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D a s B u n d e s a r c h i vDienstleister für Forschung, Öffentlichkeit und Verwaltung
D a s B u n d e s a r c h i vDienstleister für Forschung, Öffentlichkeit und Verwaltung
Inhalt
Inhalt 3
Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
I. Das Bundesarchiv in der deutschen Archivlandschaft . . . . . 10
II. Meilensteine – Entwicklung des Bundesarchivs . . . . . . . . . . . 12
Reichsarchiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Nach 1945: GetrennterWiederaufbau des Archivwesens
in Ost undWest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Beschlagnahme und Rückführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Neubau in Koblenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Bundesarchivgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
DieWiedervereinigung im Bundesarchiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Jubiläen des Bundesarchivs: Rückblick und Perspektiven . . . . . 18
Konzentration der Dienststellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
III. Eine Aufgabe an vielen Orten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Koblenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Berlin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Freiburg i. Br. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Bayreuth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Ludwigsburg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Rastatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
St. Augustin-Hangelar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Hoppegarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Dienstorte und Adressen des Bundesarchivs . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
IV. Archivgut in seiner Vielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Staatliches Schriftgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Nachlässe, Verbandsschriftgut und Sammlungen . . . . . . . . . . . . 39
Filme und Töne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Bilder, Plakate, Karten und Pläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Digitale Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
4 Inhalt
V. Zugang zu Archivgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Nutzen von Archivgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Übernahme und Bewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Zugang durch Erschließung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Benutzung von Archivgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Bestandserhaltung als andauernde Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . 62
VI. Dienstleister für Bundesverwaltung,
Forschung und Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Gedächtnis der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Beratung in Fragen der Schriftgutorganisation . . . . . . . . . . . . . . 71
Bereitstellung von Erschließungsinformationen
und Archivgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Editionen und Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
Bibliotheken im Bundesarchiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
Besondere Informationssysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
Historische Bildungsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
VII. Partner in internationalen und nationalen Netzwerken . . 90
Internationale Zusammenarbeit
3 Der Internationale Archivrat (ICA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
3 EURBICA – der Europäische Zweig des Internationalen
Archivrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
3 International Conference of the Round Table
on Archives (CITRA). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
3 European Board of National Archivists (EBNA) . . . . . . . . . . . . 92
3 APEnet und APEx – Auf- und Ausbau des europäischen
Archivportals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
3 Fédération Internationale des Archives du Film und
Association des Cinémathèques Européennes . . . . . . . . 93
3 Commission Internationale d’Histoire Militaire (CIHM) . . . 94
3 DLM Forum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
3 Verfilmungen und Digitalisierungsprojekte
mit Archiven der Russischen Föderation . . . . . . . . . . . . . . 94
Inhalt 5
3 Kooperationmit demUnited States Holocaust Memorial
Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
3 Institutionelle Partnerschaft mit dem Internationalen
Suchdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
Nationale Zusammenarbeit
3 Verband deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA) . . . 97
3 Archivreferentenkonferenz (ARK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
3 Beirat der Archivschule Marburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
3 Europäische Angelegenheiten für Bibliotheken,
Archive undMuseen (EUBAM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
3 Kinematheksverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
3 Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .100
3 Normungsausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .100
3 Mitarbeit in wissenschaftlichen Institutionen . . . . . . . . . . 100
3 Editionsprojekt „Judenverfolgung 1933–1945“ . . . . . . . . . 101
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen
Die Abteilung Bundesrepublik Deutschland (B) . . . . . . . . . . . . 103
Die Abteilung Deutsches Reich (R) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
Die Abteilung Deutsche Demokratische Republik (DDR). . . . 107
Die AbteilungMilitärarchiv (MA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
Die Abteilung Filmarchiv (FA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
Die Stiftung Archiv der Parteien undMassenorganisationen
der DDR im Bundesarchiv (SAPMO). . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
Das Lastenausgleichsarchiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
Unterlagender Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen
zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen . . . 119
Die Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen
in der deutschen Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Zwischenarchive des Bundesarchivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
Archiv-Servicezentrum in Hoppegarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
6 Geleitwort
Mit rund 740Mitarbeitern, die sich auf acht Dienstorte in ganz
Deutschland verteilen, zählt das Bundesarchiv, das in diesem Jahr
seinen 60. Geburtstag feiert, zu einer der größten Einrichtungen
inmeinemGeschäftsbereich. Die dort bewahrten Schrift-, Bild-,
Film- und Tondokumente spiegeln die wechselvolle deutsche und
europäische Geschichte der vergangenen zwei Jahrhunderte. Die
Erhaltung, Erschließung undNutzung dieser Archivalien ist für
unsere nationale Identität von unschätzbaremWert. Um seinen
umfassenden Aufgaben gerecht zu werden, steht das Bundes-
archiv in einem ständigen Entwicklungsprozess und kooperiert
kontinuierlichmit in- und ausländischen Institutionen, insbeson-
dere auch im Bereich der digitalen Erschließung und der Notfall-
versorgung gefährdeter Archivalien.
Besondere Leistungen erbringt das Bundesarchiv im Bereich Auf-
arbeitung und Gedenken. So hat es eine „Liste der jüdischen Ein-
wohner imDeutschen Reich 1933 – 1945“ erstellt, die als Daten-
bank allgemein zugänglich ist. Auch bei den Bemühungen von
Bundesbehörden, die Geschichte ihrer Vorgängereinrichtungen
imNationalsozialismus aufzuarbeiten, liefert das Bundesarchiv
wertvolle und unverzichtbare Unterstützung. Anlässlich des 20.
Jahrestags desMauerfalls im Jahr 2009wurde zudemdie Dauer-
ausstellung in der Erinnerungsstätte Rastatt umdie Thematik der
Freiheitsbewegungen in der DDR erweitert.
Die vorliegende Broschüre gibt Einblick in die Arbeit einer großen
Bundesbehörde. Ichwünsche ihr viele interessierte und geneigte
Leser und demBundesarchiv weiterhin eine erfolgreiche Arbeit.
BerndNeumann,MdB
Staatsminister bei der Bundeskanzlerin
Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur undMedien
Geleitwort 7
8 Vorwort
Die Informationsbroschüre des Bundesarchivswurde zuletzt im Jahre
2007 auf einen aktuellen Standgebracht. Der 60. Jahrestag derGründung
des Bundesarchivs im Jahre 1952 bietet nun einenwillkommenenAnlass,
die Broschüre erneut zu aktualisieren.
Seit demFrühjahr 2007 ist imBundesarchiv viel geschehen; nur diewich-
tigsten EntwicklungenundErgebnisse könnenhier einleitendhervorge-
hobenwerden: ImJahre2009konntederersteBauabschnitt derNeu-und
UmbaumaßnahmeinBerlin-Lichterfelde seinerBestimmungübergeben
werden. Der neueMagazinbaubietet nun für die gesamtenzentralstaat-
lichenÜberlieferungendesDeutschenReichsundderDDR,aberauchfürdie
ÜberlieferungdesReichskammergerichts, desDeutschenBundesundder
FrankfurterNationalversammlungoptimaleLagerungsbedingungen.Das
neueBenutzungszentrumundderUmbauder Kadettenanstalt zu einem
funktionalen Bürogebäudewerdender BerlinerDienststelle des Bundes-
archivs in den kommenden Jahren einenneuenCharakter geben.
Die Präsentation von ErschließungsinformationenundArchivgut im
Internet hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht.
Über 1,8Millionen Erschließungsdatensätze stehenmittlerweile im
Internet zurVerfügungundkönnenüber die SuchmaschineARGUS
recherchiertwerden. Die Zahl der den Erschließungsdaten beigegebenen
Digitalisatewächst beständig.
Den Schritt zurOnline-Präsentationaller dafür geeignetenErschließungs-
informationen bereitet das Bundesarchiv derzeit vor. Die Suchmaschine
BASYS-Invenio ermöglicht denBenutzerinnenundBenutzern des Bun-
desarchivs schonheute in den Lesesälen eine umfassendeArchivgut-
recherche in der Erschließungsdatenbankdes Bundesarchivs; in zwei
Jahrenwird dieses Angebot auchüber das Internet allgemein genutzt
werden können.
KeinOnline-Angebot des Bundesarchivswird ähnlich intensiv genutzt
wie dasDigitale Bildarchivmit derzeit etwa 200.000 online verfügbaren
Bildern. Erstmalswerdenhier dieMöglichkeiten einesWebshops einge-
setzt, umBildbestellungen schnell undbequemabwickeln zu können.
Seit 2008 verfügt das Bundesarchiv über einDigitales Archiv, das in der
Lage ist, genuin elektronischeUnterlagen selbst dann zuübernehmen
und langfristig zu sichern, wenn diese in gänzlich unterschiedlichen
IT-Systemen entstanden.
Das Bundesarchiv ist weit davon entfernt, sich im Internet zu verlieren.
Der unmittelbare Kontakt zu seinen Benutzerinnen und Benutzern ist
nachwievor intensiv.Mehrals 8.200Benutzerhaben2011 indenLesesälen
des Bundesarchivs gearbeitet.Annähernd70.000 schriftlicheAnfragen
kamenhinzu.
DieMitarbeiterinnenundMitarbeiter des Bundesarchivs erfüllen ihreAuf-
gaben in enger Kooperationmit externen Partnern auf nationalerund
internationalerEbene.ErgebnissedieserZusammenarbeit sindzumBeispiel
dasArchivportal EuropaunddasmehrsprachigePortalzurZwangsarbeit
imNS-Staat.EswareineSelbstverständlichkeit, die Bergungdes 2009 einge-
stürztenKölner Stadtarchivs zuunterstützenundeinemTeil desKölner
Archivguts eine sichereBleibebis zurRückkehr indieDomstadt zubieten.
Die vorliegendeBroschürebelegt eindrücklichdie vitaleBereitschaft des
Bundesarchivs, die Herausforderungen des Informationszeitalters
anzunehmen.
Dr. Michael Hollmann
Präsident des Bundesarchivs
Vorwort 9
I .Das Bundesarchivin der deutschenArchivlandschaft
Parlamentsarchive
Medienarchive
Wirtschafts- undVerbandsarchive
Stadtarchive
Hochschularchive
Staatsarchive
Kirchenarchive
Unternehmens-archive
Bundesarchiv
Kreisarchive
Parteiarchive
Das Bundesarchiv sichert die Überlieferung zentraler Organe der
Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen Demokratischen
Republik, des Deutschen Reiches und des Deutschen Bundes. In
seinen Lesesälen und im Internet stellt das Bundesarchiv diese
Unterlagen für die Erforschung der deutschen Geschichte, für die
Sicherung von Bürgerrechten und als Informationen für Gesetz-
gebung, Verwaltung oder Rechtsprechung zur Einsicht und Aus-
wertung bereit.
Entsprechend dem föderalen Staatsaufbau der Bundesrepublik
besteht in Deutschland eine vielfältige Archivlandschaft. In den
Bundesländern erhalten die Staats- und Landesarchive das Archiv-
gut, das bei den Landesregierungen, den Verwaltungen und den
Gerichten ihres Zuständigkeitsbereiches entstanden ist. Die Be-
stände in den öffentlichen Archiven Deutschlands reichen vom
Mittelalter bis in die neueste Zeit. Seit gut 70 JahrenwerdenUnter-
lagen aus regionalen Behörden der Zentralverwaltung von den
Staats- und Landesarchiven der Länder übernommen und zur
Benutzung bereit gestellt.
I. Das Bundesarchiv in der deutschen Archivlandschaft 11
Deutschland besitzt eine vielfältige Archivlandschaftmit Parla-
mentsarchiven, Stadt- und Kreisarchiven, Universitätsarchiven,
Wirtschafts-, Unternehmens- und Verbandsarchiven ebensowie
Partei-, Medien- und Kirchenarchiven, die überregional zusam-
menarbeiten und ihre Erfahrungen untereinander austauschen.
All diese Archive bewahren die bei ihren jeweiligen Trägern ent-
standenen, dauerhaft bedeutsamenUnterlagen für jederzeitigen
Zugriff auf. Jedes Archiv besitzt einmalige Beständemit unver-
wechselbarem Profil. In ihrer Gesamtheit ermöglichen sie es, sich
ein differenziertes und vielschichtiges Bild der deutschenWirk-
lichkeit in ihrer historischen Entwicklung zumachen.
� Archive stellen authentische
Quellen bereit, die einmalig und
jeweils nur an einemOrt zu fin-
den sind.
Das unterscheidet Archive von
Bibliotheken.
� Archivgut wird im Entstehungs-
zusammenhang ausgewertet
und interpretiert.
Das unterscheidet Archive
vonMuseen.
Benutzerberatung im Lesesaal
(Akten-)Lesesaal, Berlin-Lichterfelde
I I .Mei lenste ine –Entwick lung desBundesarchivs
Reichsarchiv
Erst 1919 unddamit deutlich später als in vielen europäischenNach-
barstaatenwurde in Deutschland ein zentrales Archiv für die Or-
gane und Behörden des Reiches errichtet. Zuvor hatte es erstmals
auf demWormser Reichstag 1495, dann in der deutschenNational-
versammlung 1848/49 undwiederholt seit 1871 Pläne zur Begrün-
dung eines Reichsarchivs gegeben, die jedoch nicht realisiert
wurden.
Die Einrichtung eines zentralen Archivs wurde durch die imVer-
sailler Vertrag geforderte Auflösung zahlreichermilitärischer
Behörden bewirkt. Umfangreiche Aktenbeständemilitärischer
und für die Kriegswirtschaft arbeitender Dienststellen gelangten
in das aufgrund eines Beschlusses der Reichsregierung vom5. Sep-
tember 1919 in Potsdam eingerichtete Reichsarchiv. Das Reichs-
archiv übernahmUnterlagen aller obersten Reichsbehörden seit
1867/71 und in einer Außenstelle in Frankfurt a. M. seit dem Jahr
1924auchArchivgut desDeutschenBundesunddesReichskammer-
gerichtes. Die Beständewurden aktiv um Schriftgut nichtstaatli-
cher Herkunft und um fotografische und filmische Aufzeichnun-
gen ergänzt. 1935 errichtete das Reichspropagandaministerium,
gleichfalls in Potsdam, ein Reichsfilmarchiv.
Im Laufe des ZweitenWeltkriegeswurde ein großer Teil der zivilen
Bestände im Reichsarchiv rechtzeitig ausgelagert. Fast die Hälfte
des Gesamtbestandes aber fiel Kriegseinwirkungen zumOpfer.
Zerstört wurde im Frühjahr 1945 auch das Reichsarchivgebäude
auf demBrauhausberg in Potsdam.
Nahezu vollständig vernichtet wurden bei einem Luftangriff im
April 1945 die Bestände des 1936 aus demReichsarchiv ausgeglie-
derten Heeresarchivs.
II. Meilensteine – Entwicklung des Bundesarchivs 13
Ehemaliges Reichsarchiv auf dem Brauhausbergin Potsdam
1919Gründung des Reichsarchivs in Potsdam
1936Ausgliederung derMilitaria aus demReichsarchiv
1944Kriegsbedingte Auslagerung von Archivgut aus
Potsdam
April 1945Zerstörung des Heeresarchivs/Luftwaffenarchivs
1946Gründung des Deutschen Zentralarchivs in
Potsdam
3. Juni 1952Errichtung des Bundesarchivs in Koblenz
14 II. Meilensteine – Entwicklung des Bundesarchivs
Nach 1945: Getrennter Wiederaufbau desArchivwesens in Ost und West
Ein halbes Jahr nach der Gründung der Bundesrepublik Deutsch-
land fasste die Bundesregierung am 24.März 1950 den Entschluss
zur Einrichtung des Bundesarchivs. Zwei Jahre später, am 3. Juni
1952, wurde es in Koblenz in dem leerstehenden, repräsentativen
Gebäude des vormaligen preußischen Regierungspräsidenten
unmittelbar amRheinufer errichtet. Später zog das Bundesarchiv
in ein Hochhaus in der Innenstadt, das in den 80er Jahren nach
Errichtung eines Zweckbaus auf der Karthause wieder verlassen
wurde.
In der Sowjetischen Besatzungszonewar schon vier Jahre früher
im Jahr 1946 und damit vor der Gründung der DDR das Deutsche
Zentralarchiv gegründet worden. 1973 erhielt es die Bezeichnung
Zentrales Staatsarchiv der DDR. Es bezog zunächst Räumlichkei-
ten in der Orangerie des Schlosses Sanssouci und nahmdort die
durch Auslagerung auf demGebiet der späteren DDR erhalten
gebliebenen Teile der Bestände des ehemaligen Reichsarchivs auf.
1955 zog das Archiv in die damalige Potsdamer Stalinallee um, die
1961 in Berliner Straße umbenannt wordenwar.
Das Bundesarchiv integrierte die Archivierung von Filmen imGe-
gensatz zum früheren Reichsarchiv in eine eigene Abteilung, wäh-
rend in derDDRein eigenständiges Filmarchiv eingerichtetwurde.
ImUnterschied zur DDRwurde in der Bundesrepublik ebenfalls
kein eigenes Archiv für die Unterlagen der Streitkräfte errichtet.
Mit Gründung der Bundeswehr wurde 1955 stattdessen eine Ab-
teilungMilitärarchiv im Bundesarchiv eingerichtet, so dassmili-
tärisches und ziviles Archivgut nach den gleichenMaßstäben be-
handelt und benutzbar wurde.Bundesarchiv, 1961 bis 1986: AmWöllershof 12
Bundesarchiv, 1952 bis 1961: Am Rhein 2
Zentrales Staatsarchiv der DDR, 1955 bis 1990:Berliner Str. 98–101
Mit der Übernahme des Berlin Document Center 1994 aufgrund
eines Abkommens zwischen der amerikanischen und deutschen
Regierung gingen die 11 Millionen Karten umfassendeMitglieder-
kartei der NSDAP und Personalakten von 62.000 SS-Führern an
das Bundesarchiv über.
II. Meilensteine – Entwicklung des Bundesarchivs 15
Beschlagnahme und Rückführung
Umfangreiche Schriftgutbeständewurden bei Kriegsende von
den alliierten Besatzungsmächten beschlagnahmt und aus
Deutschlandweggeführt. In den 1950er und 1960er Jahren erfolg-
ten erste Rückführungen, darunter insbesondere Unterlagen von
Behörden,militärischen Dienststellen und Parteieinrichtungen
der NSDAP, aber auch von Unternehmen und Privatpersonen.
Das von der Sowjetunion zurückgeführte Schriftgut gelangte in
die DDR. Die Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien
und in geringeremUmfang auch andere Länder übergaben be-
schlagnahmte Akten an das Bundesarchiv in Koblenz. Die letzte
große Rückgabe durch die Vereinigten Staaten von Amerika er-
folgte am 1. Juni 1994 durch die Übernahme des Berlin Dokument
Center in das Bundesarchiv.
Aktenrückgabe ausMoskau nach Postdam
1954Eingliederungder 1924gegründeten Außenstelle
Frankfurt des Reichsarchivs in das Bundesarchiv
1955Übernahme der Zentralnachweisstelle in
Aachen-Kornelimünster, Einrichtung der
Abteilung, Militärarchiv im Bundesarchiv, Ein-
richtung des Staatlichen Filmarchivs der DDR
1964Einrichtung des DeutschenMilitärarchivs in
Potsdam
1965Einrichtung eines Zwischenarchivs für die
Bundesministerien bei Bonn
1968Verlegung der AbteilungMilitärarchiv nach
Freiburg i. Br.
Der Prozess der Rückführungen ist bis heute nicht abgeschlossen.
Schwierig und zumTeil erfolglos gestalteten sich insbesondere
Bemühungen umdie Rückgabe von Archivgut, das nicht in staat-
liche Archive, sondern in andere und zumTeil private Institutio-
nen gelangt ist. Das Bundesarchiv ist insbesondere daran interes-
siert, die imAusland oft unter unzureichenden konservatorischen
Bedingungen aufbewahrte Überlieferung zu sichern und der
16 II. Meilensteine – Entwicklung des Bundesarchivs
1974Eröffnung der Erinnerungsstätte für die
Freiheitsbewegungen in der deutschen
Geschichte
1978Zuständigkeit des Filmarchivs für die gesamte
deutsche Filmproduktion
1986Bezug des Neubaus auf der Karthause in
Koblenz
1988Bundesarchivgesetz
1989Errichtung des Lastenausgleichsarchivs in
Bayreuth
1990Vereinigung des Bundesarchivs mit dem
Zentralen Staatsarchiv, dem Staatlichen
Filmarchiv und demMilitärarchiv der DDR
1992Einrichtung der Stiftung Archiv der Parteien
undMassenorganisationen der DDR im
Bundesarchiv
1994Übernahme des Berlin Document Center
1996Umzug von Potsdam und Berlin-Mitte nach
Berlin-Lichterfelde
1997Einrichtung eines Zwischenarchivs für die
Bundesministerien bei Berlin
1999Neu- und Umbau des Lastenausgleichsarchivs
in Bayreuth
Forschung zugänglich zumachen. Zu diesem Zweck können ge-
meinsammit den ausländischen Partnern durchgeführte Digitali-
sierungsprojekte ein gangbarerWeg sein. So besteht dieMöglich-
keit, geteilte Bestände virtuell wiederherzustellen.
Ein grundlegendes Problem betrifft die Frage des Verbleibs von
Besatzungsakten. Das Bundesarchiv vertritt den Standpunkt, dass
Besatzungsakten im ehemals besetzten Land verbleiben können,
dagegen Unterlagen und solche Papiere, die nicht im besetzten
Land entstanden sind, zurückgeführt werden sollten. In diesem
Rahmen konnten zuletzt unter anderemmit Lettland und Belgien
Archivalien ausgetauscht werden.
Von Russlandwirdweiterhin die Rückgabemehrerer Regalkilo-
meter deutschen Archivguts, darunter umfangreicher Bestände
von Reichsbehörden, Akten derWehrmacht und zahlreiche
Sammlungen undNachlässe, sowiemehrerer tausend Spiel- und
Dokumentarfilme erwartet.
Bundesarchivgesetz
Einen bedeutendenMeilenstein in der Geschichte des Bundesar-
chivsmarkiert das Bundesarchivgesetz, das 1988 in Kraft trat. Es
stellt sicher, dass alle bei den Verfassungsorganen undDienststel-
len des Bundes anfallenden Unterlagen von bleibendemWert ins
Bundesarchiv gelangen. Jedermannwird der Zugang zumArchiv-
gut des Bundes eingeräumt, eingeschränkt allein durch die Per-
sönlichkeitsrechte und sonstige berechtigten Belange Dritter.
Inmehreren Gesetzesänderungenwurden dieMöglichkeiten der
Forschung,mit zeitgeschichtlichenQuellen aus demBundesarchiv
zu arbeiten, erweitert. Die derzeit anstehende umfassende Novel-
lierungwird das Gesetz an die Bedürfnisse der digitalenWelt und
der Informationsgesellschaft anpassen.
Neubau in Koblenz
Mit dem in der ersten Hälfte der 1980er Jahre errichteten Neubau
in Koblenz erhielt das Bundesarchiv einen auf seine spezifischen
Bedürfnisse abgestimmten funktionalen Archivzweckbau. Im
November 1986wurde dasGebäude bezogen, das 15.000 qmMaga-
zinfläche für Archivgut und optimale Arbeitsbedingungen für
Benutzer undMitarbeiter bietet.
II. Meilensteine – Entwicklung des Bundesarchivs 17
Eingang der Hauptdienststelle in Koblenz
Bundesarchivgesetz vom 6. Januar 1988(Ausfertigung)
Foyer: Lichtarchitektonisches Kunstwerk von G. Dohr
18 II. Meilensteine – Entwicklung des Bundesarchivs
Die Wiedervereinigung im Bundesarchiv
Die Herstellung der deutschen Einheit 1990 führte zur Eingliede-
rung des deutschen Zentralarchivs und zahlreicher weiterer
archivischer Einrichtungen der DDR in das Bundesarchiv. Das
Staatliche Filmarchiv der DDR und das Archiv der NVAwurden in
den Abteilungen Filmarchiv undMilitärarchiv des Bundesarchivs
integriert. Das Parteiarchiv der SEDwurde ebensowie die Archive
des FDGB undweiterer Organisationen der DDR zusammenmit
ihren Bibliotheken in eine unselbständige Stiftung innerhalb des
Bundesarchivs eingebracht.
Neben der Integration vonmehr als 20 Archivstellen der DDR in
das Bundesarchivwarendie neunziger Jahre durchdie Zusammen-
führung der zerrissenen Reichsüberlieferung in Berlin-Lichter-
felde geprägt. Die ehemals dislozierten Bestände sind nunmehr
an einemOrt einsehbar.
Jubiläen des Bundesarchivs: Rückblick undPerspektiven
Am4. Juni 2002 feierte das Bundesarchiv in einem Festakt imOtto
Braun-Saal der Staatsbibliothek zu Berlin sein 50-jähriges Beste-
hen. In der Festansprache würdigte Bundespräsident Johannes
Rau die Bedeutung des Bundesarchivs für die Erinnerungskultur
Deutschlands.
Das 60-jährige Jubiläum des Bundesarchivs bot den Anlass zu
einemwissenschaftlichen Symposium in Koblenz am 5. Juni 2012.
Die Veranstaltung unter dem Titel „60 Jahre Bundesarchiv – Eine
Standortbestimmung“ eröffnet eine Reihe regelmäßiger Tagun-
gen zu den Schnittstellen zwischen Archiven und Forschung.
Bundespräsident a.D. Johannes Rau
Einzug in die neue Liegenschaft inBerlin-Lichterfelde
Konzentration der Dienststellen
Das Bundesarchiv ist auf viele Standorte in der ganzen Bundesre-
publik verteilt. Eine besondere Herausforderung stellte daher in
der Vergangenheit die Konzentration auf die jetzigen Standorte
dar. Alleine imGroßraumBerlin wurden im Zuge derWiederver-
einigung über 20 Dienststellen aufgelöst und das Archivgut an
insgesamt drei Stellen konzentriert. In Berlin-Lichterfelde wurde
der Umzug vonmehr als 110 kmArchiv- und Bibliotheksgut in das
neueMagazingebäude (Ernst-Posner-Bau) im Jahr 2010 abge-
schlossen. Seitdemmüssen die Benutzer nur noch denNeubau in
Berlin-Lichterfelde ansteuern, während in Hoppegarten neben
demZwischenarchiv die Restaurierungs- und filmtechnischen
Werkstätten zusammengeführt werden.
Aber auch außerhalb Berlins fand in den vergangenen Jahren ein
Konzentrationsprozess statt. Im Jahr 2000 wurde die Außenstelle
Frankfurt aufgelöst und die dort verwahrten Bestände aus der Zeit
des deutschen Bundes nach Koblenz verlagert. Die zumBundesar-
chiv gehörige Zentralnachweisstelle für Personalunterlagen von
ehemaligen Angehörigen der deutschenWehrmacht in Aachen-
Kornelimünsterwurde zum Jahresende 2005geschlossen. Das dort
verfügbare Archivgut wurde größtenteils an die Deutsche Dienst-
stelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von
Gefallenen der DeutschenWehrmacht in Berlin übergeben.Wei-
tere Teilewurden in die AbteilungenMilitärarchiv in Freiburg und
Deutsches Reich in Berlin integriert.
Andererseitswurdemit der EröffnungderAußenstelle Ludwigsburg
im Jahr 2000eine neue Liegenschaft übernommen.Dortwerden
die abgeschlossenenAktenund Sammlungender Zentralen Stelle
der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialisti-
scher Verbrechen der Forschung zugänglich gemacht.
2000Übernahme der abgeschlossenen Akten und
Sammlungen der Zentralen Stelle der Landes-
justizverwaltungen zur Aufklärung national-
sozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg
2004Vorstellung der Planungen zu den Neu- und
Umbauten in Berlin-Lichterfelde
2005Inbetriebnahme der Neubauten für Film-
lagerung und -restaurierung in Hoppegarten
sowie Auflösung der Zentralnachweisstelle in
Aachen-Kornelimünster
2007Freischaltung des Digitalen Bildarchivs des
Bundesarchivs
2010Abschluss des Umzugs vonmehr als 110 kmArchiv-
und Bibliotheksgut in den neu errichteten Ernst-
Posner-Bau in Berlin-Lichterfelde
II. Meilensteine – Entwicklung des Bundesarchivs 19
Neubau in Berlin-Lichterfelde,der sog. „Posner-Bau“
I I I .E ine Aufgabe anvie len Or ten
Das Bundesarchiv erfüllt seine Aufgaben an acht Standorten.
Die dislozierte Struktur des Bundesarchivs stellt an die Integration
der fachlichen Arbeit und die Organisation der Dienststellenver-
waltung besondere Ansprüche. Zeitgemäße Formen der Kommu-
nikation und des Informationsmanagements – elektronische Post,
Internet, Intranet und zentrale Informationspools – unterstützen
und vereinfachen diese Prozesse.
III. Eine Aufgabe an vielen Orten 21
Entwicklung des Haushaltsetats
1991–2011 (in Mio. Euro)
Personalentwicklung
1990–2011
Die acht Standorte des
Bundesarchivs nach Anzahl
der Mitarbeiter:
1. Berlin
2. Koblenz
3. Freiburg
4. Hoppegarten
5. St. Augustin
6. Bayreuth
7. Ludwigsburg
8. Rastatt
27,76
45,8642,74
51,4955,14
1991 1997 2002 2007 20110
20
40
60
27,76
45,8642,76
51,4955,14
797,00
920,00
825,00 796,00739,00
1990 1994 2001 2006 20110
250
500
750
1000
739797
920
825 796
22 III. Eine Aufgabe an vielen Orten
Koblenz
In Koblenzwurde das Bundesarchiv 1952 begründet. Der Standort
in relativer Nähe zur damaligen Bundeshauptstadt Bonn galt zu-
nächst nur als Provisorium.Mit der Grundsteinlegung für einen
Archivzweckbau in Koblenz 1982wurde dieser als Dienstort für
das Bundesarchiv bestätigt.
Der Neubau in Koblenz erfüllt alle wesentlichen Kriterien für ein
modernes Archivgebäude:
Funktionalität des Gebäudesmit optimalen Arbeitsbedingungen
fürMitarbeiter und Benutzer.
Wirtschaftlichkeit des Betriebes durch niedrige Energiekosten.
So wird das konstante Klima in den Aktenmagazinen durch bau-
konstruktiveMaßnahmen sichergestellt.
Sicherheit für das Archivgut, insbesondere in den verschiedenen
Magazinbereichenmit insgesamtmehr als 15.000 qmMagazin-
fläche.
Bundeskanzler Helmut Kohl weihte imNovember 1986 den
Neubau feierlich ein.
Hauptdienststelle in Koblenz
Mit dem Sitz des Präsidenten ist Koblenz Hauptdienststelle des
Bundesarchivs. Hier sind die Abteilung für zentrale Verwaltungs-
angelegenheitenmit dem Justitiariat und den Referaten für Perso-
nalangelegenheiten, Organisation, Liegenschaften, Haushalt und
IT-Infrastruktur sowie die Abteilung für fachliche Grundsatzange-
legenheiten und zentrale Fachdienstleistungen angesiedelt. Sie
koordiniert übergreifende Fachangelegenheiten,wie die Bestands-
bildung, die Erstellung und Präsentation der Findmittel. Sie ist für
die Bestandserhaltungunddie internationalen Beziehungen sowie
für die Fortentwicklung des Archivrechts zuständig. Sie betreut
außerdemdie Öffentlichkeits- und historische Bildungsarbeit und
die Publikationen.
Koblenz istweiterhin Standort der FachabteilungB (Bundesrepublik
Deutschland). Sie ist vor allem verantwortlich für die zentrale zivi-
le staatliche Überlieferung der Bundesrepublik Deutschland (seit
1949) einschließlich der westlichen Besatzungszonen (1945–1949),
aber auch für Schriftgut privater Herkunft, von Einzelpersönlich-
keiten und Verbänden sowie für Bilder, Plakate, Karten und Ton-
dokumente.
Im Benutzersaal stehen ca. 70 Arbeitsplätze, darunter gesonderte
Plätze in Kabinenmit Lesegeräten fürMikroformen, sowie eine
Präsenzbibliothek bereit.
III. Eine Aufgabe an vielen Orten 23
Bundeskanzler Helmut Kohl und derPräsident des Bundesarchivs Hans Boomsbei der Einweihung des Neubaus
24 III. Eine Aufgabe an vielen Orten
Berlin
Lichterfelde
In den früheren Andrews Barracks in Berlin-Lichterfelde ist in un-
mittelbarer Nähe zur FreienUniversität Berlin seit demAbzug der
amerikanischen Truppen aus Berlin im Jahr 1995mit denAbteilun-
gen R (Deutsches Reich), DDR (Deutsche Demokratische Republik)
und SAPMO (Stiftung der Parteien undMassenorganisationen der
DDR) ein Campus für die Erforschung von Spuren der jüngeren
deutschen Geschichte entstanden.
Die ungefähr 150 Arbeitsplätze in den drei Lesesälen für Archiv-
gut, Mikrofilme und die Bibliothek sindmeist dicht besetzt und
auf den Fluren oder den großen Rasenflächen unter alten Bäumen
wird in verschiedenen Sprachen über neue Funde in den Akten
diskutiert.
Berlin-Lichterfelde ist räumlich und personell die größte Einrich-
tungdes Bundesarchivsmit besonders hohemBenutzungsaufkom-
men. Auch Organisationseinheiten der in Koblenz angesiedelten
Abteilungen Z (Zentrale Verwaltungsangelegenheiten), G (Fach-
liche Grundsatzangelegenheiten und zentrale Fachdienstleistun-
gen) und B (Bundesrepublik Deutschland) sind dort ansässig.
Von 1873 bis 1878wurde in Lichterfelde die Preußische Hauptka-
dettenanstalt errichtet. Durch Bombenschäden und Sprengungen
wurde der größte Teil der alten Gebäude zerstört. In der Anlage
lebten seit den 1890er Jahren ständigmehr als 1.000 Kadetten. Die
erste elektrische Straßenbahn Berlins verband den Eingang des
Geländesmit demneuen Bahnhof Groß Lichterfelde-Ost.
Kadetten bei dermilitärischen Ausbildung
Gebäude der Preußischen Hauptkadetten-anstalt
Nach der durch den Versailler Vertrag erzwungenen Auflösung
der Hauptkadettenanstalt wurden die Gebäude als ziviles Gymna-
siumgenutzt. Schon 1920wurde die Kadettenanstalt als Standort
für das Reichsarchiv ins Auge gefasst: Der Reichskolonialminister
sicherte demReichsminister des Innern in einem Schreiben vom
25. Januar 1920 die Ablieferung seiner Akten an das Reichsarchiv
zu und begrüßte die Überlegungen, die räumlichen Kapazitäten
des Reichsarchivs zu erweitern: „Allerdings würde die Verwen-
dung des Reichsarchivs, wenn dieses seine bleibende Stätte in
Potsdam erhielte, mit erheblichen Umständlichkeiten verbunden
sein. Soweit die Sachlage sich von hier aus beurteilen läßt, würde
zweckmäßiger (…) die Kadettenanstalt in Lichterfelde als Reichs-
archiv zu verwenden sein.“ (BArch R 43 I/886)
Ende April 1933 übernahm die Leibstandarte SS Adolf Hitler die
Kaserne. 1934 fanden auf demGelände anlässlich des „Röhm-
Putsches“ Erschießungen durch SS-Exekutionskommandos statt.
Für die Leibstandarte entstanden zwischen 1937 und 1940 die
Bauten, die die Hauptfront zur Finckensteinallee hin ausrichteten
und heute noch den Eingangsbereich beherrschen.
Im Juli 1945 übernahmen amerikanische Besatzungssoldaten die
nun „Andrews Barracks“ genannte Liegenschaft. Anstelle imKrieg
zerstörter Bautenwurden 1951 neueMannschaftsunterkünfte er-
richtet, darunter auch das Gebäude 901, in dem jetzt Benutzungs-
bereich,Werkstätten und Büros untergebracht sind. Im folgenden
Jahr entstanddie allenGlaubensrichtungenoffenstehendeAndrews
Chapel, der heutige Lesesaal der Bibliothek.
III. Eine Aufgabe an vielen Orten 25
EhemaligeMannschaftsunterkunft deramerikanischen Soldaten
26 III. Eine Aufgabe an vielen Orten
Das neue Zentrumder Liegenschaft bildet jetzt der Ernst-Posner-
Bau. In demmodernenMagazingebäudewurden bis September
2010 rund 90 kmAkten und 1,7 Millionen Bände Bibliotheksgut
an ihrem endgültigen Lagerungsort zusammengeführt. Nach
Abschluss aller Baumaßnahmen, die auch die Einrichtung eines
neuen Benutzersaals einschließen, wird die Nutzung der Unter-
lagen ohne Verlassen des Hausesmöglich und damit das Ziel
einer konservatorisch sicheren undwirtschaftlich effizienten
Bereitstellung erreicht sein.
Wilmersdorf
Seit dem Jahr 1990 ist das Filmarchiv des Bundesarchivs in Berlin
ansässig und vereint die ehemals getrennten deutschen Film-
archive aus Ost undWest.
In einemneoklassizistischen Verwaltungsbau am Fehrbelliner
Platz in Berlin-Wilmersdorf, der 1937 für den Reichsnährstand er-
richtet wurde, sind alle nichttechnischen Organisationseinheiten
des Filmarchivs auf zwei Etagen untergebracht. In demGebäude
findet die Erschließung und Benutzung von Filmen und filmbe-
gleitendenMaterialien statt.Weitere Räumedienen der Lagerung
des hier benutzten Archivguts. Der Standort stellt eine Übergangs-
lösung dar, da diese Arbeitsbereiche nach denNeu- undUmbau-
maßnahmen nachHoppegarten oder Berlin-Lichterfelde umzie-
henwerden.
Bibliothek in der „Andrews Chapel“
Filmarchiv am Fehrbelliner Platz
Freiburg i. Br.
In einemHochhausmit angrenzendenMagazinhallen, unmittel-
bar nebendemSolar-Stadtteil Vaubangelegen, sindmehr als 50 km
Akten deutscher Streitkräfte seit der Zeit der Reichsgründung ar-
chiviert. In Freiburg befindet sich auch das Zwischenarchiv für
das Bundesministeriumder Verteidigungmit seinemnachgeord-
neten Bereich.
In einemmodern ausgestatteten Benutzungszentrum können an
24 Arbeitsplätzen Archivalien der preußischen Armee, der kaiser-
lichenMarine, der Schutztruppen und Freikorps, der Reichswehr
undWehrmacht, der NationalenVolksarmee und der Bundeswehr
eingesehenwerden. Zahlreiche Nachlässe deutscherMilitärange-
höriger ergänzen das amtliche Schriftgut.
Mit der Aufstellung der Bundeswehr gründete das Bundesarchiv
im Jahr 1955 die an die Tradition des Heeresarchivs in Potsdam
anknüpfende AbteilungMilitärarchiv in Koblenz. Sie übernahm
1968 die Dokumentenzentrale des Militärgeschichtlichen For-
schungsamtes unter gleichzeitiger Verlegung nach Freiburg i. Br.,
demdamaligen Dienstsitz dieser Bundeswehrdienststelle.
Die Bestände desMilitärarchivs der DDRwurden im Zuge der
Wiedervereinigung nach Freiburg überführt. Damit sind die
durch die deutsche Teilungwillkürlich zersprengten Bestände
wieder unter einemDach vereint.
III. Eine Aufgabe an vielen Orten 27
Bundesarchiv, Militärarchiv in Freiburg i. Br.
28 III. Eine Aufgabe an vielen Orten
Bayreuth
In demGebäude des ehemaligen Krankenhauses der Stadt
Bayreuthwurde in den Jahren 1995 bis 1999 das Lastenausgleichs-
archiv des Bundesarchivs eingerichtet, das zur Abteilung B (Bun-
desrepublik Deutschland) gehört.
Der zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts entstandene Back-
steinbauwurde von allen späterenAnbauten befreit und auf seinen
ursprünglichen Kern zurückgeführt. Nach Sanierung undUmbau
beherbergt er nunÖffentlichkeitsbereich,Werkstätten und Büro-
räume. Für die Lagerung von 46 kmAktenwurde ein neuerMaga-
zintrakt erstellt, der niveaugleich andie drei Geschosse des Altbaus
angeschlossen ist.
Der Benutzersaal mit 28 Plätzen bietet ideale Bedingungen für
die Erforschung von Flucht und Vertreibung am Ende des 2.Welt-
kriegs, der Regionalgeschichte und Familienkunde der ehemali-
gen deutschen Ostgebiete sowie der Sozial- und Gesellschaftsge-
schichte der Bundesrepublik Deutschland.
Das Lastenausgleichsarchiv
Ludwigsburg
In Ludwigsburgwurde 1958die Zentrale Stelle (ZSt) zur Aufklärung
nationalsozialistischer Verbrechen als gemeinschaftliche Einrich-
tung der Landesjustizverwaltungen errichtet. Die ZSt bezog 1966
das um einen Büroanbau erweiterte Gebäude aus derMitte des
19. Jahrhunderts beim „Schorndorfer Tor“ (ehemaliges Frauenge-
fängnis).
Seit dem 1. Januar 2000 ist in diesemGebäude auch eine Außen-
stelle der Abteilung B des Bundesarchivs untergebracht. Diese
übernimmt die Unterlagen der ZSt undmacht sie für die Benut-
zung zugänglich. Der Bestand umfasst ca. 800 lfmArchivgut. Der
Benutzersaal bietet Platz für acht Benutzer.
In unmittelbarer Nachbarschaft zumDienst- bzw. Archivgebäude
befindet sich das 1760 alsWacht- und Zollhaus erbaute Schorn-
dorfer Torhaus. Hier präsentiert das Bundesarchiv eine ständige
Ausstellung über die juristische Aufarbeitung vonNS-Verbrechen.
Für Schüler und Lehrer bietet die Außenstelle des Bundesarchivs
ein spezielles pädagogisch-didaktisches Angebot als außerschuli-
schen Lernort an.
III. Eine Aufgabe an vielen Orten 29
Bundesarchiv, Außenstelle Ludwigsburg
„Die Ermittler von Ludwigsburg“, ständigeAusstellung
30 III. Eine Aufgabe an vielen Orten
Rastatt
Im Barockschloss von Rastatt wurde 1974, einer Anregung des da-
maligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann folgend, die „Er-
innerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen
Geschichte“ im Bundesarchiv eingerichtet.
Dieser historisch bedeutendeOrt spielte in der Endphase der Revo-
lution von 1848/49 eine zentrale Rolle: Im Ehrenhof des Schlosses
begann am9.Mai 1849 der Aufstand badischer Soldaten, die sich
auf die „Grundrechte des deutschen Volkes“ vomDezember 1848
beriefen und sich zur Verfassung der Paulskirche bekannten. Nach
ihrer Kapitulation am 23. Juli 1849 standen sie imAhnensaal des
Schlosses vor einempreußischen Standgericht.
Heute ist in einem Teil des Gebäudes eine Dauerausstellung zu se-
hen, die an die Geschichte der Freiheitsbewegungen im 19. Jahr-
hundert und seit 2009 auch anOpposition undWiderstand in der
DDR bis zur friedlichen Revolution von 1989 erinnert.
Die Außenstelle des Bundesarchivs versteht sich im Sinne Gustav
Heinemanns als „lebendige Stätte der Anschauung und Begeg-
nung“mit Demokratie in ihrer spezifisch deutschen Tradition.
Als außerschulischer Lernort leistet die Erinnerungsstätte einen
wichtigen Beitrag zur Integration vor allem der nachwachsenden
Generation in unsere demokratisch-freiheitliche Gesellschafts-
ordnung und zur Heranbildung vonmündigen Staatsbürgern.
Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungenin der deutschen Geschichte im Schloss Rastatt
Blick in die Dauerausstellung in derErinnerungsstätte
St. Augustin-Hangelar
Das Zwischenarchiv in St. Augustin-Hangelar wurde 1971 für die
Aufnahmeministeriellen Schriftguts der obersten Bundesbehör-
den in Bonn errichtet. Eine Vorgängereinrichtungwar seit 1965 in
Bad Godesberg untergebracht.
Der funktionsgerechte Neubau auf demGelände der Bundespoli-
zei wurde schon 1979 um einenweiterenMagazinbau erweitert.
DieMagazinkapazität beträgt 43 km.
III. Eine Aufgabe an vielen Orten 31
Zwischenarchiv in St. Augustin-Hangelar
Zwischenarchiv in St. Augustin-Hangelar,Haupteingang
32 III. Eine Aufgabe an vielen Orten
Hoppegarten
Für die in Berlin seit 1990 eingerichteten Bundesbehörden stellt
das Bundesarchiv in Hoppegarten amöstlichen Stadtrand Berlins
im Land Brandenburg ein Zwischenarchiv bereit. Es wurde 1991 in
den Gebäuden der ehemaligen Chiffrierzentrale desMinisteriums
für Staatssicherheit zunächst als Sammelstelle für das Schriftgut
aufgelöster „Dokumentenzentralen“, Verwaltungsarchive und
Dienststellen der DDR eingerichtet.
Seit 1997 bietet hier das zweite Zwischenarchiv des Bundesarchivs
den obersten Bundesbehörden im Raum Berlin Platz für 85 km
Akten.
2005 bezog die Abteilung Filmarchiv einen neuerrichteten Zweck-
bau. In einem eigenen Filmbearbeitungsgebäudewerden dort
die filmischenMaterialien technisch bearbeitet, restauriert und
umkopiert. Inzwischen lagern in einem Spezialmagazin auch
rd. 68.000 Rollen Cellulosenitratfilme, die die älteste Überliefe-
rungsschicht des Filmarchivs bilden.
Eine Anlage zurMassenentsäuerung von Papier wurde hier im
Jahr 2001 von einemgewerblichenUnternehmen in einer partner-
schaftlichen Organisationsform imRahmen eines Privatisierungs-
konzeptes für technische Dienstleistungen in Betrieb genommen.
Auf demGelände inHoppegarten entsteht unter Beibehaltungder
Entsäuerungsanlage außerdem ein Bestandserhaltungszentrum
mitWerkstätten für Restaurierung undKonservierung vonArchiv-
gut aller Art sowie für Verfilmung undDigitalisierung.
Zwischenarchiv in Hoppegarten
Magazin für Cellulosenitratfilme
III. Eine Aufgabe an vielen Orten 33
KoblenzPotsdamer Str. 1
56075 Koblenz
Tel: 02 61/50 5-0, Fax -2 26
koblenz@bundesarchiv.de
Berlin-LichterfeldeFinckensteinallee 63
12205 Berlin
Tel: 0 30 18/77 70-0, Fax -1 11
berlin@bundesarchiv.de
Berlin-WilmersdorfAbteilung Filmarchiv
Fehrbelliner Platz 3
10707 Berlin
Tel: 0 30 18/77 70-0, Fax -9 99
filmarchiv@bundesarchiv.de
Freiburg i.Br.AbteilungMilitärarchiv
Wiesentalstr. 10
79115 Freiburg
Tel: 07 61/47 81 7-0, Fax -9 00
militaerarchiv@bundesarchiv.de
BayreuthLastenausgleichsarchiv
Dr.-Franz-Str. 1
95445 Bayreuth
Tel: 09 21/46 01-0, Fax -1 11
laa@bundesarchiv.de
Dienstorte und Adressen des Bundesarchivs
LudwigsburgSchorndorfer Str. 58
71638 Ludwigsburg
Tel. 0 71 41/89 92-83, Fax -12
ludwigsburg@bundesarchiv.de
RastattErinnerungsstätte
Herrenstr. 18 (Schloss)
76437 Rastatt
Tel. 0 72 22/77 13 9-0, Fax -7
erinnerung@bundesarchiv.de
St. Augustin-HangelarZwischenarchiv
Bundesgrenzschutzstr. 100
53757 St. Augustin
Tel. 02 28 99/74 00 0-0, Fax -33
zwarchst.aug@bundesarchiv.de
HoppegartenZwischenarchiv
Lindenallee 5557
15366Hoppegarten
Tel. 0 30 18/77 70-0, Fax -5 82
zwarchh@bundesarchiv.de
IV.Archivgut inseiner Vie l fa l t
Staatliches Schriftgut
Zum ältesten Archivgut des Bundesarchivs gehören die General-
akten und der sogenannte „Unteilbare Rest“ der Verfahrensakten
des Reichskammergerichtes (1495–1806). Die Prozessakten des
Reichskammergerichtes wurden unter territorialen Aspekten auf-
geteilt und finden sich heute inmehr als fünfzig deutschen und
ausländischen Archiven.
Die Überlieferung der Zentralorgane des Deutschen Bundes ein-
schließlich der Unterlagen der DeutschenNationalversammlung
von 1848/49 ist nach der Auflösung der Außenstelle Frankfurt im
Jahr 2000 und demTransfer in den Ernst-Posner-Bau im Jahr 2010
jetzt vollständig in Berlin-Lichterfelde zugänglich.
Die infolge der Kriegseinwirkungen und der deutschen Teilung
zerrissenen Bestände zentraler ziviler undmilitärischer Stellen des
Norddeutschen Bundes (1867–1871) und des Deutschen Reiches
von 1871 bis 1945 konnten nach der Herstellung der deutschen
Einheit 1990 wieder zusammengeführt werden.
IV. Archivgut in seiner Vielfalt 35
Die Archivalien des Alten Reiches liegen imÖsterreichischen
Staatsarchiv inWien und in einigen staatlichen und privaten
Archiven Süddeutschlands und Oberitaliens.
Die Grundrechte des deutschen Volkes, 1848(BArch ZSg 8/515)
Eintrag von JohannWolfgang von Goethe imPraktikantenmatrikel des Reichskammergerichtes,Matrikelnr. 956 (BArch AR 1-U/33)
36 IV. Archivgut in seiner Vielfalt
Das Schriftgut der zivilen Einrichtungen des Kaiserreiches, der
Weimarer Republik und der nationalsozialistischen Gewaltherr-
schaft, einschließlich des Parteischriftguts der NSDAP, steht in
Berlin zur Benutzung bereit.
Das Archivgut aus der DDR umfasst staatliche Unterlagen ebenso
wie die Archive der SED, des FDGB sowie andererMassenorganisa-
tionen, die wegen der in der Verfassung verankerten zentralen
Rolle der SED als zentralistische Staatspartei auch ins Bundesarchiv
übernommenwurden. Die Bestände zentraler ziviler Stellen der
DDR und ihrer Parteien undMassenorganisationen können eben-
falls in Berlin benutzt werden.
Die Beständemit Unterlagen zentraler Einrichtungen der zivilen
Zonenverwaltungen von 1945 bis 1949 sind bei Herkunft aus der
sowjetischen Besatzungszone in Berlin und aus denwestlichen
Besatzungszonen in Koblenz benutzbar.
TelegrammdesMarinekabinetts an den Admiral-stab der Marine mit der Anweisung, die Kano-nenboote „Eber“ und „Panther“ nach Agadir,Marokko in Marsch zu setzen, 26. Juni 1911(BArch RM 5/5418)
Verfassung des Deutschen Reichesvom 11. August 1919(BArch Ges 60, Bl. 123-137)
IV. Archivgut in seiner Vielfalt 37
In Kooperationsprojekten bemühen sich Bund und Länder, den
Zugang zu den Besatzungsakten inDeutschland zu verbessern.
SechsMillionen Blatt Akten der amerikanischenMilitärregie-
rung in Deutschland 1945 bis 1949 (OMGUS) stellt das Bundes-
archiv verfilmt und erschlossen der Forschung seit Anfang der
1980er Jahre bereit. Die Akten der britischenMilitärregierung
in Deutschland 1945 bis 1949/55 wurden in Kooperationmit der
Niedersächsischen Archivverwaltung, die das Projekt leitete, er-
schlossen.
Die französischenBesatzungsakten sind in den französischen
Archives diplomatiques in La Courneuve bei Paris zugänglich.
Der größte Teil der rund 10.000 Akten der SowjetischenMili-
täradministrationDeutschlands (SMAD) aus dem Staatsar-
chiv der russischen Föderation (GARF) inMoskau steht der For-
schung nach Abschluss eines deutsch-russischen Gemeinschafts-
programms nunmehr im Berliner Lesesaal des Bundesarchivs in
digitalisierter Form zur Verfügung.
Anklageschrift des Oberreichsanwalts imReichstagsbrandprozess gegen van der Lubbe u.Genossen (BArch R 3003/6338)
Die Überlieferung der obersten, oberen und zentralen zivilen
Bundesbehörden der Bundesrepublik Deutschland sowie der Ge-
richte des Bundes (seit 1949)macht den größten Teil des schrift-
lichen Archivguts im Bundesarchiv aus. Sie wird anmehreren
Standorten (Koblenz, Bayreuth, Ludwigsburg) verwahrt. Diese
noch nicht abgeschlossenen Beständewachsen jährlich ummehr
als 50.000 archivwürdige und dauerhaft aufzubewahrende Ein-
heiten. Längst beschränken sich die Unterlagen von Bundes-
behörden nichtmehr auf herkömmliches Schriftgut; bereits seit
2006 übernimmt das Bundesarchiv auch elektronische Akten.
Das Archivgut zentralermilitärischer Stellen und aller ihnen
nachgeordneten Einheiten undDienststellen von 1867 bis heute
befindet sich in der Freiburger AbteilungMilitärarchiv des Bundes-
38 IV. Archivgut in seiner Vielfalt
Schriftgut nach Bestandsgruppen, Stand 2011
(in laufenden Metern)
Beendigungder Besatzung in der BundesrepublikDeutschland: Gesetzesurschrift vom 24. März1955 (BArch Ges 11)
Im Bundesarchiv werden 315.000 laufende Regalmeter Akten und
sonstige schriftliche Unterlagen der Forschung und allen anderen
interessierten Nutzern zugänglich gemacht. Mehr als 8.000 Per-
sonen, vor allemWissenschaftler, nehmen jährlich Einblick in
mehr als 200.000 Archivalieneinheiten. Für ihren Archivbesuch
benötigen sie im Schnitt jeweils fünf Tage.
archivs. Hier finden sich Unterlagen von den Streitkräften des
Norddeutschen Bundes bis hin zuWehrmacht undWaffen-SS. Das
Archivgut von Einrichtungen imDienste der Alliierten Streitkräfte,
der DDR und der Bundesrepublik Deutschland steht ebenfalls in
Freiburg zur Benutzung bereit.
500,0
50400,058500,0
199400,0
0
40000
80000
120000
160000
200000199.400
58.50050.400
500
Sondertagung zum Beitritt – Tagesordnung derVolkskammer der DDR vom 22. August 1990(BArch DA 1/18894)
Vor 1867 1867–1945 SBZ undDDR
1945–1990
WestlicheBesatzungszonen(1945–1949) undBundesrepublikDeutschland
IV. Archivgut in seiner Vielfalt 39
Nachlässe, Verbandsschriftgut undSammlungen
Das staatliche Archivgut im Bundesarchiv wird durch Nachlässe
herausragender Persönlichkeiten, durch Unterlagen von Verbän-
den undOrganisationen von überregionaler Bedeutung sowie
durch zeitgeschichtliche Sammlungen ergänzt.
Seit seiner Gründung bemüht sich das Bundesarchiv in der Tradi-
tion des Reichsarchivs umdie schriftliche Hinterlassenschaft von
überregional wirkenden Persönlichkeiten. Hierzu gehören die
Nachlässe von Staatsoberhäuptern, Ministern, Staatssekretären,
obersten Richtern, aber auch vonOffizieren, Gelehrten, Industri-
ellen, Publizisten, Gewerkschaftern u.a.
Nachlässe werden vom Bundesarchiv aktiv gesammelt und unter-
liegen jeweils besonderen, vertraglich zwischen demBundesarchiv
und demNachlasser oder seinen Erben geregelten Benutzungsbe-
dingungen.
Altbundespräsident Richard vonWeizsäckerübergab seine persönlichen Papiere demBundesarchiv
Nachlasspapiere bei der Übernahmeins Bundesarchiv, vor der archivischenBearbeitung
Aus der Fülle der ca. 2.500 Nachlässe im Bundesarchiv seien nur
wenige hervorgehoben. Sowohl die Reichskanzler GeorgMichaelis
und JosephWirth, die Reichsminister Erich Koch-Weser,Wilhelm
Groener, JosephGoebbelsundAlbert Speer, der StaatssekretärAlfred
von Tirpitz, der Publizist Maximilian Harden, die Parlamentarie-
rinnen Adele Schreiber undMarie Elisabeth Lüders, der Historiker
und Friedensnobelpreisträger Ludwig Quidde und der Völker-
rechtlerWalter Schücking, als auchVertreterinnen der Frauenbe-
wegungwie Camilla Jellinek und Lenore Kühn sowie bedeutende
Vertreter der ArbeiterbewegungwieKarl undWilhelmLiebknecht,
August Bebel, Rosa Luxemburg oder Ernst Thälmann sindmit
ihren Papieren vertreten.
Aus der Zeit der Bundesrepublik sind die Nachlässe der Bundes-
präsidenten Theodor Heuss, Heinrich Lübke, Karl Carstens und
Richard vonWeizsäcker, ferner die der Bundesminister Fritz
Schäffer, Heinrich von Brentano, Elisabeth Schwarzhaupt, Alex
Möller, Hans Katzer oder Rainer Barzel und auch herausragender
Generäle wieWolf Graf von Baudissin oder Johann Adolf Graf
von Kielmansegg zu nennen. Bedeutende Historikernachlässe
sind der Benutzung ebenso zugänglichwie die schriftliche Hin-
terlassenschaft deutscher Emigranten.
Aus der DDR stammen z.B. die Nachlässe des PräsidentenWilhelm
Pieck, des StaatsratsvorsitzendenWalter Ulbricht, desMinister-
präsidenten Otto Grotewohl, der Notenbankpräsidentin Greta
Kuckhoff, des Architekten Gerhard Kosel und des Rechtsanwalts
Friedrich Karl Kaul.
40 IV. Archivgut in seiner Vielfalt
JosefWirth, 1879–1956, Reichskanzler 1921–1922
Camilla Jellinek, 1860–1940, Frauenrechtlerin
IV. Archivgut in seiner Vielfalt 41
Maximilian Harden, 1861–1927, Publizist undSchriftsteller
Nachlässe bedeutender Einzelpersönlichkeiten sind eine Quelle
von ganz eigenemWert für biographische Studien. Aber auch als
Ergänzung der staatlichen Überlieferung stellen sie für eine Viel-
zahl von Forschungsvorhaben eine unverzichtbare Quelle dar.
Im Bundesarchiv in Koblenz sind ca. 800 Nachlässe verwahrt. Da-
neben stellen die Abteilungen Deutsches Reich, DDR undMilitär-
archiv sowie die StiftungArchiv der Parteien undMassenorganisa-
tionen der DDR im Bundesarchiv Nachlässe zur Benutzung bereit,
die in besonderemMaße ihrem Sammlungsprofil entsprechen.
Die Zentrale Datenbank Nachlässe (ZDN) führt im Internet
Informationen zumehr als 28.600 Nachlässen von ca. 26.300
Personen in beinahe 1.100 deutschen und ausländischen Archiven
und anderen Institutionen auf einer einheitlichen Recherche-
plattform zusammen. Die Daten werden ständig aktualisiert
und umneue Bestandsinformationen ergänzt. Die beteiligten
Institutionen können ihre Daten kostenfrei über ein dezentrales
Content Management System selbst eingeben und pflegen. Die
Informationen der ZDN sind vielfältig recherchierbar und
führen über Links zu den Online-Angeboten und Online-Find-
mitteln der verwahrenden Archive und Institutionen. Mehr als
200.000 Interessenten greifen jährlich auf die ZDN zu.
www.nachlassdatenbank.de Rosa Luxemburg, 1871–1919, Politikerin undPublizistin
Unterlagen über natürliche Personen, seien es Sammlungen oder
AufzeichnungenDritter, verwahrt das Bundesarchiv in den Bio-
grafischen Sammlungen (BSG).
Von Beginn an bemühte sich das Bundesarchiv auch umdie lang-
fristige Sicherung der schriftlichen Überlieferung von Verbänden
und gesellschaftlichenOrganisationen von überregionaler Bedeu-
tung. DasArchivgut dokumentiert die Tätigkeitenundgesellschaft-
lichen Funktionen von Verbänden undOrganisationen, schließt
aber auch Überlieferungslücken im staatlichen Archivgut und
ergänzt es damit nicht unwesentlich.
Zu den herausragenden nichtstaatlichen Beständen gehören z. B.
der Alldeutsche Verband, die Deutsche Kolonialgesellschaft, der
DeutscheGemeindetag, dieDeutsche Forschungsgemeinschaft, der
Deutsche Beamtenbund, die Bundesärztekammer, der Deutsche
Bauernverband, der Bundeswehrverband, der Deutsche Akademi-
kerinnenverband, der Friedensrat der DDR, der Kulturbund der
DDR, das Solidaritätskomitee der DDR, aber auch so unterschiedli-
che Einrichtungenwie das von Elisabeth Noelle geführte Institut
für Demoskopie Allensbach, das Archiv zur Geschichte der Psycho-
analyse e. V. oder die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit.
Daneben sammelt das Bundesarchiv seit vielen Jahren historisch
wertvolles Druckgut von Parteien, Verbänden, Vereinen und an-
deren gesellschaftlich aktiven Gruppen von reichs- und bundes-
weiter Bedeutung. Den Schwerpunkt der Sammlung bilden die
Druckerzeugnisse imBereich der unkonventionellen, sog. „grauen“
Literatur nichtstaatlicher Herkunft. Dabei handelt es sich vor allem
umZeitungen und Zeitschriften, Flugblätter, Flugschriften, Plaka-
te,Wandzeitungen, Aufkleber und Broschüren.
42 IV. Archivgut in seiner Vielfalt
Flugblatt der USPD (Vorder- und Rückseite)(BArch ZSg 1–91/20 (8))
IV. Archivgut in seiner Vielfalt 43
Filme und Töne
Deutsche Filme aller Genres – Dokumentarfilme,Wochenschauen,
Spielfilme, Experimentalfilme, Trick- und Kinderfilme ebensowie
Informations-, Lehr- undAusbildungsfilme – dokumentieren im
Filmarchivmehr als 100 Jahre deutsche Filmgeschichte.
Mit der Integration des Staatlichen Filmarchivs der DDR in die
Abteilung Filmarchiv des Bundesarchivs wurde es zu einem der
größten Filmarchive derWelt. Eingebunden in denKinematheken-
verbund nimmt es die Aufgabe eines zentralen deutschen Filmar-
chivs wahr.
Der Filmbestand umfasst zurzeit etwa 146.000 Dokumentar- und
Spielfilme auf über einerMillion Filmrollen oder anderen Trägern.
Seit seiner Gründung in den 1950er Jahren sammelt das Filmarchiv
deutsche Filme, soweit sie nicht für das Fernsehen produziert wur-
den. Die ältesten öffentlich aufgeführten Filme aus dem Jahr 1895
sind ebenso vorhandenwie die aktuellen Gewinner des Deutschen
Filmpreises.Die SchwerpunktederÜberlieferung liegen imZeitraum
von 1930 bis 1945, in Kinowochenschauen nach 1945 sowie Filmen
aus derDDR.Nahezu vollständig sind auchAuftragsproduktionen
derBundesbehördenundFilme, diemitMittelnder Bundesrepublik
Deutschland gefördert wurden.
Jeder Film istmit seinemTitel dokumentiert. Zu vielen Filmen liegen
ausführliche filmografische Informationen vor, Inhaltsbeschrei-
bungen undNachweise zu Orten, Personen oder Sachbegriffen.
Die Datenbank „Benutzungsmedien Film online“ bietet seit dem
Jahr 2011 dieMöglichkeit einer Online-Suche über diemehr als
70.000 benutzbarenMedien, die bereits durch Archivexemplare
konservatorisch gesichert sind. Der gesamte Filmbestand kann
Filmbegleitmaterialien (Fotoalben)
bei einer persönlichen Benutzung in Berlin-Wilmersdorf in der
Bestandsdatenbank und in schriftlichen unveröffentlichten Find-
mitteln recherchiert werden.
44 IV. Archivgut in seiner Vielfalt
Filme sind Zeitzeugnisse und Quellen für historische Forschung
und Publizistik. Sie zeigen den Blick der Filmemacher in einer
eigenen Sprache.
Szene aus der „3-Groschen-Oper“
Zensurkarte aus dem Jahr 1909
Vielfalt der überlieferten Tonträger
Neben den rund eineMillion Filmrollen gibt es eine umfangreiche
Sammlung filmbegleitenderMaterialien, darunter 458.000 Fotos,
20.000 Filmplakate undDrehbücher. Diese Unterlagen beziehen
sich überwiegend auf deutsche Spielfilme und Filmschaffende bis
1945, die Filmproduktion der DEFA und ausländische Filme aus
sozialistischen Staaten. Darüber hinaus steht eine Fachbibliothek
mitmehr als 15.000 Bänden zur Verfügung.
Einzigartig ist die Sammlung von deutschen Zensurkarten zwi-
schen 1908 und 1945, die oft die einzigen Zeugen verschollener
Filme sind. Der heutemehr als 40.000 Karten umfassende ein-
malige Bestand konnte 1990 durch die Rückgabe von ca. 25.000
deutschen Karten aus dem russischen Filmarchiv Gosfilmofond,
die bei Kriegsende beschlagnahmtwordenwaren, erweitert wer-
den. Bei 70.000 Filmen, die ab 1920 den Zensurstellen des Reichs-
ministeriums des Innern vorgelegt wurden, ist sie damit die größ-
te Sammlung deutscher Zulassungsunterlagen.
Neben den Filmen verfügt das Bundesarchiv übermehr als 43.000
Tonträger.Umoriginale Tondokumente zu sichernundderen Inhalt
benutzbar zumachen, lässt das Bundesarchiv diese sukzessivedurch
externe Dienstleister in digitaleMedien umwandeln.
IV. Archivgut in seiner Vielfalt 45
Kaisermanöver in Mecklenburg, 1911
Mauer vor dem Brandenburger Tor in Berlin,1988
Bilder, Plakate, Karten und Pläne
Die Überlieferung des Bildarchivs setztmit frühen bildlichen Dar-
stellungen aus dem 17. Jahrhundert ein und dokumentiert auf
zentraler Ebene die Geschichte des deutschen Staates in seinen
politischen, wirtschaftlich-sozialen und kulturellen Bezügen. Ins-
gesamt verwahrt das Bundesarchiv ca. 12Millionen Bilder.
Geprägtwird das Bildarchiv durchdengroßenBildbestandder Pro-
pagandakompanien des 2.Weltkrieges (Bestand Bild 101) und den
etwa 5Millionen Fotos umfassenden Bestand des Allgemeinen
DeutschenNachrichtendienstes/Zentralbild (ADN/ZB) der DDR
(Bestand Bild 183), der auch einen Teil des umfangreichen Bildar-
chivs des Berliner Scherl-Verlags (1870–1945) umfasst.
Im Jahr 2005 hat das Presse- und Informationsamt der Bundesre-
gierung demBundesarchiv 1,2Millionen Bilder übergeben. Die
Fotos (Bestand B 145 Bild) sind einewichtige Quelle zur Politik-,
Gesellschafts- und Kulturgeschichte der Bundesrepublik Deutsch-
land. Sie spiegeln auch die diplomatischen Beziehungen und das
parlamentarische Lebenwider.
Aus den über 200 Bildbeständen sind außerdemder Bestand der
Aktuellen-Bilder-Centrale, Georg Pahl (Bild 102), des Deutschen
Ausland-Instituts (Bild 137) und die Luftbildbestände zumDeut-
schen Reich und zur DDR hervorzuheben. Eine eigene Bildsamm-
lungmit Szenen und Arbeitsfotos besteht im Filmarchiv zur deut-
schen Filmproduktion von ihren Anfängen bis zur Gegenwart.
Viele bedeutende Fotobeständewurden in eine nach Epochen
gegliederte sachthematische Sammlung (1866 ff.) eingearbeitet.
Abbildungen von Personenwurden in alphabetischer Reihenfol-
ge abgelegt; die Namen sind im Internet recherchierbar.
www.bundesarchiv.de/biografische-bildsammlung
Olympiade 1936, letzte Arbeiten am Führerturmim Reichssportfeld
46 IV. Archivgut in seiner Vielfalt
Seit 2005 erschließt das Bundesarchiv seine Bild- und Plakat-Be-
ständemit Hilfe einermodernen Datenbank, die seit 2007 auch
im Internet zur Verfügung steht. Dort können Fotos, Luftbilder
und Plakate komfortabel recherchiert und über einenWebshop
(in hoher Auflösung gegen eine Gebühr) heruntergeladenwerden.
www.bild.bundesarchiv.de
Über eineMillion Karten, Pläne, Zeichnungen und Plakate runden
die Überlieferung des Bundesarchivs ab. Hierzu gehören Karten
zurMilitärgeschichte wie die Deutsche Heereskarte odermilitä-
rische Lagekarten aus dem 2.Weltkrieg ebensowie Baupläne der
Bauakademie der DDR.
Den Schwerpunkt der Plakatsammlung des Bundesarchivs bilden
Plakate politischer Parteien seit 1918. Auch öffentlich plakatierte
Bekanntmachungen amtlicher Stellen liegen für alle Epochen seit
1870 vor.
Dias von Plakaten in speziellenBetrachtungsschränken
Kartenmagazin imMilitärarchiv in Freiburg i. Br.
Audiovisuelles Archivgut (Stand 2011)
Dokumentar-und
Spielfilme(Titel)
Plakate Karten, Pläne, techn.
Zeichnungen
TonträgerBildgut(Stückzahl)
146.000
12.373.500
88.400
1.167.800
43.9000
250.000
500.000
750.000
1.000.000
12.500.000
IV. Archivgut in seiner Vielfalt 47
Digitale Überlieferung
DerWandel in der Informationstechnologie ist in den letzten zwei
Jahrzehnten immer rasanter fortgeschritten. Dieser Prozess ging
auch an den Bundesbehörden nicht spurlos vorüber. Der zuneh-
mende Einsatz von elektronischenAkten, Datenbanken und ande-
ren IT-Anwendungen führt zu steigenden Datenmengen. Diese
müssen als Archivgut des Bundes dauerhaft aufbewahrt werden
und benutzbar bleiben.
Umdieser Entwicklung Rechnung zu tragen, hat das Bundesarchiv
das Digitale Archiv aufgebaut. Es ermöglicht die Aufbewahrung
und Benutzung archivwürdiger elektronischer Unterlagen auf
unbegrenzte Zeit. Die komplexe IT-Architektur des Systems orien-
tiert sich an internationalen Standards undNormen. Als Grund-
lage dient das OAIS-Referenzmodell (Open Archival Information
System). Zur Zeit werden imDigitalen Archiv rund 10Millionen
elektronische Dateien gesichert. Die ältesten Daten aus den frü-
hen 1970er Jahren stammen aus Großrechneranwendungen von
Behörden der DDR.
Bei den jüngstenDatenhandelt es sich umdie kompletteDateiab-
lage der Gesundheitsministerkonferenz einschließlich aller E-Mails
Die zuerst entwickelten Basisfunktionen des Digitalen Archivs die-
nen der Übernahme von elektronischen Akten aus Vorgangsbear-
beitungs- bzw. Dokumentenmanagementsystemen.
Angesichts der zögerlichen Einführung solcher Systeme in der
Bundesverwaltungwurde es notwendig, auch unstrukturierte
Daten aus Fileablagen zu übernehmen. Als weitere Datenart kön-
nen Datenbanken als wichtige neue Quelle für die historische
Forschung übernommenwerden. Zur Zeit befindet sich außer-
dem ein digitales Geheimarchiv imAufbau.
Im Bundesarchiv überlieferte Speichermedien
Datei Grenzzwischenfälle als ASCII-csv-Datei. DieDaten sind codiert und nur unter Hinzuziehungvon Schlüsselverzeichnissen interpretierbar
V.Zugang zuArchivgut
Nutzen von Archivgut
Archivgut ist authentisches Kulturgut. Es wird von Generation zu
Generationweitergegeben und birgt einen Fundus anWissen
und Erfahrung, der heutigen und künftigenNutzern gleicher-
maßen zugänglich seinmuss. Archive tragen sowesentlich zum
Identitätsbewußtsein einer Gesellschaft bei.
V. Zugang zu Archivgut 49
In der Nutzung liegt die Bestimmung des Archivguts.
Dergesetzlichgeregelte, allgemeineZugangzu staatlichemArchiv-
gut ist nicht nur einwesentliches Kennzeichen für rechtsstaatlich-
demokratische Verhältnisse, weil er die retrospektive Kontrolle
von Verwaltungshandeln und politischen Entscheidungsprozes-
sen erlaubt. Die Einsicht in authentische Zeitzeugnisse ist Voraus-
setzung für historische Forschung und erlaubt die Auseinander-
setzung auchmit der jüngsten Vergangenheit unabhängig vom
subjektiven Erinnerungsvermögen der Zeitzeugen. Zugang zu
Archivgut schafftWissen, beugt demVergessen vor und verhin-
dert Fälschungen und Verfälschungen der Geschichte. Letztlich
unterstützt Archivgut die identitätsstiftende Auseinandersetzung
mit der eigenen Vergangenheit.
Archivgut darf durchNutzungnicht verbrauchtwerden, denn es ist
in der Regel einzigartig. Aus demUnikatcharakter des Archivguts
und seiner Unersetzlichkeit ergibt sich eine besondere Verpflich-
tung zur dauerhaften Erhaltung. Durch einen sorgfältigen Um-
gangmit Archivgut und eine optimale Lagerungwerden Schäden
vermieden.Durch vorbeugendeMaßnahmenwiedie Bereitstellung
und konsequente Nutzung von Kopien aufMikrofilmen schützt
das Bundesarchiv wie andere Archive gefährdete Archivalien.
Benutzersaal in Koblenz
Bereitstellung vonMikrofilmen zum Schutzgefährdeter Archivalien
Nutzung und dauerhafte Sicherung sind keine unvereinbaren Ziele.
50 V. Zugang zu Archivgut
Übernahme und Bewertung
Auf der Grundlage des Bundesarchivgesetzes sind die Behörden
der Bundesverwaltung verpflichtet, dem Bundesarchiv ihre nicht
mehr benötigten, archivreifenUnterlagen aus derWahrnehmung
öffentlicher Aufgaben anzubieten.
Nichtstaatliche Überlieferung gelangt über eine aktive Erwerbs-
undÜbernahmepolitik in das Bundesarchiv. Über definierte Samm-
lungsprofile wird festgelegt, welche Nachlässe, welches Samm-
lungsgut oder Verbands- und Parteienschriftgut das staatliche
Archivgut sinnvoll ergänzen.
Jährlich gelangen allein von den obersten Bundesbehördenmeh-
rere Tausend laufende Regalmeter Akten in die Zwischenarchive
des Bundesarchivs. Sie werden dort verwahrt, bis die Aufbewah-
rungsfristen abgelaufen sind und die abschließende Bewertung
und Erschließung stattfindet.
Das Bundesarchiv entscheidet, ob diesen Unterlagen bleibender
Wert für die Erforschung oder das Verständnis der deutschen
Geschichte, die Sicherung berechtigter Belange der Bürger oder
die Bereitstellung von Informationen für Gesetzgebung, Verwal-
tung und Rechtsprechung zukommt.
Bewertung von Akten
V. Zugang zu Archivgut 51
§ 1
Das Archivgut des Bundes ist durch das Bundesarchiv auf Dauer zu
sichern, nutzbar zumachen undwissenschaftlich zu verwerten.
§ 2
(1) Die Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte des Bundes, die
bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen
des öffentlichen Rechts und die sonstigen Stellen des Bundes haben
alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben
einschließlich derWahrung der Sicherheit der Bundesrepublik
Deutschland oder eines ihrer Länder nichtmehr benötigen, dem
Bundesarchiv oder in Fällen des Absatzes 3 dem zuständigen
Landesarchiv zur Übernahme anzubieten und, wenn es sich um
Unterlagen von bleibendemWert im Sinne des § 3 handelt, als
Archivgut des Bundes zu übergeben. Von der Anbietungspflicht
ausgenommen sind Unterlagen, deren Offenbarung gegen das
Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis verstoßen würde. Rechts-
vorschriften des Bundes, durch die anderen Stellen Aufgaben nach
§ 1 übertragen sind, bleiben unberührt.
(2) Die gesetzgebenden Körperschaften entscheiden in eigener Zu-
ständigkeit, ob Unterlagen anzubieten und zu übergeben sind. (...)
§ 3
Das Bundesarchiv entscheidet im Benehmenmit der anbietenden
Stelle, ob den Unterlagen bleibenderWert für die Erforschung oder
das Verständnis der deutschen Geschichte, die Sicherung berechtig-
ter Belange der Bürger oder die Bereitstellung von Informationen
für Gesetzgebung, Verwaltung oder Rechtsprechung zukommt.
(Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes, Bundesarchivgesetz –
BArchG, vom 6. Januar 1988, BGBl. I S. 62, zuletzt geändert durch § 13 Abs. 2 des Informa-
tionsfreiheitsgesetzes vom 5. September 2005, BGBl. I S. 2722)
Übernahme von Akten aus derBundesverwaltung
52 V. Zugang zu Archivgut
Die Auswahl zu treffen, also das dauerhaftWertvolle und für die
Nachvollziehbarkeit der Regierungs- und Verwaltungsarbeit Un-
verzichtbare und daher Archivwürdige aus derMasse der Unter-
lagen zu filtern, ist eine zentrale Aufgabe des Bundesarchivs. Die
Verdichtung der Überlieferung beiWahrung ihres Entstehungs-
zusammenhangs ist eine für die Benutzer des Archivs unverzicht-
bare Dienstleistung. Sie stellt die Zugänglichkeit für Dritte, die an
der Entstehung nicht beteiligt waren, her. Gleichzeitig stellt das
Bundesarchiv so für die Regierung und die Behörden selbst ihre
Erinnerungsfähigkeit sicher und entlastet sie andererseits von der
Sorge umdas dauerhaftWichtige.
Angesichts der Mengen der zur Übernahme angebotenen amt-
lichen Unterlagen kann Bewertung nichtmehr ausschließlich
durch die unmittelbare Prüfung jedes einzelnen Aktenbands
erfolgen.
Archivische Bewertungmuss vor der Abgabe der Unterlagen an
das Bundesarchiv einsetzen. Dazuwerden bereits auf der Ebene
der Aktenpläne die Unterlagen einer Behörde danach unterschie-
den, ob sich in ihnen die federführendeWahrnehmung einer be-
hördlichen Aufgabe niederschlägt oder nicht. Nur die Unterlagen
der ersten Gruppe gelangen noch zur Bewertung und Erschlie-
ßung in das Bundesarchiv.
Die sogenannten Bewertungskatalogewerden zwischen dem
Bundesarchiv und den einzelnen Behörden abgestimmt und
führen in der Folge zu einer deutlichen Verminderung der Ab-
gaben an die Zwischenarchive und somit zu einer wesentlichen
Entlastung der Archivare von der Sichtung nicht-archivwürdiger
Unterlagen.
Kassiertes Schriftgut
Für den Prozess des Anbietens und Bewertens digitaler Unterlagen
kommen alternativ das 2- oder 4-stufige Verfahren des DOMEA-
Aussonderungskonzepts zum Einsatz.
5-10% der Akten oberster Bundesbehördenwerden als archivwür-
dig bewertet und dauerhaft gesichert. Die Bewertung orientiert
sich hierbei amAufgabenprofil, an der Zuständigkeit der Behörde,
und berücksichtigt auch die Bedeutung einer staatlichenAufgabe.
Mitwirkungsakten, dieMasse der Akten der Dienststellenverwal-
tungen, aber auch die aufgrund der Vervielfältigungsmöglichkei-
ten enormeMenge an redundanten Unterlagenwerden kassiert,
d.h. vernichtet.
V. Zugang zu Archivgut 53
Zugang durch Erschließung
Unterlagen in Behörden entstehen in derWahrnehmung vonAuf-
gaben, erwachsen in Geschäfts- oder Verwaltungsprozessen.
Archive bewahren den Entstehungszusammenhang der Unterla-
gen nach dem sog. Provenienzprinzip und sichern über die inhalt-
liche Aussagekraft der einzelnen Sachakte hinaus Kontextinfor-
mationen über die Verwaltungs- und Entscheidungsprozesse.
Archivische Erschließung erzeugt einen dem Archivgut in beson-
dererWeise angepassten, strukturellen Zugang. Online präsen-
tiert stellt sich archivische Erschließungsleistung den Heraus-
forderungenmodernenWissensmanagements.
Dauerhafte Sicherungarchivwürdiger Unterlagen imMagazin
Mit der Bewertung einher geht die Erschließung des Archivguts
als eine originäre und anspruchsvolle Aufgabe.
Erschließung von Archivgut
54 V. Zugang zu Archivgut
Die Erschließungsleistungwird auf zweimiteinander verbunde-
nen Ebenen dargestellt:
3 1. Ebene: Beständeübersicht (Tektonik)
Die Beständeübersicht gibt einen strukturierten Überblick über
diemehr als 7.300 Bestände des Bundesarchivs. Sie informiert über
die Herkunftsstelle (Provenienz) des Archivguts und ihre Entwick-
lung sowie über den Umfang und das Schicksal jedes Bestandes.
Sie gibt an, über welche Zeit sich die Überlieferung erstreckt, und
enthält Hinweise zu Ort undHilfsmitteln der Benutzung.
3 2. Ebene: Findbücher (Klassifikation)
Das herkömmliche Ergebnis der Erschließung einzelner Bestände
sind Findbücher. Darin ist jede einzelne Archivalieneinheitmit
einemaussagekräftigen Titel, gegebenenfallsweiteren Erläuterun-
gen zum Inhalt, der Laufzeit und der Signatur, mit der sie bestellt
werden kann, beschrieben.
Solche Erschließungsinformationen sind nur in ihremKontext ver-
ständlich. Die Beschreibungen der Archivalieneinheitenwerden
daher immer in die Struktur des Bestandes – die Klassifikation –
eingebettet. So werden der Entstehungszusammenhang und die
Aussagemöglichkeit des Archivguts transparent.
Den Online-Zugriff auf Erschließungsinformationen zu den Be-
ständen des Bundesarchivs ermöglicht die Internet-Recherche-
plattform ARGUS. Darin sind neben der Beständeübersicht mit
den Bestandsbeschreibungen über 2.000 Online-Findbücher und
mehr als 2Millionen digitalisierte Einzelseiten aus Akten zu-
gänglich.
Auszug aus einem konventionellen Print-Findbuch (Nachlass Theodor Heuss, N 1221)
Online-Beständeübersicht des Bundesarchivs
V. Zugang zu Archivgut 55
In den Lesesälen des Bundesarchivs steht den Benutzern nach ihrer
Registrierung BASYS 2 – Invenio als Recherchewerkzeug zur Verfü-
gung. Dieser Baustein des Bundes-Archiv-IT-SYStems ermöglicht
eine navigierende oder Volltextsuche über alle in der Datenbank
des Bundesarchivs enthaltenen Erschließungsinformationen und
einedirekteBestellungder amOrt aufbewahrtenArchivalien, sofern
keine Benutzungsbeschränkungen vorliegen.
Für die Förderung übergreifender Zugänge zuArchivgut im Inter-
net setzt sich das Bundesarchiv auf nationaler und internationaler
Ebene bei Aufbau und Pflege von Portalen ein. Im Januar 2012
konnte beispielsweise das vonder EuropäischenKommission geför-
derte Projekt APEnet erfolgreich abgeschlossenwerden, das der
gemeinsamen Präsentation von Erschließungsinformationen in
einem „Archivportal Europa“ denWeg ebnete.
www.archivesportaleurope.eu
Auszug aus einemOnline-Findbuch
56 V. Zugang zu Archivgut
§ 5
(1) Das Recht, Archivgut des Bundes aus einermehr als 30 Jahre
zurückliegenden Zeit zu nutzen, steht jedermann auf Antrag zu,
soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist.
Weitergehende gesetzliche Rechte und besondere Vereinbarun-
gen zugunsten von Eigentümern privaten Archivguts bleiben
unberührt.
(2) Archivgut des Bundes, das sich auf natürliche Personen be-
zieht, darf erst 30 Jahre nach dem Tode der Betroffenen durch
Dritte benutzt werden. Ist das Todesjahr nicht oder nurmit un-
vertretbarem Aufwand festzustellen, endet die Schutzfrist 110
Jahre nach der Geburt des Betroffenen.
(3) Archivgut nach § 2 Abs. 4 darf erst 60 Jahre nach Entstehen
benutzt werden. Diese Schutzfrist gilt nicht für Unterlagen aus
der Zeit vor dem 23. Mai 1949, deren Benutzung für die Durch-
führung bestimmter wissenschaftlicher Forschungsarbeiten oder
zurWahrnehmung berechtigter Belange erforderlich ist.
(4) Die Schutzfristen der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für solche
Unterlagen, die bereits bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung
bestimmtwaren. Gleiches gilt für Archivgut, soweit es vor der
Übergabe an das Bundesarchiv oder die Archive der gesetzge-
benden Körperschaften bereits einem Informationszugang nach
dem Informationsfreiheitsgesetz offen gestanden hat.
Benutzung von Archivgut
Jedermann hat das gleiche Recht auf Einsicht in Archivgut des
Bundes. Das Bundesarchivgesetz unterscheidet grundsätzlich
nicht zwischenwissenschaftlichen, journalistischen, behördli-
chen oder privaten Benutzungsinteressen.
Anmeldung im Benutzersaal
Benutzerberatung vor Ort
Bestellen von Archivalien
V. Zugang zu Archivgut 57
(5) Die Schutzfrist nach Absatz 1 Satz 1 kann verkürzt werden,
soweit Absatz 6 dem nicht entgegensteht. Die Schutzfristen nach
Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 können verkürzt werden, wenn die
Einwilligung des Betroffenen vorliegt. Liegt die Einwilligung des
Betroffenen nicht vor, können die Schutzfristen nach Absatz 1
Satz 1 und Absatz 2 verkürzt werden, wenn die Benutzung für ein
wissenschaftliches Forschungsvorhaben oder zurWahrnehmung
berechtigter Belange unerlässlich ist, die im überwiegenden Inte-
resse einer anderen Person oder Stelle liegen, und eine Beein-
trächtigung schutzwürdiger Belange durch angemesseneMaß-
nahmen, insbesondere durch Vorlage anonymisierter Reproduk-
tionen, ausgeschlossen werden kann. Für Personen der Zeitge-
schichte und Amtsträger in Ausübung ihres Amtes können die
Schutzfristen nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 verkürzt werden,
wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen
berücksichtigt werden. Die Schutzfristen nach Absatz 1 Satz 1
und Absatz 3 können umhöchstens 30 Jahre verlängert werden,
soweit dies im öffentlichen Interesse liegt. Ist das Archivgut bei
einer in § 2 Abs. 1 genannten Stelle des Bundes entstanden, bedarf
die Verkürzung oder Verlängerung der Schutzfristen der Einwilli-
gung dieser Stelle.
(Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes, Bundesarchivgesetz– BArchG, vom6. Januar 1988, BGBl. I S. 62, zuletzt geändert durch § 13 Abs. 2 des Informa-tionsfreiheitsgesetzes vom 5. September 2005, BGBl. I S. 2722)
Der Mikrofilm-Lesesaal in Berlin-Lichterfelde
Blick in den Benutzersaal der Dienststelle inBerlin-Lichterfelde
58 V. Zugang zu Archivgut
In der Regel wenden sich Benutzerinnen und Benutzermit einer
Anfrage oder der Ankündigung eines Besuchs zunächst schriftlich
an das Bundesarchiv. Dabeimüssen Thema und Zweck der Nach-
forschung genannt werden. Gegebenenfalls ist imweiteren Ver-
fahren aus rechtlichenGründen ein förmlicher Benutzungsantrag
vorzulegen.
Nutzung der Internetseite zur Vorbereitung derRecherchen im Bundesarchiv
In denBenutzersälen stehen PC-Terminals zur bestandsübergreifen-
denOnline-Recherche ebenso zur Verfügungwie konventionelle
Findmittel undNachschlagewerke. Bei Bedarf kann der Benutzer
die Beratung undHilfe einesmit der Überlieferung vertrauten
Archivars in Anspruch nehmen.
Detaillierte Hinweise zur Vorbereitung einer Benutzung beim
Bundesarchiv, u.a. zu den Öffnungszeiten der Lesesäle, eventu-
ellen Nutzungsbeschränkungen und Findhilfsmitteln, finden
sich im Internetauftritt des Bundesarchivs.
www.bundesarchiv.de/benutzung
Die Benutzung von schriftlichemArchivgut ist in der Regel kosten-
frei. Lediglich für zeitaufwändige Recherchen durch das Archiv-
personal, mit besonderemAufwand verbundene Benutzungen
z.B. von Karten, Plakaten, Bildern oder Filmen sowie für dieWie-
dergabe von Archivgut in Publikationen oder Film-, Fernseh- und
Rundfunkproduktionenwerden Gebühren erhoben.Mit der Er-
stellung von Kopien oder anderen Reproduktionen können exter-
ne Dienstleister beauftragt werden, die die anfallenden Kosten
direktmit demBenutzer abrechnen.
V. Zugang zu Archivgut 59
Über 8.000 Benutzer, in der RegelWissenschaftler, nehmen jähr-
lich bei Besuchen im Bundesarchiv Einsicht inmehr als 200.000
Archivalieneinheiten. Außerdemwerden jährlich nahezu 70.000
schriftliche Auskünfte erteilt. Weit über 500.000 Nutzer pro Jahr
besuchen den Internetauftritt des Bundesarchivs.
Benutzung im Filmarchiv des Bundesarchivs
Mitarbeiter von Print- undOnlinemedien, Filmund Fernsehen nut-
zen insbesondere die audiovisuellenQuellen imBildarchiv und im
Filmarchiv des Bundesarchivs. Kaum eine Fernsehsendung oder
ein Dokumentarfilmmit historischer Thematik kann auf die Film-
und Bildmaterialien des Bundesarchivs verzichten. Es ist eine zen-
trale AufgabedesArchivs, Benutzern eine quellenkritischeAuswer-
tung durch eine fachkompetente Bewertung und Erschließung der
Unterlagen zu ermöglichen, damit sie sich selbst von der Authen-
tizität der Bildinformation überzeugen können.
60 V. Zugang zu Archivgut
Die NSDAP-Mitgliederkartei wurde 1994mitanderen personenbezogenen Unterlagen desBerlin Document Center in das Bundesarchivübernommen
Recherche in den Beständen des Bundesarchivsanmodernen PC-Terminals
Die FreischaltungdesDigitalenBildarchivs imSommer2007hat den
Zugang zumBildgut des Bundesarchivswesentlich vereinfacht und
beschleunigt. Ein repräsentativerQuerschnitt von etwa 190.000Bil-
dern (Stand:Mai 2012) steht hier zur kostenfreienRecherche ohne
Registrierung zurVerfügung. Reproduktionsfähige, d.h. hoch auf-
gelöste Bilder könnennach erfolgter Registrierung kostenpflichtig
heruntergeladenwerden.
Nicht alleBenutzer suchendasBundesarchivpersönlichauf.Vielfach
werdenAnfragen schriftlich formuliert. Insbesondere die Nutzung
audiovisueller Quellen findet seltener als die anderer Archivalien-
gattungen imArchiv selbst statt. Häufig stellen dieMitarbeiter im
ArchivKopien vonBildernundFilmenzurAuswahl für die Benutzer
bereit. Im Filmarchiv stehen etwa 70.000 Benutzungsmedien zur
Verfügung, daruntermehr als 15.000 Konversionen auf Videoträ-
gern, diedenZuganggegenüberder FilmsichtungamSchneidetisch
erleichtern. Rund 15.000 StundenLaufzeit stehenaufhochwertigem
filmischen Ausgangsmaterial für professionelle Nutzungszwecke
zur Verfügung und können bei externen Dienstleistern auf Träger
und Formate jeglicher Art umgespielt werden.
V. Zugang zu Archivgut 61
Elementare persönliche Interessen begründen Benutzungen oder
Anfragenwie solche zurMitgliedschaft von Familienangehörigen
in der NSDAP einschließlich ihrer Gliederungen und angeschlos-
senen Verbände, zur Beteiligung an NS-Verbrechen, zumNach-
weis der Deutschstämmigkeit im Falle der Übersiedlung, zu Ge-
haltsnachweisen undMilitärdienstzeiten für die Rentenberech-
nung, zumNachweis von Eigentumsansprüchen oder auch zur
Deportation jüdischer Bürger.
Benutzersaal der AbteilungMilitärarchiv inFreiburg i. Br.
Benutzung von Fotografien im Bildarchiv inKoblenz
Die Bilddatenbank des Bundesarchivs
62 V. Zugang zu Archivgut
Bestandserhaltung als andauernde Aufgabe
Es ist eine erstrangige Aufgabe von Archiven, das Archivgut vor
Verfall und Gefahren zu schützen, es zu erhalten, um seine Infor-
mationen heutigen und damit auch künftigen Generationen in
unveränderter Aussagekraft bereitzustellen.
Meist ist der Träger der Information – bei Akten das Papier, bei
Filmen Cellulosenitrat oder Azetat, bei alten Fotografien oft Glas,
bei Tonüberlieferung Schellackplatten, bei digitaler Überlieferung
Magnetbänder, CDs oder DVDs – anfällig für äußere Einflüsse oder
für innere Zersetzung.
Im Bundesarchiv ist es Aufgabe der „Bestandserhaltung“, das
Archivgut vor Gefahren zu schützen, es zu konservieren und zu
restaurieren oder, falls die Originalerhaltung nichtmehrmöglich
ist oder unwirtschaftlichwäre, die Informationen auf neues, halt-
bareres Trägermaterial zu übertragen.
Von der Abnutzung durch den täglichen Gebrauch über Schäd-
lings- und Schimmelbefall bis hin zur Kriegseinwirkung reicht die
Palette der Vorschädigungen. Hinzu treten immanente Schäden
wie bei Papier der endogene Zerfall durch allmähliche Säurebil-
dung aufgrund der industriellen Papierproduktion oder bei
Filmen die Zersetzung von Azetat- oder Cellulosenitratmaterial.
DieMethoden der Konservierung und Restaurierung sind so viel-
fältig wie die Schäden. Neben den spezialisiertenWerkstätten zur
manuellen Konservierung und Restaurierung von Papierüberlie-
ferungen, Filmen, Fotografien und Tonträgern ist besonders die
maschinelle Entsäuerungsanlage für Papier im Bundesarchiv in
Hoppegarten hervorzuheben. Dort können in einemWettlaufmit
der Zeit täglich bis zu 24.000 Blatt Papier gereinigt, entsäuert und
Geschädigtes Archivgut: Papier
Geschädigtes Archivgut: Film
mit Leim erneut verfestigt werden. Aber auch diese auf den ers-
ten Blick beeindruckendeMengewürde lediglich hinreichen, um
in zehn Jahren ungefähr 2% der Bestände des Bundesarchivs zu
sichern.
V. Zugang zu Archivgut 63
Im Juli 2001 wurde in den Räumen des Bundesarchivs in Hoppe-
garten die Entsäuerungsanlage für vom Zerfall bedrohte Archiva-
lien in Betrieb genommen. Die Blätter werden einzeln zwischen
getränkten Vliesen transportiert. Die Trocknung erfolgt zwischen
gewärmtenWalzen.
Vor der Entsäuerung werden die Archivalien im Rahmen eines
dort installiertenWorkflows verfilmt. Dieses Verfahren ermög-
licht es, unter Vermeidung zusätzlicher Transporte und durch
Nutzung von Synergien dieMassenkonservierung und die Schutz-
verfilmung in einem durchgehenden Arbeitsprozess zu kombinie-
ren. Die Benutzung der Mikroformenwird die authentischen
Quellen dauerhaft schützen.
„Wenn sich künftige Generationen ein Bild über die Schlüsseler-
eignisse der deutschen Geschichte wie die Revolution von 1848/49
oder die Reichsgründung auf der Basis authentischer schriftlicher
und bildlicher Quellenmachenwollen, wenn die authentische
Erinnerung an die Zeit derWeimarer Republik und die Unrechts-
herrschaft des Nationalsozialismus lebendig bleiben soll, wenn
die Gründung der beiden deutschen Staaten und derenWieder-
vereinigung der Nachwelt authentisch dokumentiert werden
soll, müssen wir uns schleunigst mit nochmehr solcher Maschi-
nen an die Arbeit machen.“
HartmutWeber, Präsident des Bundesarchivs a.D., bei der Einweihung der Papierent-säuerungsanlage am 18. Juni 2001
Entsäuerungsanlage für Papier in Hoppegarten
Archivgut im Bestand B 136 Bundeskanzleramtnachmaschineller Entsäuerung und konserva-torischer Bearbeitung
64 V. Zugang zu Archivgut
Mitmöglichst einfachen und kostengünstigenMaßnahmenwird
versucht, einMaximuman bestandserhaltender Effizienz zu errei-
chen. Dazu zählen einfacheReinigungsmaßnahmen, das Entfernen
schädlicherMetallteile, die Verpackung in sachgerechtenHüllen,
Kartons oder Filmdosen. Dazu gehört aber vor allem auch die
sachgerechte Unterbringung des Archivgutes inMagazinenmit
den für die dauernde Aufbewahrung erforderlichen klimatischen
Verhältnissen.
Archivgut wird in speziellenMagazinen vor schädigenden äuße-
ren Einflüssen verwahrt. Für eine sachgerechte Lagerung sind vor
allem konstante Klimawerte entscheidend: Als Richtwerte gelten
für die Aktenmagazine eine Temperatur von 18° C (+/–3°) und
eine relative Luftfeuchtigkeit von 50 % (+/–5%). Ganz anders sind
die Lagerungsbedingungen aber z. B. für Farbfilme, die bei –6° C
und nur 30 % Luftfeuchtigkeit optimal verwahrt werden.
Eine bedeutende Funktion in der Bestandserhaltung hat seit vie-
len Jahrzehnten die Umkopierung auf neues Trägermaterial.
Dies gilt vor allem für den Bereich der Spiel- und Dokumentar-
filme, es gilt aber auch für die Schriftgutüberlieferung, für die
sich derMikrofilm alsMedium von hoher Alterungsbeständigkeit
bewährt hat.
Restaurierung von Glasnegativen
Restaurierungswerkstatt der Dienststelle inBerlin-Lichterfelde
Aktenmagazin imMagazinneubau inBerlin-Lichterfelde
V. Zugang zu Archivgut 65
ImRahmen eines Schutzverfilmungsprogrammswerden jähr-
lichmehrere Millionen Aufnahmen von Archivgut vornehmlich
auf 35-mm-Mikrorollfilm, in bestimmten Fällen auch auf Mikro-
planfilm (Mikro- undMakrofiches) gefertigt. Daneben werden in
einem bundesweiten Programmdes Bundesamtes für Bevölke-
rungsschutz und Katastrophenhilfe aufgrund derHaager Konven-
tion zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten aus
dem Jahr 1954 im Bundesarchiv Sicherungsfilme von ausgewähl-
ten Beständen erstellt und imOberrieder Stollen in derNähe von
Freiburg gelagert. Auch diese Sicherungsfilme werden zu Benut-
zungszwecken dupliziert oder digitalisiert. Die Archivalienwerden
durch die Benutzung der Sekundärformen dauerhaft geschützt.
Die digitale Form ergänzt die Originalerhaltung zur dauerhaften
Sicherung des Authentikums sowie denMikrofilm als Erhaltungs-
mediumundwird im Rahmen eines umfassenden Konzepts der
Bestandserhaltung zur ErhöhungdesNutzungskomforts eingesetzt.
Bildliche Digitalisate aus Schriftgutbeständen erleichtern in Kom-
binationmit den Erschließungsinformationen nicht nur die Aus-
wertung der Bestände. Da digitalisiertes ebensowie verfilmtes
Archivgut in der Regel nicht mehr imOriginal vorgelegt wird,
trägt die Bereitstellung vonDigitalisaten auch zur Erhaltung des
Archivguts bei.
Sicherungsverfilmung in Koblenz
Erstellung vonMakrofiches von groß-formatigem Archivgut in Freiburg i. Br.
Mikrofilmmagazin in Berlin-Lichterfelde
66 V. Zugang zu Archivgut
Die Langzeiterhaltung von digitalemArchivgut, d.h. so-
wohl nachträglich digitalisierten als auch genuin elektronischen
(„digital born“) Unterlagen, ist eine kontinuierliche Aufgabe, in
der technische und fachlich strategische Fragen zusammen-
fließen. Das Bundesarchiv ist dieser Herausforderung auchmit
einer Änderung seiner Organisationsstruktur begegnet.
Auch alte Filme und deren Begleitmaterialien sind vomVerfall
bedroht. Die wertvollen Bestände zu sichern, zu erhalten und zu
erschließen, ist die Hauptaufgabe des Filmarchivs.
Filmmaterial, wie anderes audiovisuelles Archivgut auch, rea-
giert besonders empfindlich auf unsachgemäße Lagerung. Zer-
setzung undmechanische Schädigung von Schichtträgern und
fotografischen Emulsionen sind häufig nicht oder nurmit hohem
Aufwand zu beseitigen. Eine in Temperatur und Luftfeuchtigkeit
ausgewogene Lagerung sichert die Haltbarkeit der Materialien.
Restaurierung von Filmträgern ausNitrozellulose
Massenspeicher für digitales Archivgut
Maschinen zur Umkopierung von Filmen aufneue beständigeMaterialien
Zur dauerhaften Erhaltung genuin digitaler Aufzeichnungen hat
das Bundesarchiv das Digitale Archiv aufgebaut, das Aufbewah-
rung und Benutzung archivwürdiger elektronischer Unterlagen
auf unbegrenzte Zeit ermöglicht.
V. Zugang zu Archivgut 67
Sicherungs- und Schutzverfilmung (Einzelaufnahmen)
2001–2011
415.000 514.400 638.000
3.153.000
5.284.700
4.044.900
2001 2006 20110
1.000.000
2.000.000
3.000.000
4.000.000
5.000.000
6.000.000
Materialvergleich bei der Restaurierung desFilms „Metropolis“
� Schutzverfilmung � Sicherungsverfilmung
Szenenbild aus dem Film „Metropolis“
Bei der aktiven konservatorischen Sicherungwerden die Filme
handwerklich, fotochemisch undmit digitalenVerfahren in einem
eigenen Kopierwerk bearbeitet. Bei der Umkopierung können
mechanische Beschädigungen der Filmschicht („Kratzer“) besei-
tigt, Helligkeitsunterschiede ausgeglichen und die Tonqualität
verbessertwerden, umden Film seinemOriginalzustandmöglichst
anzunähern. Priorität genießen die seit 1895 bis in die 1960er Jahre
auf Cellulosenitratbasis gezogenen Filme, die bei Zersetzung zu
Selbstentzündung neigen können.
Auch imBildarchiv steht eineUmkopierung vonOriginalnegativen
auf Cellulosenitratbasis bevor. Rund 360.000 Fotos des am intensi-
vsten genutzten Bestandes „Bild 101 Propagandakompanien der
Wehrmacht“ werden anhand formal-technischer und inhaltlich-
historischer Kriterien bewertet und anschließend auf dauerhaft
haltbarem Trägermaterial gesichert.
VI.Dienstleister fürBundesverwaltung,Forschung undÖffentlichkeit
Gedächtnis der Verwaltung
Als „Gedächtnis der Bundesverwaltung“ sichert das Bundesarchiv
mit seinemArchivgut in verdichteter FormVerfahrens- und Erfah-
rungswissen der Verwaltung und garantiert einen dauerhaften
Nachweis ihrer Leistungen. Es übernimmt damit für Bundesregie-
rung und Bundesbehörden die Aufgabe, vergangenesWirken für
die Zukunft zu dokumentieren. Durch dieWahrung der Entste-
hungszusammenhängeund strukturellen Bezüge bleiben Entschei-
dungsprozesse nachvollziehbar. Das Bundesarchiv gewährleistet
so die notwendige produktive Erinnerungsfähigkeit.
Bei den papiergebundenenUnterlagen nutzen die obersten Bun-
desbehörden die Dienstleistungen des Bundesarchivs, die esmit
seinen Zwischenarchiven in St. Augustin-Hangelar bei Bonn,
Hoppegarten bei Berlin und Freiburg i. Br. anbietet. Jährlich über-
geben siemehr als 100.000 Akten, die sie zur Erfüllung ihrer Auf-
gaben nichtmehr ständig benötigen, den Zwischenarchiven zur
Aufbewahrung. Bis zumAblauf der jeweiligen Aufbewahrungs-
frist stehen die Akten, die von den obersten Bundesbehördenwie-
der angefordert werden, auf demWeg der Ausleihe in kürzester
Frist zur Verfügung.
Auchmit demÜbergang in das elektronische Zeitalter behält das
Bundesarchiv seine Funktion als Gedächtnis der Bundesverwaltung.
VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit 69
Lagerung von Altakten imMagazin
Entnahme einer bestellten Akte
70 VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit
Mit demDigitalen Archiv sind die Voraussetzungen für die dauer-
hafte Aufbewahrung elektronischer Unterlagen geschaffen. Der-
zeit wird der Prototyp eines digitalen Zwischenarchivs entwickelt.
Das Bundesarchiv entlastet die Bundesregierung und -verwaltung
davon, selbst die Voraussetzungen für einen umsichtigenUmgang
mit ihrer Vergangenheit zu schaffen. Mittels Archivgut kann die
Verwaltung ihre Leistungendauerhaft nachweisen.DurchdieWah-
rung des Entstehungszusammenhangs und struktureller Bezüge
bleibenGeschäftsprozesse evident und Entscheidungen, Einflüsse,
kurzfristigeMotive und übergeordnete Ziele nachvollziehbar. Die
Vergangenheit wird demArchiv treuhänderisch übergeben, das
mit der Kompetenz und Professionalität seines Personals die not-
wendige produktive Erinnerungsfähigkeit gewährleistet.
Beratung in Fragen der Schriftgutorganisation
Schriftgut – vomAktenvermerk und demBehördenschreiben bis
hin zur E-Mail und zur elektronischen Akte – bildet die Grundlage
jedes behördlichenHandelns. Die Organisation des Schriftguts in
Akten und Registraturen ist eine anspruchsvolle Aufgabemit
weitreichenden Auswirkungen auf die Qualität der Aufgabenerle-
digung. Das gilt nicht nur für die traditionelle Arbeitmit (Papier-)
Akten, sondern in noch stärkeremMaße für den Aufbau und die
Organisation der elektronischen Vorgangsbearbeitung.
Das Bundesarchiv verfügt in Fragender Schriftgutverwaltungüber
ein breites Kompetenz- und Erfahrungswissenund stellt dieses den
Bundesbehördenbei der Erstellung vonAktenplänen, bei derOrga-
nisation ihrer Registraturen und bei der Umstellung von papier-
gebundener auf elektronische Aktenführung zur Verfügung (§ 2
Abs. 10 Bundesarchivgesetz).
Das Beratungsangebot des Bundesarchivs umfasst Schulungen
undWorkshops für Registratoren, Sachbearbeiter und Führungs-
kräfte ebensowie die Begleitung von Projekten im Bereich der
Schriftgutverwaltung und der elektronischen Vorgangsbearbei-
tung, die Publikation vonHandbüchern und Empfehlungen und
die Herausgabe eines Newsletters, der regelmäßig über aktuelle
Entwicklungen und Veranstaltungen informiert.
Auch an der Fortschreibung übergreifender Normen und Regel-
werke für den Umgangmit behördlichen Unterlagen imRahmen
derGemeinsamenGeschäftsordnungder Bundesministerien (GGO)
oder der Verschlusssachenanweisung (VSA)wird das Bundesarchiv
beteiligt.
VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit 71
72 VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit
Bereitstellung von Erschließungsinformationenund Archivgut
Die Beständeübersicht und die Findbücher zu den einzelnen Be-
ständen informieren imDetail über das Archivgut des Bundesar-
chivs. Sie geben alle Informationen, die für eine Bestellung von
Archivgut zur Einsichtnahme erforderlich sind. Beständeüber-
sicht und eine ständigwachsende Zahl von Findbüchern können
im Internet kostenlos genutzt werden.
Die vomBundesarchivmit archivischen Partnereinrichtungen
zusammen entwickelte, archivspezifische Suchmaschine ARGUS
bietetmit Volltextsuche und strukturierter Navigation verschie-
dene Zugänge auf die Erschließungsinformationen. Sie integriert
dabei auch Teile der Bibliotheken des Bundesarchivs. Damit ist sie
fürMitarbeiterinnen undMitarbeiter des Bundesarchivsmit seiner
dislozierten Struktur etwa für die Beantwortung von Anfragen
sehr nützlich und erleichtert gleichzeitig Benutzern ihre Recher-
chen unabhängig von Ort und Zeit.
Die Erschließungsinformationen zu den Beständen des Bundes-
archivs werdenmit Hilfe des Archivmanagementsystems BASYS
in einer Datenbank erfasst. Sie enthält die Beschreibungen der
Bestände und die – durch die Klassifikation strukturierten – Infor-
mationen zu jeder Verzeichnungseinheit. Über die Suchmaschine
BASYS – Invenio ist in den Lesesälen nach einer Registrierung der
Zugriff auf diese Erschließungsinformationenmöglich.
Benutzung von Findmitteln in Berlin-Lichterfelde
Bereitstellung von Archivgut
ImRahmen vonRetrokonversionsmaßnahmenwurden in den letz-
ten Jahren die Erschließungsinformationen zu über 1,5Millionen
Verzeichnungseinheiten in elektronische Formgebracht. DieNach-
weise standen zuvor nur in analoger Form,meist in Karteien oder
älteren Findbüchern, zur Verfügung. Eine Publikation von Find-
büchern zu einzelnen Beständen in gedruckter Form findet nur
noch in Ausnahmefällen statt, da die Vorteile der bestandsüber-
greifendenOnline-Recherche deutlich überwiegen.
DieVerbesserungderOnline-Präsentation der Erschließungsergeb-
nisse bleibt eines der wichtigsten Anliegen des Bundesarchivs und
stellt eine bedeutende Dienstleistung für den Forschungsstandort
Deutschland dar. Das nächste Ziel nach der standortübergreifen-
den Zusammenführung der BASYS-Datenbanken in den Lesesälen
ist die Bereitstellungder in der zentralenDatenbank vorgehaltenen
Erschließungsinformationen im Internet. Einewachsende Anzahl
vonDigitalisaten begleitet und bereichert die Online-Präsentation
der Erschließungsdaten.
Das Bundesarchiv ist bestrebt, das benötigte Archivgut – imOrigi-
nal, inMikroformen oder digital – schnell und ohneMengenbe-
schränkung zur Verfügung zu stellen.
Regelmäßige Analysen der Benutzungsprozesse optimieren das
Benutzungsverfahren im Interesse von Forschung undMitarbei-
tern. Dies dient langfristig auch der Erhaltung des Archivgutes.
VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit 73
Vor der Retrodigitalisierung: Karteikarte zumBestand „Gewerkschaft Wissenschaft“
Online-Findbuch zum Bestand DC 20-I/3Ministerrat der DDRmit eingebundenenDigitalisaten
74 VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit
Neben der Datenbank zu den schriftlichen Archivgutbeständen
werdenweitere Datenbanken etwa für Filme und eine Bilddaten-
bank gepflegt.
Das Bundesarchiv fördert die europäischenundnationalen Initia-
tiven zur digitalen Bereitstellung vonArchivgut. In thematischen
Galerien stellenMitarbeiterinnenundMitarbeiter auf der Internet-
seite digitale Reproduktionen aus denBeständen zuhistorischen
und aktuellen Ereignissen vor und erläutern sie.
Persönliche Benutzungen 2007–2011
39.513 38.23036.572
37.085 39.745
9.133 7.820 7.600 8.045 8.211
2007 2008 2009 2010 20110
10.000
20.000
30.000
40.000
� Benutzer � Tage
Aus der Internet-Galerie „Die große Koalition“:DieMitglieder des Kabinetts
Aus der Internet-Galerie „Die große Koalition“:Vorbereitung der Regierungskoalition(BArch B 136/3779)
Editionen und Publikationen
1979übertrugdie BundesregierungdurchKabinettsbeschluss dem
Bundesarchiv die Edition der Kabinettsprotokolle der Bundesre-
gierung. Die uneingeschränkte und ungekürzte Offenlegung der
Kabinettsberatungen ist Ausdruck des demokratischen Selbstver-
ständnisses der Bundesregierungen, erlaubt sie doch die retro-
spektive öffentliche Kontrolle der zunächst geheimen Beratungen
des Bundeskabinetts nach demAblauf von 30 Jahren.
Die Kabinettsprotokolle, inzwischen liegen die Jahresbände 1949
bis 1968 (Stand:Mai 2012) sowie die Protokolle der Kabinettsaus-
schüsse fürWirtschaft und für die Sozialreform vor, werden einge-
leitet und sorgfältig kommentiert undweisen demwissenschaftli-
chen Benutzer die jeweils einschlägigeÜberlieferung vor allemdes
Bundesarchivs zudenberatenenGegenständennach.Danebenwer-
den dem interessierten Nutzer auchHinweise auf zentrale Unter-
lagen der Parteiarchive, des Politischen Archivs des Auswärtigen
Amtes und des Archivs des Deutschen Bundestages gegeben.
Gemeinsammit der Historischen Kommission bei der Bayerischen
Akademie derWissenschaftenwerden im Bundesarchiv nach Ab-
schluss der Edition der „Akten der Reichskanzlei“ derWeimarer
Republik nun die Akten der RegierungHitler und zusammenmit
demDeutschen Bundestag die „Akten und Protokolle des Parla-
mentarischenRates 1948–1949“ ediert. Außerdemgibt das Bundes-
archivmit demBundesministeriumdes Innern die „Dokumente
zur Deutschlandpolitik“ heraus. Ziel der bisher 32 Bände umfas-
senden Edition ist die Aufarbeitung der Entstehung undÜberwin-
dung der Teilung Deutschlands anhand der vornehmlich im Bun-
desarchiv überlieferten Aktenbestände.
VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit 75
Überreichung des ersten Bandes der„Kabinettsprotokolle der Bundesregierung“ anBundeskanzler Helmut Schmidt durch denPräsidenten des Bundesarchivs Hans Booms am29. September 1982
Besprechung der Bearbeiter der Edition„Kabinettsprotokolle der Bundesregierung“
76 VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit
In Zusammenarbeitmit dem Institut für Zeitgeschichte wurden
die „Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland
1945–1949“ herausgegeben. Die „Geschichte der Sozialpolitik in
Deutschland seit 1945“ haben Bundesarchiv und Bundesminis-
terium für Arbeit und Soziales als Herausgeber in einemgemein-
samen Forschungsprojektwissenschaftlich aufarbeiten lassen. Den
11 Bänden der Reihe sind ausgewählte Dokumente zu einzelnen
Sachverhalten aus den Beständen des Bundesarchivs auf CD-ROM
beigegeben. Außerdempubliziert das Bundesarchiv in seinen
eigenen Reihen „Schriften des Bundesarchivs“ und „Materialien
aus demBundesarchiv“ Darstellungen undQuellen zur
Zeitgeschichte.
Neben den Buchausgaben bietet das Bundesarchiv die Editionen
„Kabinettsprotokolle der Bundesregierung“ und „Aktender Reichs-
kanzlei.WeimarerRepublik“ alsOnline-Version im Internet an. Eine
Editionenübergreifende Suche erlaubt die gleichzeitige Recherche
über beide Reihen. Die Digitalisierungweiterer Publikationen ist
geplant. Damit kommt das Bundesarchiv seinem informationspo-
litischen Auftrag und den veränderten Nutzererwartungen nach
und erleichtert den Zugriff auf sein Archivgut.
Gedenkbuch
Das vomBundesarchiv erarbeitete „Gedenkbuch –Opfer derVerfol-
gung der Juden unter der nationalsozialistischenGewaltherrschaft
inDeutschland 1933–1945“ führte 150.000 ermordete jüdische Bür-
gerinnenundBürger aus demGebiet desDeutschenReiches in den
Grenzenvon1937namentlichauf. Eswurde imMai2006 ineinerzwei-
ten, wesentlich erweiterten Auflage der Öffentlichkeit vorgestellt.
Online-Version der Edition „Kabinettsprotokolleder Bundesregierung“
Online-Version der Edition „Akten derReichskanzlei. Weimarer Republik“
Mit der Veröffentlichung der ersten Auflage 1986war die Bundes-
regierung die Verpflichtung eingegangen, Ergänzungen oder
abweichende Angaben in einer Neubearbeitung zu berücksichti-
gen. Bezog sich die erste Auflage nur auf die alte Bundesrepublik
vor 1990, hat das Bundesarchiv inmehrjähriger Arbeit die Namen
der Opfer aus demGebiet der neuen Bundesländer und der ehe-
maligen Ostgebiete ermittelt sowie zahlreiche Korrekturen und
Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage vorgenommen. Für
die zweite, erweiterte Auflage des Gedenkbuches, die auf einer
wesentlich erweiterten Quellenlage basiert, wurden insbesonde-
re die „Ergänzungskarten für Angaben über Abstammung und
Vorbildung“ aus der Volkszählung vom 17. Mai 1939 ausgewertet.
VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit 77
Im Bundesarchiv sind ca. 150.000 „Ergänzungskarten für Anga-
ben über Abstammung und Vorbildung“ aus der Volkszählung
vom 17. Mai 1939 (Teil des Bestandes R 1509 Reichssippenamt)
überliefert. Auf diesem Formularmusste die Frage „War oder ist
einer der vier Großelternteile der Rasse nach Volljude?“ beant-
wortet werden. Die Karten, auf denen diese Frage wenigstens
einmalmit „Ja“ beantwortet wurde, sind nach der statistischen
Auswertung an das Reichssippenamt (untergebracht in den
beschlagnahmten Räumen der Jüdischen Gemeinde in Berlin)
übergebenworden. Ende der 1980er Jahre überließ die Jüdische
Gemeinde in Ostberlin die Unterlagen dem Zentralen Staatsar-
chiv der DDR.
Nach demÜbergang auf das Bundesarchiv wurden alle Angaben
von den Karten in eine Datenbank übertragen, die Benutzern im
Lesesaal in Berlin-Lichterfelde zur Verfügung steht – seit Sommer
2011 in einer neuen, leicht zu handhabenden Datenbank-Anwen-
dung. Dagegenwerden die Originalkarten aus konservatorischen
Gründen nichtmehr vorgelegt.
„Ergänzungskarte für Angaben überAbstammung und Vorbildung“ (Rückseite),ausgefüllt von Leo Baeck (1873–1956)
Leo und Natalie Baeck 1930 inWiesbaden
Dr. Leo Baeck, geb. 23. Mai 1873, war Rabbiner
der jüdischen Gemeinde Berlin und Präsident der
Reichsvereinigung der Juden in Deutschland. Er
überlebte die Deportation nach Theresienstadt
und starb am 2. November 1956 in London.
78 VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit
Das Bundesarchiv erhielt bei der Erstellung des Gedenkbuches Un-
terstützung durch Überlebende und Angehörige, zahlreiche pri-
vate Forscher, Archive und Institutionen aus dem In- und Ausland.
Die vierbändige zweite Auflage des Gedenkbuches enthält neben
der alphabetischenNamenslistemit Schicksalsdaten auch eine
Auswahlbibliografie sowie eine chronologische Übersicht zu den
Deportationen aus demReich und angrenzenden Gebieten.
Die Gedenkbuch-Datenbankwurde inzwischen in die Datenbank
zur „Liste der jüdischen Einwohner imDeutschenReich 1933–1945“
integriert. Neue Forschungserkenntnisse und die weiterhin zahl-
reich erhaltenen Rückmeldungenwerden laufend eingepflegt.
Seit Dezember 2007werden regelmäßig aktualisierte Fassungen
des Gedenkbuches im Internet veröffentlicht. Neu aufgenommen
wurden u.a. die im Rahmen der sog. „Polenaktion“ Ende Oktober
1938 abgeschobenen polnischen Juden.Mittlerweile umfasst das
Onlinegedenkbuch etwa 165.000 Namen und präsentiert neben
den persönlichen Datenmöglichst detaillierte Schicksalsinforma-
tionen einschließlich Emigrations- und Inhaftierungsdaten. Per
E-Mail können Korrekturen undHinweise direkt an das Bundes-
archiv gesandt werden.
www.bundesarchiv.de/gedenkbuch
Filme (DVD-Editionen)
Aus den Rechtebeständen der Bundesrepublik Deutschland, der
Murnau-Stiftung und der DEFA-Stiftung im Bundesarchiv-Filmar-
chiv veröffentlichen Firmen, diemit der Auswertung beauftragt
sind, regelmäßig DVDs.
Das Bundesarchiv selbst ist vereinzelt Mitherausgeber von film-
historisch orientierten Editionen.
Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Judenunter der nationalsozialistischenGewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945
VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit 79
Alles inScherben!…?Film-Produktionund Propagandain Europa1940–1950
Politische Kontrolle und propagandistischeLenkung, Zerstörung der Infrastruktur undMangelwirtschaft sowie Infragestellung gesell-schaftlicherWerte prägten die Filmproduktionin Europa – unabhängig von der Zäsur desJahres 1945. Hier wird der Schwerpunkt aufFilme für und über Jugendliche gelegt.Cinefest 2008
Schatten desKrieges.Innovation undTradition imeuropäischenKino 1940–1950
Die 1940er – ein Jahrzehnt im Ausnahmezu-stand: Kriegswirtschaft, Trümmer und politi-sche Kontrolle. Die Reaktion von Filmema-chern in Europa auf Krieg und Nachkriegszeit.Cinefest 2009
cinema trans-alpino. Deutsch-ItalienischeFilmbeziehun-gen
25 Filme aus den Jahren 1913-2001 zeigen denpersonellen Austausch der Filmschaffenden,die Verflechtung der Produktionsstrukturenund Bilder des jeweils anderen Landes und sei-ner Bewohner im deutschen und italienischenKino. Cinefest 2010
Europas Prärienund Cañons.Western zwi-schen Sibirienund Atlantik
„Euro-Western“. Über 30 Filme aus den Jahren1912-2009 entfalten ein breites Spektrum anWestern-Variationen zwischen Nachahmungund Neuinterpretation. Cinefest 2011
Berlin, dieSinfonie derGroßstadt &Melodie derWelt. Editionfilmmuseum
Die Doppel-DVD versammelt erstmals alleerhaltenen Arbeiten Ruttmanns aus den Jahren1920–1931 in restaurierten und rekonstruiertenFassungen, oft mit Neueinspielungen derOriginalmusiken, ergänzt um Textdokumente,Filmplakate, Aushangfotos undProgrammhefte.
S.M.S. Gazelle
Die Fußball-Weltmeister 1954 laufen im BerlinerOlympiastadion eine Ehrenrunde
80 VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit
Bibliotheken im Bundesarchiv
Die Bibliotheken des Bundesarchivs sind über sieben Dienstorte
verteilt. Seit dem Jahr 2003 obliegt ihre Leitung der Bibliothek
der Stiftung Archiv der Parteien undMassenorganisationen der
DDR im Bundesarchiv (SAPMO) in Berlin. Der gemeinsameOnline-
Katalog ist auf der Internetseite des Bundesarchivs zugänglich.
In seinen Bibliotheken hält das Bundesarchivmehr als 2Millionen
Publikationen für Benutzer undMitarbeiter bereit. Zu den Bestän-
dender Bibliothekengehören vor allemhistorischeMonographien,
Biographien und verwaltungsgeschichtlicheWerke, wichtige
historische und archivfachliche Zeitschriften sowie die amtlichen
Druckschriften der Behörden, für deren Archivgut das Bundesar-
chiv zuständig ist. Über den umfangreichsten Bestandmit 1,7Mil-
lionen Bänden verfügt die Bibliothek SAPMO in Berlin.
Sammlungsschwerpunkte sind, bezogen auf die jeweiligen archi-
vischen Aufgaben und Bestände, neben Forschungs- und Fachlite-
ratur vor allem auch die entsprechenden Amtlichen Druckschrif-
ten (ADS) und die sog. „graue“ Literatur von Parteien, Verbänden,
Organisationen und Gewerkschaften.
Außerdemerhalten die Bibliotheksbestände Zuwachs durchÜber-
nahmen aus Behörden imRahmen von Aktenübernahmen und
durch die Belegexemplare von Benutzerinnen und Benutzern, die
sichmit ihrem Benutzungsantrag zur Abgabe eines Exemplars
ihrer Publikation verpflichten.
Dienstbibliothek in der Hauptdienststellein Koblenz
Katalograum der Bibliothek inBerlin-Lichterfelde
Besondere Informationssysteme
Liste der jüdischen Einwohner im Deutschen Reich 1933–1945
Mit Erlass der Bundesregierung vom 18. Oktober 2004 erhielt das
Bundesarchiv zusammenmit der Stiftung „Erinnerung, Verantwor-
tung und Zukunft“ den Auftrag, einemöglichst vollständige und
genaue Liste der ca. 600.000 jüdischen Einwohner zu erstellen, die
zwischen 1933 und 1945 imDeutschen Reich (in den Grenzen von
1937) ansässig waren undwegen ihrer jüdischen Abstammung
oder ihres jüdischen Glaubens vomNS-Staat verfolgt wurden oder
sich verfolgt fühlten.
Das Projekt basiert auf der in den Jahren 2002/2003 aufgrund ei-
nes Abkommens der International Commission onHolocaust Era
Insurance Claims (ICHEIC), des Gesamtverbandes der Deutschen
Versicherungswirtschaft (GDV) und der Stiftung „Erinnerung, Ver-
antwortung undZukunft“ unter LeitungdesBundesarchivs erarbei-
teten „List of Jewish Residents“, auf deren Grundlage Überlebende
und Emigranten oder deren Angehörige eine Entschädigung für
bis dahin nicht abgerufene Lebensversicherungen beantragen
konnten. 2008 übernahmdas Bundesarchiv die Ergänzung und
Erweiterungder „Listeder jüdischenEinwohner imDeutschenReich
1933–1945“ (kurz: Residentenliste) in alleiniger Regie.
VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit 81
Durch die Umstellung des Katalogisierungsformats aufMARCund
eine deutlich verbesserte IT-Ausstattungwurde die Kompatibilität
zu internationalen Bibliotheksangeboten und die Nutzung inter-
nationaler Standards erreicht. EineOnline-Bestellfunktion ermög-
licht denBenutzern dendirektenKontaktmit denBibliotheken des
Bundesarchivs über das Internet.
Die Schendelgasse im jüdischen Viertel Berlins(Scheunenviertel), 1933
Verkaufsstand eines jüdischen Händlers im sog.„Scheunenviertel“ Berlins, 1933
Im jüdischenViertel Berlins (Scheunenviertel), 1933
82 VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit
DieDatenbank, in die auch dieDaten des Gedenkbuches für die
Opfer der Verfolgungder Judenunter der nationalsozialistischen
Verfolgung inDeutschland 1933–1945 integriert wurden, umfasst
mittlerweile rund 3,5MillionenDatensätze, die noch laufendüber-
arbeitet und zusammengefasst werden. Zur Ergänzungweiterer
Namenund Schicksalewerdennebender Einarbeitungneuester
Forschungsergebnisse auch gezielt Archivrecherchenunternom-
men, derzeit etwa in Polen, Belgien unddenNiederlanden.
DieDatenbankwurdemittlerweile an verschiedene ausgewählte
Institutionen im In- undAuslandweitergegebenund stehtwissen-
schaftlichenNutzern gemäßdenVorschriften des Bundesarchivge-
setzes für personenbezogeneUnterlagen zur Verfügung.
Zentrale Datenbank Nachlässe
Die Zentrale DatenbankNachlässe (ZDN) erschließtmehr als
28.600 Bestände (Nachlässe, Teilnachlässe, persönliche Papiere)
in beinahe 1.100 deutschen und ausländischen Archiven und
anderen Institutionen.
Viele dieser Institutionen ergänzen und aktualisieren ihre Infor-
mationen online selbst, so dass der Forschung ein Instrumentmit
stetig anwachsenden und immer aktuellen Informationen zum
Verbleib der Nachlässe zur Verfügung steht. Die Datenbank steht
jedermann kostenfrei für Recherchen zur Verfügung.
www.nachlassdatenbank.de
Europäisches Netzwerk für Notfallmanagement (EURANED)
In einer tri-nationalenArbeitsgruppehat das Bundesarchiv gemein-
sammit polnischen und tschechischen Kollegen eine interaktive
Internetplattform entwickelt, die Informationen zu den Themen
Theodor Heuss, 1884–1963, Bundespräsident1949–1959
Zentrale Datenbank Nachlässe – größte Online-Datenbank zum bestandsbezogenen Nachweisvon Nachlässen
VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit 83
Notfallvorsorge undNotfallmanagement bereithält. In diesem
Rahmen soll auch eine Erweiterung der Datenbankanwendung
NORA (Notfallregister Archive) präsentiert werden. In dieser vom
Bundesarchiv zur Verfügung gestellten Anwendung halten deut-
sche Archive seit dem Jahr 2005 Daten zumArchivprofil, zur
Gebäudesituation, zu den imNotfall Verantwortlichen und zu
den vorhandenenNotfallressourcen vor.
www.bundesarchiv.de/euronotfall
Informationsportale
Das Bundesarchiv fördert aktiv den Aufbau von gemeinsamen
Portalen zu Archivgut auf internationaler und nationaler Ebene.
Sie erlauben eine übergreifende Recherche über die Bestände ver-
schiedener Regionen und Verwaltungsstrukturen. Damit sind sie
ein wichtiges Instrument, umdie Sichtbarkeit der Bestände zu er-
höhen und die Aufmerksamkeit der Internetnutzer bei ihrer Suche
nach Informationen auf die archivischen Angebote zu lenken.
Netzwerk SED- und FDGB-Archivgut
Auf Initiative des Bundesarchivs haben die fünf neuen Bundeslän-
der, Berlin und der Bund gemeinsam ihre vorliegenden Erschlie-
ßungsangaben auf der Ebene der Beständeübersichten in einem
Portal zusammengeführt. 2005 schaltete das Bundesarchiv das
Portal auf seinem Internetserver frei.
www.bundesarchiv.de/sed-fdgb-netzwerk
In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unter-
stützten Projekt wurde das im Jahr 2007 umdie FDGB-Bestände
erweiterte Netzwerk nochmals ausgebaut. Das neueVerbundfind-
mittel enthält nicht nur die ursprünglichenBeständelisten, son-
dern auch von den beteiligten Archiven bereitgestellte Online-
Findbücher, teils mit integrierten digitalen Akten. Zu finden sind
Internetportal „Netzwerk SED- und FDGB-Archivgut“
84 VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit
auch Adressen undÖffnungszeiten der 14 beteiligten Archive, zu
denen inzwischen auch der Bundesbeauftragte für die
Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR (BStU) gehört.
Das DFG-Projekt diente auch als Referenzmodell für den Aufbau
eines deutschen Archivportals.
Zwangsarbeit im NS-Staat
Schon seit vielen Jahren haben Überlebende der NS-Verfolgung in
deutschen Archiven und anderen Institutionen nach Zeugnissen
gefragt, die ihr Schicksal belegenkonnten.Mit großemEngagement
haben die dort tätigen Archivare sich den vielfältigen humanitä-
ren Anliegen von Bürgern aus zahlreichen Ländern angenommen
und Auskünfte aus den in ihren Archiven verwahrten Unterlagen
erteilt.
Dasmit Unterstützung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung
und Zukunft“ aufgebaute Informationsportal „Zwangsarbeit im
NS-Staat“ bietet nicht nur den Betroffenen, sondern auch der For-
schung und der interessierten Öffentlichkeit einen zentralen Zu-
gang zu Beständen aus in- und ausländischenArchiven zumLeben
und Schicksal der mehr als 12 Millionen Zwangsarbeiter und
Zwangsarbeiterinnen imNS-Staat. Gleichzeitig verschafft das Portal
eine Übersicht zu den Entschädigungsbemühungen undMaßnah-
men zurWiedergutmachung seit 1945 und stellt Literaturhinweise
zusammen. Das Bundesarchiv kooperiert dabeimit über 100 vor-
rangigdeutschenundosteuropäischenArchiven.Das Portal ist auch
in englischer und russischer Sprache zugänglich.
www.bundesarchiv.de/zwangsarbeit
Sowjetische Zwangsarbeiterinnen arbeiten inder deutschen Industrie, 1943
In einem Lager für polnische Zwangsarbeiter,1939/1945
VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit 85
Historische Bildungsarbeit
Die Vielfalt der im Bundesarchiv aufbewahrten historischen Quel-
len ist für alle zugänglich, diemehrüberdieVergangenheit erfahren
wollen.Ausgewählte, kurz kommentierteDokumente zurdeutschen
Geschichte sind z.B. in den Internet-Galerien des Bundesarchivs
zu entdecken. Daneben ermöglichen eigene und von anderen
Einrichtungen übernommeneAusstellungen eine Begegnungmit
authentischen Zeugnissen unserer Vergangenheit. An Vortrags-
abendenberichtennamhafteWissenschaftler oder Angehörige des
Hauses von ihren Projekten. Filmabendepräsentierendie historisch
wertvolle Überlieferung der Abteilung Filmarchiv einemgrößeren
Publikum. Einen Blick „hinter die Kulissen“ ermöglichen Führun-
gen für Gruppen und Schulklassen, bei denenWissenswertes über
die Aufgaben des Archivs vermittelt wird.
Das Bundesarchiv lädt die interessierte Öffentlichkeit regelmäßig
in seine Räumlichkeiten ein. Die in Kooperationmit anderen Ar-
chiven und Institutionen durchgeführten Veranstaltungen, wie
der „Tag der Archive“, der „Tag der Bestandserhaltung“ oder der
„Tag des offenen Denkmals“, stoßen auf lebhaftes Interesse.
filmarchives online
„filmarchives online“ ist dasWeb-Portal europäischer Filmarchive.
Es ermöglicht einen schnellen und kostenlosen Zugriff auf
Bestandsübersichten zahlreicher europäischer Filmarchive und
wendet sich anNutzer aus demBereich der professionellen
Medien- und Filmproduktionen sowie aus der akademischen
Forschung. Es ist aus dem ProjektMIDAS hervorgegangen.
www.filmarchives-online.eu
Das Bundesarchiv bietet Führungen für dieinteressierte Öffentlichkeit an und lädt regel-mäßig zu Veranstaltungen ein. Erläuterungenzur Restaurierung von Glasnegativen am Tagder Archive 2012 in Koblenz
86 VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit
In der „Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der
deutschenGeschichte“ in Rastatt geht es in der 1999neu konzipier-
tenDauerausstellung umdie „Freiheitsbewegungen im 19. Jahr-
hundert“ und seit 2009 auch umdie „Freiheitsbewegungen in der
DDR“. Anhand vonDokumenten, Exponaten, Ton- und Filmma-
terial wird ein lebendiger Eindruck des schwierigen undmutigen
Kampfes für Freiheit, Demokratie und nationale Einheit vermit-
telt. Für Gruppenwerden verschiedene Führungen angeboten,
für Schulklassen stehen schüleraktivierende Arbeitsmaterialien
zur Verfügung.
Wie die Erinnerungsstätte ist auch die Außenstelle Ludwigsburg
als außerschulischer Lernort anerkannt. Hier werden Jugendliche
über einmodular aufgebautes archivpädagogisches Angebot an
den Umgangmit nationalsozialistischen Gewaltverbrechen her-
angeführt.
„Man ist nicht nur verantwortlich für das, wasman tut, sondern
auch für das, wasman geschehen läßt.Wer es zulässt, dass ande-
ren die Freiheit geraubt wird, verliert am Ende die eigene Freiheit.
Wer es zulässt, dass anderen dieWürde genommenwird, der ver-
liert am Ende die eigeneWürde.“
Roman Herzog
Besuch einer spanischen Schulklasse in derAußenstelle Ludwigsburg
VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit 87
Ausstellungen des Bundesarchivs – eine Auswahl
1999Neugestaltung der Dauerausstellung in derAußenstelle Rastatt zu den Freiheitsbewegungenvon 1848/49
2002Ein Jahrhundert wird besichtigt.Momentaufnahmen aus Deutschland
2004Eröffnung der ständigen Ausstellung „Die Ermittlervon Ludwigsburg“ in der Außenstelle Ludwigsburg
2007Eskalation der Gewalt. Die Bedrohung der InnerenSicherheit durch die „Rote Armee Fraktion“
2008Kaiser und Zar, Familienbande undMachtpolitik.Deutsch-russische Beziehungen 1890 bis 1910
2009 Aus 4werden 2: Die „doppelte Staatsgründung“
2009Eröffnung der zweiten Dauerausstellung in Rastatt„Wir sind das Volk“ zu den Freiheitsbewegungen inder DDR
2010Aufbruch und Umbruch. Wege zurDeutschen Einheit
2011Ein Sonntag im August. Der Bau derBerliner Mauer 1961
Ausstellung „Ein Sonntag im August. Der Bauder Berliner Mauer 1961“
88 VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit
Retrospektiven zum Dokumentarfilm
Die älteste Tradition, die 1962 vom Staatlichen Filmarchiv der DDR
ins Leben gerufene Filmreihe auf dem Internationalen Leipziger
Festival für Dokumentar- und Animationsfilm, setzte das Bundes-
archiv von 1990 bis 2010 fort. 2011 war das Filmarchivmit einem
Sonderprogramm zumThema „Kalter Krieg“ vertreten. In den
Retrospektiven stellte das Bundesarchiv filmhistorischeKostbarkei-
ten aus seinemBestand vor, wofür es 2010mit demProgrammpreis
der DEFA-Stiftung ausgezeichnet wurde. So wurden u.a. die Filme
der namhaften Regisseure KlausWildenhahn, Erwin Leiser, Jürgen
Böttcher und Volker Koepp in den Blickpunkt gerückt.
DieMehrzahl der Retrospektiven ist jedoch verschiedensten filmo-
grafischen und gesellschaftsrelevanten Themen gewidmet:
2007 Spurensuche – FilmPositionen aus fünf Jahrzehnten
2008 FremdeHeimat. Migration von und nach Deutschland
2009 Joris Ivens 1898–1989 – das Unmögliche zu filmen…
2010 Regie und Regiment. Deutschland und dasMilitär in
dokumentarischen Filmen von 1914 bis 1989
2011 Bestandsaufnahme ‘61 – DieWelt, als sie sich teilte
CINEFEST – Internationales Festival des deutschen Film-Erbes in
Hamburg
DasCINEFESTwird als internationales Festival des deutschen Film-
Erbes seit 2004 vonCineGraphHamburgunddemBundesarchiv-
Filmarchiv in Zusammenarbeitmit zahlreichennationalenund
internationalen Institutionenorganisiert. Es versteht sich als Forum
für Cineasten, Filmhistoriker, Archivare undTechniker, das bekann-
te und vergessene Filmklassiker sowie verlorengeglaubte Schätze
des deutschsprachigenKinos präsentiert.
Der Regisseur Volker Koepp (li) an der Kamera
Retrospektive 2001
Das Festival beschäftigt sichmit den unterschiedlichsten Themen:
2008 Alles in Scherben!…? – Film-Produktion und Propaganda
in Europa 1940–1950
2009 Schatten des Krieges – Innovation und Tradition im
europäischen Kino
2010 Cinema transalpino – Deutsch-italienische
Filmbeziehungen
2011 Europas Prärien und Cañons –Western zwischen Sibirien
und Atlantik
„FilmDokument“ und „Wiederentdeckt“
In Berliner Kinos zeigt das Bundesarchiv-Filmarchivmonatliche
Reihenmit Spiel- und Dokumentarfilmen.
Die Veranstaltungsreihe „FilmDokument“ besteht seit 1997 als
Gemeinschaftsveranstaltungmit Cinegraph Babelsberg und kon-
zentriert sich auf den nicht-fiktionalen deutschen Film. Kultur-
und Dokumentarfilme finden in der Filmreihe ebenso ihren Platz
wie Lehr- undWerbefilme,Wochenschauen und die breite Vielfalt
des Animationsfilms.
Die 1992 aufgenommene Reihe „Wiederentdeckt“ stellt im
Zeughauskino des DeutschenHistorischenMuseums Berlin ver-
gessene Spielfilmschätze der deutschen Filmgeschichte vor.
VI. Dienstleister für Bundesverwaltung, Forschung undÖffentlichkeit 89
Cinefest 2012: Kalter Krieg und Film-Frühling.Das Kino der frühen 1960er Jahre. Flyer zurVeranstaltung
VII.Partner ininternationalenund nationalenNetzwerken
Internationale Zusammenarbeit
Der Internationale Archivrat (ICA)
Das Bundesarchiv beantragte unmittelbar nach seiner Einrichtung
die Mitgliedschaft in dem 1948 unter der Schirmherrschaft der
UNESCO gegründeten Internationalen Archivrat (ICA). Seitdem
haben zahlreiche Archivarinnen undArchivare des Bundesarchivs
in unterschiedlichstenGremien des ICA aktivmitgearbeitet, haben
ihre Erfahrungen in den internationalenDiskurs eingebracht und
selbst vomErfahrungsaustausch profitiert. Das Bundesarchivwar
Hauptorganisator des X. Internationalen Archivkongresses 1984 in
Bonn. Der damalige Präsident des Bundesarchivs, Hans Booms,
wurde dort für vier Jahre zum Präsidenten des ICA gewählt.
Heute wirkt das Bundesarchiv in Komitees und Sektionen des ICA
mit und engagiert sich besonders stark in dessen europäischem
Zweig EURBICA (European Branch of ICA).
EURBICA – der Europäische Zweig des Internationalen
Archivrats
In EURBICA sind alle europäischenMitglieder des Internationa-
len Archivrats vertreten. Seit November 2008 hat die Vizepräsi-
dentin des Bundesarchivs Prof. Dr. AngelikaMenne-Haritz den
Vorsitz inne.
VII. Partner in internationalen und nationalen Netzwerken 91
92 VII. Partner in internationalen und nationalen Netzwerken
International Conference of the Round Table on Archives (CITRA)
CITRA ist ein internationales Forum, das demAustausch von leiten-
denMitarbeiterinnen undMitarbeitern der Nationalarchive dient.
An dieser Diskussionmit Kolleginnen und Kollegen aus allerWelt
nehmen regelmäßig Angehörige des Bundesarchivs teil. Die Kon-
ferenz in Toledo imOktober 2011 stand unter dem Titel „Keeping
Archives Alive in a DigitalWorld. Archival Preservation in the 21st
Century”. Die Ablösung der CITRA durch einen für alle Archive
offenen Kongress ist vorgesehen.
European Board of National Archivists (EBNA)
Die Leiter der Nationalarchive der Staaten der EuropäischenUnion
kommenhalbjährlich unter der jeweiligen EU-Ratspräsidentschaft
zu einer Tagung zusammen, um sich gegenseitig über wichtige
Entwicklungen imArchivwesender Länder zu informieren, Themen
von übergreifendem Interesse zu erörtern und Empfehlungen aus-
zusprechen, die sich an die Politik richten.
Bei der Sitzung imNovember 2010 verabschiedete EBNAdie „Brüsse-
ler Erklärung“ zumdigitalen Zugang zuArchivgut in deutsch, eng-
lisch und französisch und unterstützt damit die Bemühungen um
eine Nutzung der Internettechnologien für eineweitere Öffnung
des Zugangs zumArchivgut einschließlich der Bereitstellung über
gemeinsame Zugangsportale.
VII. Partner in internationalen und nationalen Netzwerken 93
APEnet und APEx – Auf- und Ausbau des europäischen
Archivportals
In dem von der Europäischen Kommission geförderten Projekt
„APEnet“ arbeitete das Bundesarchivmit 13 Partnerländernundder
EUROPEANA beimAufbau eines Länder übergreifenden europä-
ischen Archivportals im Internet zusammen. Inzwischen stehen
den interessiertenNutzern über 14,5MillionenVerzeichnungsein-
heitenmit Verlinkungen zu ca. 63Millionen digitalisierten Seiten
zur Verfügung.Mit demAnschlussprojekt „APEx“ wird sich die
Zahl der beteiligten Länder und archivischen Einrichtungen noch
wesentlich erweitern. Die Vizepräsidentin des Bundesarchivs ist
wissenschaftliche Koordinatorin des Projekts.
Fédération Internationale des Archives du Film und Association
des Cinémathèques Européennes
In der Fédération Internationale des Archives du Film (FIAF) und
der Association des Cinémathèques Européennes (ACE) arbeitet
das Bundesarchivmit zahlreichen Einrichtungen in der ganzen
Welt zusammen, umdie Erhaltung undNutzung von Filmen als
historische Dokumente und kulturelles Erbe zu sichern. Eine von
der FIAF erstellte Datenbank verzeichnet Literatur zu Filmen,
Filmkultur und Kino und bietet per Benutzeroberfläche ausführ-
liche Informationsmöglichkeiten zu internationalen Filmproduk-
tionen von den Anfängen bis zur Gegenwart.
Vollversammlung zum Abschluss des APEnet-Projektes im Januar 2012 in Madrid
94 VII. Partner in internationalen und nationalen Netzwerken
Commission Internationale d’Histoire Militaire (CIHM)
In der Internationalen Kommission fürMilitärgeschichte ist das
Bundesarchiv durch den Leiter der AbteilungMilitärarchiv ver-
treten. Die jährlich zu ausgewählten ThemenderMilitärgeschichte
stattfindenwissenschaftlichen Konferenzen sind zugleich ein
Forum für Historiker und Archivare.
DLM Forum
DLM steht für document lifecyclemanagement. Das DLM Forum
ist ein europäischer Zusammenschluss von Fachleuten aus der
öffentlichen Verwaltung, den Archiven, der Industrie und der
Forschung, in demdas Bundesarchiv aktivmitwirkt. Im Forum
werden europaweit anerkannte Standards und Richtlinien auf
demGebiet der Verwaltung und Archivierung elektronischer
Aufzeichnungen erarbeitet.
Verfilmungen und Digitalisierungsprojekte mit Archiven der
Russischen Föderation
In dem „Gemeinschaftsprogramm zum Studium, zur Auswer-
tung und zur Reproduktion der Akten der SowjetischenMilitär-
administration in Deutschland (1945–1949)“ arbeiteten die Staat-
liche Russische Archivverwaltung (ROSARCHIV), das Staatsarchiv
der Russischen Föderation (GARF) und das Bundesarchiv in den
Jahren 2000–2010 an der Erschließung, Verfilmung undDigita-
lisierungderAktender SowjetischenMilitäradministration (SMAD).
Sicherung auf Mikrofilmen
Der erstellte elektronische Katalog der im Staatsarchiv der Russi-
schen Föderation verwahrten SMAD-Akten umfasst rund 9.800
Eintragungen, auf Dokumentenebene sind es nahezu 280.000
Beschreibungen.
Basis des Katalogs sindmehr als 1,2 MillionenMikrofilmaufnah-
men auf über 1.500 Filmrollen. Nahezu die gleiche Anzahl von
Digitalisaten wurde in das „elektronische Archiv“ integriert. Die
Filme und der elektronische Katalogmit Digitalisten können im
Lesesaal des Bundesarchivs in Berlin-Lichterfelde benutzt werden.
In Fortsetzung seines langjährigen Engagements bei der Erschlie-
ßungundDigitalisierungder imRussischen Staatsarchiv für soziale
und politische Geschichte (RGASPI) inMoskau archivierten Akten
der Kommunistischen Internationale (Komintern) förderte das
Bundesarchiv gemeinsammit derDirection des Archives des France
und dem Schweizerischen Bundesarchiv als Mitglied der „Verei-
nigung zur Förderung der Archivwesens“ die Bereitstellung des
„Comintern online Archives“mit rund 1,2Millionen digitalisierten
Dokumenten in denHauptsprachen Russisch undDeutsch. Nach
diesemKooperationsmodell wurden außerdemdie Digitalisierung
der imRGASPI aufbewahrten schriftlichenÜberlieferungder Inter-
nationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg (ca. 400.000 Sei-
ten) unterstützt und die Erschließung und Online-Stellung der
unterschiedlichen Fassungen der Protokolle des Politbüros der
Kommunistischen Partei der Sowjetunion von 1917 bis 1932 geför-
dert. In einemweiteren Projekt werden seit dem Jahr 2011 Doku-
mentedesGeneralsekretariats derKominternunterGeorgiDimitrov
(1935–1943) digitalisiert.
VII. Partner in internationalen und nationalen Netzwerken 95
Von Stalin unterschriebenes Protokoll der 87. Sitzungdes Politbüros der KPdSU vom 8. Februar 1932(RGASPI, Fond 17, Inventar 3, Band 871)
Erfassung, Erschließung, Digitalisierung undOnlinestellung der Protokolle des Politbüros derKPdSU seit 1918. Kooperationsprojekt mit demrussischen Staatsarchiv (RGASPI)
96 VII. Partner in internationalen und nationalen Netzwerken
Seit Anfang 2012 steht als Ergebnis eines umfangreichen deutsch-
russischen Kooperationsprojektes das „Sachthematische Inventar
zur Nachkriegsgeschichte des nördlichen Ostpreußen (Kalinin-
grader Gebiet) 1945–1955“ in deutscher und russischer Sprache im
Internet zur Verfügung. Es führt staatliche und nichtstaatliche
Quellen ausmehreren deutschen und russischenArchiven zusam-
men. Damit wollen die Archive ihren Beitrag dazu leisten, das seit
einigen Jahren zunehmende Interesse an der jüngerenGeschichte
von Kaliningrad und demnördlichen Ostpreußen zu begleiten, zu
fördern und zu versachlichen.
Kooperation mit dem United States Holocaust Memorial
Museum
AufWunsch und imAuftrag des United States HolocaustMemorial
Museum (USHMM) inWashington begann 2010 in der Außenstelle
Ludwigsburg dieMikroverfilmungdes gut 800 laufendeMeter um-
fassenden Bestandes B 162 Zentrale Stelle der Landesjustizverwal-
tungen zur Aufklärung vonNS-Verbrechen. Ausgeführt werden
die Arbeiten durch eine in der Region ansässige Firma.
Institutionelle Partnerschaft mit dem Internationalen
Suchdienst
Mit derUnterzeichnungdesÜbereinkommens über den Internatio-
nalen Suchdienst (ISD) imDezember 2011 ist das Bundesarchiv als
„institutioneller Partner“ des ISDbenanntworden.Die Partnerschaft
soll helfen,überdie Schicksalsklärunghinausden ISDbeiderWeiter-
entwicklung zu einemArchiv für die Forschung zu unterstützen.
Das Übereinkommenwurde erforderlich, weil das Internationale
Rote Kreuz als bisheriger Träger die Verantwortung für den ISD
Der Leiter des Filmarchivs Karl GriepmitGastgeberin Mathilde Asante bei einem Besuchim Archiv von TV 3 Limited in Accra/Ghana
zum Ende des Jahres 2012 abgibt. Ursprünglich in der damaligen
britischen Besatzungszone eingerichtet und von der UNRRA, der
Flüchtlingsorganisation der UN aufgebaut, arbeitet der ISD seit
1946 in Bad Arolsen. Entsprechend seiner primären Aufgabe, ver-
misste Personen zu suchen und persönliche Schicksale zu klären,
sind seine umfangreichen Bestände bislang vorrangig und sehr
gründlich nach Personennamen erschlossen.
Nationale Zusammenarbeit
Verband deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA)
Der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA) hat
die Aufgabe, das Archivwesen durch fachwissenschaftliche For-
schung, Erfahrungsaustausch und fachlicheWeiterbildung zu
fördern. Das Bundesarchiv unterstützt dieMitwirkung vonMitar-
beitern inVorstandundArbeitskreisendesVerbandes. Regelmäßig
nehmen Angehörige des Bundesarchivs am jährlich vomVdA ver-
anstalteten Deutschen Archivtag teil und referieren in den
Arbeits- und Sektionssitzungen.
Archivreferentenkonferenz (ARK)
In der Archivreferentenkonferenz treffen die Leiter der Archivver-
waltungen des Bundes und der Länder zweimal jährlich zusam-
men, um anstehende archivübergreifende Fragen und Probleme
zu diskutieren und gemeinsame Empfehlungen auszusprechen.
Beratungsintensive Themenwerden an Ausschüsse und Arbeits-
gruppen verwiesen. Vertreten ist das Bundesarchiv u.a. in den
VII. Partner in internationalen und nationalen Netzwerken 97
98 VII. Partner in internationalen und nationalen Netzwerken
Arbeitsgruppen „Archive und Recht“ und „Elektronische Systeme
in Justiz undVerwaltung“ sowie im „Bestandserhaltungsausschuss“
und im „Fototechnischen Ausschuss“.
Beirat der Archivschule Marburg
Die ArchivschuleMarburg ist die zentrale Aus- und Fortbildungs-
einrichtung für die verwaltungsinterne Archivarsausbildung des
Bundes und der Länder. Der Präsident des Bundesarchivs ist Mit-
glied im Beirat und im Finanzausschuss der Archivschule. Das
Bundesarchiv gestaltet jährlich ein vierwöchiges Praktikum für
die Teilnehmer an denwissenschaftlichen Kursen undwirkt so an
deren Ausbildungmit. Außerdemübernehmen Archivarinnen
und Archivare des Bundesarchivs immerwieder Vorträge im Rah-
men der Lehrveranstaltungen der Archivschule.
Europäische Angelegenheiten für Bibliotheken, Archive und
Museen (EUBAM)
Die Arbeitsgruppe EUBAM ist ein Zusammenschluss von Vertre-
tern der Kultusministerkonferenz, der Bundes- und Länderminis-
terien, der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie von Exper-
ten der Sparten Bibliothek, Archiv, MuseumundDenkmalpflege.
In ihrem Leitbild heißt es: „Ihr vorrangiges Ziel ist, in fachlicher
und strategischer Hinsicht deren Aktivitäten und Interessen vor
allem fürMaßnahmen zur Verbesserung des Zugangs zu und der
Erhaltung von beweglichemund unbeweglichemKulturgut zu
entwickeln und zur Koordinierung Beiträge zu leisten.“ Im Bun-
desarchiv ist seit der Gründung von EUBAMdie Funktion eines
Sekretariates für den Archivbereich angesiedelt. Zusammenmit
den Sekretariaten für Bibliotheken undMuseen sowie der Denk-
malpflegewerden hier einerseits Informationen über europäische
Fördermöglichkeiten bereitgestellt und andererseits fachliche
Anforderungen zusammengeführt und in den Diskussionsprozess
eingebracht.
Kinematheksverbund
Im Verbund der deutschen Kinematheken arbeitet das Bundes-
archiv-Filmarchiv seit 1978 mit der Deutschen Kinemathek –
Museum für Film und Fernsehen und demDeutschen Filmins-
titut zusammen. Dem Bundesarchiv als zentralem deutschen
Filmarchiv fällt dabei insbesondere die Aufgabe zu, das deutsche
Filmerbe durch konservatorische Sicherung, Erschließung und
Bereitstellung für die Öffentlichkeit nutzbar zumachen. Die
Deutsche Kinemathek und das Deutsche Filminstitut konzentrie-
ren sich auf die Vermittlung lebendiger Filmkultur und histori-
schen Fachwissens. Der Koordinierungsrat unter demVorsitz der
Stiftung Deutsche Kinemathek trifft sich zweimal jährlich. An
den Sitzungen nehmen sowohl die Trägerinstitutionen als auch
kooptierte Sachverständige undGäste teil. Angehörige des Bundes-
archivs arbeiten in diversen Arbeitsgruppen des Kinematheks-
verbundes mit.
VII. Partner in internationalen und nationalen Netzwerken 99
Kinemathekenverbund: Tagung desKoordinierungsrates
100 VII. Partner in internationalen und nationalen Netzwerken
Deutsche Digitale Bibliothek (DDB)
Das Bundesarchiv ist zusammenmitweiteren Institutionenwie der
DeutschenNationalbibliothekundderBayerischen Staatsbibliothek
aktiv amAufbau der „DeutschenDigitalen Bibliothek“ beteiligt.
Als zentrales nationales Portal soll die DDB die digitalen Angebote
von etwa 30.000 Kultur- undWissenschaftseinrichtungenmitein-
ander vernetzen.
Normungsausschüsse
Mitarbeiter des Bundesarchivs sind in verschiedenenAusschüssen
desDeutschen Instituts fürNormung (DIN) tätig. Das Bundesarchiv
engagiert sich insbesondere imNormenausschuss Bibliotheks-
undDokumentationswesen (NABD), in demes u.a. um Fragen der
Bestandserhaltung in Archiven und Bibliotheken, der Archiv- und
Schriftgutverwaltung sowie der Langzeitverfügbarkeit digitaler
Informationsobjekte geht. In denDIN-Fachbericht 13 „Bau- und
Nutzungsplanung von Bibliotheken undArchiven“ der Jahre 2009-
2011 brachte das Bundesarchiv seine Expertise ein.
Mitarbeit in wissenschaftlichen Institutionen
Das Bundesarchiv pflegt durch dieMitgliedschaft seines Präsiden-
ten in den Gremien Kontakt zu historisch-wissenschaftlichen In-
stitutionenwie dem Institut für Zeitgeschichte, dem Zentrum für
Zeithistorische ForschungPotsdam, der Kommission fürGeschichte
des Parlamentarismus und der politischen Parteien, der Stiftung
Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, demZen-
tralarchiv für dieGeschichte der Juden inDeutschland, der Stiftung
Bundeskanzler-Adenauer-Haus, der Stiftung Reichspräsident-
Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, der Stiftung Bundespräsident-
Theodor-Heuss-Haus, der Otto-von-Bismarck-Stiftung und der
Ludwig-Quidde-Stiftung.
Im Bereich der Forschungsförderung arbeitet das Bundesarchiv
mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zusammen.
Zum einen fördert die DFG Projekte des Bundesarchivs, zum ande-
renwirkenMitarbeiter des Bundesarchivs in Ausschüssen der DFG
als Gutachtermit. Auch derWissenschaftsrat greift auf den Sach-
verstand des Bundesarchivs zurück.
Editionsprojekt „Judenverfolgung 1933–1945“
Gemeinsammit dem Institut für Zeitgeschichte, dem Lehrstuhl
für Neuere undNeueste Geschichte der Universität Freiburg und
dem Lehrstuhl für Geschichte Ostmitteleuropas der Freien Uni-
versität Berlin ist das Bundesarchiv Träger der auf 16 Bände ange-
legten Edition „Die Verfolgung und Ermordung der europäischen
Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945“
(VEJ). Jeder Band enthält ca. 300 zentrale, zumgroßen Teil bislang
unveröffentlichte Dokumente zur Geschichte der Shoah, die wis-
senschaftlich eingeordnet undmit einer ausführlichen Einleitung
versehenwerden. Das Herausgebergremium, zu dem auch der
Präsident des Bundesarchivs gehört, ist verantwortlich für Konzep-
tion undAuswahl der Dokumente sowie für die Gesamtredaktion.
VII. Partner in internationalen und nationalen Netzwerken 101
VIII.Informationenzu denFachabteilungenund Dienststellen
Die Abteilung Bundesrepublik Deutschland (B)
Die Abteilung Bundesrepublik Deutschland (B) ist in der Haupt-
dienststelle in Koblenz verantwortlich für die Überlieferung zen-
traler ziviler Stellen der Bundesrepublik Deutschland (seit 1949)
einschließlich der westlichen Besatzungszonen (1945–1949) und
betreutmit einemReferat in Berlin die dortigenMinisterien. Sie
ist zuständig für die Zwischenarchive in St. Augustin-Hangelar
und in Hoppegarten. Das Lastenausgleichsarchiv in Bayreuth ge-
hört ebenso zur Abteilung Bwie das Archiv der Unterlagen der
Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung
vonNS-Verbrechen in Ludwigsburg und das Bildarchiv.
Die Abteilung B berät die Bundesverwaltung bei der Organisation
ihrer Schriftgutverwaltung, übernimmt und bewertet die nicht
mehr benötigten Unterlagen und stellt diese erschlossen der All-
gemeinheit zur Benutzung zur Verfügung.
Aus der Besatzungszeit werden z. B. die Akten des Länderrats des
amerikanischen Besatzungsgebietes, des Zonenbeirats der briti-
schen Besatzungszone, desWirtschaftsrats des VereinigtenWirt-
schaftsgebietes, der Büros derMinisterpräsidenten des amerika-
nischen, britischen und französischen Besatzungsgebietes sowie
des Parlamentarischen Rats im Bundesarchiv verwahrt.
Für die Zeit ab 1949 steht dieÜberlieferungderVerfassungsorgane,
Behörden und Gerichte des Bundes, der bundesunmittelbaren
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts
und sonstiger Stellen des Bundes im Rahmen der archivrechtli-
chen Bestimmungen zur Benutzung bereit. Hierzu gehören das
Schriftgut des Bundespräsidialamtes und des Bundeskanzleramtes
ebensowie die Akten derMinisterien und der nachgeordneten
Behördenmit bundesweiter Zuständigkeit.
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen 103
Schreiben von Bundeskanzler Konrad Adenaueran Bundespräsident Theodor Heuss, 14. Januar1962 (BArch N 1221/62)
104 VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen
DieAbteilungBbetreut derzeit rund 175.000 laufendeMeter Akten.
Eine Sammlung amtlicher Druckschriften ergänzt die staatliche
Überlieferung.
Nachlässe bedeutender Persönlichkeiten undUnterlagen von Par-
teien, Verbänden und Vereinen von überregionaler Bedeutung
runden die Überlieferung zur Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland ab.
Daneben stehen Bilder, Karten, Plakate und Tonaufzeichnungen
amtlicher wie privater Herkunft zur Benutzung bereit.
Die digitale Überlieferungwird insgesamt in Koblenz gesichert,
erschlossen und benutzbar gemacht.
Die Überlieferung des Bundesministeriums der Verteidigung ein-
schließlich des nachgeordneten Bereichs steht Benutzern in der
AbteilungMilitärarchiv des Bundesarchivs in Freiburg i. Br. zur
Verfügung.
Schriftgut von Bundesbehördenmit nur regionaler Zuständigkeit
ist in der Regel in den Archiven der Länder zugänglich.
Die Akten des Auswärtigen Amtes sind im Politischen Archiv des
Auswärtigen Amtes benutzbar. Die Überlieferung des Deutschen
Bundestages und des Bundesrates befindet sich in den Parla-
mentsarchiven.
In der Hauptdienststelle in Koblenz stehen für Schriftgut- und
Bildbenutzer ca. 70 Arbeitsplätze, darunter gesonderte Plätze in
Kabinenmit Lesegeräten für Mikroformen, bereit. Eine Präsenz-
bibliothek steht Benutzern des Bundesarchivs offen.
Dankschreiben der Fußball-Nationalmannschaftan Bundeskanzler Adenauer, 15. Juni 1958(BArch B 136/5563)
Aufruf zur Kundgebung gegen die Notstands-gesetze. Flugblatt desDeutschenGewerkschafts-bundes, Kreis Giesen von 27. Mai [1968](BArch ZSg 2/578)
Die Abteilung Deutsches Reich (R)
In der Abteilung R sind die Überlieferungen der zivilen Zentralbe-
hördendesDeutschenReiches (1867/71–1945), die durchden2.Welt-
krieg und die Teilung Deutschlands zerrissenwaren, in Berlin-
Lichterfelde zusammengeführt. Zu denReichsbeständen, die sich
zuvor vor allem in PotsdamundKoblenz befunden hatten, kamen
die personenbezogenen Unterlagen des bis 1994 unter amerika-
nischer Verwaltung stehenden Berlin Document Center (BDC).
Außerdemwerden hier die Bestände der ehemaligen Außenstelle
Frankfurt – „Untrennbarer Bestand“ des Reichskammergerichts
(1495–1806), Deutscher Bund (1815–1867) und Frankfurter National-
versammlung (1848/49) – verwahrt.
Trotz erheblicher Kriegsverluste verwahrt das Bundesarchiv den
mit Abstand größten archivalischen Quellenfundus zur Geschich-
te des Norddeutschen Bundes, des Kaiserreiches, derWeimarer
Republik und der Zeit des Nationalsozialismus. Entsprechend in-
tensiv ist die Benutzung der Unterlagen, insbesondere für die Er-
forschung der nationalsozialistischen Vergangenheit.
Zu denwichtigsten Beständen gehören die obersten und oberen
Reichsbehördenwie die Reichskanzlei (1878–1945), das Auswärti-
ge Amt (1870–1945) und das Reichskolonialamt (1907–1919) sowie
die Reichsämter bzw. -ministerien des Innern (1879–1945), der
Finanzen (1879–1945), der Justiz (1879–1945), derWirtschaft (1917–
1945), für Arbeit (1918–1945) und das Reichssicherheitshauptamt
(1939–1945).
Daneben stehendieUnterlagenderNSDAP, ihrerGliederungenund
angeschlossenenVerbände – z. B. der Partei-Kanzlei (1933–1945), des
Persönlichen Stabes Reichsführer-SS (1925–1945), des SS-Personal-
hauptamtes (1939–1945) – und auch die NSDAP-Mitgliederkartei
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen 105
Einberufung des Reichstags 1871(BArch GES 1/5 Nr. 51)
106 VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen
(1925–1945) sowie die personenbezogenen Unterlagen aus dem
NS-Archiv des ehemaligenMinisteriums für Staatssicherheit der
DDR zur Benutzung bereit.
Ergänzt wird die Überlieferung sowohl durch Nachlässe als auch
durchdas Schriftgut sonstiger ParteienundVerbände von zentraler
Zuständigkeit wie der Deutschen Kolonialgesellschaft (1887–1936),
des Alldeutschen Verbandes (1891–1939) oder des Reichsverban-
des der deutschenHochschulen (1920–1935), der Deutschnationa-
len Volkspartei (1918–1933) oder des Deutschen Gemeindetages
(1933–1945).
Wichtige Teilbestände, insbesondere aus derNS-Zeit, befinden sich
noch in russischenund anderen ausländischenArchiven. Auchdas
Nationalarchiv derVereinigten Staaten verwahrt eine nicht unbe-
trächtliche Zahl vondeutschenOriginalunterlagen, die u.a. in den
Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen als Beweisdokumente vor-
gelegenhaben.
Archivgutmilitärischer Provenienz auch aus der Zeit ab 1867wird
in der AbteilungMilitärarchiv des Bundesarchivs in Freiburg der
Forschung zugänglich gemacht.
Findkartei zum Bestand Reichsschatz-ministerium (R 2201)
Siegel der Urkunde Kaiser Karls V. vom 4. Juni 1537
Die Abteilung Deutsche DemokratischeRepublik (DDR)
Die Abteilung DDR ist zuständig für die zivile Überlieferung des
zentralen Staatsapparates der DDR und seiner Vorläufer in der
Sowjetischen Besatzungszone (SBZ).
Die Unterlagen der obersten Organe der Staatsführung (u.a. der
Volkskammer, des Staatsrates unddesMinisterrates derDDR) sowie
der Bereiche LeitungundPlanungderVolkswirtschaft, Statistik, For-
schungundTechnik, Industrie, Bauwesen, Land-, Forst- undWasser-
wirtschaft, Umweltschutz, Außen- undBinnenhandel, Verkehr, Post-
und Fernmeldewesen, Finanzen, Inneres, Kirchenfragen, Justiz,
Arbeit, Gesundheits- und Sozialwesen sowie Bildung, Kultur, Sport
undMedienwerden im Bundesarchiv gesichert und zur Benut-
zung bereitgestellt. Das staatliche Archivgut wird durch Nach-
lässe, Archivgut gesellschaftlicher Organisationen sowie Karten
und Luftbilder ergänzt. Insgesamt ergibt sich so ein Gesamtum-
fang der Bestände von über 42.000 laufendenMetern.
Das Archivgut der Nationalen Volksarmee der DDR ist in der Ab-
teilungMilitärarchiv des Bundesarchivs in Freiburg zugänglich.
Größere Überlieferungslücken bestehen bei den schon zu Zeiten
der DDR, verstärkt aber an ihrem Ende aus politischen Gründen
vernichteten Verschlusssachen.
Aus zahlreichen aufgelösten Rechenzentren gelangten digitale
Unterlagen vonDDR-Behörden ins Bundesarchiv. Sie werden in
Koblenzdauerhaftgesichert, dokumentiertundbenutzbargemacht.
Vorhanden sind z. B. Dateien des Staats- und desMinisterrates der
DDR, der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik, derMiniste-
rien des Innern, für Außenhandel und innerdeutschenHandel,
für Volksbildung, für Land-, Forst- undNahrungsgüterwirtschaft
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen 107
Gesetz über die Bildung einer ProvisorischenLänderkammer der DDR vom 7. Oktober 1949(BArch DC 20/115)
108 VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen
sowie des Instituts für Technologie und Grundfondsökonomie im
Gesundheits- und Sozialwesen und des Kommandos der
Grenztruppen.
Das Archiv desMinisteriums für Auswärtige Angelegenheiten be-
findet sich im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes. Die Un-
terlagen desMinisteriums für Staatssicherheit und der früheren
Stasi werden nach einem Spezialgesetz, dem StUG, von demBun-
desbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes
der ehemaligen DDR (BStU) aufbewahrt und für die eigene Aus-
kunftstätigkeit benutzt. Dort können sie für Nachforschungen
zumeigenen Schicksal eingesehenwerden.
Aufgrunddes zentralistischen Staatsaufbaus habendieUnterlagen
zentraler Institutionen auch Aussagewert für Detailfragen des
Verwaltungshandelns.Wegen der verfassungsmäßig verankerten
führenden Rolle der SED als Staatspartei und dermonopolartigen
Stellung derMassenorganisationen empfiehlt sich vielfach eine
komplementäre Auswertung des Archivgutes der Stiftung Archiv
der Parteien undMassenorganisationen der DDR imBundesarchiv.
Gefangenen-Strafakte und Karteikarte eines1950 vom LG Chemnitz inWaldheim in densogenannten „Waldheim-Prozessen“ zum TodeVerurteilten (BArch DO 1/2926)
Die Abteilung Militärarchiv (MA)
Die AbteilungMilitärarchiv wurde 1955, im Jahr der Aufstellung
der Bundeswehr, in Koblenz eingerichtet. 1968wurde sie aufgrund
einer „Vereinbarung zur Zusammenfassung des militärischen
Archivgutes“ zwischen dem Bundesministerium des Innern und
dem Bundesministerium der Verteidigung an den damaligen
Standort des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes nach Frei-
burg i. Br. verlegt und übernahm die Bestände der Dokumenten-
zentrale des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes.
Die AbteilungMilitärarchiv ist zuständig für das Archivgut der
Preußischen Armee ab 1867, der PreußischenMarine ab 1849, der
Norddeutschen Bundesmarine undder KaiserlichenMarine, der
SchutztruppenundderFreikorps, der Reichswehr, derWehrmacht,
derWaffen-SS, der deutschen Einrichtungen undDienststellen im
Dienst der Alliierten 1945–1949, der Nationalen Volksarmee ein-
schließlichderGrenztruppen sowieder Bundeswehr.Die Zuständig-
keit bezieht sich jeweils auf das gesamte Registraturgut unabhän-
gig vom Trägermaterial.
Das Archivgutmilitärischer Herkunft umfasst Schriftgut in her-
kömmlicher und in digitaler Form sowie Bilder, Karten, Pläneund
technische Zeichnungen. Die amtlichemilitärischeÜberlieferung
wird ergänzt durchNachlässe, Unterlagen von Soldatenverbänden
und Sammlungen. Besonders zu behandelndesArchivgutwie Filme
unddigitaleUnterlagenmilitärischerHerkunftwirdaus technischen
Gründen in dafür speziell ausgestattetenOrganisationseinheiten
des Bundesarchivs gesichert.
Die Überlieferungen aus der Zeit bis 1945 haben durch Kriegsein-
wirkungen erhebliche Verluste erlitten. Die Unterlagen der zen-
tralen Dienststellen derWehrmacht und der Heeresführung, der
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen 109
Prinz Adalbert von Preußen, 1867Oberbefehlshaber der Bundesmarine,zeitgenössischer Druck (BArch R IX E 7847)
2. Weltkrieg: Karte der HeeresgruppeWeichsel,April 1945 (BArch Kart RH2 Ost-6904)
110 VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen
Dienststellen und der Truppen desHeeres unterhalb der Divisions-
ebene sowie der Luftwaffe und derWaffen-SS sindweitgehendver-
lorengegangen. Dagegen haben dieMasse der Kriegstagebücher
der Kommandobehörden des Heeres und der Divisionsstäbe bis
1943 sowie das Archivgut derMarine den Krieg überdauert. Der
größte Teil der Akten der Preußischen Armeewurde 1945mit dem
Brand des Heeresarchivs Potsdam vernichtet.
Ersatzüberlieferungen vor allem für die Zeit bis
1918/20 bieten teilweise folgende Archive:
3 Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Abt. Kriegsarchiv
Leonrodstraße 57
80636München
3 Sächsisches Staatsarchiv
Hauptstaatsarchiv Dresden
Archivstraße 14
01097 Dresden
3 Landesarchiv Baden-Württemberg
Hauptstaatsarchiv Stuttgart
Konrad-Adenauer-Straße 4
70173 Stuttgart
3 Landesarchiv Baden-Württemberg
Generallandesarchiv Karlsruhe
Nördliche Hildapromenade 3
76133 Karlsruhe
1. Weltkrieg: Generalfeldmarschall Paul vonHindenburg (links) und General Erich Ludendorff(BArch N 429/16)
Personalunterlagen derWehrmacht verwalten außer der Abtei-
lungMilitärarchiv auch die Deutsche Dienststelle (WASt) für die
Benachrichtigung der Angehörigen von Gefallenen der ehemali-
gen deutschenWehrmacht und für die Angehörigen derWaffen-
SS die Abteilung R (Deutsches Reich) des Bundesarchivs. Kranken-
unterlagen und Lazarettbücher aus dem Ersten und demZweiten
Weltkrieg verwahrt ebenfalls die Deutsche Dienststelle. Das
Militärarchiv verwahrt hiervon nur die Krankenunterlagen der
Geburtsjahrgänge bis 1899.
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen 111
3 Deutsche Dienststelle (WASt)
Eichborndamm 179
13403 Berlin
3 Bundesarchiv
Abteilung Deutsches Reich
Finckensteinallee 63
12205 Berlin
Im Benutzersaal desMilitärarchivs stehen Arbeitsplätze auchmit
Mikrofilm- undMikrofichelesegeräten zur Verfügung.
Benutzung vonMikroformen
Vormarsch der 6. Armee auf Stalingrad imSommer 1942
Seit den 1950er Jahren sammelt das Filmarchiv deutscheWochen-
schauen, Dokumentarfilme und Spielfilme. Filme, die von der
Bundesverwaltung und ihren Funktionsvorgängern hergestellt
werden, erhält das Bundesarchiv auf der Grundlage des Bundes-
archivgesetzes. Filmförderungsgesetz und -richtlinien der Bundes-
republik sehen für das Bundesarchiv die Abgabe einer Kopie u.a.
von Filmen vor, die den Deutschen Filmpreis, den Kurzfilmpreis,
die Produktionsförderung für abendfüllende Filme und Kurzfilme
oder aber eine Kopien- bzw. Verleihförderung erhalten. Ersatz-
weise können die Negative als Depositumübergebenwerden.
Im Rahmen einer Selbstverpflichtungserklärung der Filmförde-
rungseinrichtungen der Länder ist das Bundesarchiv als Archivie-
rungsstelle benannt worden. Es ist damit der wichtigstedeutsche
Partner indemBemühenvonBundesregierung, Europarat und
112 VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen
Die Abteilung Filmarchiv (FA)
Das bewegte Bild des Films, das seit dem Ende der zwanziger Jah-
remit Ton unterlegt ist, zu erhalten, zu pflegen, der Öffentlichkeit
zugänglich zumachen und beständig zu ergänzen, ist Anliegen
jeder Kulturnation. Die Bundesrepublik Deutschland nimmt diese
Aufgabe vor allem durch das Bundesarchiv wahr.
Das Filmarchiv des Bundesarchivs in Berlin ist eines der größten
Archive dieser Art in derWelt. Gemäß Einigungsvertragwurden
1990 die Filmreferate des Bundesarchivs und das Staatliche Film-
archiv der DDR zusammengeführt.
Das Filmarchiv dokumentiert mit seinen Beständenmehr als 100
Jahre deutsche Filmgeschichte.
Übernahme von Filmen
Kopiermaschine für Farbfilme
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen 113
Der Filmbestandumfasst zurzeit etwa 125.000Dokumentar- und
22.000 Spielfilme auf über einerMillion Filmrollen undanderen
Trägern.
Daneben sammelt das Filmarchiv weitere Dokumente zur Filmge-
schichte, die die künstlerische und technische Entwicklung des
Mediums Film dokumentieren. Einzigartig ist die Sammlung von
Zensur- oder Zulassungsunterlagen, die oft die letzten Zeugen ver-
schollener Filme sind. Außerdem können Filmbegleitmaterialien
wieProgramme, Fotos, PlakateundDrehbücher eingesehenwerden.
Die alten Filme und deren Begleitmaterialien sind vomVerfall be-
droht. Die wertvollen Bestände zu erhalten, konservatorisch zu
sichern, d. h. auf neue, beständige Materialien umzukopieren,
und sie zu erschließen, ist die Hauptaufgabe des Filmarchivs.
Das Filmarchiv verfügt über eigene, hochspezialisierte filmtechni-
scheWerkstätten und Lager, in denen das deutsche Filmerbe kon-
serviert, restauriert und für die Nachwelt erhaltenwird. 2005 be-
zog die Abteilung Filmarchiv einen neuerrichteten Zweckbau in
Hoppegarten. Hierwerden inmodernsten Spezialmagazinen rund
68.000 Filmrollen Cellulosenitratfilme verwahrt. Der Neubau bie-
tet zudemmoderneWerkstätten für die Restaurierung undUm-
kopierung von allen filmischenMaterialien des Filmarchivs.
DieMaterialien des Filmarchivs sind zugänglich und benutzbar,
wenn ihr Erhaltungszustand es zulässt. Mitarbeiter des Filmarchivs
informieren und beraten bei Recherchen von Filmproduzenten,
Wissenschaftlern, Journalisten und interessierten Bürgern. In
einer Spezialbibliothek steht auch Fachliteratur zur Verfügung.
Filmplakat aus der Sammlung des Bundesarchivs
Arbeit am Schneidetisch
Europäischer Union, das Filmerbe durch Pflichthinterlegungen
zu sichern. Bei anderen Produktionenwirbt das Filmarchiv um
eine Hinterlegung auf freiwilliger Basis.
114 VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen
Die Stiftung Archiv der Parteien undMassenorganisationen der DDR imBundesarchiv (SAPMO)
Die Stiftung Archiv der Parteien undMassenorganisationen der
DDR im Bundesarchiv wurde 1992 begründet, umdas Archivgut
aus staatlicher Tätigkeit nicht staatlicher Organisationen der DDR
aufzunehmen. Sie stellt dieUnterlagen aus den zentralen Leitungs-
ebenender Parteien, Gewerkschaften undMassenorganisationen
derDDRgrundsätzlich ohne Sperrfristen für eine Benutzungbereit.
Alle rund 1400Archiv- und Bibliotheksbestände sind in der Bestän-
deübersicht beschrieben. Sie ist verknüpftmitmehr als 400Online-
Findbüchern und einigen Schriftenverzeichnissen. Von dort aus
sind 15 SAPMO-Beständemit 1,2Mio. digitalisierten Seiten (Stand:
Mai 2012) im Internet direkt einsehbar.
Die Beständewurden der Stiftung auf der Grundlage von Einbrin-
gungsverträgenmit Nachfolgeorganisationen und zuständigen
Stellen zur Erschließung und Bereitstellung übergeben. Die Arbeit
der Stiftungwird von einemKuratorium begleitet, in demVertre-
ter des Bundestags und der Forschung sowie die Einbringerorga-
nisationenMitglied sind.
Aus der Bibliothek des früheren Instituts fürMarxismus-Leninis-
mus, der Zentralbibliothek der Gewerkschaften und den zahlrei-
chen kleineren Bibliotheken derMassenorganisationen entstand
die Bibliothek der SAPMO in Berlin-Lichterfelde. Inzwischen orga-
nisiert sie das Netz der Bibliotheken des Bundesarchivs an den
verschiedenen Dienstorten.
Vermerk des Leiters der Ständigen Vertretungder DDR in Bonn, Dr. Michael Kohl, überGesprächemit Franz-Josef Strauß am 1. und 2.April 1978 in Spöck bei Rosenheim(BArch DY 30/2393)
Archivgut
Im Archivgut der Stiftung nimmt das ehemalige Zentrale Partei-
archiv (ZPA), 1990 vereinigtmit dem früheren Internen Parteiarchiv
der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), einen beson-
derenPlatz ein. Dazugehörendie Protokolle des Politbüros unddie
UnterlagenausdenBürosderdreiGeneralsekretäreWalterUlbricht,
Erich Honecker und Egon Krenz sowie aus den Sekretariaten und
Abteilungen des ZK.Weitere Bestände stammen von demNatio-
nalrat der Nationalen Front, der Freien Deutschen Jugend (FDJ),
dem Bundesvorstanddes FreienDeutschenGewerkschaftsbundes
(FDGB) und von Einzelgewerkschaften sowie von 24 Verbänden
und über 400Nachlässen. Der Archivgutbestand der Stiftung um-
fasst nahezu 12.000 laufendeMeter.
Die bei den regionalen und lokalen Stellen der SEDwie des FDGB
entstandenen Unterlagen sind in den Staatsarchiven der Länder
zu finden. Im Portal „Netzwerk SED- und FDGB-Archivgut“ können
Findbücher der Bestände aus den fünf neuen Bundesländern, aus
Berlin und demBundesarchiv online recherchiert werden.
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen 115
In den zentralenGremien der SEDwurden allewichtigen Entschei-
dungen für Staat und Gesellschaft der DDR getroffen. Das inter-
ne Archiv der Staatspartei war vor 1990 nur ausgewählten Partei-
mitgliedern und denAngehörigen des Zentralkomitees der SED zu-
gänglich. Heute ist das Parteiarchiv der SED in der Stiftung Archiv
der Parteien undMassenorganisationen der DDR imBundesarchiv
ohne Sperrfristen benutzbar.
Findbücher zu Beständen der SAPMO
116 VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen
Bibliotheksgut
Die Bibliothek der Stiftung ist eine Spezialbibliothekmit 1,7Millio-
nen Bänden, davon sehr viel graue Literatur aus den Parteien und
Organisationen der DDR. Die Bibliotheksbestände sind vor Ort im
Lesesaal in der früheren Kirche der Andrews Barracks in Berlin-
Lichterfelde direkt benutzbar und können zumgroßen Teil über
Orts- und Fernleihe ausgeliehenwerden.
Zu den Sammelschwerpunkten gehören die Amtlichen Druck-
schriften der Behörden und Verbände des Deutschen Reiches und
der DDR. Der Sammlungsschwerpunkt bei Neuerwerbungen liegt
auf der Literatur zur DDR und zu Deutschland vor 1945 einschließ-
lich der Primärliteratur aus dieser Zeit. Dazu kommen archivfach-
liche Informationen sowie Erwerbungen in Abstimmungmit an-
deren Spezialbibliotheken zur Geschichte der ehemals sozialis-
tischen Staaten, insbesondere in Osteuropa, zur Geschichte der in-
ternationalen Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung sowie ein-
zelner Parteien, Gewerkschaften, Organisationen und politischer
Gruppierungen von derMitte des 19. Jahrhunderts bis in die
Gegenwart.
Seit 2005 sinddie Kataloge der Bibliothekenonline recherchierbar,
seit 2008 in einemgemeinsamenOnline-Katalog. Zusätzlich bietet
die Bibliothek auf derWebseite des Bundesarchivs strukturierte
Schriftenverzeichnisse an. Hiermit kann der Benutzer in der um-
fangreichen Sammlung von grauer Literatur provenienzgestützt
recherchieren.Weitere bibliografischeDienste, wie diemonatlich
aktualisierte Neuerwerbungsliste, die vierteljährliche Bibliogra-
fie zur DDR-Literatur und die Bibliotheksbriefemit Nachweis ein-
schlägiger Literatur zu besonderen Themen und Terminen, sind
ebenfalls im Internet verfügbar.
Bibliothek der SAPMO in der ehemaligen„Andrews Chapel“
Amtsdrucksachen des Deutschen Reichesgehören zum Sammelgebiet (BArch RD 5)
Bei Recherchen nach älterer Literatur in den noch aus den Orga-
nisationen der DDR stammenden Katalogen hilft der Bibliotheks-
auskunftsdienst in Berlin-Lichterfelde.
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen 117
Die Bibliothek der Stiftung ist einewissenschaftliche Spezialbiblio-
thek, deren Kernbestände aus dem Institut fürMarxismus-Leninis-
mus beim Zentralkomitee der SED (750.000 Bände), der Zentral-
bibliothek der Gewerkschaften des FDGB (250.000 Bände) und der
Dienstbibliothek des Zentralen Staatsarchivs der DDR (200.000
Bände) stammen. Mit insgesamt 1,7 Millionen Bänden hat sie die
Größe einermittleren Universitätsbibliothek.
Das Lastenausgleichsarchiv
Das Lastenausgleichsarchiv hat im Juni 1989 in Bayreuth als Außen-
stelle des Bundesarchivs seine Arbeit aufgenommen. Rechtliche
Grundlage ist das Gesetz über die zentrale Archivierung vonUn-
terlagen aus demBereich des Kriegsfolgenrechts vom 6. Januar
1988 (BGBl. I 65).
Das Lastenausgleichsarchiv dokumentiert
3 den imRahmen des Lastenausgleichs erfasstenGesamtschaden
an deutschem Eigentum und Vermögen in den Vertreibungs-
und Aussiedlungsgebieten,
3 das Vertreibungs- und Aussiedlerschicksal,
3 die gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnisse
in den Ostgebieten des Deutschen Reiches und in den ost- und
südosteuropäischen Siedlungsgebieten in den Jahrzehnten bis
zum Beginn der Vertreibungsmaßnahmen,
Antrag auf Feststellung einesVertreibungsschadens (BArch ZLA 1/1 789 915)
118 VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen
Denumfangreichsten Bestand bilden die Akten der Ausgleichsver-
waltung. Dazu gehören auch die Akten des Bundesausgleichsam-
tes und des Hauptamtes für Soforthilfe. Sie legen Zeugnis ab von
denwirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedingungen in
den früheren deutschen Ostgebieten sowie in den ost- und südost-
europäischen Siedlungsgebieten der Deutschen und dokumentie-
ren die Integration der Vertriebenen in der Bundesrepublik.
Den Personenstand und die personellen Verluste in den Vertrei-
bungsgebieten dokumentieren die Unterlagen der Heimatorts-
karteien des Kirchlichen Suchdienstesmit ca. 22Millionen Kartei-
karten. Ergänzt werden diese Karteien durch die Unterlagen des
Suchdienstes des Roten Kreuzes der DDR.
Daneben ist beim Lastenausgleichsarchiv die in den 1950er Jahren
entstandene Ost-Dokumentation zugänglich, diemit 8.000 Erleb-
nisschilderungen und 18.000 ausgefüllten Fragebogenberichten
zumVertreibungsgeschehen eine authentische Quelle für das
Schicksal der deutschen Vertriebenen darstellt. Die Dokumenta-
tion enthält auch Unterlagen über die Flucht über die Ostsee, Be-
richte über Verwaltung,Wirtschaft und zumZeitgeschehen 1919–
1945 in den Gebieten östlich von Oder undNeiße, Berichte über
das Leben der deutschen Volksgruppen in der Tschechoslowakei
(1918–1945) sowie ca. 15.000 Gemeindeseelenlisten (zum Teil mit
Ortsplänen).
3 die Lebensumstände der Deutschen in den Aussiedlungs-
gebieten zwischen Kriegsende und Aussiedlung
3 undmit der Durchführung des gesamten Lastenausgleichs
auch die größte soziale und wirtschaftliche Integrations-
leistung der Bundesrepublik bis 1990.
Blick in den Lesesaal des Lastenausgleichsarchivsin Bayreuth
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen 119
Unterlagen der Zentralen Stelle derLandesjustizverwaltungen zur Aufklärungnationalsozialistischer Verbrechen
Auf der Grundlage einer Bund-Länder-Vereinbarung übernimmt
das Bundesarchiv seit dem 1. Januar 2000 die nichtmehr für die
Strafverfolgung benötigten Unterlagen der Zentralen Stelle. Zu
diesem Zweckwurde an deren Dienstsitz in Ludwigsburg eine
Außenstelle des Bundesarchiv eingerichtet.
Die 1958 gegründete Zentrale Stelle ist beauftragt, alle erreichba-
ren Unterlagen über nationalsozialistische Verbrechen zu sichten
und auszuwerten und dadurch nach Ort und Zeit abgrenzbare
Tatkomplexe herauszuarbeitenmit dem Ziel, diejenigen Täter
festzustellen, die strafrechtlich noch verfolgt werden können.
Durch diese Vorermittlungen, die Koordinierung der bei den
Staatsanwaltschaften anhängigen Ermittlungen und durch die
Weitergabe von historischemwie rechtlichem Spezialwissen lei-
stet die Zentrale Stelle einen entscheidenden Beitrag zur Aufar-
beitung des nationalsozialistischen Unrechts- und Terrorregimes
durch die bundesdeutsche Justiz. Die Unterlagen der Zentralen
Stelle bieten einen nahezu vollständigen Überblick über die seit
1958 bei bundesdeutschen Staatsanwaltschaften und Gerichten
anhängig gewesenen NS-Verfahren.
Die in Ludwigsburg aufbewahrten Anklageschriften, Urteile, Ein-
stellungsverfügungen, Gutachten, zeitgenössischen „Dokumenten-
sammlungen“ und insbesondereVernehmungsniederschriften von
Tätern, Opfern und Zeugen erlauben tiefe Einblicke in Ursachen
und Abläufe vonNS-Verbrechen. Der Bestand spiegelt aber auch
die Hindernisse der Aufarbeitung des NS-Unrechts nach rechts-
staatlichen Prinzipien.
Ermittlungsakten
Ermittlungsakte im Fall Karl Jäger(BArch B 162/2500)
120 VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen
Die Recherche in den Unterlagen der Zentralen Stelle ist dank ver-
schiedener, sich ergänzender Findmittel sowohl personen- als auch
auf Tatkomplexe oder Verbrechensorte bezogenmöglich. Eine
Datenbankenthält dieNamenvonweit über 100.000Beschuldigten
inwestdeutschen ErmittlungsverfahrenwegenNS-Verbrechen
sowie Angaben zu Tatvorwürfen, Tatorten, beteiligten Einheiten
und Ausgang der Verfahren.
Das Bundesarchiv ist in Ludwigsburg nicht nur Dienstleister für
die wissenschaftliche, publizistische und familiengeschichtliche
Nutzung des Archivguts, sondern auch außerschulischer Lernort.
Schulklassen undHochschulseminare nutzen deshalb regelmäßig
ein unter fächerübergreifenden Gesichtspunkten konzipiertes,
modular aufgebautes pädagogisches Angebot, dessen Kern die
historischwie didaktisch professionell angeleitete Arbeitmit dem
Archivgut selbst ist. Das Angebot schließt den Besuch der Ausstel-
lung zumUmgangmit NS-Verbrechen imNebengebäude ein. Als
Veranstaltungsort für Fortbildungen und Seminarbesuche ist das
Archiv zudem integriert in die Aus- und Fortbildung von Lehrern.
Das Ensemble von Zentraler Stelle, Bundesarchiv-Außenstelle und
der im selben Gebäude befindlichen Forschungsstelle der Univer-
sität Stuttgart ist selbst zu einem „Gedächtnisort bundesrepublika-
nischer Geschichte“ (Peter Steinbach) geworden. Ein wissenschaft-
licher Beirat begleitet die Arbeit der drei Institutionen.
Archivpädagogische Arbeit mit einer Schulklasse
Anklageschrift in der StrafsacheWerner Best(BArch B 162/5689)
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen 121
Die Erinnerungsstätte für die Freiheits-bewegungen in der deutschen Geschichte
Nach demWunsch ihres Gründungsvaters GustavW. Heinemann
soll die Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der
deutschen Geschichte „bestimmte Bewegungen in der deutschen
Geschichte, welche die heutige Demokratie begründet haben, aus
der Verdrängung hervorholen undmit der Gegenwart verknüp-
fen.“
InRastatt, an jenemOrt, andemdieRevolution von 1848/49 ihr Ende
fand, erinnert das Bundesarchiv andas langeRingenderDeutschen
um einen geeinten Verfassungsstaat und eine politischmündige
Staatsbürgergesellschaft. DieDauerausstellung illustriert Freiheits-
bewegungen in der deutschen Geschichte von der FrühenNeuzeit
bis zumMauerfall von 1989 und ist zugleich das „Schaufenster“
für die im Bundesarchiv archivierten Unterlagen. Sonderausstel-
lungen, Vortragsveranstaltungen oder Zeitzeugengespräche the-
matisieren einzelne Aspekte der deutschen Freiheitsgeschichte
und bieten ein Forum für historisch-politische Diskussionen.
Eröffnung der Erinnerungsstätte durchBundespräsident GustavW. Heinemannam 26. Juni 1974
Bauermit Freiheitsfahne
122 VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen
Ein Großteil der jährlich ca.15.000 Besucher sind Schülerinnen und
Schüler. Ein differenziertesmuseumspädagogisches Angebot er-
möglicht die aktive Auseinandersetzungmit den Freiheitsbewe-
gungen im 19. Jahrhundert und in der DDR und sensibilisiert den
Besucher für denWert von Partizipations- und Freiheitsrechten in
der Gegenwart. Die Führungen, Arbeitsformen und Lehrinhalte
werden abgestimmt auf das Alter und die Vorkenntnisse der jewei-
ligen Teilnehmer. Außer von Schulklassenwird das Bildungsange-
bot vor allem von studentischen Gruppen und Einrichtungen der
Erwachsenenbildung genutzt.
Die Arbeit der Bundesarchiv-Erinnerungsstätte wird von einem
Förderverein begleitet und unterstützt.
Museumspädagogische Arbeit mit einerSchülergruppe
Blick in den Ausstellungsteil „Opposition undWiderstand in der DDR“
Zwischenarchive des Bundesarchivs
Die Zwischenarchive des Bundesarchivs in St. Augustin- Hangelar
undHoppegarten sind Dienstleistungseinrichtungen für die
obersten zivilen Bundesbehörden. Sie entlasten die Registraturen,
indem sie für diese das aktuell nichtmehr benötigte Schriftgut
sicher und inwirtschaftlicherWeise bis zum Ende der Aufbewah-
rungsfristen verwahren und auf Anforderung durch Ausleihewie-
der zur Verfügung stellen. Die obersten Bundesbehörden sparen
auf dieseWeise in erheblichemUmfang Raum, Personal und Auf-
wand für Organisation und Verwaltung ein.
Der jährliche Aktenzugang beträgtmehr als 3.000 laufendeMeter
Akten ziviler Provenienz. Die Behörden übergebenmit den Akten
Abgabeverzeichnisse. Diese in der Regel elektronischen Verzeich-
nisse werden in der BASYS-Datenbank des Bundesarchivs erfasst.
Mit der Einlagerung erhalten die AktenArchivsignaturen. Fristver-
waltung undAktenausleihe erfolgen IT-gestützt. Die Zwischenar-
chive ermöglichendemBundesarchiv eine frühzeitige archivische
Bearbeitung der Aktenbestände imKontext der Überlieferung. Sie
sind Schnittstellen zwischen obersten Behörden und dem (End-)
Archiv und arbeiten rationell und effizient zumNutzen beider.
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen 123
Zwischenarchiv in Hoppegarten
Bearbeitung einer Abgabe: Die Aktenwerdensigniert
124 VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen
Für das Bundesministeriumder Verteidigung in Bonn und Berlin
sowiedieGesamtheit seinernachgeordnetenDienststellenwurde in
der Zuständigkeit der AbteilungMilitärarchiv des Bundesarchivs
in Freiburg i. Br. einmilitärisches Zwischenarchiv eingerichtet.
Dort werden ca. 20.000 laufendeMeter Akten sowie elektronische
Unterlagen bis zumAblauf der Aufbewahrungsfristen verwahrt
und können bei Bedarf von den jeweils abgebenden Dienststellen
ausgeliehen bzw. eingesehenwerden.
Zwischenarchiv in St. Augustin-Hangelar
Archiv-Servicezentrum in Hoppegarten
Das Archiv-Servicezentrumdes Bundesarchivs in Hoppegarten
wird in den nächsten Jahrenweiter zu einemBestandserhaltungs-
zentrum für Archivgut aller Art sowie für Verfilmung undDigita-
lisierung ausgebaut.
Bereits im Jahr 2001 wurde im Rahmen eines Public-Private-Part-
nership-Projektes eine Anlage zurMassenentsäuerung von Papier
von einemgewerblichen Unternehmen in Betrieb genommen. Sie
stellt einen bedeutenden Fortschritt imWettlauf gegen den fort-
schreitenden Papierzerfall dar, der auch das Archivgut des Bundes
bedroht, und steht auch anderenArchiven und Bibliotheken offen.
2005wurde ein neuer Zweckbau in Betrieb genommen. Hier wer-
den inmodernsten Spezialmagazinen ca. 68.000 Filmrollen Cellu-
losenitratfilme verwahrt. Außerdembietet der NeubauWerkstät-
ten für die Restaurierung undUmkopierung von allen filmischen
Materialien des Bundesarchivs.
In den nächsten Jahren sollen auf demGelände in Hoppegarten
zusätzlicheMagazine für die Lagerung von ca. 1Mio. Rollen Sicher-
heitsfilm undweitereWerkstätten für Restaurierung und Konser-
vierung von Archivgut aller Art entstehen.
VIII. Informationen zu den Fachabteilungen und Dienststellen 125
Entsäuerungsanlage für Papier
Hoppegarten Filmbearbeitung
126 Bildnachweis
Bildnachweis
o = oben m=Mitte u = unten
Bundesarchiv, passim
Bundesarchiv, B 144 (Vollmer) Seite 65m, 111 u
Bundesarchiv, B 145 Bild (E. Reineke) Seite 23
Bundesarchiv, B 145 Bild (K. Young) Seite 46 o
Bundesarchiv, B 145 Bild (J. Gathmann) Seite 74 o
Bundesarchiv, B 145 Bild (L. Schaack) Seite 75 o
Bundesarchiv, B 198 Bild (T. Krause)Seite 22, 27, 29 o, 30 u,31, 64 u, 118, 122 u, 124
Bundesarchiv, B 198 Bild (A. Sieg) Seite 43
Bundesarchiv, B 198 Bild (K.-O. Hesse)Seite 52, 60 o, 65 u,69 o, 94 u, 112 o
Bundesarchiv, B 198 Bild (E. Jung-Wolff) Seite 72 o
Bundesarchiv, Bild 102 (G. Phal) Seite 45m
Bundesarchiv, Bild 136 (O. Tellqmann) Seite 45 o
Bundesarchiv, Bild 183 (P. Buch) Seite 81
Der Bundesbeauftragte für Kultur undMedien
Seite 6
Filmmuseum Berlin – DeutscheKinemathek/Sammlung
Seite 44 o
Dreyfuß, M., New York Seite 77
Dongen,Wim van, Nationaal Archief,Niederlande
Seite 93 o
International Council of Archives Seite 91
Verband deutscher Archivarinnen undArchivare e. V.
Seite 97
Deutsches Institut für Normung Seite 100
Fédération Internationale des Archivesdu Film (FIAF)
Seite 93 u
Impressum
Herausgeber:
Bundesarchiv, 56064 Koblenz
Redaktion:
Dr. Tobias Herrmann
Manuela Lange
Gestaltung:
designlevel 2
Druck:
Druckerei Seyl, 56072 Koblenz
Koblenz 2012
ISBN: 978-3-89192-141-8
Nachdruck, auch auszugsweise, nurmit Genehmigung des
Bundesarchivs. Urheberrechte an den Bildern sind zu beachten.
Impressum 127
www.bundesarchiv.de