Daniel Caper von Lohenstein - Sophonisbe Sprache und Struktur des Dramas.

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Daniel Caper von Daniel Caper von Lohenstein - Lohenstein - SophonisbeSophonisbe

Sprache und Struktur des Sprache und Struktur des DramasDramas

1. Die 1. Die Kennzeichen des des hohen Stilshohen Stils

eines von drei genera dicendi (Stilebenen) der Rhetorik: genus grande oder sublime

1. Die Kennzeichen des hohen Stils

Thema: würdevoll, heroisch, ernst

1. Die Kennzeichen des hohen Stils

Personen: erhaben, hochstehend d.h. Könige und Adlige

1. Die Kennzeichen des hohen Stils

Sprache: schmuckvolle Umschreibung, prächtige, hohe Wörter, ornatus (Redeschmuck)

1. Die Kennzeichen des hohen Stils

Wirkungsabsicht: Erregung von starken Affekten, von Pathos, mitreißen, erschüttern, movere

2. Charakteristika der Sprache

um dem Anspruch des hohen Stils zu genügen – stark ausgeschmückte Sprache, die viel mit Tropen arbeitet

außerordentlich bildlich

2. Charakteristika der Sprache

2.1 Emblemata und äußerer Aufbau

2.2 Dialoggestaltung: Stichomythien und ihr sprachlicher Inhalt – Sentenzen

2.3 Sprichwörter und Exempla

2.1 Emblemata und äußerer Aufbau

Emblemata

Einheit aus Bild und Text Inscriptio – kurzgefasste Überschrift:

Bibelzitat, Sentenz, sprichworthafte Feststellung

Pictura – Bild zeigt eine Pflanze, ein Tier, Geräte, Tätigkeiten oder Vorgänge des menschlichen Lebens, eine mythologische, biblische, historische Figur oder Szene

2.1 Emblemata und äußerer Aufbau

Emblemata

Subscriptio – kurzer Text, der das im Bild Dargestellte auslegt und eine Lebensweisheit oder Verhaltensregel daraus zieht

Funktion: Darstellen und Deuten, Abbilden und Auslegen

2.1 Emblemata und äußerer Aufbau

Beispiele Emblemata

„Stürtzt du vorsetzlich dich wie Mutten in die Glutt?“ (II, 177)

BREVIS ET DAMNOSA VOLUPTAS

Qui circumvolitat deceptus amoris ignes,

Nunquid naturam papilionis habet?

„Ich wolte mit Gewalt die Augen von dir kehren.

Doch ich empfand: daß sie von Arth der Adler waren/

Du ihr schön Sonnenradt.“ (II, 375ff)

Wenn der königliche Vogel mit leichtem Flug durch die hellen Lüfte zum Himmel strebt,

wendet es die auf das Licht der Sonne gerichteten Augen nicht von ihr ab. […]

DER ADLER IST ANGEBOREN

„Das Einhorn lägt sein Horn/das Zepter seiner Macht/

So in der Frauen Schoos.“ (II, 433f)

Quem non vincat amor castae virtutis et ardor?Virtus tanta potest, vincat ut illa feram.

HOC VIRTUS AMOR

2.1 Emblemata und äußerer Aufbau

Äußerer Aufbau

5 Abhandlungen – in denen das dramatische Geschehen vollzogen wird Keine Einteilung in Auftritte – aber

dadurch gekennzeichnet, dass die Personen und der Schauplatz angegeben sind

heroischer Alexandriner (größtenteils)

2.1 Emblemata und äußerer Aufbau

Äußerer Aufbau

Reyen nach jeder Abhandlung kurze, jambische Verseallegorische Personen treten auf

2.2 Dialoggestaltung: Stichomythien und ihre

sprachliche Form – Sentenzen

Stichomythie oder Zeilenrede – dialogischer Redewechsel von Vers zu Vers

2.2 Dialoggestaltung: Stichomythien und ihre

sprachliche Form – Sentenzen

Sentenz - ist ein knapper, treffend formulierter, autoritätshaltiger und auf viele konkrete Fälle anwendbarer Sinnspruch, der eine vorher geschilderte Situation oder Erkenntnis in einem Satz zusammenfasst und zu allgemeiner Bedeutung erhebt. Sentenzen sind zumeist aus einem ursprünglichen literarischen Kontext der Prosa, Gedankenlyrik oder des Dramas herausgelöst.

2.3 Sprichwörter und Exempla

Sprichwörter – allgemein bekannte, festgeprägte Sätze, die eine Lebensregel oder Lebensweisheit in prägnanter, kurzer Form ausdrücken

Exemplum – (meist narrative) Texteinheit, die für etwas ein Beispiel gibt; wird ´von außen´ beibezogen und mittels eines tertium comparationis auf den Kontext bezogen

ELECTION DE VERTUELECTION DE VERTU

Le grand chemin meine à perdition,Le grand chemin meine à perdition,

celeux là qui vont par vne telle voye:celeux là qui vont par vne telle voye:

Et le petit meine à saluationEt le petit meine à saluation

Don’t on reçoit inestimable ioye.Don’t on reçoit inestimable ioye.

3. Schwulst

Metaphorische Übertragung von mhd. swulst/giswulst „Krankheitsschwellung“ auf sprachlich stilistische Erscheinungen („geschwollene Sprache“)

Schwulst – Stilart der manieristischen Bewegung (16. Jahrhunderts)

3. Schwulst

““Man wolle z. B. in einer gewöhnlichen Rede sagen, es wird Tag! und man drückt dies durch die Worte aus: Schon hebt Aurora ihr Strahlenantlitz aus den Fluthen des Meeres empor.”

(Johann Georg Krünitz: Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft. Berlin 1773–1858. Bd. 151, S. 608)

3. Schwulst

Kennzeichen: Bilderhäufigkeit Überladenheit Geziertheit des Ausdrucks Häufung von rhetorischen Figuren artistischer Gestaltungswille Unklarheit, Verschleierung

3. Schwulst

Paradigmenwechsel (besonders) seit der Aufklärung: Stilideal des Natürlichen, Deutlichkeit Überreden durch logische

Argumentation, durch Beweis, nicht durch Affekte (Vernunft statt Emotion)

Tradition der Emblematik schwindet allmählich