„Warum bist du so anstrengend?“ F… · (Studie von Prof. Spohr, FASD-Zentrum, Charité Berlin,...

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„Warum bist du so

anstrengend?“

FASD im

Erwachsenenalter

Gerhild Landeck, FASD Deutschland e.V.

FASD – was ist das?

• Durch Alkohol in der Schwangerschaft entstehen

beim Ungeborenen irreparable Schäden.

• Der Oberbegriff lautet dafür:

• Fetal Alcohol Spectrum Disorder

• (Fetale Alkohol Spektrumsstörung)

• Alkohol ist wasserlöslich und überwindet die Plazentaschranke.

• Das Baby erhält Alkohol über die Nabelschnur und hat innerhalb weniger Minuten denselben Alkoholspiegel wie die Mutter.

• ABER: Die Mutter baut den Alkohol um das 10fache schneller ab als das Kind.

• Wenn die Mutter wieder nüchtern ist, ist ihr Baby noch der schädigenden (teratogenen) Wirkung des Alkohols ausgesetzt.

• Nicht nur Alkoholikerinnen können Kinder schädigen

Baby trinkt mit!

FASD – was ist das?

• Bekannter sind im deutschsprachigen Raum

die Bezeichnungen

Alkoholembryopathie (AE)

Fetales Alkoholsyndrom (FAS)

Schäden durch Alkohol-Begriffserklärungen

FAS = Fetales Alkoholsyndrom

(Alkoholembryopathie)

FAE = PFAS Fetale Alkoholeffekte bzw. Partielles Fetales Alkoholsyndrom

ARBD = Alkoholbedingte Geburtschäden (Alcohol Related Birth Defects)

ARND = Alkoholbedingte neurologische Entwicklungsstörungen (Alcohol Related NeurodevelopmentalDisorders)

FASD ist ein

„Regenschirm-

begriff“

Fetal Alcohol Spectrum Disorders

Oberbegriff FASD

1720, während der sog. "GinEpidemie" in Großbritannien, erkannten Ärzte, dass (Zitat)

"Alkohol die Ursache von dünnen, schwachen und jämmerlichen Kindern sei"

1899 entdeckte der Liverpooler Gefängnisarzt William Sullivan, dass Kinder durch Alkoholgenuss der Mutter geschädigt wurden.

Ist FASD neu?

Zeitgenössisches Bild von William Hogarth

1967 entdeckt Lemoine (Frankreich) und seine Kollegen einen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und geschädigten Kindern

1973 David Smith und Ken Jones (Seattle USA)gaben diesem Krankheitsbild den Namen:

FAS (Fetales Alkohol Syndrom)

Seit über 40 Jahren ist FASD bekannt und doch werden weiterhin jährlich ca. 15.000

geschädigte Kinder geboren.

Ist FASD neu ?

Missbildungen

erzeugende

Substanzen

• Medikamente

• Illegale Drogen (Heroin, Kokain etc.)

• Umweltschadstoffe

• Nikotin

• Alkohol

• Andere Gifte – z.B. Schwermetalle

Schäden durch Alkoholim Vergleich zu anderen toxischen Stoffen

Schäden Alkohol Amphetamine Kokain Marihuana Tabak Heroin

Schwangerschaft

Spontaner Abort XXX xxx

Vermehrt Totgeburten Xxx Xxx Xxx

Bei der Geburt

Niedriges Geburtsgewicht

Xxx Xxx Xxx Xxx Xxx Xxx

Gesichtsanomalien xxx

Kleiner Kopf Xxx Xxx Xxx

Atemprobleme xxx Xxx Xxx

Organschäden xxx xxx HIV-Risiko

Geburtsfehler xxx Xxx Vermehrtes Halluzinieren

Schäden durch Alkohol

Säuglingsalter

Ernährungsprobleme Xxx Xxx xxx Xxx

Exzessives Schreien Xxx Xxx xxx Xxx Xxx

Erhöhtes Kindstodrisiko Xxx Xxx Xxx Xxx

Wachstumsstörungen Xxx Xxx

Schlafprobleme Xxx Xxx Xxx Xxx Xxx

Entwicklungsverzögerung Xxx xxx xxx

Schäden durch Alkohol

Kindesalter-Erwachsene

Intelligenzminderung xxxx xxx xxx xxxx

Unaufmerksamkeit Xxx Xxx Xxx Xxx xxx

Hyperaktivität Xxx xxxx Xxx Xxx xxx

Verhaltensauffälligkeiten Xxx Xxx Stimmungsschwankungen

Lernprobleme Xxx Xxx Xxxx

Vorgeburtliche Entwicklung

• Schäden in allen Organen sind möglich z.B.

• Niere, Herz

• Genitale

• Extremitäten, Wirbelsäule

• Ohren, Augen, Mund

• Muskeln, Nerven

• Gesicht, Kiefer, Gaumen

Körperliche

Schäden

Gesichtsmerkmale

Gesichter

Schäden durch

Alkohol

Aber: nur 30 % der

Betroffenen zeigen

diese äußerlich

sichtbaren Merkmale!

FAS kann man sehen -

- pFAS häufig nicht

Gehirn

CHAOS im Gehirn

FASD im Alltag

Bei Säuglingen und Kleinkindern:

Frühgeburten

Alkoholentzugssyndrom

„Schreibabys“

Einschlaf- und Durchschlafstörungen

Gedeihstörungen

Regulationsstörungen

Ernährungsstörungen

FASD im Alltag

Bei Schulkindern:

Mangelnde Gewichtszunahme

Mangelndes Größenwachstum

Entwicklungsverzögerung

Verhaltensprobleme

Kognitive Störungen

Hyperaktivität

Impulsivität

Soziale Auffälligkeiten

Störungen der exekutiven Funktionen

FASD im Alltag

Bei Jugendlichen:

Lernstörungen

Schulversagen

Probleme mit der Berufsausbildung

Auffälligkeiten im Sexualverhalten

Gewichtszunahme (Mädchen)

Lügen, Stehlen

Falsche Freunde

Kriminalität

FASD im Alltag

bei Erwachsenen:

psychiatrische Diagnosen und Erkrankungen

fehlende Alltagskompetenz

Mangelnde Eigenwahrnehmung

Eingeschränkte Geschäftsfähigkeit

Gewichtszunahme (Mädchen)

Verleitbarkeit

Kriminalität

„Partytalker“

Problembereiche bei

Planen

Lernen und Gedächtnis

Aufmerksamkeit

Flexibilität

Selbstkontrolle

(Jessica-Christine Wagner, Zentrum für Menschen mit angeborenen Alkoholschäden)

Problembereiche bei

Konzeptbildung und Verständnis

Wahrnehmung

Empathie

Verhalten

Belastbarkeit

(Jessica-Christine Wagner, Zentrum für Menschen mit angeborenen Alkoholschäden)

26 Jahre, hochintelligent, hochgradiges ADS,, möchte einen erzieherischen Beruf erlernen

Erwachsene mit FASD

• fordert viel Aufmerksamkeit anderer

Menschen- verschleißt sie

• bricht Versprechen und Vereinbarungen

• ist unberechenbar

• liebt intensive Erfahrungen

„am Limit leben“

• mag keine Veränderungen

FAS, Mikrozephalus, Minderwuchs, Hat keine normale Sprache entwickelt.

Erwachsene mit FASD

• ist abgestempelt als faul, unreif, unmotiviert

• unfähig, um Hilfe zu bitten, sogar in

Krisenzeiten

• kein Zeitgefühl, kann nicht den Unterschied

zwischen 10 Minuten und einer Stunde

erklären

• hat Schwierigkeiten, Dinge leise zu tun

Erwachsene mit FASD

Jetzt 27 Jahre alt, erste Lehre abgebrochen,, Erfahrungen mit Alkohol, Zweite Lehre abgeschlossen,

• unorganisiert, unordentlich, schlampig

• vergisst Medikamente zu nehmen

• unfähig, Sicherheitsanweisungen zu befolgen

• unfähig mit Geld umzugehen

• fordert viel Zeit und Aufmerksamkeit ein

aber……

• Menschen mit FASD sind oft auch

• sehr hilfsbereit

• freundlich und offen

• mitfühlend gegenüber anderen Menschen mit Beeinträchtigungen

• kreativ

• unvoreingenommen

Sekundäre Folgen erwachsener Personen mit FASD

-95 % haben gesundheitliche Probleme

-60 % haben die Schule abgebrochen

- 60 % haben Probleme mit dem Gesetz

-55% sind in Haft, bzw. psychiatrischer Unterbringung

oder einer Suchtklinik

- 52 % zeigen ein unangemessenes Sexualverhalten

(amerikanische Studie v. A. Streissguth)

Sekundäre Folgen Erwachsener mit FASD

70,5 % können nicht selbständig leben und sind dauerhaft auf

Betreuung angewiesen

12 % berufstätig

13,5 % haben einen Beruf erlernt

86,5 % haben Probleme mit dauerhafter Beschäftigung

(Studie von Prof. Spohr, FASD-Zentrum, Charité Berlin, 2015)

Schwierigkeiten der

Eingliederung in

Arbeit

- ca. 80 % auf Grund fehlender Grundkompetenzen nicht dauerhaft auf dem 1. AM integrierbar

- Fehlen geeigneter Arbeitsplätze

- bestehende Wissensdefizite im Arbeitsumfeld

- fehlender Realitätssinn

Konflikte mit dem

Gesetz

• häufiger als der Durchschnitt der Bevölkerung

• Mangel an Impulskontrolle

• empfänglich für kriminelles Verhalten (Mitläufer, Gruppendruck)

• Tendenz zu aggressiven Ausbrüchen

• erscheinen unbelehrbar

Konflikte mit dem

Gesetz

• Vernehmung: verstehen Zusammenhänge nicht

• fehlendes oder lückenhaftes Erinnerungsvermögen

• legen ein „falsches“ Geständnis ab

• erscheinen nicht zum Termin

• können der Verhandlung nicht folgen

Begleiterkrankungen

• Depressionen

• Psychotische Störungen

• Angststörungen

• ADS, ADHS

• Persönlichkeitsstörungen

• Störungen des Sozialverhaltens

• Bindungsstörungen

• posttraumatische Belastungsstörungen

• Antriebslosigkeit

• u.v.m.

Erwachsene mit

FASD leiden…

• Fehldiagnosen

• Arbeitslosigkeit

• Geringes Selbstwertgefühl

• Familien- und Beziehungsprobleme

• Erziehungsunfähigkeit

• Obdachlosigkeit

• Gesetzeskonflikte

• Gerhild Landeck, FASD Deutschland. e.V.

Diagnostik

• Im Erwachsenenbereich:

• nach neuem DSM 5 (im Anhang)

(Diagnostic and Statistical Manual of Mental

Disorders)

diagnostischer und statistischer Leitfaden psychischer

Störungen, eines Klassifikationssystems in der Psychiatrie

Dilemma der

Begutachtung

• Behinderung ist nicht sofort sichtbar

• mitunter gute Einzelleistungen im verbalen

Bereich

• Fehlinterpretation von Verhaltensauffälligkeiten

• Emotionale Unreife mindert intellektuelle

Fähigkeiten

• Keine Alltagsstruktur trotz guter Förderung

• Mühevoll erreichte Schulabschlüsse verhindern

Wege in berufliche Reha

Wo leben die von FASD betroffenen Menschen ?

• die Mehrheit erwachsener Betroffener leben vermutlich undiagnostiziert ohne Hilfen

• besonders schwere Fälle werden wahrscheinlich relativ früh in Behinderteneinrichtungen untergebracht

• in Soz.-therapeutischen Wohngruppen

• in betreutem Einzelwohnen oder Gastfamilien

• in Obdachlosenunterkünften

Spannungsfeld

Selbstbestimmung

• PRO:

• SGB IX § 1 Selbstbestimmung und Teilhabe in der Gesellschaft

• KONTRA:

• emotionale Unreife

• können keine Entscheidungen treffen

• benötigen enge Bezugsperson

Hürden bei der

Hilfe:

für den Hilfesuchenden:

fehlendes Selbstvertrauen

Fremdheit, Scham

mangelnde Motivation

Ausweglosigkeit

Schwierigkeit, Vertrauen aufzubauen

Diskrepanz zwischen Hilfebedarf und

Hilfeannahme

Gerhild Landeck, FASD Deutschland E.V.

Hürden bei der

für den Helfer:

andere Sichtweise

fehlende Empathie

zu hohe Erwartungen

eigene Grenzen

fehlendes Hintergrundwissen über FASD

Erwartungen:

• Wir gehen von bestimmten Veränderungsmöglichkeiten und Lernfähigkeiten aus.

• Wir erkennen nicht, dass ihre Ziele unrealistisch sind.

• Wir rechnen mit therapeutischen Erfolgen.

• Wir gehen davon aus, dass sie unsere Regeln und Termine einhalten können und sich zurechtfinden.

Quelle: Bernd Bohle, Therapeut Suchtklinik

Erwartungen:

• Wir achten nicht auf ihre leichte Beeinflussbarkeit.

• Wir trauen ihnen viel mehr zu, als sie tatsächlich leisten können.

• Wir überfordern dadurch diese Menschen

• und machen unangemessene Behandlungsangebote.

Quelle: Bernd Bohle, Therapeut Suchtklinik

Empfehlungen

für den Alltag

• Vertrauensperson

• langfristige Begleitung, Coaching

• Unerschütterlichkeit der Helfer

• Beharrlichkeit

• Berücksichtigung der individuellen kognitiven

Einschränkungen

Alltagstipp

Menschen mit FASD benötigen Bezugspersonen

mit den Qualitäten eines Marathonläufers, die sie immer wieder da abholen, wo sie stehen

Familiendynastien

„Das einzig

Kontinuierliche ist das

Diskontinuierliche“(Prof. Spohr, FASD-Zentrum Charité Berlin)

Quellen

• Frau Dr. Heike Hoff-Emden, Sozialpädiatrisches Zentrum Leipzig

• Prof. Dr. Hans-Ludwig Spohr, FASD –Zentrum Charité Berlin

• Jessica Wagner, Zentrum f. Menschen mit angeborenen Alkoholschäden, Berlin

• FASD Deutschland e.V.

Ansprechpartner

und Informationen

- DURCHBLICK - Allg. Beratungsstelle Markranstädt„FASD im Alltag“ Tel. 034205 699780

- www.drogenbeauftragte.de

- www.fasd-deutschland.de

FASD im Alltag

Vielen Dank

für Ihr Interesse !

„Warum bist du so anstrengend?“ F… · (Studie von Prof. Spohr, FASD-Zentrum, Charité Berlin,...

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