haben, dass Gesicht der Sonne zuzuwenden, um die Schatten hinter sich zu lassen.
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung .............................................................................................................................1
1.1 Das Tragen.....................................................................................................................11.1.1 Begriffserläuterung.................................................................................................11.1.2 Geschichte des Tragens ..........................................................................................21.1.3 Ethnologischer Bezug.............................................................................................31.1.4 Vorteile des Tragens...............................................................................................41.1.5 Befürchtete Auswirkungen des Tragens.................................................................6
1.2 Haltung ..........................................................................................................................71.2.1 Definitions-, Nomenklatur- und Normwertproblematik.........................................71.2.2 Pathologische Haltung............................................................................................91.2.3 Inzidenz und Ätiologie von Haltungsfehlern .......................................................111.2.4 Diagnostik.............................................................................................................121.2.5 Instrumentelle Objektivierbarkeit.........................................................................19
1.3 Fragestellung ...............................................................................................................202 Patientengut und Methodik.................................................................................................21
2.1 Probandenauswahl.......................................................................................................212.2 Aufnahmekriterien.......................................................................................................222.3 Elternfragebogen .........................................................................................................222.4 Orthopädisch-klinische Untersuchung ........................................................................242.5 Untersuchung mit der MediMouse®...........................................................................262.6 Erhebung epidemiologischer Daten aus dem Untersuchungsheft ...............................272.7 Dokumentation ............................................................................................................292.8 Statistik ........................................................................................................................29
2.8.1 Der Mittelwert ......................................................................................................302.8.2 Die Standardabweichung......................................................................................302.8.3 Die Varianz...........................................................................................................312.8.4 Der Variationskoeffizient .....................................................................................312.8.5 Der t-Test..............................................................................................................312.8.6 Der Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest .................................................................32
3 Ergebnisse...........................................................................................................................333.1 Teil 1............................................................................................................................333.2 Teil 2............................................................................................................................43
3.2.1 Deskription ...........................................................................................................433.2.1.1 Soziodemographische Hauptdaten ................................................................433.2.1.2 Skalenbewertung ...........................................................................................483.2.1.3 Epidemiologische Daten................................................................................503.2.1.4 Tragegewohnheiten .......................................................................................533.2.1.5 Körperliche Untersuchungsbefunde ..............................................................573.2.1.6 Vergleich zwischen Tragehäufigkeit und körperlichem Befund...................613.2.1.7 Instrumentell erhobene Werte .......................................................................66
3.2.2 Prüfstatistik...........................................................................................................713.2.2.1 Beziehung zwischen Tragehäufigkeit und klinischem Befund .....................713.2.2.2 Beziehung zwischen MediMouse®-Werten und klinischem Befund ...........72
4 Diskussion ..........................................................................................................................754.1 Ergebnisevaluation Teil 1............................................................................................754.2 Ergebnisevaluation Teil 2............................................................................................80
4.2.1 Vergleich zwischen Tragehäufigkeit und klinischem Befund..............................834.2.2 Vergleich zwischen MediMouse®-Werten und klinischem Befund....................85
4.3 Schlussfolgerung .........................................................................................................89
5 Zusammenfassung ..............................................................................................................936 Literaturverzeichnis ............................................................................................................947 Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................998 Tabellenverzeichnis ..........................................................................................................1009 Grafikverzeichnis .............................................................................................................10110 Anhang ...........................................................................................................................102
10.1 Informationsbogen...................................................................................................10210.2 Elternfragebogen .....................................................................................................10310.3 Epidemiologische Daten..........................................................................................10410.4 Untersuchungsbogen ...............................................................................................105
11 Lebenslauf ......................................................................................................................106
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1 Einleitung
Ein großer Teil der Säuglinge und Kleinkinder wird heute von den Eltern zeitweise in
Tragehilfen getragen. In den letzten Monaten wurde in der Öffentlichkeit erneut die These
diskutiert, ob es durch das Getragenwerden in Tragetüchern zu Wirbelsäulenschädigung oder
Haltungsfehlern bei den Kindern kommen kann. Hierbei handelte es sich jedoch lediglich um
Vermutungen; wissenschaftliche Untersuchungen lagen der Diskussion nicht zugrunde.
1.1 Das Tragen
1.1.1 Begriffserläuterung
Im Tierreich existieren zahlreiche Varianten, wie Tiere ihre Jungen tragen: Kängurujunge
werden im Fellbeutel getragen. Krokodile tragen ihre Jungen im Maul, so wie Küken von
Wasservögeln im Gefieder auf dem Rücken der Mutter getragen werden. Basierend auf den
Arbeiten von Lorenz Oken und des Zoologen Hassenstein [16] unterscheidet man in der
Biologie drei Arten von Jungentypen:
- Nesthocker
Dieser Begriff wurde zusammen mit dem des Nestflüchters bereits im 19.
Jahrhundert von Oken geprägt [41]. Jungtiere dieser Kategorie kommen nackt, mit
geschlossenen Augen und Gehörgängen auf die Welt. Der Name führt auf ihre
Unfähigkeit zurück, der Mutter aufgrund ihrer Unreife zu folgen, weshalb sie im
Nest „hocken“, bis die Mutter von der Futtersuche zurückkehrt.
- Nestflüchter
Diese Tiere kommen bereits mit artgemäßer Behaarung sowie geöffneten Augen
und Ohren zur Welt. Ihre Fähigkeit der Mutter kurz nach der Geburt aufgrund ihrer
anatomisch-physiologischen Beschaffenheit folgen zu können, verlieh ihnen ihren
Namen. Das Nesthockerstadium wird bei Jungtieren dieser Gruppe bereits im
Uterus durchlaufen, wo auch ihre Augen und Ohren noch geschlossen sind.
- Tragling
In diese Gruppe fallen Junge, deren Reifegrad dem der Nestflüchter entspricht, die
sich aber nicht selbstständig fortbewegen können und deshalb von einem Elternteil
getragen werden. Differenziert wird zwischen passiven Traglingen, wie etwa
Beuteltiere, die von der Mutter ohne aktive Unterstützung der Jungen getragen
2
werden, und aktiven Traglingen, beispielsweise Affen, deren ausgeprägter
Greifreflex es erlaubt, sich während des Tragens an der Mutter festzuklammern.
„Der menschliche Säugling ist dem biologischen Typus des Traglings zuzuordnen“ [16].
Hassensteins Auffassung nach ist der Mensch kein passiver Tragling. Da der menschliche
Säugling aber über einen Lauffuß verfügt, dessen Greiffunktion nur noch rudimentär
ausgebildet ist und die Mutter aufgrund der stammesgeschichtlichen Entwicklung kein Fell
aufweist, an dem er sich festhalten könnte, wurde der Begriff des „ehemaligen aktiven
Traglings“ [17] geprägt. Hassenstein unterstützt seine Theorie mit dem beim heutigen
Säugling nachweisbaren Greif- und Klammerreflex sowie der Einnahme der Spreiz-Anhock-
Stellung der Beine bei Anhebung. Er sieht diese Charakteristika als Überbleibsel jener Zeit, in
der die Nähe der Mutter für den Säugling überlebensnotwendig war.
1.1.2 Geschichte des Tragens
In Europa war es noch bis vor 150 Jahren üblich, Kinder zu tragen. Noch aus dem späten
Mittelalter sieht man Abbildungen von Maria mit dem Kind in einer Trageschlinge. Im
Zeitalter der Aufklärung kam es in der Oberklasse zu einer zunehmenden Trennung von
Mutter und Kind. Zu dieser Zeit war das Tragen Armen, Hausierern und Zigeunern
vorbehalten. Damals wurde Kinderreichtum als ökonomisch unrentabel angesehen, weshalb
die Zugehörigkeit zu einer Gesellschaftsklasse oftmals in gewichtigem Ausmaß von der
Anzahl der Kinder in der Familie bestimmt wurde. Erst als 1880 der erste Kinderwagen
(„Promeneuse“) entwickelt wurde, stieß es auf eine höhere Akzeptanz, sich mit dem Kind in
der Öffentlichkeit zu zeigen. Er wurde zum Statussymbol und erlaubte eine Distanzierung von
der sozialen Unterschicht, wo noch immer körpernah getragen wurde.
Während der Hippie-Bewegung in den 70er Jahren kam es dann zu einer zunehmenden
Rückbesinnung auf den Körperkontakt und auf lebensbejahende Betreuungsformen wie das
Tragen.
3
1.1.3 Ethnologischer Bezug
In über 2/3 der Weltbevölkerung werden Säuglinge und Kleinkinder körpernah getragen. Dies
liegt darin begründet, dass das Tragen in vielen Regionen die optimale Einfügung von Mutter
mit Kind an Lebensraum und -bedingungen darbietet. Es ermöglicht die Fortbewegung auch
dort, wo es keine asphaltierten Straßen und Kinderwagen gibt [35].
Ursprünglich wurden die Kleinstkinder in sämtlichen Kulturkreisen getragen. Obschon die
Techniken und Tragepositionen voneinander abweichen, ist das Kernprinzip der Erhaltung der
Beweglichkeit und somit der Freiheit und Arbeitsfähigkeit der Mutter bei allen Formen
nachvollziehbar:
- Bereits zur Zeit der ägyptischen Hochkultur (etwa 3000 v. Chr.) wurde die
Nachkommenschaft in Tüchern getragen, sowohl vor der Brust als auch auf
dem Rücken.
- Die Inkas und die Maya trugen ihre Kinder ebenfalls mit Tüchern auf dem
Rücken.
- Die Aborigines in Australien benutzten zum Transport ihrer Kleinstkinder auf
den Rücken gebundene Bastmatten.
- Im Amazonasgebiet ist es üblich, Kinder in einem Tragegurt auf der Hüfte zu
befördern.
- Bei den Grönländern wird als gängige Methode eine kapuzenähnliche
Tragehilfe benutzt, in der das Kind unter der Jacke vor Kälteeinwirkung
geschützt wird.
- Afrikanische Kinder werden mittels Schal im unteren Rückenbereich der
Mutter befestigt.
- In Papua-Neuguinea werden Netze geknüpft, in denen die Kinder auf dem
Rücken oder aber um den Hals oder Kopf hängend transportiert werden.
In Gebieten, deren Einwohner eine ausgeprägte Tragekultur entwickelt haben, gilt das Tragen
des Nachwuchses als traditionelle und natürliche Form der elterlichen Fürsorge. In
Industrieländern jedoch ist das Tragen eng verknüpft mit gesellschaftlichen
Wertvorstellungen. Werden Kinder mit Prestige und Reichtum assoziiert, so zeigt sich ein
Trend zur körpernahen Betreuung; bedeuten sie aber finanzielle Last und soziale
Missachtung, ist eine – nicht zuletzt körperliche – Distanzierung zu beobachten [35].
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1.1.4 Vorteile des Tragens
Das Tragen bietet dem Kind kinesthetische, olfaktorische, taktile, visuelle und auditive
Stimulation gleichzeitig. Den Sinneswahrnehmungen kommt in dieser frühen
Entwicklungsphase zum Aufbau einer Mutter-Kind-Beziehung besondere Bedeutung zu [1,
25]:
- Bewegungsreize üben über das proprio-vestibuläre System, welches bei der Geburt
bereits vollständig entwickelt ist, einen beruhigenden Effekt aus;
- olfaktorische Reize ermöglichen es dem Kind, wenige Tage nach der Geburt
zwischen Mutter und fremden Personen zu unterscheiden;
- durch den Hautkontakt zur Betreuungsperson wird dem Bedürfnis des Kindes nach
taktiler Perzeption nachgekommen;
- unmittelbar nach der Geburt ist die Sehfähigkeit noch nicht komplett ausgebildet;
das Kind kann aber durch die Nähe zur Bezugsperson dessen Physiognomie
erkennen;
- die Wahrnehmung der mütterlichen Stimme ermöglicht einen weiteren
Kommunikationsweg.
Laut einer Arbeit von Anisfield [5] fördert das Tragen die Mutter-Kind-Beziehung und damit
die psychische Gesundheit des Kindes. Sie untersuchte in einer vergleichenden Studie die
Ausprägung der Mutter-Kind-Beziehung bei körpernah getragenen versus im Tragesitz
transportierte Kinder. Sie schlussfolgerte, dass die physische Nähe beim Tragen einen
essenziellen Baustein zur Bildung einer stabilen Bindung zwischen Mutter und Kind legen
kann, da die körpernah tragenden Mütter ein sensitiveres Verhalten bezüglich der
Bedürfnisse ihrer Kinder entwickelten und achtsamer auf kindliche Reaktionen wie Weinen,
Schreien und Lachen eingingen als die Vergleichsgruppe. Auch Prekop schreibt, dass das
Tragen des Kindes einen grundlegenden Beitrag zur Erfüllung des kindlichen
Grundbedürfnisses nach Geborgenheit und Bindung leisten kann. Dies bahne den Weg für die
Entwicklung einer gesunden Persönlichkeit [44]. Nach Tietze basiert die Mutter-Kind-
Bindung, das so genannte Bonding, auf dem Urvertrauen, welches seine Entwicklung bereits
intrauterin beginnt. Unmittelbar postnatal wird diese Bande verstärkt [57]. Bowlby führt in
seiner Bindungstheorie aus, dass die ersten Lebensmonate für die Festigung des Bondings
besonders ausschlaggebend sind [9]. Die Fortführung der Tragebeziehung, welche schon
intrauterin als existenzielle Voraussetzung initiiert worden ist, trägt dieser Intensivierung laut
5
Büschelberger bei [10, 11]. Den Schilderungen Montagus in seinem Buch „Körperkontakt“ ist
zu entnehmen, dass das Wiegen beim Tragen des Kindes den Schaukelbewegungen im
Mutterleib vor der Geburt gleichkommt und die Bildung einer „beruhigenden
Grunderfahrung“ fördert [37]. Des Weiteren ist die Begrenzung, die das Kind im Tragetuch
erfährt, ähnlich den intrauterinen Begrenzungen, verbunden an ein Geborgenheitsgefühl,
welches ebenso der Stabilisation der Mutter-Kind-Beziehung dienlich ist [3].
Auf der anderen Seite scheint das Tragen auch physiologische Vorteile zu haben. Laut dem
Dresdner Orthopäden Büschelberger ist der menschliche Säugling „biologisch daran
angepasst“ getragen zu werden [10, 11]. Er erkannte, dass die Spreiz-Anhock-Stellung, die
das Kind beim Tragen einnimmt, der Position entspricht, die zur Therapie der Hüftdysplasie
angewandt wird. Kirkilionis bestätigte in ihrer Arbeit „Der menschliche Säugling als Tragling
– unter besonderer Berücksichtigung der Hüftdysplasie“ diese These [25].
Indem es die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Hüftdysplasie vermindert, stellt es eine
triviale und ebenso natürliche Form der Prophylaxe dar. So war die Hüftdysplasie und -
luxation in Japan bis zur Einführung westlicher Betreuungsformen (wie den Kinderwagen) ein
nahezu unbekanntes Krankheitsbild. Erst danach kam es zu einer enormen Inzidenzsteigerung
der Hüftdysplasie, die wiederum bei Aufruf zur Rückbesinnung auf die eigenen kulturellen
Tragegewohnheiten wieder abfiel [25]. Auch der Ethnomediziner Schiefenhövel bekennt, dass
das Bedürfnis, getragen zu werden, phylogenetisch angelegt ist und fordert, diesem Anspruch
gerecht zu werden [48, 49].
Des Weiteren erlaubt das Tragen des Kindes im Tragetuch die Einnahme der physiologischen
Rumpfhaltung, der altersentsprechenden Totalkyphose, die noch einige Zeit postnatal erhalten
bleibt.
Auch die Gehirnentwicklung kann möglicherweise durch das Tragen optimal gefördert
werden. Ethnomedizinische Studien belegen, dass das Tragen den Erwerb der Kopfkontrolle
begünstigt [3]. Dies wiederum stimuliert den Gleichgewichtssinn, dem Zimmer eine zentrale
Rolle in der Formation von Nervenzellverbänden zuschreibt [63].
6
1.1.5 Befürchtete Auswirkungen des Tragens
Kritiker ausgedehnter Tragegewohnheiten diskutieren im Wesentlichen drei unabhängige
Aspekte:
1.Tragen führt zu einem „Verwöhnen“ der Säuglinge und Kleinkinder
Das Bindungsverhalten eines Menschen wird in den ersten sechs Lebensmonaten festgelegt.
Laut Ainsworth [2] gelingt es gerade sicher gebundenen Kindern, sich von seinen
Bezugspersonen adäquat zu lösen und die Umwelt zu erkunden. Es bleibt also anzunehmen,
dass das Tragen durch die Förderung der Mutter-Kind-Bindung zu vermehrt sicher
gebundenen Kindern führt und damit im Allgemeinen einen optimierten Loslösungsprozess
gewährleistet.
2. Tragen führt je nach Positionierung des Kindes zu einem Sauerstoffmangel beim Kind.
In einer prospektiven Beobachtungsstudie konnten Stening et al zeigen, dass das Tragen nicht
zu einem klinisch relevanten Abfall der pulsoxymetrisch gemessenen Sauerstoffsättigung im
Blut des Kindes führt [56].
3. Tragen führt zu einem erhöhten Auftreten von Haltungsfehlern bei den Kindern.
Dem Auftreten von Haltungsfehlern wie Asymmetrien, Rundrücken, Skoliosen, wurde
bislang in keiner wissenschaftlichen Untersuchung nachgegangen. Blickt man auf die
Körperhaltung von Jugendlichen und Erwachsenen in den vielen Ländern, in denen teilweise
ganztägiges Tragen zur Normalität gehört, lässt sich die oftmals von Laien geäußerte
Befürchtung nicht bestätigen.
„Und all die Afrikanerinnen, die erhobenen Hauptes ohne jegliche Beschwerden ihr Kind auf
dem Rücken tragen, haben ihre Babyzeit selbst auf dem Rücken ihrer Mutter verbracht. Die
meisten so genannten Naturvölker, die ihre Kinder mit sich herumtragen, sind doch darauf
angewiesen, dass all ihre Mitglieder körperlich voll einsatzfähig sind. Es ist kaum
anzunehmen, dass sie Säuglingspflegepraktiken beibehalten hätten, bei denen reihenweise
Menschen mit Haltungsschäden heranwachsen würden“ [21].
Dennoch möchten wir diese Bedenken zum Anlass für eine Überprüfung in Form einer
retrospektiven Untersuchung nehmen.
7
1.2 Haltung
1.2.1 Definitions-, Nomenklatur- und Normwertproblematik
Unter dem Gesichtspunkt der stammesgeschichtlichen Entwicklung des Menschen wird der
aufrechten Haltung eine gewichtige Rolle zugeschrieben. Der aufrechte Gang ermöglichte die
differenzierte Bewegung der Hände sowie eine durch akustische und optische
Neuorientierung im Raum bedingte Weiterentwicklung des Großhirns [42].
Der Meyers Lexikonverlag definiert Körperhaltung folgendermaßen: „durch das Stützsystem
des Körpers und die Innervation bestimmter Muskelgruppen bedingte aufrechte Haltung des
menschlichen Körpers. Das Zusammenwirken des aktiven (Muskeltonus) und des passiven
Haltesystems (Knochen und Bänder) variiert je nach erblicher Veranlagung, Alter,
Kräftezustand und psychischer Verfassung des Betreffenden“. Diese Interpretation kommt der
Meinung einiger Autoren gleich, die Haltung als Kompromiss zwischen statischer und
dynamischer Leistungsfähigkeit auffassen [29, 42]. Sie äußert sich nach Klee „durch die
räumliche Beziehung markanter Körper- bzw. Skelettteile zueinander und/oder zu der
Umwelt, d.h. zu horizontalen oder vertikalen Bezugslinien“ [27] und ist neben genetisch-
dispositionellen Faktoren auch vom Funktionszustand der Wirbelsäule sowie der
Rumpfmuskulatur abhängig [29]. Darüber hinaus wird die Haltung eines Menschen stark von
dessen psychischer Verfassung beeinflusst [29]. Haltung, als Teil der Körpersprache,
reflektiert also ein körperlich-seelisches Zusammenspiel [18]. Neugebauer deklariert in
diesem Zusammenhang: „Um wenigstens etwas Systematik in die Haltungsprobleme zu
bringen, unterscheiden wir eine Totalhaltung, die einerseits von der somatischen, andererseits
von der psychischen Haltung her beeinflusst wird“ [39]. Körperliche Haltung entsteht
demnach als Resultat der integrativen Verarbeitung multipler Einflussfaktoren. Die
Variationsbreite der Terminologie und die Uneinigkeit über die Nomenklatur im Hinblick auf
„gute“ Haltung scheinen die Problematik widerzuspiegeln, jene Komplexität, die diesem
Zusammenspiel zugrunde liegt, zu erfassen. Klee verweist in seiner sportwissenschaftlichen
Arbeit über die metrische Erfassung der Haltung und des Funktionszustandes der posturalen
Muskulatur auf die uneinheitliche Terminologie und unzulängliche Vereinheitlichung des zur
deskriptiven Beurteilung der Körperhaltung verwendeten Wortgutes [27]. In Anlehnung an
Wagenhäuser [60] ordnet er das zur Beschreibung angewandte Vokabular in mehrere
Kategorien:
8
1. Begriffe zur Beschreibung der Gesamtkörperhaltung („schöne Haltung“) im
Gegensatz zu solchen, die ein einzelnes Merkmal charakterisieren („Flachlordose“)
2. Ausdrücke, die sich auf die Muskulaturspannung beziehen („schlaffe“ vs. „stramme“
Haltung)
3. Termini zur Unterscheidung zwischen strukturellen („Haltungsschaden“) und
funktionellen („Haltungsschwäche“) Charakteristika
4. Des Weiteren führt er eine Unterscheidung an, die die Termini bezüglich ihrer
„Extension“ (den Begriffsumfang betreffend) und ihrer „Intension“ (den Begriffsinhalt
betreffend) klassifiziert. Beispielhaft verdeutlicht er orientierend an Groeneveld [14],
dass „die Angabe eines Kyphosewinkels von 154° einen geringeren Begriffsumfang
und einen präziseren und eindeutigeren Begriffsinhalt als die Beschreibung der
Wirbelsäulenform mit den Begriffen harmonisch bzw. flach“ besitzt.
5. Annemarie Reeg stellt in ihrer Arbeit ein weiteres Begriffsfeld, das der
„Haltungsausprägung“, vor. Unter diesem Begriff fasst sie als „Ausdruck der
Erkenntnis, dass das ‚Ideal’, die ‚gerade, aufrechte Haltung’ von keinem Gesunden
über einen längeren Zeitraum, gar über Stunden eingenommen werden kann“ die
„aktive Haltung, Ruhehaltung, straffe Haltung, habituelle Haltung, passive Haltung,
tiefe Ruhehaltung etc.“ zusammen [45].
Auch in Georg Wydras Arbeit zur Problematik von Normen in der Bewegungstherapie wird
der Schwierigkeit der Standardisierung der Definition von „normaler“ Haltung Ausdruck
verliehen [62]. Er zitiert Staffel, dessen Definition der Normhaltung ästhetisch geprägt ist:
„… die Haltung, welche der schön gebaute, kräftige Mensch unwillkürlich zur Schau trägt,
und in welcher sich das spezifisch Menschliche am charakteristischsten und typischsten
ausprägt. … Zeigte die überwiegende Mehrzahl der menschlichen Einzelwesen … einen
anderen Typus … würden wir nicht anders können als diesen Typus für normal und für schön
zu halten“ [54].
9
1.2.2 Pathologische Haltung
Zur Beurteilung pathologischer Haltung stehen vielfach verwendete Ausdrucksformen zur
Verfügung: Haltungsschwäche, Haltungsfehler, Haltungsanomalie, Fehlhaltung,
Rückenfehlform, Haltungsverfall u. a. [29]. Ihr Gebrauch ist aber angesichts der Tatsache,
dass sich Haltung nur unzulänglich definieren lässt, problematisch, da sichere
Abgrenzungskriterien zur physiologischen Haltung nicht existieren. Wiehn erkennt in einer
Analyse einer Literaturrecherche: „Die Diskussion über Haltungsfehler oder
Haltungsschwächen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zieht sich wie ein roter
Faden durch die orthopädische Literatur seit Ausgang des 19. Jahrhunderts. Immer wieder
rückt der ganze Fragenkomplex in den Mittelpunkt des Interesses, wobei über Definition,
Ursachen, Untersuchungsmethodik, Bedeutung für das weitere Leben bei Kindern und
Jugendlichen und Therapieformen gestritten wird. Die Schwierigkeiten beginnen … mit der
Definition der Haltung und nicht erst bei der des ‚Haltungsschadens’“ [53].
Bei normentsprechendem Wirbelsäulenfunktionszustand und aktiv durch die
Rumpfmuskulatur erbrachter Erhaltung der Wirbelsäulenstatik geht man von „guter Haltung“
aus [42]. Senn besagt, dass „die gute, aufrechte menschliche Haltung … von einem
kraftvollen Streben nach oben gekennzeichnet“ ist [52]. Demgegenüber stehen die als
Haltungsfehler bezeichneten Typisierungen des Rund-, Flach- und des Hohlrundrückens [42],
die Staffel bereits im Jahre 1889 beschrieben hat [54]. Von einigen Autoren werden diese
Fehlformen auch als Normvarianten der physiologischen Rückenform angesehen [7]: „Es
handelt sich um die Ausprägung einer Rückenform, die für sich genommen noch nichts mit
einer guten oder schlechten Haltung zu tun hat, sondern die nur eher dazu prädisponieren
kann als die Idealform der Wirbelsäule, …weil die mechanische Kompensationsfähigkeit
durch den geänderten Verlauf geringer ist.“ Es besteht also keine Einigkeit darüber, ob diese
Formen als Haltungsanomalie zu werten sind, oder ob sie, bedingt durch verminderte
mechanische Kompensationsmechanismen, lediglich zu Haltungsinsuffizienz und
Wirbelsäulenerkrankung prädisponieren [22, 29].
Von diesen Fehlformen sind die fixierten Wirbelsäulenformen, wie etwa die Skoliose oder die
Kyphose, als echte Deformitäten, bei denen eine aufrechte Haltung aktiv nicht erzielt werden
kann, abzugrenzen [29, 42].
Übereinstimmend wird jedoch betont, dass bei dauerhafter Einnahme einer dieser
Haltungsformen Fixierungen entstehen können, die sodann, weder aktiv noch passiv,
ausgleichbar sind. Hefti schreibt in diesem Zusammenhang, dass „eine dauerhaft kyphotische
Haltung … während der Pubertät einen M. Scheuermann auslösen“ kann [18].
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Abzugrenzen von der Klassifizierung der Haltungstypen ist die Bezeichnung der
Haltungsschwäche als Ausdruck einer unzulänglichen muskulären Halteleistungsfähigkeit. In
Anlehnung an Berquet und Matthiass beschreibt Reeg [8, 36, 45]: „Wir sprechen von
Haltungsgesundheit, wenn die aufrechte Haltung trotz einer Schwerpunktverlagerung (z.B.
durch Armvorhalte für 30 Sekunden) gehalten werden kann, weil die verstärkte Anspannung
der posturalen und ventralen Muskulatur dies ermöglicht. Davon verschieden ist eine
Haltungsschwäche als ein Zustand charakterisiert, bei dem bei Schwerpunktverlagerung die
Körperbalance nur durch eine Verlagerung des Rumpfes möglich ist...Bei einer Unfähigkeit
durch Schwerpunktverlagerung überhaupt die Aufrichtung zu erlangen, spricht man von
Haltungsverfall.“
11
1.2.3 Inzidenz und Ätiologie von Haltungsfehlern
Mit der zunehmend verbreiteten Auffassung von Haltungstypen als Normvarianten der
physiologischen Haltung fluktuieren auch die Morbiditätszahlen [29]. Die
Häufigkeitsangaben für Haltungsstörungen schwanken zwischen 2,7 – 92,2% [36, 23].
Untersucher Jahr Prozentsatz der Haltungsfehler Mc Kenzie u. Tait 1898 23,0 Gaugele 1910 7,0 Brown 1917 80,0 Blanche – Sterling 1922 69,0 Cock 1923 42,0 Büsing 1927 17,2 Blencke 1927 2,7 Rosenfeld 1928 23,3 Düntzer 1928/29 10,0 Deutschländer 1929 73,5 White House Report 1932 92,2 Phelps u. Kiphuth 1932 4,1 Browman 1933 85,0 Karl 1937/41 41,9 Breitenfelder 1955 73,5 Jentschura u. Marquardt 1955 33,3 Koetschau 1955 45,0 Lerch 1955 22,0 Messmer 1955 70,0-80,0 Barlow 1956 57,2 Rössler 1957 24,5 Pöschl, Michaelis, Rott 1959 21,5 Dahl 1965 65,0
Tabelle 1: Präsenz der Haltungsfehler in verschiedenen Untersuchungen [36]
Geht man bei Haltungsdefiziten jedoch von einem zumindest prämorbiden Zustand aus, so
werden neben genetisch-dispositionellen Ursachen
- Bewegungsmangel
- zu langes Sitzen in falscher Sitzposition
- unausreichender Sportunterricht
- unzureichender Freizeitausgleich mit einem zu hohen relativen Anteil an TV und
Computer
- psychosoziale Faktoren
- familiärer Bildungsstatus
als potentielle Risikofaktoren für die Entstehung einer Haltungsinsuffizienz diskutiert [6, 15,
24, 29, 30].
Der Aspekt der Sitzposition und der Sitzdauer wirft somit auch die Frage nach der
Auswirkung des Tragens auf die Entwicklung der Haltung auf.
12
1.2.4 Diagnostik
Der Forderung nach exakten Unterscheidungskriterien zwischen pathologischer und
physiologischer Haltung folgte die wissenschaftliche Herausforderung, Haltung messbar,
quantifizierbar und somit vergleichbar zu machen. Dies hatte zum Ziel, verwertbare
Orientierungsdaten zu schaffen, die eine Klassifikation in „normal“ und normabweichend
zulassen würden. Dies bleibt aber bis heute ein originäres Problem der Orthopädie und wirkt
sich zusätzlich auf die Pädiatrie, auf die Allgemeinmedizin und auf weitere medizinische
Disziplinen aus. Im Bemühen nach wiederholbaren Haltungsbefunden kam es zur
Entwicklung von verschienen Testmethoden sowie von orthopädietechnischen Apparaten. Der
Einsatz zur Beurteilung der Haltung als Ganzes bleibt aber nicht unproblematisch, da immer
nur ein Teilaspekt der menschlichen Haltung, nämlich der somatische, bewertet werden kann.
Einige gängige Methoden sollen an dieser Stelle vorgestellt werden:
- Armvorhaltetest nach Matthiass
Bei diesem 1958 von Matthiass eingeführten Verfahren kann auf einfache Weise die
Haltungsleistung beurteilt werden [36]. Trotz der Anzweiflung seiner Validität und
Reliabilität gilt dieser funktionelle Test als gängige Messtechnik zur Erfassung der
muskulären Halteleistung sowie der neuromuskulären Koordination [45]. Es handelt
sich bei dieser Methode um ein etabliertes Screening-Verfahren, das bei sechs- bis
achtjährigen Kindern eingesetzt wird. Hierbei wird der Patient aufgefordert sich
aufzurichten und die Arme in die Horizontale zu heben, was dazu führt, dass sich der
Körperschwerpunkt nach ventral verlagert. Bei Haltungsgesunden kommt es
kompensatorisch zu einer stärkeren Anspannung der Rückenmuskulatur und zu einer
Dorsalverlagerung des gesamten Körpers, um ein Umfallen zu vermeiden, während
Haltungsschwache das Becken vorschieben und eine erhebliche Verstärkung sowohl
der Brustkyphose als auch der Lendenlordose entwickeln. Als haltungsinsuffizient
werden diejenigen Kinder eingestuft, bei denen es nach 30 Sekunden zu einer
deutlichen Lotverschiebung des Achsenskeletts nach dorsal sowie zu einer anterioren
Beckenkippung mit begleitender Vertiefung sowohl der Brustkyphose als auch der
Lendenlordose kommt.
13
Abbildung 1: Halteleistungstest bei einem haltungsgesunden Patienten [46]
Abbildung 2: Halteleistungstest bei einem haltungsschwachen Patienten [46]
- Klinische Beurteilung der Rückenform in der Sagittalebene nach Staffel
Basierend auf empirischen Beobachtungen beschrieb Staffel 1889 sechs verschiedene
Rückenformen, die Schede 1927 auf die noch heute gebräuchlichen Varianten
beschränkte [54, 47]. Diese Formen orientieren sich an der individuell unterschiedlich
starken Ausprägung der physiologischen Wirbelsäulenbiegungen an der
Rückenkulisse [vgl. 53]. Obschon Staffel die von der Normalhaltung abweichenden
Formvarianten als pathologisch erachtete, dominiert heute die Meinung, dass diese
Haltungstypen Grenzmaße des physiologischen Bereichs darstellen [8, 18, 40 in 45].
Aufgrund der Reduktion von Kompensationsmechanismen bei gewohnheitsmäßiger
Einnahme einer dieser Haltungsvarianten kann diesen aber ein gewisses Potenzial zur
Entwicklung von fixierten Haltungsschäden zugesprochen werden. In Wiehns Arbeit
über „Primär- und Sekundärprävention von Rückenleiden durch Rückenschulen“
werden die vier Typen zusammenfassend vorgestellt [53]:
14
- Normaler Rücken
Dieser zeichnet sich aus durch eine harmonische Wirbelsäulenschwingung und
eine symmetrische Körperkonstitution mit einer Ventralkippung des Beckens um
12°.
- Rundrücken
Der Rundrücken ist charakterisiert durch eine vermehrte Wirbelsäulenkyphose im
BWS-Bereich mit zusätzlich abgeflachter bis aufgehobener Lendenlordose, nach
ventral verlagertem Schultergürtel und verkürztem Zwischenrippenabstand.
- Hohlrundrücken
Bei Kyphosierung der Brustwirbelsäule findet sich hierbei eine verstärkte Lordose
im Lendenwirbelsäulenbereich mit typischer Vorwölbung der Bauchwand.
- Flachrücken
Aufgrund der verstrichenen Wirbelsäulenkrümmung kommt es bei diesem
Haltungstyp zur Aufhebung der physiologischen Stoßdämpfer-Wirkung der
Wirbelsäule, was in einer erhöhten Tendenz zu pathologischen Haltungsschäden
resultiert.
Abbildung 3: Die verschiedenen Haltungstypen nach Staffel [40]
1 normaler Rücken; 2 Hohlrundrücken; 3 Hohlrücken; 4 Flachrücken; 5 Rundrücken
- Schober- und Ott-Test sowie Finger-Boden-Abstand
Schober- und Ott-Test sowie der Finger-Boden-Abstand sind klinische Parameter zur
Beurteilung der Wirbelsäulenbeweglichkeit. Die Dokumentation der Flexionsfähigkeit
gelingt durch Ermittlung des Fingerspitzen-Boden-Abstandes sowie der Bestimmung
15
der Messstreckenänderung an der Dornfortsatzreihe im Lumbal- und Thorakalbereich
bei Vor- und Rückneigung. Für das Schober-Zeichen wird im aufrechten Stand eine
Markierung 10 cm oberhalb des ersten Sakraldornfortsatzes gesetzt. Die Entfaltung
der Dornfortsatzreihe bei Inklination und Reklination wird als Messstreckendifferenz
dokumentiert. Analog wird beim Ott-Zeichen die Messstreckenänderung von einem
Punkt 30 cm unterhalb des 7. Zervikaldornfortsatzes erfasst.
- Kyphose-Inklinations-Lordose-Schema
Mahlknecht erarbeitete 2002 ein Verfahren zur quantitativen Erfassung der
Körperhaltung im seitlichen Profil, welches über Strecken- und Winkelvermessungen
an einer Photographie der Lateralansicht des Probanden die rein qualitative Einteilung
von Staffel ergänze [33].
- Kyphometer nach Debrunner
Dieses heute noch im klinischen Gebrauch befindliche Prinzip zählt zu den direkten
Messverfahren, die eine Bestimmung der Wirbelsäulenkrümmung mittels eines Zirkel-
ähnlichen Instrumentariums erlaubt. Dazu werden zwei Messfüßchen an Beginn und
Ende des zu messenden Segmentes auf die Haut aufgelegt. Die Messfüßchen sind
derart über zwei Schenkel mit der im Scheitelpunkt befindlichen Messskala
verbunden, dass der Zeiger dessen den direkten Krümmungswinkel wiedergibt.
Abbildung 4: Das Debrunner’sche Kyphometer [12]
16
- Schulthess’scher Zeichenapparat
Bei dieser Methode wird der Patient in
einem eisernen Gestell am Becken
fixiert, wobei sein Rücken einer
Zeichenvorrichtung zugewandt ist. Ein
an Gleitschienen befestigter Griffel
ermöglicht mithilfe eines mitgeführten
Zeichenstiftes die Aufzeichnung der
Rückenkonturen, sowohl in der
sagittalen als auch in der frontalen
Ebene. Diesem Verfahren kommt aber
aufgrund des zeitlichen Aufwandes und
wegen der Haltungsversteifung, zu der
sie beim Patienten aufgrund des
Hautkontaktes führen kann, allenfalls
historische Bedeutung zu.
Abbildung 5: Schulthess’scher Zeichenapparat [14]
- Moiree-Fotographie
Sie stellt ein semiquantitatives optisches
Verfahren zur Haltungsbeurteilung dar. Durch
Projektion von gebündeltem Licht durch ein
gitterartiges Gebilde, welches
lichtundurchlässige Stellen zur periodischen
Lichtauslöschung aufweist, ist es möglich, die
Rückenkontur anhand eines Schattenmusters,
ähnlich den Höhenlinien einer Geographiekarte,
zu illustrieren.
Abbildung 6: Die Moiree-Topographie [18]
17
- Radiologisches Verfahren
Die Röntgendiagnostik ermöglicht eine objektive Haltungs-, Beweglichkeits- und
Strukturanalyse der Wirbelsäule. Sie wird als Stehendaufnahme entweder im seitlichen
oder im frontalen Strahlengang angefertigt. Der große Nachteil liegt aber in der nicht
unerheblichen Strahlenbelastung für den Patienten, weshalb sich die röntgenologische
Haltungserfassung der Anwendung bei Screeninguntersuchungen entzieht.
- Lasar-Posture-Gerät
Das Laser-Assisted-Static-Alignment-Reference-Posture-Instrument ermittelt die so
genannte Schwerelinie, das Lot durch den Schwerpunkt, und projiziert dieses in Form
eines Laserstrahls auf die Körperoberfläche. Zur Bestimmung der Schwerelinie dient
eine Kraftmessplatte, deren 4 Sensoren die Gewichtskraft der Versuchsperson in eine
vertikale Komponente überträgt. Durch Abbildung der Schwerelinie auf der
Körperoberfläche mittels Laser ist es möglich, den Abstand der zuvor
gekennzeichneten anatomischen Punkte (Schultermitte, Trochanter major,
Außenknöchelmitte) von der Schwerelinie zu berechnen. Ihme konnte u. a.
demonstrieren, dass eine durch den Matthiass-Test ermittelte Haltungsschwäche mit
einer per Lasar-Posture-Gerät gemessenen weiter ventral gelegenen Position der
Schultermitte korreliert [13, 22].
- Ultraschalltopometrisches Verfahren
Mittels Ultraschalltopometrie lässt sich die dreidimensionale Lage von
Messparametern im Raum ermitteln. Für die Untersuchung werden nach vorheriger
Markierung bestimmter anatomischer Landmarken (Schulterdach, Dornfortsätze,
Beckenkamm) diese mit einem Taststift abgefahren. Die Lage des Taststifts im Raum
wird mittels in unmittelbarer Nachbarschaft gelegener Ultraschallsender eindeutig
lokalisiert. Die während der Messung entstehenden Messschleifen werden mittels
geeigneter Software in ein dreidimensionales Bild der Wirbelsäule umgewandelt. Auf
diese Weise lassen sich der Brustkyphose- sowie der Lendenlordosewinkel genau
berechnen. Prange zeigte, dass die Ultraschalltopometrie als
Oberflächenmessverfahren „eine verlässliche Methode zur Beurteilung einer
Haltungsinsuffizienz“ darstellt [43].
18
- MediMouse®
Mit der MediMouse® (Idiag AG (Headquarters); Müllstraße 18; CH-8320 Fehraltorf)
bietet sich ein weiteres technisches Verfahren zur Vermessung der Wirbelsäule,
welches in der zugrunde liegenden Untersuchung Verwendung fand. Das
Computermouse-ähnliche Instrument wird manuell entlang der Wirbelsäule geführt,
wobei ein Laufrad als beweglicher Messkopf dient und passiv die
Wirbelsäulenkonturen erfasst.
In dem Kunststoffgehäuse befindlich dienen eine Wegstrecken- und
Winkelmessvorrichtung zur Erfassung der Wirbelsäulenlänge und -form. Die Länge
wird dabei über das Laufrad, welches über äquidistant verteilte radiale Schlitze verfügt
und direkt auf der Haut abgerollt wird, in digitale Impulse umgesetzt und erfasst. Zur
Erhebung der Wirbelsäulenkontur sowie der Segmente der Wirbelsäule zueinander
dient ein Pendelpotentiometer. An dessen Achse hilft ein im Schwerefeld
(herabhängendes Gewicht zur Registrierung der Abweichungen von der Vertikalen.
Die Deviation vom Lot wird in ein Widerstands- und Spannungssignal umgesetzt und
als Winkel ausgedrückt. Die Daten werden sodann über Bluetooth auf einen Rechner
übertragen, der mit geeigneter Software-Ausstattung die abgeleiteten Impulse und
Signale verrechnet und digitalisiert wiedergibt. Darüber hinaus kann auch die
Mobilität des Achsenskeletts erfasst und beurteilt werden [vgl. 50, 55].
Weitere Alternativen zur Wirbelsäulenvermessung bietet das OpTRImetric-Verfahren, das
ISIS-Verfahren, das VRS-Formetric-System oder die ultraschallgestützte 3D-
Wirbelsäulenanalyse „Zebris“ [22].
Abbildung 7: Die MediMouse®
19
1.2.5 Instrumentelle Objektivierbarkeit
Vielfach wurde bereits versucht, Haltung instrumentell zu erfassen und zu definieren. Diese
Überlegung folgt aus der klinischen Variationsbreite der verschiedenen Haltungsformen, die
es nahezu unmöglich machen, ein von verschiedenen Untersuchern reproduzierbares
klinisches Ergebnis zu erlangen.
In diesem Zusammenhang untersuchte Klee die Aussagefähigkeit des Armvorhaltetests nach
Matthiass. Er kam zu dem Resultat, dass kein Zusammenhang zwischen Rückenmuskelkraft
und Haltungsänderung während der 30 Sekunden Testzeit des Matthiass-Tests bestünde.
Außerdem bemängelt er, dass es bei großen, schlanken Personen zu falsch-positiven
Ergebnissen komme [26]. Als Grund dafür verweist er auf eine Erklärung Groenevelds:
„…ein großer Mensch ist statisch labiler und muss deshalb einer standardisierten
Vorverlegung des Schwerpunktes durch eine größere Gegenregulation begegnen“ [14].
König kritisiert, dass der Matthiass-Test normal ausfallen kann, obschon eine deutliche
Normabweichung der Wirbelsäule, wie etwa die fixierte Kyphose, vorliegt [29].
Trotz mangelnder Beweise für die Reproduzierbarkeit und fehlender Datenlage zur Belegung
einer positiven Korrelation eines pathologischen Testergebnisses mit der Ausbildung klinisch
bedeutsamer Wirbelsäulenschäden ist der Matthiass-Armvorhalte-Test zur Beurteilung von
Haltungsschwächen in der klinischen Praxis ein etabliertes Screening-Verfahren bei Sechs-
bis Achtjährigen [36, 40, 43].
Auch der Schober- und Ott-Test sowie der Fingerspitzen-Boden-Abstand als klinische
Messverfahren zur Beurteilung der Wirbelsäulen-Flexions-Fähigkeit sind in ihrer
Aussagekraft bei Kindern beschränkt, da in der Literatur keine Aussagen zur Validität dieser
Messmethoden im Kindesalter gemacht werden [22].
Dies begründet die Überlegung, bei der Bewertung von Haltungsinsuffizienzen ein technisch-
instrumentelles Messverfahren hinzuzuziehen, um die Haltung, wenn sie auch multifaktoriell
bedingt ist, quantitativ zu erfassen und somit zu objektivieren.
Diesbezüglich untersuchte Ihme die Bedeutung des Lasar-Posture-Geräts in der Beurteilung
von Haltungsfehlern bei 6- bis 17-Jährigen. Sie schlussfolgert aus ihren
Untersuchungsergebnissen, dass die Schwerelinie nur beschränkt für die Haltungsbeurteilung
zu verwenden sei, da sich bei einer Haltungsinsuffizienz nicht nur der Oberkörper, sondern
mit ihm auch die Schwerelinie nach dorsal verlagere, was zu einer Ungenauigkeit der
Abstandsmessung zwischen Schwerelinie und den zuvor markierten Punkten am Oberkörper
führe. Der Einsatz sei deshalb limitiert auf Untersuchungen mit zusätzlicher klinischer
20
Beurteilung des Gesamtbildes, einschließlich psychischer und neuromotorischer Entwicklung
des Kindes [22].
Die Ultraschalltopometrie bietet laut Prange die Möglichkeit „den visuellen Eindruck der
Haltung zu objektivieren und zu quantifizieren“ [43]. Durch Korrelation der topometrischen
Messergebnisse mit den Untersuchungsbefunden des Matthiass-Tests konnte er zeigen, dass
haltungsinsuffiziente Kinder im Matthiass-Test eine stärkere Lendenlordose und
Brustkyphose ultraschalltopometrisch aufwiesen.
1.3 Fragestellung
In der folgenden Dissertationsschrift soll in einem ersten Schritt die Validierung der
MediMouse® im Hinblick auf die Erkennung von Haltungsinsuffizienzen bzw.
Wirbelsäulenpathologien erfolgen.
In einem nächsten Schritt sollen die Ergebnisse einer retrospektiven Fall-Kontroll-Studie, in
der die Auswirkungen des Tragens auf die Haltungsentwicklung bzw. auf die Ausbildung
einer Wirbelsäulenpathologie des Kindes im Alter von sechs Jahren untersucht wurden,
dargestellt werden.
Insbesondere soll auf folgende Fragen eingegangen werden:
1. Welche Reliabilität besitzt die MediMouse® in der unterstützenden Erfassung von
Haltungsschwächen?
2. Wie hoch ist die Inzidenz von Haltungsinsuffizienzen im untersuchten Kollektiv?
3. Korrelieren die klinisch-subjektive und die instrumentell-objektive Untersuchung
miteinander?
4. Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Tragen des Kindes in Tragevorrichtungen und der Ausbildung einer Haltungsinsuffizienz oder einer Wirbelsäulenpathologie?
21
2 Patientengut und Methodik
Für den ersten Studienabschnitt wurden elf Probanden im Alter zwischen fünf bis sieben
Jahren rekrutiert, die lediglich apparativ mittels MediMouse® untersucht wurden. Jedes Kind
unterzog sich zehn, teilweise elf nacheinander folgenden Messungen (Vier der elf Kinder
wurden aufgrund zunehmender Unruhe während der Untersuchungsdurchführung lediglich
zehn Messreihen unterzogen). Die Messdaten wurden auf dem mit geeigneter Software
ausgerüsteten Computer gespeichert und manuell in SPSS überführt.
Bei der darauf folgenden Untersuchung der Kausalität zwischen dem Tragen des Kindes in
einer Tragevorrichtung und der Entwicklung einer Haltungsinsuffizienz oder
Wirbelsäulenpathologie handelt es sich um eine retrospektive Fall-Kontroll-Studie, die an
mehreren Grundschulen in Köln im Zeitraum von Dezember 2005 bis Juni 2006 durchgeführt
wurde.
Die Haltung von insgesamt 181 Schulanfängern wurde im Anschluss an die
Schuleingangsuntersuchung mittels einer klinisch-orthopädischen Untersuchung mit
Zuhilfenahme des Armvorhaltetests nach Matthiass überprüft. Zur quantitativen und
objektiven Darstellung der Ergebnisse wurde zusätzlich die MediMouse® als technisches
Messverfahren eingesetzt. Psychische, psycho-soziale sowie zusätzliche ätiologische Faktoren
als Ursache für eine potentielle Haltungsschwäche wurden durch Aushändigung eines
Elternfragebogens mitberücksichtigt. Zur Minimierung subjektiver Ergebnisschwankungen
wurde stets derselbe Untersucher eingesetzt.
Als Haltungsinsuffizienz wurde dabei eine Hyperlordosierung der Lenden- oder eine
Hyperkyphosierung der Brustwirbelsäule oder ein positives Ergebnis im Armvorhaltetest nach
Matthiass gewertet.
2.1 Probandenauswahl
Zur Erfüllung des ersten Studienziels wurden elf Kinder im Alter zwischen fünf bis sieben
Jahren, die zuvor keine mutmaßlichen Haltungsauffälligkeiten aufgewiesen hatten, der
MediMouse®-Messung unterzogen.
Bei den untersuchten Kindern des zweiten Studienabschnittes handelte es sich um
Sechsjährige, die sich mit einem oder beiden Elternteilen zur Schuleingangsuntersuchung
vorstellten. Die Eltern wurden während der Wartezeit auf die Schulärztin aktiv angesprochen
und über die Studie informiert. Zusätzlich erhielten sie einen Informationsbogen, der den
Studienzweck begründete und den genauen Untersuchungsablauf auflistete. Die Eltern, die
22
sich durch ihre Unterschrift bereit erklärten, an der Studie teilzunehmen, wurden, sofern das
Kind sich ebenfalls zur Untersuchung bereiterklärte, in die Studie aufgenommen.
2.2 Aufnahmekriterien
Folgende Einschlusskriterien mussten erfüllt sein, um in den zweiten Teil der Studie
aufgenommen zu werden:
- Unterzeichnung des Einwilligungsbogen
- Ausfüllung des Fragebogens
Kinder, deren Fragebogen inkomplett ausgefüllt war, die aber dennoch untersucht
worden sind, wurden in die Studie miteinbezogen.
- Kooperation des Kindes
- Komplette klinisch-orthopädische Untersuchung des Kindes
Kinder, deren Fragebogen ausgefüllt, aber deren Untersuchung, etwa aufgrund
Zeitmangel der Eltern oder mangelhafte Kooperation des Kindes, nicht stattgefunden
hat, wurden aus der Studie ausgeschlossen.
- Kein Vorliegen angeborener, schwerwiegender, orthopädischer Erkrankungen
2.3 Elternfragebogen
Der Elternfragebogen, der zusammen mit dem Informationsblatt ausgehändigt wurde, sollte
vor, während oder nach Abschluss der Untersuchung des letzten Studienabschnittes ausgefüllt
werden. Der Untersucher durfte erst nach Beenden der Untersuchung Einsicht in den
Fragebogen nehmen oder den Eltern Hilfestellung bei der Beantwortung leisten, sodass die
Untersuchung ohne vorherige Kenntnisnahme der elterlichen Tragegewohnheiten und somit
blind durchgeführt werden konnte.
Der Fragebogen wurde so konzipiert, dass soziale, psychosoziale und genetische Faktoren, die
einen potentiellen, ätiologischen Einfluss auf die Halteleistung des Kindes haben könnten,
abgefragt und vor allem die Tragehilfe, das Tragealter sowie die Tragehäufigkeit des
Probanden dokumentiert werden. Dabei waren den meisten Fragen dichotome Ja-/Nein-
Antwortmöglichkeiten zugewiesen. Bei einigen Fragen sollte eine Markierung auf einer
Rating-Skala von eins bis zehn gesetzt werden. Bei den übrigen Angaben sollte Zutreffendes
angekreuzt werden.
Im Folgenden soll auf die einzelnen Fragen eingegangen und ihr Einsatz begründet werden.
Der komplette Fragebogen findet sich im Anhang dieser Arbeit.
23
- Frage 1 & 2 dienten der Überprüfung von Entwicklungsauffälligkeiten. Die
Aufrichtung und der Gehbeginn stellen charakteristische Meilensteine der
frühkindlichen Entwicklung dar. Ein Übergehen von statomotorischen
Reifeabschnitten, wie sie das Krabbeln oder auch Sitzen darstellen, kann bedingt sein
durch eine körperliche Fehlstellung. Die Induktion eines frühzeitigen Laufbeginns
kann somit ein Zeichen für das intuitive kindliche Bestreben nach einer schmerzfreien
Kompensationshaltung sein. So soll beim unkorrigierten KISS-Syndrom eine
frühzeitige Aufrichtung in den Stand beobachtet werden [61].
- Frage 3 und 4 dienten dem Zweck, bei festgestellter Haltungsinsuffizienz oder
Wirbelsäulenpathologie genetisch-ätiologische Faktoren zu berücksichtigen.
- Frage 5 berücksichtigt die seelische Verfassung der Probanden einen Tag vor der
Schuleingangsuntersuchung, die sich in Form von Schlafstörung geäußert haben
könnte. Dies wiederum könnte eine passagere, durch Müdigkeit bedingte
Haltungsschwäche hervorrufen. Deshalb sollten die Eltern auf einer Skala von 1 – 10
beurteilen, ob ihr Kind gut oder schlecht geschlafen hat.
- Frage 6 bezieht sich auf Charaktereigenschaften des Probanden. Da Haltung durch die
Psyche beeinflusst wird [18, 22, 29], wurden die Eltern aufgefordert, das
Selbstbewusstsein und die motorische Aktivität mithilfe einer Zahlenskala von 1 – 10
einzuschätzen.
- Mit Frage 7 sollte das Fernseh-Verhalten des Kindes beurteilt werden. Der relativ
hohe Anteil des Fernsehens bei der Freizeitgestaltung wird als potentieller
Ursachenfaktor für die Entwicklung von Haltungsstörungen angesehen [29,30].
- Die restlichen Fragen bezogen sich allesamt auf die Tragegewohnheiten der Eltern. Es
wurde mitberücksichtigt, welche Art (Tragetuch, Tragesack, Tragegestell/Rucksack)
und welche Marke von Tragehilfe eingesetzt worden war. Zusätzlich sollte das Alter
des Kindes zu Tragebeginn, das Alter, in dem es am häufigsten getragen wurde sowie
die Tragehäufigkeit angegeben werden. Bei der Frage nach der Tragehäufigkeit sollte
zwischen seltenem (weniger als 1 x pro Woche), gelegentlichem (1-2 x pro Woche),
häufigem (3-4 x pro Woche) und sehr häufigem (täglichem) Tragen differenziert
werden.
Obschon die Beantwortung von Fragebögen eine überaus subjektive Beurteilung darstellt,
dienen Elternfragebögen in der Pädiatrie häufig als akzeptiertes Screeningverfahren,
beispielsweise zur Detektion von Hörstörungen [28, 31, 59].
24
2.4 Orthopädisch-klinische Untersuchung
Nach Abschluss der Schuleingangsuntersuchung wurden die Probanden des zweiten
Studienabschnittes in einem separaten Raum von stets demselben Untersucher, der zuvor
hinsichtlich der Diagnostik von Wirbelsäulenpathologien und -fehlhaltungen durch einen
Orthopäden der Universitätsklinik Köln geschult worden war, untersucht. Die klinisch-
orthopädische Untersuchung lief folgendermaßen ab:
1. Die Kinder wurden aufgefordert, den Oberkörper freizumachen sowie die Schuhe
auszuziehen.
2. Sodann folgte die Inspektion des Kindes in ruhiger, entspannter Haltung von dorsal
hinsichtlich
a) Schultergeradstand
Hochthorakale und zervikale Skoliosen äußern sich häufig in einem
unterschiedlichen Schulterstand. Dabei wird das Niveau beider Schultern durch
Rotation der Wirbelsäule und Torsion der Wirbelkörper verändert (Niethard,
Pfeil). Ein Schulterblatthochstand kann umgekehrt, in Form der so genannten
Sprengel-Deformität, zu einer ausgeprägten Skoliose führen.
b) Beckengeradstand, Beinlängendifferenz
Der Beckengeradstand wurde mit dem Ziel untersucht, eine
Beinlängendifferenz zu erkennen. Bei Vorliegen einer Lumbalskoliose würde
das Becken konkavseitig höher gezogen, womit das konkavseitige Bein in
Funktion kürzer wäre. Andersherum würde eine reelle Beinlängenverkürzung
mit einem habituellen Beckenschiefstand und einer skoliotischen
Ausgleichshaltung kompensiert werden.
c) Rückenpathologie im Sinne einer Skoliose
Nachdem vorab der Schulter- und Beckengeradstand im Rahmen der
Skoliosediagnostik überprüft wurden, wurde nun besonderes Augenmerk auf
Abweichung der Wirbelsäulenachse in der Frontalebene gelegt. Aufgrund der
Rotation der Wirbelkörper zur Konvexität und der Dornfortsätze zur
Konkavität der Wirbelsäulenkrümmung kommt es zu folgenden
inspektionsauffälligen Befunden, die während diesem Untersuchungsabschnitt
besonders berücksichtigt wurden:
25
- Es kommt zur konvexseitigen Ausbildung eines Rippenbuckels
aufgrund der Mitrotation der Rippen mit dem Wirbelkörper.
- Die Verdrängung des Schulterblattes durch den Rippenbuckel nach
lateral oben führt zu einem konvexseitigen Schulterblatt- und
Schulterhochstand.
- Der Achselkontakt zwischen Oberarm und Brustkorb ist auf der
konvexen Seite länger.
- Analog zum Rippenbuckel bei Thorakalskoliose bildet sich bei der
Lumbalskoliose durch Prominenz der Querfortsätze konvexseitig der
so genannte Lendenwulst aus.
- Konkavseitig kommt es zu einer Akzentuierung des Taillendreiecks
sowie zu einem
- Beckenhochstand mit konsekutiver, funktioneller
- Beinlängenverkürzung
Da sich bei Vornüberbeugung des Oberkörpers die Rückendeformität verstärkt
(Niethard, Pfeil), wurde zusätzlich zur Inspektion in Ruhehaltung der
Vorbeugetest angewandt, sodass schon beginnende Skoliosen anhand einer
Niveaudifferenz erkannt werden konnten.
3. Im Anschluss an die Untersuchung von dorsal folgte die Inspektion von lateral
bezüglich folgender klinischer Merkmale:
a) Rückentyp
Zur Beurteilung der von der Normalhaltung abweichenden Haltungstypen
wurde die Einteilung nach Staffel angewendet:
- Der Rundrücken zeichnet sich durch eine großbogige und vermehrte
Brustkyphose sowie eine kleinbogige und verkürzte Lendenlordose aus.
- Beim Hohlrundrücken stellt sich die Brustkyphose sowie die Hals- und
Lendenlordose bei insgesamt harmonischer Schwingung des
Achsenskeletts verstärkt dar.
- Das klinische Charakteristikum des Flachrückens ist eine
Verminderung der S-förmigen Wirbelsäulenschwingung mit Abnahme
der Brustkyphose und der Hals- und Lendenlordose.
War es bei Vorliegen einer Haltungsanomalie dem Probanden möglich, sich
durch muskuläre Kompensation aus dieser Haltung zu lösen, so galt dies als
26
Haltungs-Normvariante und wurde unter dem Stichwort „Haltung“
wiedergegeben, wohingegen eine durch muskuläre Dekompensation bedingte
Teilfixation, aus der sich der Proband nur schwer oder nicht lösen konnte, als
manifester Haltungsschaden gewertet und dann unter der Rubrik
„Rückenform“ dokumentiert wurde.
b) Haltungsleistung im Armvorhaltetest nach Matthiass
Das Kind wurde gebeten, aus der entspannten Haltung heraus seine Arme
30 Sekunden lang ausgestreckt vor sich zu halten. Die Beine sollten dabei
leicht gespreizt sein, die Handinnenflächen sollten zueinander zeigen.
Die Ausgangshaltung sowie die Haltungsentwicklung während des Tests
wurde, wie unter 1.2.4 beschrieben, beurteilt. Dabei teilten wir die
Halteleistung der Probanden entweder in „suffizient“ oder „insuffizient“ ein.
Während der Durchführung erfolgten zwei MediMouse®-Messungen, einmal
zu Beginn des Tests und ein weiteres Mal vor Beendigung des Tests.
2.5 Untersuchung mit der MediMouse®
Im ersten Studienabschnitt erfolgte die Untersuchung im Rahmen der Reliabilitätsprüfung.
Die Messung erfolgte in aufrechter, habitueller Haltung und wurde insgesamt zehnmal
wiederholt. Zu diesem Zweck wurden die Kinder aufgefordert, den Oberkörper zu entkleiden
sowie die Schuhe auszuziehen. Der genaue Untersuchungsablauf wird im folgenden Abschnitt
analog der Untersuchungsreihe der zweiten Studienphase beschrieben.
Im zweiten Abschnitt ging es darum, einen quantitativen und somit objektiven Vergleich
innerhalb des Kollektivs sicherstellen zu können, weshalb parallel zur klinischen
Untersuchung das technische Messverfahren mit der MediMouse® angewandt wurde. Hierzu
wurde, nachdem das Kind den Oberkörper bis zur Rima ani freigemacht und die Schuhe
ausgezogen hatte, die Wirbelsäulenkontur entlang der Dornfortsatzreihe mit einem Computer-
Mouse-ähnlichen Instrumentarium während der Ruhehaltung und zu Beginn und Ende des
Matthiass-Tests von C7 bis zur Rima ani nachgefahren. Der Processus spinosus des siebten
Zervikalwirbels (tritt als Vertebra prominens bereits visuell in Erscheinung) sowie der Beginn
der Rima ani wurden zunächst durch Palpation erfasst und mit einem Stift kenntlich gemacht.
Die Gleitkufe des Gerätes wurde auf der Haut unmittelbar supraspinal aufgesetzt. Zum Start
wurde der Druckknopf betätigt, der durch Abgabe eines Pieptons die Bereitschaft zum
Abfahren der gesamten Wirbelsäule signalisierte. Die zwei Rollrädchen, die manuell entlang
der Mittellinie der Rückenkontur geführt wurden, erfassten mithilfe des
27
Wegstreckenvermesssystems sowie des Pendelpotentiometers die Länge als auch die
Lotabweichungen der einzelnen Wirbelsäulensegmente. Während der Untersuchung blieb der
Startknopf bis zum Erreichen der Rima ani eingerastet, wo er unter leichtem Druck wieder
ausgerastet wurde. Das System wies zwei Modi auf: Im Sagittalmodus konnten die Winkel
der Wirbelkörper in der Sagittalebene zueinander bestimmt werden, was Rückschlüsse auf das
Ausmaß der Kyphose und Lordose zuließ. Der zusätzliche Frontalmodus, der aufgrund des
zeitlichen Aufwandes während der Untersuchung nicht zur Anwendung kam, erlaubte
Aussagen über Seitverbiegungen der Wirbelsäule. Im Matthiass-Modus erfolgte weiterhin die
Messung im Sagittalmodus zu Beginn und Ende der Testdurchführung, sodass aus zwei
Einzelmessungen ein Messreihenpaar zur Beurteilung der Haltungsentwicklung während der
Durchführung des Matthiass-Tests hervorging. Zusätzlich erfolgte eine durch die
MediMouse® errechnete Bestimmung folgender Parameter:
- Inklination
- Wirbelsäulenlänge
- Gesamt-Kyphose
- Gesamt-Lordose
- Umschlagpunkt von Kyphose auf Lordose
Die erhobenen Daten wurden von der MediMouse® per Bluetooth auf ein mit spezieller
Software ausgerüstetes Notebook geleitet. An den meisten Kindern wurde die Messung
doppelt durchgeführt. Aus jeder Messung resultierte ein computerkalkuliertes graphisch-
visualisiertes Abbild der Wirbelsäulensilhouette.
2.6 Erhebung epidemiologischer Daten aus dem Untersuchungsheft
Nachdem die Untersuchung abgeschlossen war, erfolgte in der zweiten Abhandlungsphase die
Erhebung epidemiologischer Informationen aus dem Kinder-Untersuchungsheft, welches die
Eltern für die schulärztliche Untersuchung mit sich führten. Dabei fanden folgende Aspekte
Berücksichtigung:
- Obschon das Geburtsdatum in unserem Kollektiv weniger von Bedeutung war, da ja
die Probanden, die zur Schuleingangsuntersuchung erschienen waren, nicht älter als
7 und nicht jünger als 5 Jahre alt sein konnten, ist das Alter einer Person ein nicht
unerheblicher Einflussfaktor in der Genese von Haltungsschwächen. König
beschreibt in diesem Sinne das „Sich-Hängen-Lassen“ im Adoleszentenalter, was
sich psychisch wie auch physisch, in Form der Haltung, manifestieren kann [29].
- Die Nationalität wurde als Marker für den sozio-kulturellen Hintergrund erfasst.
28
- Die Fragen nach dem Geburtsmechanismus sowie nach Lage vor und Maße bei
Geburt wurden mit der Kenntnis gestellt, dass Zangengeburten oder schwere
Geburten (bei regelwidriger Lage oder hohem Geburtsgewicht) vermehrt
Asymmetrien bedingen, die oft viele Jahre später noch sichtbar sind.
- Die Angabe einer Hüftdysplasie war aufgrund der Annahme, dass das Tragen eine
protektive Wirkung hinsichtlich der Entwicklung einer Hüftdysplasie ausübt, von
Bedeutung.
- Dem KISS-Syndrom (Kopfgelenks-induzierte Symmetriestörung) wird aufgrund der
anatomischen Nachbarschaft der oberen Kopfgelenke zum Hirnstamm Einfluss auf
die posturale Entwicklung zugesprochen. Die Information über ein stattgehabtes
KISS-Syndrom hätte dementsprechend einen ätiologischen Hinweis für das
Vorliegen einer etwaigen Haltungsstörung liefern können [61].
- Unter dem Item Entwicklungsauffälligkeiten war den Eltern die Möglichkeit
gegeben, andere, in dem Fragebogen nicht erfragte Besonderheiten, anzugeben, für
die gegebenenfalls später ein Zusammenhang mit der vorliegenden Haltungsstörung
nachgewiesen werden könnte.
- Das Item Abgelaufene Physiotherapien sollte als Hinweis für das einstige Vorliegen
eines therapiebedürftigen Haltungsbefundes dienen.
- Im Weiteren wurden die Eltern nach der Händigkeit ihres Kindes gefragt.
- Die aktuelle Größe sowie das Gewicht des Kindes wurden von der Schulärztin
erfragt, die alle Kinder im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung gemessen und
gewogen hatte.
- Abschließend wurden die Eltern gebeten, ihren Beruf anzugeben, da sich der
soziokulturelle Status auf die Persönlichkeit auswirkt, und dieser eine bedeutende
Rolle in der Haltungsentwicklung zugeschrieben wird.
Der ausführliche Bogen im Original findet sich im Anhang.
29
2.7 Dokumentation
Die Messergebnisse des ersten Untersuchungsabschnitts zur Validierung der MediMouse®
wurden lediglich elektronisch abgespeichert, da keine anderen Angaben erhoben worden sind.
Zur Dokumentation der gewonnenen Daten der zweiten Studienetappe wurden insgesamt vier
verschiedene Dokumentationsbögen verwendet, die jeweils mit dem Untersuchungsdatum
sowie der Probandennummer versehen wurden:
- Aufklärungs-/Einwilligungsbogen
- Elternfragebogen
- Untersuchungsbogen
- Epidemiologie-Bogen
Die Messergebnisse der MediMouse® wurden, ebenfalls mit Untersuchungsdatum und
Probandennummer, auf dem Computer gespeichert.
2.8 Statistik
In die Auswertung der vorliegenden Erhebung konnten alle Teilnehmer aufgenommen
werden, die die Aufnahmevoraussetzungen erfüllten sowie keines der Ausschlusskriterien
aufwiesen.
Die statistischen Analysen der erhobenen Daten sind mit Hilfe des Statistical Package for
Social Sciences (SPSS®), Version 15.0 für Windows erstellt worden.
Die deskriptive Beschreibung wurde durch Bestimmung von Häufigkeiten und Prozenten oder
Mittelwerten und Standardabweichungen sowie Varianzen durchgeführt. Einigen
Balkendiagrammen wurden entsprechend den berechneten Mittelwerten und
Standardabweichungen Gauß’sche Normalverteilungskurven zur Verdeutlichung beigefügt.
Die Normalverteilung wurde bei einer Fallzahl von N = 181 vorausgesetzt. Zur Überprüfung
von Zusammenhängen nominal skalierter Daten wurde der Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest
verwendet. Normalverteilte Daten wurden mittels t-Tests auf Zusammenhänge untersucht. Zur
quantitativen Präsentation des Korrelationsaußmaßes wurden die p-Werte als orientierendes
Signifikanzmaß herangezogen ohne dass dies zur Prüfung einer Nullhypothese genutzt wurde.
Als Einleitung soll folgendes Gedicht von Professor Dr. P.H. List dienen [19, 20]:
30
Ein Mensch, der von Statistik hört,
denkt dabei nur an Mittelwert.
Er glaubt nicht dran und ist dagegen,
ein Beispiel soll es gleich belegen:
Ein Jäger auf der Entenjagd,
hat einen ersten Schuss gewagt.
Der Schuss, zu hastig aus dem Rohr,
lag eine gute Handbreit vor.
Der zweite Schuss mit lautem Krach
lag eine gute Handbreit nach.
Der Jäger spricht ganz unbeschwert
voll Glauben an den Mittelwert:
Statistisch ist die Ente tot.
Doch wär’ er klug und nähme Schrot
- dies sei gesagt, ihn zu bekehren -
er würde seine Chance mehren:
Der Schuss geht ab, die Ente stürzt,
weil Streuung ihr das Leben kürzt.
2.8.1 Der Mittelwert
Das arithmetische Mittel, auch als Mittelwert oder Durchschnitt bezeichnet, wird durch
Summation aller Daten und Division durch die Datenzahl berechnet. Bei einer n-fachen
Datenzahl gilt:
MW = (x1 + x2 + x3 + … + xn) / n.
Ziel eines solchen aggregierenden Parameters ist es, wesentliche Informationen einer längeren
Messdatenreihe fokussiert wiederzugeben.
2.8.2 Die Standardabweichung
Die Standardabweichung, auch als mittlerer quadratischer Fehler der Einzelwerte bezeichnet,
ist ein Maß für die Streuung der Werte um den Mittelwert. Als Abkürzung wird neben σ
häufig s oder SD für standard deviation benützt. Sie ist definiert als die positive
Quadratwurzel der Varianz:
31
Als einfache numerische Transformation der Varianz hilft sie, die anhand der Varianz
quantifizierte Streuung in der ursprünglichen Maßeinheit zu interpretieren.
2.8.3 Die Varianz
Die Varianz ist, wie die Standardabweichung, ein Streuungsmaß und spiegelt die Verteilung
der Daten um deren Mittelwert wider. Berechnet wird die Varianz, indem die Summe der
quadrierten Abweichungen aller Messwerte vom arithmetischen Mittel durch die Anzahl der
Messwerte dividiert wird:
Das Quadrieren bei der Definition zur Varianz unterbindet das Auftreten negativer Ergebnisse
und sorgt dafür, dass Daten, die besonders stark vom Mittelwert abweichen, stärker ins
Gewicht fallen, als diejenigen, die in der Nähe des Mittelwerts liegen.
2.8.4 Der Variationskoeffizient
Der Variationskoeffizient wird als Quotient aus Standardabweichung und Mittelwert gebildet
und ist Ausdruck für die Relation der Streuung zum Mittelwert. Er repräsentiert somit die
Standardabweichung einer Verteilung in der Größe des auf ihr beruhenden arithmetischen
Mittels.
Die Bedeutung dieser statistischen Kenngröße liegt darin begründet, dass weder die
Standardabweichung noch die Varianz normiert sind. So verfügt eine Zufallsvariable mit
großem Mittelwert auch üblicherweise über eine größere Standardabweichung als diejenige
mit kleinem Mittelwert. Es ist deshalb nicht möglich, die Größe der Standardabweichung zu
beurteilen, es sei denn, sie wird in Relation zum Mittelwert der Variablen gesetzt.
2.8.5 Der t-Test
Der t-Test ist eine mathematische Entscheidungsregel zur Analyse von Unterschieden der
empirisch ermittelten Mittelwerte zweier Gruppen. Er sagt aus, ob ein gefundener
Mittelwertunterschied rein zufällig entstanden ist oder ob tatsächlich ein bedeutsamer
Unterschied zwischen den untersuchten Gruppen existiert, also ob sich zwei untersuchte
Gruppen systematisch in ihren Mittelwerten unterscheiden oder nicht. Er findet seinen Einsatz
32
zur Hypothesenprüfung von Unterschiedshypothesen, in denen ein Merkmal wissenschaftlich
und messbar operationalisiert werden kann. Bei der Hypothesenformulierung unterscheidet
man zwischen der Nullhypothese (es liegt kein Unterschied vor) und der Alternativhypothese
(es liegt ein Unterschied vor). Dabei ist es zur Untersuchung der Mittelwertsdifferenz zweier
Stichproben unerheblich, ob diese Stichproben gepaart oder ungepaart sind. Liegt der
errechnete t-Wert unterhalb des Signifikanzniveaus von p ≤ 0,05, so muss die Nullhypothese
zugunsten der Alternativhypothese abgelehnt werden. Voraussetzungen für die Durchführung
eines t-Tests sind:
- Die Daten sind annähernd normalverteilt (Beurteilung anhand eines Boxplots).
- Die Standardabweichung ist bekannt.
- Der Mittelwert ist bekannt.
- Die Testhypothesen wurden formuliert.
- Die Daten sind annähernd varianzhomogen.
2.8.6 Der Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest
Er stellt einen Signifikanztest dar, der, beruhend auf dem Vergleich zwischen erwarteten und
beobachteten Werten zweier Merkmale in einer Kreuztabelle, aussagt, ob ein Zusammenhang
zwischen diesen Merkmalen wahrscheinlich ist oder nicht. Dabei ist die Skalierung der
Merkmale unerheblich. Mittels Pearson-Chi-Quadrat wird die Hypothese überprüft, dass
keine Abhängigkeit zwischen den Zeilen- und Spaltenvariablen der Kreuztabelle existiert. Der
p-Wert wird als „signifikant“ erachtet, wenn sein Wert kleiner als 0,05 ist. Es gilt, dass eine
Abhängigkeit zwischen zwei Attributen umso größer ist, je kleiner der Signifikantwert.
33
3 Ergebnisse
3.1 Teil 1
In diesem ersten Studienabschnitt sollte überprüft werden, ob die MediMouse als objektiv
deklariertes, instrumentelles Messverfahren reproduzierbare Ergebnisse liefert. Diesem
Zweck dienlich wurden elf fünf- bis siebenjährige Kinder, bei denen zuvor keine
Haltungsanomalien auffällig waren, zehn bis elf nacheinanderfolgenden MediMouse-
Messungen unterzogen. Die direkt aufeinander folgenden Messungen wurden in aufrechter
habitueller Haltung der Probanden vorgenommen. Der genaue Untersuchungshergang wird in
Kapitel 2.5 näher beschrieben.
Das durchschnittliche Alter der elf Probanden beträgt sechs Jahre; je drei der Kinder waren
zum Untersuchungszeitpunkt fünf bzw. sechs Jahre alt, fünf waren sieben Jahre alt.
Von den untersuchten Kindern waren drei männlich und acht weiblich. Folgende Tabelle stellt
die Alters- und Geschlechterverteilung dar:
Alter Geschlecht Anzahl % Anzahl % männlich 3 27,3% weiblich 8 72,7% 5 Jahre 3 27,3% 6 Jahre 3 27,3% 7 Jahre 5 45,5%
Tabelle 2: Alters- und Geschlechtsverteilung
Keiner der zur Reliabilitätsprüfung der Maus untersuchten Probanden wurde in Tragehilfen
getragen.
Im folgenden Abschnitt werden Minimum, Maximum, Mittelwert, Standardabweichung und
Varianz für folgende Parameter angegeben:
- Winkelstellung zweier benachbarter Wirbelkörper von TH1/2 bis L5/S1, der
gemessene Winkel entspricht den tangentialen Winkeln zwischen den Zentren der
einzelnen Wirbelkörper. Dabei stehen positive Winkel für Kyphosierung, negative für
Lordosierung.
34
- Sakrumwinkel als Maß für die sagittale Beckensenkung, berechnet als Mittelwert der
Winkel zwischen den Tangenten über dem Sakrum und einer gedachten
Verbindungslinie zwischen C7 bis S1
- Gesamtwinkel für die Krümmung der Brustwirbelsäule, berechnet als Summe der
einzelnen segmentalen Winkel von TH1/2 bis TH11/12, sodass 11 Winkel aufaddiert
werden. Gemäss der Originalarbeit von Seichert et al. 1994 ist die Winkelauflösung
auf eine Dezimalstelle genau. Die MediMouse®-Software rundet die gemessenen
Werte auf ganze Zahlen. Für die Berechnung der globalen BWS- bzw. LWS-Winkel
werden dann nicht die gerundeten sondern die Rohdaten mit einer Kommastelle
verwendet; weshalb es zu kleinen Abweichungen kommen kann.
- Gesamtwinkel für die Krümmung der Lendenwirbelsäule, berechnet als Summe der
einzelnen Segmentwinkel gemessen von TH12/L1 bis L5/S1. Die Addition erfolgt
analog zur Berechnung der globalen BWS-Krümmung.
- Inklination (Winkel zwischen der Vertikalen und einer gedachten Verbindungslinie
zwischen C7 und Os Sacrum)
- Wirbelsäulenlänge in mm
Die Datenwiedergabe erfolgt tabellarisch und für jeden Probanden gesondert:
Abbildung 8: Interpretation der Segmentwinkel
35
Tabelle 3: Proband 1 (10 Wiederholungsmessungen)
Tabelle 4: Proband 2 (10 Wiederholungsmessungen)
Mittelwert Minimum Maximum Standard-
abweichung Varianz
Variations-koeffizient
[%] TH1/2 6,5 5,0 8,0 ,97 ,94 14,92 TH2/3 7,4 5,0 9,0 1,26 1,60 17,03 TH3/4 5,1 4,0 7,0 1,20 1,43 23,53 TH4/5 3,3 2,0 5,0 ,82 ,68 24,85 TH5/6 2,7 2,0 3,0 ,48 ,23 17,78 TH6/7 2,7 2,0 4,0 ,82 ,68 30,37 TH7/8 3,1 2,0 4,0 ,57 ,32 18,39 TH8/9 5,3 4,0 7,0 ,95 ,90 17,93 TH9/10 3,2 2,0 4,0 ,79 ,62 24,69 TH10/11 -,6 -2,0 2,0 1,35 1,82 225,00 TH11/12 -2,2 -3,0 -2,0 ,42 ,18 19,09 TH12/L1 -5,9 -7,0 -5,0 ,74 ,54 12,54 L1/2 -7,9 -10,0 -4,0 1,85 3,43 23,42 L2/3 -14,5 -17,0 -9,0 2,59 6,72 17,86 L3/4 -11,0 -14,0 -9,0 1,41 2,00 12,82 L4/5 4,3 -2,0 9,0 3,80 14,46 88,37 L5/S1 9,9 7,0 11,0 1,37 1,88 13,84 SakHG 12,1 9,0 15,0 1,97 3,88 16,28 BWS 36,5 29,0 41,0 3,41 11,61 09,34 LWS -24,8 -28,0 -19,0 3,16 9,96 12,74 Inklination 1,4 -1,0 4,0 1,65 2,71 117,86 Länge 377,5 360,0 392,0 10,00 100,06 02,65
Mittelwert Minimum Maximum Standard-
abweichung Varianz
Variations-koeffizient
[%] TH1/2 2,9 -1,0 6,0 2,33 5,43 80,35 TH2/3 5,4 3,0 7,0 1,26 1,60 23,33 TH3/4 4,3 3,0 6,0 1,06 1,12 24,65 TH4/5 6,1 5,0 7,0 ,74 ,54 12,13 TH5/6 4,6 4,0 6,0 ,70 ,49 15,22 TH6/7 5,0 2,0 7,0 1,41 2,00 28,20 TH7/8 6,6 5,0 9,0 1,35 1,82 20,46 TH8/9 4,1 2,0 7,0 1,52 2,32 37,07 TH9/10 3,2 ,0 6,0 1,48 2,18 46,25 TH10/11 2,6 -1,0 5,0 1,58 2,49 60,77 TH11/12 2,5 ,0 6,0 1,96 3,83 78,40 TH12/L1 -1,2 -6,0 7,0 3,97 15,73 330,83 L1/2 -1,9 -3,0 -1,0 ,74 ,54 38,95 L2/3 -7,8 -10,0 -4,0 2,20 4,84 28,21 L3/4 -10,7 -13,0 -8,0 1,64 2,68 15,33 L4/5 -10,1 -12,0 -7,0 1,29 1,66 12,77 L5/S1 -5,1 -9,0 -2,0 2,13 4,54 41,77 SakHG 11,2 10,0 13,0 1,14 1,29 10,18 BWS 46,6 39,0 53,0 5,56 30,93 11,93 LWS -36,6 -41,0 -26,0 5,19 26,93 14,18 Inklination -8,2 -12,0 -3,0 3,12 9,73 38,05 Länge 318,9 311,0 326,0 4,95 24,54 01,55
36
Tabelle 5: Proband 3 (10 Wiederholungsmessungen)
Mittelwert Minimum Maximum Standard-
abweichung Varianz
Variations-koeffizient
[%] TH1/2 ,3 -2,0 2,0 1,42 2,01 473,33 TH2/3 4,4 2,0 7,0 1,35 1,82 30,68 TH3/4 3,9 3,0 5,0 ,88 ,77 22,56 TH4/5 2,8 1,0 4,0 1,03 1,07 36,79 TH5/6 3,4 2,0 5,0 1,07 1,16 31,47 TH6/7 3,7 3,0 5,0 ,82 ,68 22,16 TH7/8 5,2 4,0 7,0 1,03 1,07 19,81 TH8/9 2,5 1,0 5,0 1,43 2,06 57,20 TH9/10 ,6 -1,0 2,0 ,84 ,71 140,00 TH10/11 -2,0 -3,0 -1,0 ,82 ,67 41,00 TH11/12 -3,8 -5,0 -3,0 ,63 ,40 16,59 TH12/L1 -3,7 -5,0 -2,0 ,95 ,90 25,68 L1/2 -6,6 -9,0 -4,0 1,58 2,49 23,94 L2/3 -9,4 -12,0 -6,0 1,65 2,71 17,55 L3/4 -4,9 -7,0 -3,0 1,45 2,10 29,59 L4/5 -2,9 -4,0 -2,0 ,57 ,32 19,66 L5/S1 2,0 -2,0 5,0 2,05 4,22 102,50 SakHG 15,0 12,0 19,0 2,16 4,67 14,40 BWS 21,0 16,0 24,0 2,45 6,00 11,67 LWS -25,5 -30,0 -20,0 2,88 8,28 11,29 Inklination -1,7 -5,0 4,0 2,79 7,79 164,12 Länge 337,2 327,0 349,0 9,26 85,73 02,75
Tabelle 6: Proband 4 (11 Wiederholungsmessungen)
Mittelwert Minimum Maximum Standard-
abweichung Varianz
Variations-koeffizient
[%] TH1/2 3,73 1,0 6,0 1,42 2,02 38,07 TH2/3 7,45 5,0 9,0 1,21 1,47 16,24 TH3/4 6,36 5,0 9,0 1,43 2,06 22,48 TH4/5 7,55 6,0 12,0 1,57 2,47 20,80 TH5/6 6,82 4,0 22,0 5,10 25,96 74,78 TH6/7 5,73 5,0 7,0 ,79 ,62 13,79 TH7/8 5,36 -12,0 9,0 5,90 34,86 110,08 TH8/9 7,00 2,0 9,0 1,90 3,60 27,14 TH9/10 3,18 1,0 5,0 1,25 1,56 39,31 TH10/11 1,00 -2,0 3,0 1,41 2,00 141,00 TH11/12 2,09 1,0 4,0 1,04 1,09 49,76 TH12/L1 ,09 -2,0 4,0 1,76 3,09 188,89 L1/2 -3,82 -7,0 -1,0 1,66 2,76 43,46 L2/3 -7,91 -10,0 -6,0 1,14 1,29 14,41 L3/4 -12,00 -13,0 -11,0 ,89 ,80 07,42 L4/5 -8,55 -11,0 -6,0 1,44 2,07 16,84 L5/S1 ,00 -3,0 1,0 1,26 1,60 SakHG 9,09 7,0 13,0 1,87 3,49 20,57 BWS 55,91 50,0 61,0 3,30 10,89 05,90 LWS -31,73 -38,0 -23,0 3,85 14,82 12,13 Inklination -3,91 -6,0 -2,0 1,38 1,89 35,29 Länge 366,00 339,0 381,0 11,70 136,80 03,20
37
Tabelle 7: Proband 5 (11 Wiederholungsmessungen)
Mittelwert Minimum Maximum Standard-
abweichung Varianz
Variations-koeffizient
[%] TH1/2 2,45 1,0 5,0 1,13 1,27 46,12 TH2/3 5,00 4,0 6,0 ,77 ,60 15,40 TH3/4 6,18 3,0 8,0 1,40 1,96 22,65 TH4/5 4,82 2,0 8,0 1,47 2,16 30,50 TH5/6 7,64 7,0 9,0 ,81 ,66 10,60 TH6/7 6,55 5,0 8,0 ,82 ,67 12,52 TH7/8 5,91 4,0 7,0 ,70 ,49 11,84 TH8/9 3,18 1,0 5,0 1,17 1,36 36,79 TH9/10 2,45 1,0 4,0 ,82 ,67 33,47 TH10/11 ,64 ,0 2,0 ,81 ,66 126,56 TH11/12 -1,00 -2,0 ,0 ,63 ,40 63,00 TH12/L1 -1,91 -4,0 -1,0 1,04 1,09 54,45 L1/2 -7,45 -9,0 -6,0 1,13 1,27 15,17 L2/3 -9,64 -11,0 -8,0 ,81 ,66 08,40 L3/4 -10,00 -12,0 -9,0 1,10 1,20 11,00 L4/5 -5,45 -7,0 -4,0 1,13 1,27 20,73 L5/S1 3,09 -1,0 6,0 2,39 5,69 77,35 SakHG 11,73 9,0 14,0 1,68 2,82 14,32 BWS 43,55 35,0 48,0 3,39 11,47 07,78 LWS -31,18 -35,0 -26,0 3,16 9,96 10,14 Inklination -3,18 -5,0 ,0 1,78 3,16 55,98 Länge 316,91 298,0 330,0 8,99 80,89 02,84
Tabelle 8: Proband 6 (11 Wiederholungsmessungen)
Mittelwert Minimum Maximum Standard-
abweichung Varianz
Variations-koeffizient
[%] TH1/2 3,82 1,0 6,0 1,47 2,16 38,48 TH2/3 5,09 3,0 7,0 1,14 1,29 22,40 TH3/4 5,64 4,0 7,0 1,03 1,06 18,26 TH4/5 3,91 2,0 9,0 2,07 4,29 52,94 TH5/6 3,55 1,0 5,0 1,37 1,87 38,59 TH6/7 3,64 ,0 7,0 2,01 4,06 55,22 TH7/8 5,00 3,0 7,0 1,10 1,20 22,00 TH8/9 3,82 1,0 7,0 1,47 2,16 38,48 TH9/10 2,09 -1,0 4,0 1,51 2,29 72,25 TH10/11 ,64 -1,0 3,0 1,57 2,46 245,31 TH11/12 -2,36 -6,0 -1,0 1,57 2,46 66,53 TH12/L1 -4,09 -6,0 -3,0 1,04 1,09 25,43 L1/2 -5,55 -7,0 -5,0 ,82 ,67 14,78 L2/3 -7,09 -11,0 -4,0 1,76 3,09 24,82 L3/4 -7,55 -10,0 -5,0 1,51 2,27 20,00 L4/5 -5,55 -9,0 -3,0 1,75 3,07 31,53 L5/S1 -1,09 -6,0 3,0 3,05 9,29 279,82 SakHG 18,27 13,0 24,0 3,23 10,42 17,68 BWS 34,36 28,0 39,0 3,44 11,86 10,01 LWS -31,09 -36,0 -24,0 3,83 14,69 12,32 Inklination -,27 -7,0 7,0 3,85 14,82 142,59 Länge 304,18 287,0 325,0 11,98 143,56 03,94
38
Tabelle 9: Proband 7 (11 Wiederholungsmessungen)
Mittelwert Minimum Maximum Standard-
abweichung Varianz
Variations-koeffizient
[%] TH1/2 7,64 5,0 9,0 1,29 1,66 16,89 TH2/3 6,73 4,0 9,0 1,49 2,22 22,14 TH3/4 3,55 ,0 6,0 1,51 2,27 42,54 TH4/5 4,09 3,0 5,0 ,83 ,69 20,29 TH5/6 4,64 3,0 6,0 1,12 1,26 24,14 TH6/7 3,82 2,0 6,0 1,25 1,56 32,72 TH7/8 4,27 1,0 6,0 1,62 2,62 37,94 TH8/9 3,09 1,0 5,0 1,30 1,69 42,07 TH9/10 4,09 ,0 7,0 2,17 4,69 53,06 TH10/11 ,45 -3,0 4,0 2,25 5,07 500,00 TH11/12 -2,36 -5,0 ,0 1,57 2,46 66,53 TH12/L1 -6,91 -10,0 -5,0 1,45 2,09 20,98 L1/2 -10,36 -14,0 -6,0 2,34 5,46 22,59 L2/3 -12,45 -15,0 -8,0 2,07 4,27 16,63 L3/4 -12,45 -21,0 -7,0 4,52 20,47 36,31 L4/5 -,55 -4,0 5,0 3,21 10,27 583,64 L5/S1 7,27 5,0 11,0 1,68 2,82 23,11 SakHG 20,36 16,0 25,0 2,98 8,86 14,64 BWS 39,18 21,0 46,0 6,72 45,16 17,15 LWS -35,18 -40,0 -30,0 3,31 10,96 09,41 Inklination 1,36 -2,0 6,0 2,62 6,86 192,65 Länge 367,36 347,0 382,0 9,98 99,66 02,72
Tabelle 10: Proband 8 (11 Wiederholungsmessungen)
Mittelwert Minimum Maximum Standard-
abweichung Varianz
Variations-koeffizient
[%] TH1/2 5,45 2,0 8,0 1,86 3,47 34,13 TH2/3 5,55 3,0 8,0 1,37 1,87 24,69 TH3/4 4,18 3,0 5,0 ,75 ,56 17,94 TH4/5 3,82 2,0 5,0 ,98 ,96 25,66 TH5/6 4,73 2,0 6,0 1,19 1,42 25,16 TH6/7 6,55 5,0 7,0 ,69 ,47 10,53 TH7/8 5,64 5,0 7,0 ,67 ,46 11,88 TH8/9 4,18 3,0 6,0 ,98 ,96 23,45 TH9/10 2,45 1,0 4,0 ,93 ,87 37,96 TH10/11 ,27 -1,0 2,0 1,01 1,02 374,07 TH11/12 1,45 -1,0 3,0 1,37 1,87 94,48 TH12/L1 -,91 -4,0 2,0 1,92 3,69 210,99 L1/2 -5,18 -8,0 -1,0 1,94 3,76 37,45 L2/3 -11,55 -14,0 -8,0 1,92 3,67 16,62 L3/4 -10,00 -12,0 -8,0 1,10 1,20 11,00 L4/5 -1,55 -6,0 1,0 1,97 3,87 127,10 L5/S1 5,00 ,0 7,0 2,05 4,20 41,00 SakHG 11,64 7,0 14,0 2,16 4,66 18,56 BWS 44,09 39,0 49,0 3,24 10,49 07,35 LWS -24,45 -33,0 -18,0 4,20 17,67 17,18 Inklination 3,18 ,0 6,0 2,23 4,96 70,13 Länge 380,55 356,0 398,0 13,28 176,47 03,49
39
Tabelle 11: Proband 9 (10 Wiederholungsmessungen)
Mittelwert Minimum Maximum Standard-
abweichung Varianz
Variations-koeffizient
[%] TH1/2 5,0 2,0 8,0 1,70 2,89 34,00 TH2/3 2,4 1,0 5,0 1,26 1,60 52,50 TH3/4 2,2 1,0 3,0 ,79 ,62 35,91 TH4/5 3,0 2,0 4,0 1,05 1,11 35,00 TH5/6 4,1 3,0 5,0 ,88 ,77 21,46 TH6/7 4,8 4,0 7,0 1,14 1,29 23,75 TH7/8 3,5 2,0 5,0 ,85 ,72 24,29 TH8/9 4,3 3,0 7,0 1,42 2,01 33,02 TH9/10 5,4 4,0 7,0 1,07 1,16 19,82 TH10/11 4,3 1,0 6,0 1,42 2,01 33,02 TH11/12 5,6 2,0 8,0 1,71 2,93 30,54 TH12/L1 2,9 1,0 5,0 1,37 1,88 47,24 L1/2 ,5 ,0 1,0 ,53 ,28 106,00 L2/3 -2,8 -5,0 -1,0 1,23 1,51 43,93 L3/4 -6,9 -8,0 -6,0 ,57 ,32 08,26 L4/5 -4,4 -7,0 -2,0 1,90 3,60 43,18 L5/S1 1,5 ,0 3,0 1,18 1,39 78,67 SakHG -2,0 -5,0 3,0 3,20 10,22 160,00 BWS 44,1 33,0 52,0 5,26 27,66 11,93 LWS -9,5 -12,0 -6,0 1,96 3,83 20,63 Inklination 2,9 1,0 5,0 1,60 2,54 55,17 Länge 342,8 326,0 357,0 9,67 93,51 02,82
Tabelle 12: Proband 10 (11 Wiederholungsmessungen)
Mittelwert Minimum Maximum Standard-
abweichung Varianz
Variations-koeffizient
[%] TH1/2 3,18 1,0 6,0 1,54 2,36 48,43 TH2/3 5,18 4,0 7,0 ,87 ,76 16,80 TH3/4 5,18 3,0 7,0 1,47 2,16 28,38 TH4/5 3,00 1,0 6,0 1,67 2,80 55,67 TH5/6 4,18 3,0 6,0 ,98 ,96 23,45 TH6/7 5,82 5,0 7,0 ,60 ,36 10,31 TH7/8 6,27 5,0 10,0 1,42 2,02 22,65 TH8/9 4,45 2,0 8,0 1,69 2,87 37,98 TH9/10 5,00 2,0 8,0 1,61 2,60 32,20 TH10/11 5,00 2,0 8,0 1,73 3,00 34,60 TH11/12 1,91 -1,0 4,0 1,51 2,29 79,06 TH12/L1 -,73 -2,0 2,0 1,62 2,62 221,92 L1/2 -5,45 -7,0 -3,0 1,29 1,67 23,67 L2/3 -7,91 -9,0 -4,0 1,58 2,49 19,98 L3/4 -9,91 -12,0 -9,0 ,94 ,89 09,49 L4/5 -7,00 -9,0 -5,0 1,61 2,60 23,00 L5/S1 ,64 -6,0 3,0 2,54 6,46 396,88 SakHG 1,55 -1,0 6,0 2,38 5,67 153,55 BWS 49,00 42,0 58,0 3,97 15,80 08,10 LWS -30,18 -34,0 -28,0 2,09 4,36 06,93 Inklination -9,18 -12,0 -6,0 1,72 2,96 18,74 Länge 347,64 327,0 365,0 12,17 148,06 03,50
40
Tabelle 13: Proband 11 (11 Wiederholungsmessungen)
Mittelwert Minimum Maximum Standard-
abweichung Varianz
Variations-koeffizient
[%] TH1/2 4,27 2,0 7,0 1,56 2,42 36,53 TH2/3 4,27 3,0 7,0 1,19 1,42 27,87 TH3/4 3,45 1,0 5,0 1,37 1,87 39,71 TH4/5 2,91 2,0 5,0 ,94 ,89 32,30 TH5/6 4,09 2,0 6,0 1,14 1,29 27,87 TH6/7 5,18 4,0 6,0 ,75 ,56 14,48 TH7/8 5,64 5,0 8,0 1,03 1,06 18,26 TH8/9 5,27 4,0 8,0 1,19 1,42 22,58 TH9/10 3,00 1,0 7,0 1,55 2,40 51,67 TH10/11 ,73 -2,0 4,0 1,95 3,82 267,12 TH11/12 -,82 -3,0 2,0 1,25 1,56 152,44 TH12/L1 -1,45 -3,0 ,0 ,93 ,87 64,14 L1/2 -2,91 -4,0 -1,0 1,04 1,09 35,74 L2/3 -6,82 -9,0 -3,0 1,60 2,56 23,46 L3/4 -7,91 -9,0 -7,0 ,83 ,69 10,49 L4/5 -5,00 -8,0 -3,0 1,41 2,00 28,20 L5/S1 -,73 -4,0 2,0 1,62 2,62 221,92 SakHG 14,18 9,0 19,0 3,76 14,16 26,52 BWS 37,64 31,0 46,0 4,59 21,06 12,20 LWS -24,73 -29,0 -21,0 2,76 7,62 11,16 Inklination 2,45 -2,0 8,0 2,73 7,47 111,43 Länge 290,18 264,0 310,0 12,69 160,96 04,37
41
Über alle 11 Probanden gerechnet ergibt dies für die insgesamt 117 Messungen folgende
tabellarisch zusammengefasste Mittelwerte, Minima und Maxima:
Tabelle 14: MWs, Minima, Maxima der 11 Probanden
Mittelwert Minimum Maximum TH1/2 4,13 -2,0 9,0 TH2/3 5,37 1,0 9,0 TH3/4 4,57 ,0 9,0 TH4/5 4,13 1,0 12,0 TH5/6 4,62 1,0 22,0 TH6/7 4,89 ,0 8,0 TH7/8 5,15 -12,0 10,0 TH8/9 4,30 1,0 9,0 TH9/10 3,15 -1,0 8,0 TH10/11 1,19 -3,0 8,0 TH11/12 ,08 -6,0 8,0 TH12/L1 -2,17 -10,0 7,0 L1/2 -5,19 -14,0 1,0 L2/3 -8,91 -17,0 -1,0 L3/4 -9,43 -21,0 -3,0 L4/5 -4,28 -12,0 9,0 L5/S1 2,04 -9,0 11,0 SakHG 11,27 -5,0 25,0 BWS 41,22 16,0 61,0 LWS -27,85 -41,0 -6,0 Inklination -1,38 -12,0 8,0 Länge 340,73 264,0 398,0
42
In Tabelle 15 werden die Mittelwerte, Minima und Maxima für die Variationskoeffizienten (in Prozent) der elf Probanden für jedes Segment wiedergegeben:
Tabelle 15: mittlere Variationskoeffizienten
Mittelwert Minimum Maximum TH1/2 78,30 14,92 473,33 TH2/3 24,46 15,40 52,50 TH3/4 27,15 17,94 42,54 TH4/5 31,54 12,13 55,67 TH5/6 28,23 10,60 74,78 TH6/7 23,10 10,31 55,22 TH7/8 28,87 11,84 110,08 TH8/9 33,97 17,93 57,20 TH9/10 50,06 19,82 140,00 TH10/11 186,22 33,02 500,00 TH11/12 65,13 16,59 152,44 TH12/L1 109,37 12,54 330,83 L1/2 35,02 14,78 106,00 L2/3 21,08 8,40 43,93 L3/4 15,61 7,42 36,31 L4/5 90,46 12,77 583,64 L5/S1 127,69 13,84 396,88 SakHG 42,43 10,18 160,00 BWS 10,31 5,90 17,15 LWS 12,56 6,93 20,63 Inklination 91,09 18,74 192,65 Länge 3,08 1,55 4,37
43
3.2 Teil 2
Im Rahmen der Untersuchung eines Zusammenhanges zwischen dem Tragen von
Kleinkindern in Tragevorrichtungen und der Entwicklung von Haltungsanomalien im
Schulkindalter wurden 181 Kinder im Anschluss an die Schuleingangsuntersuchung in einem
separaten Raum innerhalb der Schule nach schriftlicher Einverständniserklärung seitens der
Erziehungsberechtigten untersucht. Die Untersuchung gliederte sich in zwei Phasen: Nach
Dokumentation personenbezogener Daten wie Alter und Geschlecht wurde jedem Proband
eine Identifikationsnummer zugewiesen. Sodann erfolgte in der ersten Phase die klinisch-
orthopädische Untersuchung hinsichtlich Haltung und Rückenform. In der zweiten Phase
schloss sich die Wirbelsäulenerfassung mittels MediMouse® an. Die Halteleistung wurde
sowohl klinisch-orthopädisch als auch instrumentarisch erhoben. Intention der Erhebung
instrumenteller Messwerte war die Gewährleistung von Untersucher-unabhängigen, stabilen
Resultaten. Während der Untersuchung der Kinder waren die Erziehungsberechtigten
aufgefordert einen Fragebogen über ihre Tragegewohnheiten und potentiell
haltungsbeeinflussende Faktoren auszufüllen.
3.2.1 Deskription
3.2.1.1 Soziodemographische Hauptdaten
- Alter
Das Durchschnittsalter von 180 Kindern betrug 70 Monate, also fast sechs Jahre. Das
jüngste Kind war 57, die ältesten zwei Kinder 79 Monate alt.
Grafik 1: Altersverteilung
44
- Geschlecht
Die Geschlechterverteilung der untersuchten Kinder war ausgeglichen, wobei für 23
Kinder keine Angabe gemacht worden ist, sodass 158 Kinder in die statistische
Berechnung einbezogen wurden. Das Kreisdiagramm gibt die gültigen Prozente
wieder:
Grafik 2: Geschlechterverteilung
- Größe
Die Größe von 165 Kindern wurde dokumentiert und lag im Mittel bei 117 cm, dabei
war das kleinste Kind 105 cm, das größte Kind 131 cm groß.
Grafik 3: Größenverteilung
45
- Gewicht
Es existieren Gewichtsangaben von 164 Kindern. Das Durchschnittsgewicht betrug
21,5 kg. Das leichteste Kind wog 13 kg, das schwerste Kind 37,5 kg.
Grafik 4: Gewichtsverteilung
- Nationalität
90% der Eltern gaben an, dass ihr Kind deutscher Nationalität sei. 1% der Kinder
besaß die türkische Staatsangehörigkeit und 9% waren Staatsbürger anderer Länder.
Für alle 181 Kinder waren Angaben vorzufinden. Nachstehendes Kreisdiagramm stellt
die absoluten Häufigkeiten dar:
Grafik 5: Nationalität
46
- Elterlicher Schulabschluss
73% der Mütter der Testpersonen hatten das Abitur absolviert, 12% gaben Realschul-
und 7% Hauptschulabschluss an. Für 10 der Kinder sind keine Angaben zum
mütterlichen Schulabschluss gemacht worden.
Grafik 6: Mütterlicher Schulabschluss
Hinsichtlich der Väter wurde für 65% von insgesamt 161 Antworten der Erwerb der
Hochschulreife und für je 9% Real- und Hauptschulabschluss angegeben.
Grafik 7: Väterlicher Schulabschluss
47
- Laufbeginn
Entsprechend den Angaben im Elternfragebogen von 175 Kindern setzte der
Laufbeginn im Durchschnitt mit 12,6 ± 2,1 Monaten ein. Die Häufigkeitsangaben
werden im folgenden Diagramm illustriert:
Grafik 8: Laufbeginn
- Fernsehverhalten
Rund 10% der 177 Elternpaare schätzten die täglich verbrachte Zeit ihres Kindes vor
dem Fernseher auf über 1,5 Stunden. Die übrigen 88% gaben eine Zeitdauer von
weniger als 1,5 Stunden an. Im Kreisdiagramm finden sich die absoluten Zahlen
wieder:
Grafik 9: Fernsehverhalten
48
3.2.1.2 Skalenbewertung
- Schlaf
Zur Schlafeinschätzung diente eine visuelle Skala von 1 bis 10 in Form einer
gestrichelten Gerade. 1 stand dabei für „gut“ und 10 für „schlecht“. Die Skala hatte
zur weiteren Vereinfachung einen Teilstrich in der Mitte der Geraden, beziffert mit 5.
Die Eltern konnten durch eine einfache Markierung auf der Geraden den Schlaf ihres
Kindes in der letzten Nacht abschätzen. Es zeigte sich, dass 58% der Eltern 1
angekreuzt hatten. Etwa 3% machten eine Markierung in der Mitte der Skala bei 5 und
2% bei 10. 25% der Teilnehmer markierten den Bereich zwischen 1 und 5, 10%
kennzeichneten den Bereich zwischen 5 und 10. Das folgende Diagramm
veranschaulicht die absoluten Häufigkeiten. Dabei kommt dem Bereich zwischen 1
und 5 der Wert 2,5 und dem Bereich zwischen 5 und 10 der Wert 7,5 zu. Es geht
hervor, dass nach Einschätzung der 178 Elternpaare, die sich zu dieser Rating-Skala
äußerten, 86% der Kinder gut bis durchschnittlich geschlafen hatten.
Grafik 10: Schlafbewertung
49
- Charakter
Die Skala zur Charakterbewertung war analog zur Schlafskala gegliedert. Dabei waren
das Extrem „ängstlich“ mit 1 und das Extrem „selbstbewusst“ mit 10 bemessen. Etwa
60% der 176 Befragten markierten die Skala oberhalb 5, schätzten ihr Kind also eher
selbstbewusst ein. Bei 12% war eine Markierung unterhalb der mittleren Grenzmarke
von 5 zu finden.
Grafik 11: Charakterbewertung
- Aktivität
Zur Bewertung der Aktivität diente dasselbe Messinstrument, wobei am unteren Ende
der Skala die 1 für „motorisch aktiv“ und am oberen Ende die 10 für „motorisch
inaktiv, ruhig“ stand. Aussagen lagen für 175 Probanden vor. Knapp 68% teilten ihren
Kindern einen Wert unter 5 zu, 9% markierten einen Bereich oberhalb der Grenze 5.
Grafik 12: Aktivitätsbewertung
50
3.2.1.3 Epidemiologische Daten
- Vorerkrankungen
85% der 180 Befragten negierten Vorerkrankungen ihres Kindes, die Verteilung der
Angaben der restlichen 15% wird im nachfolgenden Balkendiagramm in absoluten
Häufigkeitszahlen dargeboten. Dabei geht die Hüftdysplasie mit 5%, gefolgt vom
KISS-Syndrom mit etwa 3 und von der Vorzugshaltung und dem Sichelfuß mit je
etwa 2%:
Grafik 13: Vorerkrankungen
51
- Entwicklungsauffälligkeiten
Lediglich etwa 5% der 180 befragten Elternteile bekundete
Entwicklungsauffälligkeiten ihres Kindes. Etwa 2% machten ein bloßes Zugeständnis
mit „ja“, zum selben Prozentsatz wurde ein Hypotonus angegeben. Hypermotorik und
Schwerhörigkeit wurde von je einem Elternteil bescheinigt.
Grafik 14: Entwicklungsauffälligkeiten
- Physiotherapie
154 der Kinder wurden nach Angaben der Eltern noch nie physiotherapeutisch
behandelt. Die Eltern der übrigen 26 Probanden bestätigten die Teilnahme an
physiotherapeutischen Maßnahmen.
Grafik 15: Physiotherapie
52
- Familiäre Erkrankungen
68% der 180 Elternteile verneinte familiäre Erkrankungen. 13% führten eine Skoliose
in der Verwandtschaft an, 11% äußerten eine Hüfterkrankung und 4% eine
Wirbelsäulenerkrankung. Die übrigen 4% berichteten über M. Bechterew, M.
Scheuermann, Hüft- und Wirbelsäulenerkrankung. Die absoluten Häufigkeiten finden
sich im untenstehenden Diagramm:
Grafik 16: Familiäre Erkrankungen
53
3.2.1.4 Tragegewohnheiten
- Tragehäufigkeit
Aus nachrangiger Tabelle geht hervor, dass 37% der Kinder nicht und 7% selten
(weniger als 1x/Woche) getragen worden sind, was einen Anteil von 44% ausmacht.
18% der Eltern gaben an, ihr Kind gelegentlich (1-2x/Woche), 14% häufig (3-
4x/Woche) und 23% sehr häufig (täglich) getragen zu haben, was wiederum insgesamt
einen Anteil von 55% ausmacht.
Tabelle 16: Tragehäufigkeit
Häufig-
keit Prozent Gültige
Prozente Gültig nicht getragen 66 36,5 36,9 selten
(weniger als 1x /Woche 13 7,2 7,3
Gelegentlich (1-2x/Woche) 33 18,2 18,4
häufig (3-4x/Woche) 26 14,4 14,5
sehr häufig (täglich) 41 22,7 22,9
Gesamt 179 98,9 100,0 Fehlend System 2 1,1 Gesamt 181 100,0
Zur Vereinfachung wurde die Merkmalsausprägung der Variable „Tragehäufigkeit“ in
zwei Klassen zusammengefasst und die Gruppe der nicht und selten getragenen
Kinder (gemusterte Fläche) den gelegentlich, häufig und sehr häufig getragenen
Kindern (gestreifter Kreisausschnitt) graphisch gegenübergestellt:
Grafik 17: Tragehäufigkeit
54
- Tragebeginn
15 der 113 Elternteile, die ihr Kind mittels Tragevorrichtung getragen hatten, machten
keine Angabe, seit welchem Lebensmonat sie ihr Kind zu tragen begonnen hatten, was
einem Anteil von 13% entspricht. Aus diesem Grund sind auch die gültigen Prozente
in der nachfolgenden Häufigkeitstabelle aufgelistet:
Tabelle 17: Tragebeginn in Monaten
Häufig-
keit Prozent Gültige
Prozente Gültig ab Geburt 9 8,0 9,2 ab 1.
Lebensmonat 33 29,2 33,7
ab 2. Lebensmonat 17 15,0 17,3
ab 3. Lebensmonat 25 22,1 25,5
ab 4. Lebensmonat 9 8,0 9,2
ab 5. Lebensmonat 2 1,8 2,0
ab 6. Lebensmonat 3 2,7 3,1
Gesamt 98 86,7 100,0 Fehlend System 15 13,3 Gesamt 113 100,0
Der durchschnittliche Tragebeginn liegt bei 2 Monaten mit einer Standardabweichung
von 1,5 Monaten.
Das Punktdiagramm soll visualisieren, ab welchem Lebensmonat die Eltern ihr Kind
zu tragen begonnen haben. Die Anzahl der Kreise entspricht der absoluten Häufigkeit:
Grafik 18: Tragebeginn
55
- Tragehilfe
Die Art der Tragevorrichtung wurde von 95 (84%) der tragenden Elternteile
angegeben. Tragetuch und Tragesack wurden von den meisten Eltern dem
Tragegestell vorgezogen. Fast 20% der Befragten benutzte eine Kombination aus
Tragesack, -tuch oder -gestell.
Tabelle 18: Tragehilfe
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente Gültig Tragetuch 33 29,2 34,7 Tragesack 35 31,0 36,8 Rucksack/Tragegestell 6 5,3 6,3 Kombination 21 18,6 22,1 Gesamt 95 84,1 100,0 Fehlend System 18 15,9 Gesamt 113 100,0
Die absoluten Häufigkeiten werden im Kreisdiagramm anteilhaft verbildlicht:
Grafik 19 Tragehilfe
56
- Marke
Zur Marke der Tragevorrichtung äußerten sich 70% der tragenden Elternteile. Am
weitesten fand demnach die Marke „BabyBjörn“ Verbreitung mit 23%, gefolgt von
„Didymos“ mit 20% und „Wilkinet“, welches von 19% der Elternteile benutzt wurde.
Die restlichen Markenangaben werden in absoluten Häufigkeitszahlen, visualisiert in
Form der Kreise, im folgenden Punktdiagramm vorgestellt:
Grafik 20: Marke
57
3.2.1.5 Körperliche Untersuchungsbefunde
- Schädelasymmetrie
Bei keinem der Kinder konnte eine Schädelasymmetrie festgestellt werden.
- Schultergeradstand
9 der untersuchten Kinder, entsprechend 5%, wiesen einen Schulterschiefstand auf.
Für die verbleibenden 95% konnte ein Geradstand der Schultern dokumentiert werden.
Grafik 21: Schultergeradstand
- Beckengeradstand
Bei 2 Kindern konnte ein Beckenschiefstand festgestellt werden. Die übrigen 99% der
Kinder wiesen einen Normalbefund auf.
Grafik 22: Beckengeradstand
58
- Rückenform
Die Rückenform konnte für 177 der Probanden erfasst werden. 163 Kinder (90%)
wiesen einen in der Sagittalebene beurteilte, normale Rückenform aus. Bei 4% zeigte
sich ein Flachrücken, für 2% der Testpersonen ließ sich ein Rund- und für je etwa 1%
ein Hohl- und ein Hohlrundrücken dokumentieren. Die absoluten Häufigkeitsangaben
für die von der Norm abweichenden Rückenformen sollen durch das untenstehende
Kreisdiagramm ausgedrückt werden:
Grafik 23: Rückenform
- Rückenpathologie
12 der 180 auf Rückenpathologien untersuchten Kinder wiesen klinisch eine
skoliotische Wirbelsäulenveränderung auf, was einem Prozentsatz von etwa 7%
entspricht. Das detailliert aufgeschlüsselte Verteilungsmuster der erhobenen
Untersuchungsbefunde wird im Punktdiagramm in absoluten Häufigkeitszahlen in
Form von Kreisen verdeutlicht: Grafik 24: Rückenpathologie
59
- Haltung
Die Haltung von 173 Kindern wurde beurteilt. Im Text sind die Prozentangaben
bezogen auf das Gesamtkollektiv wiedergegeben. Die gültigen Prozente sind
tabellarisch aufgelistet. Demnach wies 71% des Probandenkollektivs eine normale
Körperhaltung auf. Bei 13% stellte sich eine verstärkte Lordose im
Lendenwirbelsäulen-, bei knapp 10% eine verstärkte Kyphose im
Brustwirbelsäulenbereich dar. Bei etwa 2% lagen beide Krümmungen in verstärkter
Form vor. Im Unterschied zu den unter „Rückenform“ zusammengefassten Probanden,
konnten sich diese durch muskuläre Kompensation aus ihrer Haltung lösen. Am
häufigsten fand sich bei den Kindern, die nicht unter „normale Haltung“ eingestuft
werden konnten, die hervorgehobene Lendenwirbelsäulen-Lordose.
Tabelle 19: Haltung
Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente Gültig verstärkte Kyphose 18 9,9 10,4 verstärkte Lordose 24 13,3 13,9 normal 128 70,7 74,0 verstärkte Lordose
& Kyphose 3 1,7 1,7
Gesamt 173 95,6 100,0 Fehlend System 8 4,4 Gesamt 181 100,0
Grafik 25: Haltung
60
- Halteleistung
Die beim Matthiass-Test beurteilte Halteleistung von 170 Kindern ergab für 32% der
Kinder ein suffizientes Ergebnis. Bei 62% wurde die Halteleistung als insuffizient
erachtet. 6% der Kinder entzogen sich der Bewertung.
Grafik 26: Halteleistung
61
3.2.1.6 Vergleich zwischen Tragehäufigkeit und körperlichem Befund
Im bevorstehenden Abschnitt soll die Ausprägung des Attributs „Tragehäufigkeit“ mit den
Merkmalsausprägungen, die aus der körperlichen Untersuchung hervorgegangen sind,
verglichen werden. Mit diesem Hintergrund ist das Gepräge der Variablen Tragehäufigkeit,
Schultergeradstand, Beckengeradstand, Rückenform, Rückenpathologie, Haltung und
Halteleistung in je zwei Merkmalsklassen zusammengefasst worden. Eine Übersicht über die
absoluten und relativen Häufigkeiten bietet folgende Tabelle. Dabei beziehen sich die
Prozentangaben auf das Merkmal „Tragehäufigkeit“. Darüber hinaus werden die absoluten
Häufigkeiten gesondert für jede Variable in Form eines Organigramms zur Geltung gebracht.
Tabelle 20: Vergleich zwischen Tragehäufigkeit und körperlichem Befund
Nicht oder selten getragen Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
Ja 76 (97%) 93 (93%) Schultergeradstand
Nein 2 (3%) 7 (7%)
Ja 78 (100%) 98 (98%) Beckengeradstand Nein 0 (0%) 2 (2%)
Normal 74 (96%) 87 (89%) Rückenform Nicht normal 3 (4%) 11 (11%)
Ja 73 (94%) 93 (93%) Rückenpathologie Nein 5 (6%) 7 (7%)
Normal 53 (70%) 74 (78%) Haltung Nicht normal 23 (30%) 21 (22%)
Suffizient 21 (28%) 36 (38%) Halteleistung Insuffizient 53 (72%) 58 (62%)
62
- Schultergeradstand
Für das kommende Organigramm soll an dieser Stelle eine exemplarische Erläuterung
folgen. Die danach folgenden Abbildungen sind analog zu interpretieren: Das
abgebildete Organigramm zeigt das Verhältnis zwischen untersuchter Schulterstellung
und Tragehäufigkeit. Es geht hervor, dass von den 169 Kindern, bei denen ein
Schultergeradstand festgestellt werden konnte, 76 nicht oder selten (97% der
insgesamt nicht oder selten getragenen Kinder) und 93 gelegentlich, häufig oder
täglich getragen worden sind (entsprechend 93% dieser Teilgruppe).
Grafik 27: Schultergeradstand
- Beckengeradstand Grafik 28: Beckengeradstand
Becken- geradstand
Ja (176)
Nein (2)
Nicht oder selten getragen (78)
Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
(98)
Nicht oder selten getragen (0)
Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
(2)
Schulter- geradstand
Ja (169)
Nein (9)
Nicht oder selten getragen
(76)
Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
(93)
Nicht oder selten getragen
(2)
Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
(7)
63
- Rückenform
Grafik 29: Rückenform
- Rückenpathologie
Grafik 30: Rückenpathologie
Rücken- Pathologie
Ja (166)
Nein (12)
Nicht oder selten getragen
(73)
Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
(93)
Nicht oder selten getragen
(5)
Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
(7)
Normale Rückenform
Ja (161)
Nein (14)
Nicht oder selten getragen
(74)
Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
(87)
Nicht oder selten getragen
(3)
Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
(11)
64
- Haltung
Grafik 31: Haltung
- Halteleistung Grafik 32: Halteleistung
Halte- leistung
Suffizient (57)
Insuffizient (111)
Nicht oder selten getragen
(21)
Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
(36)
Nicht oder selten getragen
(53)
Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
(58)
Haltung
normal (127)
nicht normal (44)
Nicht oder selten getragen
(53)
Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
(74)
Nicht oder selten getragen
(23)
Gelegentlich, häufig oder täglich getragen
(21)
65
Zusätzlich wurde die Häufigkeitsverteilung untersucht, wenn ein anderer
Tragehäufigkeitsbereich gewählt wird. Im vorigen Abschnitt wurden die
Häufigkeitsverteilungen auf die Subkollektive der nicht und selten getragenen zum einen und
der gelegentlich, häufig und sehr häufig getragenen Kinder zum anderen untersucht. In der
folgenden Tabelle werden die gelegentlich getragenen der Subklasse der nicht und selten
getragenen Kinder zugeteilt:
Tabelle 21: Vergleich zwischen klinischem Befund und Tragehäufigkeit
Tragehäufigkeitsbereich
Nicht, selten, gelegentlich
getragen
Häufig, sehr häufig
getragen
Gesamt
ja 111 (100%) 65 (97%) 176 Beckengeradstand nein 0 2 2
Gesamt 111 67 178
ja 108 (97%) 61 (91%) 169 Schulter-geradstand nein 3 6 9 Gesamt 111 67 178
nein 105 (95%) 61 (91%) 166 Rückenpathologie ja 6 6 12
Gesamt 111 67 178
normal 101 (92%) 60 (92%) 161 Rückenform nicht normal 9 5 14
Gesamt 110 65 175
normal 73 (69%) 54 (83%) 127 Haltung nicht normal 33 11 44
Gesamt 106 65 171
suffizient 35(34%) 22 (34%) 57 Halteleistung insuffizient 69 42 111
Gesamt 104 64 168
Deskriptiv lässt sich darlegen, dass der Anteil der Kinder mit normaler Haltung im
Subkollektiv der häufig und sehr häufig getragenen Kinder höher ist. Eine suffiziente
Halteleistung und eine normale Rückenform waren in beiden Subkollektiven prozentual
gleich häufig vertreten. Hinsichtlich Becken- und Schultergeradstand sowie Rückenpathologie
scheinen die relativen Anteile zu Gunsten der nicht, selten oder gelegentlich getragenen
Kinder ausgefallen zu sein. Es bleibt abzuwarten, ob ein prüfstatistisch signifikanter
Unterschied zugrunde liegt. Die Untersuchung folgt im prüfstatistischen Abschnitt.
66
3.2.1.7 Instrumentell erhobene Werte
Von den 181 Kindern, die in die Studie aufgenommen worden sind, konnten insgesamt 146
einer Messung mit der MediMouse® unterzogen werden. Der Grund für die ausbleibende
Messung bei den übrigen Kindern war bedingt durch Zeitmangel der Eltern, durch Unruhe des
Kindes oder durch einen Gerätedefekt des Messinstrumentes. Von den 146 mittels
MediMouse® untersuchten Kindern konnten 124 einer zweiten Messung zugeführt werden.
Bei den Messdaten dieser doppelt untersuchten Kinder wurde zur Erhöhung der Genauigkeit
der Mittelwert aus beiden Messreihen berechnet. Die Lage- und Streuungswerte, berechnet
über alle gemessenen Kinder, finden sich in der folgenden Tabelle:
Tabelle 22: Lage- und Streuungswerte der Messdaten, berechnet über alle Kinder
N
Gültig Fehlend MW SD Varianz Spann-
weite Min Max
TH1/2 146,0 35,0 2,3 2,3 5,1 17,0 -8,5 8,5
TH2/3 146,0 35,0 4,3 2,0 4,0 11,0 ,0 11,0
TH3/4 146,0 35,0 5,0 1,7 3,0 11,5 1,5 13,0
TH4/5 146,0 35,0 4,5 1,7 3,1 11,0 1,0 12,0
TH5/6 146,0 35,0 4,3 1,4 2,1 7,0 1,0 8,0
TH6/7 146,0 35,0 4,7 1,5 2,2 7,0 1,5 8,5
TH7/8 146,0 35,0 5,1 2,7 7,3 31,5 1,0 32,5
TH8/9 146,0 35,0 3,6 1,6 2,4 9,0 -1,5 7,5
TH9/10 146,0 35,0 1,7 1,9 3,6 9,5 -3,5 6,0
TH10/11 146,0 35,0 -,7 2,1 4,4 15,5 -11,0 4,5
TH11/12 146,0 35,0 -,8 2,0 3,9 9,0 -5,5 3,5
TH12/L1 146,0 35,0 -,3 2,2 5,0 13,0 -8,0 5,0
L1/2 146,0 35,0 -2,7 2,3 5,5 12,0 -9,0 3,0
L2/3 146,0 35,0 -5,7 2,7 7,1 14,0 -13,0 1,0
L3/4 146,0 35,0 -7,1 2,8 7,6 22,0 -20,0 2,0
L4/5 146,0 35,0 -5,1 3,0 9,2 17,5 -11,5 6,0
L5/S1 146,0 35,0 -,5 3,8 14,1 17,0 -9,0 8,0
SakHG 146,0 35,0 13,8 6,3 40,2 36,0 -,5 35,5
BWS 146,0 35,0 33,2 7,6 58,3 37,5 13,5 51,0
LWS 146,0 35,0 -21,5 7,1 50,5 41,0 -38,0 3,0
Inklin. 146,0 35,0 2,7 3,4 11,8 20,5 -7,0 13,5
Länge 146,0 35,0 328,5 21,1 443,9 115,0 272,5 387,5
67
Aus methodischen Gründen wurde zur weiteren Bestimmung eines Zusammenhangs zwischen
klinisch und instrumentell erhobenen Daten nur der Gesamtkrümmungswinkel der Brust-
sowie der Lendenwirbelsäule verwendet.
Zunächst soll eine tabellarische Darstellung der Mittelwerte für die globalen BWS- und LWS-
Krümmungswinkel in den Haltungssubklassen erfolgen:
Tabelle 23: Mittelwerte der globalen Krümmungswinkel in den Haltungssubklassen
Haltung
LWS- Krümmungs-winkel
BWS-Krümmungs-winkel
Gültig 15,0 15,0 N
Fehlend 3,0 3,0 Mittelwert -21,1 39,5 Standardabweichung 6,2 9,4 Minimum -31,5 13,5
verstärkte Kyphose
Maximum -11,0 51,0 Gültig 14,0 14,0
N Fehlend 10,0 10,0
Mittelwert -27,7 32,4 Standardabweichung 7,6 7,0 Minimum -38,0 23,5
verstärkte Lordose
Maximum -12,0 48,0 Gültig 110,0 110,0
N Fehlend 18,0 18,0
Mittelwert -20,8 32,9 Standardabweichung 6,6 6,9 Minimum -37,0 13,5
normal
Maximum 3,0 50,0 Gültig 1,0 1,0
N Fehlend 2,0 2,0
Mittelwert -31,5 30,5 Minimum -31,5 30,5
verstärkte Lordose & Kyphose
Maximum -31,5 30,5
Es wird deutlich, dass die Kinder mit hyperkyphotischer Haltung (insgesamt 15) im
Durchschnitt einen größeren BWS-Krümmungswinkel aufweisen als die Kinder mit normaler
Haltung. Ebenso stellte sich bei den Kindern mit verstärkter Lordose im Mittel (insgesamt 14)
ein höherer LWS-Krümmungswinkel dar als bei den Kindern mit normaler Haltung. Die
Überprüfung der Mittelwertunterschiede auf Signifikanz erfolgt im Kapitel „Prüfstatistik“.
68
In gleicher Weise soll der Vergleich der Messdaten mit der klinisch erhobenen Rückenform
erfolgen. Analog zum Vergleich der Haltung mit den Messdaten erfolgte eine
Subklassifizierung der Probanden, die tabellarisch aufgeführt ist:
Tabelle 24: Mittelwerte der Krümmungswinkel in den Rückenform-Subkollektiven
Rückenform
BWS-Krümmungs-
winkel
LWS-Krümmungs-
winkel Gültig 129,0 129,0
N Fehlend 34,0 34,0
Mittelwert 33,5 -21,7 Standardabweichung 7,3 6,8 Varianz 53,4 45,6 Minimum 13,5 -38,0
normal
Maximum 51,0 3,0 Gültig 8,0 8,0
N Fehlend ,0 ,0
Mittelwert 27,6 -13,6 Standardabweichung 5,7 4,9 Varianz 33,0 24,5 Minimum 18,0 -20,5
Flachrücken
Maximum 36,5 -6,0 Gültig 3,0 3,0
N Fehlend ,0 ,0
Mittelwert 46,3 -25,2 Standardabweichung ,8 9,7 Varianz ,6 94,1 Minimum 45,5 -31,5
Rundrücken
Maximum 47,0 -14,0 Gültig 2,0 2,0
N Fehlend ,0 ,0
Mittelwert 31,8 -33,3 Standardabweichung 1,8 2,5 Varianz 3,1 6,1 Minimum 30,5 -35,0
Hohlrundrücken
Maximum 33,0 -31,5 Gültig ,0 ,0
Hohlrücken N Fehlend 1,0 1,0
Beim Flachrücken würde man weniger ausgeprägte Krümmungen erwarten als beim normalen
Rücken. Diese Annahme spiegelt sich in den Messwerten wieder: Sowohl für die Brust- als
auch für die Lendenwirbelsäule wurden im Durchschnitt geringere Krümmungswinkel
aufgezeichnet. Entsprechend würde man für den Rundrücken höhere BWS-
Krümmungswinkel und für den Hohlrundrücken höhere LWS- und BWS-Krümmungswinkel
vermuten. Diese Erwartung erfüllt sich für den Rundrücken, beim Hohlrundrücken ist der
69
Wert für die thorakale Wirbelsäule zu niedrig im Vergleich zum Normalkollektiv. Für die
Kinder mit klinisch festgestelltem Hohlrücken liegen keine Messdaten vor.
Die Untersuchung von Becken- und Schultergeradstand sowie von Rückenpathologien im
Sinne einer Skoliose wird durch die Sagittalmessung nicht erfasst. Um Änderungen in der
Frontalebene mit der MediMouse® messen zu können, muss der Frontalmodus ausgewählt
werden, was bei der vorliegenden Arbeit nicht durchgeführt worden ist.
Abschließend soll noch der Vergleich zwischen der Matthiass-Test-Messung mit der klinisch
beurteilten Halteleistung erfolgen. Für 148 der 181 in die Studie aufgenommenen Kinder
konnten Messdaten mit der MediMouse® während des Matthiass-Tests erhoben werden.
Analysiert wurden wieder die globalen Thorakal- und Lumbalkrümmungen und zusätzlich die
Inklination. Die Inklination kann zur Beschreibung der Dorsalverlagerung des Körpers, die
beim Matthiass-Test aufgrund der Ventralverlagerung des Körperschwerpunktes
kompensatorisch zur Vermeidung eines Umfallens eintritt, herangezogen werden. Die
nächste Tabelle liefert eine Darstellung der statistisch relevanten Kenngrößen, wobei M1 für
die zu Testbeginn durchgeführte Messreihe und M2 für die am Testende durchgeführte
Messreihe steht. Die globalen Krümmungswinkel werden durch BWS bzw. LWS abgekürzt.
Bei einem Proband fehlt die zweite Messreihe. Vergleichend sind auch die Daten für die
Messung im aufrechten Stand (ohne Armhebung) aufgeführt:
Tabelle 25: Statistische Kenngrößen der Matthiass-Messungen
Aufrechter Stand M1 M2
BWS LWS Inkli-
nation BWS LWS Inkli-nation BWS LWS Inkli-
nation Gültig 146,0 146,0 146,0 149,0 149,0 149,0 148,0 148,0 148,0
N Fehlend 35,0 35,0 35,0 32,0 32,0 32,0 33,0 33,0 33,0
Mittelwert 33,2 -21,5 2,7 32,9 -26,9 -5,2 33,5 -29,1 -7,2 Standardabweichung 7,6 7,1 3,4 9,2 6,8 5,0 8,9 7,6 5,3 Varianz 58,3 50,5 11,8 84,8 46,9 24,9 78,9 57,8 28,1 Minimum 13,5 -38,0 -7,0 11,0 -43,0 -17,0 12,0 -53,0 -20,0 Maximum 51,0 3,0 13,5 57,0 -6,0 11,0 56,0 -7,0 9,0
Zu Beginn sollen die Messwertunterschiede zwischen erster und zweiter Matthiass-Messreihe
herausgearbeitet werden. Es zeigt sich eine Zunahme der Krümmungswinkel sowohl für den
thorakalen als auch, etwas ausgeprägter für den lumbalen Bereich. Die Inklination weist mit
einer Zunahme von 2° auf eine verstärkte Dorsalverlagerung bei der Abschlussmessung. Die
Veränderung der Messwerte spiegelt die Haltungseinnahme, die typischerweise beim
Matthiass-Test zu erwarten wäre, operationalisiert wieder. Eine Zunahme der Lendenlordose
70
als auch der Brustkyphose sowie eine Dorsalverlagerung des Körpers sind charakteristische
Kompensationsmechanismen, die bei Verlagerung des Körperschwerpunktes nach ventral ein
Umfallen verhindern.
Im Vergleich zur Messung im aufrechten Stand ohne Armhebung fanden zu Beginn des Tests
im Mittel eine leichte Abnahme des Kyphosewinkels sowie eine deutliche Zunahme des
Gesamtlordosewinkels statt. Anhand des Inklinationswinkels erkennt man ein Umschlagen
des Winkelwerts vom positiven in den negativen Bereich, was für eine deutliche
Dorsalverlagerung spricht.
Inwiefern die Messwerte der klinisch beurteilten Halteleistung entsprechen, soll nachfolgend
untersucht werden:
Tabelle 26: Vergleich zwischen Matthiass-Messungen und Halteleistung
Aufrechter Stand M1 M2
Halte-leistung
BWS LWS Inklination BWS LWS Inklination BWS LWS Inklination
Gültig 46,0 46,0 46,0 47,0 47,0 47,0 47,0 47,0 47,0 N
Fehlend 12,0 12,0 12,0 11,0 11,0 11,0 11,0 11,0 11,0
MW 33,2 -21,3 3,5 30,9 -26,8 -3,6 32,0 -27,7 -4,5
SD 7,1 5,1 2,6 8,3 6,8 5,3 7,4 5,9 4,9
Varianz 51,0 26,3 6,6 68,9 46,3 28,0 55,1 34,7 23,9
Min 18,0 -37,0 -1,5 11,0 -40,0 -11,0 19,0 -41,0 -12,0
suffizient
Max 47,0 -12,0 10,0 46,0 -6,0 11,0 52,0 -12,0 9,0
Gültig 92,0 92,0 92,0 98,0 98,0 98,0 97,0 97,0 97,0 N
Fehlend 20,0 20,0 20,0 14,0 14,0 14,0 15,0 15,0 15,0
MW 33,7 -21,2 2,4 34,1 -26,9 -6,0 34,4 -29,8 -8,6
SD 7,7 7,8 3,5 9,5 7,0 4,7 9,5 8,4 5,0
Varianz 59,1 60,3 12,5 90,7 49,1 21,8 89,3 69,9 25,5
Min 13,5 -38,0 -5,0 15,0 -43,0 -17,0 12,0 -53,0 -20,0
insuffizient
Max 51,0 3,0 13,5 57,0 -9,0 6,0 56,0 -7,0 5,0
Betrachtet man zunächst die für die globalen Krümmungswinkel berechneten Mittelwerte, so
ist zwischen haltungssuffizienten und insuffizienten Kindern beim aufrechten Stand ein
maximaler Unterschied von 0,5° zu verzeichnen. Bei Anheben der Arme zu Beginn des
Matthiass-Tests zeigen die haltungsinsuffizienten Testpersonen im Durchschnitt einen
größeren Globalwinkel. Dieser Unterschied ist für den lumbalen Wirbelsäulenabschnitt
71
lediglich gering ausgeprägt. Hingegen beträgt die Mittelwertsdifferenz für den thorakalen
Abschnitt knapp über 3° und ist somit ausgeprägter als für den lumbalen Bereich. Bei
Testabschluss differieren die Messdaten bei den als insuffizient eingestuften Kindern sowohl
im thorakalen als auch im lumbalen Bereich im Mittel um mehr als 2°.
Betrachtet man die Inklinationswinkel, so sind diese im Durchschnitt bei allen Messreihen bei
der Subklasse der haltungsinsuffizienten Kinder kleiner. Die Differenz ist mit 4,1° am
markantesten bei der zweiten Matthias-Messung. Das bedeutet, dass die
haltungsinsuffizienten im Vergleich zu den haltungssuffizienten Probanden den Körper weiter
nach dorsal verlagern, um das Gleichgewicht halten zu können.
Die Prüfung auf Signifikanz findet sich im nachstehenden Abschnitt.
3.2.2 Prüfstatistik
In diesem Kapitel soll die statistische Überprüfung der mithilfe der deskriptiven Statistik
aufgeführten Vergleiche erfolgen. Es wird analysiert, ob eine statistisch signifikante
Beziehung zwischen klinischem Untersuchungsbefund und Tragehäufigkeit besteht. Des
Weiteren soll verifiziert werden, ob ein tatsächlicher Zusammenhang zwischen den klinisch
erhobenen Befunden und den mittels MediMouse® ermittelten Messwerten besteht.
3.2.2.1 Beziehung zwischen Tragehäufigkeit und klinischem Befund
Mittels Chi-Quadrat-Test wurde überprüft, ob eine Beziehung zwischen der Tragehäufigkeit
und den oben aufgeführten Merkmalen besteht. Eine Übersicht über die Chi-Quadrat-Werte
nach Pearson gibt die nachstehende Tabelle wieder:
Tabelle 27: Chi-Quadrat-Werte
Chi-Quadrat nach Pearson Schultergeradstand/Tragehäufigkeit 0,180 Beckengeradstand/Tragehäufigkeit 0,209 Rückenform/Tragehäufigkeit 0,076 Rückenpathologie/Tragehäufigkeit 0,876 Haltung/Tragehäufigkeit 0,225 Halteleistung/Tragehäufigkeit 0,178
Es geht hervor, dass sich alle Signifikanzwerte > 0,05 erwiesen, weshalb angenommen
werden muss, dass keine Beziehung besteht. Dies gilt, wenn die gelegentlich getragenen mit
in die Klasse der häufig und sehr häufig getragenen Kinder einbezogen werden. Nachfolgend
72
sind auch die Ergebnisse des Chi-Quadrat-Tests aufgeführt, wenn die gelegentlich Getragenen
der Subkollektive der nicht und selten getragenen Probanden zugewiesen werden:
Tabelle 28: Chi-Quadrat-Werte bei geändertem Tragehäufigkeitsbereich
Chi-Quadrat nach Pearson Schultergeradstand/Tragehäufigkeit 0,065 Beckengeradstand/Tragehäufigkeit 0,067 Rückenform/Tragehäufigkeit 0,908 Rückenpathologie/Tragehäufigkeit 0,360 Haltung/Tragehäufigkeit 0,039 Halteleistung/Tragehäufigkeit 0,924
Bei dieser Prüfung geht hervor, dass mit einem p-Wert von 0,039 ein signifikanter
Unterschied zwischen den Subklassen hinsichtlich der klinisch erfassten Ausprägung der
Haltungsvariablen vorliegt. Diese Signifikanz fällt jedoch zugunsten des häufig und sehr
häufig getragenen Probandenkollektivs aus: Die beobachtete relative Häufigkeit
abweichender Haltungsvarianten beträgt bei diesem knapp 17%, wohingegen eine
normabweichende Haltung in der nicht, selten und gelegentlich getragenen Gruppe bei rund
31% beobachtet wurde.
3.2.2.2 Beziehung zwischen MediMouse®-Werten und klinischem Befund
Mittels t-Test wurde nun überprüft, ob die Mittelwertunterschiede zwischen den
Subkollektiven zufälliger Natur entstanden sind oder ob sich die Messdaten systematisch
unterscheiden. Hierzu wurde zum einen die Gruppe der Kinder mit verstärkt kyphotischer
Haltung mit denen, die eine normale Haltung während der klinischen Untersuchung
aufzeigten auf Mittelwertunterschiede bei der Ausprägung des globalen BWS-
Krümmungswinkels untersucht. Zum anderen wurde die Klasse der Kinder mit vermehrter
LWS-Lordose mit denen der Klasse der normalen Haltung auf Mittelwertunterschiede
bezogen auf den globalen LWS-Krümmungswinkel untersucht. Es resultierten folgende
Ergebnisse:
- Die Untersuchung des Mittelwertunterschieds auf Signifikanz zwischen Kindern, die
klinisch eine normale Haltung aufwiesen und denen mit verstärkter Kyphose ergab
einen p-Wert von 0,001, was deutlich unter dem Signifikanzniveau von 0,05 liegt.
Daraus lässt sich folgern, dass der Unterschied zwischen den Mittelwerten (39,5 bei
den Kindern mit kyphotischer Haltung und 32,9 bei denen mit normaler Haltung) mit
95%iger Wahrscheinlichkeit nicht zufällig entstanden ist.
73
- Auch bei der Untersuchung des Mittelwertunterschieds zwischen den Kindern mit
Hyperlordose und denen mit normaler Haltung ergab sich ein p-Wert von 0,000. Es
besteht demnach ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den verglichenen
Mittelwerten (-20,9 bei den Probanden mit normaler Haltung; -27,7 bei den Probanden
mit Hyperlordose).
Zusätzlich wurde die Frage überprüft, ob ein Zusammenhang zwischen den Messergebnissen
und klinisch diagnostizierter Rückenform vorherrscht. Diesbezüglich wurden mittels t-Tests
die Mittelwerte der globalen Krümmungswinkel der Kinder mit normaler Rückenform mit
denen der Kinder mit abweichender Rückenform verglichen und die Unterschiede auf
Signifikanz untersucht:
- Der Mittelwertunterschied hinsichtlich des globalen BWS-Krümmungswinkels
zwischen Kindern mit normaler und Kindern mit hyperkyphotischer Rückenform
stellte sich mit einem p-Wert von 0,003 als signifikant heraus.
- Gleichermaßen erwiesen sich die Unterschiede zwischen den Mittelwerten der
Probanden mit normalem Rücken und mit Flachrücken bezüglich des thorakalen als
auch des lumbalen Globalwinkels mit einer Zufallswahrscheinlichkeit von 0,025 und
0,001 als signifikant.
- Bezüglich der Messdaten für die Testpersonen mit nachgewiesenem Hohlrundrücken
ergab sich mit einem p-Wert von 0,017 nur ein signifikanter Unterschied für den
lumbalen Krümmungswinkel. Bezüglich des thorakalen Globalwinkels belief sich die
Zufallswahrscheinlichkeit auf einen Wert von 0,730, was die Annahme, dass kein
signifikanter Unterschied besteht, bestätigt.
Des Weiteren diente der t-Test zur Signifikanzprüfung der Mittelwertunterschiede zwischen
klinisch bewerteter Halteleistung und gemessener Winkeländerung:
- Zunächst wurden die 1. und 2. Matthiass-Messreihe miteinander verglichen. Dabei
ergab sich eine Winkeländerung von 0,6° für den globalen Kyphosewinkel, 2,1° für
den globalen Lordosewinkel und ebenfalls 2,1° für die Inklination. Der t-Test für
gepaarte Stichproben ergab dabei einen signifikanten Mittelwertunterschied für den
Lordosewinkel sowie die Inklination. Die Irrtumswahrscheinlichkeit lag bei p = 0,000,
wohingegen die Irrtumswahrscheinlichkeit bezüglich der thorakalen Krümmung p =
0,204 betrug.
74
Tabelle 29: t-Test-Ergebnisse
Gepaarte Differenzen
Mittelwert Sig. (2-seitig)
Paar 1 M1BWS - M2BWS -,6 ,204
Paar 2 M1LWS - M2LWS 2,1 ,000
Paar 3 M1Inklination - M2Inklination 2,1 ,000
- Die Zufallswahrscheinlichkeiten für den Vergleich der Mittelwertunterschiede
zwischen haltungssuffizienten und -insuffizienten Kindern sind untenstehend
tabellarisch aufgeführt. Bezüglich der ersten Matthiass-Messung unterscheiden sich
die Subklassen signifikant in ihren Kyphose- und Inklinationswinkeln. Bei der zweiten
Matthiass-Messung sowie der Messung gilt die Signifikanz des Mittelwertunterschieds
zwischen haltungssuffizienten und -insuffizienten Kindern nur für die Inklination.
Tabelle 30: Mittelwertvergleich zwischen den Halteleistungssubklassen
T-Test für Mittelwert-gleichheit
Sig. (2-seitig)
BWS ,047 LWS ,896 M1
Inklination ,005 BWS ,124 LWS ,126 M2
Inklination ,000 BWS ,725 LWS ,935 Aufrechter
Stand Inklination ,048
75
4 Diskussion
Ziel dieser Arbeit war zum einen die Überprüfung eines Zusammenhangs zwischen dem
Tragen von Kleinkindern in Traghilfen und dem Auftreten von Haltungsanomalien bzw.
Rückenpathologien im Schulkindalter. Zur objektiven Erfassung der Rückenform bzw. der
Haltung wurde die MediMouse® als instrumentelle Messmethode eingesetzt. Die
Reproduzierbarkeit der von ihr ermittelten Werte galt es vorab zu verifizieren.
Im folgenden Kapitel sollen zunächst die Ergebnisse der prüfstatistischen Berechnungen
evaluiert werden. Im Sinne einer sachgemäßen und adäquaten Interpretation sollen
anschließend die Methoden und Ergebnisse der Studie kritisch revidiert werden. Es gilt
Probleme und Fehlerquellen zu identifizieren und deren Konsequenz für die Studienresultate
herauszuarbeiten.
4.1 Ergebnisevaluation Teil 1
Zweck des ersten Studienabschnittes war es, die Reproduzierbarkeit der mittels MediMouse®
erhobenen Daten zu überprüfen. Diesem Ziel lag das Prinzip wiederholter Messungen an elf
Kindern zugrunde. Jedes der elf Kinder, von denen drei Jungs und acht Mädchen waren,
wurde zu Hause besucht und zehn bis elf aufeinander folgenden Messungen unterzogen. Es
durften zur Aufnahme in die Studie keine orthopädischen Erkrankungen vorliegen. Das Alter
der Kinder lag zwischen fünf und sieben Jahren, was einen Vergleich zwischen den Kindern
gewährleistete. Pro einzelne Messreihe lieferte die MediMouse® 17 Werte für die
Segmentwinkel von TH1/2 bis L5/S1, einen Wert für die Beckenkippung (SakHG), je einen
Wert für die globale BWS- und LWS-Krümmung, einen Inklinationswert sowie eine
Längenangabe der Wirbelsäule. Es resultierten pro Messung demnach 22 Messdaten pro
Proband. Nach Überführen der Messdaten in das SPSS-Programm erfolgte die Berechnung
der Lage- und Streuungsmaße. Dies geschah für jeden der 22 Einzelwerte. Die tabellarische
Darstellung erfolgte für jeden der Probanden gesondert. Um einen Vergleich zwischen den
Standardabweichungen gewährleisten zu können, wurde zusätzlich der Variationskoeffizient
berechnet. Durch Angabe der Standardabweichung in Prozent des Mittelwertes konnte eine
Gegenüberstellung der Mittelwertsabweichungen der gemessenen Segmente umgesetzt
werden. Hier seien nochmals die Mittelwerte, Minima und Maxima der
Variationskoeffizienten für jeden Messwert tabellarisch dargestellt:
76
Tabelle 31: mittlere Variationskoeffizienten
N Mittelwert Minimum Maximum TH1/2 11,00 78,30 14,92 473,33 TH2/3 11,00 24,46 15,40 52,50 TH3/4 11,00 27,15 17,94 42,54 TH4/5 11,00 31,54 12,13 55,67 TH5/6 11,00 28,23 10,60 74,78 TH6/7 11,00 23,10 10,31 55,22 TH7/8 11,00 28,87 11,84 110,08 TH8/9 11,00 33,97 17,93 57,20 TH9/10 11,00 50,06 19,82 140,00 TH10/11 11,00 186,22 33,02 500,00 TH11/12 11,00 65,13 16,59 152,44 TH12/L1 11,00 109,37 12,54 330,83 L1/2 11,00 35,02 14,78 106,00 L2/3 11,00 21,08 8,40 43,93 L3/4 11,00 15,61 7,42 36,31 L4/5 11,00 90,46 12,77 583,64 L5/S1 10,00 127,69 13,84 396,88 SakHG 11,00 42,43 10,18 160,00 BWS 11,00 10,31 5,90 17,15 LWS 11,00 12,56 6,93 20,63 Inklination 11,00 91,09 18,74 192,65 Länge 11,00 3,08 1,55 4,37
Bei der Interpretation der Variationskoeffizienten ist zu berücksichtigen, dass zur Berechnung
immer die absoluten Beträge der Messdaten herangezogen worden sind. Die negativen
Vorzeichen bei lordotischer Stellung der Wirbelkörper blieben unberücksichtigt. Stattdessen
ist der absolute Betrag in die Rechnung miteinbezogen worden. Beispielsweise errechnete
sich für das Segment L1/2 bei Proband 1 mit einem mittleren Winkel von -1,9 und einer
Standardabweichung von 0,74 ein Variationskoeffizient von 0,3895 entsprechend 38,95%
statt -0,3895. Dies macht insofern Sinn, als dass das Vorzeichen lediglich die Richtung der
Krümmung wiedergibt. Bei der Berechnung des Variationskoeffizienten wird aber lediglich
die Streuung der Werte um den Mittelwert in Relation zum Mittelwert gesetzt. Es handelt sich
bei dem Variationskoeffizienten also um einen Anteilswert; ob der mittlere Winkel dabei nach
ventral oder dorsal zeigt, ist prinzipiell irrelevant.
Zieht man zur Beschreibung der Reproduzierbarkeit von Messreihen den
Variationskoeffizienten heran, so darf dieser üblicherweise die 5%-Grenze nicht
überschreiten, damit man von wiederholbaren Werten sprechen kann. Dieses Kriterium
konnte in unserer Untersuchung lediglich von dem Längenmerkmal erfüllt werden. Hier liegt
der mittlere Variationskoeffizient bei 3,08%. Betrachtet man die restlichen
Variationskoeffizienten im Mittel, so sind teilweise Werte zu verzeichnen, die über 100%
betragen. Diese Werte finden sich in der Tabelle kursiv gedruckt und unterstrichen wieder.
77
Das bedeutet, dass die Standardabweichung größer ist als der Mittelwert. Die erhebliche
Abweichung des Variationskoeffizienten von der geforderten 5%-Grenze kann verschiedene
Gründe haben:
- Der Mittelwert liegt nahe Null, sodass bei Bildung des Quotienten aus
Standardabweichung und arithmetischem Mittel der Variationskoeffizient hohe Werte
annimmt. Dies ist dann der Fall, wenn negative Winkelwerte in die Berechnung des
Mittelwertes einbezogen werden.
- Die Standardabweichung ist groß, d.h., dass die ermittelten Einzelwerte stark um ihren
Mittelwert streuen, was wiederum unterschiedlich begründet werden kann: Zum einen
kann es zu Fehlern bei der Haltungseinnahme kommen. Die Aufregung und
Empfindsamkeit der Kinder während der Untersuchung führt dazu, dass die Kinder
nur bedingt dieselbe Haltung wie bei der vorhergehenden Messung vorführen können.
Andererseits kann es bei sehr unruhigen Kindern zu Fehlern während der
Durchführung des Messvorgangs kommen. Durch die Berührung mit der
MediMouse® kommt es dann zu abrupten Bewegungen und Haltungsänderung. Die
Maus registriert die geänderten Werte, die dann natürlicherweise von den vorherigen
abweichen. Eine weitere Fehlerquelle kann beim Untersucher vermutet werden, der
die Einzelmessungen unterschiedlich schnell durchgeführt haben oder nicht präzise
genug die Kontur der Wirbelsäule abgefahren sein könnte.
Auffällig ist, dass die mittleren Werte für die Variationskoeffizienten der globalen
Krümmungswinkel relativ klein im Vergleich zu den übrigen Werten sind. So wird der
globale Wert für die Wirbelsäulenkrümmung weniger stark von der Abweichung nur
einzelner Segmentwinkel beeinflusst. Betrachtet man beispielsweise den globalen BWS-
Krümmungswinkel, so wird der Wert bei wiederholter Messung wieder annähernd der gleiche
sein, wenn etwa ein Teil der Segmentwinkel eine vermehrte Kyphose aufweist und ein
anderer Teil flacher gemessen wird. Die Differenzen gleichen sich bei Aufsummation
natürlicherweise aus.
78
Bei der Berechnung des mittleren Variationskoeffizienten für die Längenwerte tritt ein im
Vergleich zu den übrigen Werten deutlich kleinerer Wert hervor. Nachstehend werden die
Minima, Maxima sowie deren Differenz tabellarisch für jeden der elf Probanden aufgeführt:
Tabelle 32: Längenwerte
Minima Maxima Differenz Proband 1 311 326 15 Proband 2 360 392 32 Proband 3 327 349 22 Proband 4 339 381 42 Proband 5 298 330 32 Proband 6 287 325 38 Proband 7 347 382 35 Proband 8 356 398 42 Proband 9 326 357 31 Proband 10 327 365 38 Proband 11 264 310 46 Mittlere Differenz 34
Die Längenangabe erfolgte jeweils in mm. Die Differenz zwischen dem größten und kleinsten
gemessenen Längenwert variiert zwischen 1,5 cm und 4,6 cm. Im Mittel beträgt die Differenz
3,4 cm. In der Interpretationsanleitung des Herstellers wird darauf hingewiesen, dass die
Rückenlänge als Kontrollparameter herangezogen werden kann. Die Länge sollte dabei in
gleicher Position nicht mehr als 1 cm abweichen. Das bedeutet, dass zwar der
Variationskoeffizient relativ klein ist, die Grenzangabe des Herstellers aber dennoch
überschritten wird. Der Grund für die Längenabweichungen kann in einer veränderten
Haltungseinnahme des Kindes begründet sein. So können laut Hersteller bei
Positionsänderung, z. B. von Aufrecht zu Flexion, Längenabweichungen von zwei bis acht cm
auftreten. Das lässt sich dadurch erklären, dass bei Verstärkung der Krümmung auch die zu
messende Strecke länger wird. Demgemäß verschiebt sich eine in aufrechter Haltung
positionierte Hautmarkierung über C7 bei Ventralflexion laut Hersteller um rund 1,5 cm nach
kranial, sodass C7 dann unterhalb der Markierung zu liegen kommt. Eine andere Ursache für
die Längenvariation kann in der veränderten Aufsetz- und Abbruchposition liegen. Die Start-
und Stoppstelle wurden zwar zuvor markiert, dennoch kann die Messung fehlerhaft zu früh
abgebrochen oder eine der beiden Positionen verfehlt worden sein. Des Weiteren wird in der
Arbeit von Schulz dargelegt, „dass die Haut in Abhängigkeit vom Anpressdruck
unterschiedlich stark gedehnt wird. Dadurch wird die gemessene Rückenlänge direkt
beeinflusst. Das System ist auf einen mittleren Anpressdruck kalibriert“ [50]. Steinbeis führt
an, dass es vorkommen kann, „dass man auf der Führungskufe gleitet, ohne dass das Rad
mitrollt und Signale abgegeben werden“ [55]. Ein solcher Zustand würde dazu führen, dass
79
die Messstrecke zu kurz wiedergegeben wird. Auch eine Abschweifung von der
Dornfortsatzreihe im Verlauf der Messstrecke kann zu divergierenden Messresultaten führen.
Schlussfolgernd lässt sich in Anbetracht der Höhe der Variationskoeffizienten subsumieren,
dass die intraindividuellen Messungen nicht reproduzierbar waren. Sicherlich liegen diesem
Ergebnis vielfältige Ursachen zugrunde. Eine Schwierigkeit lag in dem Probandenkollektiv.
Da es sich ausschließlich um Kinder zwischen fünf und sieben Jahren handelte, war teilweise
nicht nur die Übermittlung des Haltungsauftrages schwierig, sondern auch dessen
Durchführung. Ein großer Teil der Probanden wurde während den aufeinander folgenden
Messungen unruhig und verlor die Ausgangsposition. Einige Kinder reagierten empfindlich
auf den Hautkontakt mit der MediMouse®, weshalb es zu abrupten Haltungsveränderungen
gekommen ist. Eine weitere Interferenzquelle stütz sich wohl auch auf den Besuch der Kinder
in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung, was zu Konzentrationseinbußen bei den Kindern
geführt haben kann. Ebenso können ungenaue Messdurchführungen seitens des Untersuchers
ursächlich für die Werteschwankungen sein.
Um Aussagen über die Gerätegenauigkeit machen zu können, hätte man die Probanden in
einer Standardposition vermessen müssen, die einfach einzunehmen, aber nicht so einfach zu
verändern ist. Dies hätte man durch Einnahme einer Liegendposition gewährleisten können.
Die Fehlerquote durch Haltungsänderung zwischen den einzelnen Messungen wäre so
minimiert worden. Logischerweise fließt die apparative Reproduzierbarkeit in die
ganzheitliche Reproduzierbarkeit unter klinischen Bedingungen mit ein. In welchem Ausmaß
sie aber an der Inkonstanz der in dieser Studie ermittelten Werte beteiligt ist, lässt sich nur
sehr vage vermuten. Schulz ermittelte in ihrer Dissertationsschrift unter anderem die
apparative Reproduzierbarkeit der MediMouse® [50]. Zu diesem Zweck wurde an fünf
Probanden von je einem geübten und ungeübten Untersucher jeweils zehn bis zwanzig
Messungen in Bauchlage durchgeführt. Schulz errechnete eine durchschnittliche
Standardabweichung von 1,37° für die segmentalen Winkel. Die mittlere Streubreite für die
Messung an stehenden Probanden ergab einen Wert von 1,67°. Berechnet man nun den
Quotienten aus der mittleren Standardabweichung in Bauchlage und derjenigen in
Stehendposition so ergibt sich eine Relation von 82%. Hätte man in dieser Studie ebenfalls
die Standardabweichungen statt der Variationskoeffizienten zur Ermittlung der
Reproduzierbarkeit herangezogen, so hätte sich eine mittlere Standardabweichung der
Segmentwinkel in Stehendposition von 2,59° errechnet. Ginge man nun davon aus, dass 82%
dieser Standardabweichung durch apparative Ungenauigkeit zustande kommt, so ergäbe dies
eine Standardabweichung von 2,12° als Maß für die apparative Reproduzierbarkeit. Jedoch
80
sind die von Schulz ermittelten Daten nicht fraglos mit den dieser Arbeit zugrunde liegenden
Werten zu vergleichen. Ein gewichtiger Unterschied liegt in dem untersuchten
Probandenkollektiv. Während das Alter der von Schulz untersuchten Probanden zwischen 18
und 56 lag, nahmen an dieser Studie nur Kinder mit einem maximalen Alter von sieben
Jahren teil. So kann vermutet werden, dass die Konzentration auf den erteilten
Haltungsauftrag und die Einnahme stets derselben Haltung über einen längeren Zeitraum,
nicht zuletzt aufgrund muskulärer Erschlaffung, bei Kindern schwieriger zu gewährleisten ist.
Deshalb ist davon auszugehen, dass auch der prozentuale Anteil der Streubreite in
Liegendposition (als Maß der apparativen Reproduzierbarkeit) an derjenigen in
Stehendposition (als Maß für die Reproduzierbarkeit unter klinischen Bedingungen) bei
Kindern geringer ausgeprägt ist, aus dem einfachen Grund heraus, dass die klinische
Reproduzierbarkeit bei Kindern dieses Alters geringer und damit die Streubreite der
ermittelten Werte im Stehen höher ist. Diese Annahme ändert aber nichts an den
schlussendlich hohen Standardabweichungen und Variationskoeffizienten, weshalb aufgrund
der bei dieser Untersuchung gewonnenen Ergebnisse postuliert werden muss, dass die
MediMouse® unter den während der Messung gegebenen Umständen und bei diesem
Alterskollektiv keine reproduzierbaren Messdaten liefert.
4.2 Ergebnisevaluation Teil 2
Der zweite Studienabschnitt befasst sich mit der Kernfrage der zugrunde liegenden
Untersuchung: Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Tragen von Kleinkindern in
Traghilfen und dem Auftreten von Haltungsanomalien bzw. Rückenpathologien im
Schulkindalter? Zur Erwiderung dieser Frage wurden 181 Kinder nach schriftlicher
Einverständniserklärung der Eltern untersucht. Die Untersuchung fand im Anschluss an die
Schuleingangsuntersuchung in einem separaten Raum innerhalb der Schule statt. Nach
Dokumentation personenbezogener Daten wie Alter und Geschlecht wurde jedem Proband
eine Identifikationsnummer zugewiesen. Anschließend erfolgte die klinisch-orthopädische
Untersuchung hinsichtlich Haltung und Rückenform. In einem zweiten Abschnitt schloss sich
die objektive Wirbelsäulenerfassung mittels MediMouse® an, was Untersucher-unabhängige
Resultate gewährleisten sollte. Die Halteleistung wurde sowohl klinisch-orthopädisch als auch
instrumentarisch erhoben. Trotz dass im vorhergehenden ersten Studienteil keine
Reproduzierbarkeit unter klinischen Bedingungen nachgewiesen werden konnte, sollen die
erhobenen Daten hier aufgeführt werden und zwecks Vollständigkeit in die Diskussion mit
einfließen. Während der Rückenanalyse durch einen vorher geschulten Untersucher waren die
81
Eltern aufgefordert, einen zuvor ausgehändigten Fragebogen mit Items über die
Tragegewohnheit als auch über unmittelbar haltungsbeeinflussende Faktoren auszufüllen.
Dieser zweite Abschnitt der Studie inhärierte einige Erschwernisse, die sich als nur schwer
überwindbar erwiesen und die an dieser Stelle kritisch zusammengestellt werden sollen:
- Definitions- und Normwertproblematik
Im Einleitungsteil wurde bereits darauf verwiesen, dass der Haltungsbegriff nur
unzulänglich definierbar ist. Haltung ist immer nur eine statische Momentaufnahme
eines dynamischen Vorgangs. Haltung ist das multifaktorielle Resultat verschiedener
Einflussgrößen, weshalb sie sich in einem stetigen Wechsel befindet. Die Orientierung
an Normwerten bleibt deshalb problematisch. Um aber den Einfluss des Tragens auf
mutmaßliche Haltungsstörungen analysieren zu können, bedarf es der Erkennung
normabweichender Varianten. Die Norm ist aber nur schwierig zu determinieren und
wird häufig anhand visueller Charakteristika beschrieben. Dies wiederum birgt die
Gefahr des Objektivitätsverlusts. Staffels von visuell-ästhetischem Charakter
gezeichneter Definitionsversuch der Normalhaltung als „… die Haltung, welche der
schön gebaute, kräftige Mensch unwillkürlich zur Schau trägt, und in welcher sich das
spezifisch Menschliche am charakteristischsten und typischsten ausprägt“ [54] kann
von verschiedenen Untersuchern unterschiedlich interpretiert werden. Unabhängig
davon ist es aber für die Ermittlung der „charakteristischsten und typischsten“
Haltungen unabdingbar, zunächst das Charakteristische und Typische zu erkennen,
was Schulung und Erfahrung voraussetzt. Die Subjektivität und
Erfahrungsabhängigkeit der Untersuchungsbefunde stellen potenzielle Fehlerquellen
in der dieser Studie zugrunde liegenden Haltungsbeurteilung dar.
- Elternfragebogen
Das Ziel des Elternfragebogens war neben der Erfassung der Tragegewohnheiten der
Eltern die Erhebung potenziell haltungsbeeinflussender Faktoren. Dazu zählten neben
den Fragen nach Vorerkrankungen und familiärer Vorbelastung auch der Ermittlung
von Charaktereigenschaften dienliche Items. Die Relevanz der einzelnen Fragen
wurde bereits in 2.3 erläutert. Die Problematik der Fragebogenkonzeption liegt in der
Abhängigkeit von der Erinnerung der Eltern. Die Fragen nach Tragehäufigkeit, -art
und -marke bezogen sich auf einen mindestens 5 Jahre zurückliegenden Zeitraum. Die
Anfälligkeit für diesen so genannten Recall-Bias ist ein Nachteil retrospektiver
82
Studien. Zur Vermeidung bietet sich lediglich die Option der Durchführung einer
prospektiven Untersuchung. Die Erinnerung an die Häufigkeit oder die Marke der
Tragehilfe sind störanfälliger, aber die Frage ob das Kind getragen wurde, konnte
grundsätzlich ohne Zweifel beantwortet werden.
Daneben war die Skalenbewertung bezüglich Schlaf, Charakter und Aktivität nicht
unproblematisch. Zum einen ist der interindividuelle Vergleich aufgrund der
Subjektivität schwierig, zum anderen bot die Skaleneinteilung lediglich drei
gekennzeichnete Markierungen (1, 5 und 10). Unklar war, ob ein Kreuz nur an den
markierten Bereichen erfolgen sollte oder ob auch die Linie zwischen den
Markierungen zur Beurteilung herangezogen werden durfte. Für die untersuchte
Fragestellung war die Skaleneinteilung dennoch ausreichend.
- Orthopädisch-klinische Untersuchung
Bei der orthopädisch-klinischen Untersuchung boten sich mehrere potenzielle
Fehlerquellen in der Befunderhebung dar.
Der Untersucher wurde lediglich einer Schulung unterzogen und war in der
orthopädischen Befundung von Haltungsanomalien unerfahren. Dies kann zum
Nachteil gehabt haben, dass eventuelle Normabweichungen unerkannt geblieben oder
Haltungseinnahmen falsch beurteilt worden sind. Obwohl starke
Wirbelsäulendeformitäten selbst für Laien einfach wahrzunehmen sind, stellen sich
leichte Formveränderungen, beispielsweise bei einer beginnenden Skoliose, für den
ungeübten Untersucher nicht auf Anhieb dar. So kann selbst bei Einnahme einer
Hilfsposition des Probanden, beispielsweise bei der Vornüberbeugung zur Erkennung
eines Rippenbuckels, eine subtil ausgeprägte, anfängliche Anomalie unerkannt bleiben
oder fälschlicherweise als Anomalie gedeutet werden. Da die Probanden nur einmalig
zur Untersuchung erschienen sind, bot sich auch keine Möglichkeit zur
Verlaufsbeurteilung. Realisierbar war deshalb nur eine Momentaufnahme der
aktuellen Gesamthaltung.
Diese Gesamthaltung steht unter dem Einfluss verschiedener Wirkfaktoren, worauf
einleitend hingewiesen worden ist. So war die Haltungseinnahme von der
Kooperation und der Verfassung des zu untersuchenden Kindes abhängig. Sehr
schüchterne Kinder konnten der Aufforderung, eine aufrechte Haltung mit Anhebung
des Kopfes einzunehmen, nur mühsam nachkommen. Für sehr aktive Kinder war es
schwierig, in der genannten Position bis zum Abschluss der Untersuchung zu
83
verbleiben, was nicht zuletzt auch aufgrund der teilweise sehr niedrigen
Temperaturen in den Untersuchungsräumen schwer realisierbar war. Mangelnde
Mitarbeit kam auch zustande, da die Kinder zuvor bereits von der Schulärztin
eingehend untersucht worden waren.
- Untersuchung mit der MediMouse®
Bei der instrumentellen Haltungserfassung boten sich die bereits für den ersten
Studienabschnitt beschriebenen Schwierigkeiten dar. Es war darauf zu achten, dass das
Kind den Haltungsauftrag verstand und durchzuführen gewillt war. Während des
Messvorgangs mussten ein mittlerer Anpressdruck durchgehalten, Start- und Endpunkt
präzise gewählt und eingehalten werden. Diese Kriterien repräsentieren bei ungenauer
oder aufgrund des begrenzten Zeitrahmens zu schneller Durchführung mögliche
Fehlerherde. Zu bedenken ist auch, dass bei der MediMouse®-Messung im vorigen
Untersuchungsabschnitt bei einem gleichaltrigen Probandenkollektiv keine
reproduzierbaren Ergebnisse geliefert werden konnten.
Bei Begutachtung der rein statistischen Ergebnisse sollten immer auch die äußerlichen
Umstände, die zur Ergebnisfindung beigetragen haben, vergegenwärtigt werden. Deshalb ist
diese Abhandlung der Kritikpunkte vor der Ergebnisevaluation erfolgt. Folglich soll nun auf
die prüfstatistischen Resultate des zweiten Studienabschnitts eingegangen werden.
4.2.1 Vergleich zwischen Tragehäufigkeit und klinischem Befund
Bevor mittels Chi-Quadrat-Test überprüft wurde, ob ein signifikanter Zusammenhang
zwischen der Tragehäufigkeit und dem klinisch erhobenen Befund vorliegt, erfolgte im
deskriptiven Teil eine tabellarische Wiedergabe der absoluten und relativen Häufigkeiten der
Befunde in Bezug auf die Tragehäufigkeit. Als klinischer Befund wurden dabei der Schulter-
und Beckengeradstand, die Rückenform und -pathologie sowie die Haltung und Halteleistung
zusammengefasst. Zur erleichterten Veranschaulichung wurden die tabellarischen Werte
zusätzlich in Form von Organigrammen abgebildet. Zusätzlich wurden die Häufigkeiten bei
Variation des Tragehäufigkeitsbereichs analysiert. Die tabellarische Übersicht der
Häufigkeiten in den beiden Tragehäufigkeitsbereichen wird untenstehend nachgebildet:
84
Tabelle 33: Vergleich zwischen Tragehäufigkeit und klinischem Befund
Tragehäufigkeitsbereich 1 Tragehäufigkeitsbereich 2 Nicht oder
selten getragen
Gelegentlich, häufig oder
täglich getragen
Nicht, selten oder
gelegentlich getragen
Häufig oder sehr häufig
getragen
Ja 76 (97%) 93 (93%) 108 (97%) 61 (91%) Schultergeradstand
Nein 2 (3%) 7 (7%) 3 (3%) 6 (9%) Ja 78 (100%) 98 (98%) 111 (100%) 65 (97%) Beckengeradstand
Nein 0 (0%) 2 (2%) 0 (0%) 2 (3%) Normal 74 (96%) 87 (89%) 101 (92%) 60 (92%) Rückenform
Nicht normal 3 (4%) 11 (11%) 9 (8%) 5 (8%) Ja 73 (94%) 93 (93%) 105 (95%) 61 (91%) Rückenpathologie
Nein 5 (6%) 7 (7%) 6 (5%) 6 (9%) Normal 53 (70%) 74 (78%) 73 (69%) 54 (83%) Haltung
Nicht normal 23 (30%) 21 (22%) 33 (31%) 11 (17%) Suffizient 21 (28%) 36 (38%) 35 (34%) 22 (34%) Halteleistung
Insuffizient 53 (72%) 58 (62%) 69 (66%) 42 (66%)
Bei Untersuchung des Tragehäufigkeitsbereichs 1 kann bereits bei oberflächlicher
Betrachtung der Werte das Ergebnis des Chi-Quadrat-Tests vermutet werden. Die relativen
Anteile variieren nur schwach zwischen den Getragenen und nicht Getragenen. Bei den
Kriterien Rückenform, Rückenpathologie, Haltung und Halteleistung fallen die Ergebnisse
sogar zugunsten des getragenen Kollektivs aus, d. h. dass der relative Anteil
normabweichender Untersuchungsbefunde bei den Kindern bezüglich dieser Kriterien
geringer ist. Die aufgrund visueller Beobachtung gemachte Annahme, dass kein signifikanter
Unterschied zwischen den beiden Kollektiven besteht, bestätigt sich im Chi-Quadrat-Test:
Alle Chi-Quadrat-Werte lagen oberhalb der 5%-Grenze, weshalb mit 95%iger
Wahrscheinlichkeit kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der klinischen Befunde
besteht. Die augenscheinlichen Unterschiede sind demnach im Rahmen der
Irrtumswahrscheinlichkeit zufällig entstanden. Bei der Analyse der Häufigkeitsverteilungen
für den Tragehäufigkeitsbereich 2 konnten ähnliche Ergebnisse eruiert werden. Im
Unterschied zum ersten Tragehäufigkeitsbereich ergab sich für den zweiten aber ein
signifikanter Unterschied für die Ausprägung der Variablen „Haltung“. Demnach ist das
Auftreten klinisch erfasster normabweichender Haltungstypen signifikant häufiger im
Subkollektiv der nicht, selten und gelegentlich getragenen Kinder.
Für die zugrunde liegende Fragestellung bedeutet dieser Sachverhalt, dass das Tragen von
Kleinstkindern in Tragevorrichtungen weder negative Auswirkungen auf die
Haltungsentwicklung noch auf die Entwicklung von Wirbelsäulendeformitäten mit sich zieht.
85
4.2.2 Vergleich zwischen MediMouse®-Werten und klinischem
Befund
Obschon im vorangegangen Abschnitt gezeigt wurde, dass keine reproduzierbaren Ergebnisse
zu erwarten sind, wird hier nochmals der Vergleich zwischen den MediMouse®-Werten mit
der klinisch gestellten Diagnose angeführt werden. Im Abschnitt 3.2.2.2 wurde untersucht, ob
die instrumentell erhobenen Messwerte eine klinisch erwiesene, normabweichende Haltung,
Rückenform und Halteleistung wiederzugeben vermögen. Als Vergleichsparameter wurden
die globalen BWS- und LWS-Winkel herangezogen. Wie bereits zuvor ausgeführt wurde,
unterliegt der globale Wert für die Wirbelsäulenkrümmung weniger stark den Abweichungen
einzelner Segmentwinkel, da er sich durch Aufsummation letztgenannter bildet. So machte
auch Mannion in seiner klinischen Studie die Feststellung, dass die MediMouse® reliable
Werte für die globalen Regionen, nicht aber für die kleineren Segmente liefert [34].
Es sollte nun eruiert werden, ob beispielsweise ein Kind mit einer klinischen Hyperlordose
bei der MediMouse®-Messung einen größeren LWS-Krümmungswinkel aufweist oder ob bei
einem Kind mit Rundrücken auch ein erhöhter BWS-Krümmungswinkel gemessen wird. In
diesem Sinn wurden die mittleren Krümmungswinkel für die Lenden- als auch die
Brustwirbelsäule in den einzelnen Subklassen kalkuliert. Anschließend wurde mittels t-Tests
analysiert, ob die gefundenen Mittelwertunterschiede zufälliger Natur entstanden sind. Im
Folgenden soll nochmals die tabellarische Darstellung der Mittelwerte der globalen Winkel in
den Haltungs- und Rücken-Subklassen erfolgen:
Tabelle 34: mittlere Gesamtkrümmungswinkel in den Haltungssubklassen
Haltung LWS-
Krümmungs-winkel
BWS-Krümmungs-
winkel normal -20,8 32,9 verstärkte Kyphose -21,1 39,5 verstärkte Lordose -27,7 32,4 verstärkte Lordose & Kyphose
-31,5 30,5
Die mittleren Krümmungswinkel der Kinder mit normal erachteter Haltung sind fett
hinterlegt. Hervorgeht, dass die Probanden mit hyperkyphotischer Haltung einen
durchschnittlich um 6,6° größeren BWS-Krümmungswinkel aufweisen. Außerdem ist
ersichtlich, dass diejenigen mit hyperlordotischer Haltung einen im Mittel um 6,9° größeren
LWS-Krümmungswinkel aufzeigen. Der t-Test auf Mittelwertgleichheit bestätigte, dass diese
Unterschiede mit p-Werten von 0,001 und 0,000 signifikant sind.
86
Analog ist auch der Vergleich der Krümmungswinkel zwischen den Rückenform-Subklassen
zu deuten:
Tabelle 35: mittlere Gesamtkrümmungswinkel in den Rücken-Subklassen
Rückenform LWS-
Krümmungs-winkel
BWS-Krümmungs-
winkel normal -21,7 33,5 Flachrücken -13,6 27,6 Rundrücken -25,2 46,3 Hohlrundrücken -33,3 31,8
Der normale Rücken weist thorakal sowie lumbal stärker ausgeprägte Krümmungen vor, was
auch die MediMouse®-Daten widerspiegeln. Beim Rundrücken ist ein erachtenswerter
Unterschied nur für die Thorakalkyphose zu erwarten. Die Messungen ergaben einen im
Mittel um 12,8° größeren Globalwinkel für den BWS-Bereich, wohingegen der lumbale
Krümmungswinkel lediglich um durchschnittlich 3,5° größer ist, was dieser Erwartung völlig
entspricht. Die t-Test-Resultate belegten diese Mittelwertunterschiede als statistisch
signifikant. Beim Hohlrundrücken konnte ein signifikanter Unterschied nur bezüglich des
lumbalen Krümmungswinkels bestätigt werden.
Es stellt sich nun die Frage, wie es zustande kommt, dass ein Testverfahren, dessen
Vermögen, reproduzierbare Ergebnisse zu erzeugen, zuvor nicht bestätigt werden konnte, nun
Werte liefert, die mit dem klinischen Untersuchungsbefund übereinstimmen. Zur Klärung
dieser Frage bieten sich verschiedene Antwortalternativen, die vermutlich kollektiv den
positiven Ausfall der Testresultate geprägt haben:
- Ein Unterschied zwischen den Messungen des ersten und zweiten Studienabschnitts
liegt in der Anzahl der Wiederholungen: Während zur Reliabilitätsprüfung zehn bis elf
Messungen pro Proband durchgeführt worden sind, erfolgte im letzteren
Studienabschnitt zur Überprüfung eines Zusammenhangs zwischen Tragehäufigkeit
und Haltungsentwicklung maximal eine Wiederholung. Die Datensätze derjenigen
Probanden, die zwei Messungen unterzogen worden sind, wurden gemittelt. Dies ist
ein Erklärungsansatz dafür, dass sich die Messresultate näher an der tatsächlichen
Rückenform bzw. Haltung orientieren. Verständlicherweise stellen 10 im Gegensatz
zu 2 Messungen eine Herausforderung der Geduld der Probanden dar, was ebenfalls
ursächlich an der Entstehung variierender Messdaten beteiligt gewesen sein kann.
- Des Weiteren sind zur vergleichenden Prüfung der Übereinstimmung zwischen Klinik
und Messdatensatz jeweils die Globalwinkel herangezogen worden. Diese
87
Globalwinkel errechnen sich durch Addition der einzelnen Segmentwinkel, wodurch
sich einzelne Abweichungen der Segmentwinkel wieder aufheben können.
- Nicht ungeachtet bleiben darf die Divergenz zwischen den Studienabschnitten
hinsichtlich der exogenen Untersuchungssituation: Beim ersten Abschnitt wurden die
Kinder bei sich zu Hause besucht und untersucht. Die Untersuchung in ihrer
heimischen Umgebung trägt natürlicherweise nicht den Status eines offiziellen
Arztbesuchs. Die Kinder sind zwar weniger angespannt, gleichzeitig reagieren sie aber
weniger konzentriert auf den ihnen erteilten Haltungsauftrag. Dementgegen sind der
Besuch bei der Schulärztin in einer ungewohnten Umgebung und die anschließende
MediMouse®-Untersuchung beim zweiten Studienabschnitt eine recht unpersönliche
und formelle Zusammenkunft. Die Kinder sind eher bestrebt, die von ihnen zur
korrekten Messdurchführung gewünschte aufrechte Haltung einzunehmen und diese
bis Abschluss der Messungen beizubehalten.
Diese Überlegungen geben Anlass, die Versuchsdurchführung im ersten
Untersuchungsabschnitt zu hinterfragen. Möglicherweise hätten die Wahl eines
standardisierten Untersuchungsraums zur Durchführung des Messvorganges sowie
zwischenzeitliche Messpausen zur Erholung der Kinder bzw. Liegendmessungen einen von
dem jetzigen Resultat differierenden Ergebnisausgang bewirkt. Ungeachtet dieser Faktoren,
zeugen diese signifikanten Mittelwertunterschiede auch von der Qualität der klinischen
Untersuchung. Sie verdeutlichen, dass abweichende Haltungs- und Rückenformen auch
klinisch als solche erkannt worden sind. Da die MediMouse®-Messungen stets nach der
klinisch-orthopädischen Untersuchung erfolgt sind, ist auch eine Untersucherbeeinflussung
durch die MediMouse®-Ergebnisse ausgeschlossen.
In diesem Zusammenhang ist nun noch die ausstehende Evaluation der Matthiass-Messreihen
zu beachten. Nachstehend aufgeführt ist eine Auflistung der Mittelwerte für die lumbalen und
thorakalen Gesamtkrümmungswinkel sowie für Inklination im aufrechten Stand, während der
ersten Matthiass-Messung und der 30 Sekunden im Anschluss erfolgten zweiten Matthiass-
Messung:
Tabelle 36: Vergleich zwischen Matthiass-Messungen
Aufrechter Stand M1 M2
BWS LWS Inkli-nation BWS LWS Inkli-
nation BWS LWS Inkli-nation
33,2 -21,5 2,7 32,9 -26,9 -5,2 33,5 -29,1 -7,2
88
Der tabellarischen Aufstellung lässt sich entnehmen, dass sich bei unbemerkenswerter
Veränderung des thorakalen Winkels der lumbale Gesamtkrümmungswinkel um 5,4° bei
Einnahme der Matthiass-Position und um weitere 2,2° bei der zweiten Matthiass-Messung
vergrößert. Auch die Inklination erfährt eine Zunahme nach dorsal um 2,5° bei
Positionseinnahme und weitere 2° nach halbminütiger Einhaltung der Positur. Diese
Ergebniswiedergabe in metrischer Form reflektiert die klinisch-optische Beobachtung einer
verstärkten Lumballordose bei Armanhebung und Intensivierung dieser bei Beibehaltung
dieser Stellung. Auch die Rückwärtsneigung, wiedergegeben in Inklinationsgraden, zur
Vermeidung eines Vornüberkippens konnte bereits visuell nachvollzogen werden. Die
Messresultate sind also in sich stimmig und spiegeln die erwartete Veränderung der
Wirbelsäulenform wider. Der t-Test belegte die augenscheinlichen Unterschiede zwischen
den Messreihen mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von p = 0,000 sowohl für den
Lordosewinkel als auch für die Inklination als statistisch signifikant. Für den Kyphosewinkel
konnte kein signifikanter Unterschied nachgewiesen werden, was auch schon bei Betrachtung
der Tabelle nicht anzunehmen war. Weiterhin wurde mittels t-Tests untersucht, ob sich die
Messdaten zwischen haltungssuffizienten und -insuffizienten Kindern signifikant
unterscheiden. Folgende Tabelle veranschaulicht die Matthiass-Werte der ersten und zweiten
Messung sowie die Werte im aufrechten Stand für die Subkollektive der als haltungssuffizient
und -insuffizient erachteten Probanden:
Tabelle 37: Vergleich der Matthiass-Werte in den Halteleistungssubklassen
Aufrechter Stand M1 M2
Halte-leistung BWS LWS Inklination BWS LWS Inklination BWS LWS Inklination
suffizient 33,2 -21,3 3,5 30,9 -26,8 -3,6 32,0 -27,7 -4,5
insuffizient 33,7 -21,2 2,4 34,1 -26,9 -6,0 34,4 -29,8 -8,6
Nach eingehender Beschreibung der Datenlage im Kapitel 3.2.1.7 soll nun die Bedeutung der
Mittelwertvergleiche erörtert werden. Die t-Test-Analysen resultierten in der Annahme, dass
ein signifikanter Unterschied zwischen den Mittelwerten der Subklassen hinsichtlich des
globalen Thorakalwinkels sowie der Inklination bei der ersten Matthiass-Messung besteht.
Bezüglich der zweiten Messreihe konnte dieser Unterschied nur für den Parameter Inklination
als statistisch signifikant anerkannt werden. Geht man von reliablen Messwerten aus, so ist
aus dieser statistischen Testung zu folgern, dass sich die klinische Beurteilung der
Halteleistung vor allem an der Dorsalverlagerung orientierte. Regelgemäß wäre auch eine
89
deutliche Vertiefung der Brustkyphose und der Lendenlordose zu erwarten gewesen. Die
Problematik an diesem Unterscheidungskriterium ist in der Tatsache begründet, dass es für
sich kein Unterscheidungskriterium ist, denn die meisten Probanden zeigten verstärkte
Wirbelsäulenkrümmungen sowie eine Dorsalverlagerung sowohl zu Beginn als auch
prägnanter am Ende der Matthiass-Prüfung. Das Unterscheidungskriterium liegt in der
Ausprägung dieser Veränderungen. So ist es ein Leichtes nachzuvollziehen, dass es der
Erfassung dieses teils subtil ausgeprägten Unterscheidungsattributs innerhalb eines im Grunde
muskelgesunden Probandenkollektivs einem geübten Auge bedarf. Durch die extreme
Verlagerung des Körperschwerpunktes nach dorsal kann aber eine Zunahme der
Krümmungen vorgetäuscht worden sein.
4.3 Schlussfolgerung
Abschließend soll an dieser Stelle wiederkehrend die dieser Dissertationsschrift elementare
Ausgangsfragestellung aufgegriffen werden und eine Gegenüberstellung mit den
herausgearbeiteten Studienergebnissen erfolgen.
1. Welche Reliabilität besitzt die MediMouse® in der unterstützenden Erfassung von
Haltungsschwächen?
Einräumend muss angeführt werden, dass die Reliabilität als solche nur partiell untersucht
worden ist. Das Testgütekriterium der Zuverlässigkeit umfasst verschiedene Formen, die in
ihren Ausprägungen in Kapitel 2.8.7 zusammengestellt worden sind. In dieser Arbeit ist
allenfalls die Intrarater-Reliabilität unter klinischen Bedingungen untersucht und als Maß
dafür der Variationskoeffizient herangezogen worden. Unter Berücksichtigung potentieller
Fehlerquellen und peripherer Begleitumstände, die womöglich am Ergebnisausgang
maßgeblich mitgewirkt haben, widerlegen die statistischen Ergebnisse des ersten
Studienabschnitts eine Wiederholbarkeit bei dem untersuchten Probandenkollektiv bei den
präsenten Gegebenheiten. Dies trifft insbesondere auf die Berechnung der einzelnen
Segmentwinkel zu. Dagegen erwiesen sich die zu den globalen Gesamtkümmungswinkel
gehörigen Variationskoeffizienten deutlich kleiner als die zu den Segmentwinkeln gehörigen.
Selbst wenn die 5%-Marke mit mittleren Variationskoeffizienten von knapp 10% für den
BWS- und 13% für den LWS-Bereich überschritten wird, so sind diese Globalwinkel doch als
Orientierungsmaß anwendbar. Im zweiten Studienabschnitt ist eine signifikante
Übereinstimmung der instrumentell erhobenen Daten mit dem klinischen Befund belegt
worden. Dieser Umstand muss zu Bedenken geben, dass die Beeinflussung der
90
Begleitumstände im ersten Studienabschnitt zu Ungunsten des Testverfahrens höher als
erwartet war.
2. Wie hoch ist die Inzidenz von Haltungsinsuffizienzen im untersuchten Kollektiv?
Zur korrekten Beantwortung muss der Begriff der Haltungsinsuffizienz zunächst definiert
werden. Die Definitionsproblematik ist mit seinen vielseitigen Facetten bereits zu Beginn
erörtert worden. In diesem Zusammenhang ist Haltungsinsuffizienz als übergeordneter
Begriff für normabweichende Rückenformen, Haltungen oder Halteleistungen zu verstehen.
Im deskriptiven Untersuchungsabschnitt sind die absoluten und relativen Häufigkeiten
tabellarisch als auch bildlich veranschaulicht worden. Zur erleichterten Rückbesinnung
verhilft nachstehende Auflistung:
Tabelle 38: Haltungsinsuffizienzen im untersuchten Kollektiv
Abs. Häufigkeit Rel. Häufigkeit normal 163 90%
14 8% Flachrücken 8 4% Rundrücken 3 2% Hohlrundrücken 2 1%
Rückenform
Normabweichend
Hohlrücken 1 1% Normal 128 71%
45 25% Verstärkte Kyphose
18 10% Verstärkte Lordose
24 13% Haltung
Normabweichend
Verstärkte Kyph. & Lord. 3 2% Suffizient 58 32%
Halteleistung Insuffizient 112 62%
Bei Betrachtung der Datenlage ohne Berücksichtigung, dass noch keine Definition der
„Normalhaltung“ gerecht werden konnte, würden die Angaben von 8% normabweichender
Rückenformen und 25% normabweichender Haltung wohl große Überraschung hervorrufen,
zumal es sich bei dem untersuchten Kollektiv grundsätzlich um bislang orthopädisch
unauffällige Kinder handelte. Inwiefern die im Auge des beobachtenden Untersuchers als
„normabweichend“ erachteten Attribute pathogenitätsfördernde Eigenschaften besitzen, ist
weiterhin umstritten und außerdem auch abhängig von der Dauer der Einnahme dieser
einmalig bewerteten Haltung.
91
3. Korrelieren die klinisch-subjektive und die instrumentell-objektive Untersuchung
miteinander?
Die instrumentell erhobenen Messwerte spiegeln größtenteils die klinisch erbrachten
Untersuchungsbefunde wider. Die nachstehende Übersicht stellt die p-Werte für die Prüfung
auf statistische Signifikanz zwischen den Untersuchungsmerkmalen und den MediMouse®-
Befunden zusammen:
Tabelle 39: Mittelwertvergleiche in den Haltungs-, Rücken- und Halteleistungssubklassen
p-Wert BWS LWS Inklination
Normalhaltung/Hyperkyphose 0,001 - - Normalhaltung/Hyperlordose - 0,000 - Normale Rückenform/Flachrücken 0,025 0,001 - Normale Rückenform/Rundrücken 0,003 - - Normale Rückenform/Hohlrundrücken 0,730 0,017 - Halteleistung suffizient/insuffizient (M1) 0,047 0,896 0,005 Halteleistung suffizient/insuffizient (M2) 0,124 0,935 0,000
Die unter dem Signifikanzniveau von p = 0,05 liegenden Werte sind fett und unterstrichen
hinterlegt. Es geht hervor, dass die instrumentellen Werte zu großen Teilen den klinischen
Befunden entsprechen. Die überwiegende Übereinstimmung der Messergebnisse mit der
klinischen Diagnose legt Zeugnis über das Niveau der klinischen Begutachtung und auch über
die Güte des Messverfahrens ab. Es muss jedoch wiederholt mit Nachdruck betont werden,
dass zur Überprüfung auf die aus 2 Messungen gemittelten Globalwinkel zurückgegriffen
worden ist.
4. Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Tragen des Kindes in
Tragevorrichtungen und der Ausbildung einer Haltungsinsuffizienz oder einer
Wirbelsäulenpathologie?
Anhand der aus dieser Studie hervorgegangenen Messdaten und klinischen Befunde von
insgesamt 181 Schulanfängern kann die Präsumtion, dass kein Zusammenhang besteht,
bestärkt werden. Für keinen der untersuchten klinischen Parameter konnte mittels Chi-
Quadrat-Test ein Zusammenhang mit der Tragehäufigkeit nachgewiesen werden. Alle im
prüfstatistischen Abschnitt vorgestellten Chi-Quadrat-Werte lagen oberhalb der
Signifikanzgrenze von 5%:
92
Tabelle 40: Vergleich zwischen Tragehäufigkeit und klinischem Befund
Chi-Quadrat nach Pearson Schultergeradstand/Tragehäufigkeit 0,180 Beckengeradstand/Tragehäufigkeit 0,209 Rückenform/Tragehäufigkeit 0,076 Rückenpathologie/Tragehäufigkeit 0,876 Haltung/Tragehäufigkeit 0,225 Halteleistung/Tragehäufigkeit 0,178
Interpretierend bedeutet dies, dass kein signifikanter Unterschied zwischen getragenen und
nicht getragenen Kindern hinsichtlich der untersuchten und oben aufgelisteten Eigenschaften
besteht. Die Ausbildung von normabweichenden Haltungsvarianten oder Rückenformen
sowie Wirbelsäulenpathologien und Halteleistungsinsuffizienzen bleibt vom Tragen in
Tragevorrichtungen unabhängig. Der Mythos einer gesundheitsschädigenden Auswirkung des
Tragens konnte wissenschaftlich nicht belegt werden.
93
5 Zusammenfassung
Die öffentliche Diskussion um einen potentiell wirbelsäulen- bzw. haltungsschädigenden Einfluss des Tragens von Säuglingen und Kleinkindern in Tragehilfen als wiedergekehrte Form der körpernahen und lebensbejahenden Betreuungs- und Transportmanier erweckte die Forderung nach einer wissenschaftlichen Belegung dieser These. Ziel dieser Arbeit war zum einen die Überprüfung eines Zusammenhangs zwischen dem Tragen von Kleinkindern in Traghilfen und dem Auftreten von Haltungsanomalien bzw. Rückenpathologien im Schulkindalter. Zur objektiven Erfassung der Rückenform bzw. der Haltung wurde die MediMouse® als instrumentelle Messmethode eingesetzt. Die Reproduzierbarkeit der von ihr ermittelten Werte galt es vorab zu verifizieren. Deshalb wurde die Studie in zwei Abschnitte gegliedert. Im ersten Studienabschnitt wurde die Reliabilität der MediMouse® hinsichtlich ihrer Eigenschaft, reproduzierbare Messergebnisse zu liefern, an elf Kindern im Alter zwischen fünf und sieben Jahren untersucht. Jedes dieser Kinder wurde zu Hause besucht und, je nach Durchhaltevermögen, zehn bis elf aufeinander folgenden Messungen unterzogen. Als Maß für die Reproduktivität wurde der Variationskoeffizient für die 22 Werte, die pro Einzelmessung und pro Proband resultierten, berechnet. Die Koeffizienten überschritten im Mittel alle bis auf den für das Längenmerkmal die 5%-Grenze, bis zu der man gewöhnlich von reproduzierbaren Messreihen ausgehen kann. Unter Berücksichtigung negativ beeinflussender exogener Faktoren konnte die Reproduzierbarkeit unter den zu dem Zeitpunkt gegenwärtigen äußeren Umständen bei dem untersuchten Alterskollektiv nicht nachgewiesen werden. Der zweite Studienabschnitt befasst sich mit der Prüfung der Kausalität zwischen dem Tragen des Kindes in einer Tragevorrichtung und der Entwicklung einer Haltungsinsuffizienz oder Wirbelsäulenpathologie. In einer retrospektiven Fall-Kontroll-Studie wurden 181 Kinder im Anschluss an die Schuleingangsuntersuchung sowohl klinisch-orthopädisch durch einen zuvor geschulten Untersucher als auch instrumentell mittels MediMouse® untersucht. Parallel erfolgte die Befragung der Eltern mittels Fragebogen nach psycho-sozialen Faktoren, die einen Einfluss auf die gegenwärtige Haltung ausgeübt haben könnten sowie nach ihren Tragegewohnheiten. Während der klinischen Untersuchung wurden Schulter- und Beckengeradstand, skoliotische Veränderungen, die Rückenform, bzw. bei Fähigkeit zur muskulären Kompensation die Haltung nach Staffel sowie die Halteleistung im Matthiass-Test beurteilt. Die nachfolgende instrumentelle Untersuchung sollte die klinisch erbrachten Ergebnisse untermauern und eine objektive Vergleichsgrundlage schaffen. Die mittels Chi-Quadrat-Test erbrachten Ergebnisse konnten die Annahme, dass das Tragen von Säuglingen in Tragevorrichtungen zu Haltungsschäden prädisponiert, nicht belegen. Die Ausbildung von normabweichenden Haltungsvarianten oder Rückenformen sowie Wirbelsäulenpathologien und Halteleistungsinsuffizienzen bleibt vom Tragen in Tragevorrichtungen unabhängig. Mithilfe des t-Test-Verfahrens erfolgte anschließend die Prüfung einer Übereinstimmung zwischen klinischer Diagnose und metrischer Datenwiedergabe. Es stellte sich heraus, dass die überwiegende Anzahl der klinisch untersuchten Parameter mit den in Form der instrumentell kalkulierten globalen Gesamtkrümmungswinkel kongruent waren. So sehr diese Analogie von der Güte der klinischen Untersuchung zeugt, muss sie doch Anlass für ein Überdenken der im ersten Studienabschnitt erbrachten These sowie der Versuchsbedingungen, aus der diese hervorgegangen ist, geben.
94
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7 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Halteleistungstest bei einem haltungsgesunden Patienten [46]..........................13Abbildung 2: Halteleistungstest bei einem haltungsschwachen Patienten [46] .......................13Abbildung 3: Die verschiedenen Haltungstypen nach Staffel [40] ..........................................14Abbildung 4: Das Debrunner’sche Kyphometer [12] ..............................................................15Abbildung 5: Schulthess’scher Zeichenapparat [14]................................................................16Abbildung 6: Die Moiree-Topographie [18] ............................................................................16Abbildung 7: Die MediMouse®...............................................................................................18Abbildung 8: Interpretation der Segmentwinkel ......................................................................34
100
8 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Präsenz der Haltungsfehler in verschiedenen Untersuchungen [36].......................11Tabelle 2: Alters- und Geschlechtsverteilung ..........................................................................33Tabelle 3: Proband 1 (10 Wiederholungsmessungen)..............................................................35Tabelle 4: Proband 2 (10 Wiederholungsmessungen)..............................................................35Tabelle 5: Proband 3 (10 Wiederholungsmessungen)..............................................................36Tabelle 6: Proband 4 (11 Wiederholungsmessungen)..............................................................36Tabelle 7: Proband 5 (11 Wiederholungsmessungen)..............................................................37Tabelle 8: Proband 6 (11 Wiederholungsmessungen)..............................................................37Tabelle 9: Proband 7 (11 Wiederholungsmessungen)..............................................................38Tabelle 10: Proband 8 (11 Wiederholungsmessungen)............................................................38Tabelle 11: Proband 9 (10 Wiederholungsmessungen)............................................................39Tabelle 12: Proband 10 (11 Wiederholungsmessungen)..........................................................39Tabelle 13: Proband 11 (11 Wiederholungsmessungen)..........................................................40Tabelle 14: MWs, Minima, Maxima der 11 Probanden...........................................................41Tabelle 15: mittlere Variationskoeffizienten............................................................................42Tabelle 16: Tragehäufigkeit .....................................................................................................53Tabelle 17: Tragebeginn in Monaten .......................................................................................54Tabelle 18: Tragehilfe ..............................................................................................................55Tabelle 19: Haltung ..................................................................................................................59Tabelle 20: Vergleich zwischen Tragehäufigkeit und körperlichem Befund...........................61Tabelle 21: Vergleich zwischen klinischem Befund und Tragehäufigkeit ..............................65Tabelle 22: Lage- und Streuungswerte der Messdaten, berechnet über alle Kinder ................66Tabelle 23: Mittelwerte der globalen Krümmungswinkel in den Haltungssubklassen............67Tabelle 24: Mittelwerte der Krümmungswinkel in den Rückenform-Subkollektiven.............68Tabelle 25: Statistische Kenngrößen der Matthiass-Messungen..............................................69Tabelle 26: Vergleich zwischen Matthiass-Messungen und Halteleistung..............................70Tabelle 27: Chi-Quadrat-Werte ................................................................................................71Tabelle 28: Chi-Quadrat-Werte bei geändertem Tragehäufigkeitsbereich ..............................72Tabelle 29: t-Test-Ergebnisse...................................................................................................74Tabelle 30: Mittelwertvergleich zwischen den Halteleistungssubklassen ...............................74Tabelle 31: mittlere Variationskoeffizienten............................................................................76Tabelle 32: Längenwerte ..........................................................................................................78Tabelle 33: Vergleich zwischen Tragehäufigkeit und klinischem Befund ..............................84Tabelle 34: mittlere Gesamtkrümmungswinkel in den Haltungssubklassen............................85Tabelle 35: mittlere Gesamtkrümmungswinkel in den Rücken-Subklassen............................86Tabelle 36: Vergleich zwischen Matthiass-Messungen ...........................................................87Tabelle 37: Vergleich der Matthiass-Werte in den Halteleistungssubklassen .........................88Tabelle 38: Haltungsinsuffizienzen im untersuchten Kollektiv ...............................................90Tabelle 39: Mittelwertvergleiche in den Haltungs-, Rücken- und Halteleistungssubklassen ..91Tabelle 40: Vergleich zwischen Tragehäufigkeit und klinischem Befund ..............................92
101
9 Grafikverzeichnis
Grafik 1: Altersverteilung.........................................................................................................43Grafik 2: Geschlechterverteilung .............................................................................................44Grafik 3: Größenverteilung ......................................................................................................44Grafik 4: Gewichtsverteilung ...................................................................................................45Grafik 5: Nationalität................................................................................................................45Grafik 6: Mütterlicher Schulabschluss .....................................................................................46Grafik 7: Väterlicher Schulabschluss .......................................................................................46Grafik 8: Laufbeginn ................................................................................................................47Grafik 9: Fernsehverhalten .......................................................................................................47Grafik 10: Schlafbewertung .....................................................................................................48Grafik 11: Charakterbewertung................................................................................................49Grafik 12: Aktivitätsbewertung................................................................................................49Grafik 13: Vorerkrankungen ....................................................................................................50Grafik 14: Entwicklungsauffälligkeiten ...................................................................................51Grafik 15: Physiotherapie.........................................................................................................51Grafik 16: Familiäre Erkrankungen..........................................................................................52Grafik 17: Tragehäufigkeit .......................................................................................................53Grafik 18: Tragebeginn ............................................................................................................54Grafik 19 Tragehilfe .................................................................................................................55Grafik 20: Marke ......................................................................................................................56Grafik 21: Schultergeradstand..................................................................................................57Grafik 22: Beckengeradstand ...................................................................................................57Grafik 23: Rückenform.............................................................................................................58Grafik 24: Rückenpathologie ...................................................................................................58Grafik 25: Haltung....................................................................................................................59Grafik 26: Halteleistung ...........................................................................................................60Grafik 27: Schultergeradstand..................................................................................................62Grafik 28: Beckengeradstand ...................................................................................................62Grafik 29: Rückenform.............................................................................................................63Grafik 30: Rückenpathologie ...................................................................................................63Grafik 31: Haltung....................................................................................................................64Grafik 32: Halteleistung ...........................................................................................................64
102
10 Anhang
10.1 Informationsbogen
Liebe Eltern,
in diesem Jahr wird in einigen Stadtteilen Kölns an die Schuleingangsuntersuchung eine
eingehende Untersuchung der Körperhaltung der Schulanfänger angeschlossen.
Dies geschieht im Rahmen eines Forschungsprojektes in Zusammenarbeit mit der
Universitäts-Kinderklinik und der orthopädischen Klinik der Universität. Dabei wird zum
einen eine körperliche Untersuchung durch eine Doktorandin oder eine Ärztin der
Kinderklinik durchgeführt. Zum anderen möchten wir die Wirbelsäule mit einem
Computermouse-ähnlichen Messgerät kurz abfahren.
Da es bei der Untersuchung auch um einen Vergleich von ehemals getragenen (Tragehilfen)
mit nicht getragenen Kindern geht, möchten wir Sie bitten, einen weiteren kurzen Fragebogen
für uns auszufüllen. Alle Daten werden anonym erfasst.
Wir wären Ihnen für die Teilnahme Ihres Kindes an der Untersuchung dankbar.
Ihr Schulärzte-Team in Zusammenarbeit mit
Universitäts-Kinderklinik Köln, Dr. Waltraud Stening, Hilal Kavruk
Ich bin damit einverstanden, dass mein Kind hinsichtlich seiner Körperhaltung untersucht
wird und an der Studie teilnimmt.
Unterschrift Erziehungsberechtigter___________________________________________
103
10.2 Elternfragebogen
Datum: _________________ Probandennummer:_______________
Ist Ihr Kind gekrabbelt? Ja Nein
Wann konnte Ihr Kind laufen? mit _____ Monaten
Gibt es einen Fall von Hüfterkrankung in Ihrer Familie? Ja Nein
Gibt es Erkrankungen der Wirbelsäule (z.B. Skoliose) in Ihrer Familie? Ja Nein
Wenn ja, welche?_________________________________________________________
Beurteilen Sie auf einer Skala von 1 bis 10...
Wie hat Ihr Kind in der letzten Nacht geschlafen?
gut 1--- -- -- -- --5--- -- -- -- --10 schlecht
Wie würden Sie den Charakter Ihres Kindes am ehesten beschreiben?
ängstlich 1--- -- -- -- ---5--- -- -- -- --10 selbstbewusst
motorisch aktiv 1--- -- -- -- --5--- -- -- -- --10 motorisch inaktiv, ruhig
Guckt Ihr Kind mehr als 1,5 Stunden am Tag fern? Ja Nein
Haben Sie Ihr Kind als Säugling/Kleinkind in einer Tragehilfe getragen? Ja Nein
Wenn ja, welche Tragehilfe?
Tragetuch Tragesack Tragegestell/Rucksack
Marke: _____________________________
Seit welchem Lebensmonat? _________. Lebensmonat
In welchem Alter haben Sie Ihr Kind am häufigsten getragen? Mit ______Monaten.
Wie häufig pro Woche haben Sie Ihr Kind in dieser Zeit getragen?
selten (weniger als 1 x pro Woche)
gelegentlich (1-2 x pro Woche)
häufig (3-4 x pro Woche)
sehr häufig (täglich)
104
10.3 Epidemiologische Daten
Datum: _________________ Probandennummer:_______________
Geburtsdatum:____________________________________________________________
Nationalität:______________________________________________________________
Geburtsmechanismus: Spontan Zange/Vakuum Sectio prim. Sectio sec.
Lage vor Geburt: Schädellage Beckenendlage Querlage
Maße bei Geburt: Gewicht _________g, Länge _______cm, Kopfumfang ______cm
Vorerkrankungen (Hüftdysplasie? KISS-Syndrom?):______________________________
________________________________________________________________________
Entwicklungsauffälligkeiten: ________________________________________________
Abgelaufene Physiotherapien (Manualtherapie?): ________________________________
Händigkeit: rechts links Größe:____________ Gewicht:___________
Schulabschluss:
Mutter: Hauptschule Realschule Abitur /Fachabitur keiner
Vater: Hauptschule Realschule Abitur /Fachabitur keiner
Beruf:
Mutter: __________________________________________________________________
Vater: __________________________________________________________________
105
10.4 Untersuchungsbogen
Datum: __________________ Probandennummer:_______________
Klinisch orthopädischer Untersuchungsbefund:
Schultergradstand? Ja Nein
Beckengradstand/Beinlängendifferenz? Ja Nein
Schädelasymmetrie? Ja Nein
Fußfehlstellung? Ja Nein ______________________
Rückenform:
Normaler Rücken Rundrücken Hohlrundrücken Flachrücken
Rückenpathologie? Skoliose (Rippenbuckel, Lendenwulst, Taillendreieck-Asymmetrie)? Ja
Nein
Haltung verstärkte Kyphose verstärkte Lordose
Halteleistung im Matthiass-Test suffizient insuffizient
106
11 Lebenslauf
Persönliche Daten Geburtsdatum 20.11.1980
Geburtsort Wuppertal
Familienstand Ledig
Nationalität
Deutsch
Schulausbildung Gemeinschaftsgrundschule Hackenberg Remscheid
1986-1990
Röntgen-Gymnasium Remscheid
1990-1996
High-School Vermont, U.S.A.
1996-1997
Röntgen-Gymnasium Remscheid
1997-2000
Abitur
2000
Hochschulausbildung Studium der Zahnmedizin Universität zu Köln
2000-2001
Studium der Humanmedizin Universität zu Köln
2001-2007
Physikum 14.03.2003
Staatsexamen 22.11.2007