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Mit einer Themenreihe begleitet „Diagnostik in Dialog“ seit dem Jahr 2012 die „Emanzi-pation“ der angiogenen Marker sFlt-1 und PlGF* für die Diagnostik der Präeklampsie (s. Kasten). Noch immer steht keine ursäch-liche Therapie für diese ernsthafte Schwan-gerschaftserkrankung mit endothelialer und plazentarer Dysfunktion zur Verfügung. Die spezifischen Biomarker jedoch sind zwischen-zeitlich im klinischen Alltag angekommen. Der Quotient sFlt-1/PlGF erhöht die Richtig-keit kurzfristiger ärztlicher Behandlungsent-scheidungen bei Schwangeren mit Verdacht auf Präeklampsie – so lautet die Kernaussage der jüngst erschienenen Publikation „Influ-ence of the sFlt-1/PlGF Ratio on Clinical Decision-Making in Women with Suspected Preeklampsia”,1 die hier vorgestellt wird.
Wenn klinische Entscheidungen zur weite-ren Behandlung von Frauen mit Verdacht auf Präeklampsie (PE) wesentlich auf dem Ergebnis des sFlt-1/PlGF-Quotienten basie-ren, müssen ausführlich evaluierte Cut-off-Werte vorliegen. Daher betonen die Autoren der aktuellen Studie, dass ihre Ableitungen ausschließlich für die entsprechenden CE-IVD markierten Elecsys-Tests gelten. Deren Cut-off-Werte für die sFlt-1/PlGF-Ratio lauten:
O ≥ 85: Diagnose einer PE (im Kontext mit anderen klinischen und diagnostischen Informationen)
O < 33: Ausschluss einer PE für die folgen-den sieben Tage
O 33–85: kontinuierlich weitere Beobach-tung notwendig.
Fragestellungen und StudienaufbauWie beeinflusst die Kenntnis des sFlt-1/PlGF-Quotienten die ärztliche Beurteilung von Schwangeren mit Zeichen und Symp-tomen einer PE und sind die laborbasierten Entscheidungen im Hinblick auf das mater-nale und fetale Outcome adäquat?
Diese für die Klinikroutine ausschlaggeben-den Fragen wurden in einer multizentrischen, prospektiven, offenen, nicht interventionellen Studie untersucht (PREOS**). Teilgenommen haben fünf Zentren in Deutschland und Öster-reich, deren Kliniker mit der Interpretation des sFlt-1/PlGF-Quotienten vertraut waren.
Eingeschlossen waren werdende Mütter ab 18 Jahren und einem Gestationsalter ≥ 24 Wochen mit Verdacht auf PE. Die klinische Verdachtsdiagnose basierte auf diversen Zei-chen und Symptomen und rechtfertigte auch eine Blutabnahme zur Ermittlung der sFlt-1/PlGF-Ratio. Frauen mit bestätigter PE (kom-binierter Nachweis von Hypertonie und Pro-teinurie) waren ausgeschlossen.
118 Schwangere erfüllten alle Bedingungen des Studienprotokolls. Der Erstbesuch lag im Mittel bei 32+4 Schwangerschaftswochen. Die behandelnden Ärzte dokumentierten in Echtzeit unwiderruflich auf einem iPAD, welches weitere Vorgehen sie im jeweiligen Fall entscheiden würden: stationäre Auf-nahme der Schwangeren (primärer End-punkt) bzw. Induktion zur Lungenreifung, Änderung der Überwachungsintensität, Beginn oder Modifikation einer Pharmako-therapie (sekundäre Endpunkte). Entschei-dung und Dokumentation erfolgte einmal vor und noch einmal nach Kenntnis des sFlt-1/PlGF-Quotienten (Abb. 1).
Die getroffenen Entscheidungen wurden über die iPADs online mit Datum und Zeitangabe verschickt. Zwei zufällig ausgewählte Exper-ten eines unabhängigen Komitees prüften retrospektiv auf Basis des weiteren Schwan-gerschaftsverlaufs jeden Wechsel der initia-len Entscheidung auf seine Angemessenheit. Beurteilungskriterien waren das maternale Outcome (PE, Eklampsie, HELLP, Notfallein-weisung, Frühgeburt) bzw. das fetale Outcome (intrauterine Wachstumsretardierung, Atem-notsyndrom). Bei Meinungsdivergenz der Experten wurde ein dritter Kollege konsultiert.
Die ErgebnisseO In 16,9 % der Fälle (n = 20) wurde die
initiale Entscheidung für bzw. gegen
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Medizin | Anfangsverdacht "Präeklampsie" | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 51 • 12/2016
Für Sie gelesen
Anfangsverdacht "Präeklampsie"Relevante Entscheidungswechsel dank sFlt-1/PlGF-Quotient
Abb. 1: Entscheidungsverlauf zur Hospitalisierung bei 118 Schwangeren mit Verdacht auf PE
Entscheidung über Hospitalisierung vor Kenntnis des Testergebnisses
Entscheidung über Hospitalisierung nach Kenntnis des Testergebnisses
Hospitalisierung n=40
Hospitalisierung n=27
Keine Hospitalisierung n=13
Keine Hospitalisierung n=78
Hospitalisierung n=7
Keine Hospitalisierung n=71
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Diagnostik im Dialog • Ausgabe 51 • 12/2016 | Anfangsverdacht "Präeklampsie" | Medizin
Dr. Frank Gast Leitung Medical & Scientific Affairs 0621 759-4618 frank.gast@ roche.com
die Hospitalisierung nach Kenntnis der sFlt-1/PlGF-Ratio ärztlicherseits revi-diert: 13 Mal zugunsten einer Entlas-sung nach Hause (Quotient < 33); 7 Mal erfolgte doch eine stationäre Aufnahme (Quotient ≥ 85 ) (Abb. 1).
O Alle diese Entscheidungsänderungen wur-den von den beiden Experten mit Blick auf den weiteren Schwangerschaftsverlauf übereinstimmend als angemessen beurteilt. In 4/20 Fällen war eine dritte Meinung erforderlich. Die statistische Auswertung ergab eine Signifikanz von p < 0,0001 für die Richtigkeit des Entscheidungswechsels den primären Endpunkt betreffend.
O Auch hinsichtlich der sekundären End-punkte (Geburtseinleitung, Lungenrei-fung, Intensität des Monitorings) waren alle Entscheidungswechsel adäquat. Dabei ist zahlenmäßig die Rücknahme eines intensivierten Monitorings nach Kenntnis des sFlt-1/PlGF-Quotienten in 20,2 % der Fälle bedeutend.
O 24 Frauen (20,3 %) erhielten im Verlauf ihrer Schwangerschaft die Diagnose „Präeklampsie“. Der relative Anteil war mit 57 % am höchsten in der Subgruppe mit dem Entscheidungswechsel hin zu einer stationären Aufnahme (n = 7). Umgekehrt (Entscheidungswechsel
zugunsten Entlassung; n = 13) erfolgte die spätere PE-Diagnose nur in zwei Fäl-len (15,4 %). Damit war das PE-Risiko hier identisch zu den Frauen, die nie-mals hospitalisiert werden sollten.
Ableitungen für die PraxisPREOS ist die erste Studie, die den Ein-fluss eines Laborergebnisses (sFlt-1/PlGF-Quotient) auf klinische Entscheidungen bei Anfangsverdacht „Präeklampsie“ unter-suchte. Die Autoren ziehen aus den Ergeb-nissen folgendes Fazit:O In der klinischen Routine wird die PE
überdiagnostiziert und bei Verdachtsdia-gnose übertherapiert.
O Der Anteil an Frauen mit PE war am höchsten in dem Subkollektiv, in dem die Hospitalisierungsentscheidung von „nein“ auf „ja“ wechselte. Somit haben die behandelnden Ärzte durch Kenntnis der sFlt-1/PlGF-Ratio die „richtigen“ Schwangeren, nämlich die mit dem höchsten Risiko, hospitalisiert.
O Über den Quotienten lässt sich darüber hinaus auch ein sicheres „Step-down-Management“ realisieren, gleichbedeu-tend mit weniger stationären Aufnahmen, der Einsparung klinischer Maßnahmen und einer Reduktion des diagnostischen Aufwands (in vivo und in vitro) (Abb. 2). Dies werten die Autoren als positive öko-nomische Komponente und Chance zur effizienteren Ressourcennutzung.
O Die Reduktion unangebrachter Einwei-sungen ist nicht zuletzt mit Blick auf die Schwangere und ihr Umfeld von Bedeu-tung, da es Stress und Ängste mindert.
* sFLT-1: soluble fms-like Tyrosinkinase PlGF: placental growth factor** PREOS: Praeeklampsia Open Study
Literatur 1 Klein E, Schlembach D, Ramoni A et al: PLOS ONE (2016);
11(5): e0156013. Doi:10.1371/journal.phone.01560136
Abb. 2: Zusammenfassung aller Endpunktentscheidungen vor und nach Kenntnis des sFlt-1/PlGF-Quotienten bei 118 Schwangeren mit Verdacht auf PE. Alle Entscheidungswechsel wurden von unabhängigen Experten als angemessen beurteilt.
Pat
ient
en (
n)
Entscheidung
Entscheidung vor Kenntnis des sFlt-1/PlGF-Quotienten
Entscheidung nach Kenntnis des sFlt-1/PlGF-Quotienten
Nein NeinJa JaNein JaJa Nein
120
100
80
60
40
20
0
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Themenreihe „Präeklampsiemarker“ in Diagnostik im Dialog
O „Hoffnung für Schwangere mit Präeklampsie“, Nr. 35 (2012): 21-22O „sFLT und PLGF: Praxistest bestanden“, Nr. 38 (2012): 9-10O „Präeklampsiemarker: Steile Karriere“, Nr. 40 (2013): 9-13O „Angiogene Marker: Diagnose und Prognose“, Nr. 45 (2014): 16-18O „Die Prognosis-Studie“, Nr. 48 (2015): 4-8O „Konsens zum Nutzen des sFlt-1/PlGF-Quotienten“, Nr. 48 (2015): 8-9O „Therapieoption bei Präeklampsie?“, Nr. 48 (2015): 10-11O „sFlt-1/PlGF-Quotient: Medizinischer und ökonomischer Nutzen“, Nr. 50 (2016): 18-21