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Manual_Workshop_Assessment_LUCASTP3_DGG_Hof_2013
Update Assessment / Longitudinal Urban Cohort-Ageing Study (LUCAS I +II) Gefördert vom BMBF 2007–2013 (Förder-Nr. 01ET0708 und 01ET1002A) / J. Anders©2013
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Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie in Hof, 2013
MANUAL zum Workshop GERIATRISCHES ASSESSMENT
TEIL A: Prinzipien und Einsatzbereiche TEIL B: Auswahl von bekannten und neuen Instrumenten nach Lebensphasen
Longitudinal Urban Cohort Ageing Study (LUCAS: BMBF 01ET0708-12 + =1ET1002A-D) Autorin: Dr.med. Jennifer Anders (LUCAS-Teilprojekt 3)
Hintergrund: Praktische und wissenschaftliche Erfahrungen mit dem klassischen geriatrischen
Assessment (AGAST), dem hausärztlichen Basisassessment, dem Albertinen-Hausbesuchs-Assessment und dem Erweiterten Gerontologisch-Geriatrischem Assessment (EGGA) im Rahmen des Modellprojektes „Geriatrische Mobilitäts-Ambulanz“ finden hier exemplarisch Erwähnung.
Informationen: LUCAS ist einer von sechs in der Ausschreibung „Gesundheit im Alter“ vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsverbünden. Informationen finden sich unter www.geriatrie-forschung.de sowie unter http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/4329.php (vgl. auch AMA, ESTHERnet, KORA-Age, MultiCare, PRISCUS).
TEIL A : Prinzipien und Einsatzbereiche (Seiten 1 bis 6)
Definitionen des umfassenden geriatrischen Assessment (comprehensive geriatric assessment)
„Multidisziplinäre [d.h. multidimensional und interdisziplinärer Prozess] Evaluation, in der die multiplen Probleme älterer Menschen aufgedeckt, beschrieben und wenn möglich erklärt werden. In dieser Evaluation werden die Ressourcen und Kräfte der Menschen katalogisiert, der Bedarf für Unterstützung ermittelt und ein koordinierter Behandlungs- und Pflegeplan entwickelt, um gezielt bei den Problemen des Menschen intervenieren zu können.
(1987 NIH Consensus Conference on Geriatric Assessment Methods for Clinical Decision-Making) „Unter einem umfassenden (englisch comprehensive geriatric assessment) Geriatrischen Assessment versteht man einen multidimensionalen und interdisziplinären Prozess mit dem Ziel, die medizinischen, psychosozialen und funktionellen (Selbsthilfestatus) Probleme und Reserven [Ressourcen] mit standardisierten [reliablen/validen] Instrumenten eines Individuums zu erfassen, um einen gezielten Behandlungs- und Betreuungsplan abzuleiten.“
Auswahl multipler Dimensionen im Assessment
Synergien von Erkrankungen, iatrogener Belastung (z.B. Multimedikation), Verhaltensänderung (z.B. Trainingsmangel) und Änderung der Verhältnisse (z.B. Verwitwung) können im Alter eine erhebliche, negative Dynamik entfalten und zur Ausbildung geriatrischer Syndrome führen. Abklärung und Behandlung sollten möglichst viele der beteiligten Einflüsse berücksichtigen. Steht wenig Zeit zur Verfügung, so hat sich eine Auswahl von mindestens drei komplementären Dimensionen als eine gute Grundlage für die Anbahnung der weiteren medizinischer Behandlung herausgestellt. Ein sinnvolles Vorgehen wäre dann die Durchführung von 3 Testverfahren aus 3 verschiedenen Dimensionen, etwa Timed Up & Go Test (TUG: Mobilität), Barthel-Index
Manual_Workshop_Assessment_LUCASTP3_DGG_Hof_2013
Update Assessment / Longitudinal Urban Cohort-Ageing Study (LUCAS I +II) Gefördert vom BMBF 2007–2013 (Förder-Nr. 01ET0708 und 01ET1002A) / J. Anders©2013
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(BI: Selbsthilfefähigkeit) und Uhren-Test (kognitives Screening). Dagegen würde in diesem Falle eine Kombination von etwa 3 Tests aus einem Bereich (Uhrentest, MMSE, Dem-Tect) kaum neue Information liefern. Bild 1: Geriatrie verfolgt ein ganzheitliches Menschenbild – Mögliche Dimensionen von Gesundheit und ihre Messbarkeit mittels EGGA (Erweitertes-Geriatrisch-Gerontologisches Assessment)sowie endogene und exogene Einflussfaktoren auf Gesundheit und Mobilität im Alter
Ebenen der Selbsthilfefähigkeit
Das Ausmaß der Selbstständigkeit, die Fähigkeiten und Probleme im Alltag zu bewältigen, wird als SELBSTHILFESTATUS oder Selbsthilfefähigkeit im Alltag bezeichnet, kann sich auf verschiedene Ebenen beziehen und mit verschiedenen Instrumenten (Tests, Fragebögen...) gemessen und dokumentiert werden: Ebene 1 – Basale Aktivitäten des täglichen Lebens, Ebene 2 – Instrumentelle Aktivitäten des täglichen Lebens, Ebene 3 – Erweiterte Aktivitäten des täglichen Lebens.
Ein Unterstützungsbedarf auf der basalen Ebene erfordert meist tägliche Pflege, je nach Ausmaß dokumentiert auch in Form von anerkannten Pflegestufen. Selbständigkeit erleichtert Selbstbestimmung (Autonomie), ist die funktionelle Selbständigkeit eingeschränkt, muss die Selbstbestimmung soweit wie möglich beachtet und unterstützt werden. Ein Unterstützungsbedarf auf der instrumentellen Ebene kann oft durch ambulante Dienstleistungen wie „Essen auf Rädern“ kompensiert werden. Allerdings neigen die Betroffenen zu weiterer Verschlechterung, wenn nicht parallel eine medizinische Abklärung und aktivierende Behandlung (z.B. physiotherapueitsche Hausbesuche) eingeleitet werden.
PersönlicheLebensqualität
und gefühlte
Gesundheit
Wissen Motivation
HealthLiteracy Complia
nce
ResilienzCoping
Bildungs-angebote
SozialeAngebote
RäumlicheUmwelt
PolitischeBedingungen
Exogene Einflüsse (W
HO: Human Development Index, U
nited Natio
ns, 2010)
Exogene Einflüsse
Exogene EinflüsseExogene Einflüsse
Legende:Wechselwirkungen
Gut messbare Faktoren (EGGA)
Schlecht zugängliche Faktoren
Ernährungs-
GewohnheitenKörperliches
Gleichgewicht
Mobilität
Aktuelle
Performnce
Akt
ive
Plan
ung
Biographie
Verhalten
Behinderung
Kompensation
Zugang zu Medizin
Wahlrecht
Motorik
Barrieren
Soziale Aktivität
Psyche
Kognition
Anders & Dapp, 2011
PersönlicheLebensqualität
und gefühlte
Gesundheit
Wissen Motivation
HealthLiteracy Complia
nce
ResilienzCoping
Bildungs-angebote
SozialeAngebote
RäumlicheUmwelt
PolitischeBedingungen
Exogene Einflüsse (W
HO: Human Development Index, U
nited Natio
ns, 2010)
Exogene Einflüsse
Exogene EinflüsseExogene Einflüsse
Legende:Wechselwirkungen
Gut messbare Faktoren (EGGA)
Schlecht zugängliche Faktoren
Ernährungs-
GewohnheitenKörperliches
Gleichgewicht
Mobilität
Aktuelle
Performnce
Akt
ive
Plan
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Biographie
Verhalten
Behinderung
Kompensation
Zugang zu Medizin
Wahlrecht
Motorik
Barrieren
Soziale Aktivität
Psyche
Kognition
PersönlicheLebensqualität
und gefühlte
Gesundheit
Wissen Motivation
HealthLiteracy Complia
nce
ResilienzCoping
Bildungs-angebote
SozialeAngebote
RäumlicheUmwelt
PolitischeBedingungen
Exogene Einflüsse (W
HO: Human Development Index, U
nited Natio
ns, 2010)
Exogene Einflüsse
Exogene EinflüsseExogene Einflüsse
Legende:Wechselwirkungen
Gut messbare Faktoren (EGGA)
Schlecht zugängliche Faktoren
Ernährungs-
GewohnheitenKörperliches
Gleichgewicht
Mobilität
Aktuelle
Performnce
Akt
ive
Plan
ung
Biographie
Verhalten
Behinderung
Kompensation
Zugang zu Medizin
Wahlrecht
Motorik
Barrieren
Soziale Aktivität
Psyche
Kognition
Anders & Dapp, 2011
Manual_Workshop_Assessment_LUCASTP3_DGG_Hof_2013
Update Assessment / Longitudinal Urban Cohort-Ageing Study (LUCAS I +II) Gefördert vom BMBF 2007–2013 (Förder-Nr. 01ET0708 und 01ET1002A) / J. Anders©2013
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Eine Einschränkung auf der erweiterten Ebene wirkt auf den ersten Blick weniger dramatisch, schränkt aber die soziale Partizipation und Lebensqualität ein, kann Vorbote medizinischer Probleme und funktioneller Verschlechterung sein. Von den Betroffenen kann daher dieser Einschnitt als dramatisch erlebt werden. Bild 2: Ebenen der Selbsthilfefähigkeit - dargestellt in den Tätigkeiten des täglichen Lebens
Quelle: Anders, Lehrmaterialien 2005 für Q7 Humanmedizin
Auswahl Setting im Gesundheitssystem
In diesem Manual werden (für den Kliniker vielleicht ungewohnt) Instrumente und Assessmentbeispiele ausgehend von gesunden, unbeeinträchtigten älteren Menschen vorgestellt. Damit folgen wir der Chronologie typischer Lebensphasen im Alter und abgestufter Versorgungsformen von Ebene 3 (EADL) zu Ebene 2 (IADL) und Ebene 1 (BADL s. Bild 3, Seite 3). Eine situativ angepasste Versorgungsplanung nach dem Grundsatz „Prävention vor Kuration vor Rehabilitation vor Pflege“ ist so erleichtert. Das Übersichtsschema von LUCAS und die Verwendung von Ampelfarben erleichtert die Orientierung.
Geriatrisches Screening oder Assessment in anderen, medizinischen Fachrichtungen
In den letzten Jahren haben einige medizinische Fachrichtungen von geriatrischen Konsildiensten in Anspreuch genommen oder interdisziplinäre behandlungspfade etabliert (z.B. Zentren für Alterstraumatologie). Oft hilft bereits der Einsatz von Screening-Verfahren, wegweisende Entscheidungen für die weitere Betreuung zu unterstützen. Beispielhaft seien genannt die Berücksichtigung der geriatrischen Befunderhebung bei der Therapieplanung hochaltriger, onkologischer Patienten, vor herzchirurgischen Operationen oder in der Notaufnahme.
Das geriatrische Assessment in der Onkologie: http://ediss.sub.uni-hamburg.de/volltexte/2008/3815/pdf/DissertationMartinaAndres.pdf
Das geriatrische Screening in der Notaufnahme: U. Thiem et al. Positionspapier zur Identifizierung geriatrischer Patienten in Notaufnahmen in Deutschland. ZGG 2012; 45: 310-314, frei herunterzuladen unter http://www.dggeriatrie.de/images/stories/pdf/Positionspapier-Notaufnahme-DGG.pdf
Das geriatrische Assessment vor/in der Herzchirurgie: Frilling B, von Renteln-Kruse W, Riess FC: Prognostic value of geriatric assessment prior to cardiac surgery of the elderly. JACC 2009; 53: A403–18.
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Update Assessment / Longitudinal Urban Cohort-Ageing Study (LUCAS I +II) Gefördert vom BMBF 2007–2013 (Förder-Nr. 01ET0708 und 01ET1002A) / J. Anders©2013
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Ressourcensparender Einsatz der geriatrischen Verfahren
Bild 3. Entscheidung für Screening oder Assessment je nach Anlass, Setting und Vorinformationen
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Einteilung der heterogenen, älteren Bevölkerung in Zielgruppen für mögliche Versorgungsformen
Durch das Screening wird deutlich, für welche Hauptzielgruppe /Versorgungsform weiter gearbeitet wird. Im ambulanten Versorgungsbereich können valide Selbstausfüller-Instrumente personelle Ressourcen sparen, die dann für die aufwendigere Abklärung und Versorgung von Verdachtsfällen zur Verfügung stehen.
Rüstig (LUCAS FIT): Gesundheitsförderung, Primärprävention (alle Ebenen inkl. E-ADL wie bei jungen adulten Personen erhalten, keine Risikoindikatoren), aktive Lebensführung
Vorgebrechlich (LUCAS PRE-FRAIL): Breite medizinische Abklärung, Sekundärprävention (E-ADL wird zunehmend eingeschränkt, Hauptindikatoren Erschöpfung und Gangunsicherheit)
Gebrechlich (LUCAS FRAIL): Vorklärung eventuell im Hausbesuch, Diagnostik und Medizinisch-geriatrische Komplexbehandlung (wenn günstige Prognose) teilstationär, stationär, hohe Komplikationsrate (E-ADL zunehmende Verluste, I-ADL zunehmend delegiert; Mobilität eingeschränkt)
Selbsthilfe-Defizite (LUCAS FALLEN): Disability (B-ADL-Einschränkungen) mit guter Prognose/Potential: Medizinisch-geriatrische Komplexbehandlung teilstationär, stationär (Tertiätprävention), Milieuwahl (fordernd oder re-orientierend z.B. für Patienten mit Demenz)
Terminal/Palliativ mit schlechter Prognose (LUCAS FATAL): Palliative Versorgung in palliativer Geriatrie (Stabilisierung, Symptomkontrolle), Hospiz, SAPV oder Pflegeheim (Quartätprävention)
*Einteilung nach dem LUCAS-I-Marker Set mit hoher Prädiktivität für Frailty, Pflegebedürftigkeit und Tod. (Dapp et al., ZGG 2012 · 45:262–270; DOI 10.1007/s00391-012-0311-9); Details s. Seite 10. Bild 4. Hauptzielgruppen* in der heterogenen, älteren Bevölkerung und mögliche Versorgung
Ein weiteres Beispiel für ein praktikables Selbstscreening noch selbständig lebender, älterer Menschen ist der in Hamburg über die Kommune etablierte Sturzrisikocheck (siehe Seite 12.)
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Auswahl von Instrumenten für das Assessment
Es gibt hunderte von standardisierten, validierten und reliablen Testverfahren, die für ein geriatrisches Assessment Verwendung finden können. Alle Aufzählungen sind daher begrenzte Beispiele von bekannten Instrumenten. Wichtig ist die Überprüfung im Vorfeld, ob zu erwartende Boden- oder Deckeneffekte den Einsatz erübrigen, ob das Verfahren für Zielgruppe und Setting geeignet ist und ob die eigene Fragestellung beantwortet werden kann. Gute Hinweise dazu finden sich auf der Info-Seite des Kompetenz-Centrums Geriatrie des MDK Nord (s. Links auf Seite 2). Einige Screening-Tests erfordern wenig Anleitung oder können sogar selbständig von älteren Personen durchgeführt werden, andere wie der Tinetti Test oder H.I.L.D.E. sollten nur von Professionen des interdisziplinären Teams nach besonderer Schulung angewandt werden. Beispiele:
Der MMSE ist ein etabliertes Verfahren zur Einschätzung der kognitiven Leistung im klinischen Bereich bei geriatrischen Patienten. Er ist wenig geeignet für Untersuchungen und frühe Erkennung von Demenzen im ambulanten Versorgungsbereich. Ein Einsatz bei instabilen Patienten ohne angemessene Zeit zur Orientierung (z.B. in der Notaufnahme) ist nicht aussagekräftig.
Verfahren zur Sturzrisiko-Erfassung sind methodisch und bezüglich des prädiktiven Zeitraumes völlig unterschiedlich aufgebaut für selbständig lebende Senioren („community dwelling elderly“) als für institutionalisiert lebende Menschen (Krankenhaus, Pflegeheim). Daher sind ähnlich lautende Titel auf Zielgruppe und Einsatzort hin zu überprüfen.
Bereits mit sehr einfachen und kurzen Screening-Tests oder Zusammenstellung von „Mini“-Assessments über 3 Dimensionen (z.B. Barthel Index plus TUG plus GDS) lassen sich Hauptzielgruppen für unterschiedliche medizinische Versorgungsformen recht gut unterscheiden (z.B. Differenzierung zwischen rüstigen und gebrechlichen Patienten vor elektiven Operationen oder Identifikation von geriatrischen Patienten (lt. Definition der DGG) in der Notaufnahme eines Krankenhauses. Diese einfache Einteilung reicht aber selten weder formell noch inhaltlich für eine individualisierte Behandlungsplanung im Rahmen einer medizinisch-geriatrischen Komplexbehandlung.
Sehr vereinfacht gesagt, stellen vor allem Zielgruppen mit komplexem (und in diesem Sinne „geriatrischen Versorgungsbedarf“) vor und nach der stationären Rehabilitation eine neue Herausforderung dar.
Hausarztpraxis
Zielgruppe
Notaufnahme Krankenhaus
Hausarztpraxis bis Mobilitäts-Ambulanz
(GiA?)
Geriatrie (teilmobil, gehfähig, auch Hausbesuch)
Geriatrie (immobil,
nicht gehfähig)
Palliative Versorgung
Abgrenzung Rüstig (Fit) versus preFrail oder Frail
Alle Abklärung preFrail, Frail Komplexbehandlung Frail, Fallen
Komplexbehandlung Frail, Fallen
Chronische Leiterkrankung
Haupterkrankung (z.B. Schlaganfall)
Impact Disease Multimorbidität Multimorbidität Terminale Erkrankung
LUCAS-I-Marker Set, Mobility Tiredness
ISAR STRATIFY
LUCAS-I-Marker Set Sturzrisiko-Check
Mobilitäts-Protokoll
FESI, CAMD LUCAS-Sturzrisiko-Screening
Norton-, Bradenskala
ABS-Skala
TUG, Chair Rise, Tandem TUG, Chair Rise, Tandem TUG, Chair Rise, Tandem Esslinger Transferskala Esslinger Transferskala
Short Performance Battery
Short Performance Battery
Short Performance Battery
Zgg neuro Life Space Assessment
Berg Balance Scale, Tinetti
Ganganalyse (GAITRite®-System)
Berg Balance Scale, Tinetti
Berg Balance Scale, Tinetti
Uhrtest, DemTect, TFDD CAMD, Mini-Cog Uhrtest, DemTect, TFDD, CERAD, Luria
CAMD, Mini-Cog, MMSE, CERAD
CAMD, Mini-Cog, MMSE, CERAD
H.I.L.D.E.
VES-13, ECOG NRS, MUST, Mini-MNA Ernährungsprotokoll, MNA
MNA MNA Wunschkost
VAS, BRS 6 VAS VAS, BRS 6 VAS, BRS 6 VAS, BRS 6 VAS, BRS 6, BESD
PHQ, GDS PHQ, GDS PHQ, GDS PHQ, GDS Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht
CFPS, IADL-Reform PPR CFPS, IADL-Reform IADL, Barthel Index, FIM IADL, Barthel Index, FIM Barthel Index, PPR
CO-OP Charts / EGGA AGAST, AFGiB, (AHA) / HOPE-Instrumentarium,
Tabelle: Instrumente des geriatrischen Assessments und mögliche Einsatzgebiete – Einteilung nach Zielgruppen
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LINKS: Assessment im WorldwideWeb und Referenzen
Arbeitsgruppe Assessment in der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (Vorsitzende: Dr. med. S. Krupp; E-Mail: sonja.krupp@drk-schwhl.de): http://www.dggeriatrie.de/dgg/arbeitsgruppen.html Info-Service zum Assessment mit Beschreibung und Download vieler Instrumente des Kompetenz-Centrums Geriatrie des MDK Nord: www.kcgeriatrie.de/assessment.htm Ausführliche Empfehlungen zum ÖSTERREICHISCHEN GERIATRISCHEN BASISASSESSMENT der österreichischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie von 2011 unter: http://www.geriatrie-online.at/mm/Geriatrie_folder_fertig.pdf Wertvolle Hinweise zu Vorgehen und Instrumenten des geriatrischen Assessments der Geriatrie St. Gallen: http://www.gesundheitundalter.ch/Home/GeriatrischeKlinik/GuidelinesGeriatriekonzept/Assessmentinstrumente/tabid/196/Default.aspx Zertifiziertes Curriculum Geriatrie (Zercur®) des Bundesverbandes Geriatrie für alle Mitglieder des interdisziplinären geriatrischen Teams (Ärzte, Pflege, Therapeuten etc.): http://www.bv-geriatrie.de/index.php?page=bildung Informationen zum 60 Stunden Curriculum Geriatrie für Hausärzte von der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie: http://www.dggeriatrie.de/terminkalender/details/158-Curriculare%20Fortbildung%20Hausärztliche%20Geriatrie.html Informationsseite der KBV zum Hausärztlichen Basisassessment nach EBM 03240 http://www.kbv.de/ebm2013/html/000/N6CE10TD20000H0.html Artikel zum Hausärztlich Geriatrischen Basisassessment (2009 EBM 03240) von W. Knauf (http://www.laekh.de/upload/Hess._Aerzteblatt/2011/2011_04/2011_04_05.pdf Informationen zur Longitudinal Urban Cohort Ageing Study (LUCAS) am Albertinen-Haus, Hamburg: www.geriatrie-forschung.de Tool Kits sowie Apps für Handy und iPad beispielsweise via: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.usbmis.reader.dwtf1 http://www.gobookee.net/geriatric-head-to-toe-assessment-tool/ http://www.healthcare.uiowa.edu/igec/tools/ http://canadiangeriatrics.ca/students/index.cfm/resources/tools-guidelines/ REFERENZEN
Basiswissen Medizin des Alterns und des alten Menschen. Autoren: Rom Andrej Zeyfang, Ulrich Hagg-Grün, Thorsten Nikolaus. Springer Verlag 2007. 314 Seiten.
Checkliste Geriatrie. Autoren: Albert Wettstein, Martin Conzelmann. Thieme Verlag 2001. 520 Seiten.
Geriatrisches Assessment und Testverfahren. Autor / Herausgeber: Henning Freund. Kohlhammer 2009. 199 Seiten.
Geriatrie für Hausärzte. Gabriela Stoppe (Autor), Eva Mann (Hrsg.) (Autor). Huber Verlag 2009. 456 Seiten.
Moderne Geriatrie und Akutmedizin. Autoren: Peter Hien, Ralf Roger Pilgrim und Rainer Neubart. Springer Verlag 2013. 371 Seiten.
Altersmedizin aktuell. Interdisziplinäre geriatrische Versorgung. Prof. Dr. Wolfgang Heiß. Loseblattwerk in 3 Ordnern. Stand 20. Aktualisierung Juli 2011 (wird ca. 4mal im Jahr aktualisiert)
Geriatrie von A bis Z: Der Praxis-Leitfaden. Autoren: Mathias Schuler und Peter Oster. 2008. 320 Seiten.
Weißbuch Geriatrie. Autor / Herausgeber: Bundesverband Geriatrie e.V.. Kohlhammer Verlag 2010. 324 Seiten.
Geriatrisches Basisassessment: Handlungsanleitungen für die Praxis. Arbeitsgruppe Geriatrisches Assessment (Hrsg.). Medizin-Verlag (Schriftenreihe Geriatrie-Praxis) 1997
TEILB : Auswahl von bekannten und neuen Instrumenten nach Lebensphasen (ab Seite 8)
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Vor - Untersuchung: Indikator-Fragen (auch als Selbstausfüller möglich)
Anlass können sowohl routinemäßige Vorsorgeuntersuchungen in regelmäßigen Intervallen sein (bei bisher rüstigen etwa alle 2 Jahre z.B. mit dem Check-Up 35plus), um Rat suchende Patienten (Selbstwahrnehmung von Verschlechterung) oder Überweisung mit Fragestellung (z.B. Abklärung eines ersten Sturzes, Planung elektiver Eingriffe, Planung onkologische Behandlung) oder einfach ein Erstkontakt zu älteren Patienten. Noch vor dem eigentlichen Screening und Assessment helfen Indikatorfragen, grob den Zustand, die Prognose und den Bedarf weiterer Abklärung (ist ein aufwendiges Assessment nötig?) einzuschätzen.
Selbsteinschätzung der Gesundheit und Lebensqualität
Bevor die (altersmedizinische) Untersuchung und Beratung beginnt, hätten wir gerne vorab Ihre ganz persönliche und unbeeinflusste Einschätzung Ihrer Situation – Danke!
Wie geht es Ihnen (gemeint ist Ihre körperliche und seelische Gesundheit)? Wie würden Sie Ihren gesundheitlichen Allgemeinzustand bezeichnen?
Meine Gesundheit ist...
VERSUS 0 Ausgezeichnet 1 Gut 2 Mäßig 3 Schlecht
Bitte geben Sie an, wie Sie Ihre Lebensqualität einschätzen, in Worte fassen:
Meine Lebensqualität ist überwiegend...
VERSUS 0 Ausgezeichnet 1 Gut 2 Mäßig 3 Schlecht
Selbst gefühlte Erschöpfung: Mobility-Tiredness-Score (Avlund et al., ?) *Cave: Für dieses Manual wurde zur Vereinfachung eines Summensores die Itemzählung variiert – vgl. Original - Publikation!
Bitte geben Sie an, ob Sie sich nach einer dieser Tätigkeiten ungewohnt erschöpft oder müde fühlen:
JA, ich fühle Erschöpfung, wenn ich...
6 aus einem Stuhl oder Bett aufstehe
5 in der Wohnung umhergehe
4 nach draußen gelangt bin
3 30 Min draußen umhergehe (bei gutem Wetter)
2 30 Min draußen umhergehe (bei schlechtem Wetter)
1 Treppen steigen
VERSUS
0 Nein, diese Aussagen treffen alle nicht zu: Ich fühle mich unverändert vital.
FAZIT der Vor-Untersuchung
0 bis 2 Punkte=Stabil, beim regulären Check Up Screening (z.B. LUCAS-I Marker Set)
3-5 Punkte = Screening und Verlaufsbeobachtung
6 bis 12 Punkte=Indikator Exhaustion, Screening und Assessment. Besonders beim Wechsel aus 0-2
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Wahrnehmung geminderte körperliche Belastbarkeit: Adaptation COOP-Charts Bitte geben Sie an, ob Sie sich nach einer dieser Tätigkeiten ungewohnt erschöpft oder müde fühlen
Körperliche Leistungsfähigkeit Während der letzten 2 Wochen...: Welches war die stärkste körperliche Belastung, die Sie ausgeübt haben und für mindestens zwei Minuten durchhalten konnten?
0 Sehr starke Belastung, z. B. schnell rennen. (0 = keine Einschränkungen)
1 Starke Belastung, z. B. langsam laufen, joggen
2 Mäßige Belastung, z. B. zügig gehen
3 Leichte Belastung, z. B.Spazierengehen
4 Sehr leichte Belastung, z. B. nur langsam gehen oder unfähig zu gehen.
Einstieg in die Anamnese: Eigene Erklärung aktueller Veränderung
Merken Sie an sich selbst in den letzten Monaten ungute Veränderungen?
2 JA, deutlich 1 Bin unsicher, es geht AUFund AB 0 NEIN, gar nicht
Glauben Sie, diese Veränderungen sind eher Folge von...
0 keine Ahnung – sagen Sie es mir!
1 normale Alterserscheinungen
2 körperliche Belastungen / Krankheit / Unfall
3 seelische Belastungen / Krankheit
4 familiäre Belastungen
5 Nebenwirkungen medizinischer Behandlung
Medizinische Anamnese: Vom Patienten genannte Problembereiche können eingangs abgehandelt werden. Allerdings besteht dann die Gefahr einer vorschnellen Einengung der Diagnostik/unkritischen Übernahme
von Erklärungen (Merke, es ist NIE allein das Alter)!
Je nach Hypothese orientierende Medizinische Befunderhebung, z.B. neurologischer Status: Es spart Ressourcen, die Entscheidung für oder gegen eine weitere/ delegierende medizinische Abklärung (z.B.
Überweisung Facharzt, Bildgebung) vom Gesamtergebnis des Assessments abhängig zu machen (therapeutische Konsequenz?)
Als rüstig (LUCAS FIT) identifizierte Personen > Gesundheitsförderung/Primärprävention delegieren Als gebrechlich (LUCAS (pre-)FRAIL) identifizierte Personen > umfassendes Assessment und med. Diagnostik
Als hilfe-/pflegebedürftig identifizierte Personen > Prognose? (siehe auch § 31 SGB XI „Vorrang der geriatrischen Rehabilitation vor Pflege“)
> Überlegung zur stationären geriatrischen Behandlung oder Einleitung der pflegerischen Versorgung http://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/31.html
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SCREENING: Einteilung in Zielgruppen im ambulanten Versorgungsbereich LUCAS I Marker-Set (prädiktiv sowohl für Tod und Pflegebedürftigkeit) Dapp et al. 2012)
Die Anwendung als Selbstausfüller-Fragebogen ist schnell und einfach, die klinische Validität (Performance im Assessment, klinische Relevanz) und Prädiktivität (funktionelle Verschlechterung, Versterben oder Eintritt von Pflegebedürftigkeit in den nächsten 2 Jahren) sind gut. Erstpublikation und Fragen frei herunterzuladen unter: http://www.albertinen.de/krankenhaeuser/geriatrische_klinik/leistungsspektrum/lucas Bild 5: Schematische Darstellung der Klassifizierung mittels gesundheitlicher Reserven und Risiken
Achtung: Die Anwendung ist beschränkt auf die Mehrheit der älteren Bevölkerung vor dem Auftreten funktioneller oder schwerer mentaler Einschränkungen – nicht für den Einsatz in Krankenhaus oder Pflege Referenzen: Dapp U, Anders J, Golgert S, von Renteln-Kruse W, Minder CE: Ressourcen und Risiken im Alter: Die LUCAS Marker zur Klassifizierung älterer Menschen als FIT, preFRAIL und FRAIL. Validierung und erste Ergebnisse aus der Longitudinalen Urbanen Cohorten Alters Studie (LUCAS). Z Gerontol Geriatr. 2012 Jun;45 (4):262-70. doi: 10.1007/s00391-012-0311-9 Anders J, Pröfener F, Dapp U, Golgert S, Daubmann A, Wegscheider K, von Renteln-Kruse W, Minder CE: Grauzonen von Gesundheit und Handlungsfähigkeit. Erfahrungen und Aufschlüsselung durch erweiterte Assessments in der Longitudinalen Urbanen Cohorten-Alters-Studie (LUCAS). Z Gerontol Geriatr 2012; 45:271-278.
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Update Assessment / Longitudinal Urban Cohort-Ageing Study (LUCAS I +II) Gefördert vom BMBF 2007–2013 (Förder-Nr. 01ET0708 und 01ET1002A) / J. Anders©2013
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E ADL: Ausbau von Reserven, z.B. durch körperliche Aktivität
Erfassung von Aktivitäten und deren Aufschlüsselung nach Trainingsqualitäten zur Beratung und individuellen Ableitung von Empfehlungen zur körperlichen und sozialen Aktivität im Alter nach der mit dem „Bewegungsprotokoll“ zum Einsatz in dynamisierenden Kleingruppen im Rahmen von Beratungsveranstaltungen nach dem Programm „Aktive Gesundheitsförderung im Alter“. Bild 6: Bewegungsprotokoll
Entnommen dem gleichnamigen Buch zum Programm „Aktive Gesundheitsförderung im Alter“ - Nähere Informationen und freie Auszüge zum Herunterladen unter: http://www.albertinen.de/krankenhaeuser/geriatrische_klinik/leistungsspektrum/gesundheitsfoerderung_im_alter
Bewegungsprotokoll Datum: ____ ____ _______ □R □N □A
____________________________________________________________________________________________________ Vorname,Name:___________________________ Stadtteil:_________________ Sehr geehrte/r Teilnehmer/in, dieses Blatt soll helfen, Ihre Möglichkeiten zu mehr körperlicher Bewegung zu beschreiben und Tipps der Gesundheitsberater dazu festhalten.
Nun würden wir gerne von Ihnen wissen, welche Aktivitäten Sie wie häufig betreiben: Spaziergänge
□ nie □ 2-3mal pro Woche □ 4-5mal pro Woche □ täglich
Garten oder Balkon pflegen
Hausarbeiten und Einkäufe
□ nie □ leichte Arbeiten □ Kochen □ schwere Arbeiten
Freizeit und Hobbies
Regelmäßig durchgeführte Sportarten
Haben Sie Herz-Kreislauferkrankungen? Bitte benennen!
Leiden Sie unter schmerzenden Gelenken? Wenn ja, welche?
Gibt es auch Sportarten oder Aktivitäten, die Sie nicht ausüben können oder möchten?
Wozu hätten Sie Lust, was wollten Sie schon immer mal ausprobieren?
Nach Ihren Angaben tun Sie viel für Ihre Ausdauer Balance Kraft.
Zu kurz kommt Ihre Ausdauer Balance Kraft. Wichtig ist es, Bewegung regelmäßig, am besten täglich, in den Tagesablauf einzuplanen. Vorrangig rät Ihr Experte für Bewegung zum Training Ihrer
1)
Wenn Ihnen das nicht reicht , wäre hier eine zusätzliche Alternative für Ihre
2)
Folgende zusätzliche Freizeitaktivitäten kommen Ihren persönlichen Interessen entgegen:
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Update Assessment / Longitudinal Urban Cohort-Ageing Study (LUCAS I +II) Gefördert vom BMBF 2007–2013 (Förder-Nr. 01ET0708 und 01ET1002A) / J. Anders©2013
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Allein als SCREENING oder Teil des Assessments/Dimension Mobilität: Sturzrisikocheck (prädiktiv sowohl für das Sturzrisiko als auch für Frailty, Anders et al. 2006)
Original der Hamburger Fassung mit umfangreichen Anmerkungen frei erhältlich bei der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz der Freien undHansestadt Hamburg (Hrsg): Sicher gehen – weiter sehen: Bausteine für Ihre Mobilität. Ein Ratgeber für selbständig lebende ältere Bürgerinnen und Bürger. Hamburg, 5. Aufl. 2012. Herunterzuladen unter: http://www.hamburg.de/gesundheit-im-alter/843998/sturzpraevention-im-alter.html Bild 7: Screenshot des umfangreichen Hamburger Manuals
Bild 8: Screenshot der Deutschen Kurzversion gegen geringe Schutzgebühr erhältlich unter http://www.osteoporose.org/news.php?id=62
Der einfachste und sicherste Prädiktor für Stürze und funktionelle Verluste im Jahresverlauf ist die Sturzangst oder subjektiv empfundene Gangunsicherheit, die oft deutlich vor dem ersten Sturzereignis auftritt. Stolper- oder Beinahe-Stürze wiederum treten meist mehrfach vor einem Sturz mit Verletzungsfolge auf. Eine Differenzierung von einer subjektiven Unsicherheit aufgrund veränderter körperlicher Verfassung ist differentialdiagnostisch abzugrenzen von Ängsten mit zentraler Genese, etwa als Leitsymptom eines Normaldruckhydrozephalus (Trias Ängstlichkeit, Inkontinenz, charakteristische Gangbildveränderung) oder bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Spätfolgen einer Traumatisierung.
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Update Assessment / Longitudinal Urban Cohort-Ageing Study (LUCAS I +II) Gefördert vom BMBF 2007–2013 (Förder-Nr. 01ET0708 und 01ET1002A) / J. Anders©2013
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Auszug Biographie: Risikofaktor kritische Lebensereignisse / Trauma
Stressoren / CLE erhoben L = leer / unauffällig
Offene INDIKATORFRAGE: Gibt es kritische Lebensphasen / -ereignisse, die Sie auch heute noch belasten oder jetzt wieder vermehrt beschäftigen? Sind in jüngster Zeit besondere Belastungen hinzugekommen?
0 NEIN, mein Leben verlief weitgehend ohne schwere Ereignisse.
1 NEIN, es gab schwere Zeiten, aber die beschäftigen mich nicht weiter. 2 JA, es gab schwere Zeiten oder Ereignisse, die mich immer belastet haben. 3 JA, es gab schwere Zeiten oder Ereignisse, die mich im Alter vermehrt belasten.
4 JA, jetzt / im letzten Jahr sind erhebliche Sorgen hinzugekommen!
C = Coping / verarbeitet T = Trauma / unverarbeitet
Rat Hausarzt PSGV Rat Seelsorge Rat Neurologe / Psychiater Rat Psychotherapeut Rat Institutsambulanz Rat Beratungsstelle Brücke Rat Zeitzeugen Rat Schreibwerkstatt
Psyche: Stimmung (PHQ 9 – Patient Health Questionnaire, Kurzform der deutschen Fassung) Autorisierte deutsche Langfassung, Manual und Kurzform erhältlich unter: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/Psychosomatische_Klinik/download/PHQ_Manual1.pdf http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/Psychosomatische_Klinik/pdf_Material/PHQ_Kurz_Fragebogen1.pdf
PHQ erhoben Unauffällig
Schlafstörung Schlaftagebuch Müdigkeit / Fatigue Ausschluss konsumierende Erkrankung
Angststörung Rat Beratungsstelle Brücke Paniksyndrom Rat Hausarzt und Facharzt
Depression minor Rat Hausarzt Depression major Rat Hausarzt und Facharzt Freude auf die nächsten Jahre sicher mit Einschränkung Suizidalität latent Vertrag und Rat Hausarzt
Suizid akut Notfallinfo Hausarzt
Psychiatrischer Notfall / Einweisung? Auszug aus der Kurzform PHQ – D: neben Depressionen werden Schlafstörung, Müdigkeit, Ängste und
eine eventuelle Suizidalität erfragt - daher ist gegenüber dem GDS der Informationsgewinn höher.
1. Wie oft fühlen Sie sich im Verlauf der letzten 2 Wochen durch die folgenden Beschwerden beeinträchtigt?
Gar Nicht
An einzelnen
Tagen
An mehr als der Hälfte
der Tage
Beinahe jeden Tag
c) Schwierigkeiten, ein- oder durchzuschlafen, oder vermehrter Schlaf?
d) Müdigkeit, oder Gefühl, keine Energie zu haben?
i) Gedanken, dass Sie lieber tot wären oder sich Leid zufügen möchten?
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E ADL: Mobilität und Vermeidungsverhalten
Das Mobilitäts-Protokoll ist eine überarbeitete und erweiterte Fassung des „Fear of falling questionnaire“ von Tideiksaar et al. Es zeigt sehr früh ein verändertes Verhalten im E ADL-Bereich an. Der Einsatz ist daher auf Personen beschränkt, die noch keine schwerwiegenden funktionellen Defizite haben, aber im Screening auch nicht mehr rüstig erscheinen. Es ist hilfreich für die Planung von Diagnostik und Behandlung im Rahmen eines ambulanten geriatrischen Assessments, erfordert aber Zeit und Erfahrung. Es gibt Versionen als Interview und als Selbstausfüller-Fragebogen. Davon werden hier Auszüge gezeigt. Unsicherheiten oder Probleme bei gewohnten Aktivitäten sind wichtige medizinische Hinweise: Bitte kreuzen Sie an, ob Sie bestimmte Aktivitäten IMMER vermeiden (also z.B. das Radfahren aufgegeben haben) oder AB und ZU vermeiden (d.h. nicht mehr so selbstverständlich ausführen wie in den Vorjahren). Wenn Sie unverändert aktiv sind, kreuzen Sie bitte folgerichtig an: „Ich vermeide es,...NIE. 1. Ich vermeide Fernreisen mit dem Zug oder Flugzeug.
2. Ich vermeide es, S- oder U-Bahn zu fahren.
3. Ich vermeide es, Bus zu fahren.
4. Ich vermeide es, Fahrrad zu fahren.
2 IMMER 1 AB und ZU 0 NIE
Warum ? Angst zu fallen keine Ausdauer
keine Kraft Schmerzen Sehbehinderung keine Lust, gehört nicht zu meinen Gewohnheiten ..... 11. Ich vermeide es, schwere Einkäufe (Wocheneinkäufe) zu besorgen.
16. Ich vermeide es, Treppen abwärts zu steigen.
21. Ich vermeide es, aus der Dusche / Badewanne zu steigen, zu duschen / baden.
Hintergrund ist die Erfahrung, das erstens eine solch subtile Verhaltensänderung im Alter ernste ursachen haben kann und zweitens durch Trainingsverluste Folgeschäden entstehen („use it or loose it“).
Ebene 1 der Alltagsbewältigung (CS-PFP 10): Continuous Scale Physical Functional Performance Test
Continuous Scale Physical Functional Performance Test (C) Der erste Schritt zur Prävention von funktionellem Abbau im Alter ist das frühzeitige Erkennen von beginnenden Defiziten. Oft sind die ersten Defizite so klein, dass es spezieller Messmethoden bedarf, um sie zu erkennen. Das Basel Mobility Center hat ein zertifiziertes Zentrum für den CS-PFP 10 Test. Die Umrechnung der erhobenen Befunde in numerische Daten erlaubt eine kontinuierliche Skalierung. Der CS-PFP 10 ist ein standardisiertes, validiertes, international angewandtes Assessment zur objektiven Messung körperlicher Alltagsfunktionen bei älteren Menschen. Der Test besteht aus zehn standardisierten Alltagsaufgaben, welche in einer vorgegebenen Reihenfolge mit steigendem Intensität- und Schwierigkeitsgrad durchgeführt werden und ungefähr eine Stunde dauert. Damit ist eine Untersuchung in einem besonders vorbereiteten Setting Voraussetzung. Informationen für die deutschsprachige Version unter: http://www.unispital-basel.ch/das-universitaetsspital/bereiche/medizin/kliniken-institute-abteilungen/akutgeriatrie/angebot/basel-mobility-center/basel-mobility-center/continuous-scale-physical-functional-performance-test/
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Update Assessment / Longitudinal Urban Cohort-Ageing Study (LUCAS I +II) Gefördert vom BMBF 2007–2013 (Förder-Nr. 01ET0708 und 01ET1002A) / J. Anders©2013
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Ebene 2 der Alltagsbewältigung (I ADL): I ADL-Reform
Empfohlen wird die Items des bekannten Instruments von Lwaton & Brody (1969) mit der erweiterten Skala nach Inglin (2007) auszuwerten, da so bereits frühe Probleme erfasst werden. http://www.gesundheitundalter.ch/Portals/3/media/geriatrische/PDF/IADL-Test.pdf Da zunehmend eine Arbeitsteilung im Haushalt unter Geschlechtern beginnt, wird eine unterschiedliche Bewertung der Befunde nach biologischem Geschlecht nicht mehr empfohlen. http://consultgerirn.org/uploads/File/trythis/try_this_23.pdf
Bild 9: Anwendbarkeit des I ADL durch neuen Bewertungsmaßstab bei allen Zielgruppen
Ambulante Patienten mit neu aufgetretenen Problemen im IADL-Bereich können zur Beratung auch an die neu eingerichteten, kommunalen Pflegestützpunkte überwiesen werden – ohne gleichzeitg die dringend notwendige, medizinische Abklärung zu vernachlässigen! http://www.hamburg.de/contentblob/3585644/data/pfp-eckpunkte-rahmenprogrammgaw.pdf Da bei Defiziten in diesem Bereich oft ambulante Dienstleistungen in Anspruch genommen werden, werden zur Planung im Sozialbereich vermehrt Daten zu dieser Ebenen des täglichen Lebens erhoben, etwa vom Centre for Disease Control and Prevention (CDC):
Im Cache
Bild 10: Personen mit der Neigung zum „gefährlichen Altern“ (Frailty) erkennen und reagieren
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Ebene 1 der Alltagsbewältigung (B ADL): Barthel Index, FRB, FIM Eine grafische Darstellung des bekannten Barthel Index kann Teambesprechungen vereinfachen. Das Vorhandensein (der Badehocker im Keller), die Nutzung (der geliehene Gehstock) oder der Bedarf (professionell eingestellter Gehwagen) von Hilfsmitteln sollten differenziert erhoben werden. Beispiele sind zu benennen, da gebrechliche Personen mangels Alternative oft Gegenstände zu Hilfsmitteln umfunktionieren (z.B. die Grillzange als Greifarm oder der Teewagen als Gehhilfe). Bild 11: Die Grafische Darstellung des Barthel-Index macht Verläufe und primäre Defizite sichtbar
Sowohl das kurze Formblatt als auch die Erläuterungen sind frei erhältlich, z.B. unter: http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/kodesuche/onlinefassungen/htmlgm2013/zusatz-06-barthelindex.htm http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/systematik/hamburger-manual-nov2004.pdf Für den Bereich Frührehabilitation dient der kurze FRB nach Schönle: http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/kodesuche/onlinefassungen/htmlgm2013/zusatz-08-frb-schoenle.htm http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/systematik/fruehreha.pdf (Originalarbeit) Die neue, erweiterte Fassung des BI berüchsichtigt ähnlich wie der FIM auch die kognitive Verfassung: http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/kodesuche/onlinefassungen/htmlgm2013/zusatz-07-erwbarthelindex.htm Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Form mehrere Dimensionen abbildet (hohe Praktikabilität), andererseits immer weniger Professionen ihre Expertise einbringen und damit weniger für Dimensionen wie Kognition, Ernährung oder psychische Gesundheit sensibilisiert werden. Um Kompetenzen in geriatrischen Teams zu erhalten (oder bei jungen Assistenzärzten zu entwickeln) ist eine arbeitsteilige Delegation von Teilen des Assessments (Einsatz verschiedener Instrumente oder von Instrument-Anteilen wie dem FIM Motorik mit höherer Aussagekraft) nach Möglichkeit vorzuziehen. Dagegen eignen sich die komplexen Instrumente wie der FIM besonders für Fragen des Qualitätsmanagments über große Patientenzahlen: http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/kodesuche/onlinefassungen/htmlgm2013/zusatz-09-fim.htm Eine Alternative z.B. für die hausärztliche Begleitung von pflegebedürftigen Patienten im Pflegeheim oder in Laienpflege ist die Pflegeabhängigkeitsskala im Rahmen des Pflegegesetzadaptierten Basisassessments (PGBA): http://www.geriatrie-bochum.de/assessment/index.htm?http://www.geriatrie-bochum.de/assessment/assessment_pgba.htm
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10Einnahme Essen
Transfer
Körperwäsche
Toilettennutzung
Baden/Duschen
Aufstehen/50 m Gehen
Treppen (1 Stockwerk)
An-/Auskleiden
Stuhlkontrolle
Harnkontrolle
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Ebene 1: Befindlichkeit von Personen mit demenziellen Erkrankungen Während oben vor allem Instrumente und Verfahren für die Früherkennung und Prävention im ambulanten VB beschrieben wurden, sind auch neue geriatrische Versorgungsformen neben der „klassischen“ Akutgeriatrie, medizinisch-geriatrischer Komplexbehandlung oder Rehabilitation entstanden, die hier nur angerissen werden können. Eine besondere Herausforderung stellen hierbei entsprechend nicht Decken-Effekte der AGAST-Instrumente dar, sondern Boden-Effekte (z.B bei höhergradiger Immobilität). Bei nicht-gehfähigen Personen bitet sich z.B. der Ersatz des Timed Up&Go Tests durch die Esslinger-Transferskala an, die zudem noch den pflegerischen Aufwand abbildet (z.B. Infroamtionen unter http://www.laekh.de/upload/Hess._Aerzteblatt/2011/2011_04/2011_04_05.pdf oder in Runge M, Rehfeld G: Geriatrische Rehabilitation im Therapeutischen Team. Thieme, Stuttgart. 2. Auflage, 2001). Eine weitere Herausforderung ist die Befunderhebung inklusive Erfassung und Verlaufsbeurteilung der Lebensqualität bei Personen, die dazu selbst keine Angaben machen können z.B. bei demenziellen Erkrankungen im fortgeschrittenen Stadium. Wegweisen sind hierzu umfangreiche, eigenständige Assessmentverfahren wie die BESD (http://www.palliativ-portal.de/images/pdf/astup_schmerz.pdf) oder H.I.L.D.E. aus der Projektgruppe um Pro. A. Kruse (H.I.L.D.E. Heidelberger Instrument zur Erfassung der Lebensqualität Demenzkranker (2003-2009) Informationen unter: http://www.gero.uni-heidelberg.de/forschung/hilde.html). Eine Annährung im Sinne eines Screenings stellt die Albertinen-Befindlichkeitskala dar, die durhc passiv teilnehmende Beobachtung (zusätzlicher Aufwand ca. 3 Minuten pro Woche und Bewohner) von der Bezugspflegekraft ermittelt wird. Bild 12: Die Grafische Darstellung der ABS macht individuelle Verläufe und Gruppenvergleiche möglich
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Soziale Situation Um kurz das soziale Netz zu erfassen, bietet sich die Frage nach einem möglichen Care Giver (Laien-Pflege) an: Cave – Patienten können bei offenen Fragen schlecht zwischen emotionaler und funktionaler Unterstützung unterscheiden. Untermauern Sie daher bitte mit konkreten Beispielen wie diesen Fragen. INDIKATORFRAGEN: Zunächst geht es darum zu erfahren, ob und welche Beziehungen zu anderen Menschen für Sie eine Unterstützung darstellen. Emotionale Unterstützung (wenn Sie mal Ihr Herz erleichtern wollen)
erfahren Sie bei wem? _________________________________________________________
Nun geht es darum, zu erfahren, ob und welche Menschen Sie tatkräftig unterstützen würden, wenn Sie z. B. einmal durch eine Erkrankung zwei bis drei Wochen auf Hilfe angewiesen wären. Wer könnte für Sie ... Einkaufen gehen (I ADL), Kochen (I ADL), Ihnen Essen oder Getränke anreichen ( B ADL) Sie waschen / beim Duschen oder Ankleiden helfen (B ADL)?
Hat diese oder andere Personen eine offizielle Vollmacht, Sie und Ihre Interessen zu vertreten? Teilvollmacht (z.B. Finanzen) Vorsorgevollmacht (alle Bereiche oder als behördlicher Betreuer eingesetzt)
ferner Betreuungsvorausverfügung oder Patientenverfügung geben Aufschluss über Patientenwillen
Bild 13: Stufen der sozialen Vorsorge und Betreuung
Fragebogen Soziale Situation ist frei herunterzuladen unter http://www.kcgeriatrie.de/downloads/instrumente/sos.pdf Teil 1: Soziale Kontakte und Unterstützung Praxistipp: s.o. – Differenzierung in emotionale und funktionale Unterstützung / Bezugspersonen Teil 2: Soziale Aktivitäten Praxistipp: oft unterschätzt hier beginnt der Rückzug bei psychischen Leiden oder Gebrechlichkeit Teil 3: Wohnsituation Praxistipp: hier unbedingt qualitativ die Barriere-Freiheit beurteilen oder Ergotherapeuten hinzu ziehen (der Grenzwert berücksichtigt stark schlechte Wohnverhältnisse, die glücklicherweise selten geworden sind z.B. Wohnungen ohne Heizung) Teil 4: Ökonomische Verhältnisse Praxistipp: als Einstieg genügen orientierende Fragen, das tatsächlich zur Verfügung stehende Vermögen wird ungern beim Erstkontakt angegeben – im Zweifel soziale Beratung einleiten (Merke: Bedürftige Patienten stellen sich aus Scham oft besser da; Wohlhabende schlechter).
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Ernährung (MNA) Abwechslungsreich ernährt: MNA= 24 bis 30 Punkte Fehlerernährung (z.B. Proteinlücke oder zu wenig Gemüse oder Trinkmangel) Risiko der Mangelernährung: MNA < 23,5 Punkte Manifeste Mangelernährung: MNA < 17 Punkte Manifeste Unterernährung: BMI < 19 Ernährungsbezogene Erkrankung > Ernährungsberatung Langform http://www.dgem.de/ernaehrungsteams/download/scores/MNA_german.pdf Informationen, Publikationen und Formblätter frei herunterzuladen unter: http://www.mna-elderly.com Neues, vereinfachtes Screening für die Klinik http://www.mna-elderly.com/forms/mini/mna_mini_german.pdf Klinische Verlaufsbeurteilung Für den Verlauf ist es entscheidend, ob a) Risikofaktoren beseitigt werden können und b) der Patient wieder mehr Nahrung zu sich nehmen kann. Dazu eignen sich einfache Dokumentationshilfen für die Fachpflege. Bild 14: Dokumentationsbogen zur einfachen Erfassung der Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr
Zugrunde gelegt wird hier die untere Nährstoffzufuhrgrenze anhand des MNA, bei Unterschreiten muss also an die Gabe von Supplementen oder andere Ernährungsformen gedacht werden. Dagegen umfassen die Empfehlungen für eine abwechslungsreiche Vollkost, die gesundheitliche Reserven ausbaut, wesentlich mehr Einheiten, z.B. 5 Portionen Gemüse und Obst täglich.
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Belastung durch Schmerzen (VAS, BRS 6)
Schmerz erhoben 0 schmerzfrei 1 geringe Schmerzen Chronifizierung vermeiden 2 chronisches Schmerzproblem Psychische Auslöser / Folgeerscheinungen berücksichtigen Schweregrad durch Auswirkungen auf andere Dimensionen der Gesundheit (z.B. Mobilität) erfassen! 3 akut stärkste Schmerzen Einleitung von Schmerzbehandlung
VAS (Visuelle Analog Skala, in verschiedenen Fassungen erhältlich z.B. mit Versorgungsleitlinie unter http://www.versorgungsleitlinien.de/praxishilfen/ks_praxis/nrs-vas.pdf) oder unter http://www.geriatrie-bochum.de/gif/bild_visuelle_analog_skala.gif Indikatorfrage: Haben Sie heute Schmerzen?
1JA 0NEIN
VAS: Wenn ja, wie stark sind diese Schmerzen?
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
(kein Schmerz) (denkbar schlimmster Schmerz)
BRS6: Haben Sie immer oder an mehreren Tagen im Monat Schmerzen?
1JA 0NEIN
2 Ich verspüre häufig oder immer Schmerz, kann ihn aber leicht ignorieren 3Ich verspüre häufig oder immer Schmerz, den ich nicht verdrängen kann, aber mein Alltag wird
davon nicht beeinflusst 4Ich verspüre immer oder häufig Schmerz, er läßt sich nicht verdrängen und beeinträchtigt meine
Aufmerksamkeit und meine Freizeitaktivitäten 5Ich verspüre immer oder häufig Schmerz, er läßt sich nicht verdrängen und beeinträchtigt alle
meine Aktivitäten. Nur einfache Alltagsverrichtungen wie Essen oder der Toilettengang sind noch möglich.
6Der Schmerz ist immer oder fast immer da, ich kann Ihn nicht verdrängen und muss die meiste Zeit ruhen oder im Bett bleiben.
Beschreiben Sie bitte die Art/Qualität der Schmerzen: __________________________________________________________________________
Praxistipp: bei zeitlichem Zusammenhang an medikamentöse Myopathie denken (last in, first out)
Statine in der Medikation? 1JA 0NEIN
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Morbidität: Bekannte Erkrankungen nach ICD 10
Multimorbidität mit negativer Synergie oder neue Erkrankungen, die rasch mehrere
gesundheitliche Dimensionen beeinträchtigen (Impact Disease), können bei vulnerablen älteren Menschen eine Kaskade beschleunigter funktioneller Verluste auslösen (Frailty)..
Bild 15: Erkrankungen aus vielen medizinischen Formenkreisen können Frailty auslösen
Bild 16: Vereinfachtes Schema nach Whitson H et al., J Gerontol Biol Sci Med Sci 2007; 62A(7): 728-730 zu der Entwicklung von Gebrechlichkeit
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Medikation: Sichtung nach ATC 2011 und Empfehlungen
Multimedikation kann Nebenprodukt einer Multimorbidität sein. Eine Medikamentensichtung (im ersten Schritt delegierbar an Apotheken, Arzthelferin oder Pflegekräfte) schafft Übersicht und meist Anreize zur Vereinfachung (Doppelverordnung, Fehldosierung, vereinfachte Darreichungsformen). Neben den hausärztlich verordneten Medikamenten sind gezielt mit Bespielen zu erfragen, zu berücksichtigen und in einen Plan mit den Patienten einzutragen:
Fachärztliche Verordnungen (Potential für interdisziplinäre Abstimmung, ein „verstecktes Ärztehopping“ kann Hinweis auf Verunsicherung des Patienten sein
Selbst gekaufte oder von Angehörigen besorgte Präparate aus dem Internet, dem Ausland, Drogeriemärkten oder dubiosen Bezugsquellen nehmen zu!
Bild 17: Medikamenten-Plan für Klienten im Programm “Aktive Gesundheitsförderung im Alter“
Anthropometrische Daten erhoben Daten erfragt
kg Körpergewicht
cm Körpergröße Body Mass Index
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Quelle: J. Anders, EGGA TP3 LUCAS II
Management von Multimedikation: Entscheidungsdiagramm
Sichtung Medikation
Frei erworbene Medikamente n =Ärztlich verordnete Medikamente n =
Ablehnung / kein Material zur Sichtung
Mediz.Indikation plausibel n =
Symptomatische Indikation / unsichere Medizinische Indikation n =
Absetzen
Ausschleichen
Bedarfsmedikation
Alternative Medikation____________________ Alternative Behandlung____________________ Alternative Medikation____________________ Alternative Behandlung____________________
Zwischensumme Ärztlich verordnete Medikamente n =
Fortführung unverändert n =
Fortführung mit Anpassung n =
Interaktionsrisiko erhöht n =
PIM* Alert n =*laut PRISCUS 2011
Bleibende Ärztlich Verordnete Medikamente n =
UAW Verdacht n =
Dosisreduktion Absetzen Einnahmeregime Darreichung
Alternative Medikation____________________ Alternative Behandlung
Dosisreduktion Absetzen Einnahmeregime Darreichung
Dosisreduktion Absetzen Einnahmeregime Darreichung
Dosisreduktion Absetzen Einnahmeregime Darreichung
Alternative Medikation____________________ Alternative Behandlung
Alternative Medikation____________________ Alternative Behandlung
+ freie Medikamente n =
Management von Multimedikation: Entscheidungsdiagramm
Sichtung Medikation
Frei erworbene Medikamente n =Ärztlich verordnete Medikamente n =
Ablehnung / kein Material zur Sichtung
Mediz.Indikation plausibel n =
Symptomatische Indikation / unsichere Medizinische Indikation n =
Absetzen
Ausschleichen
Bedarfsmedikation
Alternative Medikation____________________ Alternative Behandlung____________________ Alternative Medikation____________________ Alternative Behandlung____________________
Zwischensumme Ärztlich verordnete Medikamente n =
Fortführung unverändert n =
Fortführung mit Anpassung n =
Interaktionsrisiko erhöht n =
PIM* Alert n =*laut PRISCUS 2011
Bleibende Ärztlich Verordnete Medikamente n =
UAW Verdacht n =
Dosisreduktion Absetzen Einnahmeregime Darreichung
Dosisreduktion Absetzen Einnahmeregime Darreichung
Alternative Medikation____________________ Alternative Behandlung
Dosisreduktion Absetzen Einnahmeregime Darreichung
Dosisreduktion Absetzen Einnahmeregime Darreichung
Dosisreduktion Absetzen Einnahmeregime Darreichung
Dosisreduktion Absetzen Einnahmeregime Darreichung
Dosisreduktion Absetzen Einnahmeregime Darreichung
Dosisreduktion Absetzen Einnahmeregime Darreichung
Alternative Medikation____________________ Alternative Behandlung
Alternative Medikation____________________ Alternative Behandlung
+ freie Medikamente n =
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Untersuchung Teil 3: Beispiele für Performance-Tests
Mittel der Wahl im ambulanten FB und teilstationärer, geriatrischer Komplexbehandlung (mindestens Teilmobilität erhalten wie gehen frei oder mit Gehhilfe) ist die Short Performance Battery (Guralnik et al. A short physical performance battery assessing lower extremity function: association with self-reported disability and prediction of mortality and nursing home admission. J Gerontol 1994; 49: M85–94). Das Originalinstrument kann gebührenfrei von der Webseite der Oklahoma Foundation for Medical Quality (OFMQ) herunter geladen werden: http://www.ofmq.com/user_uploads/Berg%20Balance%20Scale.doc Die deutsche Version steht kostenlos auf der Webseite der Physio‐Akademie zur Verfügung: http://www.physioakademie.de/fileadmin/user_upload/Testhandbuch/BBS_German_Version_23.11.2005_Version_f_r_ Webseite.pdf Die Tests wie Untersuchung der posturalen Kontrolle lassen sich bei entsprechender verlängerung der Untersuchungszeit aufsplitten, durch andere standardisierte Verfahren ersetzten oder die Gehprobe durch den Timed Up & Go test erstetzen – in Anbhängigkeit von der Zielsetzung (Einzelfall versus epidemiologische Studie, Befunderhebung versus medizinische Abklärung) sowie der Erfahrung der Untersucher. Mehrere Übersichtsarbeiten der letzten Jahre geben dazu Hilfestellung (z.B. Freiberger et al. Performance-based physical function in older community-dwelling persons: a systematic review of instruments. Age and Ageing 2012; 0: 1–10, doi: 10.1093/ageing/afs099).
Posturale Kontrolle (Stand)
Posturale Kontrolle erhoben Posturale Kontrolle völlig intakt
Schluss-Stand perfekt unsicher nicht möglich Blind-Stand perfekt unsicher nicht möglich Soft-Blind-Stand perfekt unsicher nicht möglich Semi-Tandem-Stand perfekt unsicher nicht möglich Tandem-Stand perfekt unsicher nicht möglich Airex-Balken perfekt unsicher nicht möglich
Die Untersuchung wird ergänzt durch Messung der Handkraft, die nicht nur Aufschluss gibt über die Funktion der oberen Extremität, sondern assoziiert mit der Gesamtmuskulatur und prädiktiv ist für die Funktionalität im Verlauf (Philipps P. Grip strenght, mental performance and nutritional status as indicators of mortality risk among female geriatric patients. Age Ageing 1986;15:53-56).
Muskelkraft
Muskelkraft erhoben Keine Kraftminderung leichte Kraftminderung Sarkopenie
Handkraft im Soll Minderung Immobilisierungsgrenze
kPa (Maximum links) kPa (Maximum rechts)
Dominante Hand: links rechts
Beinkraft perfekt (5mal in 10 sek.) zu langsam Abstützen/Abbruch
Chair-Rise: Wiederholungen in Sekunden
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Mobilität: Gangprobe
Gangprobe erhoben Gangprobe unauffällig
Timed Up & Go Test (< 10sek) perfekt zu langsam Sturzgefahr /Abbruch
TUG in Sekunden
Weiterer Aufschluss ergibt sich durch die Beobachtung von Funktionen, die vorab im Interview abgefragt wurden, z.B. „sich bücken, um etwas vom Boden aufzuheben. Für die frühe, medizinische (kausale) Abklärung und Behandlungsplanung von Gangunsicherheit (präkklinisches Stadium pre-Frail) oder Gangstörungen (Frailty-Syndrom oder Indikationsspezifische Gangstörungen wie Normaldruck-Hydrozephalus) sind technische Messverfahren eine große Hilfe (der Screen-Shot zeigt 2 Ganganalysen mit dem GAITRite®-System): a) das völlig unauffällige Gangbild einer robusten, 65-jährigen Frau und
b) das unter Einnahme von Antidepressiva charakteristisch veränderte Gangbild einer 37-jährigen Patientin: z.B. stark erhöhte Schrittlängenvariabilität und Asymmetrie)
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Sinne: Hören und Sehen
Sehprobe durchgeführt Sehprobe unauffällig Jäger-Tafeln Fingerprobe Seh-Hilfe (Brille) Facharzt jährlich
Flüsterprobe durchgeführt Hörprobe unauffällig Flüstern Weber / Rinne
Hörgerät(e), Facharzt jährlich
Screening der Kognition und mentalen Leistung
Kognitiver Status erhoben Kognition scheint intakt: vorerst keine weiteren Maßnahmen Verdacht auf leichte kognitive Störung DD Performance unter Mehrfachanforderung testen z.B. Dual Task Vorwärts gehen, Rückwärts zählen Hausärztliche Basisdiagnostik Ausschluss Demenz und Verlaufskontrolle Kognition ist sicher gestört Basisdiagnostik Demenz und psychosoziale Beratung
Uhrtest erhoben Auswertungsschema Dem-tect oder TFDD erhoben
Bei plausiblem Verdacht auf demenzielle Erkrankung oder zur Differentialdiagnostik senkundärer, kognitiver Störungen (z.B. nach Schlaganfall) neuropsychiologische Befund-Erhebung und interdisziplinäre Therapieplanung (Neurologische oder geriatrische Scherpunktpraxis, Memory-Klinik oder (teil-)stationäre Geriatrie
CERAD-Testbatterie oder
LURIA: Kurzform zum Screening der TüLUC unter Evaluation
Patientenaufgabe Uhrtest: Clock Completion Test Bitte tragen Sie alle Ziffern einer Uhr ein
und stellen die Zeiger auf „Zehn nach Elf“! (Originaldurchmesser 9 cm)
Manual_Workshop_Assessment_LUCASTP3_DGG_Hof_2013
Update Assessment / Longitudinal Urban Cohort-Ageing Study (LUCAS I +II) Gefördert vom BMBF 2007–2013 (Förder-Nr. 01ET0708 und 01ET1002A) / J. Anders©2013
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Vereinfachte Anwendung: Datenbanken und Auswertungsprogramme der geriatrischen
Fachgesellschaften, Pocket-Versionen für Medizinstudenten und die App fürs Handy sind bereit Realität.
Arbeit an neuen Standardempfehlungen für erweiterte Anwendungsgebiete:
Interdisziplinäre AG ASSESSMENT in der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) - Ansprechpartnerin ist Dr. med. Sonja Krupp, Wiss. Leitung Forschungsgruppe Geriatrie Lübeck Krankenhaus Rotes Kreuz Lübeck – Geriatriezentrum: sonja.krupp@drk-schwhl.de
Perspektiven: Neue Anwendungsgebiete und Versorgungsformen erfordern neue Standards/Sets
inklusive neuer Zugangsformen zum geriatrischen Assessment (z.B. in der Hausarztpraxis, im Präventiven Hausbesuch (AHA), in fachärztlichen Ambulanzen oder Krankenhausabteilungen für Patienten mit bekannter Demenz).
Das geriatrische Assessment erlebt eine Renaissance!
Hinweis: Diese Publikation ist weder ein systematisches Review noch eine Originalarbeit oder gar ein Standard, sondern lediglich ein begleitendes Manual für Teilnehmer der DGG-Fachtagung 2013 in Hof sowie Mitglieder der AG Assessment der DGG, um den laufenden Arbeitsprozess zu unterstützen. Etwaige Fehler oder Irrtümer liegen allein bei der Verfasserin. Kontakt: J. Anders