Post on 11-Jan-2017
transcript
Aus der Klinik für Kleine Haustiere
der Tierärztlichen Hochschule Hannover
______________________________________________________________
Optimierung der Plattenosteosynthese
mit Hydroxylapatit beschichteten AO/ASIF Schrauben nach Defektosteotomie
INAUGURAL- DISSERTATION
zur Erlangung des Grades einer
Doktorin der Veterinärmedizin
(Dr. med. vet.)
durch die Tierärztliche Hochschule Hannover
Vorgelegt von Claudia Melanie Bremer
aus Peine
Hannover 2004
Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. M. Fehr Tierärztliche Hochschule Hannover
Prof. Dr. B. W. Wippermann
Städtisches Krankenhaus Hildesheim
1. Gutachter: Prof. Dr. M. Fehr
2. Gutachter: Prof. Dr. J. Rehage
Tag der mündlichen Prüfung: 28.05.2004
Meiner Familie und Philipp
Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
AG Aktiengesellschaft AISI American Iron and Steel Institute
ANOVA Analysis of Variance
AO Arbeitsgruppe für Osteosynthesefragen
ap anterior posterior
As Arsen
ASIF Arbeitsgruppe zur Studie interner Fixationsmethoden
ASTM American Standard for Testing and Materials
Bdgw. Bindegewebe
bzw. beziehungsweise
ca. circa
Cd Cadmium
cm Zentimeter
cm3 Kubikzentimeter
CO2 Kohlendioxid
DCP Dynamic compression plate
EDXA Energy dispersive x-ray analysis
EKG Elektrokardiogramm
Fa. Firma
F-Wert Wahrscheinlichkeitswert
g Gramm
ggr. geringgradig
GmbH Gemeinschaft mit beschränkter Haftung
Gr. Gruppe
° Grad
°C Grad Celsius
HA Hydroxylapatit
Hg Quecksilber
hgr. hochgradig
i.m. intramuskulär
i.v. intravenös
ISO International Organization for Standardization
KGW Körpergewicht
KVS Kopfverriegelungsschraube LC-DCP Limited contact dymamic compression plate
LCP Locking compression plate
LISS Limited invasive stability system
M. Musculus
µg Mikrogramm
mA Milliampère
mAs Milliampèresekunde
mg Milligramm
mgr. mittelgradig
min Minute
ml Milliliter
mm Millimeter
mmHg Millimeter Quecksilbersäule
Nm Newtonmeter
nm Nanometer
Nmm Newtonmillimeter
Nr. Nummer
o.b.B. ohne besonderen Befund
OP Operation
P Probe
PC Personal Computer
PC-Fix Point contact fixateur
Pixel Bildpunkte
p. o. post operationem
% Prozent
® Warenzeichen
Reak. Reaktion
s.c. subcutan
s.o. siehe oben
Tab. Tabelle
UK United Kingdom USA United States of America
V. Vena
Vol % Volumenprozent
wt % weight percent, Gewichtsprozent
z.B. zum Beispiel
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG 11
2 LITERATUR 13
2.1 Übersicht einiger Osteosyntheseplatten an langen Röhrenknochen 15
2.2 Schrauben 18
2.3 Reaktion von Knochen auf das Implantieren von Schrauben 19
2.4 Beschichtung der Implantate 21
3 MATERIAL UND METHODEN 23
3.1 Versuchstiere 23
3.2 Operationsinstrumentarium und Versuchsgruppen 23
3.3 Operationsvorbereitungen 25
3.4 Narkose 25
3.5 Operationstechnik 26
3.6 Postoperativer Verlauf und Nachsorge 27
3.7 In-vivo-Untersuchungen 28
3.7.1 Klinische Untersuchungen 28
3.7.2 Röntgenuntersuchungen 29
3.8 Ex-vivo-Untersuchungen 29
3.8.1 Biomechanische Prüfungen 31
3.8.1.1 Ausdrehmomente der Schrauben 31
3.8.1.2 Vorbereitung der Tibiae für den Torsionsversuch 32
3.8.1.3 Ablauf des Torsionsversuches 32
3.8.1.4 Auswertung der Messkurven 34
3.8.1.5 Frakturklassifikation nach White und Panjabi 34
3.8.2 Mikroskopische Untersuchungen 35
3.8.2.1 Trenn-Dünnschliff-Technik 35
3.8.2.2 Vorbereitung der Gewebe für die Fixation 36
3.8.2.3 Infiltration 36
3.8.2.4 Einbettung und Polymerisation 36
3.8.2.5 Erstellung des Dünnschliffs 37
3.9 Histologie 37
3.9.1 Masson-Goldner 37
3.9.2 Toluidin-Blau 38
3.10 Statistik und Datenerfassung 38
4 ERGEBNISSE 39
4.1 Komplikationen im Pilot- und Hauptversuch 39
4.2 Klinische und makroskopische Beurteilung 41
4.3 Makroskopische Beurteilung der Osteotomiebereiche nach Euthanasie 42
4.4 Biomechanische Prüfungen 44
4.4.1 Ergebnisse der Ausdrehmomente der KVS 44
4.4.2 Ergebnisse des Torsionsversuches 47
4.4.2.1 Messwerte 48
4.4.2.2 Wertung und Zuordnung nach White und Panjabi 51
4.5 Röntgen 53
4.5.1 Standardröntgen 53
4.5.2 Röntgenbefunde post operationem 55
4.5.3 Röntgenbefunde zwölf Wochen post operationem 55
4.5.4 Röntgenbilder: Verlauf der Frakturheilung 56
4.6 Ergebnisse der Schraubenuntersuchung 58
4.6.1 Makroskopische Beurteilung der extrahierten Schrauben 58
4.6.2 Histologische Beurteilung der Schrauben 61
4.7 Histologische Ergebnisse der Knochenpräparate 61
5 DISKUSSION 66
5.1 Methode 66
5.2 Diskussion der Ergebnisse 70
6 ZUSAMMENFASSUNG 75
7 SUMMARY 78
8 LITERATURVERZEICHNIS 80
9 DANKSAGUNG 94
1. Einleitung 11
1 Einleitung
Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurden in der Veterinärmedizin immer wieder Fälle
mit verschiedenen, neuartigen Osteosynthesetechniken beschrieben. Diese
resultierten aus den großen Schwierigkeiten, Brüche mit zufrieden stellendem
Ergebnis konservativ zu versorgen (Prieur, 1982). Seit den vierziger Jahren kommen
beim Kleintier häufig Frakturen aufgrund von Verkehrsunfällen vor. Somit haben alle
neuen Erkenntnisse in der Frakturbehandlung einen hohen Stellenwert in der
Veterinärmedizin (Prieur, 1984).
Die Plattenosteosynthese bzw. interne Fixation, als ein Verfahren zur Stabilisierung
der reponierten Knochenfragmente, ermöglicht mit Hilfe der fixierten Platte eine
ungestörte Frakturheilung. Bei dieser Art von Osteosynthese ist der Verlust der
Stabilität durch vorzeitiges Lockern der verwendeten Schrauben die
Hauptgefährdung des Erfolgs und somit, neben verzögerter Heilung und
Pseudarthrose, eine wichtige Komplikationsmöglichkeit (David et al.1993; Gautier et
Perren, 1992). Mechanische Biegebelastungen, so genannte bendings, auf die
eingedrehten Implantate bewirken deren Lockerung, in dem es bei kritischer
Wechsellast zu Mikrobewegungen im Knochen-Schrauben-Interface mit dort
einhergehender Knochenresorption kommt (Uhthoff u. Germain, 1977). Diese
Erkenntnisse beeinflussen die Entwicklung von den verwendeten Platten und den
dazugehörigen Schrauben. Eine Optimierung der mechanischen Verankerung im
Knochengewebe wird durch die Wahl der Werkstoffe und des Designs der
verwendeten Osteosynthesemittel erreicht. Die Oberflächenbehandlung der Schrauben mit unterschiedlichen Verfahren und Materialien erweist sich als
besonders stabilitätsfördernd. So bewirkt die Beschichtung mit Hydroxylapatit ein
unmittelbares Anwachsen von Knochengewebe an das Schraubengewinde, was zur
knöchernen Einheilung und einer guten mechanischen Haftung im Knochengewebe
führt (Osborn 1985a, b; David et al., 1993, 1994).
Diese Studie soll evaluieren, ob der bessere Knochen-Schrauben-Kontakt bei der
Verwendung von hydroxylapatitbeschichteten Implantaten zu einer höheren Stabilität
1. Einleitung 12
der Osteosynthese im Frakturmodell unter Vollbelastung führt. Für die Erörterung
wurde ein tierexperimenteller Versuch mit nachfolgenden Vorraussetzungen gewählt:
An den Versuchstieren wurde ein 5 mm langer Tibiasegmentdefekt gesetzt und
nachfolgend mit einer Locking-Compression-Plate (LCP) in Verbindung mit
monokortikalen Kopfverriegelungsschrauben (KVS) überbrückt. Es wurden sowohl
unbeschichtete als auch mit Hydroxylapatit beschichtete Schrauben verwendet. Nach einer 12-wöchigen Beobachtungszeit kam es zur Auswertung der klinisch,
röntgenologisch, morphologisch, biomechanisch und histologisch gewonnenen
Daten.
2. Literatur 13
2 Literatur
Als Ziel einer korrekten Anwendung von Osteosyntheseplatten und Schrauben gilt
die optimale Stabilität im Frakturbereich, die eine rasche, schmerzfreie Funktion der
Gliedmaße erlaubt (Denny, 1996).
So wurden in den Anfangsjahren der AO (Arbeitsgemeinschaft für
Osteosynthesefragen) 1958/59 von deren Gründern Behandlungsprinzipien für eine
erfolgreiche Frakturbehandlung postuliert. Die Chirurgen dieser Arbeitsgruppe
integrierten dazu biomechanische Maßstäbe zur erfolgreichen Versorgung von
Frakturen durch interne Fixation. Diese sind in der AO/ASIF Methode zur
Wiederherstellung der vollständigen Funktion verletzter Gliedmaßen
zusammengefasst. Auch heute haben die damals aufgestellten vier
Behandlungsprinzipien noch weitgehende Gültigkeit (Müller et. al., 1992). Sie
beinhalten eine atraumatische Operationstechnik, eine optimale Rekonstruktion der
anatomischen Verhältnisse, eine stabile interne Fixation, sowie die Vermeidung von
Weichteilschäden und der Frakturkrankheit durch frühe aktive Mobilisation (Müller et
al., 1977; Brinker et al., 1984).
Während früher die radiologisch kallusfreie primäre Knochenheilung bei allen
Frakturen angestrebt wurde, wird dieses Ziel heute nur bei intraartikulären Frakturen
angestrebt. Bei nur relativer Stabilität wird der radiologische Nachweis von Kallus als
wünschenswert angesehen. Er beweist die erhaltene Blutversorgung, weil damit die
Frakturfragmente langsam miteinander ”verschweißt” werden. Dem Prinzip der
möglichst schonenden atraumatischen Operationstechnik kommt heute mehr denn je
Bedeutung zu, denn die mechanisch weniger stabile, so genannte biologische
Osteosynthese ist weitgehend auf den Erhalt der Blutversorgung angewiesen (Müller
et al., 1992). Die biologische Osteosynthese ist charakterisiert durch ein minimales
chirurgisches Trauma, ein Verzicht auf genaue Reposition der Nebenfragmente und
eine flexible Fixation. Bei der flexiblen Fixation ist die frühe Abstützung der, der
Platte gegenüberliegenden Kortikalis durch Kallusbildung wichtig. Die biologische
Osteosynthese ist, sofern auf absolute Stabilität verzichtet wird, bei einfachen
Frakturen kontraindiziert, da bei einfachen, gut adaptierten Frakturen die geringste
2. Literatur 14
Beweglichkeit der Fragmente zu nicht tolerierbaren Dehnungen führt (Mast et al.,
1989).
Bei der Plattenosteosynthese kommt es je nach Frakturtyp und verwendetem
Plattentyp entweder zur direkten oder indirekten Knochenbruchheilung. Im Laufe der
Geschichte zeigt sich eine Entwicklung von der reinen Schienung (Hansmann 1886;
Venable et al. 1947) mittels einer Platte hin zur interfragmentären Kompression als stabilitätserhöhendes Prinzip (Eggers, 1948; Venable, 1951; Müller et al., 1963;
Algöwer et al., 1969).
Bei der direkten Knochenheilung, wird im Vergleich zur indirekten, radiologisch keine
relevante Kallusbildung sichtbar (Müller et. al., 1992). Sowohl die Kontaktheilung, bei
der der Frakturspalt mittels spezialisierter Zellen über die Haverschen Systeme
überbrückt wird, als auch die Spaltheilung, welche sich durch in den Frakturspalt
einsprossende Kapillaren auszeichnet, gelten als Formen der primären
Frakturheilung (Schink, 1969). Durch Kompression auf eine Fraktur wird eine primäre
bzw. kortikale Knochenvereinigung erreicht, bei der eine direkte Rekonstruktion in
der Längsachse erfolgt und bei der röntgenologisch keine periostale oder endostale
Kallusbildung sichtbar ist (Müller et al., 1970). Die absolute Ruhigstellung einer
Fraktur ist durch interne Fixation und Kompression auf den Frakturspalt zu erzielen.
Die indirekte Knochenheilung wird radiologisch charakterisiert durch Kallusbildung,
Vergrößerung des Frakturspaltes und später durch das Auffüllen des Frakturspalts
mit neu gebildetem Knochen, welcher anfangs eine unregelmäßige, später eine klar
erkennbare, dichte Struktur aufweist. Diese Struktur ergibt sich aus dem inneren
Umbau des Havers-Systems. Dieser Umbau kann jahrelang dauern (Müller et al
1992).
Neue Erkenntnisse in der Knochenbiologie führen zu einer angepassten
Osteosynthesetechnik, in der der Erhaltung der Knochen- und Fragmentvitalität
höchste Bedeutung zukommt. Dabei ist die anatomische Reposition
multifragmentärer Frakturen weitgehend verlassen worden. Ein erster
Entwicklungsschritt dazu, stellt zunächst die Entwicklung der LC-DCP (Limited
contact dynamic compression plate), welche die implantatbedingte vaskuläre
2. Literatur 15
Schädigung des Kochens verkleinert, dar (Gautier u. Perren, 1992). Um den
negativen Effekt der Kompressionskräfte am Periost zu überwinden, wurde später
der Fixateur interne entwickelt. Bei diesem System liegt der Schlüssel zum Erfolg in
der winkelstabilen Verriegelung der Schrauben im Implantat, welche dafür sorgt,
dass die Kompressionskraft vom Implantat (Platte) an der Knochenoberfläche nicht
mehr notwendig ist, um eine ausreichende Stabilität am Knochen-Implantat-Konstrukt zu erlangen. Sie verbessert die Frakturheilung und bewirkt eine exzellente
Haltekraft sogar in osteoporotischen Knochen (Frigg, 2001; Perren 2002; Schütz u.
Südkamp, 2003;).
2.1 Übersicht einiger Osteosyntheseplatten an langen Röhrenknochen
Platten unterscheiden sich im Design und äußerer Form (einschließlich der Löcher)
sowie in ihrer Funktion. Eine Neutralisationsplatte wird nach interfragmentärer Kompression z. B. mittels
Zugschraube(n) an der Zugseite des Knochens angebracht. Sie entlastet die fixierten
Fragmente von übermäßiger Belastung durch Druck, Biegung und Torsion und
neutralisiert deren Kräfte (Schebitz et al., 1993). Es besteht die Möglichkeit, jede Art
von Platte als Neutralisationsplatte bzw. Sicherheitsplatte zu verwenden, solange
durch sie keine Kompression erzeugt wird (Denny, 1996). Die Abstützplatte dient der Knochenschienung, indem sie die einwirkenden Kräfte
von einem zum anderen Hauptfragment überträgt und dazwischen liegende
Trümmerbrüche, die nicht ausreichend durch Zugschrauben fixiert werden können,
sowie Einlagerungen von autologer Spongiosa absichert (Schebitz et al., 1993).
Platten mit Kompressionswirkung ermöglichen durch eine Kombination von
Schraubenlochgeometrie und exzentrischer Schraubenlage die Erzeugung von
axialer Kompression auf den Frakturspalt.
Die erste von der AO konzipierte Platte mit eingebauter Kompressionsmöglichkeit war die Halbrohrplatte. Durch exzentrisches Platzieren der Schrauben im ovalen
Plattenloch kann eine Kompression aufgebaut werden. Voraussetzung für die axiale
2. Literatur 16
Kompression ist die perfekte Adaption der Fragmente im Frakturbereich. Drittelrohrplatten finden ihren Anwendungsbereich in der Behandlung von
Malleolar- und Metatarsalfrakturen. Viertelrohrplättchen werden in der
Handchirurgie eingesetzt (Denny, 1996; Müller et al., 1992). Die Spann-Gleitloch-Platte oder Dynamische Kompressionsplatte (DCP) stellt eine
Weiterentwicklung der herkömmlichen Rundlochplatte dar. Das Hauptmerkmal der DCP ist das Design des Schraubenloches, welches auf dem sphärischen Gleitprinzip
basiert. Diese selbstkomprimierende Platte besitzt die Fähigkeit, die Verschiebung
der Fragmente gegen die Frakturebene zu erzielen. Beim Eindrehen der Schraube
legt sich der Schraubenkopf so eng der hemizylindrischen Form des
Schraubenloches an, dass sich die Platte verschiebt und damit den Frakturspalt
komprimiert (Prieur, 1984; Gautier u. Perren, 1992; Müller et. al., 1992; Schebitz et
al., 1993).
Zur Reduzierung der kortikalen Durchblutungsstörung aufgrund des unmittelbaren Platten-Knochen-Kontakts in voller Fläche wurde die LC-DCP (Limited Contact Dynamic Compression Plate) entwickelt, welche einen 50% geringeren Platten-
Knochen-Kontakt (Hertel et al., 2001) im Vergleich zur DCP aufweist (Schütz u.
Südkamp, 2003). Sie besteht aus Reintitan, welches als Implantat eine besonders
gute Verträglichkeit aufweist. Die unterschnittenen Plattenlöcher erlauben eine
größere Neigung der Plattenschrauben in Plattenlängsrichtung auf bis zu 40 Grad,
was das Einbringen von Plattenzugschrauben erleichtert. Das sphärische Gleitprinzip
ist bei der LC-DCP an beiden Enden der Plattenlöcher möglich. Somit können durch
das Selbstspannprinzip mehrere Frakturebenen bei Mehretagenfrakturen
miteinander komprimiert werden. Die reduzierte Plattenauflage trägt im Hinblick auf
die biologische Osteosynthese erheblich zur Erhaltung der intrakortikalen
Gewebeperfusion bei. Der trapezförmige Plattenquerschnitt erleichtert zudem die
spätere Implantatentfernung (Perren und Gautier, 1992). Der Point Contact Fixateur (PC-Fix) ist die erste Fixationsplatte, bei der die
Winkelstabilität durch die konische Verbindung von Schraubenköpfen mit den
Schraubenlöchern in der Platte erreicht wurde (Schütz u. Südkamp, 2003). Die
Entwicklung des PC-Fix bedeutete eine Reduzierung des Kontaktbereichs (Knochen-
2. Literatur 17
Platte) auf nur ein paar kleine einzelne Punkte (Hertel et al., 2001). Das neu
entwickelte Plattendesign bewirkt eine Verbesserung der Durchblutungsverhältnisse
in der implantatnahen Kortikalis und damit die Erhaltung des vitalen und
reaktionsfähigen Knochengewebes mit verbesserter Heilungstendenz in der
kritischen Zone unter der Platte (Gautier et al., 1995). Der PC-Fix kann funktionell als
ein komplett implantierter Fixateur externe aufgefasst werden (Perren u. Buchanan, 1995). Eine weitere Reduzierung der Knochenschädigung lässt sich durch die
Möglichkeit der Verwendung monokortikaler Schrauben erzielen (Tepic u. Perren,
1995). Beschränkungen ergaben sich für den PC-Fix in den epi- und metaphysären Bereichen. Deshalb wurde für diese Regionen das LISS (Limited Invasive Stability System), erst für den distalen Femur und später für die proximale Tibia, entwickelt
(Dell Oca u. Regazzoni, 2000). Diese beiden so genannten "Locked Internal Fixators"
bestehen aus Platten- und Schraubensystemen, bei denen die Schrauben in der
Platte verriegelt werden. Diese Verriegelung minimiert die kompressiven Kräfte, die
von der Platte auf den Knochen ausgeübt werden (Wagner, 2003). Untersuchungen
haben gezeigt, dass die LC-DCP und der PC-Fix weniger traumatisch auf die
Blutzirkulation der Kortex einwirken als die herkömmliche DCP (Moroni et al., 2003). Die Locking Compression Plate (LCP) der AO/ASIF baut auf den großen
Erfahrungen mit Standardplatten und -schrauben sowie dem Fixateur interne auf. Sie
erlaubt sowohl die Anwendung der Standardplattentechnik und des Fixateur interne
Prinzips, als auch die gezielte Kombination beider Methoden (Frigg, 2001). Die
Entwicklung der LCP war nur auf Grundlage der mit dem PC-Fix und des LISS
gewonnenen Erfahrung möglich. Hinsichtlich mechanischer, biomechanischer und
klinischer Ergebnisse kann die neue LCP mit Kombinationslöchern in Abhängigkeit
von der Frakturlage als Kompressionsplatte, verriegelter Fixateur interne oder als
inneres Fixationssystem unter Kombination beider Techniken verwendet werden. Für
die Minimal Invasive Perkutane Osteosynthese (MIPO) ist es besonders von Vorteil,
dass bei dieser neuen Fixationsmethode keine Notwendigkeit mehr besteht, dass die
Platte den Knochen überhaupt noch berührt. Ein präzises anatomisches Anpassen
einer Platte ist aufgrund der neuen Schrauben sowie dadurch, dass die Platte nicht
mehr auf den Knochen gepresst werden muss, um Stabilität zu erreichen, nicht mehr
2. Literatur 18
erforderlich. Dies beugt der primären Dislokation vor, welche durch inexaktes
Anpassen einer Platte verursacht wird (Wagner, 2003). Die neue Geometrie des
Kombinationslochs ermöglicht die Verwendung von vier verschiedenen Schrauben,
der Standardspongiosaschraube, der Kortikalisschraube, sowie der
selbstschneidenden und selbstbohrenden, monokortikalen oder bikortikalen
Kopfverriegelungsschraube (Schütz u. Südkamp, 2003; Gautier et al., 2003).
2.2 Schrauben
Schrauben werden entweder als Zugschrauben zur stabilen Fixation von
Knochenfragmenten, oder aber zur Befestigung von Platten oder ähnlichen
Vorrichtungen am Knochen verwendet (Müller et. al.1992).
Die Haltekraft von Schrauben beruht nicht nur auf ihrem Design, sondern auch auf
dem durch die Insertion in den Knochen gesetzten Trauma, der Reaktion des
Knochens auf das Implantat und seiner Resorption sowie Wiederherstellung als ein
Ergebnis der Heilung (Schatzker, 1975 b).
Von der AO/ASIF wurden zunächst zwei Schraubentypen entwickelt, die
Kortikalisschraube für die harte Kompakta der Diaphyse und die Spongiosaschraube
für die weichere Spongiosa der Meta- und Epiphyse (Denny, 1996). Diese
Schrauben, entwickelt für den Einsatz an konventionellen Platten, haben die
Funktion die Platte auf die Knochenoberfläche zu pressen (Perren, 2001), bzw.
interfragmentäre Kompression auszuüben (Müller, 1992). Das Gewinde der
Kortikalisschraube weist einen großen Kerndurchmesser, bei geringer Gewindetiefe
auf. Im Gegensatz dazu ist die Gewindetiefe und –steigung bei der
Spongiosaschraube größer, jedoch ist der Kerndurchmesser geringer im Vergleich
zur Kortikalisschraube (Neumann et al., 1993).
Während konventionelle Plattenschrauben die Platte auf die Knochenoberfläche
pressen, entsteht an der Kontaktfläche von Knochen und Implantat Reibung. Diese
Reibung überträgt die tangentiale Kraft zwischen den Oberflächen von Implantat und
2. Literatur 19
Knochen. Standardschrauben sind somit für minimale Biegekräfte anfällig (Perren,
2001).
Die neu entwickelten Kopfverriegelungsschrauben (KVS) für PC- Fix, LISS sowie die
LCP sind in ihrer Funktion eher als Bolzen mit Gewinde an zu sehen. Sie pressen die
Platte jedoch nicht auf den Knochen. Des Weiteren übertragen sie mehr
Biegebelastung als konventionelle Schrauben. Aus diesem Grund ist ihr Schraubenkörper wesentlich dicker und kompakter. Das flache Gewinde muss nur
Zugkräften widerstehen und nicht selbst auch eine Kompression von Platte und
Knochen erzeugen (Perren, 2001). Diese veränderte Form der Kraft- und
Momentübertragung, welche nicht mehr gemischt über Reibung und Schrauben,
sondern nur über die Schraube allein erfolgt, erfüllt den Wunsch nach einer
Implantatkonfiguration mit minimalen Perfusionsstörungen und geringerer Porosität
unter der Platte. Erreicht wird dies über die winkelstabile Verriegelung des
Schraubenkopfes in der Platte (Tepic u. Perren 1995). Diese Form der Fixierung
macht einen Platten-Knochen-Kontakt überflüssig. Durch Verwenden monokortikaler
Schrauben wird die schraubenbedingte intramedulläre Durchblutungsstörung
zusätzlich minimiert (Tepic u. Perren 1995). Die KVS als selbstbohrende,
monokortikale Variante wird hauptsächlich an der Diaphyse mit vorliegender
optimaler Knochenqualität verwendet. Die selbstschneidende KVS wird in der Epi-,
Meta- und Diaphyse bikortikal verwendet (Gautier et al., 2003). Im Zuge der
Entwicklung der PC-Fix II wurde der konische Schraubenkopf, welcher sich
kompromisslos in das Plattenloch fügt, mit einem konischen Doppelgewinde
versehen, welches wiederum in Verbindung mit dem Gegengewinde in der Platte
eine winkelstabile Einheit bildet (Frigg, 2001). Die Entwicklung des
Kombinationsloches in der LCP war erst aufgrund der Erfahrungen der
unterschiedlichen KVS im LISS-System und im PC-Fix möglich.
2.3 Reaktion von Knochen auf das Implantieren von Schrauben
Die Schraube erhält ihre primäre Fixierung durch die Kompressionskräfte des
kortikalen Knochens (Perren et al., 1978; Bähr 1989). Das Gewinde von frisch
2. Literatur 20
eingedrehten Schrauben steht, bis auf die lasttragenden Teile, nicht in direktem
Kontakt mit dem umgebenden Kompaktknochen. Die restlichen Teile der in den
Knochen eingedrehten Schrauben, sind gelegentlich bis zu 150 µm vom
Knochengewebe entfernt (Uhthoff u. Germain, 1977). Dieser mechanisch bedingte
Zwischenraum zwischen Schraubengewinde und Knochen füllt sich direkt nach dem
Eindrehen mit Granulationsgewebe (Orten et al. 1986). Dies stellt die Vorraussetzung dar, dass sich innerhalb von zwei Wochen nach der Implantation um
das Schraubengewinde endostaler und periostaler Kallus bildet.
Besteht im Frakturbereich eine ausreichende Stabilität unter Ausschluss von
Mikrobewegungen, kommt es in der Grenzschicht zur Ansammlung mesenchymaler
Zellen, welche sich nachträglich zu Zellen mit osteogenetischer Kapazität
differenzieren (Uhthoff u. Germain, 1977). Mit der Produktion von Geflechtknochen
wird das vorhandene Granulationsgewebe ersetzt. Vier Wochen post operationem
kommt es zur Neubildung von Osteonen, welche den avitalen Knochen im Bereich
der Berührungszone von Gewinde und Kortex ersetzen. Weiterhin tritt eine
Reduzierung des Kallus im weiteren Verlauf der Knochenwiederherstellung auf.
Zwölf Wochen nach der Implantation ist der kortikale Knochen im Bereich der
eingedrehten Schraube gereift und der avitale durch lamellären Knochen ersetzt
(Clary u. Roe, 1995).
Mikrobewegungen zwischen Schraubengewinde und Knochen verursachen eine
kortikale Knochendeformation. Durch ausbleibende Revaskularisation tritt keine
Wiederherstellung des avitalen Knochens auf. Bei der Differenzierung
mesenchymaler Zellen werden vermehrt Osteoklasten und Fibroblasten gebildet,
welche zu einem vorherrschenden Resorptionsprozess führen. Dies bewirkt eine
völlige Ummantelung der Schraube mit dichtem fibrösem Bindegewebe und einem
daraus resultierenden Verlust der Haltekraft (Schatzker et al., 1975 a). Die vorzeitige
Lockerung von Osteosyntheseschrauben führt nach Frakturversorgung nicht selten
zu einem Verlust der primär erzielten Stabilität und gefährdet damit den Erfolg der
Osteosynthese selbst (Dávid et al., 1993). Diese Erkenntnisse haben dazu geführt,
2. Literatur 21
Schrauben mit hoher Zugfestigkeit und optimaler mechanischer Verankerung im
Knochen zu entwickeln (Hutzschenreuter u. Brümmer, 1984; Wilke et al. 1990).
2.4 Beschichtung der Implantate
Untersuchungen zeigen, dass die Beschichtung von Metallimplantaten
erwiesenermaßen nachhaltig die Osteointegration fördert. Hierfür wurden bisher die
unterschiedlichsten Werkstoffe wie organische Materialien, poröse Metalle, Polymere
sowie Keramiken verwendet (Simske et al. 1997). Als stark biokompatibel mit einer
vergleichbaren Struktur von Knochen hat sich das zu den keramischen Werkstoffen
gehörende Hydroxylapatit [(Ca10(PO4)6(OH)2)] herausgestellt. Bis auf die wesentlich
höhere Kristallgröße im Vergleich zu biologischem Apatit (Cooke, 1992), weist es
dieselbe chemische und kristallographische Zusammensetzung auf (Osborn et al.
1980; Jarcho 1981).
Eine Oberflächenbehandlung, der bei der internen Plattenfixation verwendeten
Schrauben, erlaubt ein verbessertes Einwachsverhalten und somit eine bessere
Stabilität des gesamten Implantats. Das sehr spröde Hydroxylapatit ist keinen großen
mechanischen Belastungen gewachsen, es wird insbesondere bei Beschichtungen
von Metallen verwendet (Gosain et al. 2002). In diesem meist durch
Plasmasprayverfahren (Klein et al., 1994) erreichten Zustand ist Hydroxylapatit in der
Lage, seine osteoinduktive und –konduktive Wirkung mit der mechanischen Stabilität
von Metallen zu verknüpfen (Gosain et al., 2002). Bei den Schrauben, die in der
Osteosynthese verwendet werden, sollte die HA- Schichtdicke auf einen Bereich von
30-90 µm (Optimum 50 µm) eingestellt werden (Geesink et al. 1987,1988).
Die HA-Beschichtung kann nach Untersuchungen eine Knochenneubildung
induzieren, die die HA-Oberfläche der Schraube erreicht, ohne eine bindegewebige
Zwischenschicht auszubilden. Dies führt zu einer stabilen, mechanisch stark
belastbaren Verbindung (Osborn, 1985; David et al., 1993).
Ungeachtet des Plattendesigns ist die Fläche zwischen Knochen und implantierter
Schraube der schwächste Teil (Miclau et al., 1995). Bei jedem lang dauernden
Kontakt von Metall und Knochen kommt es zu einer Bildung von Bindegewebe
2. Literatur 22
(Burnstein et al., 1972). Vor allem interne Fixationen, die nicht stabil sind, zeigten die
Bildung von einer dicken fibrösen Bindegewebsschicht und demzufolge einen
limitierten Knochen-Schrauben-Kontakt (Uhthoff 1973). Kommt es zu einem
schnellen Abfall der Kompression zwischen Schraubengewinde und Knochen,
verliert die Konstruktion ihre Steifheit, es kommt zum Verlust der Komplexität und
möglicherweise zu einem Versagen der Fixierung (Schatzker et al. 1975 a). Aus diesem Grunde konnten die klinischen Ergebnisse, mit einer optimierten
beschichteten Schrauben-Knochen-Fixation ohne die Einkapselung von
Bindegewebe im Bereich des Gewindes, verbessert werden.
Bisherige Untersuchungen zeigten, dass HA-beschichtete AO/ASIF Schrauben im
Gegensatz zu normalen Standardschrauben erwiesenermaßen für die höhere
Stabilität und Fixierungsstärke verantwortlich sind (Moroni et al., 2003). Die
fluoreszenzoptischen und histomorphometrischen Daten lassen unter den Gewinden
der HA-beschichteten Schrauben eine erhebliche Knochenneubildung erkennen,
während unter den polierten AO/ASIF Schrauben große Resorptionszonen zu
beobachten sind (Dávid et al., 1993).
Der klinische Einsatz von HA-beschichteten Schrauben ist daher vor allem bei
befürchteter potentieller Schraubenlockerung sowie einer nicht vorgesehenen
Entfernung des Implantats indiziert (Dávid et al., 1993).
Die vorliegende tierexperimentelle Untersuchung soll prüfen, ob in Verbindung mit
der neuen AO/ASIF Entwicklung der LCP in Verbindung mit
Kopfverriegelungsschrauben, die Osteosynthese unter Belastung durch eine HA-
Beschichtung der Schrauben optimiert werden kann.
3. Material und Methoden 23
3 Material und Methoden
3.1 Versuchstiere
Vor Beginn dieser Versuchsreihe wurde bei der Bezirksregierung Hannover eine
Genehmigung für die Beschaffung der Versuchstiere und die Durchführung der
Versuche eingeholt (AZ 42579-02/579).
Als Versuchstiere wurden weibliche, mindestens 2-jährige ausgewachsene
Mutterschafe der Rasse Deutsches Schwarzköpfiges Fleischschaf ausgewählt. Alle
Tiere wurden von der Niedersächsischen Schafverwertung, Hannover, bezogen. Das
durchschnittliche Körpergewicht bei diesen Tieren lag bei 61 kg (55-82 kg).
Einschließlich dreier Pilottiere wurden insgesamt 11 Tiere operiert. Die operativen
Eingriffe an den Schafen fanden im Zeitraum von August 2002 bis April 2003 statt.
Die Tiere wurden über einen Zeitraum von 12 Wochen beobachtet. Im Juli 2003
erfolgte die Tötung der letzten zwei Tiere.
3.2 Operationsinstrumentarium und Versuchsgruppen
In dieser Studie wurden die Tiere im Hinblick auf die verwendeten Schrauben in zwei
Gruppen eingeteilt. In Gruppe A wurden monokortikale selbstschneidende 5 mm
Kopfverriegelungsschrauben (Firma Mathys, Am Bergbaumuseum 31, 47791
Bochum) mit einer Länge von 16 mm verwendet. In der Gruppe B hingegen wurden
Schrauben verwendet, welche im Gewindeteil mit Hydroxylapatit (JRL Ceramics Ltd.,
117 Leigh Street, Attercliffe Common, Sheffield, South Yorkshire, S9 2Pr England)
beschichtet waren. Die durch ein Plasmasprayverfahren aufgetragene
Hydroxylapatitschicht betrug 50 µm. Bei den zur Osteosynthese benutzten Platten,
handelte es sich um "Locking Compression Plates" (LCP, 4,5/5,0; Fa. Synthes) aus
Titan. Die Platten besaßen neun Kombinationsschraubenlöcher. Bei den Pilottieren
wurden zunächst Platten mit acht Schraubenlöchern verwendet. Die folgenden
Abbildungen (Abb 3.1-3.5) zeigen, die bei diesem Versuch verwendeten Implantate.
3. Material und Methoden 24
Abb. 3-1 links: KVS unbeschichtet, rechts: KVS beschichtet
Abb. 3-2 LCP von oben
Abb. 3-3 LCP von unten
Abb. 3-4 Abb. 3-5
Abb. 3-4,5 Kombinationsloch der LCP
3. Material und Methoden 25
Für die Operationen wurde ein Grundsieb mit Standardinstrumenten sowie das AO-
Instrumentarium (Fa. Synthes, Bochum) verwendet. Die Defektosteotomie an der
Schaftibia erfolgte mit Hilfe einer oszillierenden Säge der Fa. Synthes.
3.3 Operationsvorbereitungen
Jeweils einen Tag vor dem operativen Eingriff wurden die dafür vorgesehenen
Schafe in einem Auslauf ohne Futter untergebracht, um eine 24-stündige
Nahrungskarenz sicherzustellen. Wasser stand den Schafen ad libitum zur
Verfügung. Unmittelbar vor der Narkoseeinleitung wurde nach Schur und
Hautdesinfektion einer Halsseite ein Venenkatheter in die Vena jugularis gelegt.
3.4 Narkose
Die Narkoseeinleitung erfolgte durch Gabe von Midazolam (Curamed®, 5 mg/ml,
CuraMED Pharma GmbH, Karlsruhe, Deutschland) mit einer Dosierung von 0,2
mg/kg KGW und Propofol (Propofol®- Lipuro 1%, Fa. Braun Melsungen AG,
Deutschland), welches über den Venenkatheter injiziert wurde. Danach wurden die
Tiere mit einem blockbaren Endotracheltubus intubiert. Zur Vermeidung einer
Pansentympanie wurde eine Magensonde bis in den Pansen vorgeschoben.
Perioperativ wurde eine Antibiotikaprophylaxe mit einer Gabe von 1 ml/10 kg
Körpergewicht Tardomycel® (Depot Penicillin- Streptomycin-Kombination, Fa. Bayer,
Leverkusen) intramuskulär in die Oberschenkelmuskulatur durchgeführt. Eine Gabe
von 4 mg/kg Körpergewicht Rimadyl® (Carprofen, Fa. Pfizer, Karlsruhe) wurde zur
Entzündungshemmung und Schmerztherapie intravenös appliziert. Im Anschluss
erfolgte die Schur, Reinigung und Desinfektion der rechten Hinterextremität.
Nachdem die Tiere auf dem Operationstisch gelagert und fixiert wurden, erfolgte die
Einleitung der Inhalationsnarkose mit Isofluran. Während des operativen Eingriffs war
eine Isoflurankonzentration von 2,0-2,4 Vol % nötig. Die Tiere wurden mit einer
Atemfrequenz von 8-12 Atemzügen pro Minute und einem Atemzugvolumen von
3. Material und Methoden 26
10 ml/kg KGW kontrolliert beatmet. Während der Operation wurden die Schafe mit
Ringer-Laktatlösung (10 ml/kg/min) über den Venenkatheter infundiert. Außerdem
wurde kurz vor Operationsbeginn, sowie vor der Osteotomie Fentanyl®
(Fentanyldihydrogencitrat, Janssen-Cilag GmbH, Neuss) in einer Dosierung von 2
µg/kg KGW als Schmerztherapeutikum über den Katheter verabreicht. Während der
Narkoseausleitung wurde den Tieren Temgesic® (Buprenorphinhydrochlorid, Fa. Essex Pharma GmbH, München) in einer Dosierung von 10 µg/kg KGW zur
ergänzenden Schmerztherapie intravenös verabreicht. Die Narkosetiefe wurde unter
anderem mittels Mehrfunktions-EKG-Gerät überwacht. Die Anästhesie und die
Kontrolle der Vitalfunktionen oblagen einer Tierärztin.
3.5 Operationstechnik
Alle operativen Eingriffe wurden an der rechten Tibia durchgeführt. Die Schafe
wurden in Rückenlage auf dem Operationstisch fixiert. Anschließend erfolgte die
Desinfektion der rechten Hintergliedmaße mit Braunoderm® (alkoholische
povidonhaltige Lösung, Fa. Braun, Melsungen, Deutschland). Danach wurde das
Operationsgebiet nach streng sterilen Kautelen abgedeckt. Ein ca. 15 cm langer
Hautschnitt erfolgte an der Kranialfläche der Tibia. Mit dem Skalpell wurde das
subkutane Bindegewebe sowie das Periost scharf durchtrennt und die latero-
craniale Tibiafläche für die Plattenimplantation vollständig freipräpariert. In der Mitte
des Tibiaschaftes wurde der Bereich markiert, in dem später der Defekt gesetzt
werden sollte. Unter Zuhilfenahme des AO- Instrumentariums (Schränkeisen) erfolgte
die Anpassung der LCP an die latro- craniale Fläche der Tibia. Neben einer Biegung
der Platte wurde auch eine Torsion durchgeführt.
Bei den drei Pilottieren im Vorversuch wurde ein 2 cm langer Metallwürfel mit einer
Repositionszange an der Tibia fixiert, um das Ausmaß und die Parallelität der
Osteotomie sicherzustellen. Proximal und distal des Würfels wurden zwei parallele
Osteotomien mit der oszillierenden Säge durchgeführt. Um eine Überhitzung zu
vermeiden, wurde während der Osteotomie mit 0,9 % iger NaCl-Lösung (Fa. Braun)
gespült.
3. Material und Methoden 27
Für die weiteren acht Versuchstiere im Hauptversuch wurde der Tibiadefekt, bei
sonst identischer Operationstechnik, auf 5 mm Länge reduziert. Die LCP wurde mit
Hilfe von zwei Verbrügge-Zangen fixiert. Mit einem 4,3 mm Spiralbohrer wurden
unter Zuhilfenahme einer Bohrbüchse jeweils acht Schraubenlöcher gebohrt. In
Gruppe A wurden selbstschneidende unbeschichtete und in Gruppe B
selbstschneidende mit Hydroxylapatit beschichtete 5 mm Kopfverriegelungsschrauben verwendet. Bei den Pilottieren wurden jeweils nur sechs
Schraubenlöcher gebohrt. Die Schrauben wurden mit einem
Sechskantschraubenzieher eingedreht. Im Anschluss wurde eine komplette
Achillotenotomie durchgeführt. Der Verschluss der Wunde erfolgte mit
resorbierbarem Nahtmaterial (Dexon®, Fa. B. Braun-Dexon GmbH, Spangenberg,
Deutschland), wobei die Subkutannaht in Einzelknopftechnik und die Intrakutannaht
als fortlaufende Naht gesetzt wurde. Anschließend wurde eine Röntgenkontrolle mit
Hilfe eines C-Bogens (Model 9600 Mobile Imaging System Utah, USA) durchgeführt
und zum Abschluss wurde ein Sprühverband (Nobecutan® Spray, Fa. Astra
Chemicals GmbH) auf die Wunde auftragen.
3.6 Postoperativer Verlauf und Nachsorge
Während der Narkoseausleitung wurde der während des operativen Eingriffs
produzierte Speichel und Schleim aus den Nasenhöhlen und der Maulhöhle mit Hilfe
eines Absauggerätes (Absauggerät Typ GF 200/GF210, Aesculap AG, Tuttlingen,
Deutschland) entfernt. Nach Wiedereinsetzen der Spontanatmung wurde die
Magensonde entfernt. Mit Einsetzen des Schluckreflexes wurde der
Endotrachealtubus entnommen und die Tiere in die mit Stroh eingestreuten Boxen
verbracht. Die Tiere erhielten beim ersten Aufstehversuch von zwei Hilfspersonen
Unterstützung, um postoperativen Komplikationen vorzubeugen. Stroh und Wasser
standen den Schafen zur freien Verfügung. Heu wurde erst am nächsten Tag
gefüttert. Als Schmerztherapeutika wurden nach Bedarf Buprenorphinhydrochlorid
(Temgesic®, Fa. Essex Pharma GmbH, München, Deutschland) in einer Dosierung
10 µg/kg KGW und Carprofen (Rimadyl®, Fa. Pfizer, Karlsruhe, Deutschland)
3. Material und Methoden 28
subkutan in einer Menge von 4 mg/kg KGW initial, weiterführend mit halber Dosis,
eingesetzt. Während der 12-wöchigen Beobachtungszeit post operationem wurden
die Schafe in Gruppen von drei bis vier Tieren im Großstall des Zentralen
Tierlaboratoriums der Medizinischen Hochschule Hannover in einem Laufstall
gehalten und waren in dieser Zeit unter regelmäßiger veterinärmedizinischer
Kontrolle.
3.7 In-vivo-Untersuchungen
3.7.1 Klinische Untersuchungen
In den ersten drei Wochen nach den operativen Eingriffen wurden die Tiere zweimal
täglich kontrolliert, danach erfolgte die Kontrolle in einem ein- bis zweitägigen
Abstand. Bei den Kontrollbesuchen wurde auf den Habitus
(Körpergewichtsentwicklung), das Verhalten (Schmerzäußerung, Hyperaktivität,
Teilnahmslosigkeit, Desorientierung), die Haltung (aufgezogene Bauchdecke,
Rückenkrümmung), die Atmung (Frequenzänderung) und die Fortbewegung
(Beweglichkeit, Grad der Lahmheit) geachtet. Besonderen Wert wurde auf die
Belastung der operierten Gliedmaße und die Wundheilung gelegt.
Das Lahmheitsgradierungssystem in Anlehnung an OTTO et al. (2000) wurde
übernommen, da dieses Schema auf die Verhältnisse unter Boxenhaltung
anwendbar erschien. Die Gradierung erfolgte dabei nach folgendem Schema:
Grad 0 Das Tier steht und läuft normal
Grad 1 Der Stand des Tieres zeigt keine Abweichung, beim Laufen wird eine
leichte Lahmheit deutlich
Grad 2 Stand normal, schwere Lahmheit in der Fortbewegung
Grad 3 Abnormale Positur beim Stehen, schwere Lahmheit beim Laufen
Grad 4 Keine Gewichtsbelastung der operierten Gliedmaße im Stand oder in
der Fortbewegung
3. Material und Methoden 29
War die Lahmheit nicht klar einem Grad zuzuordnen, konnten Zwischenstufen
verwendet werden.
3.7.2 Röntgenuntersuchungen
Für die radiologische Untersuchung wurde ein Röntgengerät vom Typ Super
Rotature S100 der Firma Philips verwendet. Die Belichtung der Röntgenfilme erfolgte
mit 20 mAs und 66 kV. Postoperativ wurden zwei Röntgenkontrollen in zwei Ebenen
(im kraniokaudalen sowie seitlichen Strahlengang), die Erste unmittelbar post
operationem und die Zweite in der 12. Woche angefertigt.
3.8 Ex-vivo-Untersuchungen
Nach Ablauf der 12-wöchigen Beobachtungszeit erfolgte die Euthanasie der Tiere
durch intravenöse Injektion von ca. 20 ml Propofol® Lipuro 1% (B. Braun Melsungen
AG, Melsungen Deutschland) und ca. 35 ml Eutha 77® (Pentobarbital-Natrium Fa.
Essex Tierarznei, München, Deutschland). Dann folgte die Exartikulation beider
Hintergliedmaßen im Hüftgelenk und die Präparation der Tibia. Mit Hilfe einer Säge
wurde die LCP vom Knochen und den darin befindlichen
Kopfverriegelungsschrauben befreit, ohne die Schrauben und den Knochen zu
beschädigen. Nach Entfernen der LCP wurde das Ausdrehmoment jeder einzelnen
Schraube gemessen und dokumentiert.
3. Material und Methoden 30
Abb. 3-6 Präparation der osteotomierten und mit LCP und unbeschichteten KVS versorgter Tibia eines Schafes (Schaf-Nr. 2841) nach Euthanasie
Abb. 3-7 Entfernung der LCP von der Tibia mittels Abb. 3-8 Schaftibia (Schaf-Nr. 2841) Säge (Schaf-Nr. 2841, unbeschichtete KVS) mit unbeschichteten KVS nach Entfernen der LCP
3. Material und Methoden 31
3.8.1 Biomechanische Prüfungen
3.8.1.1 Ausdrehmomente der Schrauben
Die Messung der Ausdrehmomente mit Hilfe eines Drehmomentschlüssels (S.T.A.R.
90, Citieffe, Bologna Italien) erfolgte nach Euthanasie der Tiere. Zur Messung des
Ausdrehmomentes wurde die erste Vierteldrehung herangezogen. Die Messwerte der einzelnen Schrauben wurden im Hinblick auf unterschiedliche Positionen
miteinander verglichen. Anschließend wurden die beiden Gruppen A und B
verglichen.
Abb. 3-9 Citieffe S.T.A.R. 90 Messgerät zur Erfassung der Ausdrehmomente der KVS
3. Material und Methoden 32
3.8.1.2 Vorbereitung der Tibiae für den Torsionsversuch
Für die biomechanische Prüfung wurden die Tibiae von Weichteilen und
Osteosynthesematerial befreit. Nachfolgend wurde zunächst das proximale
Fragment der Tibia in ein mit Zahnmodellgips (Vel Mix Stone, Fa. Kerr) gefülltes
quadratisches Kunststoffbehältnis eingebettet. Der gleiche Vorgang wurde nach
Aushärten des Gipses mit dem distalen Tibiaabschnitt wiederholt. Hierbei musste
streng auf Parallelität der Behältnisse und Zentralität der Tibia zur Drehachse des
Prüfgerätes geachtet werden. Die Gipseinbettung wurde so vorgenommen, dass der
Defektbereich jeweils 1 cm proximal und distal nicht von Gips eingeschlossen war.
Mit der Kontrolltibia der linken hinteren Gliedmaße eines jeden Tieres wurde zu
Vergleichszwecken identisch verfahren.
3.8.1.3 Ablauf des Torsionsversuches
Mit einer vom Institut für Materialprüfung der Universität Hannover hergestellten
Maschine wurde eine mechanische Torsionsprüfung der Schaftibiae bis zum
Versagen durchgeführt. Zur Aufnahme der verschiedenen Befestigungspunkte und
des für den Versuch entscheidenden Drehtellers diente ein ca. 1 m hohes
Viersäulenprüfgestell. Der Drehteller wurde von einem Antriebsmotor mit dazwischen
geschaltetem Übersetzungsgetriebe mit wählbarer Drehzahl angetrieben. Für diesen
Versuch war eine konstante Winkelgeschwindigkeit zwingend notwendig. Aus
diesem Grund waren der Elektromotor sowie die Kraftübersetzung für wechselnde
und hohe Drehmomente ausgelegt. Der obere Aufnahmepunkt, in den das Prüfobjekt
eingespannt wurde, war zum Monitoring der auftretenden Drehmomente mit einer
Kraftmessdose verbunden. Nach Einspannen des Prüfobjekts in die zwei
Haltevorrichtungen wurde mit Hilfe des Drehtellers eine vertikale Torsion auf die
Tibiae mit einer Winkelgeschwindigkeit von 20°/min durchgeführt. Zur Dokumentation
der Daten des maximalen Drehmoments in Abhängigkeit zum Torsionswinkel wurde
ein vorher justierter und geeichter x/y- Schreiber verwendet.
3. Material und Methoden 33
Abb. 3-11 Abb. 3-12 Abb. 3-11 und 3-12: Präparierte Schaftibia (Nr. 2917 unbeschichtete KVS) während und nach dem Torsionsversuch
Abb. 3-10 Viersäulenprüfgestell zur biomechanischen Torsionsprüfung der präparierten Schaftibia
3. Material und Methoden 34
3.8.1.4 Auswertung der Messkurven
Nach Eichung der Messeinheit mit Hilfe eines Drehmomentschlüssels auf maximal
100 Nm, konnte aus der Höhe des Graphen das maximale Drehmoment in
Newtonmeter ermittelt werden. Zur Erörterung der Festigkeit der Tibiae wurden im
linearen Kurvenbereich Tangenten angelegt, deren Steigungen die durchschnittliche
Steifheit widerspiegelten. Außerdem konnte der Torsionswinkel zwischen Beginn und
Ende der Kraftaufnahme bestimmt werden. Um vergleichsrelevante Schlüsse ziehen
zu können, wurden die intakten Gegentibiae ebenfalls der Messung unterzogen. Dies
ermöglichte individuelle tierspezifische Einflüsse wie z.B. Alter, Körpergewicht und
Konstitution des Versuchstiers auszuschließen.
3.8.1.5 Frakturklassifikation nach White und Panjabi
Mit der Klassifikation nach White und Panjabi (White et al. 1977) konnte das
Heilungsstadium des Tibiadefektes charakterisiert werden. Hierbei wurde die Fraktur,
welche durch die biomechanische Prüfung verursacht wurde, im Hinblick auf ihre
Lokalisation in vier Gruppen unterteilt:
Typ 1: Der Knochen bricht durch den ursprünglichen Defektbereich mit
niedriger Steifigkeit (gummiartig).
Typ 2: Der Knochen bricht durch den ursprünglichen Defektbereich mit großer
Steifigkeit (wie Knochengewebe).
Typ 3: Die Frakturlinie verläuft sowohl durch den Defektbereich, als auch durch
den angrenzenden, ursprünglichen, intakten Knochen. Das Gewebe
weist eine hohe Steifigkeit auf (wie Knochengewebe).
Typ 4: Die Fraktur befindet sich ausschließlich im ursprünglich gesunden
Knochen. Der Defektbereich bleibt intakt (wie Knochengewebe).
3. Material und Methoden 35
3.8.2 Mikroskopische Untersuchungen
3.8.2.1 Trenn-Dünnschliff-Technik
Mit der Trenn-Dünnschliff-Technik werden Schliffe bis zu Schichtdicken von 10 µm
erstellt. Insbesondere gilt dieses für nicht schneidbare Gewebe, um auch für diese
Gewebe histologische, mikroradiologische und fluoreszenzmikroskopische Untersuchungen durchführen zu können (Donath, 1988, 1989).
Für die Herstellung der Dünnschliffe wurden folgende Maschinen, Geräte und
Verbrauchsmaterialien eingesetzt:
Maschinen: EXAKT-Trennsystem
EXAKT-Mikroschleifsystem
Hilfsgeräte: EXAKT-Vakuum-Klebevorrichtung zur planparallelen
Aufblockung
EXAKT-Präzisionsklebepresse für die eigentliche
Objektträgermontage
Kulzer-EXAKT Lichtpolymerisationsgerät
Mikrometerschraube mit Digitalanzeige
Haarlineal
Verbrauchsmaterialien: Einbettmedium (Technovit 7200 VLC)
Technovit 4000
Präzisionskleber (lichthärtend)
Technovit 7210 VLC
Einbettmulden (lichtdurchlässig)
Plexiglasobjektträger.
Schleifpapier (verschiedene Körnungen)
Aceton
3. Material und Methoden 36
3.8.2.2 Vorbereitung der Gewebe für die Fixation
Im Anschluss an die biomechanischen Prüfungen wurden die operierten Tibiae für
die Trenn-Dünnschliff-Technik vorbereitet. Die Tibiae wurden mittels des Exakt-
Trenn-Schleif-System so gesägt, dass die Schnittebene jeweils ein 1 cm proximal
sowie 1 cm distal der Bohrlöcher lag. Die einzelnen Segmente waren durchschnittlich
2-3 cm lang. Für die Entfettung der Proben wurden die Präparate jeweils fünf Tage in
einer aufsteigenden Alkoholreihe (Alkoholkonzentration aufsteigend: 70, 80, 90, 96,
98, 100 %) eingebettet.
3.8.2.3 Infiltration
Die Kunststoffinfiltration erfolgte in zwei Stufen, wobei in Stufe 1 ein Gemisch aus
100%igem Alkohol und Technovit 7200 VLC im Verhältnis 1:1 angesetzt wurde. In
dieses wurden die Proben für weitere fünf Tage eingebettet. Technovit 7200 VLC
Infiltrationslösung ist ein lichthärtendes Einkomponenten-Kunststoff-Präparat auf
Methacrylat-Basis. Anschließend wurden die Proben für weitere fünf Tage in reinem
Technovit 7200 VLC eingebettet. Dieser Arbeitsschritt wurde 2 x durchgeführt. Die
gesamte Kunststoffinfiltration fand unter Ausschluss von Licht statt. Um die Infiltration
zu beschleunigen, wurden die Präparate in einem Vakuumschrank der Firma
Heraeus gelagert.
3.8.2.4 Einbettung und Polymerisation
Die vorbereiteten Präparate wurden in Polymerisationsmulden verbracht und dort mit
dem Einbettkunststoff bedeckt. Zur Polymerisation wurden die Proben in zwei
Phasen Lampenlicht mit einer Stärke von 400-500 nm ausgesetzt. Die erste Phase
mit einem größeren Lampenabstand, zur Vorbeugung von Spannungsrissen im
Kunststoff, dauerte fünf Stunden. Die nachfolgende Beleuchtungsphase mit sehr
geringem Abstand zur endgültigen Aushärtung dauerte acht Stunden.
3. Material und Methoden 37
3.8.2.5 Erstellung des Dünnschliffs
Zur weiteren Verarbeitung wurden die nun in einem Kunststoffblock ausgehärteten
Präparate geschnitten und mit der zu betrachtenden Seite mittels Technovit 4000
horizontal zur Knochenlängsachse auf einem Objektträger fixiert (Klebepresse der
Fa. Exakt). Nachfolgend kam es zum Abschleifen der Blöcke bis zur
Mikroplanparallelität mittels Mikroschleifsystem der Firma Exakt.
3.9 Histologie
Nach Auswertung und Monitoring der Befunde wurden die Präparate histologisch
begutachtet. Es wurden zwei Serien unterschiedlich bearbeitet und ausgewertet.
Zur histologischen Diagnostik wurden die Präparate in der 1. Serie nach Masson-
Goldner gefärbt. Zur Feststellung der Art und des Grades der Knochenneubildung
wurde eine weitere Präparatserie mit Toluidin-Blau angefärbt. Hierbei konnte man
dann einen Überblick zur Knochenneubildung und deren Verteilung gewinnen. Die
beiden unterschiedlichen Färbungen detailliert:
3.9.1 Masson-Goldner
Um eine gute Differenzierung von Knochen, Bindegewebe und Osteoid zu
ermöglichen, ist die Masson-Goldner-Färbung am besten geeignet. Hierbei können
zusätzlich die verschiedenen Knochenzellen hinreichend gut dargestellt werden.
Jedoch wurde die Färbung nach Donath (1989) dahingehend verändert, dass die
Konzentration des Lichtgrüns in dem Maße reduziert wurde, um sie der Methacrylat -
Trenn-Dünnschlifftechnik anzupassen. Weiterhin kam es zum völligen Verzicht der
Inkubation bei 60 �C. Eine Färbung nach Originalvorschrift hätte zu einer
Überfärbung des Bindegewebes geführt. Das Färbeergebnis zeigte ziegelrotes
Zytoplasma, braun-schwarze Zellkerne, grünes Bindegewebe und gelb-orange
Erythrozyten.
3. Material und Methoden 38
3.9.2 Toluidin-Blau
Zur weiteren Betrachtung, speziell in Bezug auf neu gebildeten Knochen und
Osteoid, kam die Färbung mit Toluidinblau in Originalvorschrift, bis auf die zur
Entwässerung notwendige abschließende aufsteigende Alkoholreihe, zur
Anwendung. Die Modifikation wurde aus Rücksicht vor möglicher Destruktion der
Präparate vorgenommen.
3.10 Statistik und Datenerfassung
Zur Statistik und Datenerfassung wurden die gemessenen Werte in Exceldateien auf
einem PC- kompatiblen Rechner aufgenommen und anschließend mit dem
Programm SAS 8.2 der Firma Microsoft verarbeitet. Es wurden jeweils Prozentwerte,
arithmetische Mittel und Standardabweichungen zur statistischen Varianzanalyse
errechnet.
4. Ergebnisse 39
4 Ergebnisse
4.1 Komplikationen im Pilot- und Hauptversuch
Zwei der drei Piliottiere (Nr.1760, 0471) wurden bereits 13 Tage post operationem
aufgrund eines proximalen Schraubenausrisses durch Injektion von Eutha 77®
(Pentobarbital, Fa. ESSEX-Tierarznei, München) euthanasiert. Die Kopfverriegelungsschrauben waren fest im konischen Gewinde der Locking
Compression Plate verriegelt. Die Diagnose wurde vor der Euthanasie
röntgenologisch abgesichert.
Abb. 4-1 Abb. 4-2
Abb. 4.1, Abb. 4.2. Implantatausriss im proximalen Fragment 13 Tage p.o. von Pilottier (Schaf-Nr.1760) mit unbeschichteten KVS
Aufgrund dieses Ergebnisses wurden nachfolgend statt sechs Schrauben acht
verwendet. Die vorher verwendete 8-Loch-Platte wurde durch eine 9-Loch-LCP
ersetzt. Weiterhin wurde die Defektosteotomie von 2 cm auf 0,5 cm reduziert.
4. Ergebnisse 40
Diese Modifikation der Operationsmethode sollte zur Folge haben, dass eine höhere
Stabilität gewährleistet sei. Um die Belastung der operierten Gliedmaße in den ersten
Wochen post operationem zu reduzieren, wurde bei allen Schafen eine Tenotomie
der Achillessehnen durchgeführt. Doch auch diese Präventionsmaßnahme konnte
nicht verhindern, dass einige Tiere auf der Kaudalfläche des Metatarsalknochens
fußten und somit starke Kräfte auf die Implantate einwirkten.
Ursprünglich sollten 16 Tiere operiert werden. Nachdem weitere acht Schafe nach
der modifizierten Operationsmethode operiert wurden, mussten zwei Tiere aus
Gruppe B nach bereits ein bzw. zwei Tagen und ein Tier aus Gruppe A nach sieben
Tagen aufgrund proximaler Schraubenausrisse euthanasiert werden. Da erneut
dieselben Komplikationen auftraten, wie im Pilotversuch, wurde der Hauptversuch
aus ethischen Gründen abgebrochen. Die folgende Abbildung (Abb. 4-3) zeigt den
Vergleich der Schraubenlöcher im proximalen und distalen Fragment nach
Implantatversagen.
Abb. 4-3 Präparierte Tibia unmittelbar nach Euthanasie des Tieres (Schaf-Nr. 2851 beschichtete
KVS) aufgrund proximalen Ausrisses des Implantats 1 Tag p.o. (links: distales Knochenfragment; rechts: proximales Fagment)
4. Ergebnisse 41
Bei keinem der operierten Tiere traten postoperative Wundheilungsstörungen oder
Infektionen auf.
Zur Beurteilung und Auswertung der Ergebnisse werden in dieser Arbeit fünf Tiere
herangezogen, welche sich auf zwei Untersuchungsgruppen mit je zwei und drei
Tieren verteilen. In Gruppe A (n=3) wurden Schrauben ohne Beschichtung, in
Gruppe B (n=2) wurden Schrauben mit Hydroxylapatitbeschichtung eingesetzt.
4.2 Klinische und makroskopische Beurteilung
Bereits einige Stunden post operationem waren die Tiere in der Lage sich
selbständig zu erheben. Zur Vermeidung unkoordinierter Bewegungen wurden die
ersten Aufstehversuche der Schafe von einer Hilfsperson unterstützt. Alle Tiere
zeigten am ersten Tag nach dem operativen Eingriff eine vollständige Entlastung der
operierten Gliedmaße (höchstgradige Lahmheit, Grad 4). Bereits am zweiten Tag
nach der Operation belasteten die Schafe bereits kurzfristig die operierte
Hintergliedmaße (hochgradige Lahmheit, Grad 3). Zu Beginn traten die Tiere mit der
Klauenspitze auf. Aufgrund der Tenotomie der Achillessehne war es den Tieren nicht
möglich, das Bein im oberen Sprunggelenk zu strecken. Dadurch kam es zu einer
starken Hyperflexion der operierten Hintergliedmaße bei Belastung, wobei einige
Schafe zeitweise auf der Kaudalfläche des Metatarsalknochens fußten. Auch bei den
Aufstehversuchen stützten sich einige Tiere auf der kaudalen Fläche des
Metatarsalknochens ab. Vier Wochen post operationem wurde die operierte
Hintergliedmaße nur kurzfristig belastet (Lahmheitsgrad 3). Nach acht Wochen war
bei allen Tieren eine mittelgradige Lahmheit (Grad 2) vorhanden. Die Schafe zeigten
eine Lahmheit, welche schon im Schritt erkennbar war, im Trab aber noch deutlicher
wurde. Zwölf Wochen nach dem operativen Eingriff zeigten die Schafe eine Lahmheit
(Grad 1), welche im Schritt überhaupt nicht bzw. kaum, im Trab aber noch leicht
erkennbar war (Tab. 4.1).
Zur Schmerzlinderung erhielten die Schafe in der ersten Woche post operationem
zweimal täglich 2 ml Temgesic®, in der zweiten Woche zweimal täglich 1 ml und in
der dritten Woche 1 ml Temgesic® pro Tag.
4. Ergebnisse 42
Tab. 4-1 Übersicht über die Lahmheitsgrade innerhalb der Beobachtungszeit: Schafe mit unbeschichteten und HA-beschichteten KVS im Vergleich
Tier-Nr. 2841 2917 2856 2851 HA 2824 HA
1. Woche 4 4 4 4 4
2. Woche 3 3 3 3 3
4. Woche 3 3 3 3,5 3
6. Woche 2 2 2 2,5 2,5
8. Woche 2 2 2 2 2
10. Woche 1 1 1 1 1
12. Woche 0,5 0,5 0,5 0,5 1
0 = steht und läuft normal,
1 = Stand o.b.B., leichte Lahmheit in der Fortbewegung,
2 = Stand normal, schwere Lahmheit in der Fortbewegung,
3 = Abnormale Positur beim Stehen, schwere Lahmheit in der Fortbewegung,
4 = Keine Gewichtsbelastung der Gliedmaße im Stand oder in der Fortbewegung
4.3 Makroskopische Beurteilung der Osteotomiebereiche nach Euthanasie
Zur Beurteilung wurden die Tibiae der operierten rechten Hintergliedmaße von allen
Weichteilen befreit.
Abb. 4-4 Präparation der Tibia nach Euthanasie 12 Wochen post operationem
4. Ergebnisse 43
Hierbei konnte festgestellt werden, dass der 12 Wochen zuvor operativ gesetzte
Defekt sowohl bei den Tieren mit Hydroxylapatit beschichteten Schrauben, als auch
bei denen mit unbeschichteten Schrauben makroskopisch vollständig durchbaut
erschien. Hinweise auf die exakte Zusammensetzung der Defekte ergaben erst die
später durchgeführten histologischen und mikroskopischen Untersuchungen.
Auffällig war jedoch die vermehrte Kallusbildung im kaudomedialen der Platte gegenüberliegenden Defektbereich. Die LCP sowie die Bereiche der
Kopfverriegelungsschrauben waren mit straffem Bindegewebe bedeckt. Bei einem
Tier aus Gruppe A war die Platte stellenweise von Kallus überbaut. Es konnte bei
keinem der Tiere weder eine Pseudarthrose, noch eine Lockerung der implantierten
Platte festgestellt werden. Nachfolgend wurde die LCP mit Hilfe einer Säge vom
Knochen und den darin befindlichen Kopfveriegelungsschrauben entfernt, ohne die
Schrauben und den Knochen zu beschädigen. Nach Entfernung der LCP wurde das
Ausdrehmoment jeder einzelnen Schraube gemessen und dokumentiert. Beim
Herausdrehen wurden weder ein potenzieller Schraubenbruch noch eine knöcherne
Verletzung festgestellt. Bei den Präparaten mit HA-beschichteten Schrauben trat
beim Entfernen lediglich ein teilweises Abdrehen der Beschichtung, welche im
Schraubenkanal verblieb, auf.
4. Ergebnisse 44
4.4 Biomechanische Prüfungen
Drei Monate post operationem wurden die Tibiae der Probanden nach Euthanasie
und Exartikulation für die Prüfungen präpariert.
4.4.1 Ergebnisse der Ausdrehmomente der KVS
Tab. 4-2: Messwerte der Ausdrehmomente in Nm Nach Präparation und Entfernung der LCP von der Schaftibia wurden die Ausdrehmomente der einzelnen KVS bestimmt.
Schaf-Nr. 2841 2917 2856 2851 2824
Beschichtungnicht
beschichtetnicht
beschichtetnicht
beschichtetHA-
beschichtetHA-
beschichtet
P1 0,637 0,844 0,187 2,308 2,503P2 0,661 0,567 0,323 2,221 2,499P3 0,752 0,318 0,216 2,403 2,617P4 0,281 0,497 0,034 3,843 3,261D1 0,856 0,446 0,706 2,344 2,061D2 0,262 0,175 0,734 2,998 1,761D3 0,091 0,288 1,062 1,766 2,332D4 0,301 0,323 0,264 0,752 2,862
Mittelwert 0,549 0,432 0,441 2,329 2,487
Ausdrehmomente [Nm]
P1-P4: Schraubenpositionen im proximalen Fragment
D1-D4: Schraubenpositionen im distalen Fragment
4. Ergebnisse 45
Diagramm 4-1 Darstellung der Ausdrehmomente in Nm Beschichtete und unbeschichtete KVS im Vergleich
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
Nm
P1 P2 P3 P4 D1 D2 D3 D4Positionen
Extraktionsdrehmomente
beschichtet
unbeschichtet
P1-P4: Schraubenpositionen im proximalen Fragment
D1-D4: Schraubenpositionen im distalen Fragment
Tab. 4-3 Mittelwert und Standardabweichung der Ausdrehmomente der HA- beschichteten Schrauben (Gruppe B)
Position Minimum Maximum Mittelwert Standard- abweichung
P1 2,308 2,503 2,406 0,138P2 2,221 2,499 2,360 0,197P3 2,403 2,617 2,510 0,151P4 3,260 3,843 3,552 0,412D1 2,060 2,344 2,202 0,201D2 1,760 2,998 2,379 0,875D3 1,766 2,332 2,049 0,400D4 0,752 2,862 1,807 1,492
P1-P4: Schraubenpositionen im proximalen Fragment
D1-D4: Schraubenpositionen im distalen Fragment
4. Ergebnisse 46
Tab. 4-4 Mittelwert und Standardabweichung der Ausdrehmomente der unbeschichteten Schrauben (Gruppe A)
Position Minimum Maximum Mittelwert Standard- abweichung
P1 0,187 0,844 0,556 0,336P2 0,323 0,661 0,517 0,174P3 0,216 0,752 0,429 0,285P4 0,034 0,497 0,270 0,232D1 0,446 0,856 0,669 0,207D2 0,175 0,734 0,390 0,301D3 0,091 1,062 0,480 0,513D4 0,264 0,323 0,296 0,030
P1-P4: Schraubenpositionen im proximalen Fragment
D1-D4: Schraubenpositionen im distalen Fragment
Die Messungen der Ausdrehmomente der Schrauben ergaben bei allen Tieren der
Gruppe B im Vergleich zu Gruppe A deutlich höhere Messergebnisse.
Bei der statistischen Auswertung der Ergebnisse, welche beim Analysieren der
Ausdrehmomente beider Gruppen dokumentiert wurden (siehe Tabelle 4-2), konnte
auf Grund der geringen Anzahl von Stichproben, der Wilcoxon Test zur
Signifikanzdarstellung nicht verwendet werden. Zur Prüfung der Testergebnisse
wurde deshalb die Varianzanalyse für unabhängige Stichproben mit den beiden
Faktoren Material und Position der Schrauben angewandt. Die Auswertung ergab
keine Interaktion zwischen den Positionen der Schrauben distal sowie proximal des
Defektes. Jedoch konnte bei den Ausdrehmomenten der beiden unterschiedlichen
Schraubentypen eine hohe Signifikanz (p< 0,0001) beobachtet werden. Wie in den
Tabellen 4-2, 4-3 und 4-4 und den Diagrammen 4-1 und 4-2 deutlich ersichtlich ist,
liegen die Mittelwerte der HA- beschichteten Schrauben um das ca. 5-fache höher
als die der unbeschichteten Schrauben.
4. Ergebnisse 47
Diagramm 4-2 Graphische Darstellung des Mittelwertes der Ausdrehmomente in Nm
4.4.2 Ergebnisse des Torsionsversuches
Bei der biomechanischen Torsionsprüfung wurden zu Vergleichszwecken auch die
jeweiligen intakten Gegentibiae einer Torsionsprüfung unterzogen. Diese
Torsionsprüfung bis hin zum Versagen, ergab bei allen Kontrolltibiae eine
Spiralfraktur im nicht fixierten Bereich zwischen den Gipsblöcken. Der
Versagensmodus bei den operierten Defekttibiae dagegen bestand bei vier Schafen
in einer Fraktur durch den neu gebildeten Kallus und angrenzenden Knochen
(entsprechend Typ III nach White und Panjabi). Bei einem Tier lag der
Versagensmodus Typ I vor.
0
0,5
1
1,5
2
2,5
Nm
Ausdrehmoment
beschichtetunbeschichtet
4. Ergebnisse 48
Abb. 4-5 Spiralfraktur einer Kontrolltibia (Schaf-Nr. 2851) nach Torsionsversuch
4.4.2.1 Messwerte
Die folgenden Graphiken (Abb. 4.6-4.9) und Tabellen (Tab. 4.5-4.7) fassen die
Ergebnisse der biomechanischen Prüfung zusammen. Die
Deformationssteigungskurven zeigen jeweils graphisch die Torsion einer operierten
Tibia 12 Wochen p.o. und einer Kontrolltibia. Auf der x-Achse ist die Zeit/Winkelgrad
und auf der y-Achse ist das Drehmoment in Nm dargestellt.
4. Ergebnisse 49
Abb. 4-6, 7, 8 u. 9: Drehmomentdeformationskurven, welche während des Torsionsversuches an den Schaftibiae gemessen wurden
Auf der x-Achse ist der Winkel und auf der y-Achse das Drehmoment dargestellt
Abb. 4-6: Kontrolltibia, Gruppe A Abb. 4-7: Defekttibia, Gruppe A (unbeschichtete KVS) (unbeschichtete KVS)
Abb. 4-8: Kontrolltibia, Gruppe B Abb. 4-9: Defekttibia, Gruppe B (beschichtete KVS) (beschichtete KVS)
Die Kontrolltibiae weisen jeweils einen steileren Anstieg und ein höheres maximales
Drehmoment gegenüber den operierten Tibiae auf.
4. Ergebnisse 50
Tab. 4-5 Messwerte des Torsionsversuches der osteotomierten und mit LCP und KVS versorgten Schaftibiae nach Implantatentfernung (12 Wo. p.o.)
Stei
fhei
t
[Nm
/ Gra
d]
inta
kte
Tibi
a
1,88
2,24
2,91
2,37
2,44
Stei
fhei
t
[Nm
/ Gra
d]
oper
ierte
Tibi
a
1,26
2,95
1,71
2,24
1,83
Bru
chw
inke
l [G
rad]
inta
kte
Tibi
a
28,2
2
25,3
19,1
7
22,9
6
19,3
7
Bru
chw
inke
l [G
rad]
oper
ierte
Tibi
a
14,1
2
11,8
6
12,3
6
14,8
6
15,2
Bru
chkr
aft
[Nm
]
inta
kte
Tibi
a
53,2
8
56,6
1
57,1
7
54,3
9
47,1
8
Bru
chkr
aft
[Nm
]
oper
ierte
Tibi
a
17,7
6
34,9
7
21,0
9
33,3
27,7
5
Gew
icht
[k
g]
58
74
61
76
69
Scha
f-Nr.
2841
2917
2856
2851
HA
2824
HA
4. Ergebnisse 51
Tab. 4-6: Darstellung der Messparameter in % gegenüber der intakten Tibia (unbeschichtete KVS, Gruppe A) nach Torsionsversuch
Schaf-Nr. Bruchkraft [%] Bruchwinkel [%] Steifheit [%]
2841 33 50 67
2917 62 47 131
2856 37 64 59
Tab. 4-7 : Darstellung der Messparameter in % gegenüber der intakten Tibia (beschichtete KVS, Gruppe B) nach Torsionsversuch
Schaf-Nr. Bruchkraft [%] Bruchwinkel [%] Steifheit [%]
2851 61 65 95
2824 59 79 75
Aus den Tabellen 4-6 und 4-7 geht hervor, dass die nicht operierten Kontrolltibiae
jeweils im direkten Vergleich zu den operierten Tibiae stabiler sind. Bei der
statistischen Auswertung konnte aufgrund zu geringer Stichprobenzahlen nur auf die
Varianzanalyse zurückgegriffen werden.
Das Ergebnis zeigt deutlich auf, dass keine Interaktion zwischen den Gruppen A und
B existiert, sondern jeweils nur eine hohe Signifikanz bei den operierten Tibiae im
Vergleich zu den intakten Kontrolltibiae ( p < 0,01) besteht.
4.4.2.2 Wertung und Zuordnung nach White und Panjabi
Die Art des Versagens bei der biomechanischen Prüfung lässt nach White et al.,
(1977) Rückschlüsse auf das Heilungsstadium des Defektbereiches bzw. den
Heilungsfortschritt ziehen. Demnach ist bei den Präparaten, welche dem Typ I
zugeordnet wurden, eine schlechtere Heilung als solche Präparate die bei der
4. Ergebnisse 52
Torsionsprüfung ein Versagen durch den Defektbereich als auch durch den
angrenzenden, ursprünglichen intakten Knochen zeigen (Typ III, siehe 3.8.1.5).
In Tabelle 4-8 sind für jedes Einzeltier die Gruppenzugehörigkeit, das Gewicht, Art
der Fraktur, die Klassifikation nach White et al. sowie das maximale Drehmoment in
Prozent der intakten Gegenseite dargestellt.
Tab. 4-8: Zusammenfassung der Heilungsergebnisse und des Frakturverhaltens der Schaftibiae nach Torsionsversuch
Schaf-Nr. Gruppe Körpergewicht
(kg)
Maximales
Drehmoment
(%)
Frakturtyp nach
White et al.
2841 unbeschichtet 58 33 III
2917 unbeschichtet 74 62 III
2856 unbeschichtet 61 37 I
2851 HA- beschichtet 76 61 III
2824 HA- beschichtet 69 59 III
Die Tabelle 4-8 zeigt, dass bei der Zuordnung des Heilungsstadiums im
Defektbereich anhand des Verhaltens des Heilgewebes bzw. des angrenzenden
Knochens bei der Torsionsprüfung nur bei einem Tier aus Gruppe A (2856) eine
schlechtere Frakturheilung festgestellt wurde, da bei diesem Tier die Frakturlinie
durch den ursprünglichen Defektbereich verläuft.
4. Ergebnisse 53
4.5 Röntgen
4.5.1 Standardröntgen
Die erste Röntgenaufnahme der operierten Tibia in zwei Ebenen wurde unmittelbar
postoperativ aufgenommen. Hiermit sollte sichergestellt werden, dass die
Frakturenden achsengerecht adaptiert worden waren. Die röntgenologischen Beobachtungen der Gruppe A und B sind in den nachfolgenden Tabellen (4-9, 4-10)
zusammengefasst.
4. Ergebnisse 54
Tab. 4-9 Röntgenbefunde der Schaftibiae von Gruppe A mit unbeschichteten KVS im Verlauf und makroskopische Beurteilung nach Implantatentfernung
Nac
h En
tfern
ung
der
Impl
anta
te
Def
ektb
erei
ch b
is a
uf B
erei
ch
dire
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Kallu
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Def
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it
Kallu
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schi
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d
Def
ektb
erei
ch v
olls
tänd
ig m
it
Kallu
s au
sgeb
ildet
, kau
dom
edia
l
über
schi
eßen
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t
12 W
oche
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P
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roxi
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t
Frak
ture
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er
Läng
sach
se u
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a. 1
mm
ver
setz
t
Tier
-Nr.
2841
2917
2856
4. Ergebnisse 55
Tab. 4-10 Röntgenbefunde der Gruppe B mit beschichteten KVS im Verlauf und makroskopische Beurteilung nach Implantatentfernung
Tier-Nr. Postoperativ 12 Wochen post OP Nach Entfernung der Implantate
2851
Frakturenden
achsengerecht
adaptiert
Überbrückende
Kallusbildung,
kaudomedial ggr.
überschießend,
strukturiert,
beginnende
Kortikalisierung
Defektbereich
vollständig mit Kallus
ausgefüllt,
kaudomedial ggr.
überschießend
2824
Frakturenden
achsengerecht
adaptiert
Überbrückende
Kallusbildung,
kaudomedial ggr.
überschießend, nicht
strukturiert, ggr. Kallus
am Gewinde der
proximalen Schrauben
zapfenförmig bis in
Markkanal reichend
Defektbereich
vollständig mit Kallus
ausgefüllt,
kaudomedial ggr.
überschießend
4.5.2 Röntgenbefunde post operationem
In Gruppe A waren die Frakturenden bei zwei Tieren nicht achsengerecht adaptiert
und wiesen eine Verschiebung in der Längsachse um 1-2 mm auf.
4.5.3 Röntgenbefunde zwölf Wochen post operationem
Aus den Aufzeichnungen geht hervor, dass mit Ausnahme eines Schafes (2841) mit
unbeschichteten Schrauben (Gruppe A) der Defekt 12 Wochen post operationem
4. Ergebnisse 56
vollständig mit Kallus überbrückt wurde. Außer bei einem Schaf aus Gruppe A zeigte
sich bei allen Versuchstieren eine vermehrte Kallusbildung, die sich im
kaudomedialen Bereich dominierend bis überschießend darstellte. Eine beginnende
Kortikalisierung konnte bei jeweils einem Tier in Gruppe A und B beobachtet werden.
Im proximalen Fragment zeigte sich bei allen Probanden eine bis in den Markkanal
reichende zapfenförmige Kallusbildung entlang der Schraubengewinde. Tendenziell erschienen diese jedoch bei den Tieren aus Gruppe A deutlicher ausgeprägt.
4.5.4 Röntgenbilder: Verlauf der Frakturheilung
Die Abbildungen 4-10 bis 4-16 zeigen einige Röntgenbeobachtungen im Verlauf.
Abb. 4-10 Abb. 4-11 Abb. 4-12 Abb. 4-13
Abb. 4-10, 11: Röntgenaufnahme ap, und seitlich, unmittelbar p.o.; Abb 4.12, 13 zwölf Wochen p.o. bei einem Tier (Schaf-Nr. 2841) mit unbeschichteten KVS
4. Ergebnisse 57
Abb. 4-14 Abb. 4-15 Abb. 4-16 Abb. 4-17
Abb. 4-14, 15: Röntgenaufnahme ap, und seitlich, unmittelbar p.o.; Abb. 4-16, 17; zwölf Wochen p.o. bei einem Tier (Schaf-Nr. 2851) mit HA-beschichteten KVS
Abb. 4-18 Abb. 4-19 Abb. 4-18 Ausschnittsvergrößerungen des Defekts 12 Wo. p.o. bei einem Tier (Schaf-Nr. 2917) mit unbeschichteten und Abb. 4-19 einem mit HA-beschichteten KVS
4. Ergebnisse 58
4.6 Ergebnisse der Schraubenuntersuchung
4.6.1 Makroskopische Beurteilung der extrahierten Schrauben
Bereits bei makroskopischer Betrachtung der entfernten Schrauben fiel auf, dass bei
den HA-beschichteten KVS der Gruppe B am gesamten Gewindebereich Material
anhaftete. Bei den unbeschichteten Schrauben aus der Kontrollgruppe A waren makroskopisch nur im Bereich der Spitze vereinzelt anhaftende Gewebeteile zu
erkennen. Die Position der Schrauben, proximal oder distal der osteotomierten
Tibiae, hatte keinen Einfluss auf die anhaftenden Gewebestücke. Ein
Schraubenbruch oder eine knöcherne Verletzung beim Entfernen der Schrauben
traten nicht auf.
Die nachfolgenden Abbildungen (Abb. 4.20-24) zeigen die Unterschiede der beiden
Schraubentypen vor Beginn des Versuchs und nach der Extraktion.
4. Ergebnisse 59
Abb. 4-20 unbeschichtete KVS vor Implantation in die Schaftibia
Abb. 4-21 unbeschichtete KVS 12 Wochen p.o. nach Extraktion aus der Tibia (Schaf-Nr. 2841)
mit anhaftenden Gewebeteilen im Bereich der Schraubenspitze
4. Ergebnisse 60
Abb. 4-22 HA-beschichtete KVS vor Implantation in die Schaftibia
Abb. 4-23 HA-beschichtete KVS 12 Wochen p.o. nach Extraktion aus der Tibia (Schaf-Nr. 2851)
mit anhaftendem Gewebe am gesamten Gewindebereich
4. Ergebnisse 61
4.6.2 Histologische Beurteilung der Schrauben
Nach Entfernen der Schrauben wurden von der Oberfläche Gewebeproben
entnommen. Bei der histologischen Untersuchung der beschichteten Schrauben
wurde fibröses Bindegewebe und Knochengewebe festgestellt. An den
unbeschichteten Schrauben haftete jedoch ausschließlich Bindegewebe
4.7 Histologische Ergebnisse der Knochenpräparate
Nach zwölfwöchiger Beobachtungszeit und anschließender Euthanasie der Schafe
erfolgte die Auswertung der histologischen Präparate deskriptiv. Die histologische
Untersuchung zeigte an der Implantat-Knochen-Grenze um die HA-beschichteten
Schrauben kein Bindegewebe. Das Knochengewebe war direkt an die HA-
Beschichtung der Schraube angewachsen. Dies traf gleichermaßen auf die kortikalen
und spongiösen Kontaktzonen zu. Das Hydroxylapatit war in geringem Masse
abgerieben, was speziell an den Schraubeneintrittsstellen zu erkennen war.
Gelegentlich waren diese Partikel von neu gebildetem Knochen umwachsen. Eine
vollständige Ablösung der HA-Beschichtung war jedoch nicht zu erkennen.
Bei den unbeschichteten Schrauben hingegen wurde teilweise eine bindegewebige
Umscheidung festgestellt. Außerdem waren große Resorptionszonen um die
Gewindegänge erkennbar, welche sich vermehrt an den Gewindegängen der KVS im
proximalen Knochenfragment zeigten. In angrenzenden Knochenarealen konnten
leere Osteozytenlakunen gesehen werden.
Die Form der Gewindegänge war unabhängig der Beschichtung trapezförmig,
trapezförmig mit abgerundeten Ecken, halbrund oder dreieckig.
4. Ergebnisse 62
Abb. 4-24 Gewindegang einer unbeschichteten KVS im distalen Knochenfragment der Tibia
von Tier Nr.2917 (200-fache Vergrößerung, Toluidinblaufärbung), neu gebildeter und originärer Knochen bilden das Kontaktgewebe zum Gewindegang
Abb. 4-25 Gewindegang einer unbeschichteten KVS von Tier Nr.2917 im proximalen
Knochenfragment der Tibia (100-fache Vergrößerung, Toluidinblaufärbung). Dieses Bild zeigt Resorptionszonen, sowie Bindgewebe am neu gebildeten Knochen.
4. Ergebnisse 63
Abb. 4-26 Gewindegang einer beschichteten KVS in der Tibia von Tier Nr. 2851 (63-fache
Vergrößerung, Toluidinblaufärbung) ggr. Kallus mit aufgelagertem HA verbindet originären Knochen mit Gewindegang
Abb. 4-27 Gewindegang einer unbeschichteten KVS in der Tibia von Tier-Nr. 2841 (Masson-Goldner, 63- fache Vergrößerung). Ein breiter Kallus mit angelagertem Bindegewebe verbindet
den originären Knochen mit dem Gewindegang.
4. Ergebnisse 64
Abb. 4-28 Gewindegang eine unbeschichteten KVS in der Tibia von Tier Nr. 2841 (100-fache
Vergrößerung, Masson-Goldner), umfangreiche Kallusbidung mit aufgelagertem Bindegewebe am Gewindegang
Abb. 4-29 Gewindegang einer unbeschichteten KVS in der Tibia von Tier Nr.2917 (100-fache Vergrößerung, Toluidinblaufärbung). Dieses Bild zeigt Resorptionszonen, sowie Bindgewebe
im neu gebildeten Knochen.
4. Ergebnisse 65
Abb. 4-30 Gewindegang einer beschichteten KVS in der Tibia von Tier Nr. 2851 (63-fache
Vergrößerung, Masson-Goldner). Kallus mit aufgelagertem HA verbindet originären Knochen mit Gewindegang
Abb. 4-31 Gewindegang einer beschichteten KVS in der Tibia von Tier Nr. 2851 (200-fache Vergrößerung, Masson-Goldner), Kallus mit aufgelagertem HA
5. Diskussion 66
5 Diskussion
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Optimierung der Plattenosteosynthese
unter Verwendung der Locking-Compression-Plate mit Hydroxylapatit beschichteten
Kopfverriegelungsschrauben nach Defektosteotomie der Tibia.
In dieser Studie soll evaluiert werden, ob der bessere Knochen-Schrauben-Kontakt
bei der Verwendung von hydroxylapatitbeschichteten Implantaten zu einer höheren
Stabilität der Osteosynthese im Frakturmodell unter Vollbelastung führt. Als
Versuchstiere wurden weibliche Schafe der Rasse Deutsches Schwarzköpfiges
Fleischschaf ausgewählt.
Es wurden unbeschichtete (Gruppe A) und mit Hydroxylapatit beschichtete
Kopfverriegelungsschrauben (Gruppe B) miteinander verglichen.
Anhand klinischer, radiologischer, biomechanischer und morphologischer Parameter
wurden die Ergebnisse ausgewertet.
5.1 Methode
Als Versuchstier wurde das Schaf gewählt, da sowohl die veterinärmedizinische als
auch die humanmedizinische Betrachtungsweise der Plattenosteosynthese
untersucht wurde. Die Dimensionen und die mechanischen Eigenschaften des
Schafknochens sind denen des menschlichen Knochens sehr ähnlich. Weil die
Frakturheilung und Knochenreaktionen beim Schaf nach den gleichen Prinzipien
ablaufen, wie bei Mensch und Kleintier, lassen sich die hier gewonnenen
Erkenntnisse sowohl allgemein auf die Veterinärmedizin, als auch auf die
Humanmedizin übertragen. Die Fraktur- und Knochenheilung beim Schaf ist, trotz
eines schnelleren Knochenstoffwechsels gegenüber dem Menschen, für
Rückschlüsse in der Humanmedizin auswertbar (Simmons, 1976). Außerdem sind
die Haltungs- und Beschaffungskosten beim Schaf in einem günstigen Verhältnis, zu
der zu erwartenden Aussagekraft der Ergebnisse (Lippuner et al., 1992).
Die Plattenosteosynthese erfolgte nach den in der Humanmedizin üblichen
Standards. Die klinische postoperative Beobachtungszeit der Tiere wurde auf drei
5. Diskussion 67
Monate festgelegt, da zu diesem Zeitpunkt die Frakturheilung ausreichend
vorangeschritten war (Brinker 1978). Außerdem ist 12 Wochen nach Implantation der
kortikale Knochen im Bereich der eingedrehten Schraube gereift und der avitale
durch lamellären Knochen ersetzt (Clary u. Roe, 1995).
Aus vorangegangenen Versuchen (Moroni et al. 2003) war die Notwendigkeit zur
Durchführung einer Achillotenotomie gegeben. Diese wurde beim Setzen des Osteotomiedefektes zeitgleich durchgeführt und sollte unmittelbar post operationem
eine geringere Belastung der Osteosynthese gewährleisten.
Durch die Adaption der Sehnenstümpfe, welche nach 6-8 Wochen abgeschlossen
war, wurde die Gliedmaße zunehmend belastet, was auch unter klinischen
Bedingungen im Verlauf der Frakturheilung erwünscht ist. Doch auch diese
Präventionsmaßnahme konnte nicht verhindern, dass einige der Tiere unmittelbar
post operationem die Osteosynthese zu stark belasteten, indem sie auf der
Kaudalfläche des Metatarsalknochens fußten. Innerhalb der ersten Woche post
operationem kam es deshalb bei 5 von 11 (3 Pilottiere und 2x4 Tiere im
Hauptversuch) operierten Tieren zu kompletten Ausrissen der Schrauben aus den
Bohrlöchern im proximalen Knochenfragment. Die betroffenen Tiere wurden
daraufhin unverzüglich euthanasiert. Die Verlustrate betrug 45,5 %, und lag damit
erheblich über dem Durchschnitt anderer Versuchsreihen am Tiermodel Schaf
(Klaue u. Perren, 1991; Mathon et al., 1998).
Bei dieser Untersuchung wurden erstmals monokortikale
Kopfverriegelungsschrauben in Verbindung mit der Locking Compression Plate am
Schaf angewendet. Dieses Versuchsmodell sollte deshalb primär durch einen
Pilotversuch mit drei Tieren abgesichert werden. Bei diesem wurde an der Schaftibia
ein 2 cm langer Defekt erzeugt, welcher mit einer 8-Loch-LCP und drei Schrauben je
Fragment stabilisiert wurde. Dabei ergab sich bei zwei von drei Schafen innerhalb
der zweiten Woche post operationem ein vollständiger Ausriss des Implantates im
proximalen Knochenfragment.
Aufgrund dieser Resultate wurde der Versuchsplan geändert und nachfolgend statt
sechs Schrauben acht verwendet. Gleichzeitig wurde die vorher verwendete 8-Loch-
5. Diskussion 68
Platte durch eine 9-Loch-LCP ersetzt und die Defektosteotomie von 2 cm auf 0,5 cm
reduziert. Mit dieser Modifikation sollte eine höhere Stabilität gewährleistet sein.
Ursprünglich sollten 16 Tiere im Hauptversuch operiert werden. Nachdem nach der
modifizierten Operationsmethode drei Tiere innerhalb der ersten Woche aufgrund
proximaler Schraubenausrisse euthanasiert werden mussten, da dieselben
Komplikationen wie im Pilotversuch auftraten, wurde die Versuchsreihe aus ethischen Gründen abgebrochen.
Die proximalen Schraubenausrisse lassen vermuten, dass diese bei den
Aufstehversuchen der Tiere auftraten. Weiterhin haben aufgrund des
Fluchtverhaltens der scheuen Tiere extreme Kräfte auf die operierten Tibiae gewirkt.
Das hohe Körpergewicht einzelner Tiere mag ebenfalls ein weiterer Grund für das
Implantatversagen sein. Die Operationstechnik selbst und die starke Schwächung
des proximalen und distalen Tibiaschafts spielen bei der hohen Anzahl von
Imlpantatversagen vermutlich eine weitere Rolle. Vergleichbare Erfahrungen fehlen
bisher im Schrifttum, da weder die neu entwickelte LCP mit monkortikalen
Kopfverriegelungsschrauben an Schafknochen in vivo geprüft wurden, noch fallweise
aus der Orthopädie ein vollständiger Ausriss aller Kopfverriegelungsschrauben aus
einem Hauptfragment beschrieben wurden. Dieser spezielle Versuchsaufbau mit
monokortikaler Verschraubung erscheint mit Schafen nicht durchführbar, da das
Knochen-Schrauben-Interface der Kombination aus den einwirkenden Axial- und
Torsionskräften (Aufstehen und Bewegung des scheuen Tieres), mitresultierend
auch durch die starre Einheit von LCP und Kopfverriegelungsschrauben, nicht
ausreichend standhält.
Die eigenen Erfahrungen weisen darauf hin, dass die LCP in Kombination mit der
Kopfverriegelungsschraube offenbar einen derart starken und rigiden Fixateur
darstellt, dass sich bei Mikrobewegungen oder sonstig einwirkenden stärkeren
Kräften nicht die Schrauben im Gewinde der Platte bewegen, sondern alle
Schrauben je Fragment die Kraft über die Knochen-Schrauben-Kontaktzone
weiterleiten. Dies kann dann das Lösen, bzw. nachträglich auch ein vollständiges
Ausreißen aller Schrauben im Fragment zur Folge haben. Basierend auf dem Prinzip
5. Diskussion 69
des Fixateurs interne fungieren die Kopfverriegelungsschrauben der LCP als Bolzen
und komprimieren weder die Platte noch die Fraktur. Die Schrauben halten den
Biegebelastungen besser stand, als den Kräften, welche ein Ausreißen bewirken
(Perren, 2001). Gautier et al. (2003) weisen darauf hin, das aus rein mechanischer
Sichtweise zwei monokortikale Schrauben je Fragment die minimale Vorraussetzung
für eine stabile Konstruktion darstellen. Diese würde jedoch versagen, wenn es aufgrund von Überbelastungen zu Schraubenbrüchen oder zur Resorption und zur
Lockerung der Zone zwischen Kortex und Schraubengewinde käme. Durch
Verwenden zweier bikortikaler Schrauben wird die Einheit nicht im Hinblick auf
mögliches Schraubenversagen, jedoch die Stabilität im Knochen-Schrauben-
Interface bedeutend verbessert.
Die biomechanischen Belastbarkeitstests können sowohl als Biegeversuch,
Ausreißtest, Torsionstest als auch durch Messung der Ein- und Ausdrehmomente
der Schrauben erfolgen. Im Biegeversuch wird die Richtung der eingeleiteten Kraft
direkt auf den neu gebildeten Knochen ausgerichtet. Der Ausreißtest misst die
Haltekraft einer Schraube gegen die Zugkraft, welche entlang der Schraubenachse
wirkt. In der Regel gibt dabei ein kegelförmiger Bereich des Knochens in der
Umgebung der Schraube nach. Somit wird bei diesem Test eher die
Widerstandskraft des Knochens als der Knochen–Implantat–Kontakt gemessen
(Piatelli u. Trisi, 1994). Aus diesem Grund halten Anderson et al. (1997) die Messung
der Ausdrehmomente von Schrauben für präziser und besser zu vergleichen. Zur
Verifizierung der Stärke des Knochen-Schrauben–Kontaktes wurde deshalb bei den
eigenen Untersuchungen das Ausdrehmoment der Kopfverriegelungsschrauben
bestimmt. Vorausgegangene Versuchsreihen belegen dabei eine signifikante
Korrelation zwischen einem hohem Ausdrehmoment und einem festen Knochen-
Schrauben-Kontakt (Petine et al. 1993; Augat et al. 1995; Sanden et al. 2000; Rocca
et al. 2002; Moroni et al. 1996, 1997, 2001, 2003).
Die Torsionsprüfung erlaubte die Beurteilung der Steifigkeit im neu gebildeten
Knochengewebe. Die Untersuchung erfasst die Qualität und Quantität der erfolgten
5. Diskussion 70
Knochenneubildung im Bereich des Osteotomiedefekts. Allerdings wird hierbei die
Kraft unabhängig von der räumlichen Ausrichtung des neuen Knochens gemessen.
In Anlehnung an die Arbeiten von Chao u. Aro (1991) waren die Ergebnisse dieses
Torsionsversuches klassifizierbar und der Defekt konnte jeweils einem
Heilungsstadium nach White et al. (1977) zugeordnet werden.
Die biomechanischen Belastbarkeitstests eignen sich aufgrund ihres Aufbaus und Ablaufs gut den Knochen im direkten Anschluss histologisch aufzuarbeiten, und
somit eine direkte Gegenüberstellung der klinischen, radiologischen,
biomechanischen und morphologischen Befunde am selben Präparat zu
gewährleisten.
5.2 Diskussion der Ergebnisse
Zur Überprüfung des Knochen-Schrauben–Interface und der Einheilung in den
Knochen wurden von diversen Arbeitsgruppen Untersuchungen mit
hydroxylapatitbeschichteten Schrauben durchgeführt (David et al. 1993; Savarino et
al. 1998; Moroni et al.1999, 2003). Die Implantate wurden dabei sowohl in intakte
Knochen als auch in osteotomierte Fragmente eingebracht. Des Weiteren gab es
Versuchsreihen mit dem Fixateur externe, der sowohl mit als auch ohne Osteotomie
des Knochens implantiert wurde (David et al. 1994; Moroni et al. 1997,1998).
Die eigenen Untersuchungen zeigten, dass es durch Setzten des Osteotomiedefekts
zu einer erheblichen mechanischen Belastung von Schrauben-Knochen-Interface
und LCP kommt. Diese Voraussetzungen stellten hohe Anforderungen an die
mechanische Festigkeit der Schrauben im Knochen.
Bei der deskriptiven Auswertung der röntgenologischen Befunde zeigte sich eine bis
in den Markkanal reichende zapfenförmige Kallusbildung entlang der
Schraubengewinde bei allen Probanden im proximalen Fragment. Durch mechanisch
bedingte Mikrobewegungen kam es an der Knochen-Implantat-Kontaktfläche zur
ausgeprägten Knochenresorption, welche sich durch oben beschriebene
Kallusbildung äußerte. In Anlehnung an die Arbeit von Perren 2002 ließ sich diese
5. Diskussion 71
Problematik im Folgenden erklären. Jede Initialkraft bewirkte Mikrobewegungen in
der operierten Gliedmaße. Die Menge an gebildetem Kallus korrespondiert mit dem
Auftreten von Mikrobewegungen und Instabilität am Knochen-Schrauben-Interface.
Bei einer Tibiabelastung (Aufstehen, Gehen, Ablegen) kam es zu einer Verkürzung
von wenigen µm. Dadurch wurde die Last der Schraube initial von perpendicular auf
axial gewechselt und es kam zum Lösen im Bereich von Knochen und Implantat. Bei der LCP sind die Schrauben alle fest verriegelt, es kommt somit zur Belastung aller
Kopfverriegelungsschrauben im Fragment und diese geben die Mikrobewegungen
zeitgleich an das Knochen-Schrauben-Interface weiter (Gautier u. Sommer, 2003).
In einer Studie von Moroni et al. (2002) wurden Standardschrauben mit HA-
beschichteten Schrauben auf ihr Einwachsverhalten im Knochen ohne Belastung
verglichen. Das Ausdrehmoment dieser Schrauben war bedeutend höher als in der
vorliegenden Studie. Dieses Ergebnis bestätigt den negativen Einfluss von Belastung
auf das Knochen-Schrauben-Interface. Diese Erkenntnis lässt auch Rückschlüsse
auf die kompletten Schraubenausrisse der eigenen Versuchstiere ziehen.
Die durch das Körpergewicht initiierte Kraft wirkt auf die osteotomierte und fixierte
Tibia von distal her (vom Boden aus, denn dieser gibt nicht nach). Mittels des
internen Fixateurs (LCP) in Verbindung von vier Kopfverriegelungsschrauben je
Fragment wird die Tibia stabilisiert und der Defekt überbrückt. Die Kraft durch das
Auftreten, Bewegen oder stumpf von außen kann im distalen Fragment keine
Stauchung des Knochens verursachen, da die LCP dieses Fragment mit ihren vier
Kopfverriegelungsschrauben stark stabilisiert. Der Frakturspalt ermöglicht das interne
Freisetzen und Umwandeln der Energie und bewirkt die Stauchung der Platte über
dem Spalt (bending). Die daraus resultierenden Mikrobewegungen werden dann vom
Implantat an die Kontaktzonen von Schrauben und Knochen im proximalen Fragment
weitergegeben.
Diese eigene Studie zeigte, wie an der Messung der Ausdrehmomente zu erkennen
war, dass die hydoxylapatitbeschichteten Schrauben eine 5-mal höhere Festigkeit im
Knochen aufwiesen, als die unbeschichteten Schrauben. Diese Ergebnisse stimmen
5. Diskussion 72
mit den Erwartungen und Messungen vorangegangener Untersuchungen mit
hydroxylapatitbeschichteten Implantaten überein (Magyar et al., 1997; Moroni et al.,
1998; 1999, 2003). Damit wird eine offensichtlich bessere mechanische Verankerung
der HA-beschichteten Schrauben im Vergleich zu den Standard-AO/ASIF-Schrauben
bei der Implantation im Knochen bewiesen. Bei der statistischen Überprüfung
ergaben sich keine Interaktionen zwischen den Schraubenpositionen proximal bzw. distal des Defektes.
Nach der Extraktion konnte schon makroskopisch festgestellt werden, dass an den
beschichteten Schrauben Gewebe anhaftete, während bei den unbeschichteten
Schrauben nur vereinzelt Gewebeanteile im Bereich der Schraubenspitze zu
erkennen waren. Auch bei den histologischen Untersuchungen ergaben sich an der
Implantat-Knochen-Grenze um die HA-beschichteten Schrauben keine Hinweise für
eine mesenchymale Zwischenschicht, vielmehr war das Knochengewebe direkt an
die HA-Beschichtung der Schraube angewachsen. Dies beweist die bessere
mechanische Verankerung im Knochen, und lässt sich mit der Osteokonduktivität
von Hydroxylapatit erklären. Bei den unbeschichteten Schrauben hingegen wurde
teilweise eine bindegewebige Umscheidung festgestellt. Die eigenen histologischen
Befunde entsprechen denen anderer Arbeitsgruppen (Cook et al., 1986a, 1986b;
David et. al., 1993; Augat et al., 1995; Caja u. Moroni, 1996; Magyar et al., 1997;
Rocca et al., 2000, 2001, 2002; Sandèn et al., 2000, 2001; Moroni et al., 1996a,
1996b, 1997b, 1998a, 1998b, 2000, 2001, 2003). Die Oberflächengestaltung der
beschichteten Schrauben trägt somit zu einer verbesserten Osteointegration und
Stabilität bei (Moroni 2003).
Die biomechanische Prüfung mittels der Torsionsprüfung an der isolierten Tibia
ergab keine Signifikanzen bezüglich Steifheit, Stabilität und Bruchwinkel zwischen
den Tieren der Gruppe A und B. Die Kontrolle mit den nicht defekten kontralateralen
Kontrolltibiae erbrachte die Erkenntnis, dass der Osteotomiebereich 12 Wochen
postoperativ bis zu 62% des ursprünglichen Kraftwiderstands aufwies. Damit konnte
nachgewiesen werden, dass die osteotomierten Tibiae bei fünf von acht Tieren durch
Plattenosteosynthese mit der LCP und acht AO/ASIF Kopfverriegelungsschrauben
5. Diskussion 73
soweit ausreichend stabil fixiert wurden, dass eine sekundäre Frakturheilung mit
Kallusbildung stattfinden konnte. Die fünf zu vergleichenden operierten Tibiae aus
beiden Gruppen A und B wiesen mit einer Ausnahme, aus der Gruppe der
unbeschichteten Schrauben (Typ I), den Frakturtyp III nach den
Frakturklassifikationen von White et al. (1977), auf. Bei dieser einmaligen
schlechteren Frakturheilung verlief die Frakturlinie durch den ursprünglichen Defektbereich.
Die Kenntnis des mechanischen Hintergrundes bei der Auswahl der geeigneten
Implantatlänge sowie der Art und Anzahl an Schrauben ist für das Erzielen einer
einwandfreien Fixation mit einem hohen Plattenspannweitenverhältnis und einer
geringen Plattenschraubendichte unerlässlich (Gautier u. Sommer 2003). Dabei ist
es wichtig, Probleme am Interface von Schraubengewinde und Knochen mit
eventuellem Ausreißen von Schrauben und sekundärer Verschiebung zu vermeiden.
Auf dieser Erkenntnis lassen sich zumindest die bei der Pilotstudie aufgetretenen
Probleme erklären. Auf Grund der unkontrollierten Fortbewegungen, des scheuen
Verhaltens unmittelbar post operationem war die funktionelle Belastung der
osteotomierten Gliedmaße weit höher anzusehen, als dies unter klinischen
Verhältnissen in der Frakturversorgung von Hund oder Katze anzunehmen wäre. So
ist in der Kleintierchirurgie eine dem Heilungsfortschritt angepasste
Belastungssteigerung durch den Tierbesitzer eher realisierbar, als beim Schaf in der
Stallhaltung.
Das in dieser Studie verwendete Versuchsmodell für die Optimierung der
Plattenosteosynthese mit monokortikalen Kopfverriegelungsschrauben nach
Defektosteotomie am Versuchstier Schaf ist deshalb abzulehnen. Dennoch ließ sich
im Hinblick auf die Fragestellung, ob durch eine Hydroxylapatitbeschichtung der
Schrauben die Plattenosteosynthese optimiert wird, eindeutig eine biomechanisch
und histologisch nachgewiesene Verbesserung der Osteointegration der
beschichteten Schrauben feststellen. Die rasche und vollständige knöcherne
Ummantelung der HA-beschichteten Kopfverriegelungsschrauben führte
5. Diskussion 74
offensichtlich zu einer festen knöchernen Verankerung, die auch durch
Relativbewegungen zwischen den einzelnen Grenzschichten nicht zerstört wurde.
Diese Knochenummantelung der Schrauben konnte möglicherweise Wechsel- und
Biegebelastungen, die auf die Gewinde einwirken, besser absorbieren.
Zur Wahl des zur Osteosynthese verwendeten Knochens ist nach eingehender anatomischer und biomechanischer Betrachtung möglicherweise der Metacarpus
oder –tarsus zur Reduzierung auftretender elastostatischer Momente der Tibia
vorzuziehen. Hierbei hätte eine, den unkontrolierten Bewegungen der Schafe
vorbeugende Bandagierung zusätzliche Stabilisierung bieten können.
6. Zusammenfassung 75
6 Zusammenfassung
Optimierung der Plattenosteosynthese mit Hydroxylapatit beschichteten
AO/ASIF Schrauben nach Defektosteotomie
Claudia Bremer
Die Stabilität einer Osteosynthese basiert wesentlich auf der Haltekraft der
implantierten Schrauben. Die vorzeitige Lockerung von Osteosyntheseschrauben
führt nach Frakturversorgung nicht selten zum Verlust der primären Stabilität und
gefährdet damit den Erfolg der Osteosynthese selbst. Neue Techniken ermöglichen
die Beschichtung von Implantatoberflächen mit unterschiedlichen Materialien, ohne
deren mechanischen Eigenschaften zu reduzieren. Die Hydroxylapatitbeschichtung
als eine nur wenig resorbierbare Kalzium-Phosphatkeramik, kann eine
Knochenneubildung induzieren. Diese Ossifikation erreicht die HA-Oberfläche ohne
bindegewebige Zwischenschicht und führt zu einer stabilen, mechanisch stark
belastbaren Verbindung.
In dieser eigenen Studie sollte evaluiert werden, ob der bessere Knochen-
Schrauben-Verbund bei Verwendung hydroxylapatitbeschichteter Implantate zu einer
höheren Stabilität der Osteosynthese und zu einer verbesserten Heilung im
Frakturmodell unter Vollbelastung führt.
Dazu wurde in dieser tierexperimentellen Untersuchung die Haltekraft und knöcherne
Einheilung von 5,0 mm monokortikalen Kopfverriegelungsschrauben mit
gleichartigen hydroxylapatitbeschichteten unter physiologischer Belastung bei
Schafen verglichen.
In einem Pilotversuch wurde bei drei Tieren ein 2 cm großer Osteotomiedefekt an der
rechten Schaftibia mit einer 8-Loch-LCP und sechs Kopfveriegelungsschrauben
überbrückt. Bei zwei Schafen trat innerhalb der ersten Woche post operationem ein
Ausriss aller Schrauben aus dem proximalen Knochenfragment auf, welcher eine
Euthanasie und eine Modifikation der Versuchsanordnung erforderlich machte. In der
Hauptuntersuchung wurde bei vier Schafen nach Setzten eines 5 mm
6. Zusammenfassung 76
Osteotomiedefekts eine 9-Loch-LCP mit acht hydroxylapatitbeschichteten
monokortikalen Kopfveriegelungsschrauben (Gruppe B) und bei vier Schafen eine
Fixation mit unbeschichteten monokortikalen Kopfverriegelungsschrauben
durchgeführt (Gruppe A).
Entgegen der geplanten Gruppengröße von je acht Schafen, musste ein Tier aus
Gruppe A und zwei aus Gruppe B innerhalb der ersten Woche post operationem
euthanasiert werden, da sich die gleichen Komplikationen wie im Pilotversuch
ergeben hatten. Aufgrund dieser Ereignisse wurden die geplanten Operationen aus
ethischen Gründen nicht weiter durchgeführt. Für die Fragestellung, insbesondere für
die Beurteilung des Knochen-Schrauben-Interfaces, verblieben genügend Tiere im
Versuch.
Die Ergebnisse der Studie wurden in beiden Gruppen klinisch, radiologisch,
morphologisch, biomechanisch und histologisch ausgewertet und miteinander
verglichen.
Bei der Messung der Ausdrehmomente, der verwendeten Schrauben ergab sich im
Mittel eine 5-mal höhere Festigkeit des Schrauben-Knochen-Interfaces bei den HA-
beschichteten Implantaten (Gruppe A: 0.474 ± 0.383; Gruppe B: 2,408 ± 1,435).
Diese Erkenntnisse konnten ebenfalls histologisch eindeutig bestätigt werden. Bei
den histologischen Untersuchungen zeigte sich am gesamten Schrauben-Knochen-
Interface eine Knochenneubildung bis zur HA-Oberfläche der Schraube ohne
mesenchymale Zwischenschicht, bei Anwendung der unbeschichteten
Kopfverriegelungsschrauben hingegen eine bindegewebige Schicht mit
ausgedehnten Resorptionslakunen im Bereich der eingedrehten Schrauben.
Bei der biomechanischen Beurteilung der Frakturheilung (Torsionstest) und den
radiologischen Untersuchungen konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen
den Probanden von Gruppe A und B festgestellt werden.
Die Zahl der verwendeten Versuchstiere erscheint zunächst gering. Die statistische
Auswertung ist aufgrund der geringen Anzahl von Tieren prinzipiell nur bedingt
möglich. Jedoch lassen sich statistisch bereits nach dieser Serie hochsignifikante
Unterschiede in der mechanischen Haftfestigkeit und in der knöchernen Einheilung
6. Zusammenfassung 77
zwischen den unbeschichteten Kopfverriegelungsschrauben und den Beschichteten
feststellen, so dass unter Berücksichtigung des Tierschutzgesetzes eine Fortführung
des Versuches mit größeren Tierzahlen nicht vertreten werden konnte.
Die vollständige knöcherne Ummantelung der hydroxylapatitbeschichteten
Schrauben führt offensichtlich zu einer festen knöchernen Verankerung, die durch
Relativbewegungen zwischen den einzelnen Grenzschichten nicht zerstört wird.
Daraus resultiert, dass das verbesserte Schrauben-Knochen-Interface mit Hilfe der
Kopfverriegelungsschrauben den neuartigen kritischen Belastungsbedingungen nicht
nur bei axialer, sondern auch bei extremer, vertikaler Belastung der Schrauben
standgehalten hat.
7. Summary 78
7 Summary
Improving plate fixation in a highly loaded non-union model with
hydroxylapatite coated AO/ASIF screws
Claudia Bremer
Fixation strength and stability is mainly based on the power of the bone screw
interface. Early loosening of the fixation strength, after fracture healing has just
started, might cause the complete lost of stability and success itself.
New technologies and sorts of surface textures are the results for the possibility to
design new implants without reducing their fixation power and mechanical effect.
Coating screws with hydroxylapatite, which only may be little resorbed, might induce
new bone remodeling by coming up right at the surface of the implant without
building tissue. These facts are reasonable for having a real stable loadable bone
implant construction.
During this own study it should be evaluated if a better bone screw contact by using
HA-coated implants might lead to an increased stability in maximum loaded
osteosyntesis fracture model.
HA-coated and non coated titanium monocortical head locking screws are compared
with each other especially in fixation strength and bone healing after insertion the
right tibia of sheep.
Running a first essay with three sheep a 2 cm defect was made and fixed by using
an eight hole LCP and three screws on each fragment. After having two complete
pullouts of implant in the proximate part during first week after operation new details
were given by starting the main study. There were two groups (Testgroup B coated,
n=4 & controllgroup A, uncoated n=4). The gap was reduced to 5 mm and a 9 hole
LCP with 8 headlocking screws was implanted.
In contrast that there should be 8 sheep in each group, complications came up like in
first essay, and the operations were stopped according to ethos. In spite of it the
7. Summary 79
statement of the problem, especially the assessment of the bone screw interfaces
may be analyzed sufficient.
Monitored results were compared on a clinical, biomechanical, histological and
radiological way and statistic tests were made to show obvious facts.
Especially exertion torque of HA-coated screws showed 5 times higher bone implant
fixation strength than the fixation of uncoated head locking screws (group A: 0.474 ± 0.588; group B: 2,408 ± 1,435).
The histological tests also showed a better insertion healing of coated screws without
having a gap of fibrous tissue.
According to biomechanical tests of fracture healing and the comparison of the x-rays
there were not realized any important differences.
The number of used sheep seems to be very little. But already these few tests
showed high significant differences of mechanical fixation strength and bone healing
between both groups of operated sheep. With regard to animal prevention it was not
possible to continue the tests further on.
Obviously HA-coated screws induce a better osteointegration and better fixation
strength by good bone healing, which might resist relative movements between
bone-screw interface. As a result of this the head locking screws can resist axial and
especially vertical loading conditions a better way and show a great improvement
according to new technique used in osteosynthesis
8. Literaturverzeichnis 80
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9. Danksagung 94
9 Danksagung
Herrn Professor Dr. Michael Fehr und Herrn Professor Dr. Burkhard W. Wippermann
möchte ich für die Themenstellung und engagierte Betreuung der Arbeit danken.
Herrn Professor Dr. Klaus Otto und seinem Team möchte ich für die reibungslose
Durchführung der Narkosen danken.
Herrn Karl-Heinz Napierski und Herrn Paul Zerbe danke ich für die OP-Vorbereitung
und die Unterstützung bei der Tierbetreuung.
Herrn Dr. Martin Panzica und Dr. Francesco Pegreffi danke ich für die Durchführung
der Operationen.
Frau Ina Junge gilt mein Dank für die Unterstützung während der Operationen und
bei der Aufbereitung der Knochenpräparate.
Meiner Familie und meinen Freunden möchte ich meinen Dank aussprechen für die
immer vorhandene Diskussionsbereitschaft und die Korrektur des Manuskriptes.
Mein besonderer Dank gilt meinem Vater für das unermüdliche Engagement bei der
Problembewältigung in Hard- und Softwarefragen sowie der Bereitstellung sämtlicher
technischer Ausrüstung.