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Apr 15
AKUSTIK DES SAXOFONS Grundlagen
Axel E. Lesche
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 2 von 32 Apr 15
INHALT Das Saxofon .......................................................................................................................................................................... 4
Einleitung ......................................................................................................................................................................... 4
Horn .................................................................................................................................................................................... 4
Mundstück ........................................................................................................................................................................ 5
Rohrblatt ........................................................................................................................................................................... 6
Bild 1) Fasern im Rohrblatt .................................................................................................................................. 6
Die freie Akustische Welle .............................................................................................................................................. 7
Schallwelle ....................................................................................................................................................................... 7
Bild 2a) Modell schwingender Luftmoleküle ................................................................................................ 7
Bild 2b) Schalldruck & Schnelle im eingeschwungenen Zustand ......................................................... 8
Ausbreitung der Schallwellen .................................................................................................................................. 8
Bild 3) Muster einer Longitudinalwelle .......................................................................................................... 9
Schallfluss .................................................................................................................................................................... 9
Schallgeschwindigkeit ......................................................................................................................................... 10
Kugelwelle ................................................................................................................................................................ 11
Bild 4) Kugelwelle ................................................................................................................................................. 11
Ebene Welle ............................................................................................................................................................. 12
Bild 5) Ebene Welle .............................................................................................................................................. 12
Akustische Größen ..................................................................................................................................................... 13
Schallimpedanz ...................................................................................................................................................... 13
Schallintensität ....................................................................................................................................................... 13
Schallpegel ................................................................................................................................................................ 14
Die akustische Welle im Saxofon .............................................................................................................................. 14
Eigenschwingungen der Luftsäule ...................................................................................................................... 14
Reflexion der Schallwelle ................................................................................................................................... 14
Stehende Welle ....................................................................................................................................................... 15
Bild 6a) Dynamik Stehende Welle in der Flöte ......................................................................................... 16
Bild 6b) Dynamik Stehende Welle im Saxofon .......................................................................................... 16
Moden ......................................................................................................................................................................... 17
Bild 7) Moden im Vergleich ............................................................................................................................... 17
Intonation ...................................................................................................................................................................... 19
Tongenerator .......................................................................................................................................................... 19
Bild 8) Tongenerator ........................................................................................................................................... 19
Überblasen ............................................................................................................................................................... 21
Tonleiter & Tonumfang ....................................................................................................................................... 21
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Transponieren ........................................................................................................................................................ 22
Der Klang ............................................................................................................................................................................ 22
Naturtöne ...................................................................................................................................................................... 23
Bild 9) Naturtonreihe Altsaxofon ................................................................................................................... 23
Oktavlöcher .............................................................................................................................................................. 24
Bild 10) Register Altsaxofon ............................................................................................................................. 24
Grundton & Obertöne ............................................................................................................................................... 25
Bild 11a,b) Von den Einzeltönen zum Klang .............................................................................................. 25
Bild 11c) Das Klangspektrum ........................................................................................................................... 25
Klangspektrum eines Saxofons ........................................................................................................................ 26
Bild 12) Klangspektrum eines Tenorsaxofons .......................................................................................... 26
Die Klangqualität des Saxofons ................................................................................................................................. 27
Messmittel ..................................................................................................................................................................... 27
Mikrofon .................................................................................................................................................................... 27
Hitzedrahtsonde .................................................................................................................................................... 27
Eingangsimpedanz ..................................................................................................................................................... 27
Impedanz-Meßkopf .............................................................................................................................................. 28
Bild 13) Meßkopf ................................................................................................................................................... 28
Eingangsimpedanz-Spektren ................................................................................................................................ 29
Das Prinzip ............................................................................................................................................................... 29
Bild 14) Ein Zylindrisches Rohr ...................................................................................................................... 29
Die Messpraxis ........................................................................................................................................................ 30
Bild 15) Ein Tenorsaxofon ................................................................................................................................. 30
Anhang Literatur ............................................................................................................................................................. 31
Anhang Links .................................................................................................................................................................... 32
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
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DAS SAXOFON
EINLEITUNG Aus Freude am Spiel mit dem Saxofon, ist meine wissenschaftliche Neugier geweckt worden.
Insbesondere nach dem ich das Heft „Der persönliche Saxophon-Sound“ von David Liebman
gelesen hatte, war ich inspiriert den physikalischen Aspekten der Klangerzeugung mit dem
Saxofon nachzugehen:
Wie hängt der Klang des Saxofons mit seinen physikalischen Eigenschaften zusammen?
Meine Recherchen waren besonders ergiebig beim Studium der Homepage der University New
South Wales in Sidney zur „Akustik des Saxofons“. Dort führt man umfangreiche Forschungen
auf dem Gebiet der Blasinstrumente durch.
http://www.phys.unsw.edu.au/jw/saxacoustics.html
Als sehr gute Einführung in das Thema, habe ich das Lehrbuch „Musikalische Akustik“ von
Donald E. Hall schätzen gelernt.
Zwei Artikel aus der Edition Moeck Verlag Celle, haben mich mit der Praxis der Blasinstrumente
vertraut gemacht.
Um einen generellen Überblick zu gewinnen, lohnt es sich den Artikel „Die Physik der
Musikinstrumente“ von Klaus Winkler zu lesen, der in der Reihe „Verständliche Forschung“ des
Spektrum Verlages 1998 erschienen ist.
Die Grundlagen betreffen alle Saxofone; bei den Beschreibungen gehe ich stets von meinem
Altsaxofon aus. Ich betrachte nur die instrumentelle Seite des Klangs. Zum Vergleich werde ich
häufig die Flöte und die Klarinette heranziehen.
HORN Zwei Hornformen haben sich durch die Evolution der Blasinstrumente über die Jahrhunderte
herausgebildet, deren Eigenschwingungen ganzzahlige Frequenzverhältnisse aufweisen: Die
Zylinderform und die Kegelform. Als Beispiele für die Zylinderform stehen die Flöte und die
Klarinette und als Beispiele für die Kegelform das Saxofon und die Oboe.
Als Horn bezeichne ich den kegelförmigen Korpus samt S-Bogen, das Knie (Bogen) und den
Schallbecher. Es umschließt die Luftsäule und trennt sie von der äußeren Atmosphäre. Die
schwingende Luftsäule erzeugt den Klang und gibt ihn über die geöffneten Klappen (über den
Schallbecher wenn alle Klappen geschlossen) an die Umgebung ab.
Der Kegelwinkel (3° bis 4°) des Horns beeinflusst zwei wichtige klangliche Aspekte: je enger das
Horn (kleiner Kegelwinkel), umso obertonreicher das Klangspektrum. Der Ton wird schärfer,
durchdringender. Umgekehrt, je weiter das Horn, werden weniger Obertöne verstärkt, der Ton
ist dann weicher.
Das Horn besteht in der Regel aus Messing, das galvanisch oder durch Sprühverfahren
versilbert, vernickelt oder goldlackiert ist. Die Einflüsse des Hornmaterials auf die Klangfarbe
sind zwar offensichtlich vorhanden, werden meist überschätzt. Wissenschaftliche Analysen dazu
kommen nach meiner Kenntnis zu keiner eindeutigen Aussage. Vielmehr sind es überwiegend
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instrumentenspezifische Konstruktionsmerkmale, die auf die Klangfarbe direkten Einfluss
nehmen. Die Hornwände können lokal erweitert werden, um die Luftsäule zu vergrößern. Sog.
„Nischen“ zwischen Hornwandung und Klappenkamine erzeugen zusätzlich Volumen und
reduziert damit die Schallimpedanz der Luftsäule, (die Schallgeschwindigkeit sinkt ab, der Ton
wird tiefer). Schließlich kann die Reibung der Innenwände variiert.
Eine ausgeklügelte Mechanik macht es möglich, die weit auseinander liegenden Klappen mit den
Fingern rasch und genau zu öffnen und zu schließen. Die Klappen sind wenige Millimeter größer
als die Tonlöcher, so dass sie mit ihren weichen, filzartigen Polstern in die Ränder der Kamine
eindrücken können.
Die Klappen bestehen aus einer nach außen gewölbten Metallscheibe, in der ein elastisches
Polster aus Zickelleder (Leder von jungen Hausziegen) sitzt. Die Polsterung der Klappen dämpft
den Schall. Daher befestigen mancher Hersteller kreisrunde Metall- oder Kunststoffplättchen in
der Mitte des Polsters. Sie sollen besonders hohe Frequenzanteile nach außen reflektieren.
Überall dort, wo die Mechanik beim Greifen störende Geräusche verursachen könnte werden
Korkstückchen angeklebt. Klebstoff hierfür ist Schallack.
Am oberen Teil des Korpus ist ein abnehmbarer S-Bogen eingesetzt, auf dem das Mundstück
aufgeschoben wird. Dem Spieler wird so ein bequemes Anblasen ermöglicht, während das Horn
senkrecht zum Boden zeigt. Der S-Bogen verjüngt das Horn weiter kegelförmig bis zum
Mundstück. Form und Volumen des S-Bogens ist klangbeeinflussend, denn er bringt der
Luftsäule ein zusätzliches Volumen. Er wird auch als akustischer Wandler bezeichnet.
Im unteren Teil macht das Horn einen 180° Bogen, das Knie oder der Stiefel. Dadurch schrumpft
die äußere Abmessung des Saxofons etwa auf die halbe Hornlänge, so dass für den Spieler das
Instrument handlich bleibt. Diese Hornkrümmung behindert oder verändert die
Schallausbreitung nicht.
Anschließend weitet sich das Horn zum Schallbecher auf. Die Form des Schallbechers beeinflusst
die tiefen Töne des Saxofons. Die akustische Abstrahlung wird am Ende des Saxofons durch den
Schallbecher verstärkt und somit die musikalische Länge vergrößert.
MUNDSTÜCK Das Mundstück wird auf die Anblasöffnung, auf den Kork des S-Bogens aufgeschoben, es ersetzt
die Spitze des Horns. Es ist kürzer und massiver als die theoretische Kegelspitze. Seine
Tonkammer hat ungefähr das zu erwartende Volumen der theoretischen Kegelspitze von
≈10cm3. Die Gestaltung des Mundstücks, Größe und Form der Tonkammer, beeinflussen die
Schwingung der Luftsäule sehr stark. Eine weite Bohrung (große Tonkammer) sorgt für einen
dunklen, weichen Klang. Eine enge Bohrung (kleine Tonkammer) sorgt für einen hellen, scharfen
Klang. Extrem große oder kleine Tonkammern sind aber oft nur schwer mit der „Stehenden
Welle“ oder Eigenschwingung der Luftsäule in „Stimmung“ zu spielen.
Über der Tonkammer, auf dem Mundstückfenster wird das Rohrblatt mit einem Blatthalter
befestigt. Mundstück und Rohrblatt zusammen übernehmen die Aufgabe des primären Ton-
oder Schwingungsgenerators (Tongenerator).
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Zwischen der Mundstückspitze und dem Rohrblatt bildet sich ein Spalt, die Bahnöffnung. Ihre
Weite wird durch die leicht abgerundete nach vorne abfallende Form der Mundstückspitze
bestimmt.
Die Bahnlänge, der schwingende Teil des Rohrblattes, bezeichnet die Länge der Bahn von der
Mundstückspitze bis zu dem Punkt, wo die Bahnkrümmung aufhört, wo die Blattunterseite das
Mundstück berührt. Je größer die Bahnöffnung, desto kürzer die Bahnlänge.
ROHRBLATT Das Rohrblatt oder die Aufschlagzunge, kurz das Blatt, ist der Schlüssel zum Klang. Es schwingt
im Bereich der Bahnöffnung, bis zum Schlag auf die Mundstückspitze. Es ist der Grund warum
das Saxofon als Holzblasinstrument bezeichnet wird. Es ist eine, mit feinen Fasern durchzogene
Zunge aus Schilfrohr. Ein Grasgewächs, das seinen Ursprung im Mittelmeerraum hat und ähnlich
dem Bambus bis zu 9m hoch wächst.
Aus dem Mantel des Pfahlrohrs werden Blätter geschnitten, in der Stärke von 3,5 – 4 mm und
anschließend durch einen Ausstich über ihre halben Länge bis zu 0,15 -0,25 mm verdünnt. An
den Seiten ist der Ausstich etwas dünner als in der Mitte, so dass die entstandene Zunge im
oberen Teil eine leicht parabolische Form erhält. Der schwingende Blattbereich erstreckt sich
über 1-2 mm von der Blattspitze aus.
Hält man die Zunge gegen das Licht, dann erkennt man in der Mitte des angeschnittenen Teils
ein dunkles U-förmiges „Herz“, der Widerstand oder die Federkonstante des Blattes. Je dunkler,
ausgeprägter seine Färbung ist, desto besser kommt das Blatt einer mechanischen Feder gleich.
Die Färbung entsteht durch Fasern oder Gefäßbündel, die sog. Xyleme (Bild 1a), die zum
Transport von Wasser und anorganischen Salzen dienen. Sie sind von einem holzigen Gewebe
(Lignin) umgeben, das die Stützfunktion im Schilfrohr übernimmt. In den Fasern befinden sich
die Fibrillen (Bild 1b). Sie sind von relativ dicken hygroskopischen (Wasser bindenden) Wänden
umgeben, die eigentlich das Wasser führen. Im Inneren dieser Fibrillen befinden sich Mizellen,
die die verschiedenen Salze binden und transportieren. Diese mikroskopisch kleinen
Versorgungsbahnen sind miteinander unregelmäßig verzahnt und versteifen so die Fasern.
Steigt die Holzfeuchte an, wird Wasser an den Fibrillen angelagert, dann wird die „Verzahnung“
abgemildert, die Fasern werden so von innen „geschmiert“ und biegsamer gemacht.
BILD 1) FASERN IM ROHRBLATT
a) Fasern (Xyleme) b) FIBRILLEN (VERGRÖßERT)
Google-Bilder: Fibrillen
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Nach dem Zuschnitt werden die Blätter einem Härtetest unterworfen, um die Biegsamkeit des
Blattes zu bestimmen. Ob das Blatt weich oder hart ist, hängt in erster Linie davon ab, wie stark
die Fasern von Lignin (Holz) umgeben sind. Es hängt also davon ab aus welchem Teil des
Schilfrohrs das Blatt geschnitten wurde. Die Blattdicke eines Blatttyps variiert nur gering.
Oft kann man erleben, dass ein Blatt an einem Tag problemlos funktioniert und am nächsten Tag
überhaupt nicht. Das hängt u.a. mit der veränderlichen Biegsamkeit der „Xyleme“ zusammen,
denn sie reagieren empfindlich auf die Umgebungstemperatur, die Feuchtigkeit und dem
Luftdruck.
Die im Speichel enthaltene Kieselsäure verkürzt die Lebensdauer des Blattes. Es verhärtet sich
und verliert dabei an Elastizität. Wenn das Blatt eine graue Oberfläche bekommt, wird es für den
Spieler immer schwieriger es zu beeinflussen.
DIE FREIE AKUSTISCHE WELLE Täglich hören wir Töne, Klänge oder Geräusche aus allen Richtungen. Akustische Signalen, die
uns durch die Luft an unsere Ohren getragen werden. Das ist nur möglich, weil wir von einer
Lufthülle umgeben sind, die auf Grund der Gravitation von einem Schweredruck, dem mittleren
Atmosphärendruck p0 = 1013*105 [Pa], zusammen gehalten wird. Sie ist ein Medium, mit einer
Impedanz, einem Widerstand, dessen Luftmoleküle man zusammendrücken und
auseinanderziehen, also auch leicht in Schwingungen versetzen kann.
SCHALLWELLE Die Schallwelle ist keine Luftströmung wie der Wind es ist, sondern eine Folge von periodischen
Schwingungen der Luftmoleküle, die sich als Dichteschwankungen, Wechseldruck oder kurz als
Schalldruck Δp allseitig fortpflanzen.
Durch das schwingende Rohrblatt am Mundstück wird ein Anblasluftfluss moduliert, wodurch
z.T. die Luftmoleküle in der Tonkammer (Tongenerator) aus ihrer relativen Ruhelage
angestoßen werden. Die Auslenkungen ξ sind proportional zur angreifenden Kraft und pflanzen
sich fort, wie bei gekoppelten Federpendeln (Bild 2a), von Luftmolekül zu Luftmolekül. Wo sie
sich durch die Pendelbewegung verdichten, entsteht ein Überdruck (bezogen auf den mittleren
Atmosphärendruck), wo sie auseinander streben, herrscht ein Unterdruck. D.h. die Schallenergie
wechselt periodisch zwischen kinetischer und potentieller Form hin und her, ohne dabei ihre
Gesamtsumme zu verändern. Es handelt sich um einen adiabatischen Energiestrom, denn
Wärme wird dabei nicht an die Umgebung abgegeben.
BILD 2A) MODELL SCHWINGENDER LUFTMOLEKÜLE
Google-Bild: gekoppelte Pendel
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Direkt verknüpft mit dem Schalldruck Δp ist die lokale Auslenkungsgeschwindigkeit der
Luftmoleküle, die Geschwindigkeitsamplitude oder Schallschnelle ν=dξ/dt (Nicht zu verwechseln
mit der Schallgeschwindigkeit c!). Die Schallschnelle ist messtechnisch besser zu erfassen als die
winzigen Auslenkungen der Luftmoleküle. Beide Größen zusammen beschreiben die Schallwelle.
Bei erträglicher Lautstärke variieren der Schalldruck zwischen 0,01[Pa] und 1,0[Pa]. Die
Schallschnelle liegt in der Größenordnung von 1[mm/s].
BILD 2B) SCHALLDRUCK & SCHNELLE IM EINGESCHWUNGENEN ZUSTAND
In der freien Ausbreitung der Schallwelle, im sog. aktiven Schallfeld, bewegen sich Schallschnelle
ν und der Schalldruck Δp in Phase (Bild 2b). Der Schalldruck ist maximal, wo die Schallschnelle
maximal ist, dort wo die Luftmoleküle sich verdichten. Der Schalldruck hat seinen Knotenpunkt
–durchläuft den mittleren Atmosphärendruck–, wo die Schallschnelle null ist, dort kehrt sich die
Pendelbewegung der Luftmoleküle um. Der Schalldruck ist minimal, wo die Schallschnelle mit
entgegengesetztem Vorzeichen maximal ist, die Luftmoleküle maximal auseinander streben.
Im Saxofon haben wir kein freies Schallfeld! Dort treten Reflexionen auf, wir haben es im Saxofon
mit einem sog. reaktiven Schallfeld zu tun: Schalldruck und Schallschnelle sind außer Phase (Die
akustische Welle im Saxofon).
Durch das Zusammenwirken von Schalldruck und Schallschnelle werden wichtige Schallgrößen
definiert: 1. Das Verhältnis (p/ν) quantifiziert die Impedanz der Luft durch den
Wellenwiderstand Z0 [7] und die Schallimpedanz Zₐ [8] und 2. das Produkt (p·ν) quantifiziert den
Energiestrom der Schallwelle durch die Schallintensität I [9].
AUSBREITUNG DER SCHALLWELLEN Wir betrachten die Ausbreitung elastischer Schallwelle nur an Orten, wo sie vollständig
ausgebildet ist und mit der geometrischen Akustik (Wellenfront, Wellenstrahl) beschrieben
werden kann. Wir nehmen dabei die Schallquelle in erster Näherung als punktförmig an.
Das (Bild 3a) zeigt eine Momentaufnahme einer eingeschwungenen Schallwelle in einer
Luftsäule. Wir sehen nicht die einzeln schwingenden Luftmoleküle, sondern sehr viele
Luftmoleküle, wie sie ein helldunkel schattiertes Muster bilden. In den dunklen Streifen ballen
sie sich maximal zusammen, in den hellen Streifen streben sie maximal auseinander. Die
Schallwelle breitet sich in Richtung der schwingenden Luftmoleküle aus. Man bezeichnet solche
Wellen als Longitudinalwellen.
νΔp
X
Schallschnelle ν
Schalldruck Δp
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Das (Bild 3b) zeigt das Äquivalent der Momentaufnahme in Form einer ebenen
Transversalwelle. Ihre Amplitude zeigt den Druckverlauf in der Luftsäule an: die dunklen
Streifen stimmen mit den Bewegungsknoten, den Druckmaxima überein und die hellen Streifen,
die Bewegungsbäuche mit den Druckminima. Die Abstände zwischen den hellen und dunklen
Streifen bleiben konstant, d.h. es tritt keine Dispersion auf, lange und kurze Wellen pflanzen sich
gleich schnell fort.
BILD 3) MUSTER EINER LONGITUDINALWELLE
Wikipedia: (a) Longitudinalwelle, (b) äquivalente Transversalwelle
Die Funktionen der Kugel- und der ebenen Schallwellen werden in [5] und [6] entwickelt.
SCHALLFLUSS Er kennzeichnet bei der Schallwelle das zeitlich sich ändernde Luftvolumen, das durch den
Wechseldruck am Meßort senkrecht zur Querschnittsfläche Q der Luftsäule hin und her strömt,
im Rhythmus der dortigen Schallschnelle ν = dξ/dt der Luftmoleküle.
[1] Schallfluss
𝑞𝑆𝑓 =𝑑𝑉
𝑑𝑡= 𝑄 ∙
𝑑𝜉
𝑑𝑡= 𝑄 ∙ 𝜈 [
𝑚3
𝑠] 𝑚𝑖𝑡 [7] 𝑤𝑖𝑟𝑑 𝑞𝑆𝑓 = 𝑄 ∙
𝑝
Z0 [
𝑚3
𝑠]
Die zweite Gleichung zeigt, dass der Schallfluss auch über die Messung des Schalldrucks p
bestimmt werden kann, wenn der Wellenwiderstand Z0 der Luft [7] bekannt ist.
[2] Wellenlänge Eine Schallwelle setzt sich aus unendlich vielen Schwingungszuständen oder Phasen zusammen
(markante Phasen sind z.B. Maxima, Minima oder Nulldurchgänge), die sich periodisch
wiederholen. Den Abstand gleicher Phasen bezeichnet man als Wellenlänge: λ[m].
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[3] Periode und Frequenz
Der zeitliche Abstand gleicher Phasen wird Periode T[s] genannt. Sie berechnet sich aus der Zeit
t[s], über die sich eine Anzahl n von Schwingungen erstrecken, also T=t/n. Als Frequenz f[1/s]
wird die Schwingungszahl pro Sekunde bezeichnet, der Quotient aus der Anzahl n der
Schwingungen und der dazugehörigen Zeit t[s], also f=n/t. Da der Quotient t/n gerade der
Kehrwert von n/t ist, besteht zwischen der Periode und der Frequenz folgender Zusammenhang:
𝑇 =1
𝑓[𝑠] 𝑜𝑑𝑒𝑟 𝑓 =
1
𝑇[𝐻𝑧]
SCHALLGESCHWINDIGKEIT Wellenlänge und Frequenz der Schallwelle bestimmen ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit. Eine
beliebige Phase der Schallwelle breitet sich mit der Schallgeschwindigkeit c
(Phasengeschwindigkeit) aus, die sich aus dem Produkt aus Wellenlänge λ und Frequenz f
bestimmen lässt:
[4] Schallgeschwindigkeit
𝑐 = 𝜆 ∗ 𝑓 [𝑚
𝑠]
In Luft breitet sich die Schallwelle bei 20°C mit der Phasengeschwindigkeit c=343m/s aus.
Wegen verschiedener konstruktiver Einflüsse (Intonation) hat sich in der Praxis eine mittlere
Phasengeschwindigkeit von c=340m/s bewährt. Die nach der Zeit t zurückgelegte Strecke ist c*t.
Beim Altsaxofon (Länge etwa 1,5m) ist ein Ton in ca. 10ms aufgebaut.
Die Tonhöhe wird in erster Linie durch die Frequenz f bestimmt, die sich über einen
musikalischen Hörbereich von 34Hz bis 16kHz (mit allen Obertönen!) erstreckt. Mit der
international festgelegten Frequenz des Kammertons a1 auf 440Hz, sind die Tonbezeichnungen
einer Oktave an eine bestimmte Tonhöhe gebunden. Die Tonhöhenempfindung allerdings hängt
zusätzlich auch noch von der Schallintensität und der Dauer des Schallereignisses ab.
Die Wellenlänge wird stets von der Hornlänge bestimmt und solange die Schallgeschwindigkeit
konstant bleibt ist damit die Frequenz festgelegt. Lange Wellen, d.h. tiefe Töne, entsprechen den
kleinen Frequenzen. Kurze Wellen, d.h. hohe Töne, entsprechen den hohen Frequenzen.
Die Schallgeschwindigkeit ändert sich am stärksten mit der Temperatur. Je wärmer es wird,
umso schneller wird der Schall von Luftmoleküle zu Luftmoleküle übertragen, weil die
Wärmebewegung der Luftmoleküle (Zitterbewegung, Brownsche Molekularbewegung) ansteigt;
umgekehrt, wenn es kälter wird, sinkt die Wärmebewegung der Luftmoleküle und der Schall
wird langsamer übertragen. Daumenwert: Pro ±1°C ändert sich die Schallgeschwindigkeit um
±0,5m/s.
Ändert sich die Schallgeschwindigkeit bei konstanter Hornlänge, dann ändert sich die Frequenz
proportional. Steigt die Temperatur, dann steigt auch die Tonhöhe; sinkt die Temperatur, dann
sinkt auch die Tonhöhe. Bei kaltem Horn muss man das Saxofon einblasen (=anwärmen)!
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KUGELWELLE In der freien Umgebung breitet sich die Schallwelle von einer punktförmigen Schallquelle
kugelförmig in alle Richtungen aus —wie die Wellen nach einem Steinwurf auf eine glatte
Wasseroberfläche—.
BILD 4) KUGELWELLE
Das (Bild 4a) zeigt die Ausbreitung der Wellenfronten (blaue Linien) in der Ebene als zentrische
Kreise. Die Wellenstrahlen (roten Linien) senkrecht auf den Wellenfronten, zeigen an, dass sich
die Welle vom Erregerzentrum sternförmig wegbewegen. Räumlich betrachtet entspricht der
Wellenfront eine Kugeloberfläche: 𝑆 = 4 ∙ 𝜋 ∙ 𝑟2. Diese Fläche nimmt mit der Entfernung r von
der punktförmigen Schallquelle, quadratisch zu. Dementsprechend muss der Energiestrom, die
Schallintensität I [9], definiert als Schallleistung pro Fläche, mit dem Quadrat der Entfernung
abnehmen. D.h. bei Verdoppelung der Entfernung vom Zentrum verteilt sich die Schallintensität
auf die vierfache Fläche, hat also pro Fläche nur noch ein Viertel ihres ursprünglichen Betrages:
es gilt 𝐼 ≈ 1𝑟2⁄ .
In (Bild 4b) ist ein Kegelsegment, als Symbol für das Saxofon, mit der Spitze in die Schallquelle
eingezeichnet worden. Der Kegelwinkel ist von den blauen Linien etwas überzeichnet, so dass
man leicht erkennt kann, welche Art der Schallausbreitung im Saxofon vorherrscht, nämlich die
Kugelwelle.
Die Kegelform des Saxofons ist vom Mundstück bis zum Schallaustritt gut an die kugelförmige
Schallausbreitung angepasst. Der Kegelwinkel oder der Konus (Intonation) ist so angepasst, dass
die erzeugten Wellenlängen immer größer sind als der Durchmesser der Kegelöffnung, so dass
dort die Schallwellen nicht nur besonders gut abgestrahlt, sondern auch noch reflektiert werden
können (Reflexion am offenen Ende).
(a) Freie Ausbreitung
(b) Kugelwelle
im Saxofon
Am
plit
ud
e
Abstand r von der Quelle
(c) Wellenstrahl der Kugelwelle
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Das (Bild 4c) zeigt ein Wellenstrahl der Kugelwelle. Eine Schwingung, die mit der Entfernung
von der Schallquelle deutlich abnimmt (Das ist keine Stehende Welle!):
𝐷𝑎 𝑔𝑖𝑙𝑡 𝐼 ≈ 1𝑟2⁄ 𝑢𝑛𝑑 𝑎𝑢𝑠 [9] 𝐼 ≈ 𝑝2 𝑓𝑜𝑙𝑔𝑡 𝑝 ≈ 1
𝑟⁄
[5] Kugelwelle
pKW(𝑟, 𝑡) = (𝑝𝑠
𝑟) ∗ 𝑠𝑖𝑛(𝑘𝑟 − 𝜔𝑡)
In der Amplitude der Kugelwelle (ps/r), muss der Schalldruck reziprok mit dem Abstand r von
der Schallquelle kleiner werden (wie bei der obigen Diskussion zur freien Kugelwelle dargelegt
wurde). Die Schallwelle im Saxofon bekommt dadurch seine verzerrt sinusförmige Aussehen
(siehe Bild 4c). Im Argument des Sinus treten statt der Wellenlänge λ die Wellenzahl k und statt
der Frequenz f die Kreisfrequenz ω auf –wegen der Abhängigkeit trigonometrischer Funktionen
vom Winkel 2π–. 𝐸𝑠 𝑔𝑖𝑙𝑡 𝑘 = 2 ∙ πλ⁄ [
1
m] ; 𝜔 = 2 ∙ 𝜋 ∙ 𝑓 [Hz]. Das Argument ist so aufgebaut, dass
mit zunehmender Zeit t der Abstand r von der Schallquelle anwächst, die Kugelwelle sich von
der Schallquelle wegbewegt, die Funktion dabei unverändert bleibt.
EBENE WELLE In (Bild 5a) ist ein Zylinder, als Symbol z.B. für eine Flöte in die blauen Wellenfronten der
Kugelwelle eingezeichnet. In der Nähe der Schneidekannte der Flöte ist noch der Ansatz einer
Kugelwelle zu erkennen. Sie kann sich aber im Zylinder nicht nach allen Seiten ausbreiten. Es
formt sich eine Wellenfront, die praktisch immer senkrecht zur Zylinderwand steht. Die
Wellenstrahlen (rot) verlaufen stets parallel zur Zylinderwand.
BILD 5) EBENE WELLE
In (Bild 5b) ist ein Wellenstrahl der Schallwelle gezeichnet. Die Amplitude ps dieser Welle, der
Schalldruck, bleibt über die Länge des Instrumentes praktisch konstant. Mathematisch
formulieren wir die eindimensionale Ebene Schallwelle wie folgt:
[6] Ebene Welle
𝑝𝑤(𝑥, 𝑡) = 𝑝𝑠 ∗ 𝑠𝑖𝑛(𝑘𝑥 − 𝜔𝑡)
Mit unveränderter Druckamplitude ps bewegt sich die Ebene Welle sinusförmig nach rechts in x-
Richtung fort.
(a) Ebene WellenIn der Flöte
Am
plit
ud
e
Abstand x von der Quelle
(b) Wellenstrahl der Ebenen Welle
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AKUSTISCHE GRÖßEN
SCHALLIMPEDANZ (A) Der Wellenwiderstand Z0 oder die elastische Steifigkeit der Luft, ist ein Maß dafür, wieviel
alternierende Kraft aufgewendet werden muss, um die Luftmoleküle in Bewegung zu bringen. Z0
lässt sich darstellen über das Verhältnis von Schalldruck p zu Schallschnelle ν.
[7] Wellenwiderstand
𝑍0 =𝑝
𝜈[
𝑃𝑎𝑚
𝑠⁄] → [
𝑃𝑎 ∙ 𝑠
𝑚] 𝑤𝑒𝑛𝑛 𝑝 𝑢𝑛𝑑 𝜈 𝑖𝑛 𝑃ℎ𝑎𝑠𝑒 𝑍0 = 𝜌0 ∙ 𝑐 [
𝑘𝑔
𝑚3∙
𝑚
𝑠] → [
𝑃𝑎 ∙ 𝑠
𝑚]
In großer Entfernungen von der Schallquelle (Druck und Schnelle schwingen in Phase), nähert
sich Z0 dem Produkt aus Luftdichte ρ0 und Schallgeschwindigkeit c an. Für die Luft gilt bei 20°C
Z0=413,5[Pa*s/m] oder Z0=413,5[Rayl]. [Rayl]Veraltete Einheit nach Lord Rayleigh.
(B) Die Schallimpedanz Za berücksichtigt zusätzlich zum Wellenwiderstand die konkrete
Querschnittsfläche Q der Luftsäule am Meßort. Damit bezieht man den Schallfluss qSf [1] in den
Wellenwiderstand mit ein.
[8] Schallimpedanz
𝑍𝑎 =𝑝
𝑄 ∙ 𝜈=
𝑝
𝑞𝑆𝑓[𝑃𝑎 ∙ 𝑠
𝑚3 ] 𝑚𝑖𝑡 [7] 𝑤𝑖𝑟𝑑 𝑍𝑎 =𝑍0
𝑄[𝑃𝑎 ∙ 𝑠
𝑚3 ]
Eine unbegrenzt langes Rohr mit dem Durchmesser von 10mm besitzt die Schallimpedanz Za
von 5·106[Pa·s/m3] oder 5 MΩ, wobei [Pa·s/m3]=Ω auch als „akustisches Ohm“ bezeichnet wird.
Die Schallimpedanz ist von besonderem Interesse dort, wo Reflexion an Grenzflächen auftritt:
z.B. an Hornöffnungen (Schallbecher, Tonlöcher), wo die Luftsäule übergeht auf die Atmosphäre
(schallweiche Impedanz) oder im Mundstück, wo sie am Rohrblatt endet (schallharte
Impedanz). Messtechnisch besonders wichtig ist die Eingangsimpedanz am Mundstück; dort
ändern sich Schalldruck und Schnelle in Abhängigkeit von den Resonanzen im Horn besonders
kräftig (Die Klangqualität des Saxofons).
SCHALLINTENSITÄT Die Schallintensität als Produkt aus Schalldruck p und Schallschnelle v quantifiziert den lokalen
Energiestrom in der Schallwelle. Die kinetischen Anteile des Energiestroms (bewegte, pendelnde
Luftmoleküle: Schallschnelle) übertragen ebenso Arbeit auf die benachbarten Luftmoleküle, wie
die potentiellen Anteile des Energiestroms (ruhende Luftmoleküle bei deformierten
Luftvolumen: Schalldruck). Die Einheit der Schallintensität ist Leistung pro Querschnittsfläche
der Luftsäule.
[9] Schallintensität
𝐼 = 𝑝 ∙ 𝜈 [𝑃𝑎 ∙𝑚
𝑠] → [
𝑁
𝑚2∙
𝑚
𝑠] → [
𝑊
𝑚2] 𝑚𝑖𝑡 [7] 𝑤𝑖𝑟𝑑 𝐼 =𝑝2
𝑍0 [
𝑊
𝑚2]
Die zweite Gleichung zeigt, dass die Schallintensität dem Quadrat des Schalldrucks proportional
ist: Proportionalitätskonstante ist der reziproken Wert des Wellenwiderstandes Z0 [8]. Die
Schallintensität wird stets über die Zeit gemittelt, um einen einzelnen Wert zu erhalten.
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 14 von 32 Apr 15
SCHALLPEGEL Der Schallpegel sagt etwas über die Stärke einer Schallquelle aus. Er lässt sich berechnen aus
dem logarithmierten Verhältnis einer gemessenen Schallgröße, wie Intensität, Druck oder
Leistung zu einem Bezugswert. Der logarithmierte Wert reduziert den hörbaren Bereich von
vier Zehnerpotenzen auf zwei und er wird in dB angegeben. dB = Dezibel, der zehnte Teil von
Bel; dB ist keine Einheit.
[10] Schallpegel Als Schallpegel wird z.B. bei der Aufnahme eines Frequenzspektrums das logarithmierte Schallleistungsverhältnis LP verwendet. Es ist wie folgt definiert:
𝐿𝑃 = 10𝑑𝐵 ∙ 𝐿𝑜𝑔 (𝑃
𝑃0) 𝑚𝑖𝑡 𝑃0 = 1𝑚𝑊
P0 ist der Bezugswert der Schallleistung und P ihr Messwert. Mit 1mW ist P0 ein maximaler Wert, was zur Folge hat das Lp stets negativ ist. Zur Umrechnung des Schallpegels in die Schallleistung muss die Gleichung nach P aufgelöst werden:
𝑃 = 1𝑚𝑊 ∙ 10𝐿𝑃
10𝑑𝐵⁄ Ein anschauliches Beispiel ist das Klangspektrum eines Tenorsaxofons (Bild 12); dort ist der Schallpegel von 0dB (1mW) bis -90dB (Hörschwelle 10-12W) gegen die Frequenz aufgetragen.
DIE AKUSTISCHE WELLE IM SAXOFON Beim Blasen des Saxofons wird, zusätzlich zum stetigen Luftstrom, eine Schallwelle durch das
Saxofon geführt, die viel schneller ist als der Luftstrom. Die Länge der schwingenden Luftsäule
ist im Verhältnis zu ihrem Durchmesser stets groß (Reflexion am offenen Ende). Im Horn entsteht
ein reaktives Schallfeld.
EIGENSCHWINGUNGEN DER LUFTSÄULE Da die Luftsäule ein schwingungsfähiges System ist, kann sie Zustände annehmen, die wir als
Eigenschwingungen (Resonanzen) oder „Stehende Wellen“ bezeichnen. Ob und wie die
Schallwellen zu einer resonanten Interferenz führt, hängt entscheidend davon ab, wie die
Luftsäule geformt ist und welche Bedingungen sie bei den Reflexionen an den Enden der
Luftsäule vorfinden: (Bild 7) Moden im Vergleich.
REFLEXION DER SCHALLWELLE Die im Mundstück erzeugten Schallwellen passieren das Horn, bis sie im Schallbecher oder an
einem geöffneten Tonloch teilweise reflektiert werden, zurückwandern zum Mundstück und
dann am Rohrblatt reflektieren. Es soll die Frage beantwortet werden, wie sich Schalldruck und
Schallschnelle bei der Reflexion am geschlossenen und am offenen Ende der Luftsäule verhalten.
Reflexion am geschlossenen Ende
Das Rohrblatt und die Lippen des Spielers bilden für die Schallwelle eine fast absolut schallharte
Wand. Die schwingenden Luftmoleküle werden abrupt abgebremst, sie stauen sich, die
Schallschnelle stoppt, sie hat dort einen Knoten; gleichzeitig wächst der Schalldruck maximal an,
er hat dort einen Bauch (Überdruck). Die Luftmoleküle prallen vom Rohrblatt zurück, d.h. sie
bewegen sich diametral gegen die ankommenden Luftmoleküle, die Schallschnelle macht einen
Phasensprung um eine halbe Wellenlänge π=180°. Eine rückwertige Wellenbewegung wird
auslöst, der Überdruck wird reflektiert, der Schalldruck (die Schallwelle) erleidet keinen
Phasensprung.
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 15 von 32 Apr 15
Schallschnelle und Schalldruck sind nicht mehr in Phase, wie bei der ungestörten Ausbreitung
(Bild 2b), sie rücken auseinander, sie erleiden am geschlossenen Ende der Luftsäule eine
Phasendifferenz von einer viertel Wellenlänge (Bild 7) Moden im Vergleich).
Reflexion am offenen Ende Eine Reflexion der Schallwelle am offenen Ende des Horns (geöffnete Klappe oder Schallbecher)
kann nur dann auftreten, wenn der Durchmesser der Hornöffnung Ø kleiner ist als die
Wellenlängen λ, etwa Ø ≤λ/2π. Damit ist gewährleistet, dass an einer Öffnung nicht die gesamte
Schallenergie abgestrahlt wird. Die Atmosphäre bildet für diese Wellenlängen aus dem Horn
eine relativ schallweiche Wand. Der Schalldruck wird gezwungen sich dem Atmosphärendruck
anzupassen, er hat dort einen Knoten. Der größte Teil der schwingenden Luftmoleküle gibt ihre
Bewegungsenergie an die Luftmoleküle der Atmosphäre ab, die Schallenergie verlässt diese
Öffnung ungestört. Für einige Luftmoleküle aber (deren Wellenlängen einem ganzzahligen Teil
der Hornlänge entsprechen!) reichen die Druckkräfte der Luftsäule aus um noch eine letzte
maximale Auslenkung zu machen, die Schnell macht dort einen Bauch (maximale
Molekülgeschwindigkeit). Dieser Vorgang läuft nicht punktgenau ab, die Luftmoleküle
schwingen über den Schallbecher hinaus, sie „fallen ins Leere“, wodurch ein Unterdruck in der
Luftsäule entsteht, was eine ansteigende Zugkraft erzeugt. Ein Teil der Luftmoleküle wird
wieder ins Horn hineingezogen, eine entgegengesetzte Wellengegenbewegung wird ausgelöst.
Der Schalldruck (die Schallwelle) wechselt vom Überdruck zum Unterdruck, macht also einen
Phasensprung um eine halbe Wellenlänge π=180°, während die Schallschnelle die Richtung ohne
einen Phasensprung ändert.
Schallschnelle und Schalldruck sind nicht mehr in Phase, wie bei der ungestörten Ausbreitung
(Bild 2b), sie rücken auseinander, sie erleiden eine Phasendifferenz von einer viertel
Wellenlänge (Bild 7) Moden im Vergleich).
STEHENDE WELLE Schallwellen, Wellen allgemein, überlagern und durchdringen sich, ohne sich dabei gegenseitig
zu stören. An den Orten wo sich ihre Phasen gleichsinnig auf und ab bewegen, setzen sich neue
Wellen mit größeren Amplituden zusammen, bei gegensinniger Bewegung heben sich die
Amplituden der Wellen auf. Ein wichtiger Sonderfall der Überlagerung von Wellen ist die
Interferenz: sie ist immer dann gegeben, wenn die Wellen von gleicher Frequenz (und damit
gleicher Wellenlänge) am selben Ort mit fester Phasenbeziehung aufeinander treffen.
Im Abschnitt Moden werden wir genau diese Bedingungen kennenlernen unter denen
reflektierte Wellen bei einer festen Instrumentenlänge miteinander interferieren können. In
diesen Zuständen wird ihre Dämpfung minimal und die Schwingungsamplituden maximal.
Bevor sich in der Luftsäule eine „Stehende Welle“ aufgebaut hat, müssen die zugehörigen
Schalldruckschwankungen erst durch das Horn mehrmals hin und her gelaufen sein (In Zeiten
von Millisekunden). Das ist auch ein Grund, warum Blasinstrumente im Allgemeinen schwer
anzublasen sind, bevor ein stabiler Ton entsteht.
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
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BILD 6A) DYNAMIK STEHENDE WELLE IN DER FLÖTE
Das (Bild 6a) soll die Dynamik einer „Stehenden Welle“ in der Flöte simulieren. Sie steht im Horn
still und schwingt um den Atmosphärendruck (Nulllinie, Druckknotenpunkte). Es sind neun
Bewegungsbilder stroboskopisch über eine Periode von t0 bis t8 mit konstantem Zeitintervall zu
sehen. In ihren Knoten steht die „Stehende Welle“ still, d.h. sie verschiebt sich nicht mehr mit der
Zeit. Insbesondere an den Enden der Flöte, wo die Luftsäule offen ist, wird der Druck auf dem
Niveau des Atmosphärendrucks praktisch festgehalten. Nur die Druckbäuche ändern ihren
Zustand, sie schwingen auf und ab. In ihnen konzentriert sich die Schallenergie. Benachbarte
Knoten sind um eine halbe Wellenlänge voneinander entfernt.
Im Saxofon interferieren Schallwellen ebenso wie in der Flöte, aber die Randbedingungen für die
Interferenz sind andere (Moden). In (Bild 6b) sind stroboskopisch wieder neun
Bewegungsbilder einer „Stehenden Welle“ im Saxofon über eine Periode von t0 bis t8 mit
konstantem Zeitintervall abgebildet.
BILD 6B) DYNAMIK STEHENDE WELLE IM SAXOFON
Wir sehen sofort, dass diese Wellenform nicht sinusförmig ist wie in der Flöte. Es ist der
Wellenstrahl einer Kugelwelle (Bild 4c), der sich im Saxofon ausbreitet. Ihre Druckamplitude
nimmt von links nach rechts reziprok mit der Entfernung ab. Besonders Dominant ist das Auf-
und Abschwingen des Schalldruckbauchs links auf der Seite des Mundstücks. Rechts dagegen,
am offenen Ende, wird der Druck, wie bei der Flöte, als Schwingungsknoten auf dem Niveau des
Atmosphärendrucks festgehalten.
to t1 t2
t3 t4 t5
t6 t7 t8
to t1 t2
t3 t4 t5
t6 t7 t8
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
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Benachbarte Knoten sind auch im Saxofon, wie in der Flöte, um eine halbe Wellenlänge
voneinander entfernt.
MODEN Stehende Wellen, die bei einer festen Instrumentenlänge durch Überblasen auftreten (Naturtöne).
BILD 7) MODEN IM VERGLEICH
University New South Wales: Die Moden n=0, 1, 2, 3, … der Eigenschwingungen von Flöte, Klarinette und Saxofon
In (Bild 7) Moden im Vergleich, sind die Grundformen der drei Holzblasinstrumente skizziert. Die
Zylinderform steht für Flöte und Klarinette und die Kegelform für das Saxofon. Bei der Flöte
(Spalte Links) sind beide Seiten offen (Mundstück offen an der Schneidekannte), bei der
Klarinette (Spalte Mitte) ist die Schallbecherseite offen, die Mundstückseite geschlossen. Das
Saxofon (Spalte Rechts) ist am Mundstück geschlossen und zum Schallbecher offen. In der
Abbildung sind die Durchmesser übertrieben dargestellt, aber die Skalierung für die
Wellenlängen ist bei allen drei Skizzen dieselbe. Wir sehen, dass es neben der Stehenden Welle
des Grundtons (0. Mode) weitere Eigenschwingungen oder Obertöne (Moden 1, 2, 3, …)
auftreten, die die Randbedingungen der Luftsäule erfüllen. Der Schalldruck (rot) und die
Schallschnelle (blau) schwingen um eine Viertelwellenlänge phasenverschoben. Siehe Reflexion
am offenen und am geschlossenen Ende.
Grundton und Obertöne der Flöte Im Zylinder breiten sich die Schallwellen sinusförmig aus. Von der ersten möglichen
Eigenschwingung, also vom Grundton liegt die Hälfte der Wellenlänge im Zylinder. Von der
zweiten Eigenschwingung, also vom ersten Oberton liegt eine ganze Wellenlänge im Zylinder
und vom zweiten Oberton liegen drei halbe Wellenlängen im Zylinder.
Über die Länge der Flöte LF kann jeder Ton (Frequenz) entstehen, der ein ganzzahlig
Vielfaches einer halben Wellenlänge besitzt. Beim ersten Überblasen wird der Grundton um eine
Oktave=12 Halbtöne angehoben:
[11] Frequenzmoden der Flöte
𝑓𝑛 = (𝑛 + 1) ∙𝑐
2𝐿𝐹 𝑚𝑖𝑡 𝑛 = 0,1,2,3, …
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Axel E. Lesche Seite 18 von 32 Apr 15
Grundton und Obertöne der Klarinette
Im Zylinder breiten sich die Schallwellen sinusförmig aus, wie bei der Flöte. Von der ersten
möglichen Eigenschwingung, also vom Grundton liegt ein Viertel der Wellenlänge im Zylinder.
Das hat zur Folge, dass die zweite Eigenschwingung, also der erster Oberton nur dann erklingen
kann, wenn dreiviertel seiner Wellenlänge Platz im Zylinder findet. Der zweite Oberton (nicht
mehr dargestellt) kann nur dann entstehen, wenn sich fünfviertel seiner Wellenlänge im
Zylinder befinden.
Über die Länge der Klarinette LK kann jeder Ton (Frequenz) entstehen, der ein ungerades
ganzzahlig Vielfaches einer viertel Wellenlänge besitzt. Beim ersten Überblasen wird der
Grundton um eine Duodezime=19 Halbtöne angehoben. Der erste Oberton besitzt dann die
dreifache Grundfrequenz!
[12] Frequenzmoden der Klarinette
𝑓𝑛 = (2𝑛 + 1) ∙𝑐
4𝐿𝐾 𝑚𝑖𝑡 𝑛 = 0,1,2,3, …
Grundton und Obertöne des Saxofons Wir sehen in der rechten Spalte von (Bild 6), dass sich die Form der Eigenschwingungen im
Kegel deutlich von den sinusförmigen Eigenschwingungen in der Flöte und in der Klarinette
unterscheiden. Wie in der Formel [7] schon gezeigt, breiten sich die Schallwellen im Saxofon
verzerrt sinusförmig aus und nimmt zum Schallbecher rasch mit der Amplitude ab. Ihre
Systematik wird dadurch mit der Flöte vergleichbar: Von der ersten möglichen
Eigenschwingung, also vom Grundton liegt die Hälfte der Wellenlänge im Kegel. Von der zweiten
Eigenschwingung, also vom ersten Oberton liegt eine ganze Wellenlänge im Kegel.
Über die Länge des Saxofons LS kann jeder Ton (Frequenz) entstehen, der ein ganzzahlig
Vielfaches einer halben Wellenlänge besitzt. Beim ersten Überblasen wird der Grundton um eine
Oktave=12 Halbtöne angehoben:
[13] Frequenzmoden des Saxofons
𝑓𝑛 = (𝑛 + 1) ∙𝑐
2𝐿𝑆 𝑚𝑖𝑡 𝑛 = 0,1,2,3, …
Dieses Ergebnis ist auf den ersten Blick überraschend, insbesondere deshalb, weil das Saxofon
und die Klarinette, je eine geschlossene und eine offene Seite haben, sowie einen
Schalldruckbauch am Mundstück und einen Schalldruckknoten auf der Seite des Schallbechers.
Der Unterschied liegt in der Form der Instrumente. Das Saxofon ist kegelförmig, die Klarinette
zylindrisch. Im Saxofon breitet sich der Schall als Kugelwelle aus, in der Klarinette als Ebene
Welle.
Wo der Flötist und der Saxofonist für einen Ton die ganze Länge ihrer Instrumente verwenden,
braucht der Klarinettist nur die Hälfte. Der Klarinette fehlen die geraden Obertöne, was im tiefen
Tonbereich diesen ihren typischen hohlen Klang bewirkt. Im oberen Frequenzbereich verwischt
sich dieser Unterschied, da die Intervalle zwischen den harmonischen Obertönen immer kleiner
werden.
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 19 von 32 Apr 15
INTONATION
TONGENERATOR Zur Erzeugung von Schallwellen arbeiten Mundstück und Rohrblatt wie ein Tongenerator
zusammen. An Hand von (Bild 8) soll dieser Vorgang prinzipiell diskutiert werden. Ein
periodischer Anblasluftfluss, kurz Luftfluss qLf, wird z.T. in eine Schallwelle Δp (Schalldruck)
umgewandelt.
BILD 8) TONGENERATOR
Beim Anblasen, mit dem Anblasdruck pMund[Pa] am Rohrblatt, fließt eine Luftmenge pro
Sekunde, der Luftfluss qLf[m³/s], durch den Spalt (Bahnöffnung), in die Tonkammer. Dort baut
sich der Druck pTK[Pa] auf. Im Diagramm ist der Luftfluss gegen den Schalldruck Δp = pMund —
pTK[Pa] aufgetragen. Die blaue Kurve repräsentiert das Verhältnis von Druck zu Luftfluss, eine
quasistationäre Schallimpedanz oder Luftimpedanz Δp/qLf[Pa·s/m³]. Im roten Spielbereich ist
ein Moment der Tonerzeugung abgebildet: Das schwingende Rohrblatt moduliert die
Luftflusswelle (grün), die eine Schallwelle (braun) anstößt.
In der ersten Phase bläst der Spieler die Luft zunächst schwach, ohne mit der Unterlippe auf das Blatt zu drücken.
Luft strömt in die Tonkammer. Während der Anblasdruck pMund steigt, steigt auch der Luftfluss
qLf, der Druck pTK in der Tonkammer verändert sich kaum. Luftfluss und Druckdifferenz steigen
proportional an, die Luftimpedanz ist positiv und konstant, die blaue Kurve entspricht fast einer
ansteigenden Geraden. Das Rohrblatt bewegt sich nicht, der Spalt verändert sich nicht, man kann
sagen, die Blasenergie verpufft, weil kein Ton erzeugen wird. Der Luftstrom erzeugt nur ein
rauchiges unruhiges Geräusch.
In der zweiten Phase verstärkt der Spieler sein Anblasen, dann nimmt die Geschwindigkeit der Luftströmung im Spalt
zu. Die Folge ist, dass an der Unterseite des Rohrblattes ein Unterdruck entsteht, so dass die
Rohrblattspitze zum Rand der Mundstückspitze gezogen wird („Bernoulli-Effekt“). Der Spalt
wird kleiner, mit steigendem Anblasdruck nimmt der Luftfluss jetzt nur noch gering zu. Die
Rückstellkraft des Rohrblattes setzt ein (Abhängig von der Blattstärke). Das Blatt schnellt
zurück, der Vorgang wiederholt sich und das Blatt beginnt zu schwingen. Gleichzeitig schwingt
der Druck pTK in der Tonkammer, d.h. Δp beginnt zu schwingen, eine kleine Schallwelle entsteht.
Ein Teil der Blasenergie wird in Schallenergie umgewandelt. Die blaue Kurve neigt sich und geht
Luft
flu
ss q
Lf [
10
¯⁴m
³/s]
Schalldruck Δp [kPa]
TonerzeugungLuftimpedanzΔp/qLf
Spielbereich
Luftfluss Welle
Schallwelle
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in die abfallende Flanke über. Das bedeutet, die kleine Schallwelle entzieht dem Luftfluss
Energie. Dies ist ein labiler Zustand, der Spieler muss seinen Anblasdruck rasch verstärken und
stabilisieren, damit der beginnende Ton nicht abbricht. Noch ist der Ton sehr leise, er schwingt
symmetrisch sinusförmig, er hat nur wenige Obertöne. Der rote Spielbereich ist noch sehr klein.
Der Spieler steigert seinen Anblasdruck. Das Rohrblatt schwingt wie eine Fahne im Wind. Der
Spielbereich wird größer. Der Schalldruck pTK in der Tonkammer schwillt an, der Ton ist noch
piano. Die Schallwelle schwingt wegen der leicht gekrümmten abfallenden Flanke asymmetrisch
sinusförmig und damit reicher an Obertönen als zu Beginn.
Der Spieler steigert seinen Anblasdruck weiter, bis das Rohrblatt auf den Mundstückspitze für
einen Bruchteil einer Sekunde aufschlägt. Der Spielbereich erreicht seine größte Ausdehnung,
das Blatt schwingt in seiner größten Weite, der Ton klingt forte, er hat viele Obertöne, seine
Schwingungsform bekommt durch den Aufschlag steile Flanken, die den sinusförmigen
Schwingungscharakter zerstören und zusätzlich viele hohe Frequenzen dem Ton hinzufügen. Zu
Beginn klang das Saxofon noch sehr weich, jetzt klingt es deutlich härter.
In der dritten Phase tritt zwischen Mundstück und Horn eine Schwingungskopplung ein. Die Tonkammer gibt ihre
Schwingungen an die Luftsäule des Horns weiter, diese beginnt zu schwingen, die Schallwelle
reflektiert an ihren Enden, durch Interferenz entsteht eine „Stehende Welle“ im Horn. Ihr
kräftiger Druckbauch (Bild 7b) am Rohrblatt wirkt stark in die Tonkammer hinein. Das Rohrblatt
erlebt jetzt eine gewisse Steuerung durch die schwingende Luftsäule des Horns (Rückkopplung).
Im (Bild 8) wirkt die braune Welle auf die grüne Welle zurück. Die Kunst des Spielers besteht
nun darin, die notwendige Luftmenge zum Erhalt der „Stehenden Welle“ im richtigen Moment
über die grüne Welle dem Horn zuzuführen. Der typische Klang des Saxofons gewinnt an Stärke
und Klangfülle.
Der Spieler muss die Balance halten zwischen Anblasen und Lippendruck. Das Ziel muss sein, im
Bereich des Ansatzes die Lippen so entspannt wie möglich zu halten. Nur so können die feinen
Vibrationen am Blatt ungestört ablaufen und vom Spieler erspürt werden, so dass keine
Druckschwankung im falschen Moment das Schwingen behindert. Die notwendige Druckbalance
kann der Spieler am besten mit einer festen Bauch- oder Zwerchfellatmung tarieren. Das Saxofon
ist ein druckgesteuertes Blasinstrument. Besonders bei tiefen Tönen spüren die Lippen des
Spielers diesen Einfluss. In gewisser Weise spielt das Instrument den Musiker, während dieser
das Instrument spielt.
Auch mit dem Mundstück allein lassen sich Töne erzeugen, da sich schon in der Tonkammer
selbst „Stehende Wellen“ ausbilden können. Die Frequenzen dieser Töne liegen aber, wegen der
Kürze der Tonkammer, in der siebten Oktave etwa um 2000Hz und verlangen vom Spieler
besonders viel Übung bei der Tonbalance.
Dass das Rohrblatt in dieser Situation von den Lippen noch beherrschbar bleibt, liegt daran, dass
die Eigenfrequenz des Rohrblatts sehr viel größer ist —auch im feuchten Zustand— als die
Grundfrequenz der erzeugten Töne im Instrument. Allerdings hat die Rohrblatthärte einen
gewissen Einfluss auf diesen „Durchgriff“ der erzeugten Steuerkräfte vom Horn. Bei harten
Blättern ist der Einfluss geringer, als bei weichen Blättern. Sollten ausnahmsweise die höchsten
Töne oberhalb der Eigenfrequenz des Blattes liegen —das kann bei sehr leichten Blätter
auftreten— vermag das Blatt dem schnellen Wechsel des Schalldrucks nicht mehr zu folgen, so
dass die Ansprache für diese Töne schwierig oder sogar unmöglich wird.
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 21 von 32 Apr 15
ÜBERBLASEN Es wird ein eingeblasenen Grundton durch verstärktes Anblasen angehoben bis zu einem neuen
Ton (Naturton) mit einer nächst höheren stabilen Stehenden Welle. Dazu muss der Blasdruck
schnell und kontrolliert ansteigen. Das bedeutet, während man den Blasdruck erhöht, muss man
auf den ansteigenden Ton hören und den Lippendruck auf das Rohrblatt steuernd variieren.
Stehende Wellen, die bei einer festen Instrumentenlänge durch Überblasen auftreten werden in
(Bild 7) Moden im Vergleich angezeigt.
BEISPIEL: Grundzustand, Mode n=0, Bb-Klarinette LK=67 cm, klingend d, Sopransaxofon LS=69
cm klingend a im Abstand einer Quinte (7 Halbtonschritte). Erstes Überblasen führt für beide
Instrumente zum klingenden a‘. Grund: Die Klarinette überbläst um eine Duodezime, das
Saxofon um eine Oktave.
Es gibt einfache Hörner, wie z.B. das Alphorn oder die Barocktrompete, die über das Variieren
von Atemdruck und Lippenspannung Naturtöne über bis zu 10 Register spielen können. Jeder
Überblassprung führt zu einem neuen Register (Register des Saxofons).
TONLEITER & TONUMFANG Durch ein System von Klappen wird die Länge der Luftsäule im Saxofon so verändern, dass eine
chromatische Tonleiter nach der sog. temperierten Stimmung (in Halbtonschritten) entsteht. Die
Durchmesser der Tonlöcher müssen dem jeweiligen Horndurchmesser entsprechen, damit die
Luftsäule am Ort des geöffneten Grifflochs auch vollständig abreißt.
Aus der Analyse der Moden (Formeln [11], [12] und [13]) kann man den Schluss ziehen, dass
allein die Kenntnis der Instrumentenlänge ausreicht, um die Tonhöhen des Instruments zu
berechnen. Das ist meist in erster Näherung grob richtig, aber bei der Reflexion der Schallwelle
haben wir kennengelernt, dass man zur genaueren Betrachtung zwischen der mechanischen
Länge und der akustischen Länge eines Instruments unterscheiden muss. Der Druckausgleich
am offenen Ende zwischen Außenluft und Druckschwankungen im Inneren des Horns erfolgt
nicht genau an der Öffnung, sondern in einer um die Öffnung gelagerten kugelförmigen Zone. Im
Wegweiser für den Instrumentenbauer (Edition Moeck, Otto Steinkopf) werden
Korrekturgrößen für die verschiedenen Einflüsse zur Längenberechnung für
Holzblasinstrumente angeben. Letztlich jedoch bleibt der Instrumentenbauer auf Erfahrung und
Versuch angewiesen, sowie auf sein geschultes Gehör.
BEISPIEL: Bei den aufgerundeten Hornlängen LK=20 cm, LS=30 cm und LF=40 cm erzeugen
Klarinette, Saxofon und Querflöte im Grundzustand Mode n=0 gemeinsam ein klingendes g‘. Die
Längenverhältnisse geben Auskunft über die Tonabstände zwischen den Instrumenten: 1.)
Saxofon zu Klarinette 3:2 eine Quinte (7 Halbtöne), 2.) Saxofon zu Querflöte 3:4 eine Quarte (5
Halbtöne) und 3.) Querflöte zu Klarinette 2:1 eine Oktave (12 Halbtöne).
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 22 von 32 Apr 15
TRANSPONIEREN Blasinstrumente bezeichnet man auch als „transponierende Instrumente“. Die Bezeichnung
bezieht sich nicht auf die Fähigkeit der Instrumente, sondern auf eine Übereinkunft darüber, wie
die Musik für sie „notiert“ wird. In der TRANSPONIERTABELLE unten sind die Regeln dafür
zusammengefasst.
BEISPIEL: Greift man beim Altsaxofon ein c‘ (Notation), dann erklingt ein eb (Transposition nach
Vorschrift (a)). Soll umgekehrt ein c‘ erklingen (Klang), dann muss man ein a‘ greifen
(Transposition nach Vorschrift (b)). Sollen Alt- und Tenorsaxofon gleich klingen (Klang), dann
muss eine Notationen von beiden um das Intervall d‘ bis a‘, also um eine Quinte (7
Halbtonschritte) transponiert werden. Die Folge: Bei der Wahl der Tonart hat das Altsaxofon
stets ein (#) mehr, aber stets ein (b) weniger als das Tenorsaxofon.
TRANSPONIERTABELLE
Instrumente Notation in
c‘ (a) Transposition mit Intervallangabe
HT = Halbtöne Klang in
c‘ (b)
Klavier, Querflöte c‘ (a) Klang wie Notation (b) Notation wie Klang
c‘
Sopransaxofon, Bb-Klarinette
bb (a) Klang große Sekunde (2HT) tiefer als Notation (b) Notation große Sekunde (2HT) höher als Klang
d‘
Altsaxofon eb (a) Klang große Sexte (9HT) tiefer als Notation (b) Notation große Sexte (9HT) höher als Klang
a‘
Tenorsaxofon, Bassklarinette
Bb (a) Klang große None (14HT) tiefer als Notation (b) Notation große None (14HT) höher als Klang
d‘‘
Baritonsaxofon Eb (a) Klang große Tredezime (21HT) tiefer als Notation (b) Notation große Tredezime (21HT) höher als Klang
a‘‘
DER KLANG Wenn ich das Saxofon anblase, erklingen neben dem dominanten Grundton eine Reihe von
Obertönen mit, die zusammen den Ton formen. Dieser „natürliche“ Ton ist physikalisch gesehen
bereits ein Klang, so dass die Begriffe Ton und Klang äquivalent verwendet werden können. Der
Anteil Obertöne und ihre unterschiedlichen Intensitäten prägen die Klangfarbe des Tons, die
ihm die ästhetische Wirkung verleiht, die sehr verschieden sein kann und in der Musik eine
außerordentlich wichtige Rolle spielt. Nur wenn es sich um „reine Töne“ handeln soll, die keine
Obertöne besitzen, dann werde ich von „Sinustönen“ sprechen (sie sind nur elektronisch
herstellbar; Beispiel Synthesizer).
Zum Obertonspektrum des Klangs kommt immer auch ein Rauschuntergrund hinzu, der für das
Saxofon besonders typisch ist. Unverwechselbar und mit hoher Wiedererkennung ist die
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 23 von 32 Apr 15
Klangfarbe des Saxofons zu Beginn des Anblasens und beim Ausklingen. Die zeitliche
Feinstruktur des Toneinsatzes unterscheidet sich nämlich in der Zusammensetzung der
Obertöne deutlich vom eingeschwungenen Zustand. In der Klangdynamik werden tiefe Töne
langsamer auf und abgebaut als hohe Töne.
NATURTÖNE Wo kommen die Naturtöne her? Es sind die Obertöne, die mit dem Grundton zusammen einen
Klang bilden. Bei jedem Überblassprung gewinnt ein Oberton des ursprünglichen Klangs an
Dominanz. In den Frequenzbeziehungen stimmt die Naturtonreihe mit der Obertonreihe des
Klangs selber überein. Der Unterschied liegt nur darin, dass die Naturtöne beim Überblasen real
erklingen, wo sie doch sonst immer nur einen Teil des Klangs bilden. Die Intervalle in der Natur-
bzw. Obertonreihe werden mit steigender Frequenz stetig kleiner.
Ausgangspunkt sei ein möglichst tiefer Grundton. Beim ersten Überblasen steigt dieser um eine
Oktave an, seine Frequenz verdoppelt sich (Bild 9) Naturtonreihe Altsaxofon). Beim zweiten
Überblasen steigt der Ton erneut an, jetzt um eine Quinte auf die dreifache Frequenz des
Grundtons. Durch weiteres Überblasen steigt der Ton um eine zweite Oktave, auf die vierfache
Grundfrequenz an usw. Wir könnten also eine Folge von Tönen produzieren, die man Naturtöne
nennt, deren Auftreten und Aufbau naturbedingt ist.
BILD 9) NATURTONREIHE ALTSAXOFON
A) Schwingungsbilder V.l.n.r. (prinzipiell) vier Momentaufnahmen longitudinaler Schalldruckschwingungen der
„Stehenden Wellen“ im Horn. Der gegriffene Grundton C, klingend (es) wird in die drei Naturtöne
(es‘), (b‘) und (es‘‘) Überblasen. Schwarz schraffiert die Schalldruckbäuche und weiß die
Schalldruckknoten.
B) Notenbild
Unveränderliche Grundeinstellung: gegriffener Grundton C, klingend „es“ mit zugehöriger Grundfrequenz f0. Das erste
Überblasen erhöht den Grundton um eine Oktave auf (es‘) entsprechend 2*f0. Das zweiten Überblasen erhöht um eine
Duodezime auf (b‘) mit dreifacher Grundton 3*f0. Das dritte Überblasen erhöht um zwei Oktaven auf (es‘‘) mit
vierfacher Grundfrequenz 4*f0.
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
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OKTAVLÖCHER Um das Überblasen schnell und zuverlässig zu machen, hat das Saxofon zwei Oktavlöcher, die
von Oktavklappen (auch als Registerklappen bezeichnet) abgedeckt werden. Ihre Aufgabe
besteht darin, die schwingende Luftsäule durch einströmende Außenluft zu stören und dadurch
eine Frequenzanhebung zu provozieren. Es unterdrückt den zugehörigen Grundton, da es die
Luft entweichen lässt, sobald der Schalldruck steigt. Das Oktavloch ist aber zu klein, um einen
Abriss der Luftsäule zu bewirken. Die Lage des Lochs ist so gewählt, dass der erste Oberton
seinen Schalldruckknoten in der Nähe dieses Lochs hat, so dass er praktisch davon unbeeinflusst
weiterschwingen kann, aber an Stärke gewinnt. Wir denken dabei z.B. an das Daumenloch der
Flöte, das durch die halbe Abdeckung die gleiche Funktion hat.
Das erste Oktavloch befindet sich im oberen Bereich des Hornes, kurz unter dem S-Bogen. Das
zweite Oktavloch sitzt auf dem S-Bogen.
Register des Saxofons Zwei Oktavlöcher ermöglichen es, dass man das Saxofon in vier Register (Bild 10) Register
Altsaxofon) einteilen kann. Im tiefen Register werden die Klappen*) 1 bis 8 ohne Oktavklappe
gespielt.
*) Für die Bezeichnung der Klappen verwende ich das Klappensystem „Londeix“ (Französischer Saxofonist Jean-
Marie Londeix; Schott Praxis-Guide; Schott Music GmbH, Mainz; 2008).
Es reicht vom gegriffen tiefen Bb bis zum Db‘, wo alle Klappen offen sind. Das Überblasen ins
mittlere Register beginnt mit dem Öffnen der ersten Oktavklappe. Die Klappen 1 bis 6 können
erneut gespielt, womit das mittlere Register gegriffen D‘ bis Db‘‘ ausgefüllt wird. Beim
Überblasen vom mittleren Register ins hohe Register öffnet die zweite Oktavklappe (auf dem S-
Bogen) automatisch, während die erste Oktavklappe schließt. Dieser Wechsel setzt im mittleren
Register ab dem gegriffene A‘ ein. Die zweite Oktavklappe übernimmt an dieser Stelle
automatisch die Funktion der ersten. Das hohe Register besitzt fünf eigene Klappen C1 bis C5.
Damit kann der Spieler ohne Aufwand die hohen Töne D‘‘ bis F#‘‘ greifen. Das vierte Register,
auch Altissimo-Register genannt, ist etwas für Fortgeschrittene. Die Töne dieses Registers (Top
Tones, Flageoletts oder High Notes genannt) werden mit Obertönen gespielt, die spezielle Griffe
erfordern und die Einbeziehung des Vokalbereichs, der Mundhöhle in den Luftstrom erfordern.
BILD 10) REGISTER ALTSAXOFON
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 25 von 32 Apr 15
GRUNDTON & OBERTÖNE Stellen wir uns in einem Gedankenexperiment einmal vor, wir nehmen uns fünf verschiedene
Sinustöne unterschiedlicher Periode und Lautstärke und mischen sie anschließend zu einem
Ton zusammen (Prinzip des Synthesizers). Nehmen wir weiter an es seien fünf harmonische
Sinustöne, wie aus einer Naturtonreihe, ein Grundton und vier seiner Obertöne. In (Bild 11a)
sind die einzelnen Töne im Zeitbereich aufgetragen. Die Amplitude des Grundtons ist am
größten, die Amplituden der Obertöne werden unregelmäßig kleiner. Die Perioden der Obertöne
sind im ganzzahligen Verhältnis zum Grundton kleiner. In (Bild 11b) ist der Summenton
dargestellt, ein harmonischer Klang über zwei Perioden. Wir sehen, dass die Periodizität
eindeutig vom Grundton bestimmt wird, seine Gestalt aber von den Obertönen moduliert wird.
BILD 11A,B) VON DEN EINZELTÖNEN ZUM KLANG
Die meisten Töne, die wir in der Praxis hören, sind Summentöne. Es ist leicht einzusehen, dass
auch der rückwärtige Weg, vom Klang zu den einzelnen Sinustönen funktionieren muss. Das
hatte der französische Mathematiker Joseph Fourier schon vor 200 Jahren erkannt, in dem er
feststellte: „Jedes beliebige periodische Zeitsignal lässt sich in eine endliche Reihe reiner
Einzelschwingungen zerlegen“. Das mathematische Werkzeug dazu nennen wir heute die
„Fourier-Transformation“. Der Klang wird derart ins Frequenzspektrum oder Klangspektrum
transformiert, dass die Amplituden (die Schallpegel) der einzelnen Töne in Abhängigkeit von
ihren Frequenzen fn = 1/Tn aufgetragen werden. (Bild 11c) zeigt das Prinzip solch eines
Klangspektrums. Es ist für eine Klanganalyse weit übersichtlicher als die Darstellung der
einzelnen Sinustöne in (Bild 11a).
BILD 11C) DAS KLANGSPEKTRUM
In der digitalen Säulendarstellung hat in der Regel der Grundton den größten Schallpegel und
die Obertöne folgen entsprechend ihren Amplitudenanteil im Klang. Ein einzelner Sinuston
würde durch eine einzelne Säule dargestellt. Ein natürlicher Ton (Klang) hat immer ein breites
Klangspektrum, also viele Säulen.
Am
plit
ud
e
Periode T[s]
(a) 5 Sinustöne
Am
plit
ud
e
Periode T[s]
(b) Summe der Sinustöne = Klang
rela
tive
r
Sc
hal
lpe
gel [
dB
]
Frequenzn fn[Hz]
(c) Klangspektrum
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 26 von 32 Apr 15
KLANGSPEKTRUM EINES SAXOFONS Mit einem Mikrofon (Messmittel) wird ein anhaltender Ton eines Tenorsaxofons -im Zeitbereich-
aufgenommen und in ein Spektrum-Analysator geschickt. In Echtzeit wird dieses Schallsignal
mit Hilfe einer sog. „Fast-Fourier-Transformation“ in den Frequenzbereich umgewandelt. Sein
Graph (Bild 12) wird auf einem Oszilloskop angezeigt, wobei üblicherweise die Abszisse die
Frequenzachse ist (bis max. 8kHz) und auf der Ordinate die Schallpegel der Grund- und
Obertöne aufgetragen werden.
BILD 12) KLANGSPEKTRUM EINES TENORSAXOFONS
University New South Wales: Die Momentaufnahme eines Frequenzspektrums eines Tenorsaxofons. Harmonische
Reihe v.l.n.r.: f=294Hz Grundton, Obertöne bei 2*f=588Hz; 3*f=882Hz; 4*f=1176Hz usw. Es wurde ein Tenorsaxofon
angeblasen mit dem Griff E‘, klingend d‘ (294Hz). (abstrahierte Fingersatzskizze)
Dem Pegelwert sind gemessene Werte der Schallleistung zugeordnet: Der oberster Pegelwert
0dB wird gleichgesetzt mit der maximalen Schallleistung von P=1mW (10-3W). Die folgenden
Pegelwerte fallen ab bis auf -90dB entsprechend der Hörschwelle von 10-12W (Schallpegel).
Durch diesen Bezug kann auch die Schalleistung logarithmisch angegeben werden. Z.B.
entsprechen -30dB einer Schallleistung von 1μW (10-6W) oder -60dB einer Schallleistung von
1nW (10-9W). Mit diesem Klangspektrum lässt sich eine Klanganalyse des, mit dem Saxofon
gespielten Tons durchführen, aber Rückschlüsse auf die Klangqualität des Saxofons lassen
sich damit nicht ziehen.
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 27 von 32 Apr 15
DIE KLANGQUALITÄT DES SAXOFONS Ziel ist es, die Klangqualität eines Saxofons durch Messung der Eingangsimpedanz zu
objektivieren.
MESSMITTEL
MIKROFON Der Schalldruck wird mit Mikrofonen gemessen. Bevorzugt werden Kondensator-Mikrofone, die
stabil und unabhängig von den Einflüssen der Umgebung sind und das Schallfeld am Meßort so
wenig wie möglich stören. Sie besitzen eine dünne, bewegliche Membrane, deren Auslenkungen
ihre Kapazität moduliert und damit Spannungsschwankungen erzeugt. Für
Präzisionsmessungen verwendet man vorwiegend Mikrofone mit Nickelmembrane, deren
Nachgiebigkeit durch die Spannung der Membrane und nicht durch das innere Luftvolumen
bestimmt wird.
Über seinen gesamten Dynamikbereich muss das Mikrofon ein elektrisches Signal abgeben, das
dem Schalldruck möglichst proportionales ist. In der Musik geht man von einem
Dynamikbereich bis zu 90dB aus. Innerhalb dieses Bereichs geben die lautesten Töne
Milliarden-Mal mehr Energie ab als die leisesten Töne. Es ist also nicht einfach Mikrofone so zu
konstruieren, dass sie einerseits größere Spannungen ohne Verzerrung oder Beschädigung
überstehen, andererseits selbst auf tausendfach schwächere Signale noch exakt zu reagieren.
HITZEDRAHTSONDE Die Schallschnelle kann am besten durch eine sog. Hitzedrahtsonde gemessen werden. Sie
besitzen keine Membrane, sondern sehr feine Platindrähte (1/10 bis 1/100 mm), die durch
elektrische Ströme erhitzt und durch die schwingende Bewegung der Luftmoleküle mehr oder
weniger gekühlt werden. Schaltet man sie in den Zweig eines Widerstandsmessgerätes
(Wheatstonsche Brücke), so lässt sich die Geschwindigkeit des Schallflusses durch die
Abkühlung bedingte Änderung des elektrischen Widerstandes sehr genau messen. Vorteile
dieser Methode sind erstens die kleinen Abmessungen der Sonde, die den Schallfluss nur gering
stören, zweitens die sehr geringe Trägheit, welche die Möglichkeit gibt, auch Felder mit raschen
Schwankungen in allen Einzelheiten zu untersuchen.
EINGANGSIMPEDANZ Die Eingangsimpedanz Z[Pa·s/m3] ist eine Schallimpedanz. Sie wird am Mundstück gemessen,
weil sich dort am deutlichsten das Zusammenspiel von Lippen, Luftstrahl aus dem Mund, mit
den starken Druckschwankungen aus dem Horn (Stehende Welle des Saxofons) auswirkt.
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 28 von 32 Apr 15
IMPEDANZ-MEßKOPF Die Eingangsimpedanz vom Saxofon wird mit einem sog. Impedanz-Meßkopf oder kurz mit
einem Meßkopf aufgenommen.
(Bild13) Saxophone acoustics: Introducing a compendium of impedance and sound spectra. Jer-Ming Chen, John Smith
and Joe Wolfe, School of Physics, University of New South Wales, Sydney 2052 NSW Vol. 37 April 2009.
BILD 13) MEßKOPF Ein Lautsprecher (speaker) wird mit
mehrere Hundert Sinustöne angesteuert,
deren Amplituden, relative Phasen und
Frequenzen beliebig gewählt werden
können. Dazu generiert ein Computer eine
Summe von 1040 Frequenzkomponenten.
Ein umgekehrter Schalltrichter gleicht die
Schallimpedanz des Lautsprechers auf die
Schallimpedanz des anschließenden
Wellenleiters (Ein etwa 300mm langes
Rohr mit 7,8mm Durchmesser) ab. Ein
konstanter Schallfluss vom Lautsprecher
gewährleistet, dass die Schallimpedanz im
Wellenleiter stets höher ist als die, die
man in der sog. Bezugsebene, misst. Die
Bezugsebene ist dort, wo das Mundstück angeflanscht ist (gestrichelter Bereich vergrößert). Der
Wellenleiter ist mit dem Mundstück über eine Dichtungsmanschette aus Teflon verbunden. Diese
Manschette ersetzt das Rohrblatt und lässt eine Querschnittfläche Q offen, die kleiner ist als die
Bohrung der Tonkammer, aber etwas größer als die mittlere Bahnöffnung. Das
Anregungsspektrum vom Meßkopf ist so optimiert, das es das zu messende Eingangsimpedanz-
Spektrum des Instruments, durch die akustische Antwort des Meßkopfes selbst kompensiert.
Praktisch wird so das fehlende Rohrblatt in der Bezugsebene ersetzt.
Für die Messung sind entlang des Wellenleiters drei Mikrofone in unterschiedlichen Abständen
von der Bezugseben positioniert. Der kleinste Abstand entspricht einer Viertelwellenlänge des
obersten Frequenzlimits. Die anderen Abstände sind größer, um die Empfindlichkeit bei
niedrigen Frequenzen zu verbessern. Die gemessenen Drucksignale der Mikrofone werden über
Vorverstärker an den Computer weitergeleitet, und dort verarbeitet, um schließlich als
Eingangsimpedanz-Spektrum auf einem Oszillograph angezeigt zu werden. Es werden
Frequenzen von 80Hz bis 4kHz durchfahren, so dass eine Vielzahl von Tönen reproduzierbar im
Wellenleiter (als Impedanz-Spitzen) gemessen werden können.
Vor Beginn der Messungen muss die Größe des Schallflusses im Meßkopf auf die zu erwartende
Belastung durch den Prüfling kalibriert werden. Der Meßkopf wird dazu an nicht resonante
Lasten angeschlossen, (an sehr lange zylindrische Rohre (bis zu 170m), wo die Reflexionen
vernachlässigbar spät einsetzen).
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 29 von 32 Apr 15
EINGANGSIMPEDANZ-SPEKTREN Die Eingangsimpedanz-Spektren lassen Rückschlüsse auf die Klangqualität des Saxofons zu.
DAS PRINZIP Die Interpretation eines Eingangsimpedanz-Spektrums soll an Hand der Vermessung eines
einfachen zylindrischen Rohres (beidseitig offen ≡ Flöte und einseitig geschlossen ≡ Klarinette)
der Länge 650 mm und dem Durchmesser 15 mm diskutiert werden. (Bild 14) zeigt das mit dem
Meßkopf aufgenommene Spektrum. In einer halblogarithmischen Darstellung sind die
Eingangsimpedanz Z in der Vertikalen und die durchgestimmte Frequenz f in der Waagerechten
aufgetragen. Die Spitzen kennzeichnen bei bestimmten Frequenzen maximale und minimale
Impedanzen am Eingang des Rohres. Kleine Diagrammskizzen oberhalb und unterhalb der
Kurve zeigen in den Fluchtlinien der Spitzen, die zugehörige Notierung im Notenbild, die
Rohrkonfiguration und die zugehörigen Moden der stehenden Druckwellen im Rohr.
BILD 14) EIN ZYLINDRISCHES ROHR Die Maxima der Kurve fallen auf Frequenzen entsprechend den Wellenlängen λ=4L/n, mit n=1,
3, 5,… und die Minima auf
Wellenlängen λ=2L/n, mit n=2, 4, 6,…
(Moden) Daraus ist leicht zu erkennen,
dass sich die Maxima der Kurve einer
hypothetischen Klarinette zuordnen
lassen, weil sich am geschlossenen
Mundstück stets ein maximaler Druck
aufbaut, sich also auch nur maximale
Eingangsimpedanzen zeigen können.
Die Minima lassen sich einer
hypothetischen Flöte zuordnen, denn
sie hat ein offenes Mundstück, wo der
Druck stets auf Atmosphärendruck
abfällt, also auch nur minimale
Eingangsimpedanzen auftreten
können. Zusammenfassend kann
festgestellt werden, dass sich die
Nummerierung der Spitzen auf die
Harmonischen des jeweils tiefsten
Tons (kleinste Frequenz) beziehen.
Dieser tiefste Ton liegt, wegen der
konstanten Rohrlänge, bei der
hypothetischen Klarinette um eine
Oktave tiefer als bei der
hypothetischen Flöte, was zu
erwarten ist. (Intonation)
Akustik des Saxofons — Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 30 von 32 Apr 15
DIE MESSPRAXIS
BILD 15) EIN TENORSAXOFON
University New South Wales: Spektrum der Eingangsimpedanz eines Tenorsaxofons.
Das (Bild 15) zeigt das gemessene und logarithmierte Eingangsimpedanz-Spektrum eines
Tenorsaxofons in Abhängigkeit von der Frequenz (abstrahierte Fingersatzskizze). Die Lage der
Eigenschwingungen bestimmen beim Saxofon die Maxima, denn die Eingangsimpedanz wird an
diesem Meßort durch die großen Schalldruckwerte der „Stehenden Welle“ und die kleinen
Werte des Schallflusses bestimmt (Moden). Wir erkennen eine harmonischen Reihenfolge der
Spitzen: Der Grundton liegt bei fo = 294 Hz klingend d1. Der erste Oberton ist bei 2*fo = 588 Hz
klingend d2 und der zweite Oberton bei 3*fo = 882Hz klingend a2.
Im Labor der University New South Wales werden in einer einsehbaren Online-Datenbank
http://www.phys.unsw.edu.au/music/saxophone die gemessenen Impedanz-Spektren und die
zugehörigen Klänge aller Standard-Fingersätze von Sopran- und Tenor-Saxophonen der Marke
Yamaha gesammelt. Die Wirkungen von Schallbecher, Mundstück, Tonlöcher usw. werden
verglichen und illustriert, wie auch verschiedene Verhaltensweisen von zylindrischen und
konischen Wellenleitern.
Physik des Saxofons —Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 31 von 32 Apr 15
ANHANG LITERATUR Benade, Arthur H.; Die Akustik der
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impedance and sound spectra; Sydney 2052
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Physik des Saxofons —Grundlagen Skript
Axel E. Lesche Seite 32 von 32 Apr 15
ANHANG LINKS
Wikipedia;
http://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite
Akustik des Saxofons. University New South Wales
http://www.phys.unsw.edu.au/music/saxophone/
Introduction to saxophone acoustics
Bergische Universität Wuppertal, Fachbereich Elektrotechnik, Informationstechnik,
Medientechnik
http://www.dasp.uni-wuppertal.de/ars_auditus/index.html
Tontechnik-Rechner
http://www.sengpielaudio.com/Rechner-wellen.htm
Java-Applets zur Physik: „Stehende Welle“
http://www.walter-fendt.de/ph14d/index.html