Post on 16-Sep-2019
transcript
SPOTLIGHT GESUNDHEIT
Daten Analysen Perspektiven | Nr 5 2016
RuumlckenschmerzenViele Arztbesuche und unnoumltige Bilder ndash
Patienten sind medizinglaumlubig Aumlrzte technikorientiert
Erhebliche Wissensdefizite Die Haumllfte der Bevoumllkerung glaubt faumllschlicher-
weise dass man mit Ruumlckenschmerzen immer zum Arzt gehen sollte
38 Millionen Behandlungsfaumllle Jeder fuumlnfte Versicherte geht mindestens
einmal im Jahr wegen Ruumlckenschmerzen zum Haus- oder Facharzt
Falsche Ansprache Die behandelnden Aumlrzte sprechen nur mit jedem
zweiten Betroffenen uumlber moumlgliche psychosoziale Ursachen
Unangemessene Diagnostik Bildgebende Diagnostik wird zu fruumlh und zu oft
eingesetzt
Unkoordinierter Zugang und Fehlanreize Hausaumlrzte sollten mehr
Steuerungsfunktion uumlbernehmen Bildgebende Diagnostik sollte nur bei
definierten Indikationen erstattet werden
Unzureichende Information Eine effektive Verbreitung von Patienten-
informationen und eine bessere Verguumltung von Arzt-Patienten-Gespraumlchen
sind erforderlich
2 Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen
Autoren
Eckhard Volbracht Project Manager eckhardvolbracht bertelsmann-stiftungde
Marion Grote-Westrick Senior Project Manager mariongrotewestrickbertelsmann-stiftungde
Andrea Fuumlrchtenicht Project Manager andreafuerchtenichtbertelsmann-stiftungde
Es trifft fast jeden Ruumlckenschmerzen sind ein Volksleiden und stellen ein gravierendes sozialmedizinisches und gesundheitsoumlkono-
misches Problem dar 70 Prozent der deutschen Bevoumllkerung haben mindestens einmal im Jahr mehr oder weniger starke Ruumlckenschmerzen nur 15 Prozent hatten noch nie damit zu tun Bei Ruumlckenschmerzen wird eine Fuumllle diagnosti-scher und therapeutischer Maszlignahmen eingesetzt Die gesamtwirtschaftlichen Ausgaben fuumlr Arzt-besuche Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen Spritzen Physiotherapie operative Eingriffe und Reha-Maszlignahmen belaufen sich auf etwa neun Milliarden Euro jaumlhrlich Hinzu kommen erheb-liche indirekte Belastungen und Kosten durch Arbeits- und Erwerbsunfaumlhigkeit
Diagnostik und Therapie von Ruumlckenschmer- zen erfolgen bislang wenig standardisiert sind in vielen Details umstritten und fallen je nach Arzt-gruppe Einrichtung und Region sehr unterschied- lich aus Die 2010 vom Aumlrztlichen Zentrum fuumlr Qualitaumlt in der Medizin (AumlZQ) der Kassenaumlrzt- lichen Bundesvereinigung und der Bundesaumlrzte-kammer veroumlffentliche Nationale Versorgungs-Leitlinie Kreuzschmerz soll den behandelnden Aumlrzten Orientierung geben und die Versorgung der Patienten verbessern
Fuumlr den bdquoFaktencheck Ruumlckenldquo hat die Bertels-mann Stiftung die aktuelle Versorgungssituation unter die Lupe genommen Das Institut fuumlr ange-wandte Gesundheitsforschung (InGef) wertete anonymisierte Behandlungsdaten von mehr als sieben Millionen Versicherten von 70 Betriebs- krankenkassen der Jahre 2009 bis 2015 aus ana-lysierte die ruumlckenschmerzbezogenen Arztbesu-che die ambulanten konservativen Behandlungen sowie den Einsatz bildgebender Diagnostik Zent-rale Fragestellung war wie leitliniengerecht die Versorgung erfolgt Zudem ging der bdquoFaktencheck Ruumlckenldquo der Frage nach wie Patientenerwartun-gen die Haumlufigkeit der Bildgebung beeinflussen Hierzu hat die Bertelsmann Stiftung in einer repraumlsentativen Umfrage die vorherrschenden Ansichten zu Ruumlckenschmerzen im Allgemeinen und zur Versorgung im konkreten Fall erfragt
Erhebliche Wissensdefizite und falsche Erwartungen
Das Ergebnis Vielen Menschen ist nicht bewusst dass Ruumlckenschmerzen oft einfach so kommen und wieder gehen Uumlber die Haumllfte der im Juni 2016 befragten Bundesbuumlrger war der Ansicht dass man mit Ruumlckenschmerzen immer zum Arzt gehen und sich schonen muumlsse Ebenfalls gut 50 Prozent glauben nicht dass Ruumlckenschmerzen bdquooft von alleine verschwindenldquo Zudem gehen sie nicht davon aus dass bdquoman sich schneller erholt wenn man seinen Alltagsverpflichtungen in Beruf und Familie so weit wie moumlglich nachkommtldquo
Etwa 85 Prozent der akuten Ruumlckenschmerzen gelten jedoch als nicht spezifisch und medizinisch harmlos Diese bessern sich meistens nach eini-gen Tagen oder Wochen und erfordern nur eine sehr begrenzte symptomatische medizinische Behandlung Die Nationale VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz empfiehlt dazu ausdruumlckliche Erklaumlrungen des Arztes an die Patienten erstens zur Ungefaumlhrlichkeit der meisten Ruumlckenschmer-zen zweitens zur sehr guten Prognose einer Ver-besserung ohne Intervention und drittens dazu wie wichtig die Beibehaltung von Alltagsaktivitauml-ten fuumlr die Genesung ist Diese Informationen haben groszligen Einfluss auf den Umgang mit den Schmerzen und sind sehr bedeutsam fuumlr den wei-teren Krankheitsverlauf
bdquoWenn sich durch das Patienten-Arzt-Gespraumlch und die koumlrperliche Untersuchung keine Hinweise fuumlr einen gefaumlhrlichen Verlauf [hellip] ergeben sollen erst
einmal keine weiteren Unter- suchungen durchgefuumlhrt werdenldquo
PatientenLeitlinie zur Nationalen VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz (1 Auflage Version 2 06082013)
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 3
Die Ansichten dass man bei Ruumlckenschmerzen immer einen Arzt aufsuchen sollte oder dass Ruumlckenschmerzen abnorme oft irreversible Erscheinungen sind die bdquonicht von alleine verschwindenldquo sind Elemente eines (veralteten) biomedizinischen Krankheitsverstaumlndnisses demnach entstehen Krankheiten primaumlr durch externe Schaumldigungen und koumlnnen am besten durch medizinische Behandlungen behoben wer-den Die Befragungsergebnisse verdeutlichen dass dieses biomedizinisch gepraumlgte Verstaumlndnis in weiten Teilen der Bevoumllkerung noch immer uumlberwiegt (siehe Abbildung 1) Eine Folge ist die hohe Zahl von Arztbesuchen
38 Millionen Behandlungsfaumllle pro Jahr
20 Prozent aller Versicherten waren 2015 ein oder mehrere Male wegen Ruumlckenschmerzen beim Arzt Die Analysen ergaben gerundet 469 Behandlungsfaumllle (Arztbesuche in verschiede-nen Quartalen oder bei verschiedenen Aumlrzten) je 1000 Versicherte davon 294 beim Hausarzt und 175 bei Aumlrzten anderer Fachgruppen (siehe Abbil-dung 2) Das sind hochgerechnet 38 Millionen Behandlungsfaumllle
Sowohl bei Haus- als auch bei Fachaumlrzten haben die Behandlungen seit 2009 leicht zuge-nommen Mehr als die Haumllfte (57 ) der Patienten mit Ruumlckenschmerzen war mehrfach im Jahr wegen Ruumlckenschmerzen beim Arzt 27 Prozent der Patienten verursachten sogar mehr als vier Behandlungsfaumllle
Meinungen in Bezug auf Ruumlckenschmerzen
n stimme voll und ganz zu nstimme eher zu nstimme eher nicht zu nstimme uumlberhaupt nicht zu Antworten bdquoweiszlig nichtldquo und k A weggelassen n = 914ndash977 Befragung Juni 2016Abbildung 1 | Quelle TSN Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Aumlrzte beeinflussen Patientenverhalten
Wissensdefizite falsche Therapieerwartungen
und Verhaltensorientierungen der Patienten
resultieren aus vielfaumlltigen Erfahrungen und
Einfluumlssen Den staumlrksten Einfluss hat wie
Studien zeigen der behandelnde Arzt Sein
Verhalten die Informationen die er gibt und
seine Vorgehensweise bestimmen den Umgang
der Betroffenen mit ihren Ruumlckenschmerzen
uumlber Jahre Aumlrzte muumlssen Wissensdefizite und
uumlberzogene Erwartungen von Patienten korri-
gieren Nur so werden sie ihrem Anspruch als
unabhaumlngige vertrauenswuumlrdige Experten
gerecht
Ambulante Behandlungsfaumllle Behandlungsfaumllle beim Haus- undoder Facharzt aufgrund von Ruumlckenschmerzen je 1000 Versicherte Standardisiert nach Alter Geschlecht und Region
n Hausaumlrzte nAndere FacharztgruppenAbbildung 2 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Bei Ruumlckenschmerzen sollte man immer einen Arzt aufsuchen
21 31 39 8
Ruumlckenschmerzen verschwinden oft von alleine
12 30 39 19
Bei Ruumlckenschmerzen sollte man sich schonen
20 32 33 16
Man erholt sich schneller von Ruumlckenschmerzen wenn man weiter seinen normalen Verpflichtungen in Beruf und Familie nachgeht
14 28 42 15
2012
167
447
280
2013
169
455
286
2014
174
469
295
2015
175
469
294
2011
165
442
277
2010
164
444
280
2009
161
433
272
4 Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen
Aumlrztliche Beratung oft unzureichend
Drei Viertel der Patienten werden koumlrperliche Aktivitaumlt und Sport empfohlen wie es der Leitlinie entspricht In der bevoumllkerungsrepraumlsentativen Befragung gab aber knapp die Haumllfte der Patien-ten auch an ihnen sei zu bdquoRuheldquo und bdquoScho-nungldquo geraten worden Ebenso vielen erklaumlrte der behandelnde Arzt ihr Ruumlcken sei bdquokaputtldquo oder bdquoverschlissenldquo Solche Aussagen demotivieren foumlrdern eine passive Einstellung und stehen der Genesung oder Beschwerdelinderung nachhaltig im Weg
Uumlber moumlgliche psychische Krankheitsursachen und die konkrete Arbeits- und Lebenssituation wird zu selten ndash nur mit jedem zweiten Patienten ndash gesprochen Studien zeigen dass Aumlrzte mit einem biomedizinischen Krankheitsverstaumlndnis haumlufiger krankschreiben und eher zu Bettruhe und einer Verringerung von Alltagsaktivitaumlten raten Sie messen auch bildgebender Diagnostik zu viel Bedeutung bei All das ist nicht leitlinien-konform und hinsichtlich der Patientenorientie-rung und -sicherheit kritisch zu bewerten
Aumlrzte veranlassen zu viele Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen
Dass bildgebende Verfahren sowohl zu fruumlh als auch zu haumlufig eingesetzt und dazu noch unnoumltig oft wiederholt werden hat der Sachverstaumlndigen- rat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesund-
heitswesen bereits vor 15 Jahren in seinem Gut-achten bdquoBedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlich-keitldquo kritisiert Der bdquoFaktencheck Ruumlckenldquo zeigt dass diese Uumlber- und Fehlversorgung bei Patien-ten mit Ruumlckenschmerzen immer noch besteht
Entgegen den Leitlinien werden bei vielen Patienten mehrfach Roumlntgenaufnahmen Compu-ter- oder Magnetresonanztomographien (CTs MRTs) gemacht 21 Prozent wurden in den fuumlnf Jahren nach der Diagnose Ruumlckenschmerzen zwei- bis dreimal durchleuchtet sieben Prozent mehr als viermal
Im Jahr 2015 erfolgte bei jedem sechsten Pati-enten eine bildgebende Diagnostik ohne entspre-chende Indikation (ohne bdquoRed Flagsldquo d h Warn-
bdquoIn den uumlberwiegenden Faumlllen liefern Bilder keinen konkreten
Anhaltspunkt fuumlr den Grund von Ruumlckenschmerzen Viele Ursachen
wie Stress Unzufriedenheit am Arbeitsplatz oder Bewegungsmangel lassen sich eben auf keiner Roumlntgen-
oder MRT-Aufnahme erkennenldquoProf Dr med Jean-Franccedilois Chenot Professor fuumlr Allgemeinmedizin und Direktor
der Abteilung Allgemeinmedizin der Universitaumlts-medizin Greifswald ambulant taumltiger Facharzt
5Jeder geht mindestens einmal im Jahr
wegen Ruumlckenschmerzen
zum Arzt
6000000 Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen allein vom Ruumlcken verordneten Aumlrzte im Jahr 2015
der Bevoumllkerung glauben faumllschlicherweise dass man mit Roumlntgen- CT- und MRT-Bildern die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig und schnell findet
69
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 5
hinweise etwa auf ausgepraumlgte Laumlhmungen oder den Verdacht auf Entzuumlndung oder Fraktur) Das betraf nach den vom InGef ausgewerteten Abrech-nungsdaten insbesondere juumlngere Erwachsene bei den 20-40-Jaumlhrigen ohne bdquoRed Flagsldquo wurden knapp ein Drittel mehr Roumlntgenbilder veranlasst als bei den uumlber Vierzigjaumlhrigen ohne bdquoRed Flagsldquo
Die bildgebende Diagnostik erfolgt oft vor-schnell bei jedem fuumlnften Patienten (22 ) bereits im Quartal der Erstdiagnose Orthopaumlden veran-lassen ein Roumlntgenbild in dieser Zeitspanne vier-mal so haumlufig wie Hausaumlrzte Nach der Nationalen VersorgungsLeitlinie sollte dies jedoch ohne besondere Indikation fruumlhestens nach sechs bis zwoumllf Wochen erfolgen wenn eine konservative Therapie keinen Erfolg hat Bei mehr als 50 Pro-zent der Patienten wurde aber in den drei Monaten vor der Bildgebung uumlberhaupt kein konservativer Therapieversuch z B Verordnung von Schmerz-mitteln oder Krankengymnastik unternommen
Im Jahr 2015 wurden pro 1000 Patienten mit Ruumlckenschmerzen 375 Bilder erstellt davon 202 Roumlntgenaufnahmen der Wirbelsaumlule 139 MRTs und 34 CTs (siehe Abbildung 3) Waumlhrend die Zahl der Roumlntgen- und CT-Aufnahmen von 2009 bis 2015 um rund 20 Prozent sank stieg die Zahl der MRT-Aufnahmen um 34 Prozent Bei der Gesamt-zahl der MRT-Aufnahmen steht Deutschland nach einer Auswertung der BARMER GEK im inter- nationalen Vergleich an der Spitze Wird die bild-gebende Diagnostik auch zukuumlnftig in diesem Umfang eingesetzt wird durchschnittlich jeder Einwohner etwa drei- bis viermal in seinem Leben aufgrund von Ruumlckenproblemen durch-leuchtet Das betraumlchtliche Ausmaszlig an bildgeben-der Diagnostik birgt die Gefahr falsch-positiver Befunde die zur Verunsicherung der Patienten und zu unnoumltigen Interventionen fuumlhren koumlnnen
Medizinglaumlubigkeit der Bevoumllkerung und aumlrztliche Versorgung verstaumlrken das Problem
Wenn ein Arzt einen Ruumlckenschmerzpatienten intensiv befragt und untersucht und dadurch gefaumlhrliche Verlaumlufe ausschlieszligen kann muss er zunaumlchst keine Bildgebung veranlassen Bei Erklaumlrungsversuchen zu der hohen Zahl bildge-bender Verfahren benennen Aumlrzte jedoch immer wieder den expliziten Patientenwunsch Tatsaumlch-lich zeigen die Befragungsergebnisse des bdquoFak-tencheck Ruumlckenldquo jedoch etwas anderes Fuumlr alle diagnostischen Vorgehensweisen (einschlieszlig-lich der bildgebenden Verfahren) sagen durch-gaumlngig mehr als drei Viertel der Betroffenen
n Roumlntgen nCT nMRT
Abbildung 3 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen Anzahl Bildgebungen je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Standardisiert nach Alter Geschlecht und Region
Uumlberdiagnose als Risiko bildgebender Verfahren
Bei nahezu allen Erwachsenen die aumllter als
60 Jahre sind zeigen sich im MRT Anzeichen
degenerativer Veraumlnderungen der Wirbel-
saumlule ndash ob sie nun Ruumlckenschmerzen haben
oder nicht Auch bei CTs und klassischen
Roumlntgenaufnahmen ist das Risiko groszlig irrele-
vante und irrefuumlhrende Befunde zu entdecken
Befunde auf den Bildern werden oft uumlberbe-
wertet Studien belegen Bildgebung und Befun-
derklaumlrung koumlnnen zur Verunsicherung der
Patienten beitragen und zu veraumlnderter Selbst-
wahrnehmung fuumlhren zu unnoumltigen weiteren
Arztbesuchen und Therapien Bilddiagnostik
ist nicht nur teuer sondern verursacht in vielen
Faumlllen auch hohe Folgekosten vor allem durch
Chronifizierung der Ruumlckenschmerzen oder
nicht indizierte Maszlignahmen und Behandlungen
So steht es bereits seit 2010 in der Nationalen
VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz
2009
257
45
104
406
2010
257
43
113
413
2011
247
41
118
406
2012
238
39
125
402
2013
229
36
129
394
2014
218
36
135
389
2015
202
34
139
375
6 Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen
dass ausschlieszliglich der Arzt die jeweilige Maszlig-nahme vorgeschlagen habe (siehe Abbildung 5) Auf der anderen Seite glauben jedoch 69 Prozent der Bevoumllkerung dass man mit Bildgebung die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig findet ndash und sie erwarten vom Arzt eine entsprechende Verordnung (siehe Abbildung 4) Aumlrzte ruumlcken diese Erwartungen in der Praxis nicht ausreichend zurecht und veranlassen haumlufiger auch entgegen der Leitlinie eine Roumlntgen- CT- oder MRT-Auf-nahme So scheint es dass sich die Erwartungs-haltungen von Arzt und Patient gegenseitig ver-staumlrken und Patienten den aumlrztlichen Vorschlag einer Bildgebung gern annehmen
Erhebliche regionale Unterschiede
Das Verhalten von Patienten und Aumlrzten ist regi-onal sehr unterschiedlich So gehen gesetzlich Versicherte mit Ruumlckenschmerzen in Hamburg Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz viel seltener zum Arzt als in Berlin oder Bayern Die Zahl der Behandlungsfaumllle pro 1000 Versicherte und Jahr variiert auf Bundeslandebene zwischen 370 in Hamburg und 509 in Berlin Auf Kreis-ebene gibt es Unterschiede um mehr als das Doppelte So betrug die durchschnittliche Anzahl von Behandlungsfaumlllen in den Jahren 2009 bis 2015 in den Kreisen Ostprignitz-Ruppin und
n stimme voll und ganz zu nstimme eher zu nstimme eher nicht zu nstimme uumlberhaupt nicht zu
Antworten weiszlig nicht und k A weggelassen n = 914ndash977 Befragung Juni 2016Abbildung 4 | Quelle TNS Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Meinungen in Bezug auf Ruumlckenschmerzen
28 41 26 5
Durch Roumlntgenbilder und Aufnahmen in der bdquoRoumlhreldquo findet der Arzt die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig und schnell
Ein Arzt sollte bei Ruumlckenschmerzen schnellstmoumlglich eine Untersuchung in der bdquoRoumlhreldquo oder ein Roumlntgenbild veranlassen
30 30 30 10
n nur Arzt nnur Patient nArzt und Patient | Patienten mit Ruumlckenschmerzen in den letzten zwoumllf Monaten Angaben in Prozent n = 243 Befragung Juni 2016Abbildung 5 | Quelle TNS Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Initiator des bildgebenden Verfahrens
Vorbild Ontario MRT-Rate um 30 Prozent gesenkt
2012 hat das Gesundheitsministerium der kana-
dischen Provinz Ontario das Programm ISAEC zur
Versorgung von Patienten mit Ruumlckenschmerzen
initiiert Mit den Patienten werden anhand eines
Fragebogens sowie eines einstuumlndiges Untersu-
chungs- und Behandlungsgespraumlchs Strategien
zum Umgang mit den Ruumlckenschmerzen erarbei-
tet und ggf naumlchste Behandlungsschritte fest-
gelegt Zeitgleich wurde die Verguumltung fuumlr bild-
gebende Diagnostik bei Ruumlckenschmerzen ohne
erkennbaren gefaumlhrlichen Verlauf fuumlr Aumlrzte
auszligerhalb von ISAEC gestrichen Seitdem ist die
Zahl der verordneten Aufnahmen deutlich zuruumlck-
gegangen und das Risiko der Chronifizierung
gesunken ndash bei sehr hohen Zufriedenheitswerten
von Patienten (99 ) und Hausaumlrzten (97 )
Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen
Anzahl von Bildgebungen der Wirbelsaumlule je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 6 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
3378
3423
3445
3554
3652
3666
3742
3872
4015
4060
4137
4142
4153
4287
4338
4407
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Mecklenburg-Vorpommern
Brandenburg
Berlin
Thuumlringen
Hessen
Schleswig-Holstein
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Bremen
Bayern
Hamburg
Baden-Wuumlrttemberg
Rheinland-Pfalz
Saarland
CT MRT
76
12
12
Roumlntgenaufnahme
80
6
14
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 7
Ambulante Behandlungsfaumllle
n lt316 n 316 ndash lt362 n 362 ndash lt407 n 407 ndash lt497 n 497 ndash lt542 n 542 ndash lt587 n ge587Zahl der Behandlungsfaumllle bei Haus- und oder Fachaumlrzten aufgrund von Ruumlckenschmerzen je 1000 Versicherte Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 7 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
MRT-Aufnahmen
n lt86 n 86 ndash lt98 n 98 ndash lt110 n 110 ndash lt135 n 135 ndash lt147 n 147 ndash lt159 n ge 159Zahl der MRT-Aufnahmen je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 8 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Rotenburg (Wuumlmme) nur 306 im Werra-Meiszlig-ner-Kreis dagegen 711 und in Dingolfing-Landau sogar 730 Faumllle (siehe Abbildung 7)
Ein Zeichen fuumlr uneinheitliche Versorgungs-strukturen und Indikationsstellungen sind auch die regional unterschiedlichen Bildgebungsraten In den ostdeutschen Bundeslaumlndern liegt die Anzahl von Roumlntgen- CT- oder MRT-Aufnahmen zwischen 338 und 367 je 1000 Versicherten mit Ruumlckenschmerzen in den westdeutschen Laumlndern bei 374 bis 441 Aufnahmen (siehe Abbildung 6) In manchen Stadt- und Landkreisen werden dop-pelt so viele Aufnahmen veranlasst wie anderswo Besonders viele MRT-Aufnahmen werden in Ham-burg Muumlnchen und der Rhein-Neckar-Region erstellt (siehe Abbildung 8) Dort wird Bildgebung auch haumlufiger bereits im Quartal der Diagnosestel-lung eingesetzt
Download der Studien unter faktencheck-ruumlckende
Institut fuumlr angewandte Gesundheitsforschung Die Analysen zu den Behand-lungsfaumlllen und zur Bildge-bung wurden vom Institut fuumlr angewandte Gesundheitsfor-schung (InGef) durchgefuumlhrt Sie beruhen auf der For-schungsdatenbank des InGef die sich aus anonymisierten Routinedaten von mehr als sieben Millionen Versicher-ten aus circa 70 gesetzlichen Krankenversicherungen zusammensetzt
TNS EmnidDie Befragung mit Telefon- Interviews fuumlhrte zu einer Stichprobe von 1005 Teil-nehmern Diese Stichprobe wurde beschraumlnkt auf 18- bis 80-Jaumlhrige Sie wurde gewichtet und ist nach Alter Geschlecht Bildungsstand Haushaltsgroumlszlige Region sowie Erwerbstaumltigkeit (janein) repraumlsentativ fuumlr die BevoumllkerungErhebungszeitraum 14 ndash 28 Juni 2016
Die Werte einzelner Kreise koumlnnen im interaktiven Kartentool auf faktencheck-ruumlckende eingesehen und verglichen werden
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 8
Mehr reden statt roumlntgen ndash Versorgung an Leitlinien orientieren
Uumlber den richtigen Umgang mit Ruumlckenschmerzen herrscht in der Bevoumllkerung viel Unkenntnis Die Logik das mehr Diagnostik und mehr Behandlung zu mehr Gesundheit fuumlhren ist jedoch weit verbrei-tet Aumlrzte muumlssen ihrer Verantwortung als vertrauenswuumlrdige Experten gerecht werden ndash indem sie uumlbersteigerten Erwartungen und Wissens-defiziten der Betroffenen im Arzt-Patienten-Gespraumlch begegnen
Betroffene besser informieren
rsaquoUm Wissensdefiziten zum Umgang mit Ruumlckenschmerzen in der Bevoumllkerung zu begegnen sind evidenzbasierte und verstaumlndliche Informationen notwendig die effektiv verbreitet werden Aumlrzte muumls-sen den Betroffenen Nutzen und Risiken der diagnostischen Verfah-ren sowie deren Relevanz fuumlr den weiteren Behandlungsverlauf zudem sachgerecht vermitteln Psychosoziale Aspekte sollten im Arzt-Patienten-Gespraumlch mehr beruumlcksichtigt werden
Gespraumlche angemessen verguumlten
rsaquoUm den Krankheitsverlauf bei Ruumlckenschmerzen abzuschaumltzen ist das Arzt-Patienten-Gespraumlch zentral ndash das im Gegensatz zu den teuren Bildgebungsverfahren derzeit nur unzureichend verguumltet wird Eine leitlinienkonforme Gestaltung des Honorarsystems sollte daruumlber hinaus Bildgebung bei Ruumlckenschmerzen nur bei streng definierten Indikationen erstatten
Leitlinien im Versorgungsalltag beachten
rsaquoDie aumlrztliche Versorgungspraxis muss sich verstaumlrkt an der Nationa-len VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz orientieren um unnoumltige zu fruumlhe und mehrfache Bildgebung zu verhindern und damit eine Uumlber- und Fehlversorgung abzubauen Patienten mit unspezifischen Ruumlckenschmerzen sollten so fruumlh wie moumlglich ermutigt werden selbst aktiv zu werden
Versorgungskoordination verbessern
rsaquoUm vorschnelle Facharztbesuche und Doppeluntersuchungen zu vermeiden ist eine verbesserte Zugangssteuerung umzusetzen Hausaumlrzte sollten hier eine zentrale Rolle spielen Ebenso koumlnnten der zuumlgige Einsatz der elektronischen Patientenakte und eine gute Kooperation zwischen unterschiedlichen Arztgruppen unnoumltige mehrfache Bildgebung vermeiden Die Einfuumlhrung neuer Geraumlte (u a Magnetresonanz- und Computertomografen) und Medizin- technologien sollte systematisch geplant und vor einer flaumlchen- deckenden Verbreitung evaluiert werden
Impressum
Bildnachweis Shutterstock lightwavemediaGestaltung Dietlind Ehlers Redaktion Burkhard Rexin Andrea Fuumlrchtenicht Druck Druckhaus Rihn
ISSN (Print) 2364-4788 ISSN (Online) 2364-5970 Veroumlffentlichung November 2016
HerausgeberBertelsmann StiftungCarl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumlterslohwwwbertelsmann- stiftungde
Verantwortlich Uwe Schwenk Director des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Patienten informierenldquo
Kontakt Sonja Luumltke-Bornefeldsonjaluetke-bornefeldbertelsmann-stiftungdeTel + 49 5241 81-81431
Handlungsempfehlungen
SPOTLIGHT GESUNDHEIT ist ein Impulspapier des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Pati-enten informierenldquo der Bertelsmann Stiftung Es erscheint in unregelmaumlszligigen Abstaumlnden mehr-mals pro Jahr und beschaumlftigt sich mit aktuel-len Themen und Herausforderungen im Gesund-heitswesen Die Bertelsmann Stiftung setzt sich fuumlr ein Gesundheitssystem ein das sich an den Buumlrgern orientiert Mit ihren Projekten zielt sie auf eine konsequent am Bedarf ausgerichtete und hochwertige Versorgung sowie stabile finanzielle Grundlagen Patienten sollen durch verstaumlndliche Informationen in ihrer Rolle gestaumlrkt werden
Im Projekt bdquoFaktencheck Gesundheitldquo des Programms wird mehrmals jaumlhrlich ein Versor-gungsthema genauer beleuchtet Der bdquoFakten-check Gesundheitldquo will dazu beitragen dass die begrenzten Ressourcen sachgerechter verwendet werden und Gesundheitsleistungen sich staumlrker am tatsaumlchlichen Bedarf der Patienten orientieren
Weitere Informationen auf
faktencheck-gesundheitde
2 Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen
Autoren
Eckhard Volbracht Project Manager eckhardvolbracht bertelsmann-stiftungde
Marion Grote-Westrick Senior Project Manager mariongrotewestrickbertelsmann-stiftungde
Andrea Fuumlrchtenicht Project Manager andreafuerchtenichtbertelsmann-stiftungde
Es trifft fast jeden Ruumlckenschmerzen sind ein Volksleiden und stellen ein gravierendes sozialmedizinisches und gesundheitsoumlkono-
misches Problem dar 70 Prozent der deutschen Bevoumllkerung haben mindestens einmal im Jahr mehr oder weniger starke Ruumlckenschmerzen nur 15 Prozent hatten noch nie damit zu tun Bei Ruumlckenschmerzen wird eine Fuumllle diagnosti-scher und therapeutischer Maszlignahmen eingesetzt Die gesamtwirtschaftlichen Ausgaben fuumlr Arzt-besuche Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen Spritzen Physiotherapie operative Eingriffe und Reha-Maszlignahmen belaufen sich auf etwa neun Milliarden Euro jaumlhrlich Hinzu kommen erheb-liche indirekte Belastungen und Kosten durch Arbeits- und Erwerbsunfaumlhigkeit
Diagnostik und Therapie von Ruumlckenschmer- zen erfolgen bislang wenig standardisiert sind in vielen Details umstritten und fallen je nach Arzt-gruppe Einrichtung und Region sehr unterschied- lich aus Die 2010 vom Aumlrztlichen Zentrum fuumlr Qualitaumlt in der Medizin (AumlZQ) der Kassenaumlrzt- lichen Bundesvereinigung und der Bundesaumlrzte-kammer veroumlffentliche Nationale Versorgungs-Leitlinie Kreuzschmerz soll den behandelnden Aumlrzten Orientierung geben und die Versorgung der Patienten verbessern
Fuumlr den bdquoFaktencheck Ruumlckenldquo hat die Bertels-mann Stiftung die aktuelle Versorgungssituation unter die Lupe genommen Das Institut fuumlr ange-wandte Gesundheitsforschung (InGef) wertete anonymisierte Behandlungsdaten von mehr als sieben Millionen Versicherten von 70 Betriebs- krankenkassen der Jahre 2009 bis 2015 aus ana-lysierte die ruumlckenschmerzbezogenen Arztbesu-che die ambulanten konservativen Behandlungen sowie den Einsatz bildgebender Diagnostik Zent-rale Fragestellung war wie leitliniengerecht die Versorgung erfolgt Zudem ging der bdquoFaktencheck Ruumlckenldquo der Frage nach wie Patientenerwartun-gen die Haumlufigkeit der Bildgebung beeinflussen Hierzu hat die Bertelsmann Stiftung in einer repraumlsentativen Umfrage die vorherrschenden Ansichten zu Ruumlckenschmerzen im Allgemeinen und zur Versorgung im konkreten Fall erfragt
Erhebliche Wissensdefizite und falsche Erwartungen
Das Ergebnis Vielen Menschen ist nicht bewusst dass Ruumlckenschmerzen oft einfach so kommen und wieder gehen Uumlber die Haumllfte der im Juni 2016 befragten Bundesbuumlrger war der Ansicht dass man mit Ruumlckenschmerzen immer zum Arzt gehen und sich schonen muumlsse Ebenfalls gut 50 Prozent glauben nicht dass Ruumlckenschmerzen bdquooft von alleine verschwindenldquo Zudem gehen sie nicht davon aus dass bdquoman sich schneller erholt wenn man seinen Alltagsverpflichtungen in Beruf und Familie so weit wie moumlglich nachkommtldquo
Etwa 85 Prozent der akuten Ruumlckenschmerzen gelten jedoch als nicht spezifisch und medizinisch harmlos Diese bessern sich meistens nach eini-gen Tagen oder Wochen und erfordern nur eine sehr begrenzte symptomatische medizinische Behandlung Die Nationale VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz empfiehlt dazu ausdruumlckliche Erklaumlrungen des Arztes an die Patienten erstens zur Ungefaumlhrlichkeit der meisten Ruumlckenschmer-zen zweitens zur sehr guten Prognose einer Ver-besserung ohne Intervention und drittens dazu wie wichtig die Beibehaltung von Alltagsaktivitauml-ten fuumlr die Genesung ist Diese Informationen haben groszligen Einfluss auf den Umgang mit den Schmerzen und sind sehr bedeutsam fuumlr den wei-teren Krankheitsverlauf
bdquoWenn sich durch das Patienten-Arzt-Gespraumlch und die koumlrperliche Untersuchung keine Hinweise fuumlr einen gefaumlhrlichen Verlauf [hellip] ergeben sollen erst
einmal keine weiteren Unter- suchungen durchgefuumlhrt werdenldquo
PatientenLeitlinie zur Nationalen VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz (1 Auflage Version 2 06082013)
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 3
Die Ansichten dass man bei Ruumlckenschmerzen immer einen Arzt aufsuchen sollte oder dass Ruumlckenschmerzen abnorme oft irreversible Erscheinungen sind die bdquonicht von alleine verschwindenldquo sind Elemente eines (veralteten) biomedizinischen Krankheitsverstaumlndnisses demnach entstehen Krankheiten primaumlr durch externe Schaumldigungen und koumlnnen am besten durch medizinische Behandlungen behoben wer-den Die Befragungsergebnisse verdeutlichen dass dieses biomedizinisch gepraumlgte Verstaumlndnis in weiten Teilen der Bevoumllkerung noch immer uumlberwiegt (siehe Abbildung 1) Eine Folge ist die hohe Zahl von Arztbesuchen
38 Millionen Behandlungsfaumllle pro Jahr
20 Prozent aller Versicherten waren 2015 ein oder mehrere Male wegen Ruumlckenschmerzen beim Arzt Die Analysen ergaben gerundet 469 Behandlungsfaumllle (Arztbesuche in verschiede-nen Quartalen oder bei verschiedenen Aumlrzten) je 1000 Versicherte davon 294 beim Hausarzt und 175 bei Aumlrzten anderer Fachgruppen (siehe Abbil-dung 2) Das sind hochgerechnet 38 Millionen Behandlungsfaumllle
Sowohl bei Haus- als auch bei Fachaumlrzten haben die Behandlungen seit 2009 leicht zuge-nommen Mehr als die Haumllfte (57 ) der Patienten mit Ruumlckenschmerzen war mehrfach im Jahr wegen Ruumlckenschmerzen beim Arzt 27 Prozent der Patienten verursachten sogar mehr als vier Behandlungsfaumllle
Meinungen in Bezug auf Ruumlckenschmerzen
n stimme voll und ganz zu nstimme eher zu nstimme eher nicht zu nstimme uumlberhaupt nicht zu Antworten bdquoweiszlig nichtldquo und k A weggelassen n = 914ndash977 Befragung Juni 2016Abbildung 1 | Quelle TSN Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Aumlrzte beeinflussen Patientenverhalten
Wissensdefizite falsche Therapieerwartungen
und Verhaltensorientierungen der Patienten
resultieren aus vielfaumlltigen Erfahrungen und
Einfluumlssen Den staumlrksten Einfluss hat wie
Studien zeigen der behandelnde Arzt Sein
Verhalten die Informationen die er gibt und
seine Vorgehensweise bestimmen den Umgang
der Betroffenen mit ihren Ruumlckenschmerzen
uumlber Jahre Aumlrzte muumlssen Wissensdefizite und
uumlberzogene Erwartungen von Patienten korri-
gieren Nur so werden sie ihrem Anspruch als
unabhaumlngige vertrauenswuumlrdige Experten
gerecht
Ambulante Behandlungsfaumllle Behandlungsfaumllle beim Haus- undoder Facharzt aufgrund von Ruumlckenschmerzen je 1000 Versicherte Standardisiert nach Alter Geschlecht und Region
n Hausaumlrzte nAndere FacharztgruppenAbbildung 2 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Bei Ruumlckenschmerzen sollte man immer einen Arzt aufsuchen
21 31 39 8
Ruumlckenschmerzen verschwinden oft von alleine
12 30 39 19
Bei Ruumlckenschmerzen sollte man sich schonen
20 32 33 16
Man erholt sich schneller von Ruumlckenschmerzen wenn man weiter seinen normalen Verpflichtungen in Beruf und Familie nachgeht
14 28 42 15
2012
167
447
280
2013
169
455
286
2014
174
469
295
2015
175
469
294
2011
165
442
277
2010
164
444
280
2009
161
433
272
4 Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen
Aumlrztliche Beratung oft unzureichend
Drei Viertel der Patienten werden koumlrperliche Aktivitaumlt und Sport empfohlen wie es der Leitlinie entspricht In der bevoumllkerungsrepraumlsentativen Befragung gab aber knapp die Haumllfte der Patien-ten auch an ihnen sei zu bdquoRuheldquo und bdquoScho-nungldquo geraten worden Ebenso vielen erklaumlrte der behandelnde Arzt ihr Ruumlcken sei bdquokaputtldquo oder bdquoverschlissenldquo Solche Aussagen demotivieren foumlrdern eine passive Einstellung und stehen der Genesung oder Beschwerdelinderung nachhaltig im Weg
Uumlber moumlgliche psychische Krankheitsursachen und die konkrete Arbeits- und Lebenssituation wird zu selten ndash nur mit jedem zweiten Patienten ndash gesprochen Studien zeigen dass Aumlrzte mit einem biomedizinischen Krankheitsverstaumlndnis haumlufiger krankschreiben und eher zu Bettruhe und einer Verringerung von Alltagsaktivitaumlten raten Sie messen auch bildgebender Diagnostik zu viel Bedeutung bei All das ist nicht leitlinien-konform und hinsichtlich der Patientenorientie-rung und -sicherheit kritisch zu bewerten
Aumlrzte veranlassen zu viele Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen
Dass bildgebende Verfahren sowohl zu fruumlh als auch zu haumlufig eingesetzt und dazu noch unnoumltig oft wiederholt werden hat der Sachverstaumlndigen- rat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesund-
heitswesen bereits vor 15 Jahren in seinem Gut-achten bdquoBedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlich-keitldquo kritisiert Der bdquoFaktencheck Ruumlckenldquo zeigt dass diese Uumlber- und Fehlversorgung bei Patien-ten mit Ruumlckenschmerzen immer noch besteht
Entgegen den Leitlinien werden bei vielen Patienten mehrfach Roumlntgenaufnahmen Compu-ter- oder Magnetresonanztomographien (CTs MRTs) gemacht 21 Prozent wurden in den fuumlnf Jahren nach der Diagnose Ruumlckenschmerzen zwei- bis dreimal durchleuchtet sieben Prozent mehr als viermal
Im Jahr 2015 erfolgte bei jedem sechsten Pati-enten eine bildgebende Diagnostik ohne entspre-chende Indikation (ohne bdquoRed Flagsldquo d h Warn-
bdquoIn den uumlberwiegenden Faumlllen liefern Bilder keinen konkreten
Anhaltspunkt fuumlr den Grund von Ruumlckenschmerzen Viele Ursachen
wie Stress Unzufriedenheit am Arbeitsplatz oder Bewegungsmangel lassen sich eben auf keiner Roumlntgen-
oder MRT-Aufnahme erkennenldquoProf Dr med Jean-Franccedilois Chenot Professor fuumlr Allgemeinmedizin und Direktor
der Abteilung Allgemeinmedizin der Universitaumlts-medizin Greifswald ambulant taumltiger Facharzt
5Jeder geht mindestens einmal im Jahr
wegen Ruumlckenschmerzen
zum Arzt
6000000 Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen allein vom Ruumlcken verordneten Aumlrzte im Jahr 2015
der Bevoumllkerung glauben faumllschlicherweise dass man mit Roumlntgen- CT- und MRT-Bildern die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig und schnell findet
69
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 5
hinweise etwa auf ausgepraumlgte Laumlhmungen oder den Verdacht auf Entzuumlndung oder Fraktur) Das betraf nach den vom InGef ausgewerteten Abrech-nungsdaten insbesondere juumlngere Erwachsene bei den 20-40-Jaumlhrigen ohne bdquoRed Flagsldquo wurden knapp ein Drittel mehr Roumlntgenbilder veranlasst als bei den uumlber Vierzigjaumlhrigen ohne bdquoRed Flagsldquo
Die bildgebende Diagnostik erfolgt oft vor-schnell bei jedem fuumlnften Patienten (22 ) bereits im Quartal der Erstdiagnose Orthopaumlden veran-lassen ein Roumlntgenbild in dieser Zeitspanne vier-mal so haumlufig wie Hausaumlrzte Nach der Nationalen VersorgungsLeitlinie sollte dies jedoch ohne besondere Indikation fruumlhestens nach sechs bis zwoumllf Wochen erfolgen wenn eine konservative Therapie keinen Erfolg hat Bei mehr als 50 Pro-zent der Patienten wurde aber in den drei Monaten vor der Bildgebung uumlberhaupt kein konservativer Therapieversuch z B Verordnung von Schmerz-mitteln oder Krankengymnastik unternommen
Im Jahr 2015 wurden pro 1000 Patienten mit Ruumlckenschmerzen 375 Bilder erstellt davon 202 Roumlntgenaufnahmen der Wirbelsaumlule 139 MRTs und 34 CTs (siehe Abbildung 3) Waumlhrend die Zahl der Roumlntgen- und CT-Aufnahmen von 2009 bis 2015 um rund 20 Prozent sank stieg die Zahl der MRT-Aufnahmen um 34 Prozent Bei der Gesamt-zahl der MRT-Aufnahmen steht Deutschland nach einer Auswertung der BARMER GEK im inter- nationalen Vergleich an der Spitze Wird die bild-gebende Diagnostik auch zukuumlnftig in diesem Umfang eingesetzt wird durchschnittlich jeder Einwohner etwa drei- bis viermal in seinem Leben aufgrund von Ruumlckenproblemen durch-leuchtet Das betraumlchtliche Ausmaszlig an bildgeben-der Diagnostik birgt die Gefahr falsch-positiver Befunde die zur Verunsicherung der Patienten und zu unnoumltigen Interventionen fuumlhren koumlnnen
Medizinglaumlubigkeit der Bevoumllkerung und aumlrztliche Versorgung verstaumlrken das Problem
Wenn ein Arzt einen Ruumlckenschmerzpatienten intensiv befragt und untersucht und dadurch gefaumlhrliche Verlaumlufe ausschlieszligen kann muss er zunaumlchst keine Bildgebung veranlassen Bei Erklaumlrungsversuchen zu der hohen Zahl bildge-bender Verfahren benennen Aumlrzte jedoch immer wieder den expliziten Patientenwunsch Tatsaumlch-lich zeigen die Befragungsergebnisse des bdquoFak-tencheck Ruumlckenldquo jedoch etwas anderes Fuumlr alle diagnostischen Vorgehensweisen (einschlieszlig-lich der bildgebenden Verfahren) sagen durch-gaumlngig mehr als drei Viertel der Betroffenen
n Roumlntgen nCT nMRT
Abbildung 3 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen Anzahl Bildgebungen je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Standardisiert nach Alter Geschlecht und Region
Uumlberdiagnose als Risiko bildgebender Verfahren
Bei nahezu allen Erwachsenen die aumllter als
60 Jahre sind zeigen sich im MRT Anzeichen
degenerativer Veraumlnderungen der Wirbel-
saumlule ndash ob sie nun Ruumlckenschmerzen haben
oder nicht Auch bei CTs und klassischen
Roumlntgenaufnahmen ist das Risiko groszlig irrele-
vante und irrefuumlhrende Befunde zu entdecken
Befunde auf den Bildern werden oft uumlberbe-
wertet Studien belegen Bildgebung und Befun-
derklaumlrung koumlnnen zur Verunsicherung der
Patienten beitragen und zu veraumlnderter Selbst-
wahrnehmung fuumlhren zu unnoumltigen weiteren
Arztbesuchen und Therapien Bilddiagnostik
ist nicht nur teuer sondern verursacht in vielen
Faumlllen auch hohe Folgekosten vor allem durch
Chronifizierung der Ruumlckenschmerzen oder
nicht indizierte Maszlignahmen und Behandlungen
So steht es bereits seit 2010 in der Nationalen
VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz
2009
257
45
104
406
2010
257
43
113
413
2011
247
41
118
406
2012
238
39
125
402
2013
229
36
129
394
2014
218
36
135
389
2015
202
34
139
375
6 Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen
dass ausschlieszliglich der Arzt die jeweilige Maszlig-nahme vorgeschlagen habe (siehe Abbildung 5) Auf der anderen Seite glauben jedoch 69 Prozent der Bevoumllkerung dass man mit Bildgebung die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig findet ndash und sie erwarten vom Arzt eine entsprechende Verordnung (siehe Abbildung 4) Aumlrzte ruumlcken diese Erwartungen in der Praxis nicht ausreichend zurecht und veranlassen haumlufiger auch entgegen der Leitlinie eine Roumlntgen- CT- oder MRT-Auf-nahme So scheint es dass sich die Erwartungs-haltungen von Arzt und Patient gegenseitig ver-staumlrken und Patienten den aumlrztlichen Vorschlag einer Bildgebung gern annehmen
Erhebliche regionale Unterschiede
Das Verhalten von Patienten und Aumlrzten ist regi-onal sehr unterschiedlich So gehen gesetzlich Versicherte mit Ruumlckenschmerzen in Hamburg Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz viel seltener zum Arzt als in Berlin oder Bayern Die Zahl der Behandlungsfaumllle pro 1000 Versicherte und Jahr variiert auf Bundeslandebene zwischen 370 in Hamburg und 509 in Berlin Auf Kreis-ebene gibt es Unterschiede um mehr als das Doppelte So betrug die durchschnittliche Anzahl von Behandlungsfaumlllen in den Jahren 2009 bis 2015 in den Kreisen Ostprignitz-Ruppin und
n stimme voll und ganz zu nstimme eher zu nstimme eher nicht zu nstimme uumlberhaupt nicht zu
Antworten weiszlig nicht und k A weggelassen n = 914ndash977 Befragung Juni 2016Abbildung 4 | Quelle TNS Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Meinungen in Bezug auf Ruumlckenschmerzen
28 41 26 5
Durch Roumlntgenbilder und Aufnahmen in der bdquoRoumlhreldquo findet der Arzt die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig und schnell
Ein Arzt sollte bei Ruumlckenschmerzen schnellstmoumlglich eine Untersuchung in der bdquoRoumlhreldquo oder ein Roumlntgenbild veranlassen
30 30 30 10
n nur Arzt nnur Patient nArzt und Patient | Patienten mit Ruumlckenschmerzen in den letzten zwoumllf Monaten Angaben in Prozent n = 243 Befragung Juni 2016Abbildung 5 | Quelle TNS Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Initiator des bildgebenden Verfahrens
Vorbild Ontario MRT-Rate um 30 Prozent gesenkt
2012 hat das Gesundheitsministerium der kana-
dischen Provinz Ontario das Programm ISAEC zur
Versorgung von Patienten mit Ruumlckenschmerzen
initiiert Mit den Patienten werden anhand eines
Fragebogens sowie eines einstuumlndiges Untersu-
chungs- und Behandlungsgespraumlchs Strategien
zum Umgang mit den Ruumlckenschmerzen erarbei-
tet und ggf naumlchste Behandlungsschritte fest-
gelegt Zeitgleich wurde die Verguumltung fuumlr bild-
gebende Diagnostik bei Ruumlckenschmerzen ohne
erkennbaren gefaumlhrlichen Verlauf fuumlr Aumlrzte
auszligerhalb von ISAEC gestrichen Seitdem ist die
Zahl der verordneten Aufnahmen deutlich zuruumlck-
gegangen und das Risiko der Chronifizierung
gesunken ndash bei sehr hohen Zufriedenheitswerten
von Patienten (99 ) und Hausaumlrzten (97 )
Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen
Anzahl von Bildgebungen der Wirbelsaumlule je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 6 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
3378
3423
3445
3554
3652
3666
3742
3872
4015
4060
4137
4142
4153
4287
4338
4407
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Mecklenburg-Vorpommern
Brandenburg
Berlin
Thuumlringen
Hessen
Schleswig-Holstein
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Bremen
Bayern
Hamburg
Baden-Wuumlrttemberg
Rheinland-Pfalz
Saarland
CT MRT
76
12
12
Roumlntgenaufnahme
80
6
14
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 7
Ambulante Behandlungsfaumllle
n lt316 n 316 ndash lt362 n 362 ndash lt407 n 407 ndash lt497 n 497 ndash lt542 n 542 ndash lt587 n ge587Zahl der Behandlungsfaumllle bei Haus- und oder Fachaumlrzten aufgrund von Ruumlckenschmerzen je 1000 Versicherte Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 7 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
MRT-Aufnahmen
n lt86 n 86 ndash lt98 n 98 ndash lt110 n 110 ndash lt135 n 135 ndash lt147 n 147 ndash lt159 n ge 159Zahl der MRT-Aufnahmen je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 8 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Rotenburg (Wuumlmme) nur 306 im Werra-Meiszlig-ner-Kreis dagegen 711 und in Dingolfing-Landau sogar 730 Faumllle (siehe Abbildung 7)
Ein Zeichen fuumlr uneinheitliche Versorgungs-strukturen und Indikationsstellungen sind auch die regional unterschiedlichen Bildgebungsraten In den ostdeutschen Bundeslaumlndern liegt die Anzahl von Roumlntgen- CT- oder MRT-Aufnahmen zwischen 338 und 367 je 1000 Versicherten mit Ruumlckenschmerzen in den westdeutschen Laumlndern bei 374 bis 441 Aufnahmen (siehe Abbildung 6) In manchen Stadt- und Landkreisen werden dop-pelt so viele Aufnahmen veranlasst wie anderswo Besonders viele MRT-Aufnahmen werden in Ham-burg Muumlnchen und der Rhein-Neckar-Region erstellt (siehe Abbildung 8) Dort wird Bildgebung auch haumlufiger bereits im Quartal der Diagnosestel-lung eingesetzt
Download der Studien unter faktencheck-ruumlckende
Institut fuumlr angewandte Gesundheitsforschung Die Analysen zu den Behand-lungsfaumlllen und zur Bildge-bung wurden vom Institut fuumlr angewandte Gesundheitsfor-schung (InGef) durchgefuumlhrt Sie beruhen auf der For-schungsdatenbank des InGef die sich aus anonymisierten Routinedaten von mehr als sieben Millionen Versicher-ten aus circa 70 gesetzlichen Krankenversicherungen zusammensetzt
TNS EmnidDie Befragung mit Telefon- Interviews fuumlhrte zu einer Stichprobe von 1005 Teil-nehmern Diese Stichprobe wurde beschraumlnkt auf 18- bis 80-Jaumlhrige Sie wurde gewichtet und ist nach Alter Geschlecht Bildungsstand Haushaltsgroumlszlige Region sowie Erwerbstaumltigkeit (janein) repraumlsentativ fuumlr die BevoumllkerungErhebungszeitraum 14 ndash 28 Juni 2016
Die Werte einzelner Kreise koumlnnen im interaktiven Kartentool auf faktencheck-ruumlckende eingesehen und verglichen werden
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 8
Mehr reden statt roumlntgen ndash Versorgung an Leitlinien orientieren
Uumlber den richtigen Umgang mit Ruumlckenschmerzen herrscht in der Bevoumllkerung viel Unkenntnis Die Logik das mehr Diagnostik und mehr Behandlung zu mehr Gesundheit fuumlhren ist jedoch weit verbrei-tet Aumlrzte muumlssen ihrer Verantwortung als vertrauenswuumlrdige Experten gerecht werden ndash indem sie uumlbersteigerten Erwartungen und Wissens-defiziten der Betroffenen im Arzt-Patienten-Gespraumlch begegnen
Betroffene besser informieren
rsaquoUm Wissensdefiziten zum Umgang mit Ruumlckenschmerzen in der Bevoumllkerung zu begegnen sind evidenzbasierte und verstaumlndliche Informationen notwendig die effektiv verbreitet werden Aumlrzte muumls-sen den Betroffenen Nutzen und Risiken der diagnostischen Verfah-ren sowie deren Relevanz fuumlr den weiteren Behandlungsverlauf zudem sachgerecht vermitteln Psychosoziale Aspekte sollten im Arzt-Patienten-Gespraumlch mehr beruumlcksichtigt werden
Gespraumlche angemessen verguumlten
rsaquoUm den Krankheitsverlauf bei Ruumlckenschmerzen abzuschaumltzen ist das Arzt-Patienten-Gespraumlch zentral ndash das im Gegensatz zu den teuren Bildgebungsverfahren derzeit nur unzureichend verguumltet wird Eine leitlinienkonforme Gestaltung des Honorarsystems sollte daruumlber hinaus Bildgebung bei Ruumlckenschmerzen nur bei streng definierten Indikationen erstatten
Leitlinien im Versorgungsalltag beachten
rsaquoDie aumlrztliche Versorgungspraxis muss sich verstaumlrkt an der Nationa-len VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz orientieren um unnoumltige zu fruumlhe und mehrfache Bildgebung zu verhindern und damit eine Uumlber- und Fehlversorgung abzubauen Patienten mit unspezifischen Ruumlckenschmerzen sollten so fruumlh wie moumlglich ermutigt werden selbst aktiv zu werden
Versorgungskoordination verbessern
rsaquoUm vorschnelle Facharztbesuche und Doppeluntersuchungen zu vermeiden ist eine verbesserte Zugangssteuerung umzusetzen Hausaumlrzte sollten hier eine zentrale Rolle spielen Ebenso koumlnnten der zuumlgige Einsatz der elektronischen Patientenakte und eine gute Kooperation zwischen unterschiedlichen Arztgruppen unnoumltige mehrfache Bildgebung vermeiden Die Einfuumlhrung neuer Geraumlte (u a Magnetresonanz- und Computertomografen) und Medizin- technologien sollte systematisch geplant und vor einer flaumlchen- deckenden Verbreitung evaluiert werden
Impressum
Bildnachweis Shutterstock lightwavemediaGestaltung Dietlind Ehlers Redaktion Burkhard Rexin Andrea Fuumlrchtenicht Druck Druckhaus Rihn
ISSN (Print) 2364-4788 ISSN (Online) 2364-5970 Veroumlffentlichung November 2016
HerausgeberBertelsmann StiftungCarl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumlterslohwwwbertelsmann- stiftungde
Verantwortlich Uwe Schwenk Director des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Patienten informierenldquo
Kontakt Sonja Luumltke-Bornefeldsonjaluetke-bornefeldbertelsmann-stiftungdeTel + 49 5241 81-81431
Handlungsempfehlungen
SPOTLIGHT GESUNDHEIT ist ein Impulspapier des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Pati-enten informierenldquo der Bertelsmann Stiftung Es erscheint in unregelmaumlszligigen Abstaumlnden mehr-mals pro Jahr und beschaumlftigt sich mit aktuel-len Themen und Herausforderungen im Gesund-heitswesen Die Bertelsmann Stiftung setzt sich fuumlr ein Gesundheitssystem ein das sich an den Buumlrgern orientiert Mit ihren Projekten zielt sie auf eine konsequent am Bedarf ausgerichtete und hochwertige Versorgung sowie stabile finanzielle Grundlagen Patienten sollen durch verstaumlndliche Informationen in ihrer Rolle gestaumlrkt werden
Im Projekt bdquoFaktencheck Gesundheitldquo des Programms wird mehrmals jaumlhrlich ein Versor-gungsthema genauer beleuchtet Der bdquoFakten-check Gesundheitldquo will dazu beitragen dass die begrenzten Ressourcen sachgerechter verwendet werden und Gesundheitsleistungen sich staumlrker am tatsaumlchlichen Bedarf der Patienten orientieren
Weitere Informationen auf
faktencheck-gesundheitde
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 3
Die Ansichten dass man bei Ruumlckenschmerzen immer einen Arzt aufsuchen sollte oder dass Ruumlckenschmerzen abnorme oft irreversible Erscheinungen sind die bdquonicht von alleine verschwindenldquo sind Elemente eines (veralteten) biomedizinischen Krankheitsverstaumlndnisses demnach entstehen Krankheiten primaumlr durch externe Schaumldigungen und koumlnnen am besten durch medizinische Behandlungen behoben wer-den Die Befragungsergebnisse verdeutlichen dass dieses biomedizinisch gepraumlgte Verstaumlndnis in weiten Teilen der Bevoumllkerung noch immer uumlberwiegt (siehe Abbildung 1) Eine Folge ist die hohe Zahl von Arztbesuchen
38 Millionen Behandlungsfaumllle pro Jahr
20 Prozent aller Versicherten waren 2015 ein oder mehrere Male wegen Ruumlckenschmerzen beim Arzt Die Analysen ergaben gerundet 469 Behandlungsfaumllle (Arztbesuche in verschiede-nen Quartalen oder bei verschiedenen Aumlrzten) je 1000 Versicherte davon 294 beim Hausarzt und 175 bei Aumlrzten anderer Fachgruppen (siehe Abbil-dung 2) Das sind hochgerechnet 38 Millionen Behandlungsfaumllle
Sowohl bei Haus- als auch bei Fachaumlrzten haben die Behandlungen seit 2009 leicht zuge-nommen Mehr als die Haumllfte (57 ) der Patienten mit Ruumlckenschmerzen war mehrfach im Jahr wegen Ruumlckenschmerzen beim Arzt 27 Prozent der Patienten verursachten sogar mehr als vier Behandlungsfaumllle
Meinungen in Bezug auf Ruumlckenschmerzen
n stimme voll und ganz zu nstimme eher zu nstimme eher nicht zu nstimme uumlberhaupt nicht zu Antworten bdquoweiszlig nichtldquo und k A weggelassen n = 914ndash977 Befragung Juni 2016Abbildung 1 | Quelle TSN Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Aumlrzte beeinflussen Patientenverhalten
Wissensdefizite falsche Therapieerwartungen
und Verhaltensorientierungen der Patienten
resultieren aus vielfaumlltigen Erfahrungen und
Einfluumlssen Den staumlrksten Einfluss hat wie
Studien zeigen der behandelnde Arzt Sein
Verhalten die Informationen die er gibt und
seine Vorgehensweise bestimmen den Umgang
der Betroffenen mit ihren Ruumlckenschmerzen
uumlber Jahre Aumlrzte muumlssen Wissensdefizite und
uumlberzogene Erwartungen von Patienten korri-
gieren Nur so werden sie ihrem Anspruch als
unabhaumlngige vertrauenswuumlrdige Experten
gerecht
Ambulante Behandlungsfaumllle Behandlungsfaumllle beim Haus- undoder Facharzt aufgrund von Ruumlckenschmerzen je 1000 Versicherte Standardisiert nach Alter Geschlecht und Region
n Hausaumlrzte nAndere FacharztgruppenAbbildung 2 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Bei Ruumlckenschmerzen sollte man immer einen Arzt aufsuchen
21 31 39 8
Ruumlckenschmerzen verschwinden oft von alleine
12 30 39 19
Bei Ruumlckenschmerzen sollte man sich schonen
20 32 33 16
Man erholt sich schneller von Ruumlckenschmerzen wenn man weiter seinen normalen Verpflichtungen in Beruf und Familie nachgeht
14 28 42 15
2012
167
447
280
2013
169
455
286
2014
174
469
295
2015
175
469
294
2011
165
442
277
2010
164
444
280
2009
161
433
272
4 Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen
Aumlrztliche Beratung oft unzureichend
Drei Viertel der Patienten werden koumlrperliche Aktivitaumlt und Sport empfohlen wie es der Leitlinie entspricht In der bevoumllkerungsrepraumlsentativen Befragung gab aber knapp die Haumllfte der Patien-ten auch an ihnen sei zu bdquoRuheldquo und bdquoScho-nungldquo geraten worden Ebenso vielen erklaumlrte der behandelnde Arzt ihr Ruumlcken sei bdquokaputtldquo oder bdquoverschlissenldquo Solche Aussagen demotivieren foumlrdern eine passive Einstellung und stehen der Genesung oder Beschwerdelinderung nachhaltig im Weg
Uumlber moumlgliche psychische Krankheitsursachen und die konkrete Arbeits- und Lebenssituation wird zu selten ndash nur mit jedem zweiten Patienten ndash gesprochen Studien zeigen dass Aumlrzte mit einem biomedizinischen Krankheitsverstaumlndnis haumlufiger krankschreiben und eher zu Bettruhe und einer Verringerung von Alltagsaktivitaumlten raten Sie messen auch bildgebender Diagnostik zu viel Bedeutung bei All das ist nicht leitlinien-konform und hinsichtlich der Patientenorientie-rung und -sicherheit kritisch zu bewerten
Aumlrzte veranlassen zu viele Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen
Dass bildgebende Verfahren sowohl zu fruumlh als auch zu haumlufig eingesetzt und dazu noch unnoumltig oft wiederholt werden hat der Sachverstaumlndigen- rat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesund-
heitswesen bereits vor 15 Jahren in seinem Gut-achten bdquoBedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlich-keitldquo kritisiert Der bdquoFaktencheck Ruumlckenldquo zeigt dass diese Uumlber- und Fehlversorgung bei Patien-ten mit Ruumlckenschmerzen immer noch besteht
Entgegen den Leitlinien werden bei vielen Patienten mehrfach Roumlntgenaufnahmen Compu-ter- oder Magnetresonanztomographien (CTs MRTs) gemacht 21 Prozent wurden in den fuumlnf Jahren nach der Diagnose Ruumlckenschmerzen zwei- bis dreimal durchleuchtet sieben Prozent mehr als viermal
Im Jahr 2015 erfolgte bei jedem sechsten Pati-enten eine bildgebende Diagnostik ohne entspre-chende Indikation (ohne bdquoRed Flagsldquo d h Warn-
bdquoIn den uumlberwiegenden Faumlllen liefern Bilder keinen konkreten
Anhaltspunkt fuumlr den Grund von Ruumlckenschmerzen Viele Ursachen
wie Stress Unzufriedenheit am Arbeitsplatz oder Bewegungsmangel lassen sich eben auf keiner Roumlntgen-
oder MRT-Aufnahme erkennenldquoProf Dr med Jean-Franccedilois Chenot Professor fuumlr Allgemeinmedizin und Direktor
der Abteilung Allgemeinmedizin der Universitaumlts-medizin Greifswald ambulant taumltiger Facharzt
5Jeder geht mindestens einmal im Jahr
wegen Ruumlckenschmerzen
zum Arzt
6000000 Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen allein vom Ruumlcken verordneten Aumlrzte im Jahr 2015
der Bevoumllkerung glauben faumllschlicherweise dass man mit Roumlntgen- CT- und MRT-Bildern die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig und schnell findet
69
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 5
hinweise etwa auf ausgepraumlgte Laumlhmungen oder den Verdacht auf Entzuumlndung oder Fraktur) Das betraf nach den vom InGef ausgewerteten Abrech-nungsdaten insbesondere juumlngere Erwachsene bei den 20-40-Jaumlhrigen ohne bdquoRed Flagsldquo wurden knapp ein Drittel mehr Roumlntgenbilder veranlasst als bei den uumlber Vierzigjaumlhrigen ohne bdquoRed Flagsldquo
Die bildgebende Diagnostik erfolgt oft vor-schnell bei jedem fuumlnften Patienten (22 ) bereits im Quartal der Erstdiagnose Orthopaumlden veran-lassen ein Roumlntgenbild in dieser Zeitspanne vier-mal so haumlufig wie Hausaumlrzte Nach der Nationalen VersorgungsLeitlinie sollte dies jedoch ohne besondere Indikation fruumlhestens nach sechs bis zwoumllf Wochen erfolgen wenn eine konservative Therapie keinen Erfolg hat Bei mehr als 50 Pro-zent der Patienten wurde aber in den drei Monaten vor der Bildgebung uumlberhaupt kein konservativer Therapieversuch z B Verordnung von Schmerz-mitteln oder Krankengymnastik unternommen
Im Jahr 2015 wurden pro 1000 Patienten mit Ruumlckenschmerzen 375 Bilder erstellt davon 202 Roumlntgenaufnahmen der Wirbelsaumlule 139 MRTs und 34 CTs (siehe Abbildung 3) Waumlhrend die Zahl der Roumlntgen- und CT-Aufnahmen von 2009 bis 2015 um rund 20 Prozent sank stieg die Zahl der MRT-Aufnahmen um 34 Prozent Bei der Gesamt-zahl der MRT-Aufnahmen steht Deutschland nach einer Auswertung der BARMER GEK im inter- nationalen Vergleich an der Spitze Wird die bild-gebende Diagnostik auch zukuumlnftig in diesem Umfang eingesetzt wird durchschnittlich jeder Einwohner etwa drei- bis viermal in seinem Leben aufgrund von Ruumlckenproblemen durch-leuchtet Das betraumlchtliche Ausmaszlig an bildgeben-der Diagnostik birgt die Gefahr falsch-positiver Befunde die zur Verunsicherung der Patienten und zu unnoumltigen Interventionen fuumlhren koumlnnen
Medizinglaumlubigkeit der Bevoumllkerung und aumlrztliche Versorgung verstaumlrken das Problem
Wenn ein Arzt einen Ruumlckenschmerzpatienten intensiv befragt und untersucht und dadurch gefaumlhrliche Verlaumlufe ausschlieszligen kann muss er zunaumlchst keine Bildgebung veranlassen Bei Erklaumlrungsversuchen zu der hohen Zahl bildge-bender Verfahren benennen Aumlrzte jedoch immer wieder den expliziten Patientenwunsch Tatsaumlch-lich zeigen die Befragungsergebnisse des bdquoFak-tencheck Ruumlckenldquo jedoch etwas anderes Fuumlr alle diagnostischen Vorgehensweisen (einschlieszlig-lich der bildgebenden Verfahren) sagen durch-gaumlngig mehr als drei Viertel der Betroffenen
n Roumlntgen nCT nMRT
Abbildung 3 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen Anzahl Bildgebungen je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Standardisiert nach Alter Geschlecht und Region
Uumlberdiagnose als Risiko bildgebender Verfahren
Bei nahezu allen Erwachsenen die aumllter als
60 Jahre sind zeigen sich im MRT Anzeichen
degenerativer Veraumlnderungen der Wirbel-
saumlule ndash ob sie nun Ruumlckenschmerzen haben
oder nicht Auch bei CTs und klassischen
Roumlntgenaufnahmen ist das Risiko groszlig irrele-
vante und irrefuumlhrende Befunde zu entdecken
Befunde auf den Bildern werden oft uumlberbe-
wertet Studien belegen Bildgebung und Befun-
derklaumlrung koumlnnen zur Verunsicherung der
Patienten beitragen und zu veraumlnderter Selbst-
wahrnehmung fuumlhren zu unnoumltigen weiteren
Arztbesuchen und Therapien Bilddiagnostik
ist nicht nur teuer sondern verursacht in vielen
Faumlllen auch hohe Folgekosten vor allem durch
Chronifizierung der Ruumlckenschmerzen oder
nicht indizierte Maszlignahmen und Behandlungen
So steht es bereits seit 2010 in der Nationalen
VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz
2009
257
45
104
406
2010
257
43
113
413
2011
247
41
118
406
2012
238
39
125
402
2013
229
36
129
394
2014
218
36
135
389
2015
202
34
139
375
6 Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen
dass ausschlieszliglich der Arzt die jeweilige Maszlig-nahme vorgeschlagen habe (siehe Abbildung 5) Auf der anderen Seite glauben jedoch 69 Prozent der Bevoumllkerung dass man mit Bildgebung die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig findet ndash und sie erwarten vom Arzt eine entsprechende Verordnung (siehe Abbildung 4) Aumlrzte ruumlcken diese Erwartungen in der Praxis nicht ausreichend zurecht und veranlassen haumlufiger auch entgegen der Leitlinie eine Roumlntgen- CT- oder MRT-Auf-nahme So scheint es dass sich die Erwartungs-haltungen von Arzt und Patient gegenseitig ver-staumlrken und Patienten den aumlrztlichen Vorschlag einer Bildgebung gern annehmen
Erhebliche regionale Unterschiede
Das Verhalten von Patienten und Aumlrzten ist regi-onal sehr unterschiedlich So gehen gesetzlich Versicherte mit Ruumlckenschmerzen in Hamburg Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz viel seltener zum Arzt als in Berlin oder Bayern Die Zahl der Behandlungsfaumllle pro 1000 Versicherte und Jahr variiert auf Bundeslandebene zwischen 370 in Hamburg und 509 in Berlin Auf Kreis-ebene gibt es Unterschiede um mehr als das Doppelte So betrug die durchschnittliche Anzahl von Behandlungsfaumlllen in den Jahren 2009 bis 2015 in den Kreisen Ostprignitz-Ruppin und
n stimme voll und ganz zu nstimme eher zu nstimme eher nicht zu nstimme uumlberhaupt nicht zu
Antworten weiszlig nicht und k A weggelassen n = 914ndash977 Befragung Juni 2016Abbildung 4 | Quelle TNS Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Meinungen in Bezug auf Ruumlckenschmerzen
28 41 26 5
Durch Roumlntgenbilder und Aufnahmen in der bdquoRoumlhreldquo findet der Arzt die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig und schnell
Ein Arzt sollte bei Ruumlckenschmerzen schnellstmoumlglich eine Untersuchung in der bdquoRoumlhreldquo oder ein Roumlntgenbild veranlassen
30 30 30 10
n nur Arzt nnur Patient nArzt und Patient | Patienten mit Ruumlckenschmerzen in den letzten zwoumllf Monaten Angaben in Prozent n = 243 Befragung Juni 2016Abbildung 5 | Quelle TNS Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Initiator des bildgebenden Verfahrens
Vorbild Ontario MRT-Rate um 30 Prozent gesenkt
2012 hat das Gesundheitsministerium der kana-
dischen Provinz Ontario das Programm ISAEC zur
Versorgung von Patienten mit Ruumlckenschmerzen
initiiert Mit den Patienten werden anhand eines
Fragebogens sowie eines einstuumlndiges Untersu-
chungs- und Behandlungsgespraumlchs Strategien
zum Umgang mit den Ruumlckenschmerzen erarbei-
tet und ggf naumlchste Behandlungsschritte fest-
gelegt Zeitgleich wurde die Verguumltung fuumlr bild-
gebende Diagnostik bei Ruumlckenschmerzen ohne
erkennbaren gefaumlhrlichen Verlauf fuumlr Aumlrzte
auszligerhalb von ISAEC gestrichen Seitdem ist die
Zahl der verordneten Aufnahmen deutlich zuruumlck-
gegangen und das Risiko der Chronifizierung
gesunken ndash bei sehr hohen Zufriedenheitswerten
von Patienten (99 ) und Hausaumlrzten (97 )
Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen
Anzahl von Bildgebungen der Wirbelsaumlule je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 6 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
3378
3423
3445
3554
3652
3666
3742
3872
4015
4060
4137
4142
4153
4287
4338
4407
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Mecklenburg-Vorpommern
Brandenburg
Berlin
Thuumlringen
Hessen
Schleswig-Holstein
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Bremen
Bayern
Hamburg
Baden-Wuumlrttemberg
Rheinland-Pfalz
Saarland
CT MRT
76
12
12
Roumlntgenaufnahme
80
6
14
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 7
Ambulante Behandlungsfaumllle
n lt316 n 316 ndash lt362 n 362 ndash lt407 n 407 ndash lt497 n 497 ndash lt542 n 542 ndash lt587 n ge587Zahl der Behandlungsfaumllle bei Haus- und oder Fachaumlrzten aufgrund von Ruumlckenschmerzen je 1000 Versicherte Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 7 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
MRT-Aufnahmen
n lt86 n 86 ndash lt98 n 98 ndash lt110 n 110 ndash lt135 n 135 ndash lt147 n 147 ndash lt159 n ge 159Zahl der MRT-Aufnahmen je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 8 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Rotenburg (Wuumlmme) nur 306 im Werra-Meiszlig-ner-Kreis dagegen 711 und in Dingolfing-Landau sogar 730 Faumllle (siehe Abbildung 7)
Ein Zeichen fuumlr uneinheitliche Versorgungs-strukturen und Indikationsstellungen sind auch die regional unterschiedlichen Bildgebungsraten In den ostdeutschen Bundeslaumlndern liegt die Anzahl von Roumlntgen- CT- oder MRT-Aufnahmen zwischen 338 und 367 je 1000 Versicherten mit Ruumlckenschmerzen in den westdeutschen Laumlndern bei 374 bis 441 Aufnahmen (siehe Abbildung 6) In manchen Stadt- und Landkreisen werden dop-pelt so viele Aufnahmen veranlasst wie anderswo Besonders viele MRT-Aufnahmen werden in Ham-burg Muumlnchen und der Rhein-Neckar-Region erstellt (siehe Abbildung 8) Dort wird Bildgebung auch haumlufiger bereits im Quartal der Diagnosestel-lung eingesetzt
Download der Studien unter faktencheck-ruumlckende
Institut fuumlr angewandte Gesundheitsforschung Die Analysen zu den Behand-lungsfaumlllen und zur Bildge-bung wurden vom Institut fuumlr angewandte Gesundheitsfor-schung (InGef) durchgefuumlhrt Sie beruhen auf der For-schungsdatenbank des InGef die sich aus anonymisierten Routinedaten von mehr als sieben Millionen Versicher-ten aus circa 70 gesetzlichen Krankenversicherungen zusammensetzt
TNS EmnidDie Befragung mit Telefon- Interviews fuumlhrte zu einer Stichprobe von 1005 Teil-nehmern Diese Stichprobe wurde beschraumlnkt auf 18- bis 80-Jaumlhrige Sie wurde gewichtet und ist nach Alter Geschlecht Bildungsstand Haushaltsgroumlszlige Region sowie Erwerbstaumltigkeit (janein) repraumlsentativ fuumlr die BevoumllkerungErhebungszeitraum 14 ndash 28 Juni 2016
Die Werte einzelner Kreise koumlnnen im interaktiven Kartentool auf faktencheck-ruumlckende eingesehen und verglichen werden
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 8
Mehr reden statt roumlntgen ndash Versorgung an Leitlinien orientieren
Uumlber den richtigen Umgang mit Ruumlckenschmerzen herrscht in der Bevoumllkerung viel Unkenntnis Die Logik das mehr Diagnostik und mehr Behandlung zu mehr Gesundheit fuumlhren ist jedoch weit verbrei-tet Aumlrzte muumlssen ihrer Verantwortung als vertrauenswuumlrdige Experten gerecht werden ndash indem sie uumlbersteigerten Erwartungen und Wissens-defiziten der Betroffenen im Arzt-Patienten-Gespraumlch begegnen
Betroffene besser informieren
rsaquoUm Wissensdefiziten zum Umgang mit Ruumlckenschmerzen in der Bevoumllkerung zu begegnen sind evidenzbasierte und verstaumlndliche Informationen notwendig die effektiv verbreitet werden Aumlrzte muumls-sen den Betroffenen Nutzen und Risiken der diagnostischen Verfah-ren sowie deren Relevanz fuumlr den weiteren Behandlungsverlauf zudem sachgerecht vermitteln Psychosoziale Aspekte sollten im Arzt-Patienten-Gespraumlch mehr beruumlcksichtigt werden
Gespraumlche angemessen verguumlten
rsaquoUm den Krankheitsverlauf bei Ruumlckenschmerzen abzuschaumltzen ist das Arzt-Patienten-Gespraumlch zentral ndash das im Gegensatz zu den teuren Bildgebungsverfahren derzeit nur unzureichend verguumltet wird Eine leitlinienkonforme Gestaltung des Honorarsystems sollte daruumlber hinaus Bildgebung bei Ruumlckenschmerzen nur bei streng definierten Indikationen erstatten
Leitlinien im Versorgungsalltag beachten
rsaquoDie aumlrztliche Versorgungspraxis muss sich verstaumlrkt an der Nationa-len VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz orientieren um unnoumltige zu fruumlhe und mehrfache Bildgebung zu verhindern und damit eine Uumlber- und Fehlversorgung abzubauen Patienten mit unspezifischen Ruumlckenschmerzen sollten so fruumlh wie moumlglich ermutigt werden selbst aktiv zu werden
Versorgungskoordination verbessern
rsaquoUm vorschnelle Facharztbesuche und Doppeluntersuchungen zu vermeiden ist eine verbesserte Zugangssteuerung umzusetzen Hausaumlrzte sollten hier eine zentrale Rolle spielen Ebenso koumlnnten der zuumlgige Einsatz der elektronischen Patientenakte und eine gute Kooperation zwischen unterschiedlichen Arztgruppen unnoumltige mehrfache Bildgebung vermeiden Die Einfuumlhrung neuer Geraumlte (u a Magnetresonanz- und Computertomografen) und Medizin- technologien sollte systematisch geplant und vor einer flaumlchen- deckenden Verbreitung evaluiert werden
Impressum
Bildnachweis Shutterstock lightwavemediaGestaltung Dietlind Ehlers Redaktion Burkhard Rexin Andrea Fuumlrchtenicht Druck Druckhaus Rihn
ISSN (Print) 2364-4788 ISSN (Online) 2364-5970 Veroumlffentlichung November 2016
HerausgeberBertelsmann StiftungCarl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumlterslohwwwbertelsmann- stiftungde
Verantwortlich Uwe Schwenk Director des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Patienten informierenldquo
Kontakt Sonja Luumltke-Bornefeldsonjaluetke-bornefeldbertelsmann-stiftungdeTel + 49 5241 81-81431
Handlungsempfehlungen
SPOTLIGHT GESUNDHEIT ist ein Impulspapier des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Pati-enten informierenldquo der Bertelsmann Stiftung Es erscheint in unregelmaumlszligigen Abstaumlnden mehr-mals pro Jahr und beschaumlftigt sich mit aktuel-len Themen und Herausforderungen im Gesund-heitswesen Die Bertelsmann Stiftung setzt sich fuumlr ein Gesundheitssystem ein das sich an den Buumlrgern orientiert Mit ihren Projekten zielt sie auf eine konsequent am Bedarf ausgerichtete und hochwertige Versorgung sowie stabile finanzielle Grundlagen Patienten sollen durch verstaumlndliche Informationen in ihrer Rolle gestaumlrkt werden
Im Projekt bdquoFaktencheck Gesundheitldquo des Programms wird mehrmals jaumlhrlich ein Versor-gungsthema genauer beleuchtet Der bdquoFakten-check Gesundheitldquo will dazu beitragen dass die begrenzten Ressourcen sachgerechter verwendet werden und Gesundheitsleistungen sich staumlrker am tatsaumlchlichen Bedarf der Patienten orientieren
Weitere Informationen auf
faktencheck-gesundheitde
4 Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen
Aumlrztliche Beratung oft unzureichend
Drei Viertel der Patienten werden koumlrperliche Aktivitaumlt und Sport empfohlen wie es der Leitlinie entspricht In der bevoumllkerungsrepraumlsentativen Befragung gab aber knapp die Haumllfte der Patien-ten auch an ihnen sei zu bdquoRuheldquo und bdquoScho-nungldquo geraten worden Ebenso vielen erklaumlrte der behandelnde Arzt ihr Ruumlcken sei bdquokaputtldquo oder bdquoverschlissenldquo Solche Aussagen demotivieren foumlrdern eine passive Einstellung und stehen der Genesung oder Beschwerdelinderung nachhaltig im Weg
Uumlber moumlgliche psychische Krankheitsursachen und die konkrete Arbeits- und Lebenssituation wird zu selten ndash nur mit jedem zweiten Patienten ndash gesprochen Studien zeigen dass Aumlrzte mit einem biomedizinischen Krankheitsverstaumlndnis haumlufiger krankschreiben und eher zu Bettruhe und einer Verringerung von Alltagsaktivitaumlten raten Sie messen auch bildgebender Diagnostik zu viel Bedeutung bei All das ist nicht leitlinien-konform und hinsichtlich der Patientenorientie-rung und -sicherheit kritisch zu bewerten
Aumlrzte veranlassen zu viele Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen
Dass bildgebende Verfahren sowohl zu fruumlh als auch zu haumlufig eingesetzt und dazu noch unnoumltig oft wiederholt werden hat der Sachverstaumlndigen- rat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesund-
heitswesen bereits vor 15 Jahren in seinem Gut-achten bdquoBedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlich-keitldquo kritisiert Der bdquoFaktencheck Ruumlckenldquo zeigt dass diese Uumlber- und Fehlversorgung bei Patien-ten mit Ruumlckenschmerzen immer noch besteht
Entgegen den Leitlinien werden bei vielen Patienten mehrfach Roumlntgenaufnahmen Compu-ter- oder Magnetresonanztomographien (CTs MRTs) gemacht 21 Prozent wurden in den fuumlnf Jahren nach der Diagnose Ruumlckenschmerzen zwei- bis dreimal durchleuchtet sieben Prozent mehr als viermal
Im Jahr 2015 erfolgte bei jedem sechsten Pati-enten eine bildgebende Diagnostik ohne entspre-chende Indikation (ohne bdquoRed Flagsldquo d h Warn-
bdquoIn den uumlberwiegenden Faumlllen liefern Bilder keinen konkreten
Anhaltspunkt fuumlr den Grund von Ruumlckenschmerzen Viele Ursachen
wie Stress Unzufriedenheit am Arbeitsplatz oder Bewegungsmangel lassen sich eben auf keiner Roumlntgen-
oder MRT-Aufnahme erkennenldquoProf Dr med Jean-Franccedilois Chenot Professor fuumlr Allgemeinmedizin und Direktor
der Abteilung Allgemeinmedizin der Universitaumlts-medizin Greifswald ambulant taumltiger Facharzt
5Jeder geht mindestens einmal im Jahr
wegen Ruumlckenschmerzen
zum Arzt
6000000 Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen allein vom Ruumlcken verordneten Aumlrzte im Jahr 2015
der Bevoumllkerung glauben faumllschlicherweise dass man mit Roumlntgen- CT- und MRT-Bildern die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig und schnell findet
69
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 5
hinweise etwa auf ausgepraumlgte Laumlhmungen oder den Verdacht auf Entzuumlndung oder Fraktur) Das betraf nach den vom InGef ausgewerteten Abrech-nungsdaten insbesondere juumlngere Erwachsene bei den 20-40-Jaumlhrigen ohne bdquoRed Flagsldquo wurden knapp ein Drittel mehr Roumlntgenbilder veranlasst als bei den uumlber Vierzigjaumlhrigen ohne bdquoRed Flagsldquo
Die bildgebende Diagnostik erfolgt oft vor-schnell bei jedem fuumlnften Patienten (22 ) bereits im Quartal der Erstdiagnose Orthopaumlden veran-lassen ein Roumlntgenbild in dieser Zeitspanne vier-mal so haumlufig wie Hausaumlrzte Nach der Nationalen VersorgungsLeitlinie sollte dies jedoch ohne besondere Indikation fruumlhestens nach sechs bis zwoumllf Wochen erfolgen wenn eine konservative Therapie keinen Erfolg hat Bei mehr als 50 Pro-zent der Patienten wurde aber in den drei Monaten vor der Bildgebung uumlberhaupt kein konservativer Therapieversuch z B Verordnung von Schmerz-mitteln oder Krankengymnastik unternommen
Im Jahr 2015 wurden pro 1000 Patienten mit Ruumlckenschmerzen 375 Bilder erstellt davon 202 Roumlntgenaufnahmen der Wirbelsaumlule 139 MRTs und 34 CTs (siehe Abbildung 3) Waumlhrend die Zahl der Roumlntgen- und CT-Aufnahmen von 2009 bis 2015 um rund 20 Prozent sank stieg die Zahl der MRT-Aufnahmen um 34 Prozent Bei der Gesamt-zahl der MRT-Aufnahmen steht Deutschland nach einer Auswertung der BARMER GEK im inter- nationalen Vergleich an der Spitze Wird die bild-gebende Diagnostik auch zukuumlnftig in diesem Umfang eingesetzt wird durchschnittlich jeder Einwohner etwa drei- bis viermal in seinem Leben aufgrund von Ruumlckenproblemen durch-leuchtet Das betraumlchtliche Ausmaszlig an bildgeben-der Diagnostik birgt die Gefahr falsch-positiver Befunde die zur Verunsicherung der Patienten und zu unnoumltigen Interventionen fuumlhren koumlnnen
Medizinglaumlubigkeit der Bevoumllkerung und aumlrztliche Versorgung verstaumlrken das Problem
Wenn ein Arzt einen Ruumlckenschmerzpatienten intensiv befragt und untersucht und dadurch gefaumlhrliche Verlaumlufe ausschlieszligen kann muss er zunaumlchst keine Bildgebung veranlassen Bei Erklaumlrungsversuchen zu der hohen Zahl bildge-bender Verfahren benennen Aumlrzte jedoch immer wieder den expliziten Patientenwunsch Tatsaumlch-lich zeigen die Befragungsergebnisse des bdquoFak-tencheck Ruumlckenldquo jedoch etwas anderes Fuumlr alle diagnostischen Vorgehensweisen (einschlieszlig-lich der bildgebenden Verfahren) sagen durch-gaumlngig mehr als drei Viertel der Betroffenen
n Roumlntgen nCT nMRT
Abbildung 3 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen Anzahl Bildgebungen je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Standardisiert nach Alter Geschlecht und Region
Uumlberdiagnose als Risiko bildgebender Verfahren
Bei nahezu allen Erwachsenen die aumllter als
60 Jahre sind zeigen sich im MRT Anzeichen
degenerativer Veraumlnderungen der Wirbel-
saumlule ndash ob sie nun Ruumlckenschmerzen haben
oder nicht Auch bei CTs und klassischen
Roumlntgenaufnahmen ist das Risiko groszlig irrele-
vante und irrefuumlhrende Befunde zu entdecken
Befunde auf den Bildern werden oft uumlberbe-
wertet Studien belegen Bildgebung und Befun-
derklaumlrung koumlnnen zur Verunsicherung der
Patienten beitragen und zu veraumlnderter Selbst-
wahrnehmung fuumlhren zu unnoumltigen weiteren
Arztbesuchen und Therapien Bilddiagnostik
ist nicht nur teuer sondern verursacht in vielen
Faumlllen auch hohe Folgekosten vor allem durch
Chronifizierung der Ruumlckenschmerzen oder
nicht indizierte Maszlignahmen und Behandlungen
So steht es bereits seit 2010 in der Nationalen
VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz
2009
257
45
104
406
2010
257
43
113
413
2011
247
41
118
406
2012
238
39
125
402
2013
229
36
129
394
2014
218
36
135
389
2015
202
34
139
375
6 Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen
dass ausschlieszliglich der Arzt die jeweilige Maszlig-nahme vorgeschlagen habe (siehe Abbildung 5) Auf der anderen Seite glauben jedoch 69 Prozent der Bevoumllkerung dass man mit Bildgebung die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig findet ndash und sie erwarten vom Arzt eine entsprechende Verordnung (siehe Abbildung 4) Aumlrzte ruumlcken diese Erwartungen in der Praxis nicht ausreichend zurecht und veranlassen haumlufiger auch entgegen der Leitlinie eine Roumlntgen- CT- oder MRT-Auf-nahme So scheint es dass sich die Erwartungs-haltungen von Arzt und Patient gegenseitig ver-staumlrken und Patienten den aumlrztlichen Vorschlag einer Bildgebung gern annehmen
Erhebliche regionale Unterschiede
Das Verhalten von Patienten und Aumlrzten ist regi-onal sehr unterschiedlich So gehen gesetzlich Versicherte mit Ruumlckenschmerzen in Hamburg Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz viel seltener zum Arzt als in Berlin oder Bayern Die Zahl der Behandlungsfaumllle pro 1000 Versicherte und Jahr variiert auf Bundeslandebene zwischen 370 in Hamburg und 509 in Berlin Auf Kreis-ebene gibt es Unterschiede um mehr als das Doppelte So betrug die durchschnittliche Anzahl von Behandlungsfaumlllen in den Jahren 2009 bis 2015 in den Kreisen Ostprignitz-Ruppin und
n stimme voll und ganz zu nstimme eher zu nstimme eher nicht zu nstimme uumlberhaupt nicht zu
Antworten weiszlig nicht und k A weggelassen n = 914ndash977 Befragung Juni 2016Abbildung 4 | Quelle TNS Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Meinungen in Bezug auf Ruumlckenschmerzen
28 41 26 5
Durch Roumlntgenbilder und Aufnahmen in der bdquoRoumlhreldquo findet der Arzt die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig und schnell
Ein Arzt sollte bei Ruumlckenschmerzen schnellstmoumlglich eine Untersuchung in der bdquoRoumlhreldquo oder ein Roumlntgenbild veranlassen
30 30 30 10
n nur Arzt nnur Patient nArzt und Patient | Patienten mit Ruumlckenschmerzen in den letzten zwoumllf Monaten Angaben in Prozent n = 243 Befragung Juni 2016Abbildung 5 | Quelle TNS Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Initiator des bildgebenden Verfahrens
Vorbild Ontario MRT-Rate um 30 Prozent gesenkt
2012 hat das Gesundheitsministerium der kana-
dischen Provinz Ontario das Programm ISAEC zur
Versorgung von Patienten mit Ruumlckenschmerzen
initiiert Mit den Patienten werden anhand eines
Fragebogens sowie eines einstuumlndiges Untersu-
chungs- und Behandlungsgespraumlchs Strategien
zum Umgang mit den Ruumlckenschmerzen erarbei-
tet und ggf naumlchste Behandlungsschritte fest-
gelegt Zeitgleich wurde die Verguumltung fuumlr bild-
gebende Diagnostik bei Ruumlckenschmerzen ohne
erkennbaren gefaumlhrlichen Verlauf fuumlr Aumlrzte
auszligerhalb von ISAEC gestrichen Seitdem ist die
Zahl der verordneten Aufnahmen deutlich zuruumlck-
gegangen und das Risiko der Chronifizierung
gesunken ndash bei sehr hohen Zufriedenheitswerten
von Patienten (99 ) und Hausaumlrzten (97 )
Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen
Anzahl von Bildgebungen der Wirbelsaumlule je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 6 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
3378
3423
3445
3554
3652
3666
3742
3872
4015
4060
4137
4142
4153
4287
4338
4407
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Mecklenburg-Vorpommern
Brandenburg
Berlin
Thuumlringen
Hessen
Schleswig-Holstein
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Bremen
Bayern
Hamburg
Baden-Wuumlrttemberg
Rheinland-Pfalz
Saarland
CT MRT
76
12
12
Roumlntgenaufnahme
80
6
14
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 7
Ambulante Behandlungsfaumllle
n lt316 n 316 ndash lt362 n 362 ndash lt407 n 407 ndash lt497 n 497 ndash lt542 n 542 ndash lt587 n ge587Zahl der Behandlungsfaumllle bei Haus- und oder Fachaumlrzten aufgrund von Ruumlckenschmerzen je 1000 Versicherte Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 7 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
MRT-Aufnahmen
n lt86 n 86 ndash lt98 n 98 ndash lt110 n 110 ndash lt135 n 135 ndash lt147 n 147 ndash lt159 n ge 159Zahl der MRT-Aufnahmen je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 8 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Rotenburg (Wuumlmme) nur 306 im Werra-Meiszlig-ner-Kreis dagegen 711 und in Dingolfing-Landau sogar 730 Faumllle (siehe Abbildung 7)
Ein Zeichen fuumlr uneinheitliche Versorgungs-strukturen und Indikationsstellungen sind auch die regional unterschiedlichen Bildgebungsraten In den ostdeutschen Bundeslaumlndern liegt die Anzahl von Roumlntgen- CT- oder MRT-Aufnahmen zwischen 338 und 367 je 1000 Versicherten mit Ruumlckenschmerzen in den westdeutschen Laumlndern bei 374 bis 441 Aufnahmen (siehe Abbildung 6) In manchen Stadt- und Landkreisen werden dop-pelt so viele Aufnahmen veranlasst wie anderswo Besonders viele MRT-Aufnahmen werden in Ham-burg Muumlnchen und der Rhein-Neckar-Region erstellt (siehe Abbildung 8) Dort wird Bildgebung auch haumlufiger bereits im Quartal der Diagnosestel-lung eingesetzt
Download der Studien unter faktencheck-ruumlckende
Institut fuumlr angewandte Gesundheitsforschung Die Analysen zu den Behand-lungsfaumlllen und zur Bildge-bung wurden vom Institut fuumlr angewandte Gesundheitsfor-schung (InGef) durchgefuumlhrt Sie beruhen auf der For-schungsdatenbank des InGef die sich aus anonymisierten Routinedaten von mehr als sieben Millionen Versicher-ten aus circa 70 gesetzlichen Krankenversicherungen zusammensetzt
TNS EmnidDie Befragung mit Telefon- Interviews fuumlhrte zu einer Stichprobe von 1005 Teil-nehmern Diese Stichprobe wurde beschraumlnkt auf 18- bis 80-Jaumlhrige Sie wurde gewichtet und ist nach Alter Geschlecht Bildungsstand Haushaltsgroumlszlige Region sowie Erwerbstaumltigkeit (janein) repraumlsentativ fuumlr die BevoumllkerungErhebungszeitraum 14 ndash 28 Juni 2016
Die Werte einzelner Kreise koumlnnen im interaktiven Kartentool auf faktencheck-ruumlckende eingesehen und verglichen werden
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 8
Mehr reden statt roumlntgen ndash Versorgung an Leitlinien orientieren
Uumlber den richtigen Umgang mit Ruumlckenschmerzen herrscht in der Bevoumllkerung viel Unkenntnis Die Logik das mehr Diagnostik und mehr Behandlung zu mehr Gesundheit fuumlhren ist jedoch weit verbrei-tet Aumlrzte muumlssen ihrer Verantwortung als vertrauenswuumlrdige Experten gerecht werden ndash indem sie uumlbersteigerten Erwartungen und Wissens-defiziten der Betroffenen im Arzt-Patienten-Gespraumlch begegnen
Betroffene besser informieren
rsaquoUm Wissensdefiziten zum Umgang mit Ruumlckenschmerzen in der Bevoumllkerung zu begegnen sind evidenzbasierte und verstaumlndliche Informationen notwendig die effektiv verbreitet werden Aumlrzte muumls-sen den Betroffenen Nutzen und Risiken der diagnostischen Verfah-ren sowie deren Relevanz fuumlr den weiteren Behandlungsverlauf zudem sachgerecht vermitteln Psychosoziale Aspekte sollten im Arzt-Patienten-Gespraumlch mehr beruumlcksichtigt werden
Gespraumlche angemessen verguumlten
rsaquoUm den Krankheitsverlauf bei Ruumlckenschmerzen abzuschaumltzen ist das Arzt-Patienten-Gespraumlch zentral ndash das im Gegensatz zu den teuren Bildgebungsverfahren derzeit nur unzureichend verguumltet wird Eine leitlinienkonforme Gestaltung des Honorarsystems sollte daruumlber hinaus Bildgebung bei Ruumlckenschmerzen nur bei streng definierten Indikationen erstatten
Leitlinien im Versorgungsalltag beachten
rsaquoDie aumlrztliche Versorgungspraxis muss sich verstaumlrkt an der Nationa-len VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz orientieren um unnoumltige zu fruumlhe und mehrfache Bildgebung zu verhindern und damit eine Uumlber- und Fehlversorgung abzubauen Patienten mit unspezifischen Ruumlckenschmerzen sollten so fruumlh wie moumlglich ermutigt werden selbst aktiv zu werden
Versorgungskoordination verbessern
rsaquoUm vorschnelle Facharztbesuche und Doppeluntersuchungen zu vermeiden ist eine verbesserte Zugangssteuerung umzusetzen Hausaumlrzte sollten hier eine zentrale Rolle spielen Ebenso koumlnnten der zuumlgige Einsatz der elektronischen Patientenakte und eine gute Kooperation zwischen unterschiedlichen Arztgruppen unnoumltige mehrfache Bildgebung vermeiden Die Einfuumlhrung neuer Geraumlte (u a Magnetresonanz- und Computertomografen) und Medizin- technologien sollte systematisch geplant und vor einer flaumlchen- deckenden Verbreitung evaluiert werden
Impressum
Bildnachweis Shutterstock lightwavemediaGestaltung Dietlind Ehlers Redaktion Burkhard Rexin Andrea Fuumlrchtenicht Druck Druckhaus Rihn
ISSN (Print) 2364-4788 ISSN (Online) 2364-5970 Veroumlffentlichung November 2016
HerausgeberBertelsmann StiftungCarl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumlterslohwwwbertelsmann- stiftungde
Verantwortlich Uwe Schwenk Director des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Patienten informierenldquo
Kontakt Sonja Luumltke-Bornefeldsonjaluetke-bornefeldbertelsmann-stiftungdeTel + 49 5241 81-81431
Handlungsempfehlungen
SPOTLIGHT GESUNDHEIT ist ein Impulspapier des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Pati-enten informierenldquo der Bertelsmann Stiftung Es erscheint in unregelmaumlszligigen Abstaumlnden mehr-mals pro Jahr und beschaumlftigt sich mit aktuel-len Themen und Herausforderungen im Gesund-heitswesen Die Bertelsmann Stiftung setzt sich fuumlr ein Gesundheitssystem ein das sich an den Buumlrgern orientiert Mit ihren Projekten zielt sie auf eine konsequent am Bedarf ausgerichtete und hochwertige Versorgung sowie stabile finanzielle Grundlagen Patienten sollen durch verstaumlndliche Informationen in ihrer Rolle gestaumlrkt werden
Im Projekt bdquoFaktencheck Gesundheitldquo des Programms wird mehrmals jaumlhrlich ein Versor-gungsthema genauer beleuchtet Der bdquoFakten-check Gesundheitldquo will dazu beitragen dass die begrenzten Ressourcen sachgerechter verwendet werden und Gesundheitsleistungen sich staumlrker am tatsaumlchlichen Bedarf der Patienten orientieren
Weitere Informationen auf
faktencheck-gesundheitde
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 5
hinweise etwa auf ausgepraumlgte Laumlhmungen oder den Verdacht auf Entzuumlndung oder Fraktur) Das betraf nach den vom InGef ausgewerteten Abrech-nungsdaten insbesondere juumlngere Erwachsene bei den 20-40-Jaumlhrigen ohne bdquoRed Flagsldquo wurden knapp ein Drittel mehr Roumlntgenbilder veranlasst als bei den uumlber Vierzigjaumlhrigen ohne bdquoRed Flagsldquo
Die bildgebende Diagnostik erfolgt oft vor-schnell bei jedem fuumlnften Patienten (22 ) bereits im Quartal der Erstdiagnose Orthopaumlden veran-lassen ein Roumlntgenbild in dieser Zeitspanne vier-mal so haumlufig wie Hausaumlrzte Nach der Nationalen VersorgungsLeitlinie sollte dies jedoch ohne besondere Indikation fruumlhestens nach sechs bis zwoumllf Wochen erfolgen wenn eine konservative Therapie keinen Erfolg hat Bei mehr als 50 Pro-zent der Patienten wurde aber in den drei Monaten vor der Bildgebung uumlberhaupt kein konservativer Therapieversuch z B Verordnung von Schmerz-mitteln oder Krankengymnastik unternommen
Im Jahr 2015 wurden pro 1000 Patienten mit Ruumlckenschmerzen 375 Bilder erstellt davon 202 Roumlntgenaufnahmen der Wirbelsaumlule 139 MRTs und 34 CTs (siehe Abbildung 3) Waumlhrend die Zahl der Roumlntgen- und CT-Aufnahmen von 2009 bis 2015 um rund 20 Prozent sank stieg die Zahl der MRT-Aufnahmen um 34 Prozent Bei der Gesamt-zahl der MRT-Aufnahmen steht Deutschland nach einer Auswertung der BARMER GEK im inter- nationalen Vergleich an der Spitze Wird die bild-gebende Diagnostik auch zukuumlnftig in diesem Umfang eingesetzt wird durchschnittlich jeder Einwohner etwa drei- bis viermal in seinem Leben aufgrund von Ruumlckenproblemen durch-leuchtet Das betraumlchtliche Ausmaszlig an bildgeben-der Diagnostik birgt die Gefahr falsch-positiver Befunde die zur Verunsicherung der Patienten und zu unnoumltigen Interventionen fuumlhren koumlnnen
Medizinglaumlubigkeit der Bevoumllkerung und aumlrztliche Versorgung verstaumlrken das Problem
Wenn ein Arzt einen Ruumlckenschmerzpatienten intensiv befragt und untersucht und dadurch gefaumlhrliche Verlaumlufe ausschlieszligen kann muss er zunaumlchst keine Bildgebung veranlassen Bei Erklaumlrungsversuchen zu der hohen Zahl bildge-bender Verfahren benennen Aumlrzte jedoch immer wieder den expliziten Patientenwunsch Tatsaumlch-lich zeigen die Befragungsergebnisse des bdquoFak-tencheck Ruumlckenldquo jedoch etwas anderes Fuumlr alle diagnostischen Vorgehensweisen (einschlieszlig-lich der bildgebenden Verfahren) sagen durch-gaumlngig mehr als drei Viertel der Betroffenen
n Roumlntgen nCT nMRT
Abbildung 3 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen Anzahl Bildgebungen je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Standardisiert nach Alter Geschlecht und Region
Uumlberdiagnose als Risiko bildgebender Verfahren
Bei nahezu allen Erwachsenen die aumllter als
60 Jahre sind zeigen sich im MRT Anzeichen
degenerativer Veraumlnderungen der Wirbel-
saumlule ndash ob sie nun Ruumlckenschmerzen haben
oder nicht Auch bei CTs und klassischen
Roumlntgenaufnahmen ist das Risiko groszlig irrele-
vante und irrefuumlhrende Befunde zu entdecken
Befunde auf den Bildern werden oft uumlberbe-
wertet Studien belegen Bildgebung und Befun-
derklaumlrung koumlnnen zur Verunsicherung der
Patienten beitragen und zu veraumlnderter Selbst-
wahrnehmung fuumlhren zu unnoumltigen weiteren
Arztbesuchen und Therapien Bilddiagnostik
ist nicht nur teuer sondern verursacht in vielen
Faumlllen auch hohe Folgekosten vor allem durch
Chronifizierung der Ruumlckenschmerzen oder
nicht indizierte Maszlignahmen und Behandlungen
So steht es bereits seit 2010 in der Nationalen
VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz
2009
257
45
104
406
2010
257
43
113
413
2011
247
41
118
406
2012
238
39
125
402
2013
229
36
129
394
2014
218
36
135
389
2015
202
34
139
375
6 Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen
dass ausschlieszliglich der Arzt die jeweilige Maszlig-nahme vorgeschlagen habe (siehe Abbildung 5) Auf der anderen Seite glauben jedoch 69 Prozent der Bevoumllkerung dass man mit Bildgebung die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig findet ndash und sie erwarten vom Arzt eine entsprechende Verordnung (siehe Abbildung 4) Aumlrzte ruumlcken diese Erwartungen in der Praxis nicht ausreichend zurecht und veranlassen haumlufiger auch entgegen der Leitlinie eine Roumlntgen- CT- oder MRT-Auf-nahme So scheint es dass sich die Erwartungs-haltungen von Arzt und Patient gegenseitig ver-staumlrken und Patienten den aumlrztlichen Vorschlag einer Bildgebung gern annehmen
Erhebliche regionale Unterschiede
Das Verhalten von Patienten und Aumlrzten ist regi-onal sehr unterschiedlich So gehen gesetzlich Versicherte mit Ruumlckenschmerzen in Hamburg Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz viel seltener zum Arzt als in Berlin oder Bayern Die Zahl der Behandlungsfaumllle pro 1000 Versicherte und Jahr variiert auf Bundeslandebene zwischen 370 in Hamburg und 509 in Berlin Auf Kreis-ebene gibt es Unterschiede um mehr als das Doppelte So betrug die durchschnittliche Anzahl von Behandlungsfaumlllen in den Jahren 2009 bis 2015 in den Kreisen Ostprignitz-Ruppin und
n stimme voll und ganz zu nstimme eher zu nstimme eher nicht zu nstimme uumlberhaupt nicht zu
Antworten weiszlig nicht und k A weggelassen n = 914ndash977 Befragung Juni 2016Abbildung 4 | Quelle TNS Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Meinungen in Bezug auf Ruumlckenschmerzen
28 41 26 5
Durch Roumlntgenbilder und Aufnahmen in der bdquoRoumlhreldquo findet der Arzt die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig und schnell
Ein Arzt sollte bei Ruumlckenschmerzen schnellstmoumlglich eine Untersuchung in der bdquoRoumlhreldquo oder ein Roumlntgenbild veranlassen
30 30 30 10
n nur Arzt nnur Patient nArzt und Patient | Patienten mit Ruumlckenschmerzen in den letzten zwoumllf Monaten Angaben in Prozent n = 243 Befragung Juni 2016Abbildung 5 | Quelle TNS Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Initiator des bildgebenden Verfahrens
Vorbild Ontario MRT-Rate um 30 Prozent gesenkt
2012 hat das Gesundheitsministerium der kana-
dischen Provinz Ontario das Programm ISAEC zur
Versorgung von Patienten mit Ruumlckenschmerzen
initiiert Mit den Patienten werden anhand eines
Fragebogens sowie eines einstuumlndiges Untersu-
chungs- und Behandlungsgespraumlchs Strategien
zum Umgang mit den Ruumlckenschmerzen erarbei-
tet und ggf naumlchste Behandlungsschritte fest-
gelegt Zeitgleich wurde die Verguumltung fuumlr bild-
gebende Diagnostik bei Ruumlckenschmerzen ohne
erkennbaren gefaumlhrlichen Verlauf fuumlr Aumlrzte
auszligerhalb von ISAEC gestrichen Seitdem ist die
Zahl der verordneten Aufnahmen deutlich zuruumlck-
gegangen und das Risiko der Chronifizierung
gesunken ndash bei sehr hohen Zufriedenheitswerten
von Patienten (99 ) und Hausaumlrzten (97 )
Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen
Anzahl von Bildgebungen der Wirbelsaumlule je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 6 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
3378
3423
3445
3554
3652
3666
3742
3872
4015
4060
4137
4142
4153
4287
4338
4407
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Mecklenburg-Vorpommern
Brandenburg
Berlin
Thuumlringen
Hessen
Schleswig-Holstein
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Bremen
Bayern
Hamburg
Baden-Wuumlrttemberg
Rheinland-Pfalz
Saarland
CT MRT
76
12
12
Roumlntgenaufnahme
80
6
14
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 7
Ambulante Behandlungsfaumllle
n lt316 n 316 ndash lt362 n 362 ndash lt407 n 407 ndash lt497 n 497 ndash lt542 n 542 ndash lt587 n ge587Zahl der Behandlungsfaumllle bei Haus- und oder Fachaumlrzten aufgrund von Ruumlckenschmerzen je 1000 Versicherte Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 7 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
MRT-Aufnahmen
n lt86 n 86 ndash lt98 n 98 ndash lt110 n 110 ndash lt135 n 135 ndash lt147 n 147 ndash lt159 n ge 159Zahl der MRT-Aufnahmen je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 8 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Rotenburg (Wuumlmme) nur 306 im Werra-Meiszlig-ner-Kreis dagegen 711 und in Dingolfing-Landau sogar 730 Faumllle (siehe Abbildung 7)
Ein Zeichen fuumlr uneinheitliche Versorgungs-strukturen und Indikationsstellungen sind auch die regional unterschiedlichen Bildgebungsraten In den ostdeutschen Bundeslaumlndern liegt die Anzahl von Roumlntgen- CT- oder MRT-Aufnahmen zwischen 338 und 367 je 1000 Versicherten mit Ruumlckenschmerzen in den westdeutschen Laumlndern bei 374 bis 441 Aufnahmen (siehe Abbildung 6) In manchen Stadt- und Landkreisen werden dop-pelt so viele Aufnahmen veranlasst wie anderswo Besonders viele MRT-Aufnahmen werden in Ham-burg Muumlnchen und der Rhein-Neckar-Region erstellt (siehe Abbildung 8) Dort wird Bildgebung auch haumlufiger bereits im Quartal der Diagnosestel-lung eingesetzt
Download der Studien unter faktencheck-ruumlckende
Institut fuumlr angewandte Gesundheitsforschung Die Analysen zu den Behand-lungsfaumlllen und zur Bildge-bung wurden vom Institut fuumlr angewandte Gesundheitsfor-schung (InGef) durchgefuumlhrt Sie beruhen auf der For-schungsdatenbank des InGef die sich aus anonymisierten Routinedaten von mehr als sieben Millionen Versicher-ten aus circa 70 gesetzlichen Krankenversicherungen zusammensetzt
TNS EmnidDie Befragung mit Telefon- Interviews fuumlhrte zu einer Stichprobe von 1005 Teil-nehmern Diese Stichprobe wurde beschraumlnkt auf 18- bis 80-Jaumlhrige Sie wurde gewichtet und ist nach Alter Geschlecht Bildungsstand Haushaltsgroumlszlige Region sowie Erwerbstaumltigkeit (janein) repraumlsentativ fuumlr die BevoumllkerungErhebungszeitraum 14 ndash 28 Juni 2016
Die Werte einzelner Kreise koumlnnen im interaktiven Kartentool auf faktencheck-ruumlckende eingesehen und verglichen werden
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 8
Mehr reden statt roumlntgen ndash Versorgung an Leitlinien orientieren
Uumlber den richtigen Umgang mit Ruumlckenschmerzen herrscht in der Bevoumllkerung viel Unkenntnis Die Logik das mehr Diagnostik und mehr Behandlung zu mehr Gesundheit fuumlhren ist jedoch weit verbrei-tet Aumlrzte muumlssen ihrer Verantwortung als vertrauenswuumlrdige Experten gerecht werden ndash indem sie uumlbersteigerten Erwartungen und Wissens-defiziten der Betroffenen im Arzt-Patienten-Gespraumlch begegnen
Betroffene besser informieren
rsaquoUm Wissensdefiziten zum Umgang mit Ruumlckenschmerzen in der Bevoumllkerung zu begegnen sind evidenzbasierte und verstaumlndliche Informationen notwendig die effektiv verbreitet werden Aumlrzte muumls-sen den Betroffenen Nutzen und Risiken der diagnostischen Verfah-ren sowie deren Relevanz fuumlr den weiteren Behandlungsverlauf zudem sachgerecht vermitteln Psychosoziale Aspekte sollten im Arzt-Patienten-Gespraumlch mehr beruumlcksichtigt werden
Gespraumlche angemessen verguumlten
rsaquoUm den Krankheitsverlauf bei Ruumlckenschmerzen abzuschaumltzen ist das Arzt-Patienten-Gespraumlch zentral ndash das im Gegensatz zu den teuren Bildgebungsverfahren derzeit nur unzureichend verguumltet wird Eine leitlinienkonforme Gestaltung des Honorarsystems sollte daruumlber hinaus Bildgebung bei Ruumlckenschmerzen nur bei streng definierten Indikationen erstatten
Leitlinien im Versorgungsalltag beachten
rsaquoDie aumlrztliche Versorgungspraxis muss sich verstaumlrkt an der Nationa-len VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz orientieren um unnoumltige zu fruumlhe und mehrfache Bildgebung zu verhindern und damit eine Uumlber- und Fehlversorgung abzubauen Patienten mit unspezifischen Ruumlckenschmerzen sollten so fruumlh wie moumlglich ermutigt werden selbst aktiv zu werden
Versorgungskoordination verbessern
rsaquoUm vorschnelle Facharztbesuche und Doppeluntersuchungen zu vermeiden ist eine verbesserte Zugangssteuerung umzusetzen Hausaumlrzte sollten hier eine zentrale Rolle spielen Ebenso koumlnnten der zuumlgige Einsatz der elektronischen Patientenakte und eine gute Kooperation zwischen unterschiedlichen Arztgruppen unnoumltige mehrfache Bildgebung vermeiden Die Einfuumlhrung neuer Geraumlte (u a Magnetresonanz- und Computertomografen) und Medizin- technologien sollte systematisch geplant und vor einer flaumlchen- deckenden Verbreitung evaluiert werden
Impressum
Bildnachweis Shutterstock lightwavemediaGestaltung Dietlind Ehlers Redaktion Burkhard Rexin Andrea Fuumlrchtenicht Druck Druckhaus Rihn
ISSN (Print) 2364-4788 ISSN (Online) 2364-5970 Veroumlffentlichung November 2016
HerausgeberBertelsmann StiftungCarl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumlterslohwwwbertelsmann- stiftungde
Verantwortlich Uwe Schwenk Director des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Patienten informierenldquo
Kontakt Sonja Luumltke-Bornefeldsonjaluetke-bornefeldbertelsmann-stiftungdeTel + 49 5241 81-81431
Handlungsempfehlungen
SPOTLIGHT GESUNDHEIT ist ein Impulspapier des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Pati-enten informierenldquo der Bertelsmann Stiftung Es erscheint in unregelmaumlszligigen Abstaumlnden mehr-mals pro Jahr und beschaumlftigt sich mit aktuel-len Themen und Herausforderungen im Gesund-heitswesen Die Bertelsmann Stiftung setzt sich fuumlr ein Gesundheitssystem ein das sich an den Buumlrgern orientiert Mit ihren Projekten zielt sie auf eine konsequent am Bedarf ausgerichtete und hochwertige Versorgung sowie stabile finanzielle Grundlagen Patienten sollen durch verstaumlndliche Informationen in ihrer Rolle gestaumlrkt werden
Im Projekt bdquoFaktencheck Gesundheitldquo des Programms wird mehrmals jaumlhrlich ein Versor-gungsthema genauer beleuchtet Der bdquoFakten-check Gesundheitldquo will dazu beitragen dass die begrenzten Ressourcen sachgerechter verwendet werden und Gesundheitsleistungen sich staumlrker am tatsaumlchlichen Bedarf der Patienten orientieren
Weitere Informationen auf
faktencheck-gesundheitde
6 Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen
dass ausschlieszliglich der Arzt die jeweilige Maszlig-nahme vorgeschlagen habe (siehe Abbildung 5) Auf der anderen Seite glauben jedoch 69 Prozent der Bevoumllkerung dass man mit Bildgebung die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig findet ndash und sie erwarten vom Arzt eine entsprechende Verordnung (siehe Abbildung 4) Aumlrzte ruumlcken diese Erwartungen in der Praxis nicht ausreichend zurecht und veranlassen haumlufiger auch entgegen der Leitlinie eine Roumlntgen- CT- oder MRT-Auf-nahme So scheint es dass sich die Erwartungs-haltungen von Arzt und Patient gegenseitig ver-staumlrken und Patienten den aumlrztlichen Vorschlag einer Bildgebung gern annehmen
Erhebliche regionale Unterschiede
Das Verhalten von Patienten und Aumlrzten ist regi-onal sehr unterschiedlich So gehen gesetzlich Versicherte mit Ruumlckenschmerzen in Hamburg Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz viel seltener zum Arzt als in Berlin oder Bayern Die Zahl der Behandlungsfaumllle pro 1000 Versicherte und Jahr variiert auf Bundeslandebene zwischen 370 in Hamburg und 509 in Berlin Auf Kreis-ebene gibt es Unterschiede um mehr als das Doppelte So betrug die durchschnittliche Anzahl von Behandlungsfaumlllen in den Jahren 2009 bis 2015 in den Kreisen Ostprignitz-Ruppin und
n stimme voll und ganz zu nstimme eher zu nstimme eher nicht zu nstimme uumlberhaupt nicht zu
Antworten weiszlig nicht und k A weggelassen n = 914ndash977 Befragung Juni 2016Abbildung 4 | Quelle TNS Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Meinungen in Bezug auf Ruumlckenschmerzen
28 41 26 5
Durch Roumlntgenbilder und Aufnahmen in der bdquoRoumlhreldquo findet der Arzt die Ursache von Ruumlckenschmerzen zuverlaumlssig und schnell
Ein Arzt sollte bei Ruumlckenschmerzen schnellstmoumlglich eine Untersuchung in der bdquoRoumlhreldquo oder ein Roumlntgenbild veranlassen
30 30 30 10
n nur Arzt nnur Patient nArzt und Patient | Patienten mit Ruumlckenschmerzen in den letzten zwoumllf Monaten Angaben in Prozent n = 243 Befragung Juni 2016Abbildung 5 | Quelle TNS Emnid Faktencheck Gesundheit 2016
Initiator des bildgebenden Verfahrens
Vorbild Ontario MRT-Rate um 30 Prozent gesenkt
2012 hat das Gesundheitsministerium der kana-
dischen Provinz Ontario das Programm ISAEC zur
Versorgung von Patienten mit Ruumlckenschmerzen
initiiert Mit den Patienten werden anhand eines
Fragebogens sowie eines einstuumlndiges Untersu-
chungs- und Behandlungsgespraumlchs Strategien
zum Umgang mit den Ruumlckenschmerzen erarbei-
tet und ggf naumlchste Behandlungsschritte fest-
gelegt Zeitgleich wurde die Verguumltung fuumlr bild-
gebende Diagnostik bei Ruumlckenschmerzen ohne
erkennbaren gefaumlhrlichen Verlauf fuumlr Aumlrzte
auszligerhalb von ISAEC gestrichen Seitdem ist die
Zahl der verordneten Aufnahmen deutlich zuruumlck-
gegangen und das Risiko der Chronifizierung
gesunken ndash bei sehr hohen Zufriedenheitswerten
von Patienten (99 ) und Hausaumlrzten (97 )
Roumlntgen- CT- und MRT-Aufnahmen
Anzahl von Bildgebungen der Wirbelsaumlule je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 6 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
3378
3423
3445
3554
3652
3666
3742
3872
4015
4060
4137
4142
4153
4287
4338
4407
Sachsen-Anhalt
Sachsen
Mecklenburg-Vorpommern
Brandenburg
Berlin
Thuumlringen
Hessen
Schleswig-Holstein
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Bremen
Bayern
Hamburg
Baden-Wuumlrttemberg
Rheinland-Pfalz
Saarland
CT MRT
76
12
12
Roumlntgenaufnahme
80
6
14
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 7
Ambulante Behandlungsfaumllle
n lt316 n 316 ndash lt362 n 362 ndash lt407 n 407 ndash lt497 n 497 ndash lt542 n 542 ndash lt587 n ge587Zahl der Behandlungsfaumllle bei Haus- und oder Fachaumlrzten aufgrund von Ruumlckenschmerzen je 1000 Versicherte Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 7 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
MRT-Aufnahmen
n lt86 n 86 ndash lt98 n 98 ndash lt110 n 110 ndash lt135 n 135 ndash lt147 n 147 ndash lt159 n ge 159Zahl der MRT-Aufnahmen je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 8 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Rotenburg (Wuumlmme) nur 306 im Werra-Meiszlig-ner-Kreis dagegen 711 und in Dingolfing-Landau sogar 730 Faumllle (siehe Abbildung 7)
Ein Zeichen fuumlr uneinheitliche Versorgungs-strukturen und Indikationsstellungen sind auch die regional unterschiedlichen Bildgebungsraten In den ostdeutschen Bundeslaumlndern liegt die Anzahl von Roumlntgen- CT- oder MRT-Aufnahmen zwischen 338 und 367 je 1000 Versicherten mit Ruumlckenschmerzen in den westdeutschen Laumlndern bei 374 bis 441 Aufnahmen (siehe Abbildung 6) In manchen Stadt- und Landkreisen werden dop-pelt so viele Aufnahmen veranlasst wie anderswo Besonders viele MRT-Aufnahmen werden in Ham-burg Muumlnchen und der Rhein-Neckar-Region erstellt (siehe Abbildung 8) Dort wird Bildgebung auch haumlufiger bereits im Quartal der Diagnosestel-lung eingesetzt
Download der Studien unter faktencheck-ruumlckende
Institut fuumlr angewandte Gesundheitsforschung Die Analysen zu den Behand-lungsfaumlllen und zur Bildge-bung wurden vom Institut fuumlr angewandte Gesundheitsfor-schung (InGef) durchgefuumlhrt Sie beruhen auf der For-schungsdatenbank des InGef die sich aus anonymisierten Routinedaten von mehr als sieben Millionen Versicher-ten aus circa 70 gesetzlichen Krankenversicherungen zusammensetzt
TNS EmnidDie Befragung mit Telefon- Interviews fuumlhrte zu einer Stichprobe von 1005 Teil-nehmern Diese Stichprobe wurde beschraumlnkt auf 18- bis 80-Jaumlhrige Sie wurde gewichtet und ist nach Alter Geschlecht Bildungsstand Haushaltsgroumlszlige Region sowie Erwerbstaumltigkeit (janein) repraumlsentativ fuumlr die BevoumllkerungErhebungszeitraum 14 ndash 28 Juni 2016
Die Werte einzelner Kreise koumlnnen im interaktiven Kartentool auf faktencheck-ruumlckende eingesehen und verglichen werden
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 8
Mehr reden statt roumlntgen ndash Versorgung an Leitlinien orientieren
Uumlber den richtigen Umgang mit Ruumlckenschmerzen herrscht in der Bevoumllkerung viel Unkenntnis Die Logik das mehr Diagnostik und mehr Behandlung zu mehr Gesundheit fuumlhren ist jedoch weit verbrei-tet Aumlrzte muumlssen ihrer Verantwortung als vertrauenswuumlrdige Experten gerecht werden ndash indem sie uumlbersteigerten Erwartungen und Wissens-defiziten der Betroffenen im Arzt-Patienten-Gespraumlch begegnen
Betroffene besser informieren
rsaquoUm Wissensdefiziten zum Umgang mit Ruumlckenschmerzen in der Bevoumllkerung zu begegnen sind evidenzbasierte und verstaumlndliche Informationen notwendig die effektiv verbreitet werden Aumlrzte muumls-sen den Betroffenen Nutzen und Risiken der diagnostischen Verfah-ren sowie deren Relevanz fuumlr den weiteren Behandlungsverlauf zudem sachgerecht vermitteln Psychosoziale Aspekte sollten im Arzt-Patienten-Gespraumlch mehr beruumlcksichtigt werden
Gespraumlche angemessen verguumlten
rsaquoUm den Krankheitsverlauf bei Ruumlckenschmerzen abzuschaumltzen ist das Arzt-Patienten-Gespraumlch zentral ndash das im Gegensatz zu den teuren Bildgebungsverfahren derzeit nur unzureichend verguumltet wird Eine leitlinienkonforme Gestaltung des Honorarsystems sollte daruumlber hinaus Bildgebung bei Ruumlckenschmerzen nur bei streng definierten Indikationen erstatten
Leitlinien im Versorgungsalltag beachten
rsaquoDie aumlrztliche Versorgungspraxis muss sich verstaumlrkt an der Nationa-len VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz orientieren um unnoumltige zu fruumlhe und mehrfache Bildgebung zu verhindern und damit eine Uumlber- und Fehlversorgung abzubauen Patienten mit unspezifischen Ruumlckenschmerzen sollten so fruumlh wie moumlglich ermutigt werden selbst aktiv zu werden
Versorgungskoordination verbessern
rsaquoUm vorschnelle Facharztbesuche und Doppeluntersuchungen zu vermeiden ist eine verbesserte Zugangssteuerung umzusetzen Hausaumlrzte sollten hier eine zentrale Rolle spielen Ebenso koumlnnten der zuumlgige Einsatz der elektronischen Patientenakte und eine gute Kooperation zwischen unterschiedlichen Arztgruppen unnoumltige mehrfache Bildgebung vermeiden Die Einfuumlhrung neuer Geraumlte (u a Magnetresonanz- und Computertomografen) und Medizin- technologien sollte systematisch geplant und vor einer flaumlchen- deckenden Verbreitung evaluiert werden
Impressum
Bildnachweis Shutterstock lightwavemediaGestaltung Dietlind Ehlers Redaktion Burkhard Rexin Andrea Fuumlrchtenicht Druck Druckhaus Rihn
ISSN (Print) 2364-4788 ISSN (Online) 2364-5970 Veroumlffentlichung November 2016
HerausgeberBertelsmann StiftungCarl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumlterslohwwwbertelsmann- stiftungde
Verantwortlich Uwe Schwenk Director des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Patienten informierenldquo
Kontakt Sonja Luumltke-Bornefeldsonjaluetke-bornefeldbertelsmann-stiftungdeTel + 49 5241 81-81431
Handlungsempfehlungen
SPOTLIGHT GESUNDHEIT ist ein Impulspapier des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Pati-enten informierenldquo der Bertelsmann Stiftung Es erscheint in unregelmaumlszligigen Abstaumlnden mehr-mals pro Jahr und beschaumlftigt sich mit aktuel-len Themen und Herausforderungen im Gesund-heitswesen Die Bertelsmann Stiftung setzt sich fuumlr ein Gesundheitssystem ein das sich an den Buumlrgern orientiert Mit ihren Projekten zielt sie auf eine konsequent am Bedarf ausgerichtete und hochwertige Versorgung sowie stabile finanzielle Grundlagen Patienten sollen durch verstaumlndliche Informationen in ihrer Rolle gestaumlrkt werden
Im Projekt bdquoFaktencheck Gesundheitldquo des Programms wird mehrmals jaumlhrlich ein Versor-gungsthema genauer beleuchtet Der bdquoFakten-check Gesundheitldquo will dazu beitragen dass die begrenzten Ressourcen sachgerechter verwendet werden und Gesundheitsleistungen sich staumlrker am tatsaumlchlichen Bedarf der Patienten orientieren
Weitere Informationen auf
faktencheck-gesundheitde
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 7
Ambulante Behandlungsfaumllle
n lt316 n 316 ndash lt362 n 362 ndash lt407 n 407 ndash lt497 n 497 ndash lt542 n 542 ndash lt587 n ge587Zahl der Behandlungsfaumllle bei Haus- und oder Fachaumlrzten aufgrund von Ruumlckenschmerzen je 1000 Versicherte Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 7 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
MRT-Aufnahmen
n lt86 n 86 ndash lt98 n 98 ndash lt110 n 110 ndash lt135 n 135 ndash lt147 n 147 ndash lt159 n ge 159Zahl der MRT-Aufnahmen je 1000 Versicherte mit Ruumlckenschmerzen Zeitraum 2009 bis 2015 Standardisiert nach Alter und Geschlecht Abbildung 8 | Quelle Berechnungen InGef (InGef-Datenbank) Faktencheck Gesundheit 2016
Rotenburg (Wuumlmme) nur 306 im Werra-Meiszlig-ner-Kreis dagegen 711 und in Dingolfing-Landau sogar 730 Faumllle (siehe Abbildung 7)
Ein Zeichen fuumlr uneinheitliche Versorgungs-strukturen und Indikationsstellungen sind auch die regional unterschiedlichen Bildgebungsraten In den ostdeutschen Bundeslaumlndern liegt die Anzahl von Roumlntgen- CT- oder MRT-Aufnahmen zwischen 338 und 367 je 1000 Versicherten mit Ruumlckenschmerzen in den westdeutschen Laumlndern bei 374 bis 441 Aufnahmen (siehe Abbildung 6) In manchen Stadt- und Landkreisen werden dop-pelt so viele Aufnahmen veranlasst wie anderswo Besonders viele MRT-Aufnahmen werden in Ham-burg Muumlnchen und der Rhein-Neckar-Region erstellt (siehe Abbildung 8) Dort wird Bildgebung auch haumlufiger bereits im Quartal der Diagnosestel-lung eingesetzt
Download der Studien unter faktencheck-ruumlckende
Institut fuumlr angewandte Gesundheitsforschung Die Analysen zu den Behand-lungsfaumlllen und zur Bildge-bung wurden vom Institut fuumlr angewandte Gesundheitsfor-schung (InGef) durchgefuumlhrt Sie beruhen auf der For-schungsdatenbank des InGef die sich aus anonymisierten Routinedaten von mehr als sieben Millionen Versicher-ten aus circa 70 gesetzlichen Krankenversicherungen zusammensetzt
TNS EmnidDie Befragung mit Telefon- Interviews fuumlhrte zu einer Stichprobe von 1005 Teil-nehmern Diese Stichprobe wurde beschraumlnkt auf 18- bis 80-Jaumlhrige Sie wurde gewichtet und ist nach Alter Geschlecht Bildungsstand Haushaltsgroumlszlige Region sowie Erwerbstaumltigkeit (janein) repraumlsentativ fuumlr die BevoumllkerungErhebungszeitraum 14 ndash 28 Juni 2016
Die Werte einzelner Kreise koumlnnen im interaktiven Kartentool auf faktencheck-ruumlckende eingesehen und verglichen werden
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 8
Mehr reden statt roumlntgen ndash Versorgung an Leitlinien orientieren
Uumlber den richtigen Umgang mit Ruumlckenschmerzen herrscht in der Bevoumllkerung viel Unkenntnis Die Logik das mehr Diagnostik und mehr Behandlung zu mehr Gesundheit fuumlhren ist jedoch weit verbrei-tet Aumlrzte muumlssen ihrer Verantwortung als vertrauenswuumlrdige Experten gerecht werden ndash indem sie uumlbersteigerten Erwartungen und Wissens-defiziten der Betroffenen im Arzt-Patienten-Gespraumlch begegnen
Betroffene besser informieren
rsaquoUm Wissensdefiziten zum Umgang mit Ruumlckenschmerzen in der Bevoumllkerung zu begegnen sind evidenzbasierte und verstaumlndliche Informationen notwendig die effektiv verbreitet werden Aumlrzte muumls-sen den Betroffenen Nutzen und Risiken der diagnostischen Verfah-ren sowie deren Relevanz fuumlr den weiteren Behandlungsverlauf zudem sachgerecht vermitteln Psychosoziale Aspekte sollten im Arzt-Patienten-Gespraumlch mehr beruumlcksichtigt werden
Gespraumlche angemessen verguumlten
rsaquoUm den Krankheitsverlauf bei Ruumlckenschmerzen abzuschaumltzen ist das Arzt-Patienten-Gespraumlch zentral ndash das im Gegensatz zu den teuren Bildgebungsverfahren derzeit nur unzureichend verguumltet wird Eine leitlinienkonforme Gestaltung des Honorarsystems sollte daruumlber hinaus Bildgebung bei Ruumlckenschmerzen nur bei streng definierten Indikationen erstatten
Leitlinien im Versorgungsalltag beachten
rsaquoDie aumlrztliche Versorgungspraxis muss sich verstaumlrkt an der Nationa-len VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz orientieren um unnoumltige zu fruumlhe und mehrfache Bildgebung zu verhindern und damit eine Uumlber- und Fehlversorgung abzubauen Patienten mit unspezifischen Ruumlckenschmerzen sollten so fruumlh wie moumlglich ermutigt werden selbst aktiv zu werden
Versorgungskoordination verbessern
rsaquoUm vorschnelle Facharztbesuche und Doppeluntersuchungen zu vermeiden ist eine verbesserte Zugangssteuerung umzusetzen Hausaumlrzte sollten hier eine zentrale Rolle spielen Ebenso koumlnnten der zuumlgige Einsatz der elektronischen Patientenakte und eine gute Kooperation zwischen unterschiedlichen Arztgruppen unnoumltige mehrfache Bildgebung vermeiden Die Einfuumlhrung neuer Geraumlte (u a Magnetresonanz- und Computertomografen) und Medizin- technologien sollte systematisch geplant und vor einer flaumlchen- deckenden Verbreitung evaluiert werden
Impressum
Bildnachweis Shutterstock lightwavemediaGestaltung Dietlind Ehlers Redaktion Burkhard Rexin Andrea Fuumlrchtenicht Druck Druckhaus Rihn
ISSN (Print) 2364-4788 ISSN (Online) 2364-5970 Veroumlffentlichung November 2016
HerausgeberBertelsmann StiftungCarl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumlterslohwwwbertelsmann- stiftungde
Verantwortlich Uwe Schwenk Director des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Patienten informierenldquo
Kontakt Sonja Luumltke-Bornefeldsonjaluetke-bornefeldbertelsmann-stiftungdeTel + 49 5241 81-81431
Handlungsempfehlungen
SPOTLIGHT GESUNDHEIT ist ein Impulspapier des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Pati-enten informierenldquo der Bertelsmann Stiftung Es erscheint in unregelmaumlszligigen Abstaumlnden mehr-mals pro Jahr und beschaumlftigt sich mit aktuel-len Themen und Herausforderungen im Gesund-heitswesen Die Bertelsmann Stiftung setzt sich fuumlr ein Gesundheitssystem ein das sich an den Buumlrgern orientiert Mit ihren Projekten zielt sie auf eine konsequent am Bedarf ausgerichtete und hochwertige Versorgung sowie stabile finanzielle Grundlagen Patienten sollen durch verstaumlndliche Informationen in ihrer Rolle gestaumlrkt werden
Im Projekt bdquoFaktencheck Gesundheitldquo des Programms wird mehrmals jaumlhrlich ein Versor-gungsthema genauer beleuchtet Der bdquoFakten-check Gesundheitldquo will dazu beitragen dass die begrenzten Ressourcen sachgerechter verwendet werden und Gesundheitsleistungen sich staumlrker am tatsaumlchlichen Bedarf der Patienten orientieren
Weitere Informationen auf
faktencheck-gesundheitde
Spotlight Gesundheit ndash Thema Ruumlckenschmerzen 8
Mehr reden statt roumlntgen ndash Versorgung an Leitlinien orientieren
Uumlber den richtigen Umgang mit Ruumlckenschmerzen herrscht in der Bevoumllkerung viel Unkenntnis Die Logik das mehr Diagnostik und mehr Behandlung zu mehr Gesundheit fuumlhren ist jedoch weit verbrei-tet Aumlrzte muumlssen ihrer Verantwortung als vertrauenswuumlrdige Experten gerecht werden ndash indem sie uumlbersteigerten Erwartungen und Wissens-defiziten der Betroffenen im Arzt-Patienten-Gespraumlch begegnen
Betroffene besser informieren
rsaquoUm Wissensdefiziten zum Umgang mit Ruumlckenschmerzen in der Bevoumllkerung zu begegnen sind evidenzbasierte und verstaumlndliche Informationen notwendig die effektiv verbreitet werden Aumlrzte muumls-sen den Betroffenen Nutzen und Risiken der diagnostischen Verfah-ren sowie deren Relevanz fuumlr den weiteren Behandlungsverlauf zudem sachgerecht vermitteln Psychosoziale Aspekte sollten im Arzt-Patienten-Gespraumlch mehr beruumlcksichtigt werden
Gespraumlche angemessen verguumlten
rsaquoUm den Krankheitsverlauf bei Ruumlckenschmerzen abzuschaumltzen ist das Arzt-Patienten-Gespraumlch zentral ndash das im Gegensatz zu den teuren Bildgebungsverfahren derzeit nur unzureichend verguumltet wird Eine leitlinienkonforme Gestaltung des Honorarsystems sollte daruumlber hinaus Bildgebung bei Ruumlckenschmerzen nur bei streng definierten Indikationen erstatten
Leitlinien im Versorgungsalltag beachten
rsaquoDie aumlrztliche Versorgungspraxis muss sich verstaumlrkt an der Nationa-len VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz orientieren um unnoumltige zu fruumlhe und mehrfache Bildgebung zu verhindern und damit eine Uumlber- und Fehlversorgung abzubauen Patienten mit unspezifischen Ruumlckenschmerzen sollten so fruumlh wie moumlglich ermutigt werden selbst aktiv zu werden
Versorgungskoordination verbessern
rsaquoUm vorschnelle Facharztbesuche und Doppeluntersuchungen zu vermeiden ist eine verbesserte Zugangssteuerung umzusetzen Hausaumlrzte sollten hier eine zentrale Rolle spielen Ebenso koumlnnten der zuumlgige Einsatz der elektronischen Patientenakte und eine gute Kooperation zwischen unterschiedlichen Arztgruppen unnoumltige mehrfache Bildgebung vermeiden Die Einfuumlhrung neuer Geraumlte (u a Magnetresonanz- und Computertomografen) und Medizin- technologien sollte systematisch geplant und vor einer flaumlchen- deckenden Verbreitung evaluiert werden
Impressum
Bildnachweis Shutterstock lightwavemediaGestaltung Dietlind Ehlers Redaktion Burkhard Rexin Andrea Fuumlrchtenicht Druck Druckhaus Rihn
ISSN (Print) 2364-4788 ISSN (Online) 2364-5970 Veroumlffentlichung November 2016
HerausgeberBertelsmann StiftungCarl-Bertelsmann-Str 25633311 Guumlterslohwwwbertelsmann- stiftungde
Verantwortlich Uwe Schwenk Director des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Patienten informierenldquo
Kontakt Sonja Luumltke-Bornefeldsonjaluetke-bornefeldbertelsmann-stiftungdeTel + 49 5241 81-81431
Handlungsempfehlungen
SPOTLIGHT GESUNDHEIT ist ein Impulspapier des Programms bdquoVersorgung verbessern ndash Pati-enten informierenldquo der Bertelsmann Stiftung Es erscheint in unregelmaumlszligigen Abstaumlnden mehr-mals pro Jahr und beschaumlftigt sich mit aktuel-len Themen und Herausforderungen im Gesund-heitswesen Die Bertelsmann Stiftung setzt sich fuumlr ein Gesundheitssystem ein das sich an den Buumlrgern orientiert Mit ihren Projekten zielt sie auf eine konsequent am Bedarf ausgerichtete und hochwertige Versorgung sowie stabile finanzielle Grundlagen Patienten sollen durch verstaumlndliche Informationen in ihrer Rolle gestaumlrkt werden
Im Projekt bdquoFaktencheck Gesundheitldquo des Programms wird mehrmals jaumlhrlich ein Versor-gungsthema genauer beleuchtet Der bdquoFakten-check Gesundheitldquo will dazu beitragen dass die begrenzten Ressourcen sachgerechter verwendet werden und Gesundheitsleistungen sich staumlrker am tatsaumlchlichen Bedarf der Patienten orientieren
Weitere Informationen auf
faktencheck-gesundheitde