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Freie Universität Berlin
FB Geschichts- und Kulturwissenschaften,
Friedrich-Meinecke-Institut
Master Public History
Hauptseminar 13244:
Öffentlichkeiten und Medialisierungsprozesse vom
späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart
Sommersemester 2010
Der Kniefall Willy Brandts als deutsch-
polnisches Medienereignis
Seminararbeit
von
Vasco Kretschmann
v.kretschmann@fu-berlin.de
Berlin, November 2010
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Inhaltsverzeichnis: 1. Einleitung ..................................................................................3 2. Medienereignisse und symbolpolitische Inszenierungen ...........4 3. Der Kniefall Willy Brandts als Medienereignis ............................8 4. Die Erinnerung an den Kniefall im Wandel der deutsch-polnischen Beziehungen ..............................................................15 5. Zusammenfassung...................................................................22
6. Literaturverzeichnis.................................................................24
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1. Einleitung
Die folgende Arbeit befasst sich mit dem deutschen-polnischen Medienereignis des
Kniefalls Willy Brandts am 7. Dezember 1970 in Warschau. Es wird sowohl die
unmittelbare mediale Kommunikation des Ereignisses hinsichtlich der
Durchschlagskraft symbolpolitischer Gesten wie auch die langfristige Erinnerung an
den Kniefall im Wandel der deutsch-polnischen Beziehungen untersucht.
Am 4. Oktober 2010 zeigte die Süddeutsche Zeitung auf ihrer Titelseite anlässlich
der Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung eine
großformatige Fotografie des Festaktes in Bremen. Im Festsaal wurden auf der
Bühne über dem Symphonieorchester auf zwei zylinderförmigen Leinwänden „Szenen
aus der deutschen Geschichte“ projiziert. Die Abbildung der festgehaltenen
Aufnahme auf der Titelseite zeigt den knienden Bundeskanzler Willy Brandt in
Warschau.1 Mit seiner symbolträchtigen Geste am Mahnmal für die Opfer des
Warschauer Ghettos setzte Willy Brandt ein wirkungsmächtiges Zeichen für seinen
politischen Kurs der Annerkennung der deutschen Verbrechen als unerlässlichen
Bestandteil für die Gestaltung der gegenwärtigen und zukunftsorientierten deutschen
Innen- und Außenpolitik. Der Kniefall ging als Bildikone in die Geschichte der
Pressefotografie ein und wurde ein Teil des kollektiven Gedächtnisses in der
Bundesrepublik.
Das aufsehenerregende Ereignis fand am Tag der Unterzeichnung des „Warschauer
Vertrages“ zwischen der Volksrepublik Polen und der Bundesrepublik Deutschland
statt. Für beide Seiten kam der Kniefall des deutschen Bundeskanzlers überraschend
und war nicht unumstritten.2 In der Folgezeit wandelte sich vor dem Hintergrund des
veränderten Umgangs mit der Vergangenheit sowohl in Polen wie auch in
Deutschland die Rezeption und Bewertung des Kniefalls. Die mediale Inszenierung
und Deutung waren hier maßgeblich.
Aus der heutigen Sicht wird die symbolpolitische Geste als visuelle Verkörperung der
„Neuen Ostpolitik“ bewertet, die im hohen Maße zum Ansehen des Kanzlers und der
Bundesrepublik im Ausland beigetragen hat. Im kollektiven Gedächtnis ließ der
Kniefall die erste Reise Willy Brandts nach Polen zu einem Wendepunkt in der
deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte werden.3 Am 7. Dezember 2000 wurde
1 Die Fotografie der DPA ist mit folgenden Text betitelt: „Festakt in Bremen: Zu Klängen von Schostakowitsch und Beethoven sehen die mehr als tausend Gäste der Feier Szenen aus der deutschen Geschichte.“ Vgl. Süddeutsche Zeitung. Nr. 229/2010. München 04.10.2010: Titelseite. 2 Vgl. Wolffsohn, Michael / Brechenmacher, Thomas: Denkmalsturz? Brandts Kniefall. München 2005: 24f. 3 Vgl. Krzemiński, Adam: Der Kniefall. In: François, Etienne / Schulze, Hagen (Hrsg.): Deutsche Erinnerungsorte. Band 1. München 2001. S. 638-653: 638ff und Barbian, Jan-Pieter: Zur Einführung. In: Barbian, Jan-Pieter / Zybura, Marek (Hrsg.): Erlebte Nachbarschaft. Aspekte der deutsch-polnischen Beziehungen im 20. Jahrhundert. Wiesbaden 1999. S. 9-21: 15.
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dem Kniefall Brandts in Warschau ein Denkmal gesetzt und die Geste in den
Massenmedien retrospektiv als kollektiv bedeutsames Symbol festgeschrieben.4
Angesichts dieser Ergebnisse stellt sich die Frage, wie die symbolische Geste in den
Medien rezipiert und inszeniert wurde und inwiefern sich die Erinnerungen an den
Kniefall in Deutschland und Polen gewandelt haben? Um hier zu einem Ergebnis zu
gelangen wird im Folgenden zunächst als theoretischer Analyserahmen das
Phänomen der Medienereignisse vor dem Hintergrund der Entwicklung der modernen
Massenmedien beleuchtet. Im Mittelpunkt wird hier die Definition einer
symbolpolitischen Inszenierung stehen. Mit diesen Ergebnissen werden in einem
zweiten Schritt das Fallbeispiel des Kniefalls und seiner Inszenierung als
Medienereignis untersucht. Die Analyseergebnisse werden in einem dritten Schritt
mit den verschiedenen und sich wandelnden Erinnerungen an den Kniefall im Kontext
der deutsch-polnischen Beziehungen diskutiert.
2. Medienereignisse und symbolpolitische Inszenierungen
In den Medien- und Kommunikationswissenschaften wird der Begriff des
Medienereignisses als ein außeralltägliches gesellschaftliches Geschehen
zusammengefasst, über dessen Wahrnehmung sich die Akteure mit Hilfe der
Massenmedien verständigen. Die technischen Verbreitungsmittel der Massenmedien
sind damit für die kommunikative Konstruktion eines Ereignisses konstitutiv.
Medienereignisse sind Knotenpunkte kommunikativer Verdichtung. Sie wirken
öffentlichkeitswirksam, indem sie über Rezeptionsprozesse gesellschaftliche Diskurse
auslösen. Diese Diskurse generieren und strukturieren Öffentlichkeiten. Die
Interdependenz von Ereignissen und medial vermittelten Kommunikationsprozessen
ist derart grundlegend, dass sich ein „gesellschaftliches Ereignis“ immer sowohl aus
gesellschaftlichen Kommunikationsprozessen wie auch aus der medialen
Vermittelung zusammensetzt. Medienereignisse werden neben der Berichterstattung
über ein gesellschaftlich bedeutsames Ereignis auch von der medialen Inszenierung
bestimmt. Daher hat neben der gesellschaftlichen Kommunikation auch die mediale
Vermittelung einen Konstruktionscharakter. Dies bedeutet, die Grenzen zwischen
repräsentiertem Geschehen und medialer Präsentation sind fließend.5
Die Massenmediale Öffentlichkeit stellt durch ihre Reichweite in modernen
Gesellschaften die wichtigste Arena öffentlicher Kommunikation dar, bildet aber nicht
4 Vgl. Schneider, Christoph: Der Warschauer Kniefall. Ritual, Ereignis und Erzählung. Konstanz 2006: 18. 5 Vgl. Frevert, Ute: Politische Kommunikation und ihre Medien. In: Frevert, Ute / Braungart, Wolfgang (Hrsg.): Spreche des Politischen. Medien und Medialität in der Geschichte. Göttingen 2004. S. 7-20: 11f und Graduiertenkolleg Transnationale Medienereignisse an der Justus-Liebig-Universität Gießen: Ziele und Programm des Graduiertenkollegs. 20.01.2010. Online: http://fss.plone.uni-giessen.de/fss/fbz/dfgk/tme/bilder-gkm/Ziele_und_Programm_GKM.pdf/file/Ziele_und_Programm_GKM.pdf (abgerufen: 02.08.2010).
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die Öffentlichkeit an sich. In dieser Herstellungsfunktion der medialisierten
Öffentlichkeit sind die Massenmedien zwischen der Berücksichtigung
gesellschaftlicher Deutungs- und Wahrnehmungsmuster, dem Orientierungs- und
Unterhaltungsbedürfnis des Publikums, und den politischen und kommerziellen
Interessen der Öffentlichkeitsakteure zu verorten.6
Die Schlüsselstellung der Massenmedien in dieser Konstellation aus Publikum, Politik
und dem Mediensystem wird mit dem Begriff „Mediokratie“ zugespitzt. Demnach
werden die Massenmedien als eine die Souveränität des politischen Prozesses
aushöhlende Übermacht interpretiert. Laut dem Modell der „Mediokratie“ bestehen
die medialen Darstellungsregeln aus der Selektionslogik berichtswerter Ereignisse
und der Präsentationslogik des ausgewählten Nachrichtenmaterials in
attraktionssteigernden Inszenierungen für das alleinige Ziel der Schaffung von
Nachrichtenwerten. Diese medienspezifischen Regeln zwingen die Politik für die
öffentliche Darstellung ihres Vollzuges und ihrer Ergebnisse zur Inszenierung eines
sogenannten „Politainments“. Die damit verbundene Reduktion auf eine
unterhaltsame, dramatisierte und personalisierte Politikdarstellung führt zur
Verwischung der Eigenlogik des politischen Prozesses und behindert eine
selbstständige Urteilsbildung und Politikbeobachtung des Staatsbürgers. Thomas
Meyer sieht den Kern für die Unterwerfung der Politik unter die Regeln der Medien in
der Dissonanz der ausgedehnten Dauer des demokratischen Politikprozesses und der
kurzen medialen Produktionszeit:
„Ereignisse gewinnen nur als abgeschlossene mit überschaubarem Anfang und Ende,
wenn sie zugleich als aktuelles Event in Erscheinung treten, die Aufmerksamkeit der
Medien. Nur in dieser Zeitverfassung können sie zum Element in einem medialen
Wirklichkeitsbild werden.“7
Der „kompromisslose Präsentismus“ medialer Kommunikation als Diktat funktionaler
und struktureller Eigenarten des Mediensystems zwingt die Politik demnach zu
„theatraler Inszenierungslogik“ in Form von Scheinpolitik bestehend aus
personifizierten Imagehandeln, der Inszenierung von Scheinereignissen (Event-
Politik) und manipulativer Symbolpolitik.8 Ein zugespitztes fiktives Beispiel wäre hier
die öffentlichkeitswirksame Medieninszenierung eines politisch kurzweiligen und
wirkungslosen Aktionismus eines Regierungschefs als Retterfigur in einem
Katastrophenfall, der sich einer politischen Intervention entzieht. In diesem Fall
würde hier Symbolpolitik gar zur intendierten „Placebo-Politik“ für
6 Vgl. Jordan, Raul: Konfrontation mit der Vergangenheit. Das Medienereignis Holocaust und die Politische Kultur der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt am Main 2008: 28f. 7 Meyer, Thomas: Mediokratie. Auf dem Weg in eine andere Demokratie? In: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 15 – 16. Bonn 2002. S. 7-14: 10. 8 Vgl. Meyer: Mediokratie. 2002: 9ff.
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Verstellungszwecke verkommen. Murray Edelman hat 1964 das Phänomen der
Symbolpolitik mit der politikkritischen These begründet:
„Gesellschaftliche Probleme werden selten gelöst, zum Teil deswegen, weil jede
Gelegenheit, die als Problem betrachtet wird, gleichzeitig auch einen Nutzen für –
typischerweise recht mächtige – Gruppen darstellt.“9
Nach diesem Verständnis der politischen Kultur wird Politik als „Spektakel“
konstruiert, um die Massen von den eigentlichen Machtverhältnissen abzulenken. Die
symbolische Seite der Politik als ein Mittel der Manipulation bzw. einem Synonym für
unechte Politik ist eine kritische Auslegung der kulturgeschichtlichen Annahme, dass
der Mensch ein symbolerzeugendes und symboldeutendes Wesen ist. Jede soziale
Handlung hat mehrdeutige Verweiszusammenhänge deren Symbole als uneindeutige
kommunikative Zeichen der Interpretation bedürfen. Symbole sind damit
grundlegend für die Ermöglichung und Hervorbringung sozialer Ordnungen, wie auch
umgekehrt soziale Ordnungsmuster deutende Symbolisierungsprozesse rahmen.
Politisches Handeln ist eine Form des sozialen und kommunikativen Handelns und
damit zugleich uneindeutig und deutend. Die politischen Handlungsressourcen wie
Macht und Herrschaft unterliegen daher einem Konstruktionscharakter. Die
(politische) Sprache ist immer symbolisch und transportiert mehr Bedeutungen als
vom Rezipienten aktualisierbar sind.10
Im Prozess dieser Selektion und Deutung kommt den Medien eine wichtige Rolle zu,
da sich in den Medien und durch die Medien die politische Kommunikation vollzieht.
Für die Verständlichkeit ist hier die Sprache zentral, aber auch nicht-sprachliche
Kommunikation sendet Zeichen. Letztere sind allerdings kulturell anders codiert und
lassen einen größeren Wahrnehmungsspielraum zu. Zur Transformation der Zeichen
und Informationen in Mitteilungen und insbesondere für die Ausdehnung der
Reichweite des Kommunikationsprozesses sind die Verbreitungsmedien konstitutiv.
Schrift, Druck und Funk, unbewegte und bewegte Bilder sind die Schlüsselelemente
der Massenmedien.11
Sowohl die These der Symbolpolitik als spektakuläre und manipulative
Politikdarstellung, die aus der Verfassung der politischen Institutionen wie Parlament,
Parteien und Regierungen resultiert, wie darüber hinausgehend der Ansatz der
„Mediokratie“ als Pärformierung des gesamten Politikprozesses nach den
9 Edelman, Murray: Politik als Ritual. Die symbolische Funktion staatlicher Institutionen und politischen Handelns. Frankfurt am Main 1990 (zuerst engl.: The Symbolic Uses of Politics. Chicago / London 1964), S. X 10 Vgl. Schlögl, Rudolf: Symbole in der Kommunikation. Zur Einführung. In: Schlögl, Rudolf / Giesen, Bernhard / Osterhammel, Jürgen (Hrsg.): Die Wirklichkeit der Symbole. Grundlagen der Kommunikation in historischen und gegenwärtigen Gesellschaften. Konstanz 2004. S. 9-40: 9ff und Mergel, Thomas: Kulturgeschichte der Politik. In: Docupedia-Zeitgeschichte. 11.02.2010: 3f. 11 Vgl. Frevert: Politische Kommunikation. 2004: 9ff.
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Kommunikations- und Repräsentationsprinzipien der modernen Massenmedien,
bedarf der kritischen Überprüfung ihres Neuheits- und Skandalpostulats.
Es wurde bereits gezeigt, dass Symbole grundlegender Bestandteil des sozialen und
kommunikativen Handelns sind – auch über politische Handlungsfelder
hinausgehend. Symbole sind daher in der Politik nicht manipulativ sondern
konstitutiv für die sprachliche und nicht-sprachliche Kommunikation politischen
Handelns. Der Einfluss der Massenmedien im politischen Bereich hat sich mit
zunehmender Mediendichte und -intensität, insbesondere durch die Präsenzmedien
Fernsehen und Internet, deutlich gewandelt. Eine demokratiegefährdende
„Kolonisierung der Politik durch die Medien“12 im Zuge der Aufhebung der
angeblichen traditionellen Trennung der beiden Systeme Politik und Medien ist
allerdings fraglich. Bereits die Entwicklung des Zeitungswesens im 19. Jahrhundert
und die erste Medienrevolution mit der Verbreitung von Schrift und Druck im 15. und
16. Jahrhundert eröffneten für die Verständigung über Politik und die Kommunikation
der Politik neue Strukturen, Foren und Inhalte.13 Die beschleunigte Medialisierung
und der Wandel der Massenmedien seit dem späten 20. Jahrhundert finden ihren
Ausdruck in einer wachsenden Vervielfachung der Kapazitäten und
Unterhaltungskonkurrenzen sowie in einer Kommerzialisierung. Dieser Wandel steht
in enger Verknüpfung mit dem Wandel der politischen Kultur, geprägt von einer
tendenziellen Entkopplung von Sozialstruktur und politischem Verhalten und damit
verbundenen höheren Wechselwahlbereitschaft. Trefflich lässt sich dieser Medien-
und Gesellschaftswandel in dem Ansatz der „Mediendemokratie“ zusammenfassen:14
„Für die Politik im Allgemeinen und die Parteien im Besonderen bedeutet dies
[Veränderung der medialen Umwelt] einen erschwerten Zugang zum Mediensystem
bei gleichzeitig nachlassenden Chancen der Rezeption ihrer Botschaften. Diesem
Trend können sie nur entrinnen, wenn sie sich zunehmend den Gesetzmäßigkeiten
des immer stärker nach eigenen Rationalitätskriterien operierenden Mediensystems
unterwerfen.“15
Auch wenn sich die politische Kultur den Veränderungen der medialen Umwelt
annähert, ist die systematische Verschiedenheit unauflöslich. Vielmehr herrscht eine
grundlegende Interdependenz im Dreieck aus Politik, Medien und Publikum. Die
massenmediale Öffentlichkeit wird alleine wegen des kommerziellen Drucks immer
das Orientierungs- und Unterhaltungsbedürfnis des Publikums und damit verbundene
bestehende gesellschaftliche Deutungs- und Wahrnehmungsmuster berücksichtigen.
12 Meyer: Mediokratie. 2002: 7. 13 Vgl. Frevert: Politische Kommunikation. 2004: 8f. 14 Vgl. Sarcinelli, Ulrich / Schatz, Heribert (Hrsg.): Mediendemokratie im Medienland. Inszenierungen und Themensetzungsstrategien im Spannungsfeld von Medien und Parteieliten am Beispiel der nordrhein-westfälischen Landtagswahl 2000. Opladen 2002: 12ff. 15 Sarcinelli / Schatz: Mediendemokratie. 2000: 13.
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Für die Politik ist zudem das Publikum im demokratischen Willensbildungsprozess
konstitutiv. Dem Publikum gegenüber stehen Massenmedien und die Politik in
interdependenten Prozessen in denen beide Seiten im medialen bzw. im politischen
Konkurrenzkampf aufeinander angewiesen sind. Hier lässt sich sehr treffend von
einer „Art Tauschverhältnis mit wechselseitiger Abhängigkeit“ sprechen. Für den
Journalisten sind Informationen aus erster Hand genauso wichtig wie dem Politiker
die vorteilhafte Platzierung seiner Themen. Auch die intendierte Platzierung von
symbolpolitischen Maßnahmen wie Skandalisierungen und Personifizierungen sowie
die Inszenierung derer als Medienereignisse sind auch vor dem 20. Jahrhundert als
Teil des publikumswirksamen politischen und des kommerziellen medialen Interesses
anzutreffen.16
Nicht nur die Inszenierung von Medienereignissen in der Gegenwart entspricht der
Logik des medialen Interesses, ein weiterer Aspekt bildet die Inszenierung von
erinnerungskulturellen Medienangeboten und der damit verbundenen Schaffung von
maßgeblichen Impulsen und Auslöserreizen für das kulturelle Gedächtnis. Die
Massenmedien bilden damit ein kulturelles Umfeld für individuelles und soziales
Erinnern. Für das kulturelle Gedächtnis sind die Massenmedien allerdings nicht
alleinig konstitutiv, da ihr Zugang weder der umfassenden Erhaltung von Beständen
(Speichergedächtnis) noch der Formulierung von bleibenden Werten
(Funktionsgedächtnis) entspricht. Insbesondere ihr kommerzielles Interesse aktiviert
durch Medienangebote das kulturelle Gedächtnis und verbindet es mit dem
Gedächtnis der Individuen. Der größte Teil dieser Erinnerungsangebote geht
unweigerlich verloren, ein sehr kleiner Teil allerdings hält Einzug in das kulturelle
Speicher- und Funktionsgedächtnis und wird damit zum längerfristigen Bestandteil
des kulturellen Gedächtnisses.17
Insbesondere die öffentlichwirksame Erinnerung an vergangene Medienereignisse
bedient sich der kommunikativen Verdichtung und Verbildlichung, beispielsweise
durch den Rückgriff auf Bildikonen oder Filmszenen. Dadurch werden Ereignisse im
kollektiven Gedächtnis aktiviert und ihre kollektive Bedeutung gefestigt.
3. Der Kniefall Willy Brandts als Medienereignis
25 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kniete ein deutscher Bundeskanzler
in der Hauptstadt des Landes, auf dessen Boden die größten Zerstörungen und
Verbrechen im Kriegsverlauf verübt worden waren. Diese symbolträchtige Geste
wurde ein durchschlagendes Medienereignis, dessen Rezeptionsprozess signifikante
16 Vgl. Alemann, Ulrich von: Die politischen Parteien, die Medien und das Publikum. 1996. Online: http://socio.ch/movpar/Alemann.htm (abgerufen: 28.05.2010) und Jordan: Konfrontation. 2008: 28f. 17 Vgl. Assmann, Aleida: Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik. Bonn 2007 (zuerst: München 2006): 242f.
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gesellschaftliche Diskurse in der Bundesrepublik auslöste und von einer
grenzüberschreitenden öffentlichkeitswirksamen Bedeutung war.
Im Dezember 1970 besuchte erstmals ein deutscher Bundeskanzler die polnische
Hauptstadt. Willy Brandts sogenannte „Neue Ostpolitik“ war darauf ausgerichtet, die
Verhältnisse in den sozialistisch regierten Staaten durch eine vorsichtigen „Wandel
durch Annäherung“ zu beeinflussen. Dazu dienten im Jahr 1970 der Moskauer
Vertrag (12. August) sowie der Warschauer Vertrag (7. Dezember). Den letzteren
sollten der Bundeskanzler und sein Außenminister Walter Scheel bei ihrem Besuch in
der Volksrepublik Polen unterzeichnen. Der Warschauer Vertrag enthielt im Grunde
nichts anderes als die Anwendung der Regelungen des Moskauer Abkommens von
August auf die deutsch-polnischen Beziehungen. Den Kern bildete die Grenz- und die
Gewaltverzichtsformel, welche die Unverletzlichkeit der „bestehenden Grenzen jetzt
und in der Zukunft“ garantieren und damit die Oder-Neiße-Linie ausdrücklich zur
unverletzlichen polnischen Westgrenze erklärte. Bereits als Außenminister betonte
Willy Brandt die Absicht, die deutsch-polnische Aussöhnung auf den gleichen Rang
wie die Freundschaft mit Frankreich auszurichten.18 Spannungsgeladen war zu dem
Zeitpunkt des Besuchs nicht nur das deutsch-polnische Verhältnis, ebenso
aufmerksam wurde Brandts politischer Kurs in den Vereinigten Staaten, in Israel und
von der politischen Opposition beobachtet.19
Bei dem Staatsbesuch am 7. Dezember 1970 in Warschau standen vor der
Vertragsunterzeichnung zwei Gedenkveranstaltungen auf dem Programm. Am
Vormittag besuchte Brandt zunächst das Grabmal des Unbekannten Soldaten und
legte dort nach einem militärischen Zeremoniell der Ehrenkompanie einen Kranz
nieder. Danach war in kleinerem Rahmen eine Kranzniederlegung am Mahnmal für
die Opfer des Warschauer Ghettos vorgesehen. Willy Brandt traf an dem Denkmal
gegen 10:30 Uhr ein. Zunächst schien er ein weiteres der üblichen protokollarischen
Gedenkrituale abzuhalten. Er richtete die Schleifen des Kranzes, trat zurück,
verharrte jedoch auf den Stufen vor dem Monument. Mit einem Mal sank der auf
beide Knie. In dieser Haltung verharrte der Bundeskanzler knapp 30 Sekunden und
erhob sich wieder mit einem Ruck.20
18 1968 schrieb Willy Brandt in seinem Beitrag „Friedenspolitik in Europa“: „Ich will hier meine klare Überzeugung bekräftigen: Die Aussöhnung zwischen Polen und Deutschland wird einmal den gleichen geschichtlichen Rang haben wie die deutsch-französische Freundschaft.“ Brandt, Willy: Friedenspolitik in Europa. In: Harpprecht, Klaus: Willy Brandt. Porträt und Selbstporträt. München 1970. S. 214-318 (zuerst: Brandt, Willy: Friedenspolitik in Europa. Frankfurt am Main 1968): 312f. 19 Vgl. Fischer, Frank (Bearb.): Ein Volk der guten Nachbarn. Außen- und Deutschlandpolitik 1966-1974 (= Willy Brandt. Berliner Ausgabe. Band 6). Bonn 2005: 56ff, 86 und Benz, Wolfgang / Graml, Hermann (Hrsg.): Das Zwanzigste Jahrhundert II. Europa nach dem Zweiten Weltkrieg 1945-1982 (= Weltbild Weltgeschichte. Band 35). Augsburg 2000 (zuerst: Fischer Weltgeschichte. Band 35. Frankfurt am Main 1983): 488f. 20 Vgl. Wolffsohn / Brechenmacher: Denkmalsturz. 2005: 17.
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In der Reaktion auf diesen „unerhörten Bruch des politischen Rituals“ mobilisierte die
deutsche Presse eine Fülle von Erzählmustern. Insbesondere die folgende Ausgabe
des Magazins „Der Spiegel“ mit dem aufsehenerregenden Titel „Durfte Brandt
knien?“ trug zur anhaltenden Durchschlagskraft der medialen Bewertungen und
Strukturierungen der Geste bei. Im Bericht über den Kniefall wurde folgendes
Erzählmuster konstruiert:
„Dann kniet er, der das nicht nötig hat, da für alle, die es nötig haben, aber nicht da
knien – weil sie es nicht wagen oder nicht können oder nicht wagen können. Dann
bekennt er sich zu einer Schuld, an der er selbst nicht zu tragen hat, und bittet um
eine Vergebung, derer er selbst nicht bedarf.“21
In dieser Formulierung liegen zwei grundlegende Deutungsebenen. Zum einen wird
auf die „persönliche Unschuld“ Willy Brandts aufgrund seiner Exilzeit in Norwegen
und Schweden während des Nationalsozialismus hingewiesen. Damit konnte er frei
von dem Vorwurf einer persönlichen Belastung stellvertretend für das deutsche Volk
um Vergebung bitten. In diesem narrativen Plot enthält diese Geste zugleich ein
Interpretationsschema, welches sich dem kulturellen Erbe christlich-religiöser Bilder
bedient. Brandt wird damit durch den Akt der „selbstlosen Aufopferung“ zur
„Christusfigur“ erhoben.22
Insbesondere auf der performativen Ebene lässt die symbolische Geste des
Niederkniens in den medialen Deutungen und Zuschreibungen Assoziationen zu der
„kniefälligen Abbitte“ im Mittelalter, sowohl in der Kirchenbuße vor Gott wie auch in
der rituellen Geste der Unterwerfung vor weltliche Herrscher, aufkommen.23 In der
Wochenzeitung „Die Zeit“ wird die Geste mit dem Satz gedeutet: „Er kniete nieder
und erhöhte sein Volk“24. Diese mediale Sinnstiftung war durchschlagend, da sie sich
kulturell gefestigten Symbolen bediente und zugleich die aktuellen Diskurse der
bundesrepublikanischen Gesellschaft traf: Die Abkehr von einem traditionellen
triumphalen Nationsverständnis unter Ausschluss der nationalsozialistischen
Vergangenheit bzw. der „Epoche des Schweigens“ hin zu einem selbstkritischen und
negativen Identitätsdiskurs. Jedoch ist fraglich, ob Brandts primäre Absicht mit
dieser demutsvollen symbolischen Geste der Anstoß zu einer innenpolitischen und
gesellschaftlichen Verständigung über die deutsche historische Identität war.
21 Der Spiegel. Nr. 51/1970. Hamburg 14.12.1970: 29. 22 Vgl. Schneider: Warschauer Kniefall. 2006: 19f. 23 Vgl. Hille, Nicola: Willy Brandts Kniefall. Die politische Bedeutung, emotionale Wirkung und mediale Rezeption einer symbolischen Geste. In: Hahn, Hans-Henning / Hein-Kircher, Heidi / Suchoples, Jarosław (Hrsg.): Erinnerungsorte, Mythen und Stereotypen in Europa. Wrocław 2008. S. 163-184: 169f. 24 zit. nach Schneider, Christoph: Der Kniefall von Warschau. Spontane Geste – bewusst Inszenierung? In: Paul, Gerhard: Das Jahrhundert der Bilder. Bildatlas 1949 bis heute (= Band 2). Göttingen 2008. S. 411-417: 414.
11
Gegen die religiöse Überfrachtung seiner Geste hat sich Brandt eindeutig
ausgesprochen:
„Willy Brandt ist, erstens, nicht das Urbild eines religiösen Menschen. Er hat das
Knien, von Haus aus, gar nicht im Repertoire. Als er in einer deutschen Zeitung die
Formulierung findet, er, der ‚aus einer protestantischen Welt stammende Kanzler’ sei
vor einem jüdischen Mahnmal niedergekniet ‚wie ein guter polnischer Katholik’, wird
er beinahe böse. Das, sagt er, ‚trifft doch nicht den Kern’.“25
Die sinnstiftende mediale Interpretation und Inszenierung des Kniefalls wurde von
Willy Brandt wohlwollend in seiner Autobiographie aufgegriffen. Nicht zuletzt mit
Hilfe der Medien wurde Brandt als „erster moderner Medienkanzler“ von einem
„deutschen Kennedy“ über den „Reformer und Visionär“, trotz seines „Sturzes“, zu
einer „populären Ikone der Bundesrepublik“ stilisiert.26 So übernimmt Willy Brandt
1989 in seinen Memoiren das mediale Erzählmuster und zitiert die „Selbstopfer“-
Narration des „Spiegels“:
„Ich weiß es auch nach zwanzig Jahren nicht besser als jener Berichterstatter, der
festhielt: ‚Dann kniet er, der das nicht nötig hat, da für alle, die es nötig haben, aber
nicht da knien – weil sie es nicht wagen oder nicht können oder nicht wagen
können.’ Zu Hause in der Bundesrepublik fehlte es weder an hämischen noch an
dümmlichen Fragen, ob die Geste nicht ‚überzogen’ gewesen sei. Auf polnischer Seite
registrierte ich Befangenheit. Am Tage des Geschehens sprach mich keiner meiner
Gastgeber herauf an.“27
Wie zu zeigen sein wird, löste der Kniefall nicht nur in der Bundesrepublik
Irritationen und eine gesellschaftliche Debatte aus, auch in der Volksrepublik Polen
war diese vordergründig symbolische Versöhnungsgeste äußerst riskant.
Für einen komplexen Hintergrund des Kniefalls sprechen die Erkenntnisse, das Klaus
Harpprecht, Brandt Reedenschreiber, wenige Wochen vor der Polenreise bezüglich
der angespannten deutsch-israelischen Beziehungen eine „öffentliche Geste“ als
„sehr angebracht“ empfahl.28 Zudem war die Kranzniederlegung am Mahnmal des
Warschauer Ghettos ein ausdrücklicher Wunsch Willy Brandts und wurde erst
daraufhin von den polnischen Regierungsvertretern in das Besuchsprotokoll
aufgenommen, ohne hierfür jedoch eine genauere protokollarische Planung
vorzunehmen.
25 Der Spiegel. Nr. 51/1970. Hamburg 14.12.1970: 29. 26 Vgl. Münkel, Daniela: Willy Brandt. Vom Reformer zum Denkmal. In: Paul, Gerhard: Das Jahrhundert der Bilder. Bildatlas 1949 bis heute (= Band 2). Göttingen 2008. S. 443-449. 27 Brandt, Willy: Erinnerungen. Frankfurt am Main / Zürich 1989: 214f. 28 Die Politik gegenüber Israel sowie den Juden in den Vereinigten Staaten war während der gesamten Ära Brandt/Scheel von mangelnder Sensibilität geprägt, insbesondere war das versteckte proarabische Verhalten des Außenministers hier ausschlaggebend. Vgl. Wolffsohn / Brechenmacher: Denkmalsturz. 2005: 23.
12
Nach der Kranzniederlegung am Grab des Unbekannten Soldaten mit einem
militärischen Zeremoniell der Ehrenkompanie in Anwesenheit von 2.000 Warschauer
Bürgern und hohen Regierungsvertretern, fuhr Brandts Delegation zum Ghetto-
Mahnmal. Dort waren neben 300-400, teils spontan, versammelten Personen und
Reportern bis auf den Warschauer Bürgermeister keine hohen polnischen
Regierungsvertreter anwesend. Dem Bundeskanzler blieb aufgrund des kleinen
Protokolls, welches nur eine Kranzniederlegung vor einer Ehrenwache vorsah, ein
größerer Gestaltungsspielraum.
Eine spezifisch jüdische Dimension hatte die symbolische Geste des Kniefalls alleine
aufgrund der Ortswahl. Auch wenn nach einer offiziellen Erklärung allen Opfern des
deutschen Vernichtungskrieges gedacht werden sollte, war die Entscheidung für das
Ghetto-Mahnmal und damit gegen das Grab des Unbekannten Soldaten insbesondere
für die Gastgeber eine Enttäuschung. Als innenpolitische Botschaft war die Geste
geschichtspolitisch und moralisch zielführend gewählt, aber außenpolitisch war sie
durchaus riskant.
Hier lässt sich eine Unterschätzung der polnisch-amtlichen Abneigung gegen das
Gedenken an die jüdischen Opfer konstatieren. Während sich in der Bundesrepublik
seit den 1960er Jahren der „Holocaust und Auschwitz“ zum Synonym für die NS-
Verbrechen etablierte, erhob die offizielle Lesart der Geschichte in der Volksrepublik
alleine die „Polen und Sowjetbürger“ zu den Hauptopfern. Damit war der
symbolpolitische Kniefall für viele Polen ein Missgriff, da er am falschen Ort erfolgte.
Auch für das deutsch-israelische Verhältnis war das Ereignis kaum von Bedeutung,
da Israel statt symbolischer Gesten realpolitische Unterstützungen für seine
staatliche Existenz seitens der Bundesrepublik erwartete. Nachweislich
korrespondierte der Kniefall nicht mit politischen Zusagen an Israel und brachte
somit keine Entspannung im deutsch-jüdisch-israelischen Verhältnis.29
Die Momentaufnahmen des knienden Bundeskanzlers gingen in den Medien um die
Welt. In der Presse der Volksrepublik Polen dagegen standen die Fotos der
Vertragsunterzeichnung im Vordergrund. Die staatliche Zensurbehörde hatte eine
Abbildung des Kniefalls nur im Kleinformat und aus der seitlich-frontalen Perspektive
unter Aussparung des Ghetto-Mahnmals zugelassen. Die öffentliche Abwertung und
die Kritik in Polen sind nicht auf die auf eine grundlegend ablehnende Stimmung in
der Bevölkerung oder gar auf ein mediales Desinteresse zurückzuführen,
augenscheinlich handelte es sich hier um eine bewusste Manipulation seitens
kommunistischen Regimes.30
29 Vgl. Wolffsohn / Brechenmacher: Denkmalsturz. 2005: 16f, 22ff. 30 Vgl. Krzemiński: Kniefall. 2001: 650.
13
In der Bundesrepublik ging die Geste als eine Bildikone in der Geschichte der
Pressefotographie ein. Dabei sind aufgrund der zahlreichen anwesenden Fotografen
verschiedene Perspektiven der Szene im Umlauf. Auch wenn der Kniefall in der
bundesdeutschen Presse durchaus unterschiedlich kommentiert wurde, vermochte
die fotografische Aufnahme den Augenblick dieser Geste festzuhalten und mit der
durchschlagenden Mobilisierungsfähigkeit des Bildes ihn als einem Bestandteil des
kulturellen Gedächtnisses festzuschreiben. Da bei der Fotografie des Kniefalls die
kontextuelle Bedeutungszuschreibung dominiert, konnte die Aufnahme zu einem
über das Abgebildete hinausweisenden visuellen Platzhalter werden. Erst die
Verbreitung der Fotografie im Anschluss an ihre Erstveröffentlichung markierte den
Beginn ihrer Ikonisierung.31 Durch diese visuelle Verdichtung wurde der Kniefall vor
dem Ghetto-Mahnmal langfristig zum Höhepunkt des gesamten Staatsbesuches
stilisiert. Damit blieb die Fotografie nicht nur das Schlüsselbild des Medienereignisses
sondern wurde auch zu einem „deutschen und europäischen Erinnerungsort“
erhoben, der einen Meilenstein auf dem Weg der Deutschen zu einer guten
Nachbarschaft in Europa verkörpert.32
Die hohe grenzüberschreitende Aufmerksamkeit für die symbolische Geste des
deutschen Bundeskanzlers darf hier allerdings nicht den Blick verstellen, dass auch in
den deutschen Medien, neben der Besprechung der „schockartigen Wirkung“ des
Kniefalls, in erster Linie die Unterzeichnung des Warschauer Vertrages als
bedeutungsvolles Ereignis debattiert wurde.33
Wie intendiert die Botschaft und was tatsächlich die Motive von Willy Brandt waren
bleibt dahingestellt, da es schlicht nicht feststellbar ist. Entscheidend ist hier, dass
die mediale Inszenierung es vermochte einen tatsächlichen und anhaltenden Effekt
auf die öffentlichen Diskurse in der Bundesrepublik auszuüben. Die narrative
Rahmung des Kniefalls als quasi-religiöses Stiftungsereignis vollbrachte jeglichen
Verdacht auszuräumen, Willy Brandt hätte den Kniefall aus Kalkül heraus
unternommen und entsprechend willentlich inszeniert. Während eine geplante
Inszenierung des Kniefalls als manipulative Symbolpolitik auf breite Ablehnung
gestoßen wäre, schuf die wohlwollende mediale Darstellung des Kniefalls als
spontane Eingebung des Augenblicks - nachgebend der Schuldenlast der Geschichte
- eine Aura der Authentizität. Der authentische Moment des Kniefalls hängt auch mit
der bildhaften Narration zusammen, nach der Brandt in dem Moment als er
„plötzlich“ auf die Knie sank, er auch seine Rolle als politischer Repräsentant
31 Bildikonen werden durch die Rezeption mit einer kollektiven Bedeutung aufgeladen und werden damit zu bildlichen Stellvertretern für die Interpretation eines in der Vergangenheit liegenden Ereignisses. Vgl. Hille: Willy Brandts Kniefall. 2008: 167f. 32 Vgl. Hille: Willy Brandts Kniefall. 2008: 171f und Krzemiński: Kniefall. 2001: 653. 33 Vgl. Schneider: Kniefall von Warschau. 2008: 412.
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aufstreifte und gleichsam zur individuellen Person wurde.34 Als einen persönlichen
Akt der Spontaneität stellt Willy Brandt dann auch die Entscheidung für die Geste in
seinen „Erinnerungen“ 1989 dar:
„Immer wieder bin ich gefragt worden, was es mit dieser Geste auf sich gehabt habe.
Ob sie etwas geplant gewesen sei? Nein, das war sie nicht. Meine engen Mitarbeiter
waren nicht weniger überrascht als jene Reporter und Fotografen, die neben mir
standen, und als jene, die der Szene ferngeblieben waren, weil sie ‚Neues’ nicht
erwarteten. Ich hatte nichts geplant, aber Schloß Wilanow, wo ich untergebracht
war, in dem Gefühl verlassen, die Besonderheit des Gedenkens am Ghetto-
Monument zum Ausdruck bringen zu müssen. Am Abgrund der deutschen Geschichte
und unter der Last der Millionen Ermordenten tat ich, was Menschen tun, wenn die
Sprache versagt.“35
Nach dieser Interpretation leistete er zum einen symbolisch Abbitte für alle
Deutschen, zum anderen schuf der Bruch des konventionellen politischen Rituals der
Kranzniederlegung eine personale Authentizität, die das Ereignis zu einer
einzigartigen Ikone werden lassen konnte.
Die Glaubhaftigkeit dieser „Symbolpolitik“ resultiert somit nicht alleinig aus dem
schauspielerischen Talent, welches für die Definition von symbolischer Politik als
täuschendes Politikspektakel sprechen würde, sondern aus der Verbindung und
Nutzung der Theatralik zur Kommunikation realer politischer Inhalte. Der Kniefall
symbolisierte den Auftakt zu einem selbstkritischen erinnerungspolitischen Wandel in
Bundesrepublik und die Bereitschaft zum Verzicht auf territoriale Ansprüche für die
Aufwertung der deutsch-polnischen Beziehungen. Somit war die symbolpolitische
Geste kein Ersatz für eine reale Politik sondern vermochte die konkreten politischen
Ziele effektiv zu unterstützen.36
Bezeichnend für das Medienereignis ist zudem, dass die Berichterstattung der Presse
aus dem Verstoß gegen die politische rituelle Ordnung am Rande der Reise des
Bundeskanzlers zur Unterzeichnung des Warschauer Vertrages ein harmonisierendes
Gesamtnarrativ schuf, dessen Höhepunkt der Warschau-Reise langfristig die
„Erzählung vom Kniefall“ bildete. Die Diskurse um die Vertragsunterzeichnung und
die Geste der symbolischen Anerkennung der deutschen Schuld verschwimmen
damit zu einer Erzählung. Mit diesem geschlossenen narrativen Plots wird das
Fundament für die dann einsetzende „symbolische Überhöhung“ 37 des Kniefalls
34 Vgl. Schneider: Kniefall von Warschau. 2008: 415f. und Schneider: Warschauer Kniefall. 2006: 114f. 35 Brandt: Erinnerungen. 1989: 214. 36 Vgl. Hille: Willy Brandts Kniefall. 2008: 166 und Mergel: Kulturgeschichte. 2010: 2f 37 Diese symbolische Überhöhung durch die Pressenarrative lässt sich treffend zur Konstruktion einer „symbolischen Konkurrenz“ in Abgrenzung zur Vergangenheit zuspitzen. Demnach stellt sich die Mobilisierung der christlichen Mythologie in der Kniefall-Erzählung dem „neuheidnischen
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gelegt. Die mediale Zuspitzung muss allerdings, wie angesprochen, vor dem
Hintergrund reflektiert werden, nicht Brandts Geste an sich, sondern deren
mythologische Aufladung und Überhöhung in der deutschen und internationalen
Presse bediente sich religiöser Bedeutungsmuster.38
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die breite mediale Rezeption der
symbolpolitischen Geste des Kniefalls die völkerrechtlichen Verträge von Moskau und
Warschau durch eine große moralische Kraft überhöhte und gleichzeitig den
einstmals gegen die Nationalsozialisten kämpfenden, exilierten Sozialdemokraten
Brandt zum Staatsmann und zur Ikone innerhalb und außerhalb Deutschlands
stilisierte. Die internationale Rezeption des Kniefalls wurde nicht zuletzt durch die
Verleihung des Titels „Man des Jahres 1970“ durch das amerikanische Magazin
„Time“ und die französische Zeitschrift „L’Express“ gefestigt, wie auch die Verleihung
des Friedensnobelpreises 1971 den deutschen Bundeskanzler erneut ins „mediale
Rampenlicht“ hob.39
4. Die Erinnerung an den Kniefall im Wandel der deutsch-polnischen
Beziehungen
Die mediale Inszenierung der symbolischen Geste Willy Brandts wurde zu einem
durchschlagenden Medienereignis löste langfristige und nachhaltige gesellschaftliche
Debatten aus.
Bis heute wird bei Untersuchungen oder Erzählungen des Kniefalls die mit dem
„Spiegel“-Titel „Durfte Brand knien?“ verbundene Umfrage des Allensbacher Instituts
zitiert: 48% der Befragten befanden den Kniefall für übertrieben, 41% für
angemessen und 11% wollten keine Meinung äußern. Die gespaltene Meinung zeigte,
dass mit dem Ereignis erst der Anfang eines Selbstverständigungsprozesses und
gesellschaftlichen Diskurses über den Umgang mit der deutschen Vergangenheit
ausgelöst wurde. Treffend bemerkte der Kommentar im „Spiegel“ die verschiedenen
Motivlagen für die Antworten der Befragten:
„Deutsche Schuld und katholischer Brauch, polnische Grenze und jüdisches Leid:
Jede dieser Fragen polarisiert die Ansichten unter den Deutschen.“40
Als innenpolitisches Signal der Geste lassen sich unter den Adressaten drei
Fraktionen skizzieren. Bei denjenigen Gesellschaftsgruppen, die von Aufbruch und
Nationalsozialismus“ und dem Holocaust-Verbrechen entgegen. „Das Kreuz ist die Reaktion auf das Hakenkreuz“. Im Januar 1971 illustrierte das Titelbild von „Time Magazine“ Willy Brand mit einer Collage vor einer Kreuz-Symbolik. Diese lässt sich sowohl als Gegenbild zum Nationalsozialismus (vgl. Schneider: Warschauer Kniefall. 2006: 285) wie auch zum Eisernen Vorhang (vgl. Schneider: Kniefall von Warschau. 2008: 415) interpretieren. 38 Vgl. Schneider: Warschauer Kniefall. 2006: 30f, 285. 39 Vgl. Wolffsohn / Brechenmacher: Denkmalsturz. 2005: 18 und Hille: Willy Brandts Kniefall. 2008: 165f. 40 Der Spiegel. Nr. 51/1970. Hamburg 14.12.1970: 27.
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Erneuerung träumten, bewirkte der Kniefalls eine entscheidende Wendemarke in
Brandts Kanzlerschaft: Von einem scheuen und schwer zugänglichen Politiker zu
einer begeisternden „Kultfigur“. Damit entsprach er dem Lebensgefühl einer jungen
aufbegehrenden Generation, die überzeugt von ihrer Unschuld, die Reue und
Reinigung der älteren Generationen forderte. Jedoch auch die breite Kritik des
konservativen Spektrums richtete sich weniger direkt auf die Geste sondern
vorwiegend gegen die politischen Inhalte und Zugeständnisse des Vertrages mit
Polen. Insbesondere sei hier die offizielle Anerkennung der Abtretung der ehemaligen
deutschen Ostgebiete an Polen als Folge der Kriegsniederlage und der
Bevölkerungsumsiedlungen genannt. So war in den Debatten um den Besuch in
Warschau auch vereinzelt die revisionistische Kritik zu hören, ein Bundeskanzler
habe nicht zu knien und schon gar nicht in Polen.41
Erst mit zunehmendem zeitlichem Abstand wurde Brandts Geste unumstritten als
eine historisch überfällige und bedeutende Geste wahrgenommen. Somit griff das
Ereignis den gesellschaftlichen Debatten über den angemessenen Umgang mit der
nationalsozialistischen Vergangenheit voraus. Das Medienereignis des Kniefalls
bildete damit eine kommunikative Verdichtung dieser kontroversen gesellschaftlichen
Diskurse im Kontext der Etablierung einer stabilen demokratisch-politischen Kultur.42
Die Kontroversität der Geste muss im erinnerungskulturellen Kontext des
Zeitpunktes betrachtet werden. 1970 waren eine Intensivierung der Aufarbeitung der
nationalsozialistischen Vergangenheit und dem damit verbundenen massiven
Generationenkonflikt bereits gut zwei Jahre im Gange. Bis in die späten 1950er Jahre
herrschte eine Zeit des „relativen Schweigens“, die von dem Bedürfnis geprägt war,
einen Schlussstrich unter die belastende Vergangenheit zu ziehen. Historische
Rückblicke wurde meist in verkürter Form dargestellt und die Verbrechen der
Deutschen nicht thematisiert. In den frühen 1960er Jahren rückten dann angestoßen
durch die aufsehenerregenden Prozesse gegen einige NS-Verbrecher im In- und
Ausland, die Täterschaft und die Dimension des Völkermordes ins öffentliche
Bewusstsein. Auschwitz wurde zu einem Synonym für die belastete Vergangenheit.
Auch die personellen und ideologischen Kontinuitäten aus der NS-Vergangenheit
stießen zunehmend auf öffentliche Kritik. Die massive Kritik der 68er-Bewegung an
der als völlig ungenügend empfundenen Entnazifizierung lenkte die öffentliche
Debatte auf die Hinterfragung der Zusammenhänge der Organisationsformen von
Gesellschaft, Wirtschaft und Staat im Kapitalismus und im Faschismus. Nach dieser
41 Vgl. Wolffsohn / Brechenmacher: Denkmalsturz. 2005: 15, 28f und Fischer: Volk. 2005: 56f. 42 Vgl. Fröhlich, Claudia: Rückkehr zur Demokratie. Wandel der politischen Kultur in der Bundesrepublik. In: Reichel, Peter / Schmid, Harald / Steinbach, Peter (Hrsg.): Der Nationalsozialismus. Die zweite Geschichte. Überwindung – Deutung – Erinnerung. Bonn / München 2009. S. 105-126: 119f.
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grundlegenden Systemkritik erfuhr die öffentliche Auseinandersetzung mit der
Thematik gegen Ende der 1970er Jahre eine weitere Intensivierung.
Öffentlichkeitswirksam waren hier insbesondere die so genannte „Hitler-Welle“ in den
Medien und die „Holocaust-Fernsehserie“. Somit fand erst knapp zehn Jahre nach
dem Kniefall eine breitenwirksame Enttabuisierung der NS-Vergangenheit statt, in
der die Opfer deutlicher in den Fokus der Auseinandersetzungen rückten. Jedoch erst
Mitte der 1980er Jahre konnte sich im Zuge des „Historikerstreits“ der Holocausts als
singuläres und zentrales negatives Ereignis der deutschen Geschichte durchsetzen.
Dies geschah vor dem Hintergrund der Abwehr der Versuche konservativer Kreise
durch den Verweis auf stalinistische Verbrechen den Nationalsozialismus zu
relativieren und wieder ein positives deutsches Selbst- und Geschichtsbild zu
implementieren. Damit manifestierte sich die Erkenntnis, dass die Erinnerung an die
NS-Verbrechen und ihre Opfer einen bleibenden Platz im Selbstbewusstsein
Deutschlands einnehmen müssen.43
1970 gehörte die Einzigartigkeit des Mordes an den europäischen Juden noch nicht
zum Basiskonsens bundesdeutscher Geschichtsinterpretationen, genauso wie die
vertragliche Annerkennung der polnischen Westgrenze als Ergebnis des
selbstverschuldeten Weltkrieges die Gemüter in der deutschen Gesellschaft erregte.
Die symbolpolitische Geste des Kniefalls fällt somit in das Anfangsstadium der
gesellschaftlichen Konsensbildung über den Umgang mit der nationalsozialistischen
Vergangenheit.
Für die polnische Gesellschaft unter der Regulierung des kommunistischen Regimes
waren die symbolische Geste des deutschen Bundeskanzlers und die
Vertragsunterzeichnung nicht weniger erregend und ergreifend. Bei der Analyse der
medialen und politischen Reaktionen in der Volksrepublik gilt es die totalitären
Strukturen und die öffentlichkeitswirksamen Inszenierungen des Regimes kritisch zu
berücksichtigen. So ist belegt, dass neben dem staatsoffiziellen Verschweigen, die
demütige Geste des Kanzlers auch in Polen emotionale Reaktionen hervorrief. Selbst
der polnische Ministerpräsident Józef Cyrankiewicz ließ Brandt bei seiner Abreise
wissen, dass die Geste vielen sehr nahe gegangen sei und seine Frau abends
„bitterlich geweint habe“.44
Neben dem zensieren Fotosausschnitt in den polnischen Tageszeitungen wurde die
Szene des Kniefalls auch kurz in den Nachrichten des polnischen Staatsfernsehens
gezeigt. Für die Generation der Kriegsüberlebenden hatte diese erste öffentliche
Geste der Reue Deutschlands eine große Bedeutung, genauso wie sie für die jungen
43 Vgl. Jordan: Konfrontation. 2008: 61ff und Wagner, Bernd: Deutsche Erinnerungskulturen und Geschichtspolitik nach 1945. In: Wagner, Bernd (Hrsg.): Jahrbuch für Kulturpolitik 2009. Band 9. Thema: Erinnerungskulturen und Geschichtspolitik. Essen 2009. S. 17-30: 19f. 44 Vgl. Brandt: Erinnerungen. 1989: 215.
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Generationen eine unerwartete Perspektive auf die Bundesrepublik warf, welche sie
bisher nur aus der offiziellen antiwestdeutschen Propaganda und den leidvollen
Erzählungen der Überlebenden kannten.
Dass sich der kniende deutsche Bundeskanzler in Polen nicht als visuelles Symbol für
den Durchbruch bzw. den Anfang der deutsch-polnischen Annäherung durchsetzte,
ist vordergründig auf die bewusste Manipulation des kommunistischen Regimes
zurückzuführen. Die jahrzehntelange Ablehnung Westdeutschlands, die neue
Westgrenze anzuerkennen und die offenen Revisionsforderungen der
Vertriebenenverbände, bildeten für die kommunistische Propaganda in der
Volksrepublik ein willkommenes Disziplinierungsargument. Sowohl für die verordnete
Freundschaft zum sozialistischen Bruderstaat DDR wie für die ewige Treue zur
großen Schutzmacht Sowjetunion war das Misstrauen gegenüber einer angeblichen
revisionistischen und aggressiven Bundesrepublik konstitutiv.45
25 Jahre nach dem Vernichtungskrieg waren die Erinnerung an den Widerstand und
die erbrachten Opfer grundlegend für das polnische Selbstwertgefühl und die
Komplexe über den Verrat der Westalliierten an Polen während des Krieges sowie die
anhaltende internationale Verkennung der polnischen Tragödie wirkungsvoll. Das
spannungsgeladene jüdisch-polnische Verhältnis führte bis in eine Opferkonkurrenz
um den Anspruch als primäres Opfer der Geschichte zu gelten. Polen hatte sein
Martyrium in einem Ausmaß glorifiziert, dass es versuchte mit dem Stellenwert der
Kriegs- und Vernichtungskatastrophe in der jüdischen Erinnerung zu rivalisieren. In
der offiziellen Erinnerung wurden die 3,2 Millionen ermordeten polnischen Juden in
der Opferstatistik der 6 Millionen polnischen Opfer meistens nicht gesondert
aufgeführt. Bis Ende der 1960er Jahre waren antisemitische Parolen noch als Mittel
innenpolitischer Machtkämpfe anzutreffen und knapp 30.000 polnische Juden und
Holocaustüberlebende wurden in dieser Zeit zur Emigration gedrängt.46
Vor dem Hintergrund der antijüdischen Tendenzen und des Opferkomplexes war der
Kniefall des Bundeskanzlers am Mahnmal für die Opfer des Warschauer Ghettos eine
Provokation für das Regime. Neben dem Ort kam auch der Zeitpunkt für die
polnischen Kommunisten ungelegen, da in dem Land aufgrund der wirtschaftlichen
Probleme unmittelbar eine große Streikwelle drohte, die eine Woche nach dem
Kniefall zu blutigen Ausschreitungen in Danzig und Stettin führte.47
In der Volksrepublik Polen gab es zwar, anders als in der Bundesrepublik, kaum
Gegner des Vertrages von 1970 und später der Helsinki-Vereinbarung (1973), aber
45 Vgl. Krzemiński: Kniefall. 2001: 647ff. 46 Vgl. Young, James E.: Formen des Erinnerns. Gedenkstätten des Holocaust. Wien 1997 (zuerst engl.: The Texture of Memory. Holocaust Memorials and Meaning. New Haven 1993): 173ff. 47 Vgl. Krzemiński: Kniefall. 2001: 648f und Wolffsohn / Brechenmacher: Denkmalsturz. 2005: 25, 162.
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die internationale Umsetzung führte zu politischen Konflikten. Die kommunistischen
Regierungen in Polen waren nicht ernsthaft bereit, aufgeschlossen mit den
historischen und aktuellen Aspekten von Flucht und Vertreibung sowie mit den
Problemen der Situation der deutschen Minderheit und den Ausreisewilligen
Deutschstämmigen umzugehen. Die immer wieder praktizierte Verknüpfung von
Menschenrechten und Wirtschaftshilfen, Entschädigungszusagen für polnische NS-
Opfer und Ausreiseerleichterungen verlieh den Beziehungen bisweilen einen
Beigeschmack eines „Kuhhandels“.48
Kritische Stimmen begründen den Umstand, dass sich der Kniefall in Polen langfristig
nicht als Symbol der Versöhnung durchsetzen konnte, auch mit der zurückhaltenden
politischen Haltung der SPD und Willy Brandts gegenüber den frühen Umbrüchen in
der Volksrepublik Polen. So schlug Willy Brandt bei seiner Polenreise 1985 anlässlich
des 15. Jahrestages des Warschauer Vertrages ein Treffen mit dem inzwischen
legendären Arbeiterführer und gleichrangigen Friedensnobelpreisträger Lech Wałęsa
aus. Auch wenn die historischen Fakten andere Ergebnisse liefern, wurde den
deutschen Sozialdemokraten eine mangelnde Unterstützung für die unterdrückte
Freiheitsbewegung und ein zu langes Festhalten an dem bilateralen „Wandel durch
Annäherung“ vorgeworfen. So konnte das Bild der „Umarmung von Kreisau“
zwischen Helmut Kohl und Tadeusz Mazowiecki (1989) als „Ikone der deutsch-
polnischen Versöhnung“ dem „Kniefall“ ernsthaft konkurrieren, auch wenn sich
tatsächlich die deutschen Gewerkschaftler und Sozialdemokraten mit
Schmuggelaktionen für die Solidarność einsetzen, während die Christdemokraten
versuchten die deutsche Minderheit in Schlesien zu mobilisieren und bis zum
Nachbarschaftsvertrag (1990/91) Zweifel an der Bindung der Grenzanerkennung von
1970 ließen.49
Diese politische Brisanz zeichnet sich nicht zuletzt in der internationalen Erinnerung
an die beiden Aufstände in Warschau von 1943 und 1944 aus. Während das deutsch-
polnische Verhältnis davon getrübt wurden, dass neben dem Bundespräsidenten
Roman Herzog (1994) auch bereits Willy Brandt und sein Staatssekretär Egon Bahr
den Aufstand im Warschauer Ghetto (1943) mit dem Warschauer Aufstand (1944)
verwechselten und dies deutsche Fernsehdokumentation bei ihrer Bildauswahl
wiederholt taten, hatte das Thema insbesondere in der polnisch-jüdischen
Erinnerungskultur ein Spannungspotenzial.50
48 Vgl. Kleßmann, Christoph: Ostpolitik und Koexistenz der Systeme. In: Becher, Ursula A. J. / Borodziej, Włodzimierz / Maier, Robert (Hrsg.): Deutschland und Polen im 20. Jahrhundert. Analysen – Quellen – didaktische Hinweise. Bonn 2004 (zuerst: Braunschweig 2001). S. 97-98. 49 Vgl. Krzemiński: Kniefall. 2001: 650. 50 Vgl. Krzemiński: Kniefall. 2001: 639 und Wolffsohn / Brechenmacher: Denkmalsturz. 2005: 161.
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Der Ghetto-Aufstand zählte zu den Gründungsmythen des Staates Israel wie das
Synonym „Warschauer Aufstand“ sich auch in der amerikanischen Erinnerung für das
Ereignis von 1943 statt für 1944 durchsetzte. Zudem war das Denkmal für die Opfer
des Ghetto-Aufstandes in Warschau keine rein polnische Initiative. Bereits 1943/44
entwarf Natan Rappaport das Denkmal in der Sowjetunion, gestaltete es in Paris,
und ließ es per Schiff in die polnische Hauptstadt transportieren. Dort wurde das
„Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos“ 1948 von der stark dezimierten
jüdischen Gemeinde auf dem Trümmerfeld des ehemaligen Ghettos eingeweiht. Für
die Überlebenden des Warschauer Aufstandes von 1944 rief es in der Zeit der
Volksrepublik das Fehlen einer Gedenkstätte für ihren Aufstand in Erinnerung. Die
sowjetische Zensur verhinderte bis August 1989, dass mit einem Denkmal dem
polnischen Selbstbefreiungsversuch von 1944 gedacht werden konnte. Somit wurden
bis zur Überwindung der kommunistischen Diktatur und Etablierung einer freien
Erinnerungskultur die beiden Aufstände in der staatlichen Propaganda gegeneinander
ausgespielt. Erst in der demokratischen dritten polnischen Republik konnte ein
pluralistisches Gedenken an beide Aufstände ermöglicht werden.51
Nach 1989/90 konnten die deutsch-polnischen Beziehungen auf eine neue Grundlage
gestellt werden und es fand in Polen eine neue Verständigung über die „Ostpolitik“,
die Willy Brandt und Egon Bahr 1966 im Auswärtigen Amt einleiteten, statt. Es lässt
sich festhalten, dass erst diese Wende in der deutschen Außenpolitik, beginnend mit
den Verträgen von Moskau und Warschau, die Grundlagen zu einer qualitativen
Verbesserung des deutsch-polnischen Verhältnisses im Kontext der internationalen
Entspannung zwischen Ost und West schufen. Von entscheidender Bedeutung war
dabei, dass die seit 1969 regierende sozialliberale Koalition bereit war, der
Volksrepublik Polen bezüglich der Oder-Neiße-Grenze entgegenzukommen. Bei der
Unterzeichnung der „Ostverträge“ war keineswegs klar, ob sie die zur Ratifizierung
nötige parlamentarische Mehrheit im Bundestag finden würden. Die erfolgreiche
Ratifizierung der Verträge am 17. Mai 1972 bildete damit eine Zerreisprobe für die
Koalition. Wenn Willy Brandt und Egon Bahr in ihren Erinnerungen mit Bedauern
feststellen, dass die hohen Erwartungen und Chancen, die sich nach der
Vertragsunterzeichnung für die Gestaltung der Beziehungen zwischen der
Bundesrepublik und der Volksrepublik ergaben weitgehend ungelöst blieben, so trifft
dies nur begrenzt zu. Richtig ist zwar, dass die konkrete Handhabung der
Aussiedlung von Polen mit deutschen Wurzeln kontrovers blieb und dass die
51 Am 1. August 1994 hielt der deutsche Bundespräsident Herzog für seine Rede vor dem Denkmal des Warschauer Aufstandes große Anerkennung. Er bekräftigte sowohl die Verneigung vor den Kämpfern des Warschauer Aufstandes wie allen polnischen Opfern und die Bitte um Vergebung für die Taten der Deutschen. Vgl. Young: Formen des Erinnerns. 1997: 231ff und Krzemiński: Kniefall. 2001: 642, 646f.
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Entspannungspolitik in den 1970er Jahren zunehmend an Euphorie verlor, aus
unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Gründen. Aber die deutsche
Außenpolitik veränderte weder unter Helmut Schmidt noch unter Helmut Kohl die
von Brandt festgelegten Grundlagen der Beziehungen zur Volksrepublik Polen.52
Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung 1999 einen Platz in Warschau nach
Willy Brandt zu benennen für die Bewertung der „Ostpolitik“ und der Durchsetzung
der symbolträchtigen Geste Willy Brandts in der öffentlichen Erinnerung in Polen ein
Wendepunkt. Erstmals wurde in der polnischen Hauptstadt neben den zahlreichen
Erinnerungsorten an die deutschen Verbrechen während der Besatzungszeit auch an
einen positiven Moment der deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte erinnert.53 Im
Jahr 2000 reiste Bundeskanzler Gerhard Schröder anlässlich der Einweihung eines
Willy-Brandt-Denkmals auf dem neuen Willy-Brandt-Platz in unmittelbarer Nähe zum
Ghetto-Denkmal in die polnische Hauptstadt. Im Beisein des polnischen
Ministerpräsidenten Jerzy Buzek gedachte der Bundeskanzler des 30. Jahrestages
des Kniefalls Willy Brandts. Das Denkmal ziert eine Reliefplatte welche den knienden
Bundeskanzler zeigt. Spätestens mit seiner „Monumentalisierung“ wurde der Kniefall
zu einer unumstrittenen herausragenden politischen Ikone.54
Die gesamte deutsche Presse feierte mit großem Pathos den Kniefall als eines der
bedeutendsten Ereignisse der deutschen Nachkriegsgeschichte. In der Retrospektive
wurde dezidiert auf den nationalen Symbolcharakter dieser Geste hingewiesen. Dass
diese allerdings 1970 keineswegs unumstritten war und die Debatte über die Inhalte
des Warschauer Vertrages die Schockwirkung des Kniefalls überlagerten wurde in der
Presse zur Jahrtausendwende selten herausgestrichen.55 Damit fand 30 Jahre nach
dem Medienereignis zur symbolpolitischen Geste von Willy Brandt vor dem Ghetto-
Denkmal erneut ein Medienereignis anlässlich der symbolpolitischen Einweihung
eines Denkmals für den Kniefall statt. Dem in Erinnerung gerufenen, fotographisch
fixierten Augeblick wurde mit der Denkmaleinweihung als Bildikone ein fester Platz
im deutsch-polnischen öffentlichen Gedächtnis gegeben.
Abschließend lässt sich konstatieren, dass Willy Brandts Kniefall in Warschau als
grenzüberschreitendes Medienereignis gesellschaftliche Debatten auslöste. In der
Bundesrepublik Deutschland trug die mediale Bewertung und Strukturierung der
Erzählung vom Kniefall zur Auslösung eines gesellschaftlichen
Verständigungsprozesses über den erinnerungspolitischen Umgang mit der
deutschen Vergangenheit bei. Die breite mediale Rezeption verdeutlicht ein
52 Vgl. Barbian: Einführung. 1999: 14f. und Benz / Graml: Zwanzigste Jahrhundert. 2000: 309, 488f. 53 Vgl. Krzemiński: Kniefall. 2001: 638f. 54 Vgl. Schneider: Warschauer Kniefall. 2006: 17f. 55 Vgl. Schneider: Warschauer Kniefall. 2006: 17ff und Schneider: Kniefall von Warschau. 2008: 412f.
22
gelungenes Beispiel für das wechselseitige Verhältnis von politischer Kommunikation
und medialer Inszenierung. Durchschlagend war die symbolpolitische Geste
insbesondere aufgrund der Verwendung kulturell festgeschriebener religiöser
Sinnstiftungs- und personifizierter Erzählmuster. Die Fotografie des knienden
Kanzlers entwickelte sich zur Bildikone für die kritische Aufarbeitung der deutschen
Vergangenheit und auch für den deutsch-polnischen Versöhnungsprozess. In Polen
war die symbolpolitische Geste aufgrund der staatlichen Geschichtspolitik des
kommunistischen Regimes bis 1989 nicht durchschlagend. Mit den Feierlichkeiten
zum 30. Jahrestag des Kniefalls in Warschau (2000) wurde das Ereignis in beiden
Staaten erneut als Medienereignis inszeniert und ins kulturelle Gedächtnis gerufen.
5. Zusammenfassung
Die symbolträchtige Geste des Kniefalls von Willy Brandt vor dem Mahnmal für die
Opfer des Ghettoaufstandes in Warschau (1970) wurde zu einem
grenzüberschreitenden Medienereignis. Während in der Bundesrepublik Deutschland
die Massenmedien das Ereignis mit einer Fülle von Erzählmustern inszenierten,
wurde das Ereignis in den staatlichen Medien der Volksrepublik Polen
heruntergespielt.
In der Bundesrepublik löste das Medienereignis breite gesellschaftliche Debatten
über den Umgang mit der deutschen Vergangenheit und den außenpolitischen Kurs
gegenüber der Volksrepublik Polen aus. Die mediale Sinnstiftung des Kniefalls
bediente sich christlich-religiöser Bilder. Die symbolpolitische Geste wurde zu einem
Akt der „selbstlosen Aufopferung“ Willy Brandts stilisiert, in dem der Kanzler
symbolisch Abbitte für alle Deutschen leiste. Zum anderen schuf der Bruch des
konventionellen politischen Rituals der Kranzniederlegung eine personale
Authentizität. Die sinnstiftende mediale Interpretation in der Inszenierung des
Kniefalls wurde von Willy Brandt wohlwollend in seiner Autobiographie aufgegriffen.
Die Glaubhaftigkeit dieser „Symbolpolitik“ war nicht das Resultat eines gelungenen
täuschenden Politikspektakels sondern diente zur Kommunikation realer politischer
Inhalte. Der Kniefall markierte den Auftakt zu einem selbstkritischen
erinnerungspolitischen Wandel in der Bundesrepublik und der Bereitschaft zum
Verzicht auf territoriale Ansprüche für die Verbesserung der deutsch-polnischen
Beziehungen. Die symbolpolitische Geste war hier kein Ersatz für eine reale Politik
sondern vermochte die konkreten politischen Ziele effektiv zu unterstützen.
Die Geste ging als eine Bildikone in der Geschichte der Pressefotographie ein. Durch
diese visuelle Verdichtung wurde der Kniefall vor dem Ghetto-Mahnmal langfristig
zum Höhepunkt des gesamten Staatsbesuches stilisiert und damit zu einem
Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses. Erst mit zeitlichem Abstand wurde
23
Brandts Geste unumstritten als eine historisch überfällige und bedeutende Geste
wahrgenommen. Somit griff das Ereignis den gesellschaftlichen Debatten über einen
angemessenen Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit voraus.
Für die polnische Gesellschaft unter der Regulierung des kommunistischen Regimes
waren die symbolische Geste des deutschen Bundeskanzlers und die
Vertragsunterzeichnung nicht weniger bewegend. Vor dem Hintergrund antijüdischer
Tendenzen und des polnisch-jüdischen „Opferkomplexes“ war der Kniefall des
Bundeskanzlers am Denkmal für die Opfer des Warschauer Ghettos eine Provokation
für das Regime. In der Presse der Volksrepublik Polen standen die Fotos der
Vertragsunterzeichnung im Vordergrund.
Die kommunistische Zensur verhinderte bis August 1989, dass mit einem Denkmal
dem polnischen Selbstbefreiungsversuch, dem Warschauer Aufstand von 1944,
gedacht werden konnte. Somit wurden bis zur Überwindung der kommunistischen
Diktatur und der Ermöglichung einer freien Erinnerungskultur die Aufstände im
jüdischen Ghetto (1943) und in Warschau (1944) in der staatlichen Propaganda
gegeneinander ausgespielt.
Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung zur Errichtung eines Willy-Brandt-
Denkmals in Warschau (2000) für die Bewertung der „Neuen Ostpolitik“ und der
Durchsetzung der symbolträchtigen Geste Willy Brandts in der öffentlichen
Erinnerung in Polen ein Wendepunkt. Erstmals wurde in der polnischen Hauptstadt
neben den zahlreichen Erinnerungsorten an die deutschen Verbrechen während der
Besatzungszeit auch an einen positiven Moment der deutsch-polnischen
Beziehungsgeschichte erinnert.
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6. Literaturverzeichnis
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