Post on 17-Oct-2020
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Achim Six, Dr. Andy Philipp
Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
Landeshochwasserzentrum
Das Projekt HoWa-innovativ Verbesserung der Hochwasserfrühwarnung für kleine Einzugsgebiete
@LfULG
Foto © HoWa-innovativ
Europäischer Katastrophenschutzkongress, Berlin
27./28.08.2019
2 | 28.08.2019 | A. Six / A. Philipp | Europäischer Katastrophenschutzkongress | @lfulg
Gliederung
1. Warum Hochwasserfrühwarnsysteme (HWFWS) in kleinen EZG?
2. Aktuelles HWFWS in Sachsen
3. Grenzen von HWFWS am Beispielereignis Vogtland 2018
4. Inhalte Projekt HoWa-innovativ
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Warum Hochwasserfrühwarnsysteme (HWFWS) Motivation für das Projekt
2010: Bertsdorf, SN; Quelle: O. Menges
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Warum Hochwasserfrühwarnsysteme (HWFWS)
❙ Lokale Starkregen und als Folge kleinräumige (extreme!) Hochwasser nehmen wahrscheinlich zu
(Klimawandel) auch Schäden an Leib und Leben!
❙ HW-Vorhersage und -Warnung hier sehr schwierig (nicht möglich auf Basis von Pegelmessungen)
❙ Niederschlagsvorhersagen aus num. Wettervorhersage Unsicherheiten, aber wichtig!
❙ „Nowcasting“-Verfahren bringen Nutzen, müssen aber verbessert werden
❙ Niederschlagsbeobachtung (quantitative Niederschlagsschätzung) wichtigster Input
für ereignisbezogene Warnung und Vorhersage
❙ Schließt Lücke zwischen Wetterwarnungen und beobachtungsbasierten Hochwasserwarnungen
(HW-Meldepegel) bzw. HW-Vorhersagen
Motivation für das Projekt
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Warum Hochwasserfrühwarnsysteme (HWFWS) Motivation für das Projekt
Lfd.
Nummer Zeitraum Lokalisierung Ereignisart
Niederschlagsintensität
(maximal, lokal,
punktuell)
Hochwasser-
erscheinungen
nachgewiesen
1 14.05.2017 Oberlausitz Konvektiv > 30 mm / 20 min Ja
2 28./29.06.2017 Ost- und Westsachsen Zyklonal-konvektiv > 50 mm / 6 h Ja
3 10.07.2017 Nordsachsen Zyklonal-konvektiv > 70 mm / 24 h Ja
4 11.07.2017 Oberlausitz Zyklonal-konvektiv > 40 mm / 6 h Ja
5 12.07.2017 Verbreitet Zyklonal > 35 mm / 6 h Nein
6 26./27.07.2017 Ostsachsen Zyklonal > 30 mm / 6 h Nein
7 01./02.08.2017 Ostsachsen Konvektiv > 35 mm / 6 h Nein
8 10./11.08.2017 Ost-, West- und N.-SN Zyklonal-konvektiv > 40 mm / 60 min Ja
9 16.05.2018 Großenhainer Pflege Zyklonal-konvektiv > 30 mm / 1 h Ja
10 24.05.2018 Oberes Vogtland Zyklonal-konvektiv > 150 mm / 12 h Ja
11 31.05.2018 Oberes Vogtland Konvektiv > 70 mm / 1 h Ja
12 01.06.2018 u.a. Lommatzscher Pfl. Konvektiv > 70 mm / 2 h Ja
13 11.06.2018 Oberes Vogtland Zyklonal-konvektiv > 30 mm / 6 h Ja
14 17.08.2018 Mittleres Erzgebirge Zyklonal-konvektiv > 60 mm / 1h Ja
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Warum Hochwasserfrühwarnsysteme (HWFWS) Motivation für das Projekt
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Das aktuelle HW-Frühwarnsystem Für kleine Einzugsgebiete (< 200 km²)
❙ Für 16 Regionen
❙ Stündlich aktualisiert
❙ Prognoseweite: 24 h
❙ Gültig für kleine
Einzugsgebiete!
❙ Keine ortsgenauen
Aussagen möglich!
(Unsicherheiten)
❙ Mobile Ansicht verfügbar
❙ RSS-Feed verfügbar
(z.B. für automatische
Benachrichtigungen)
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Das aktuelle HW-Frühwarnsystem Für kleine Einzugsgebiete (< 200 km²)
❙ Antriebe: Radar-QPE (RADOLAN-RW) und diverse QPFs (pseudo-probabilistisch mit
drei Perzentilen [10/50/90] aus COSMO-D2-EPS)
❙ ergänzt Wetterwarnungen um hydrologisches Vorwissen (Bodenfeuchte,
Abflussbereitschaft, Wasserführung)
❙ Methodik und Technik würde Verarbeitung „echter“ probabilistischer Antriebe zulassen
hier fehlt aber noch Nutzer-Input Teilvorhaben HoWa-innovativ
❙ www.hochwasserzentrum.sachsen.de/fruehwarnung
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Und bei Extremhochwasser? Ereignis 24.05.2018 im Vogtland
❙ Gradientenarme Lage quasi-ortsfester gewittriger Starkregen; streifig eng
begrenzt
❙ Lage war schwierig zu prognostizieren (Skinny CAPE Profile); NWP: „griffige“ Signale
für die Region erst in der 12z-Läufen (erst nachmittags verfügbar!)
❙ DWD-Unwetterwarnung (Stufe 4): ca. 14:45 Uhr MESZ; erste AS-Überschreitung ca.
14:10 Uhr MESZ (Pegel Adorf 1; AE ca. 170 km²)
❙ Regenmengen lokal > 150 mm in 12 h, davon Gutteil in kurzer Zeit (siehe ff.)
❙ Historischer Vergleich: Rauner Bach (Kopfgebiet Weiße Elster): 23.05.1934 – 200 bis
300 mm in drei bis vier Stunden!
❙ Wasserführung der Oberen Weißen Elster > AS4; Schäden durch Überschwemmung
UND Überflutungen (wild abfließendes Wasser)
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Und bei Extremhochwasser? Ereignis 24.05.2018 im Vogtland
Andauer
(h)
Höchste
Niederschlagshöhe
(mm)
Jährlichkeit nach
KOSTRA-2010R (a)
1 36,7 ~10
2 68,5 ~100
3 91,2 >100
6 128,5 >>100
12 150,2 >>100
24 151,8 >100
Bad Elster-Sohl (DWD); statistische Einordnung
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Und bei Extremhochwasser? Ereignis 24.05.2018 im Vogtland
Operat. Prognose (24.05.2018, 13:00 MESZ + 24h) Nachhersage (Hindcast; 24.05.2018, 09:00 MESZ +24h)
max. HW-Alarmstufen 24.05.2018
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Und bei Extremhochwasser? Ereignis 24.05.2018 im Vogtland
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Und bei Extremhochwasser? Ereignis 24.05.2018 im Vogtland
Radar
„Realität“
COSMO-D2 // 9z
Operat. VHS
CD2-EPS // 9z
90 % Wahrschl.
CD2-EPS // 9z
50 % Wahrschl.
CD2-EPS // 9z
10 % Wahrschl.
CD2-EPS // 9z
5 % Wahrschl.
(4/4)
(1/4)
(0/4)
(1/4)
(3/4)
(4/4)
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Und bei Extremhochwasser? Ereignis 24.05.2018 im Vogtland
Radar
„Realität“
COSMO-D2 // 9z
Operat. VHS
CD2-EPS // 9z
90 % Wahrschl.
CD2-EPS // 9z
50 % Wahrschl.
CD2-EPS // 9z
10 % Wahrschl.
CD2-EPS // 9z
5 % Wahrschl.
(4/4)
(1/4)
(0/4)
(1/4)
(3/4)
(4/4)
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Projekt HoWa-innovativ Ein Verbundprojekt!
❙ 3 Partner – 3 Bereiche:
❙ Univ. Augsburg:
Verbesserung kleinräumiger
Niederschlagsmessung
mittels Richtfunkstrecken
❙ TU Dresden:
Hydrologische Modellierung
unter Unsicherheit
❙ LHWZ:
Nutzer-sensibles Design
von wahrscheinlichkeits-
basierten Warnprodukten
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Projekt HoWa-innovativ Zielstellung des Projekts
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Projekt HoWa-innovativ Pilotregionen
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Projekt HoWa-innovativ Niederschlagsmessung mittels Richtfunkstrecken
❙ Problem: Niederschlag in Raum und Zeit per se unbekannt
❙ Messverfahren
❙ am Punkt (Ombrometer) genau für einen Ort; keine flächenhafte Information; sehr hohe
zeitliche Auflösung; direkte Messung
❙ RADAR gute räumliche Abdeckung, aber bestimmte Probleme; gute zeitliche Auflösung
(i.d.R. 5-Minunten-Messwerte); indirekte Messung
❙ Neu: CML-Daten linienintegrale (indirekte) Messung der Niederschlags; sehr hohe
zeitliche Auflösung
❙ Philosophie: Integration aller verfügbaren Daten bringt beste Schätzung des unbekannten raum-
zeitlichen Niederschlagsverlaufs
19 | 28.08.2019 | A. Six / A. Philipp | Europäischer Katastrophenschutzkongress | @lfulg
Projekt HoWa-innovativ Niederschlagsmessung mittels Richtfunkstrecken
distance
gauge
CML
❙ Produkte: Niederschlagsfelder CML und CML + Radar
❙ Große Anzahl an Messungen; nahe-Echtzeit; kostenfrei/-günstig
20 | 28.08.2019 | A. Six / A. Philipp | Europäischer Katastrophenschutzkongress | @lfulg
Projekt HoWa-innovativ Hydrologische Modellierung unter Unsicherheit
hydrologisches
Vorhersage-
ensemble
Probabilistisches
Warnprodukt
Mittelwert
Spannweite
Quantile
Wahrscheinlichkeiten
Minima, Maxima
Meteorologische
Ensemblevorhersagen
z.B. COSMO-DE-EPS
Niederschlags-
Abfluss-
Modelle
❙ Unsicherheiten in der meteorologischen Vorhersage sollte (muss) in die Hochwasserwarnung und
Vorhersage einbezogen werden!
❙ Mehrwert für große Einzugsgebiet ist wissenschaftlich belegt. Aber bis zu welchen Einzugsgebiets-
größen und Vorwarnzeiten erfolgt ein Informationszugewinn? (Nutzen vs. Kosten?!)
Statistische
Analyse &
Postprocessing
21 | 28.08.2019 | A. Six / A. Philipp | Europäischer Katastrophenschutzkongress | @lfulg
Projekt HoWa-innovativ Hydrologische Modellierung unter Unsicherheit
❙ Verwendung von COSMO-D2-EPS als Antrieb für hyd. Modelle 20 Member
❙ Darstellungsformen:
90%-quantile range
70%-quantile range
mean
observation
22 | 28.08.2019 | A. Six / A. Philipp | Europäischer Katastrophenschutzkongress | @lfulg
Projekt HoWa-innovativ Nutzerorientiertes Design und Training
❙ 3 Workshops pro Pilotregion
❙ WS 1: 09/2019: Praxisanforderungen
❙ Was sind Warnprodukte? Welche Warnprodukte auf Zuverlässigkeits-Basis gibt es?
❙ Welche Anforderungen an solche Warnprodukte haben die Nutzer?
❙ WS 2: Q2/Q3 2020: Training und Handlungsoptionen
❙ Vorstellung neues Frühwarntool („Beta-Version“)
❙ Training: Entscheidungen unter Unsicherheit/mit Zuverlässigkeits-Wissen
❙ WS 3: Q1 2021: Praxistauglichkeit des Frühwarn-Tools
❙ Vorstellung Änderungen am Frühwarntool (nach Nutzerwünschen)
❙ Diskussion/Festlegungen für ein „sachsenweites Produkt“
23 | 28.08.2019 | A. Six / A. Philipp | Europäischer Katastrophenschutzkongress | @lfulg
Hochwasserfrühwarnung für kleine EZGs Zusammenfassung
❙ Auslösende Zellen u.U. erst direkt vor dem Ereignis (15 bis 30 min vorher) auf dem
Radar „sichtbar“; Abflussgeschehen nahezu zeitgleich mit Niederschlag
❙ Numerische Wettervorhersage kann in solchen Fällen genauen Ort, Eintrittszeit und
Intensität nicht deterministisch abbilden („Grenzen der Vorhersagbarkeit“)
❙ Hochwasserwarnungen auf Basis von Pegelbeobachtungen nicht hinreichend
nützlich für kleine, schnell-reagierende Einzugsgebiete
❙ Vorhersagebasierte Hochwasserfrühwarnung erweitert Vorwarnzeit; ABER (siehe
oben): Unsicherheiten! sollten in Warnprodukten kommuniziert werden!
❙ Produkt Hochwasserfrühwarnung (derzeit) KEIN offizielles Produkt i.S. HWNAVO
❙ Verhaltensvorsorge der Bevölkerung (im Vorfeld!) muss im Vordergrund stehen, um
zumindest Schäden an Leib und Leben zu verhindern („Nicht in den Keller gehen…“)
24 | 28.08.2019 | A. Six / A. Philipp | Europäischer Katastrophenschutzkongress | @lfulg
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
www.howa-innovativ.sachsen.de
Foto © HoWa-innovativ