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Arbeitspapiereder FOM
Arbeitspapier Nr. 4
Die unternehmensinterne Wertschöpfungskettebei Dienstleistungenam Beispiel der TV-Programmveranstalter
Dr. Peter Kürble
1
Die unternehmensinterne Wertschöpfungskette bei Dienstleistungen am Bei-
spiel der TV-Programmveranstalter
1 Einleitung....................................................................................................... 3
2 Unternehmensinterne Wertschöpfungskette ................................................. 5
2.1 Definition und Abgrenzung...................................................................... 5
2.2 Analyse der Wertschöpfung .................................................................... 5
2.3 Kritische Anmerkungen......................................................................... 10
3 Dienstleistungen .......................................................................................... 11
3.1 Definition und Abgrenzung.................................................................... 11
3.2 Marketingbezogene Implikationen der Besonderheiten von
Dienstleistungen ......................................................................................... 12
3.2.1 Ausstattungspolitik.......................................................................... 13
3.2.2 Prozesspolitik ................................................................................. 14
3.2.3 Personalpolitik ................................................................................ 15
3.3 Die Wertschöpfungskette bei Dienstleistungen..................................... 17
3.4 Kritische Anmerkungen......................................................................... 21
4 Die unternehmensinterne Wertschöpfungskette der TV-
Programmveranstalter in Deutschland ........................................................... 22
4.1 Der Markt in Deutschland...................................................................... 22
4.1.1 Allgemeine Anmerkungen zur Abgrenzung des relevanten Marktes
................................................................................................................ 22
4.1.2 Die Unternehmen in Deutschland................................................... 27
4.2 Die Wertschöpfungskette am Beispiel eines TV-Programmanbieters... 28
5 Abschließende Betrachtungen..................................................................... 36
2
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wertschöpfungskette nach Porter................................................ 6
Abbildung 2: Outpacing .................................................................................... 9
Abbildung 3: Wertschöpfungskette für Dienstleistungsunternehmen.............. 19
Abbildung 4: Wertkette einer kontinuierlichen Dienstleistung ......................... 20
Abbildung 5: Marktabgrenzung nach Abell am Beispiel eines TV-Programms23
Abbildung 6: Die Wertschöpfungskette der TV-Branche ................................ 26
Abbildung 7: Die unternehmensinterne Wertschöpfungskette eines TV-
Programmveranstalters in Bezug auf den Zuschauer................ 30
Abbildung 8: Die unternehmensinterne Wertschöpfungskette bei TV-
Programmveranstaltern ............................................................. 33
3
1 Einleitung
Tatsächlich ist die Beschäftigung mit Wertschöpfungsketten nicht wirklich neu
und inzwischen schon derart abgegriffen, dass die Frage aufkommen kann,
warum noch ein Aufsatz zu diesem Thema verfasst wird. Andererseits ist es
auch so, dass das Wissen um die Wertschöpfungskette in den meisten Fällen
dort endet, wo es um konkrete Anwendungen geht. Die Grundidee ist nahezu
jedem Studierenden und Praktiker geläufig, die Probleme jedoch tauchen auf,
wenn die Grundidee auf die eigene Branche oder vielleicht auf andere Bran-
chen angewandt werden soll. Aus diesem Grund wird im Rahmen des vorlie-
genden Aufsatzes die Idee der Wertschöpfungskette auf eine konkrete Bran-
che angewandt und dort diskutiert. Nun ist auch dies nicht wirklich originell und
es gibt zur Medienbranche eine Reihe von Aufsätzen und Büchern, in denen
über eine dazugehörige Wertschöpfungskette nachgedacht wird. Im vorliegen-
den Fall soll der Schwerpunkt aber zum einen auf der unternehmensinternen
Wertschöpfungskette liegen und zum anderen auf dem Aspekt der Dienstleis-
tung - als solche kann die Medienbranche zumindest im Bereich des Rund-
funks verstanden werden - liegen. Dies soll zu einer differenzierteren Betrach-
tung der Thematik führen.
Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass sich der vorliegende Aufsatz nicht als
abschließende Überlegung versteht, sondern, wie es im Rahmen dieser Reihe
üblich ist, zur Diskussion anregen soll. Eine Reihe von Gedanken sind sicher-
lich nicht vollständig zu Ende gedacht und lediglich angerissen. Dies hängt mit
dem verfügbaren Platz aber auch mit der Komplexität der Thematik zusam-
men. Aus diesem Grund ist jede Kritik, insofern sie die Erkenntnisse um das
hier untersuchte Objekt weiterzuführen vermag, herzlich willkommen.
Der Aufsatz beginnt mit einer Darstellung der wesentlichen Überlegungen im
Zusammenhang mit der Wertschöpfung. Diesen Überlegungen werden sich im
Kapitel 3 Ausführungen zu Dienstleistungen anschließen, die wiederum mit
4
dem Aspekt der Wertschöpfung verknüpft werden. Im vierten Kapitel werden
die gewonnenen Erkenntnisse auf die Branche der TV-Programmanbieter ü-
bertragen. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung und Schlussbetrach-
tung.
5
2 Unternehmensinterne Wertschöpfungskette
2.1 Definition und Abgrenzung
Wertschöpfung beschreibt den „Prozess des Schaffens von Mehrwert durch
Bearbeitung“1
. Liegt der Wert der erstellten Leistung über den Kosten für die
Bearbeitung, dann kann von Wertschöpfung gesprochen werden, anderenfalls
von Wertvernichtung.2
Die unternehmensinterne Wertschöpfungskette beschreibt somit die zentralen
Aktivitäten sowie deren systematischen Zusammenhang innerhalb einer Orga-
nisation. Diese Aktivitäten sind darauf angelegt ein Produkt oder eine Dienst-
leistung zu erstellen.
2.2 Analyse der Wertschöpfung
Das Ziel der Darstellung des unternehmensinternen Wertschöpfungsprozes-
ses ist es, Wettbewerbsvorteile zu generieren. Hierzu bedarf es der Möglich-
keit, Leistungen, die einen Beitrag zur Wertschöpfung erbringen, innerhalb ei-
nes Unternehmen identifizieren und daraufhin untersuchen zu können, ob sie
geeignet sind, einen Wettbewerbsvorteil herauszuarbeiten. D.h. aus Sicht des
Konsumenten müssen diese Leistungen Vor- oder Nachteile gegenüber den
Leistungen der Wettbewerber erzielen können.
1
Vgl.: Müller-Stewens; Lechner (2003), S.369.
2
Vgl.: Müller-Stewens; Lechner (2003). S.369.
6
Abbildung 1: Wertschöpfungskette nach Porter
Unternehmensinfrastruktur
Personalmanagement
Technologieentwicklung
Beschaffung
Ein
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gistik
Pro
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innspanne
Gewin
nspanne
Primäraktivitäten
Sekundär-
aktivitäten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Porter (1996), S.177ff.
Porter unterscheidet im Rahmen seiner unternehmensinternen Wertschöp-
fungskette nach den Primäraktivitäten und Sekundäraktivitäten bzw. unterstüt-
zenden Aktivitäten.3
Die Sekundäraktivitäten sollen die Primäraktivitäten bei
der Erstellung der Leistung unterstützen und dazu beitragen, die Gesamteffek-
tivität zu erhöhen. Zu den Sekundäraktivitäten zählen:
- Beschaffung: Beschaffung beschreibt den Prozess der Generierung un-
terschiedlichster Inputs für die Primäraktivitäten.
- Technologieentwicklung: Alle Aktivitäten nutzen im Grunde Technologie
im weitesten Sinne: So kann es sich zum einen um Know-how handeln,
zum anderen auch um Produkt- und Prozessentwicklungen.
- Personalmanagement: Bezeichnet eine Aktivität, die für alle Bereiche
des Unternehmens von großer Bedeutung ist. Das Personalmanage-
ment befasst sich u.a. mit der Einstellung, Schulung und Freisetzung
des Personals.
3
Vgl.: Porter (1996), S.177f.
7
- Unternehmensinfrastruktur: Die Unternehmensinfrastruktur bezieht sich
auf die formellen und informellen organisatorischen, informatorischen
oder finanziellen Strukturen in einem Unternehmen bis hin zur Unter-
nehmenskultur.4
Die Primäraktivitäten werden in fünf verschiedene Tätigkeitsfelder unterteilt:
- Eingangslogistik: Bezeichnet alle Aktivitäten, die sich auf die Organisa-
tion des Wareneingangs, die Lagerung und die unternehmensinterne
Weiterleitung der Vorleistungen beziehen.
- Produktion: Die Verarbeitung von Vorleistungen zum fertigen Endpro-
dukt.
- Ausgangslogistik: Die Zusammenführung, Lagerung und Lieferung von
Endprodukten zum Kunden.
- Marketing und Vertrieb: Neben der Information des Kunden auch die
Organisation des Außendienstes.
- Kundendienst: Alle technischen und kaufmännischen Zusatzleistungen
die den Wert des Endproduktes erhalten oder verbessern, wie bspw.
eine 24/7-Telefonhotline oder ein Abhol- und Reparaturdienst.5
Mit Hilfe der Wertschöpfungskette sollen, wie bereits angesprochen, Wettbe-
werbsvorteile identifiziert werden. Hierbei handelt es sich in der klassischen
Porterschen Dichotomie um die beiden Wettbewerbsstrategie-Extreme der
Differenzierung und der Kostenführerschaft. Die Kostenführerschaft bezeich-
net die Möglichkeit des Unternehmens eine Leistung effektiver zu erbringen
als dies von den Wettbewerbern möglich ist und äußert sich in einem für den
Kunden geringeren Marktpreis. In vielen Fällen liegen der Kostenführerschaft
Betriebsgrößenvorteile oder Prozessinnovationen zu Grunde.
4
Vgl.: Porter (1996), S.178.
5
Vgl.: Porter (1996), S.179.
8
Eine Differenzierungsstrategie hingegen bringt eine andere als die preisliche
Unterscheidung von den Wettbewerbern mit sich. Hierbei kann es sich um Dif-
ferenzierung aufgrund von Design, Qualität oder Serviceleistungen handeln.
Wegen der in diesem Fall vielfältigen Möglichkeiten der Differenzierung wird
oft von einer multidimensionalen Strategie gesprochen, während die Kosten-
führerschaft mit ihrer Fixierung auf den Preis als unidimensionale Strategie
bezeichnet werden kann. Für eine eindeutige Entscheidung des Unterneh-
mens zugunsten einer der beiden Strategien spricht aus Marketinggesichts-
punkten insbesondere die Tatsache, dass der Preis für den Konsument ein
Qualitätsmerkmal darstellt: Nach wie vor verbinden Kunden mit einem gerin-
gen Preis eine akzeptable Qualität und mit einem hohen Preis eine hohe Qua-
lität. Ein qualitativ hochwertiges Produkt zu einem geringen Preis zu verkaufen
ist zumindest dauerhaft nicht glaubwürdig.6
In der Realität lässt sich darüber hinaus noch eine dritte Strategievariante
ausmachen. Diese ist zwischen den beiden Extremen angesiedelt und er-
scheint nach Porter und der für seine Untersuchungen grundlegende PIMS-
Studie ökonomisch nicht sinnvoll:7
Die hybride Strategie des sog. Outpacing.8
6
Es sei angemerkt, dass natürlich eine Reihe anderer betriebswirtschaftlicher Gründe
für eine klare Orientierung des Preises an den Kosten spricht. Diese Thematik soll
aber hier nicht weiter vertieft werden, da sie nur am Rande für die weiteren Betrach-
tungen relevant erscheint.
7
Zur PIMS-Studie vgl.: Müller-Stewens; Lechner (2003). S.320ff.
8
Vgl.: Benkenstein (2002), S.155ff.
9
Abbildung 2: Outpacing
Kostenführerschaft
Differenzierung
t
Anzahl der Dimensionen
Outpacing
Quelle: Eigene Darstellung.
Outpacing ist eine dynamische Strategievariante, welche die beiden vorher
definierten, grundlegenden Extreme über die Zeitachse miteinander kombi-
niert: Es kann überaus sinnvoll sein, nach einer etablierten Kostenführerstra-
tegie auch die Qualität als Differenzierungsstrategie zu nutzen, ähnlich wie es
derzeit Aldi-Nord (genauer: Aldi Einkauf GmbH & Co. OHG) in der Bundesre-
publik praktiziert.9
Dies umso mehr, als inzwischen im Rahmen der Positionie-
rungsmöglichkeiten für Unternehmen aufgrund der mehr oder weniger homo-
genen Leistungen die sog. USP (Unique Selling Proposition) nicht mehr wirk-
lich relevant ist, sondern die UAP (Unique Advertising Proposition): Es kommt
darauf an, dem Kunden glaubhaft eine bestimmte Positionierung zu vermitteln,
ohne dass diese objektiv auch wirklich vorliegen muss. In diesem Sinne ist der
Erfolg einer Outpacing-Strategie in wesentlichem Maße von der Glaubwürdig-
keit der über die Kommunikationspolitik vermittelten Inhalte abhängig.
9
Vgl.: www.aldi-essen.de (Stand: 15.Mai 2006).
10
Je nach geplanter strategischer Ausrichtung ist es nun entscheidend, die
Wertschöpfungskette anhand der jeweils relevanten Faktoren zu untersuchen
und den Status Quo im Unternehmen zu identifizieren. Im Rahmen der
Kostenführerschaft bedeutet dies beispielhaft, dass die Kostenstrukturen und
deren Einflussfaktoren für die einzelnen Aktivitäten zu ermitteln sind. In einem
weiteren Schritt wäre es nun notwendig, die Ergebnisse der Analyse des eige-
nen Unternehmens mit denen anderer Unternehmen zu vergleichen. Dabei
stößt das Instrument gerade hier in der Realität häufig an seine Grenzen.
Denn natürlich ist nur die relative Kostensituation entscheidend für das Errei-
chen eines Wettbewerbsvorteils. Sollte diese Hürde überwunden sein, so bie-
tet sich als dritter Schritt die Überprüfung der Kostensenkungsmaßnahmen auf
ihre Dauerhaftigkeit an.
2.3 Kritische Anmerkungen
Neben der Problematik des Vergleichs von unternehmensinternen Leistungen
mit denen anderer Unternehmen, dies meist aufgrund fehlender Datenlagen
oder fehlender Vergleichsmöglichkeit, wird weiterhin deutlich, dass dieses In-
strument zeitaufwändig ist und darüber hinaus in seiner prozessorientierten
Betrachtung nicht mit den klassischen Formen der Kostenerfassung in Unter-
nehmen übereinstimmt. Denn hier überwiegen immer noch Kostenstellen- oder
Kostenartenrechnungen.
11
3 Dienstleistungen
3.1 Definition und Abgrenzung
Der Begriff der Dienstleistung kann auf viele Arten definiert und abgegrenzt
werden.10
Dienstleistung soll für die weiteren Ausführungen jedoch wie folgt
definiert werden:
„Dienstleistungen sind selbständige, marktfähige Leistungen, die mit der Be-
reitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten verbunden sind.
Interne und externe Faktoren werden im Rahmen des Erstellungsprozesses
kombiniert. Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit
dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren, an Menschen und deren Ob-
jekten nutzenstiftende Wirkungen zu erzielen.“11
Die im allgemeinen den Dienstleistungen zugeschriebenen Eigenschaften
sind:
- Immaterialität: Dienstleistungen sind nicht materieller Natur und somit
mit keinem der verfügbaren menschlichen Sinne vor dem Kauf wahrzu-
nehmen. Der Haarschnitt beim Friseur ist erst erkennbar, wenn er er-
bracht wurde.
- Uno-actu-Prinzip: Dienstleistungen werden in dem Moment konsumiert,
in dem sie auch produziert werden: Studierende hören Dozenten in dem
Moment zu, in dem er sein Wissen vermittelt. Dies bedeutet auch, dass
u.U. eine hohe Distributionsdichte von Dienstleistungsangeboten not-
wendig ist und sog. De-Marketing durchgeführt werden muss, wenn
verhindert werden soll, dass Kunden teilnehmen möchten, die nicht zur
Zielgruppe gehören. Dies kann bspw. durch entsprechende Eintritts-
preise oder Clubkarten realisiert werden.
10
Vgl. beispielhaft: Meffert; Bruhn (2000), S.22-40.
11
Vgl.: Meffert; Bruhn (2000), S.30.
12
- Nicht lagerfähig: Dienstleistungen können nicht gelagert werden. Der
nicht wahrgenommene Termin beim Zahnarzt verfällt und die zu diesem
Zeitpunkt geplante Leistung findet nicht statt. Der Dienstleister stellt aus
diesem Grund Potenziale zur Verfügung, die zu einem bestimmten
Zeitpunkt genutzt werden oder entsprechend verfallen. Ein häufig an-
gewandtes Instrument ist das sog. Yield-Management. Die Nichtlager-
fähigkeit von Dienstleistungen bezieht sich nicht auf die Ergebnisse ei-
ner Dienstleistung, denn der ggf. behandelte Zahn bleibt (vielleicht zeit-
lich beschränkt) gesund.
- Integrativ: Dienstleistungen verlangen die Integration des externen Fak-
tors in den Leistungserstellungsprozess. Die Beratung eines Bankange-
stellten kann nur unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Kun-
den sinnvoll ausgestaltet sein. Ersterer ist somit auf die Mitarbeit des
Letzteren angewiesen. Dies bedeutet, dass der Externe Faktor in we-
sentlichem Maße auf die Qualität der erstellten Dienstleistung Einfluss
nehmen kann und es deswegen schwierig ist, Dienstleistungen zu stan-
dardisieren. Darüber hinaus besteht ein Transport- und Lagerproblem,
bspw. wenn der Kunde mit seinem Wagen liegen geblieben ist und die-
sen zur Reparatur bringen möchte, oder Kranke beim Arzt im Warte-
zimmer sitzen.
Im folgenden Abschnitt wird nun gezeigt, welche Auswirkungen diese Eigen-
schaften auf das Marketing haben.
3.2 Marketingbezogene Implikationen der Besonderheiten von
Dienstleistungen
Im vorangegangenen Abschnitt wurde bereits auf die Besonderheiten von
Dienstleistungen hingewiesen und einige der damit verbundenen Probleme
angerissen. Nun soll diese Diskussion vertieft werden und in Ansätzen mit
13
dem Markt für TV-Programmanbieter verknüpft werden. Im Rahmen des ope-
rativen Marketings wird von den sog. 4 P´s gesprochen. Damit werden, aus
dem Angloamerikanischen kommend, die 4 Bereiche der Kommunikationspoli-
tik (promotion), der Distributionspolitik (place), der Produktpolitik (product) und
der Preispolitik (price) umschrieben. Diese Unterteilung nach McCarthy wurde
von Magrath um drei weitere P´s ergänzt, um die Besonderheiten des Dienst-
leistungsbereichs für das Marketing darstellbar und bearbeitbar zu machen.12
Diese drei P´s, Ausstattungspolitik (physical facilities), Prozesspolitik (process)
und Personalpolitik (personnel) werden im Folgenden vorgestellt.13
3.2.1 Ausstattungspolitik
Die Ausstattungspolitik ist aus marketingtechnischen Gesichtspunkten bei
Dienstleistungen relevant. Sie dient dazu, ähnlich wie das später noch zu ana-
lysierende Personal, dem Konsumenten die eigene Leistungsfähigkeit zu ver-
deutlichen. Da Dienstleistungen nicht materiell sind und während des Kon-
sums produziert werden, ist es dem Kunden nicht möglich, sich vor dem Kon-
sum von der Qualität der Leistung zu überzeugen. Er kann den Haarschnitt
nicht ausprobieren und auch ein zweiwöchiges Umtauschrecht nutzt ihm we-
nig. Die Informationsasymmetrie zwischen Verkäufer und Käufer ist also bis
zur Inanspruchnahme der Leistung vergleichsweise hoch. Aus diesem Grund
sucht der Käufer nach Faktoren, die ihm die Qualität der Leistung bereits vor
dem Kauf verdeutlichen können. Dies gilt für den Zahnarzt ebenso wie für den
Einzelhandel.14
Die Ausstattung im Einzelhandel umfasst u.a. das Ladenlay-
12
Vgl.: McCarthy (1960).
13
Vgl.: Magrath (1986), S.44ff. Es sei darauf hingewiesen, dass die folgenden Bei-
spiele aus dem TV-Markt aus Sicht des privaten Konsumenten formuliert sind. Letzt-
lich ist aber auch die Werbetreibende Industrie Kunde des (werbefinanzierten) TV-
Rundfunkanbieters, so dass sich manche Aspekte unter einem etwas anderen Licht
darstellen lassen. Die notwendige Kürze der Darstellung erlaubt aber in diesem Auf-
satz keine weitere Differenzierung.
14
Auf die unterschiedlichen Klassifizierungen von Dienstleistungen und die unter-
schiedlichen Möglichkeiten der Kombination von Dienstleistungen und Gütern soll an
14
out, die Flächenzuteilung, die atmosphärische Ladengestaltung und die Ges-
taltung des Ladenumfeldes.15
Der Zahnarzt demonstriert seine Fähigkeiten
bspw. über die Ausstattung seiner Praxisräume.
In Bezug auf die TV-Rundfunkanbieter ist die Ausstattung des Senders hinter
den Kulissen für den Konsumenten relativ irrelevant. Als Merkmal für eine be-
stimmte Qualität, sei es in Form von Seriosität oder Entertainmentfähigkeit,
zählt für ihn die Ausstattung der einzelnen senderspezifischen Programme,
wie bspw. Von Nachrichtensendungen, Quizsendungen oder Samstagabend-
Shows.16
Je nach Markierungsabsicht des Senders ist die Gestaltung der Ein-
richtungen von Nachrichtensendungen entsprechend lockerer oder steifer
gehalten und der Konsument schreibt der entsprechenden Sendung aufgrund
der Ausstattung eine dazugehörige Ausprägung der einen oder anderen Ei-
genschaft zu.
3.2.2 Prozesspolitik
Es wurde bereits in der Beschreibung der Eigenschaften von Dienstleistungen
angesprochen, dass der Konsument als Externer Faktor in den Prozess der
Erstellung der Leistung notwendigerweise involviert ist. Dies bedeutet für die
Prozesspolitik zweierlei. Zum einen muss sie eine gewisse Flexibilität in der
Erstellung der Leistung zulassen: Nicht jeder Lernwillige lässt sich, trotz objek-
tiv gleicher Ausgangssituation (bspw. aufgrund einer bestimmten vorangegan-
gene Ausbildung), in gleichem Maße in den Prozess des Erlernens von Fähig-
keiten, sei es im Sport oder an einer Hochschule, integrieren. Individuelle Fä-
higkeiten führen regelmäßig zu individueller Berücksichtigung und Anpassung
dieser Stelle nicht eingegangen werden. Siehe hierzu bspw. Meffert; Bruhn (2000),
S.22-40.
15
Vgl.: Liebmann; Zentes (2001), S.545.
16
Die Zugriffsmöglichkeiten auf bestimmte Programminhalte (z.B. Verwertungsrechte
bei Spielfilmen) sind hier nicht mit erfasst, sie gehören zur Produktpolitik. Siehe auch
Wirtz (2005), S.386ff.
15
des grundsätzlich einheitlichen Prozesses. Zum anderen nimmt der Kunde
diesen Prozess als Maßstab für sein subjektives Qualitätsempfinden der
Dienstleistung. Je mehr also auf die Bedürfnisse des Einzelnen bei der Leis-
tungserstellung eingegangen werden kann, desto eher wird diese Leistung den
Kunden zumindest tendenziell zufrieden stellen und er wird die Leistung als
qualitativ hochwertig interpretieren.17
In Bezug auf die TV-Programmveranstalter bezieht sich die Prozesspolitik ins-
besondere auf das Programmschema und die für den Kunden relevante Tat-
sache, in wie weit seine Bedürfnisse bei der Programmgestaltung berücksich-
tigt werden. Dies wird für den Konsumenten dadurch deutlich, dass das Pro-
grammschema seinen Vorstellungen entspricht und er in Bezug auf die zeitli-
che Gestaltung, also den Sendeplatz, zufriedengestellt wird. Zum anderen wird
der Konsument inzwischen in den Sendeablauf eingebunden und ist direkt an
der Erstellung der Dienstleistung beteiligt: Sei es durch Einbezug der Reaktio-
nen der Zuschauer vor Ort und vor den Fernsehern bspw. bei Wetten, dass
oder DSDS (die Zuschauerreaktionen machen dabei einen großen Teil der
Emotionalität der Sendung aus), oder durch die Teilnahme an Gewinnspielen.
Gerade letztere Variante führt dazu, dass in der Bundesrepublik neue Finan-
zierungsmöglichkeiten für Sender entstanden sind. Der Sender 9live sei hier
als Beispiel für die nahezu vollständige Finanzierung und Programmgestaltung
durch den Konsumenten genannt, ein etwas weniger spektakuläres Beispiel ist
neben vielen anderen die Sendung Wer wird Millionär.
3.2.3 Personalpolitik
In der folgenden Darstellung geht es natürlich weniger um primär personalpoli-
tische Entscheidungen aus Sicht des Personalmanagements als vielmehr um
17
Es sei hier nur der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass objektive und
subjektive Qualität einer Leistung nicht zwingend zusammenfallen müssen.
16
die für das Marketing relevanten Aspekte. Dabei muss es sich in erster Linie
um die Wirkungen des Personals auf die Kunden handeln, sei es aufgrund
äußerer oder innerer Merkmale. Gerade in Bezug auf die äußerlichen und da-
mit eher offensichtlichen Aspekte gilt es, dem Kunden Kompetenz zu demonst-
rieren und bei ihm erstes Vertrauen zu erwecken. Hierzu zählt entsprechende
Arbeitskleidung ebenso wie ein erwartungsgerechtes Auftreten: Die Kleidung
eines Bankangestellten unterscheidet sich von der eines Kfz-Mechanikers er-
heblich und auch das wording ist in der Regel ein anderes. Die Fähigkeiten der
Mitarbeiter lassen sich bspw. zusätzlich durch das Aufhängen entsprechender
Zertifikate oder akademischer Titel u.ä. nachweisen.
Der u.U. aufgrund des äußeren Auftretens erzielte Vertrauensvorschuss muss
in einem weiteren Schritt durch kompetente und freundliche Beratung bestätigt
werden. Dies bedeutet insbesondere, dass das Personal entsprechend der
Tätigkeit geschult sein muss und sich auch durch Weiterbildungsmaßnahmen
in seiner Fach-, Methoden-, und Sozialkompetenz jederzeit auf dem aktuellen
Stand hält. Während sich die Fachkompetenz auf das Know-how im Rahmen
der durchzuführenden Tätigkeit beschränkt, geht es bei der Methodenkompe-
tenz um die Fähigkeit der Anwendung entsprechenden fachlichen Know-hows
auf spezifische Situationen. Die Sozialkompetenz, häufig auch mit dem Begriff
der Soft-Skills umschrieben, bezieht sich insbesondere auf die Fähigkeit, ein
der Situation entsprechendes soziales Verhalten generieren zu können: Bspw.
in Form von Gesprächs- und Verhandlungsführung oder durch Ergebnisprä-
sentationen.
In Bezug auf die hier fokussierten TV-Rundfunkanbieter wird die Leistungsfä-
higkeit des Personals und damit des Senders insbesondere am sog. Anchor-
man festgemacht. Der Begriff Anchorman bezeichnet diejenige Persönlichkeit,
die sich im Rahmen der sendereigenen Programme - meist als Moderator -
als das Gesicht des gesamten Senders präsentiert und damit als Orientie-
rungs-Anker für den Konsumenten dient. Diese Funktion übernehmen bspw.
17
Ulrich Wickert oder Thomas Gottschalk, Horst Kloeppel oder Günter Jauch.
Auch für den Anchorman gilt, dass neben dem äußeren Erscheinungsbild der
bereits erwähnte Kompetenzmix eine entscheidende Rolle spielt. Nicht zuletzt
kann angenommen werden, dass bspw. Wolfgang Lippert auch wegen eines
falschen Kompetenzmixes und weniger wegen seines äußeren Erscheinungs-
bildes bei der Moderation der Sendung Wetten, dass gescheitert ist, ähnlich
wie Anke Engelke bei der Übernahme der täglichen Late-Night-Show von Ha-
rald Schmidt.18
Es zeigt sich an diesen Beispielen, dass es in Bezug auf die
Kompetenzen nur schwierig möglich ist, zwischen Sendungen die einen unter-
schiedlichen Kompetenzmix erfordern zu wechseln. Die Glaubwürdigkeit des
Anchorman und damit des Senders kann hier genauso leiden, wie die Glaub-
würdigkeit bspw. von Markenprodukten.19
Im folgenden Abschnitt werden nun die diskutierten Aspekte der Dienstleistung
mit der Wertschöpfungskette kombiniert und deren Besonderheiten herausge-
arbeitet.
3.3 Die Wertschöpfungskette bei Dienstleistungen
Wie gezeigt, zeichnen sich Dienstleistungen durch einige Spezifika aus, die
Auswirkungen auf die Darstellungen und Organisationen von Wertschöpfungs-
ketten haben: So ist die Integration des Externen Faktors in Zusammenhang
mit dem uno-actu-Prinzip ebenso zu berücksichtigen wie der aufgrund der
Nichtlagerfähigkeit der Produktion vorgelagerte Absatz. Marketing und Vertrieb
18
Es sei angemerkt, dass es an dieser Stelle nicht um eine alleinige Schuldzuweisung
an die Moderatoren/-innen geht. Die Produktion einer Sendung ist ein vielschichtiger
Prozess, letztlich ist es aber der Anchorman (oder hier: die Anchorwoman) welche(r)
das Produkt verkaufen muss. An dieser Stelle unterscheiden sich die Moderatoren
kaum noch von ein Fleischfachverkäuferin.
19
Der Versuch von Thomas Gottschalk eine Late-Night-Show zu moderieren wäre ein
ähnliches Beispiel, von den Versuchen Branchenfremder, wie z.B. Boris Becker, ein-
mal völlig abgesehen. Natürlich gibt es auch eine Reihe positiver Beispiele wie Günter
Jauch oder Oliver Welke.
18
spielen also vor der Eingangslogistik eine entscheidende Rolle. Die Eingangs-
logistik wiederum ist deutlich enger mit der Produktion verbunden, da der In-
putfaktor unmittelbar zur Produktion genutzt wird und das Problem der Lage-
rung allenfalls in Bezug auf Hilfsstoffe relevant ist. Dabei kann die Ausgangs-
logistik vernachlässigt werden, da es bei Dienstleistungen die dafür notwendi-
ge Vorratshaltung nicht geben kann und eine Lieferung an den Kunden im lo-
gistischen Sinne nicht notwendig ist.20
Darüber hinaus müssen Dienstleistungen in Bezug auf die Wertschöpfungsket-
te und den damit verbundenen Prozess weiter unterschieden werden: In
Dienstleistungen, bei denen die Leistungserstellung singulärer Natur ist und in
Dienstleistungen, bei denen die Leistungserstellung dauerhafter Natur ist.21
Die Sekundäraktivitäten im oberen Bereich der Abbildungen 3 und 4 sind in-
nerhalb der Unterscheidung zwischen singulären und kontinuierlichen Dienst-
leistungssektors identisch: Die Beschaffung bezieht sich insbesondere auf die
Beschaffung von Hilfsmitteln. Je nach Dienstleistung kann der Beschaffung
eine besondere Bedeutung zukommen, bspw. wenn die Ausstattung eines Ar-
beitsplatzes insbesondere im Kundenverkehr Signal einer besonders heraus-
ragenden Dienstleistung ist. So ist die Ausstattung eines Frisörsalons, einer
Pommesbude bis hin zu den Schalterräumen einer Bank für den Kunden ein
Qualitätsmerkmal. Diese Problematik wurde in Abschnitt 3.2.1 erwähnt.
Die Technologieentwicklung spielt für Dienstleistungen insofern eine Rolle, als
die damit verbundenen Prozessentwicklungen eines der weiter oben ange-
sprochenen ergänzenden P´s beinhaltet. Die dort beschriebenen Ausführun-
gen sollen als Beispiel genügen.
20
Vgl.: Benkenstein (2002), S.100ff.
21
Vgl.: Altobelli; Bouncken (1998), S.288f.
19
Das Personalmanagement wurde bereits unter Abschnitt 3.2.3 behandelt, so
dass an dieser Stelle weitere Ausführungen nicht notwendig erscheinen.
Schließlich bezieht sich die Unternehmensinfrastruktur wie bereits beschrieben
u.a. auf die organisatorischen Strukturen des Unternehmens und wurde damit
in Abschnitt 3.2.2 ausreichend gewürdigt.
Im singulären Fall, also wenn eine Dienstleistung einmalig erbracht wird, bzw.
eine Dienstleistung aus mehreren zeitlich auseinanderfallenden und voneinan-
der unabhängigen Teilleistungen besteht, kann die Wertschöpfungskette in
Bezug auf die Primäraktivitäten die Form annehmen, die in Abbildung 3 darge-
stellt ist:
Abbildung 3: Wertschöpfungskette für Dienstleistungsunternehmen
Unternehmensinfrastruktur
Personalmanagement
Technologieentwicklung
Beschaffung
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Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Altobelli; Boucken (1998), S.289.
Die bei den Primäraktivitäten als erstes erwähnte Akquisition bezieht sich auf
jene Aktivitäten, die im Rahmen des Marketing-Mix dafür gesorgt haben, dass
der Kunde die Dienstleistung in Anspruch nehmen möchte. Die Eingangslogis-
20
tik bezieht sich auf den Transport und die Lagerhaltung im weitesten Sinne,
d.h. bei Dienstleistungen bspw. auch auf die Frage der Unterbringung von Pa-
tienten in einem Krankenhaus. Die Produktion bezeichnet die Erstellung der
Dienstleistung und der Kundendienst bezieht sich auf die Phase nach dem
Abschluss der Leistungserstellung. Hier kann bspw., wie auch bei der Produk-
tion von Gütern, eine Hotline eingerichtet oder das Beschwerdemanagement
angesiedelt sein. Gerade bei Dienstleistungen kann die Kundendienstphase
eine entscheidende Rolle für die Zufriedenheit des Kunden sein: Da Dienstleis-
tungen dem uno-actu-Prinzip unterliegen, können Nachkaufdissonanzen auf-
treten. Diese Nachkaufdissonanzen können bspw. bei einem Haarschnitt nicht
wie bei einem physischen Produkt durch einfachen Umtausch gelöst werden.
Abbildung 4: Wertkette einer kontinuierlichen Dienstleistung
Unternehmensinfrastruktur
Personalmanagement
Technologieentwicklung
Beschaffung
Akq
uisitio
n
Gewin
nspanne
Gew
innspanne
Ein
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slo
gistik
Pro
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Ku
nd
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die
nst
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Benkenstein (2002), S.103.
Eine kontinuierliche Dienstleistung ist u.a. im Rahmen von Heilberufen denk-
bar. Ärzte, denen die Versorgung eines chronisch Kranken obliegt, werden
immer wieder mit dem Problem der Eingangslogistik, der Produktion ihrer
21
Dienstleistung und dem nachfolgenden Kundendienst etwa in Form von
Betreuungsleistungen konfrontiert. Ähnliches kann im Rahmen einer Vermö-
gensberatung konstatiert werden oder beispielsweise im Rahmen eines Studi-
ums an einer Hochschule.
In diesen Fällen findet eine aufeinander aufbauende und sich deshalb auf ei-
nem veränderten Niveau stattfindende Produktion der Dienstleistung statt.
Aufgrund der wiederkehrenden Kontakte mit dem Externen Faktor besteht die
Chance, den Kunden zunehmend besser in den Prozess zu integrieren und
sich aufeinander abzustimmen. Die sich aus der Integration ergebende Prob-
lematik kann also im Verlauf der Dienstleistungserstellung an Relevanz verlie-
ren. Gleiches kann für die aus der Immaterialität entstehenden Informationsde-
fizite auf der Kundenseite gelten: Das Risiko aus Sicht des Kunden nimmt auf-
grund der besseren Kenntnis des Anbieters ab.
3.4 Kritische Anmerkungen
Die in der Kürze dieses Aufsatzes dargestellten Eigenschaften von Wertschöp-
fungsketten bei Dienstleistungen lassen eine Reihe von Fragen offen. So ist es
beispielsweise wichtig, die Spezifika der jeweiligen Dienstleistung zu berück-
sichtigen. Der Übergang von der reinen Dienstleistung zu reinen Gütern ist
fließend. In einer Zeit, in der die bspw. mit After-Sales-Maßnahmen verbunde-
ne Differenzierung und die damit einhergehende zunehmende Bedeutung von
ergänzenden Dienstleistungen über den herkömmlichen Produktverkauf hin-
aus, immer stärker an Bedeutung gewinnt, führt dies dazu, dass eine klare
Trennung der Wertschöpfungsketten von Dienstleistung und Produkt in der
Realität nicht sinnvoll ist. Insbesondere die Überlegungen zu CRM und die
damit verbundenen Kundenbindungsaspekte machen auch aus dem Verkauf
eines Produktes einen kontinuierlichen Prozess in dessen Rahmen über eine
Neuformulierung der Wertschöpfungskette nachgedacht werden muss.
22
4 Die unternehmensinterne Wertschöpfungskette der
TV-Programmveranstalter in Deutschland
4.1 Der Markt in Deutschland
4.1.1 Allgemeine Anmerkungen zur Abgrenzung des relevanten
Marktes
Um sich einem Markt und der Beschreibung der dort tätigen Wettbewerber,
Kunden oder Lieferanten zu nähern, ist es notwendig, sich Gedanken über die
Definition dieses Marktes zu machen. So kann der relevante Markt theoretisch
etwa nach einer zeitlichen, sachlichen und räumlichen Dimension abgegrenzt
werden.
In Bezug auf die zeitliche Dimension kann auf Senderebene nicht unterschie-
den werden, da die Sender über das gesamte Jahr verteilt und nahezu 24
Stunden täglich tätig sind. Allenfalls bei den Programminhalten lassen sich zu
unterschiedlichen Jahreszeiten unterschiedliche Schwerpunkte im Sinne einer
Mon-Cherie-Pause erkennen: Viele Sendungen gehen in eine Sommerpause
und gerade in dieser Zeit häufen sich dann Wiederholungen. Ähnliches gilt für
die Tageszeiten und was den Programmumfang angeht für die Spartenkanäle,
wenn diese entsprechende Rechte und damit Zeitfenster besitzen, in denen
sie besonders attraktiv sind: Dies ist beispielsweise bei Premiere aufgrund der
Bundesliga-Übertragungsrechte der Fall.
Die räumliche Dimension bezieht sich, da im wesentlichen die Sprache das
abgrenzende Element ist, auf alle deutschsprachigen Zuschauer und damit in
erster Linie also auf deutschsprachige Gebiete. Insbesondere seit der Einfüh-
rung der Übertragungen per Satellit zählt aber potenziell weltweit jeder Zu-
23
schauer dazu, der in der Lage ist, die deutschsprachigen Programme zu ver-
stehen.22
Die sachliche Abgrenzung ist wesentlich komplexer: Es stellt sich zum einen
die Frage, wozu Konsumenten das TV-Programm nutzen und welches andere
Produkt in der Lage ist, denselben Nutzen ebenfalls anzubieten. Tatsächlich
macht in Bezug auf die sachliche Abgrenzung des TV-Angebots auch die Be-
rücksichtigung der technologischen Komponente Sinn, so dass hier dem An-
satz von Abell gefolgt werden soll.23
Dieser Ansatz ist in Abbildung 5 exempla-
risch am Beispiel des Angebots von TV-Programmen dargestellt:
Abbildung 5: Marktabgrenzung nach Abell am Beispiel eines TV-Programms
(Potenzielle)
Abnehmergruppen
Verwendbare
Technologien
Abnehmer-
funktionen
unidirektional
bidirektional
Unterhaltung
Information
Kinder Jugendliche Erwachsene
Quelle: Eigene Darstellung.
22
Es soll von einer inhaltlich-lokalen Fokussierung wie sie beispielsweise die Dritten
Programme der ARD vornehmen abstrahiert werden. Ökonomisch macht die zuneh-
mende Verbreitung der Sender aufgrund der Satellitentechnik Sinn: Die u.a. mit den
First-Copy-Costs verbundenen hohen Fixkosten erfordern, dass eine entsprechende
Fixkostendegression zu einer Optimierung auf die Zuschauerzahl führt.
23
Vgl.: Abell (1980).
24
Wie zu erkennen ist, wird der sachlich relevante Markt nach den Kriterien ver-
wendbare Technologie, (potenzielle) Abnehmergruppen und Abnehmerfunkti-
on unterteilt.
Mit der Abnehmerfunktion werden nach Abell die verschiedenen Bedürfnisse
beschrieben, die mit dem jeweiligen Produkt befriedigt werden sollen. Bedürf-
nis als Wunsch einen subjektiv empfundenen Mangel zu beseitigen, kann in
Bezug auf das TV-Programm in einer ersten Annäherung mit dem Bedürfnis
nach Unterhaltung und dem Bedürfnis nach Information beschrieben werden.
Dies ist insofern zu rechtfertigen, als auch 2005 in Deutschland Information
und Fiction die meistgenutzten Sparten waren.24
Die potenziellen Abnehmergruppe beschreibt, wessen Bedürfnisse befriedigt
werden sollen. Hierbei handelt es sich um Marktsegmente, die in sich mög-
lichst homogen und in Abgrenzung zu anderen Marktsegmenten möglichst he-
terogen sind. In Abbildung 5 wird beispielhaft das Alter als Abgrenzungskriteri-
um genutzt. Im Rahmen der Betrachtungen zu Rundfunkveranstaltern gibt es
zweierlei Konsequenzen: Zum einen die Orientierung des Senders an einer
Nische, wie dies etwa bei Spartenprogrammen (z.B. dem Kinderkanal) der Fall
ist und zum anderen eine zeitliche Orientierung für die Anbieter von Vollpro-
grammen. Dies lässt sich beispielsweise Sonntagsmorgens beobachten.
Die verwendbare Technologie meint die alternativen Möglichkeiten, die tech-
nologischer Art bestehen, um dem Kunden die gewünschten Funktionen zur
Verfügung zu stellen und seine Bedürfnisse zu befriedigen. In Abbildung 5
wurde anhand der Interaktionsmöglichkeiten zwischen uni- und bidirektional
unterschieden. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise die Nutzung des
Internets als alternatives Angebot mit berücksichtigt, sofern dort bidirektionale
Möglichkeiten angeboten werden. Selbst die telefonische Beteiligung an
Sendeinhalten z.B. aufgrund eines Gewinnspiels kann so dargestellt werden.
24
Vgl. Zubayr; Gerhard (2006), S.131.
25
Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, die Zeitschrift und das Radio mit
aufzunehmen. Hierzu ist allerdings eine detailliertere Darstellung notwendig.25
Nachdem aufgezeigt wurde, wie der relevante Markt abgegrenzt werden kann,
soll in einer weiteren Annäherung die Wertschöpfungskette für mögliche Pro-
dukte innerhalb eines abgegrenzten Marktes dargestellt werden.
Abbildung 6 zeigt die Wertschöpfungskette für Programmveranstalter. In Zu-
sammenhang mit der identifizierten Kundengruppe und dem Kundennutzen
sowie der verwendbaren Technologie stellt sich die Frage, wie sich dieser
Dienst anbieten lässt. Die Lieferung von Inputfaktoren kann durch unterneh-
mensinterne Abteilungen durchgeführt werden oder unternehmensextern an-
geboten werden. Hier spielt in erster Linie die Definition der Inputfaktoren eine
entscheidende Rolle: Handelt es sich bspw. um Kauf-Filme, so existiert dafür
eine eigene Branche (u.a. die US-Majors, welche die US-amerikanischen
Spielfilme weltweit anbieten). Ein Moderator kann über einen langfristigen Ver-
trag für eine bestimmte Sendung an den Programmveranstalter gebunden sein
(bspw. Thomas Gottschalk an das ZDF). Die Produktion von Inhalten kann
durch eine externe Firma geschehen, die wie bspw. bei TV Total die Sendung
produziert und dann dem Sender anbietet. Das Kerngeschäft des Programm-
veranstalters, zumindest aus Sicht des Kunden, ist es aber, diese Inhalte zu
einem Fernsehprogramm (das sog. Packaging) zusammenzufügen und dafür
zu sorgen, dass das Programm dem Zuschauer zur Verfügung gestellt wird.
25
Siehe beispielhaft Kürble (2000), S.195f.
26
Abbildung 6: Die Wertschöpfungskette der TV-Branche
Hard- & Software Bereitstellung
Packaging
Produktion
von
Inhalten
Lieferung
von Input-
faktoren
Konsum
Bereitstellung des Netzwerkes
z.B.:
Moderator
z.B.: Telefonnetzbetreiber, Satellitennetzbetreiber, Kabelnetzbetreiber
z.B.: IT-Unternehmen, TV-Gerätehersteller
z.B.:
Show
z.B.:
TV-Programm
Quelle: Eigene Darstellung.
Die Bereitstellung des dafür notwendigen Netzwerkes geschieht i.d.R. aller-
dings nicht durch den Programmveranstalter sondern durch die Netzbetreiber,
wie die Telekommunikationsnetzbetreiber, die Satelliten- oder die Kabelnetz-
betreiber. Gerade in Bezug auf die Netzbetreiber gibt es seit den 90er Jahren
des vergangenen Jahrhunderts Diskussionen über mögliche vertikale Integra-
tion. Das ProSiebenSat.1 Media AG- Unternehmen Maxdome bereitet zur Zeit
ein Video-on-Demand-Angebot mit DSL-Technik vor, um die klassischen Dist-
ributionswege Kabel und Satellit zu umgehen. Dabei kann das Endgerät so-
wohl der Computer als auch der Fernseher sein, jeweils ergänzt um eine Set-
Top-Box.
Auf allen Ebenen der Wertschöpfung ist außerdem das entsprechende Equip-
ment in Form von Hard- und Software im weitesten Sinne notwendig: So benö-
tigt der Zuschauer zum Beispiel neben einem Fernseher eine Satellitenschüs-
sel und einen Receiver, um das TV-Programm empfangen zu können.
27
Nachdem nun die Aktivitäten der Wertschöpfung innerhalb der TV-Branche
dargestellt wurden, soll der Fokus auf die deutschen TV-Programmveranstalter
gelegt werden, die als eine Gruppe von Akteuren in dem Markt tätig sind.
4.1.2 Die Unternehmen in Deutschland
Der deutsche Markt der Programmveranstalter wird, neben den beiden öffent-
lich-rechtlichen Sendern der ARD und ZDF, von der Bertelsmann AG auf der
einen Seite und der ProSieben Sat.1 Media AG auf der anderen Seite be-
herrscht.26
Im Jahr 2005 hatten die öffentlich-rechtlichen Sender einen Markt-
anteil von 24,1 v.H. in Westdeutschland, die Privatsender (RTL, SAT.1, Pro-
Sieben, RTL II, VOX und kabel eins) einen Marktanteil von 57,9 v.H.27
Der
Markt hat damit eine oligopolistische Struktur.28
Wie angesprochen, lassen sich die Privatsender in zwei große Sendergruppen
aufteilen. Zum einen die Bertelsmann AG; sie besitzt Anteile in Höhe von 90
v.H. an der RTL Group, die ihrerseits Anteile an den deutschen TV-
Programmveranstaltern RTL, RTL II, VOX, Super RTL und n-tv inne hat.
Die RTL-Gruppe macht innerhalb des Bertelsmann Konzerns etwa 40 v.H. am
Gesamtumsatz aus und erzielt etwa 36 v.H. davon in Deutschland. Dabei ist
RTL weiterhin in Bezug auf Umsatz und Gewinn der wichtigste Sender in
Deutschland und erzielt zur Zeit einen deutlichen Vorsprung (13,2 v.H.) vor
den stärksten Konkurrenten SAT.1 (10,9 v.H.) und ProSieben (6,7 v.H.). RTL
gelingt es auch vermehrt, Trends zu setzen und bspw. mit dem Format DSDS
26
Die folgenden Ausführungen beziehen sich im Wesentlichen auf Röper (2006)a,
S.182ff. und Röper (2006)b, S.114ff.
27
Vgl.: Zubayr; Grhard (2006), S.130
28
Diese Ausführungen beziehen sich auf den Zuschauermarkt, nicht jedoch auf den
Werbemarkt. Hier besteht laut Bundeskartellamt eine marktbeherrschende Stellung
der ProSiebenSat.1-Gruppe und der RTL-Gruppe, die jeweils etwa Marktanteile in
Höhe von 45 v.H. inne haben.
28
andere Sender zur Kopie zu animieren. Aufgrund der medien- und kartellrecht-
lichen Beschränkungen verlagert die Gruppe ihre weiteren Aktivitäten verstärkt
auf das Ausland. Das Schlusslicht ist nach wie vor, trotz des Umzugs von Ber-
lin nach Köln und den damit verbundenen Kosteneinsparungen, der Sender
ntv (0,6 v.H.). Dort scheint die Situation derart problematisch, dass das Bun-
deskartellamt eine vollständige Übernahme durch die RTL-Gruppe im Sinne
einer Sanierungsfusion zugelassen hat.
Zum anderen besitzt die ProSiebenSat.1 Media AG in Deutschland u.a. die
Sender SAT.1, PRO Sieben, Kabel 1, N24 und Neun Live. Die ProSiebenSat.1
Media AG erzielte 2005 einen Konzernumsatz von 1.990 Mio. Euro, was einer
Veränderung von +8,4 v.H. zum Vorjahr entspricht. Gleichzeitig betrug der
Marktanteil an den Zuschauern in der werberelevanten Zielgruppe 30,3 v.H.,
wobei den größten Beitrag hierzu der Sender SAT. 1 lieferte. Die Gruppe war
zuletzt im Fokus des Springer Konzerns. Die Übernahme wurde aber vom
Bundeskartellamt untersagt.
4.2 Die Wertschöpfungskette am Beispiel eines TV-
Programmanbieters
In Abbildung 7 ist die Übertragung der allgemeinen Darstellung von Abbildung
4 auf den TV-Programmveranstaltermarkt vorgenommen worden. Da dieses
Instrument der Identifikation von möglichen Wettbewerbsvorteilen - sei es im
Rahmen einer Differenzierung oder einer Kostenführerschaft - dienen soll,
muss unterschieden werden, aus wessen Sicht diese Wettbewerbsvorteile be-
schrieben werden. Im vorliegenden Fall kann zwischen Zuschauern als Kun-
den und Werbetreibender Industrie als Kunden unterschieden werden. In Ab-
bildung 7 wird der Zuschauer als Kunde angenommen.
29
Die Abbildung zeigt, dass ein Teil der in Abbildung 6 dargestellten Wertschöp-
fungskette bereits im Rahmen der Primär- und Sekundäraktivitäten der TV-
Programmveranstalter übernommen wird. In wie weit das Insourcing stattfin-
det, hängt aber im Wesentlichen von den zu produzierenden Inhalten und die
dafür notwendigen Kompetenzen ab.29
So kann bspw. bei Spielfilmen zwi-
schen Eigenproduktion, Auftragsproduktion und Kauf-Filmen unterschieden
werden. Die Anteile der einzelnen Produktionsformen schwankt stark zwischen
den verschiedenen Sendern.30
In Bezug auf die Primäraktivitäten kann unterschieden werden zwischen
- Eingangslogistik im Sinne der Lagerung erworbener Inhalte bzw. not-
wendiger Requisiten,
- Produktion im Falle der Erstellung eigener Programminhalte. Da diese
Stufe nicht zwingend der Eingangslogistik folgen muss, weicht die Dar-
stellung von der in Abbildung 3 ab. So kann die Produktion entfallen,
wenn ausschließlich auf Inhalte zurückgegriffen wird, die im Rahmen
der Beschaffung eingekauft worden sind und im Zusammenhang mit
der Eingangslogistik gelagert werden,
- Ausgangslogistik, oder hier: Packaging, also der Zusammenführung der
einzelnen Programminhalte zu einem TV-Programm,
- Marketing und Vertrieb im Sinne einer regelmäßigen Eigenwerbung, sei
es auf dem eigenen Sender, oder über das Internet und andere Medien
sowie die Ausstrahlung des Programms und
- der (indirekten) Nachkontaktphase u.a. in Form von Beschwerdemana-
gement.
Abbildung 7 zeigt, dass es sich bei der Erstellung und Ausstrahlung eines TV-
Programms in der Regel um einen längerfristigen und wiederkehrenden Kun-
denkontakt handelt. In vielen Fällen und insbesondere bei den Vollprogram-
29
Die Einflussfaktoren für die Frage des In- oder Outsourcing siehe Kürble (2005).
30
Vgl.: Wirtz (2005), S.385.
30
men kann der Kundenlebenszyklus auch wirklich lebenslang sein. Dies hängt
u.a. mit den über den Tages- und Wochenverlauf differenzierten Inhalten zu-
sammen, die jeder Sender ausstrahlen kann, mit der durch Lizenzen geschütz-
te oligopolistische Situation im deutschen TV-Programmveranstaltermarkt und
mit den geringen Wechselkosten für den Zuschauer: Die switching-costs be-
laufen sich, insbesondere seit der Erfindung der Fernbedienung, zumindest
zwischen den Marktführern auf Null, so dass keine Eintritts- oder Austrittskos-
ten für Kunden existieren.
Eine Besonderheit der Dienstleistung von Programmveranstaltern kann als
doppeltes uno-actu-Prinzip beschrieben werden: Nicht nur die Ausstrahlung
des Programms und sein Konsum sind zeitgleich, auch die Produktion der In-
halte kann mit der Ausstrahlung und damit auch mit dem Konsum zusammen-
fallen, wie bspw. bei Live-Übertragungen von Sportereignissen oder Nachrich-
tensendungen.
Abbildung 7: Die unternehmensinterne Wertschöpfungskette eines TV-
Programmveranstalters in Bezug auf den Zuschauer
Unternehmensinfrastruktur: Insbes. Kultur= Image
Personalmanagement: Insbes. Anchormen
Technologieentwicklung: Insbes. Übertragungstechnologie
Beschaffung: Insbes. Programminhalte und Schauspieler, z.B.: Statisten
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Quote
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b:
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werbung und
Ausstrahlu
ng des
Program
ms
Eingangslogistik:
Lagerung des Content,
Notw. Requisiten
Produktion:
Eigene Programminhalte
Aufbau der
Leistungsbereitschaft
Kontaktphase
Quelle: Eigene Darstellung.
31
In Bezug auf die Sekundäraktivitäten lassen sich im Rahmen der Beschaffung
insbesondere die Beschaffung fertiger Inhalte im Sinne von Modulen (ähnlich
der Idee des OEM) erfassen, aber auch die Beschaffung von Humankapital
das zeitlich befristet angestellt wird. Diese Beschaffung von Humankapital, sie
ist von der Beschaffung von Humankapital im Rahmen des Personalmanage-
ments zu unterscheiden, macht in einer Branche Sinn, in der kurzfristige Ver-
träge z.B. für Statisten oder Schauspieler bei der Produktion eher die Regel
als die Ausnahme sind.31
Die Technologieentwicklung ist für Programmveran-
stalter insbesondere in Bezug auf die Übertragungs- und Speichertechnolo-
gien relevant. Die Umstellung der meisten Speichermedien auf digitale Spei-
cherung in Zusammenhang mit der digitalisierten Übertragungstechnik erlaubt
bspw. deutlich schnellere Verfügbarkeit von Datenmaterial an unterschiedli-
chen Orten, hier sei bspw. an die Verfügbarkeit von Ausschnitten aus Fußball-
spielen gedacht, oder die Möglichkeit, das Material zu manipulieren etc.32
Die
Unternehmensinfrastruktur, die sich u.a. mit den organisatorischen Strukturen
befasst aber auch die Außenwirkung des Unternehmens einschließt, ist insbe-
sondere vor letzterem Hintergrund relevant. Das Image eines Senders in einer
Branche, die von der Selbstdarstellung und der Aufmerksamkeit anderer lebt,
ist existenziell für das Unternehmen.33
Das Ziel der TV-Programmveranstalter
(sofern sie nicht über Zwangsgebühren subventioniert werden) muss im Rah-
men von Vollprogrammen sein, möglichst viele Zuschauer innerhalb der wer-
berelevanten Altersklasse von 14-49 Jahren zu erreichen. Dabei kommt es
zusätzlich darauf an, bei bestimmten Inhalten möglichst deutlich segmentieren
31
Es sei angemerkt, dass die hier vorgenommene Trennung in der praktischen
Durchführung nicht so durchzuhalten ist, da das Personalmanagement bei der Ein-
stellung auch im Rahmen kurzfristiger Engagements u.a. in rechtlicher Hinsicht die
notwendigen Kompetenzen besitzt, auf die zurückgegriffen werden kann.
32
An dieser Stelle ist insbesondere an Manipulation im Sinne des Hinzufügens zu-
sätzlicher Information wie bspw. bei Fußballspielen das Einblenden einer Abseitslinie,
oder einer Entfernungsangabe gedacht, vgl. hierzu o.V. (2006), S.101ff.
33
Interessante, wenn auch nicht unbedingt neue Erkenntnisse zur Aufmerksamkeit
siehe bspw.: Franck (1998).
32
und Kundengruppen abgrenzen zu können:34
Der frühe Sonntagmorgen gehört
den Kindern, hier würde es keinen Sinn machen, eine politische Diskussions-
runde zu übertragen.35
Die so oft gescholtene Quote spielt bei werbefinanzier-
ten Programmen eine entscheidende Rolle für die Verhandlungssituation mit
der Werbetreibenden Industrie.
Abbildung 8 soll nun die Wertschöpfung bei der Erstellung für die Leistung für
die Werbetreibende Industrie und die Verknüpfung mit der Wertschöpfung bei
der Erstellung der Leistung für den Zuschauer darstellen. Die Programmver-
anstalter verkaufen den Werbetreibenden Werbeplätze für einen Werbeblock
entweder vor, während oder nach einer Sendung, die wiederum geeignet ist,
eine mehr oder weniger deutlich abzugrenzende Zielgruppe zu erreichen.
Hierbei spielt das Programmumfeld ebenso eine wichtige Rolle, wie das Sen-
derimage.
34
Dies ist in Bezug auf die Werbung mit dieser segmentierten Zielgruppe bei der
Werbetreibenden Industrie durch die Programmveranstalter selbst zu sehen. Unab-
hängig davon gilt auch hier, dass es aufgrund des hohen Fixkostenblocks sinnvoll ist,
dass möglichst viele Zuschauer die Sendungen sehen, unabhängig von der Zugehö-
rigkeit zu bestimmten Zielgruppen.
35
Allerdings bleibt abzuwarten, ob es nicht aufgrund der demografischen Entwicklun-
gen zu deutlichen Verschiebungen kommt.
33
Abbildung 8: Die unternehmensinterne Wertschöpfungskette bei TV-
Programmveranstaltern
Unternehmensinfrastruktur: Insbes. Kultur= Image
Personalmanagement: Insbes. Anchormen
Technologieentwicklung: Insbes. Übertragungstechnologie
Beschaffung: Insbes. Programminhalte und Schauspieler
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Unternehmensinfrastruktur: Insbes. Kultur= Image
Personalmanagement: Insbes. Anchormen
Technologieentwicklung: Insbes. Übertragungstechnologie
Beschaffung: Insbes. Programminhalte und Schauspieler
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il
M
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Nachkontaktphase:
Tatsächliche Quote
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:
Packaging
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Eingangslogistik:
Aufbau der
Leistungs-
bereitschaft/
Packaging
Vorkontakt-
phase:
Verhandlung mit
den Werbe-
treibenden
Leistungs-
erbringung:
Ausstrahlung
des
Programms
Quelle: Eigene Darstellung.
Die Unterscheidung zwischen beiden Wertschöpfungsprozessen macht deut-
lich, dass sowohl auf der Zuschauerseite als auch auf der Seite der Werbetrei-
benden Industrie der Erstellungsprozess der Dienstleistung ein wiederkehren-
der Prozess ist. Darüber hinaus wird klar, dass nicht, wie häufig dargestellt,
der Programmveranstalter Zuschauer verkauft, sondern Sendezeit. Das diese
Sendezeit - wie jedes andere Produkt auch - bestimmte Eigenschaften aufwei-
sen muss, liegt auf der Hand. Eine der Eigenschaft der Sendezeit ist es, eine
bestimmte Zielgruppe zu erreichen, so dass sich die Attraktivität des Sende-
platzes u.a. an der angesprochenen Zielgruppe orientiert. Dies gilt im Handel
bei den Regalplätzen ebenso wie in der Außenwerbung für jedes Plakat.
In Bezug auf das Ziel der Aufgliederung der Unternehmensaktivitäten im Rah-
men einer internen Wertschöpfungskette wurde bereits angesprochen, dass
dies darin besteht, mögliche Wettbewerbsvorteile zu identifizieren und auszu-
bauen. Das Problem, zumindest in Zusammenhang mit der Zuschauerbetrach-
34
tung ist es, dass eine Kostenführerschaft in einer Branche, die keine direkte
Bezahlung durch den Zuschauer kennt, nicht möglich ist.36
Auch die Differen-
zierung ist in Verbindung mit der Tendenz zum more-of-the-same relativ
schwierig.37
Dennoch zeigen immer wieder Umfragen, dass die einzelnen
Sender von den Zuschauern unterschiedlich wahrgenommen werden und sich
zumindest in den Unterhaltungs- oder Informationsschwerpunkten und der dort
angesiedelten Glaubwürdigkeit differenzieren können.38
Einen völlig neuen (erfolgreichen) Weg ist der Sender 9Live gegangen, um
Differenzierung möglich zu machen.39
Zum ersten unterscheidet sich das Finanzierungssystem insofern, als neben
der Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen und der Werbefinanzie-
rung anderer privater Programmveranstalter nun die Finanzierung durch den
Zuschauer selbst erfolgt. Es hat sich also ein drittes Finanzierungssystem e-
tabliert.40
Die Darstellung in Abbildung 8 ändert sich insofern, als hier nicht
mehr die Werbetreibende Industrie angesprochen wird, sondern die Netz-
betreiber. Dies ist interessant, da die Netzbetreiber bereits einen notwendigen
Akteur in der Wertschöpfung darstellen und nunmehr nicht nur downstream
Leistung zur Verfügung stellen, sondern auch (mehr oder weniger) upstream
dem Kunden die Möglichkeit bieten, Teilnehmer am Programm zu werden.
Diese Idee ist eine konsequente Weiterentwicklung der in früheren Zeiten
schon bekannten Einbeziehung des Zuschauers im Rahmen von Gewinnspie-
len, die aber damals nur begleitenden Charakter zum eigentlichen Programm
hatten. Hier besteht das Programm jedoch aus der Teilnahme der Zuschauers
am Gewinnspiel.
36
Es sei hier von der Zwangsabgabe der Rundfunkgebühren abstrahiert, da auch
diese Gebühren keine Unterscheidungsmöglichkeiten für einzelne Sender bieten.
37
Siehe hierzu u.a. Owen; Wildman (1992).
38
Vgl.: Zubayr; Geese (2005), S.152ff.
39
Hier wird auch vom sog. Transaktionsfernsehen gesprochen.
40
Dieses Finanzierungssystem wird, allerdings in Mischform mit werbefinanziertem
Programm, auch von anderen Sendern praktiziert, wie bspw. vom DSF.
35
Zum zweiten ändert sich das Programmangebot insofern, als es nun darin be-
steht, dem Zuschauer (potenziell) jederzeitigen Zugang in den Programmab-
lauf zu ermöglichen. Dies ist aus mehreren Gründen interessant: Der Zu-
schauer wird bis zu einem gewissen Grad gezwungen vom passiven Couch-
potatoe zum aktiven Teilnehmer zu werden. Damit besteht die Wertschöpfung,
im Gegensatz zu den vorangegangenen Abbildungen, in Form der Kontakt-
phase nicht nur im Ausstrahlen der Programme, sondern in einer deutlich in-
tensiveren Einbindung des Externen Faktors in die Leistungserstellung. Da-
durch wird der Zuschauer Teil des Programms und ihm kommt in den wenigen
Sekunden dieser Teilnahme die Aufmerksamkeit derer zu, die das gleiche
Programm sehen wie er. Dies ist in einer Gesellschaft, in der die Aufmerksam-
keit durch andere (auch völlig Unbekannte) und der damit verbundene Be-
kanntheitsgrad, und sei er auch nur in noch so homöopathischen Dosen, ein
bedeutender Faktor geworden ist, etwas, wofür der Zuschauer offensichtlich
bereit ist zu zahlen.41
Darüber hinaus etabliert sich das Telefon auf diesem
Wege als zumindest schmalbandiger Rückkanal der TV-Programme.42
Es zeigt sich, dass sich mit Hilfe der unternehmensinternen Wertschöpfungs-
kette eine Reihe von Aspekten darstellen lassen, welche die Vergleichbarkeit
unterschiedlicher Senderformate möglich macht. Die vorliegende Darstellung
muss aufgrund fehlender Kenntnisse spezifischer unternehmensinterner Daten
allgemein bleiben. Sie bietet sich aber an, um bei entsprechender Kenntnis,
über mögliche Kriterien von Wettbewerbsvorteilen im Sinne eine Kostenführer-
schaft oder einer Differenzierung nachzudenken.
41
Dass die Aufmerksamkeit durch ein Publikum tatsächlich für den deutschen
Verbraucher hohe Relevanz zu haben scheint, zeigt sich u.a. an der derzeit laufenden
Reklame der Deutschen Telekom, die damit wirbt, dass jeder Einzelne der Fußball-
weltmeisterschaft in Deutschland sein Gesicht geben kann.
42
Beide Punkte sind in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts im Rahmen des
Multimedia-Hypes viel diskutiert worden, vgl. Kürble (1995).
36
5 Abschließende Betrachtungen
Der vorliegende Aufsatz hat gezeigt, dass das Instrument der Wertschöp-
fungskette von Porter mit einigen Anpassungen trotz seines Alters nichts an
Attraktivität verloren hat. Dies vor allem nicht, wenn es darum geht Wettbe-
werbsvorteile zu identifizieren. Insbesondere in Bezug auf die Besonderheiten
von Dienstleistungen sind einige Modifikationen notwendig, um die Abläufe
problemadäquat darstellen zu können.
In Verbindung mit der Betrachtung des deutschen Marktes für Programmver-
anstalter wurde auch deutlich, dass sich die verschiedenen Zielgruppen integ-
rieren lassen und dadurch die Problematik erst diskutiert werden kann. Je
nach Zielgruppe, also der Werbetreibenden Industrie, den Netzbetreibern oder
den Zuschauern können individuelle Wertschöpfungsketten identifiziert und
miteinander kombiniert werden. Dadurch lässt sich ein eventuell zu diskutie-
render Zielkonflikt auflösen. Im Wesentlichen ist die Situation des Distributi-
onsorgans Programmveranstalter mit der anderer Distributoren in anderen
Branchen vergleichbar: Ähnlich wie der Handel zielgruppenadäquate Regal-
plätze zur Verfügung stellt, so stellt auch der Programmveranstalter zielgrup-
penadäquate Werbeblöcke zur Verfügung.
Schließlich lassen sich auch die unterschiedlichen Finanzierungsmodelle und
der damit verbundene unterschiedliche Grad der Integration des Externen Fak-
tors durch die Wertschöpfungskette darstellen. Insbesondere die Frage der
notwendigen Aktivitäten und des Zeitpunktes der Einbindung können deutlich
gemacht werden, so dass die daraus folgenden Konsequenzen abgeleitet
werden können.
Es wurde schon angesprochen, dass es sich bei der vorliegenden Darstellung
um einen Diskussionsbeitrag handelt. Als solcher soll dieser Aufsatz auch ver-
standen werden. Viele Aspekte lassen sich, insbesondere aufgrund der Kürze
37
der Darstellungen, nur anreißen; viele Aspekte sollen als Anregung zum weite-
ren Nachdenken dienen. Die Branche der TV-Programmveranstalter und damit
auch die gesamte Medienbranche ist es wert!
38
Literaturverzeichnis:
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Der Autor
Dr. Peter Kürble
Jahrgang 1964, verheiratet, zwei Kinder. Peter Kürble absolvierte von Oktober
1984 bis September 1990 sein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der
Gerhard-Mercator-Universität Duisburg; Schwerpunkt: VWL – Internationale
Wirtschaftsbeziehungen; Abschluss: Diplom-Ökonom. Im Jahre 2000 promo-
vierte er an der FU Berlin, Fachbereich Kommunikationswissenschaft und
Publizistik (Erstgutachter: Prof. Dr. Axel Zerdicke Freie Universität Berlin,
Zweitgutachter: Prof. Dr. Jörn Kruse, Universität der Bundeswehr Hamburg)
Thema: Spielfilme im Netz multimedialer Entwicklungen. Wettbewerbsanalyse
und Marketingeintrittsmöglichkeiten am Beispiel von Netzbetreibern. Eine the-
oretische Untersuchung mit Hilfe des Konzeptes der fünf Wettbewerbskräfte
und des Transaktionskostenansatzes. Abschluss: Dr.-phil. Seit 15 Jahren ist er
in der Erwachsenenbildung tätig u.a. in den Niederlanden und den USA, seit
2001 hauptamtlich Lehrender an der FOM Fachhochschule für Oekonomie &
Management, Marketing und internationales Marketing. Seit 9 Jahren übt er
Beratungstätigkeit für klein- und mittelständische Unternehmen im Fachgebiet
Marketing aus, er ist u.a. behilflich bei der Erstellung von Unternehmensphilo-
sophien, Marketingkonzeptionen, Businessplänen.