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Kapitel: Nucleotide
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Einleitung Nucleinsäuren werden in allen Geweben ständig auf- und abgebaut. In Hirn, Skelettmuskel
und Knorpel teilen sich Zellen nur selten, sodass wenig Deoxyribonukleotide synthetisiert
werden müssen, im Gegensatz zu Darm-Mucosa, Haut und Knochenmark, welche
sich ständig erneuern. Beide Typen von Geweben synthetisieren hingegen
Ribonucleotide als Bausteine von RNA, die zur Proteinsynthese gebraucht werden.
Purin- und Pyrimidin-Nucleotide können entweder de novo gebildet werden oder aus Purin-
und Pyrimidin-Basen, die aus dem Nucleotidabbau stammen (sog. Wiederverwertungsweg).
Bei der de novo Synthese der Purin-Nukleotide wird der heterozyklische Ring an 5-
Phosphoribose synthetisiert, während bei den Pyrimidin-Nucleotiden zuerst der
Pyrimidinring gebildet wird vor der Koppelung mit 5-Phosphoribose. Der erste Schritt in der
de novo Synthese der Nukleotide wird durch die Endprodukte (AMP + GMP bzw. UTP) stark
gehemmt ("negative Feedback Hemmung").
Das N1 der Purine stammt von der Aminogruppe des Aspartats; C2 und C8 haben ihren
Ursprung in Formiat; N3 und , N9 werden von der Amidgruppe des Glutamins geliefert; C4,
C5 und N7 werden von Glycin beigesteuert (was darauf hindeutet, dass dieses Molekül als
Ganzes in den Purinring eingebaut wird) und C6 stammt aus HCO3. Dieser Syntheseweg
existiert vollständig nur in der Leber.
Kapitel: Nucleotide
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Synthese von Inosinmonophosphat (IMP) Alle Purine gehen auf Inosinmonophosphat (IMP) zurück, das Nucleotid der Base
Hypoxanthin. IMP ist sowohl die Vorstufe von AMP als auch von GMP.
IMP wird über einen Weg, der aus 11 Reaktionsstufen besteht, synthetisiert (siehe Seite
41).
1. Aktivierung von Ribose-5-phosphat Im ersten Schritt der Purinbiosynthese aktiviert die Ribosephosphat-Pyrophosphokinase die Ribose, indem sie diese mit ATP zu 5-Phosphoribosyl-α-pyrophosphat (PRPP) umsetzt.
2. Einbau des Purinatoms N9 In der ersten Reaktion, die ausschliesslich der Purinbiosynthese dient, katalysiert Amidphosphoribosyl-Transferase die Substitution der PPi-Gruppe von PRPP durch das Stickstoffatom der Amidgruppe von Glutamin.
3. Einbau der Purinatome C4, C5 und N7 Die Carboxylgruppe des Glycins bildet mit der Aminogruppe von Phospho-ribosylamin ein Amid, das Glycinamidribotid (GAR).
4. Einbau des Purinatoms C8 Die freie α-Aminogruppe von GAR wird formyliert. Dies führt zu Formyl-glycinarnidribotid (FGAR).
5. Einbau des Purinatoms N3 Die Amidgruppe eines zweiten Glutamins wird auf den wachsenden Purin-ring übertragen und es entsteht Formylglycinamidinribotid (FGAM).
6. Bildung des Purin-Imidazolrings Der Purin-Imidazolring wird in einer ATP-verbrauchenden intramolekularen Kondensation geschlossen, die zu 5-Amidoimidazolribotid (AIR) führt.
7. Einbau von C6 Das Purin-C6-Atom wird durch HCO3 eingeführt. Die Carboxylierungs-reaktion wird durch AIR-Carboxylase katalysiert und führt zu Carboxy-aminoimidazolribotid (CAIR).
8. Einbau von N1 Das Purinatom N1 wird von Aspartat in einer amidbildenden Kondensationsreaktion zu 5-Aminoimidazol-4-(N-succinylocarboxamid)-ribotid (SACAIR) beigesteuert.
9. Eliminierung von Fumarat SACAIR wird unter Freisetzung von Fumarat gespalten. Dabei wird 5-Aminoimidazol-4-carboxamidribotid (AICAR) gebildet.
10. Einbau von C2 Das letzte Atom für den Einbau in den Purinring liefert die Formylierung durch N10-Formyltetrahydrofolat zu 5-Formaminoimidazol-4-carboxamid-ribotid (FAICAR).
11. Cyclisierung zu IMP Die letzte Reaktion dieses Wegs, der Ringschluss zu IMP, erfolgt durch Eli-minierung von Wasser.
Kapitel: Nucleotide
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Synthese von Adenosin- und Guanosinribonucleotiden Synthese von AMP und GMP aus IMP
IMP wird innerhalb der Zelle nicht
akkumuliert, sondern rasch zu AMP und
GMP umgewandelt. AMP, das sich von
IMP nur durch den Austausch der
Ketogruppe durch eine Aminogruppe
unterscheidet, wird über einen
zweistufigen Reaktionsweg
synthetisiert. In der ersten Reaktion -
getrieben durch die Hydrolyse von GTP zu
GDP und Pi - wird die Aminogruppe von
Aspartat mit IMP zu Adenylosuccinat verknüpft. In der zweiten Reaktion
eliminiert Adenylosuccinat-Lyase Fumarat und bildet so AMP.
GMP wird ebenfalls in zwei Stufen
aus IMP synthetisiert. In der ersten
Reaktion wird IMP durch eine NAD+-
abhängige Reduktion zu
Xanthosinmonophosphat (XMP)
dehydriert. XMP wird dann durch den Transfer eines Glutamin-Amidstickstoffs zu
GMP umgewandelt.
Synthese von Di- und Triphosphaten In der ersten Reaktion werden Nucleosiddiphosphale durch basenspezifische
Nucleosidmonophosphat-Kinasen aus den jeweiligen Nucleosidmonophosphaten
synthetisiert.
XMP + ATP XDP + ADP (z.B. durch Adenylatkinase: AMP + ATP 2ADP)
Diese Nucleosidmonophosphat-Kinasen unterscheiden nicht zwischen Ribose- und
Desoxyribose enthaltenden Substraten. Nucleosiddiphosphate werden durch
Nucleosiddiphosphat-Kinasen in die jeweiligen Nucleosidtriphosphate überführt:
XDP + YTP XTP + YDP
Kapitel: Nucleotide
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Widerverwertung der Purine In den meisten Zellen wird beim Umsatz von Nucleinsäuren (besonders von einigen RNA
Spezies) Adenin, Guanin und Hypoxanthin freigesetzt. Diese freien Purine werden über
Rückgewinnungswege (salvage pathways) wieder zu den entsprechenden Nucleotiden
umgesetzt.
Im Gegensatz zu den Reaktionen der de novo-Synthese von Purinnucleotiden, die praktisch
in allen Zellen identisch abläuft, unterscheiden sich die Recycling-Wege hinsichtlich der
Mechanismen und des Vorkommens von Organismus zu Organismus. In Säugern werden
Purine zum grössten Teil durch zwei Enzyme wiederverwertet:
Adenin-Phosphoribosyl-Transferase (APRT) Adenin + PRPP AMP + PPi Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase (HGPRT) Hypoxanthin + PRPP IMP + PPi Guanin + PRPP GMP + PPi In extrahepatischen Geweben ist der Wiederverwertungsweg ungleich wichtiger als die
de novo-Synthese (z.B. Nervensystem). Deshalb hat ein Ausfall der HGPRT
scherwiegende Folgen und beeinträchtigt die Gehirnentwicklung (siehe Seite 56).
Synthese von Pyrimidinnucleotiden CMP, UMP, dCTP, dTTP (de novo)
Die Biosynthese von Pyrimidinen ist weniger
komplex als die von Purinen. Isotopenexperimente
haben gezeigt, dass die Atome NI, C4, C5 und C6
des Pyrimidinrings alle aus Asparaginsäure
stammen und dass C2 von HCO3 und N3 von
Glatamin geliefert werden.
Synthese von UMP UMP, das auch eine Vorstufe von CMP ist, wird über einen sechsstufigen Reaktionsweg
synthetisiert. Im Gegensatz zur Purinnucleotidsynthese wird der Pyrimidinring nach der
Ringsynthese an die Ribose-5-phosphateinheit geknüpft.
CN
C
CC
N
12
34
5
6
Glutaminamid Aspartat
HCO3-
Kapitel: Nucleotide
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De novo-Synthese von UMP 1. Synthese von Carbamoylphosphat
Die erste Reaktion der Pyrimidinbiosynthese ist die Synthese von Carbamoylphosphat aus
HCO3- und dem Amidstickstoff von Glutamin durch das Enzym Carbamoylphosphat-
Synthetase II im Cytosol (siehe Harnstoffzyklus).
2. Synthese von Carbamoylaspartat
Die Kondensation von Carbamoylphosphat mit Aspartat zu Carbamoylaspartat wird durch
Aspartat-Transcarbamoylase (ATCase) katalysiert.
3. Ringschluss zu Dihydroorotat
Der dritte Reaktionsschritt ist eine durch Dihydroorotase katalysierte, intramolekulare
Kondensation und liefert Dihydroorotat.
4. Oxidation von Dihydroorotat
Dihydroorotat wird durch Dihydroorotat-Dehydrogenase irreversibel zu Orotat oxidiert.
5. Verknüpfung mit dem Ribosephosphatrest
Orotat reagiert mit PRPP, katalysiert durch die Orotat-Phosphoribosyl-Transferase, zu
Orotidin-5'-monophosphat (OMP).
6. Decarboxylierung unter UMP-Bildung
Die letzte Reaktion des Stoffwechselwegs ist die Decarboxylierung von OMP durch die OMP-
Decarboxylase unter Bildung von UMP.
Kapitel: Nucleotide
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Synthese von UTP und CTP
Synthes von CTP aus UMP
Die Synthese von UTP aus UMP verläuft
analog der Synthese der Purinnucleosid-
triphosphate. Sie erfolgt durch die
aufeinander folgende Katalyse von
Nucleosidmonophosphat-Kinase und
Nucleosiddiphosphat-Kinase:
UMP + ATP UDP + ADP UTP + ATP UTP + ADP
CTP wird durch die Aminierung von UTP durch
CTP-Synthetase gebildet. Bei Tieren stammt
die Aminogruppe von Glutamin, bei Bakterien
direkt von Ammoniak .
Regulation der Nucleotidsynthese Die zu Purin- und Pyrimidinnucleotiden führenden Synthesewege unterliegen einer strengen
Regulation.
Purine
Die Regulation des IMP-Wegs greift an den ersten beiden Reaktionen ein.
Ribosephosphat-Pyrophosphokinase, das Enzym für die erste Reaktion des IMP-Wegs,
wird durch ADP und GDP gehemmt. Amidophosphoribosyl-Transferase, die zweite
Reaktion katalysiert, unterliegt ebenso einer Rückkopplungshemmung und zwar einerseits
durch ATP, ADP und AMP sowie GTP, GDP und GMP.
Kapitel: Nucleotide
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Eine zweite Regulationsstelle liegt unmittetbar hinter dem Verzweigungspunkt von IMP zu
AMP oder GMP. AMP und GMP wirken als kompetitive Inhibitoren von IMP auf ihrem
jeweiligen Syntheseweg. Zusätzlich werden die Syntheseraten der Adenosin- und
Guanosinnucleotide koordiniert. GTP treibt die Synthese von AMP aus IMP, während ATP
diejenige von GMP aus IMP treibt. Die kreuzweise Abhängigkeit sichert die Synthese von
AMP und von GTP aufeinander ab (allosterische Aktivierung).
Ribose- 5- phosphat
PRPP
5-Phosphoribosylamin
IMP
Adenylosuccinat
AMP
ADP
ATP
XMP
GMP
GDP
GTP
Regulation der Purinbiosynthes
Kapitel: Nucleotide
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Pyrimidine
Bei Eukaryoten wird die Pyrimidinbiosynthese über die Aktivität der Carbamoylphosphat-
Synthetase II reguliert, die durch UDP und UTP gehemmt sowie durch ATP und PRPP
aktiviert wird.
Synthese von Desoxyribonucleotiden Desoxyribonucleotide (dNDP) werden aus den entsprechenden Ribonucleotiden (NDP)
durch Reduktion der C2'-Position hergestellt und nicht durch de novo-Synthese aus
desoxyribosehaltigen Vorstufen.
CPS
OMP-
Regulation der Pyrimidinbiosynthese
HCO 3 - + Glutamin + ATP
Carbamoylphosphat
Carbamoylaspartat
Dihydroorotat
Orota
OMP
UMP
UDP
UTP
CTP
PRPP
Kapitel: Nucleotide
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Enzyme, welche die Bildung von Desoxyribonucleoti den durch Reduktion der
entsprechenden Ribonueleotide katalysieren, bezeichnet man als Ribonucleotid-
Reduktasen.
Der letzte Schritt im katalytischen Zyklus der Ribonucleotid-Reduktase ist die Reduktion
der neu gebildeten Disulfidbindung des Enzyms zum ursprünglichen, redoxaktiven
Sulfhydrylpaar. Eines der physiologischen Reduktionsmittel des Enzyms ist Thioredoxin, ein ubiquitires monomeres Protein aus 108 Aminosäuren, das ein Paar benachbarte
Cys-Reste enthält. Thioredoxin reduziert oxidierte Ribonucleotid-Reduktase über einen
Disulfidbrückenaustausch.
Reduktion von Pyrimidin- und Purinnucleosiddiphosphaten
NADP Thioredoxin
NADPH2 Thioredoxin
SH
SH
S
S
NDP
dNDP
Thioredoxin-Reduktase
NDP-Reduktase
Oxidiertes Thioredoxin wird umgekehrt in einer Reaktion reduziert, die von Thioredoxin-
Reduktase katalysiert wird, die redoxaktive Thiolgruppen sowie FAD als prosthetische
Gruppe trägt.
Die Ribonucleotid-Reduktase ist ein grosses allosterisch reguliertes Enzym. Wichtigster
allosterischer Inhibitor (Feedback Inhibitor) ist dATP, wobei auch die anderen dNTPs als
Inhibitoren und Aktivatoren wirken, um die Balance der Konzentration der verschiedenen
dNTPs zu halten. Somit ist der Nucleotid-Stoffwechsel ausserordentlich gut ausbalanciert.
Kapitel: Nucleotide
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Biosynthese von dTMP
Thymidin = 5-Methyldesoxyuridin
Das dTMP der DNA wird durch Methylierung von dUMP synthetisiert. dUMP entsteht
durch die Hydrolyse von dUTP durch dUTP-Diphosphohydrolase (dUTPase):
dUTP + H2O dUMP + PPi
Thymidylat (dTMP) wird durch Thymidylat-Synthase aus dUMP synthetisiert, wobei
N5,N10-Methylentetrahydrofolat als Methyldonor fungiert.
Synthese von dTMP und Redoxzyklus von Tetrahydrofolsäure
Thymidylat-Synthase
DHFR
Kapitel: Nucleotide
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Hemmstoffe der Thymidysynthese Die Hemmung von DHFR blockiert die dTMP-Synthese sowie alle anderen THF-abhängigen
biologischen Reaktionen, weil das THF (FH4), das durch die Thymidylat-Synthase zu DHF
(FH2) umgewandelt wird, nicht wieder regeneriert werden kann. Dadurch wird die DNA-
Synthese (durch Substratmangel) gehemmt und damit die Zellvermehrung (Verwendung als
Cytostatica und Bacteriostatica). Eine solche Wirkung kann durch sog. Folsäure-Antagonisten
(=“Antivitamine“; Antifolate), die als kompetitive Inhibitoren an die DHFR binden, erreicht
werden.
Beispiele (Cytostatika): Amethopterin (Methotrexat, MTX), Aminopterin, Trimethoprim
Diese Antifolate sind wirksame Mittel gegen Krebs, besonders gegen Leukämie im
Kindesalter. In der Tat besteht eine erfolgversprechende Krebstherapie darin, dass man
Patienten mit einer letalen Dosis Methotrexat behandelt, der einige Stunden später die
Gabe hoher Dosen 5-Formyl-THF (Leucovorin) folgt um so den Patienten zu retten.
Die dTMP-Synthese ist ein entscheidender Prozess für schnell proliferierende Zellen, wie
Krebszellen, die einen ständigen dTMP-Nachschub für ihre DNA-Synthese benötigen.
Die Unterbrechung der dTMP-Synthese , z.B. durch 5-Fluorodesoxyuridylat (FdUMP),
kann deshalb diese Zellen abtöten.
Wiederverwertung von Pyrimidinnucleosiden Im Unterschied zu den Purinen kann ein Wiederaufbau von Pyrimidinnucleotiden ausgehend
von den beim Abbau freiwerdenden Pyrimidinbasen nicht erfolgen.
Hingegen werden die im Abbau anfallenden Pyrimidinnucleoside wieder verwertet:
Kapitel: Nucleotide
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Abbau von Nucleinsäuren und Nucleotiden
Die meisten Nahrungsmittel, die zellularen Ursprungs sind, enthalten Nucleinsäuren. Die
Nucleinsäuren der Nahrung werden nicht im säuren Milieu des Magens, sondern
hauptsächlich im Zwölffingerdarm durch pankreatische Nucleasen und intestinale
Phosphodiesterasen in ihre Nucleotidbausteine zerlegt. Die dabei entstehenden
ionischen Nucleotide, welche die Zellmembran nicht passieren können, werden von einer
Vielzahl gruppenspezifischer Nucleotidasen und unspezifischer Phosphatasen zu
Nucleosiden hydrolysiert. Nucleoside können direkt von der Darmschleimhaut absorbiert
werden oder durch Einwirkung von Nucleosidasen und Nucleosid-Phosphorylasen einen weiteren Abbau zu freien Basen und Ribose oder Ribose-1-phosphat
unterliegen.
Abbau der Pyrimidine
Die Endprodukte des Pyrimidinkatabolismus ,
β-Alanin und β-Aminobuttersäure, sind
Aminosäuren und werden als solche
metabolisiert. Das während des Abbaus entstandene NH3 wird als Harnstoff eliminiert.
β-Alanin β-Aminoisobuttersäure
RNA
Oligonucleotid
Mononucleotid
Nucleosid
Pyrimidin Purin
im Katabolismuzur Verwertba( H2O, 2,
im Katabolismunich Verwertba
Wiederverwertung von Purinbase
Wiederverwertung von Pyrimidinnucleoside
Nucleosi -Phosphorylase
Phosphomonoesterase( Nucleotidase , Phosphatasen
Phosphodiesterase(RNas , DNas )
H2O
H2O
H2O
Pi
Pi
Ribos - 1-Pi
AT
AD
P i
PRPHGPR
Prinzip des Abbaus von Nucleins ä uren und Nucleotiden
Kapitel: Nucleotide
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Abbau der Purine
Die Reaktionswege des Purinnicleotidkatabolismus, die bei Menschen in der Leber
stattfinden, führen alle zur Harnsäure, auch wenn sie in anderen Organismen ein wenig
unterschiedlich ablaufen (bei meisten Säugern wird Harnsäure weiter oxidiert und
decarboxyliert zum besser wasserlöslichen Allantoin). Zwischenprodukte dieser Reaktionen
können wiederum dem Aufbau von Purinnucleotiden dienen. Ausserdem ist Ribose-1-P, ein
Produkt der von Purinnucleosid-Phosphorylase (PNP) katalysierten Reaktion, ein Vorläufer
von PRPP.
Hauptwege des Purinkatabolismus
Beteiligte Enzyme: 1) 5’-Nucleotidase; 2) Adenosin-Deaminase; 3) Nucleosid-
Phosphorylase; 4) Guanin-Deaminase; 5) Xanthin-Dexydrogenase (Xanthin-Oxidase)
Kapitel: Nucleotide
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Bei Menschen und anderen Primaten wird die Harnsäure im Urin ausgeschieden (ca. 60%
der täglichen Produktion von ~1 g).
Störungen des Pyrimidin- und Purinabbaus Mehr als 15 (Abbildung unten; 21.1-21.15) Enzymdefekte sind bis heute in Pyrimidin- und
Purinkatabolismus beschrieben. Die meisten davon werden autosomal-rezessiv vererbt,
einige sind X-chromosomal.
Ein genetisch bedingter Mangel an Adenosin-Deaminase (ADA) verursacht eine Störung im
Purinnucleosidstoffwechsel und führt dadurch zum Absterben von Lymphozyten. Da
Lymphozyten einen Grossteil der Immunantwort darstellen, führt dies zum so genannten
Schweren Kombinierten Immundefekt, der ohne Prophylaxe bereits im Kindesalter wegen
schweren Infektionen unweigerlich zum Tode führt.
Andere Defekte des Immunsystems rühren von einem Mangel an Purinnucleotid-
Phoshorylase (PNP) her. Dieser Enzymdefekt tötet die T-Lymphozyten, nicht jedoch die B-
Lymphozyten, und verursacht deshalb einen weniger schwerwiegenden Defekt des
Immunsystems.
Angeborene Enzymdefekte des Pyrimidin- und Purinabbaus
Pyrimidinabbau Purinabbau
Hyperurikämie (erhöhte Konzentration der Harnsäure)
Harnsäure ist in Wasser nur wenig löslich, do dass sie praktisch kristallin mit sehr geringem
Wassergehalt ausgeschieden wird. Die Plasmakonzentrationen bei gesunden Menschen
liegen nahe an der Löslichkeitsgrenze (♀: 150-350 μmol/l; ♂: 210-420 μmol/l).
Kapitel: Nucleotide
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Die Gicht ist eine Erkrankung, die sich durch erhöhte Harnsäurespiegel in den Kör-
perflüssigkeiten auszeichnet. Ihr häufigstes Symptom ist eine entzündliche Arthrose, die von
einem plötzlichen starken Schmerz im betroffenen Gelenk (oft der grosse Zeh) begleitet ist.
Ausgelöst wird diese durch die Ablagerung unlöslicher Natriumuratkristalle. Natriumurat oder
Harnsäure können sich darüber hinaus in Nieren und Harnleitern als Steine ablagern, was zu
Nierenschaden und Störungen im Harntrakt führt. Gicht ist eine der häufigsten
Stoffwechselkrankheiten (tritt bei ca. 3 von 1000 Personen auf) und manifestiert sich
zunächst durch eine Hyperurikämie (Harnsäure > 420 μmol/l) begleitet von Schmerzattacken
und Bildung von Harnsteinen. Später treten chronische Schäden in Gelenken wie z.B.
chronische Arthritis (Ablagerung von Uratkristallen in Knorpel – Gichtknoten) und irreversible
Nierenschäden auf.
Ursachen
Primäre Hyperurikämien:
• Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase (HGPRT)-Mangel (Lesch-Nyhan-Syndrom)
• Gestörte Ausscheidung von Harnsäure (bei 70%) – wird filtriert, sezeniert und
resorbiert
Sekundäre Hyperurikämien:
• Bei erhöhtem Zellumsatz, d.h. erhöhtem Umsatz an Nucleinsäuren (Leukämien, hämolytische Anämie)
• Niereninsuffizienz, Acidose (durch Stoffwechselstörung bedingte)
• Nahrungsbedingt durch Einnahme von zellreichen parenchymatösem Gewebe (Leber, Niere, Milken)
Die Gicht gilt als Wohlstandskrankheit und ist oft mit Diabetes Typ II oder Fettsucht
vergesellschaftet. Auch Alkoholgenuss kann einen Gichtanfall auslösen:
Ethanol Acetaldehyd Acetat + NADH-Überschuss in der Leber (Cytosol)
Als Folge wird Pyruvat vermehr zu Laktat abgebaut und Laktat kompetiert mit Harnsäure-
Sekretion in der Niere. Die Harnsäure-Konzentrationen steigen, was zur Gicht führen
kann.
Kapitel: Nucleotide
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Therapie
• Purinarme Diät
• Uricosurica (Sulfinpyrazon) hemmt die Harnsäure-Resorption in der Niere und (Brenzbroman) fördert die Harnsäuresekretion.
• Allopurinol hemmt die Xanthin-Dihydrogenase (Xanthinoxidase) – Hypoxanthin und Xanthin sind besser wasserlöslich
Lesch-Nyhan-Syndrom Das Lesch-Nyhan-Syndrom, das auch als Hyperurikämiesyndrom bezeichnet wird, ist eine
X-Chromosomal-rezessiv vererbte Erkrankung. Das bedeutet, dass die Ursache für diese
Erkrankung auf dem X-Chromosom, also einem der beiden Geschlechtschromosomen liegt.
Da Frauen zwei X-Chromosomen besitzen, müssen vom Prinzip her beide Chromosomen
betroffen sein, damit die Erkrankung ausbricht. Männer besitzen nur ein X-Chromosom, das
andere ist das Y-Chromosom, deswegen bricht die Erkrankung aus, sofern dieses
Chromosom verändert ist. Das in diesem Fall betroffene Gen codiert für die Hypoxanthin-
Guanin-Phosphoribosyl-Transferase (HGPRT).
Eine verminderte oder fehlende Aktivität der HGPRT hat zur Folge eine gestörte
Wiederverwertung von Purinen (mangelnde Resynthese von IMP), mangelnde
Feedbackhemmung der de novo-Synthese von Purinen (v.a. in der Leber) und somit eine
Aktivierung der Purinsynthese (vermehrte Produktion von Harnsäure).
Bei der Geburt zeigen die Betroffenen keinerlei klinische Symptome. Auffallend könnten
allenfalls die durch die erhöhte Harnsäureausscheidung zu beobachtenden gelblichen
Urinrückstände in den Windeln sein. Sechs bis acht Wochen nach der Geburt beobachtet
man dann eine erhöhte Brechneigung, aber auch das ist als Symptom noch nicht unbedingt
auffällig. Erst nach ca. zehn Monaten zeigt sich ein klinisch charakteristischer Phänotyp: die
Kinder zeigen auffällige Beinstellungen und einen stark eingeschränkten Bewegungsdrang.
Außerdem werden Entwicklungsrückstände deutlich.
• In der leichtesten Form findet man nicht mehr als eine erhöhte Harnsäureausschüttung. Dies kann in späteren Jahren zu einer Gichtanfälligkeit führen.
• Bei der nächstschwereren Form findet man neben der erhöhten Harnsäureausschüttung bereits eine leichte klinische Symptomatik.
• Eine weitere Steigerung stellt eine Patientengruppe dar, bei der neben den biochemischen Abweichungen, bereits erste Anzeichen von Selbstverstümmelungen an Unterlippen und Fingern beobachtet werden. Auch in dieser Gruppe finden sich keine Beeinträchtigungen der geistigen Entwicklung.
• Bei der schwersten Form der Erkrankung beobachtet man, neben den vorher erwähnten Symptomen, starke Ausprägungen der für diese Krankheit typischen
Kapitel: Nucleotide
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Neigung zur Selbstverstümmelung (Selbstkannibalismus). Hinzu kommt jetzt jedoch eine starke geistige Beeinträchtigung (Retardierung).
Die Kinder beissen sich stark in die Unterlippe und in die Fingerspitzen. Die Aggressionen
der Kinder sind allerdings nicht nur gegen sich selbst gerichtet, sondern oft auch gegen die
sie betreuenden Menschen. Auffällig und bisher nicht erklärbar ist die Tatsache, dass die
Kinder sich nur in eine Hand beissen.
Trotz dieses Verhaltens sind diese Kinder oft besonders beliebt, da sie über einen
ausgeprägten Humor verfügen und sich nach Aggressionsattacken besonders freundlich
verhalten.
Ribose-5-Phosphat
PRPP
5-Phosphoribosylamin
IMP
Xanthin
Harnsäure (Blut)
Harnsäure (Blaseurin)
AMP GMP
Hypoxanthin Guanin
PRPP-Synthase
PRPP-Amidotransferase
Xanthin-DH
Xanthin-DH
Allopurinol-Ribose-P(allosterischeHemmung
RNA, DNA
Allopurinol
HGPRT
Sulfinpyrazon(Rückresoption-hemmer)
Brenzbromoran(fördert Harn-säuresekretion)
Adenin(Nahrung) Guanin
(Nahrung)
Metabolische Ursachen der Hyperurikämie (Gicht) und Therapeutische Beeinflussung durch Pharmaka