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8/13/2019 2012_PAKOS_Spenden fr Kolonialismus und Apartheid
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PALSTINAINFO
SPEZIAL
Palstina-SolidarittRegion Baselin Zusammenarbeit mit demPalstinakomitee Stuttgartund BDS Schweiz
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Umschlagfoto: Ruinen der Kirche St. Anna in Safurie, aufgenommen whrend derTour des Forums fr Menschenrechte in Israel/Palstina, September 2009
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PALSTINA-INFO SPEZIAL
SPENDEN FR
KOLONIALISMUSUND APARTHEID
Die Grnwaschung von Vertreibung und Enteignung inPalstina durch den Jdischen Nationalfonds (JNF/KKL)
Palstina-Solidar itt Region Basel in Zusammenarbeit mit dem Palstinakomitee Stuttgart und BDS Schweiz
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Inhalt
Spenden fr Kolonialismus und Apartheid
Grnwaschung von Vertreibung und Enteignung in Palstinadurch den Jdischen Nationalfonds (JNF/KKL)
PalstinaInfo Spezial
5 Grnwaschen der ethnischen Suberung und Apartheid in Palstina
7 Der Jdische Nationalfonds 19011948
11 Beihilfe zur ethnischen SuberungDer JNF/KKL und die Nakba
16 Aus den Augen, aus dem SinnDie Entarabisierung der Landkarte und der Versuch der Auslschungder Erinnerung an die Nakba
23 JNF/KKL in der besetzten Westbank und Ostjerusalem
24 Unter dem Deckmantel des UmweltschutzesGrner JNF/KKL?
28 Auf Kosten der PalstinenserInnenWie der Jewish National Fund den Negev entwickelt
33 Planung als Werkzeug der Landenteignung das Prawer-Projekt im Negev
34 Der JNF/KKL und die Schweiz
38 Impressum
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Der Jdische Nationalfonds (JNF/KKL) ist eine mch-
tige und finanzstarke Organisation. Sie besitzt 13 Pro-
zent des Bodens in Israel und verwaltet weitere 80 Pro-
zent mit, die sich in staatlichem Besitz befinden, indem
er einflussreich in der staatlichen Landbehrde (ILA)
vertreten ist. Der JNF/KKL hat damit eine halbstaatli-
che Rolle und finanziert viele ffentliche Aufgaben:Unterhalt von Wldern, Bau von Aufbereitungsanla-
gen und Reservoirs fr Wasser, Einrichtung und
Unterhalt von Freizeitanlagen etc. Der JNF ist eineTochterorganisation der World Zionist Organisation
(WZO) und seit 110 Jahren ein zentrales Instrument
der zionistischen Bewegung fr die jdische Kolonia-
lisierung von Palstina vor und nach der Staatsgrn-
dung Israels. ber den JNF/KKL und seine Tochter-
organisationen sind nur wenige Informationen
bekannt. Es herrscht wenig Transparenz ber die
Organisationsstrukturen, Finanzen, Projekte und
internen Diskussionen, sodass sich seine Ttigkeit nur
grob nachverfolgen lsst.Die Broschre soll die internationale Kampagne
Stop the JNF im deutschen Sprachraum unterstt-
zen und bekannt machen. Die Kampagne will ber die
zentrale Rolle des JNF/KKL bei der Umsetzung der
zionistischen Politik aufklren. Dazu gehren:
- die andauernde Vertreibung der palstinensischen
Bevlkerung von ihrem Land
- die Enteignung ihres Landes und Besitzes
- die fortdauernde Kolonialisierung und
- die Zerstrung der natrlichen Umwelt Palstinas.Der Widerstand gegen die Politik des JNF/KKL ist
alt. Whrend Jahrzehnten haben palstinensische
Land- und HuserbesitzerInnen mit ihren An-
wltInnen, ihren Gemeinden und zusammen mit
AktivistInnen verschiedene Wege bestritten, um
Widerstand gegen den JNF/KKL zu leisten.
Sie haben rechtliche Schritte gegen die Zerstrung
und Enteignung ihrer Huser und Grundstcke ergrif-
fen und sich den Bulldozern des JNF/KKL entgegen-
gestellt. Sie organisieren Treffen und Gedenkver-
anstaltungen in den Ruinen der zerstrten Drfer, die
vom JNF/KKL in Wlder und Picknickareale umge-
wandelt wurden, um den Anspruch der vertriebenen
PalstinenserInnen auf Rckkehr abzuwehren.1988 verffentlichte der britische Historiker Walter
Lehn zusammen mit dem Anthropologen und Akti-
Grnwaschen der ethnischen Suberungund Apartheid in PalstinaEnde des letzten Jahres feierte der Jdische National-fonds sein 110-jhriges Bestehen. 1901 im Stadtcasino
Basel whrend des 5. Kongresses der zionistischen
Bewegung gegrndet, war er seither immer ein zen-
traler Akteur, wenn es darum ging, den Palstinen-
serInnen ihr Land Stck fr Stck zu entreissen. Die
Palstina-Solidaritt Region Basel mchte mit dieser
Broschre das Jubilum kritisch begleiten und die
Machenschaften des Jewish National Fund (hebr-
isch: Keren Kayemeth LeIsrael, KKL) in all ihren
Aspekten aufzeigen.
Kindergartenjunge 1951 Kinder, vergesst nicht, amFreitag eure Mnze fr die blaue Bchse mitzubringen.
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visten Uri Davis das erste umfassende kritische Buch
zur Geschichte des JNF/KKL. Seit dem Krieg gegen
den Gazastreifen 2008 hat sich der Widerstand gegen
den JNF/KKL international verbreitet und intensiviert.
2009 ist am Rande der Nachfolgekonferenz zur UNO-
Antirassismus-Konferenz von Durban in Genf die
internationale Kampagne Stop the JNF gegrndetworden. Sie will die verschiedenen Kmpfe gegen den
JNF/KKL international koordinieren und verstrken.
Schon vorher hatte es auf internationaler Ebene ver-
schiedenste Aktionen und Kampagnen gegen den
JNF/KKL gegeben. In Kanada war der vom JNF
Canada finanzierte Canada Park, der auf dem Boden
von drei 1967 zerstrten palstinensischen Drfern
errichtet wurde, Auslser fr eine breite Diskussion
ber den JNF/KKL (siehe Kapitel Aus den Augen,
aus dem Sinn). Auch bei der UNO wurde gegen den
JNF/KKL Lobbying betrieben. Badil, eine palstinen-sische NGO, die sich fr die Rechte der Flchtlinge
starkmacht, und das Netzwerk fr Haus- und Land-
rechte der internationalen Habitat Coalition setzten
sich beispielsweise 2007 erfolgreich dafr ein, dem
JNF USA aufgrund seiner politischen Funktion keinen
UN-Beraterstatus zu erteilen. An der Stop the JNF-
Kampagne beteiligten sich insbesondere auch das
jdisch-antizionistische Netzwerk (IJAN), der palsti-
nensische Ausschuss der Kampagne fr Boykott,
Desinvestition und Sanktionen (BNC) und dieSchottische Palstina-Solidaritt (SPSC). Im Mai 2010
fand in Edinburg (Schottland) das erste Treffen von
AktivistInnen und AnwltInnen des neuen Netzwer-
kes statt, um Erfahrungen auszutauschen und das
Netzwerk zu strken. Das internationale Netzwerk
geht davon aus, dass die Basis einer gerechten Lsung
des Palstinakonflikts nicht durch Kolonialismus,
Vertreibung und Diskriminierung (also Kriterien der
Definition von Apartheid) geschaffen werden kann.Die Broschre mchte kurz die verschiedenen Aspekte
der Arbeit des JNF/KKL darstellen. Die Artikel
beleuchten jeweils unterschiedliche Themen: angefan-
gen von der Grndung und der Rolle des JNF vor der
Grndung Israels bis zu dessen heutiger Strategie, sich
als NGO fr Umweltanliegen zu prsentieren. Zu
jedem Artikel gibt es weiterfhrende Literaturhinwei-
se. Der JNF/KKL hat nicht nur die Schaffung einer
exklusiven und diskriminierenden Jdischen Heim-
sttte mit dem Kauf von Land gefrdert, er trgt auchMitverantwortung fr die bis heute andauernde ethni-
sche Suberung und Enteignung der einheimischen
arabischen Bevlkerung in Palstina sowie die Ver-
tuschung dieser Verbrechen durch seine Propaganda
und durch die Begrnung zerstrter arabischer Drfer.
Zudem ist er heute eine wichtige Sttze der israeli-
schen Apartheid, weil er 93 Prozent des Landes von
Israel exklusiv nur fr die jdische Bevlkerung mitver-
waltet. Der JNF/KKL hat Zweigstellen in ber 50 Ln-
dern in Europa, Nordamerika und darber hinaus.Trotz der Teilhabe an den Verbrechen gegen die Pa-
lstinenserInnen gilt er in den meisten Lndern, in
denen er aktiv ist, als gemeinntzige Nichtregierungs-
organisation und geniesst Steuerfreiheit. Deshalb wol-
len wir neben der Aufklrungsarbeit ber die Rolle des
JNF/KKL auch dazu beitragen, dass ihm und den mit
ihm verbundenen Organisationen aufgrund der rassis-
tischen Politik der Status der Gemeinntzigkeit bei
Bund und Kantonen abgesprochen wird. Es ist be-
fremdend und einmalig, dass die offizielle Schweizeine halbstaatliche, rassistische Bewegung untersttzt.
Blaue KKL-Sammelbchse, gefllt mit bittersssenKstlichkeiten als Sinnbild Israels
Weiterfhrende Links und Lektre1. Walter Lehn, Uri Davis,
Jewish National Fund (nur noch antiquarisch erhltlich)Siehe auch: uridavis-official-website.info
2. Stop the JNF www.stopthejnf.org3. IJAN www.ijsn.net
4. BDS-Kampagne und BNC www.bdsmovement.net5. SPSC www.scottishpsc.org.uk6. E-Books zum JNF jnfebook.net
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Grndung des Jdischen Nationalfonds
Ende des 19. Jahrhunderts machten sich die bis dahinnur lose verknpften BefrworterInnen eines jdi-
schen Nationalstaates daran, ihre Utopie in die Tat
umzusetzen. Auf Initiative von Theodor Herzl wurde
1897 in Basel der erste Zionistenkongress abgehalten.
Die 204 TeilnehmerInnen aus aller Welt einigten sich
auf eine gemeinsame politische Perspektive: die
Errichtung eines jdischen Staates. Zu diesem Zweck
grndeten sie den zionistischen Weltkongress und ver-
einbarten, sich im folgenden Jahr wieder zu treffen.
Schon bei diesem ersten Kongress wurde ber dieSchaffung einer Organisation diskutiert, die in Pals-
tina Land kaufen und an jdische SiedlerInnen vertei-
len sollte. Es dauerte dann jedoch noch vier
Jahre, bis diese Idee mit der Grndung des
Jdischen Nationalfonds (JNF/KKL) auf dem
vierten Zionistenkongress 1901 realisiert
wurde. Der JNF/KKL war von Anfang an als
ein Instrument des zionistischen Projektes
gedacht gewesen. Es ging darum, dieUmsetzung der eigenen Utopie selbst in die
Hnde zu nehmen und nicht zu warten,
bis eine wohlgesinnte Grossmacht den
verfolgten Juden und Jdinnen zu Hilfe
kommt. Obwohl der Zionismus von kei-
nem europischen Staat vorangetrieben
wurde, war die Ideologie eindeutig im kolonialisti-
schen Denken jener Zeit verankert:
- die Idee, sich ein Stck Erde Untertan zu machen
und sich dort anzusiedeln;- die Methode, mit externer Hilfe (zwar nicht eines
Mutterlands, dafr einer weltweiten Community)
die Kontrolle ber dieses Land zu erlangen und im
Sinne der Helfenden zu regieren;
- ein eurozentristisches, rassistisches Menschenbild,
welches das Schicksal der Eingeborenen als
unwichtig abtut gegenber den Interessen eines
zivilisierten europischen Volkes.
Vielen Vordenkern eines jdischen Staates war von
Anfang an bewusst, dass sie ihr Ziel nur durch die(zumindest teilweise) Vertreibung und Verdrngung
der im Gelobten Land ansssigen, nicht jdischen
Der JdischeNationalfonds
19011948
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Bevlkerung erreichen wrden. Man bezeichnete die-
sen Vorgang als Transfer, und es gab unterschied-
lichste Haltungen dazu, was man damit genau meint
und wie er durchzufhren sei. Im Grossen und Ganzen
gab man der Frage bis zum Ende der 1930er-Jahre
wenig Gewicht, zu viele andere Hindernisse waren auf
dem Weg zum eigenen Staat noch zu berwinden.
Anfangsphase: Zeit bis zum Ersten Weltkrieg
Es dauerte eine Weile, bis der JNF/KKL wirksame
Arbeit leisten konnte. In den ersten Jahren seines Be-
stehens kam es nur zu vereinzelten Landkufen, hinter
denen keine klare Strategie steckte. Erfolgreicher war
die Organisation von Beginn weg in Hinblick auf das
Sammeln von Spenden. Es gelang ihr, eine kleine
blaue Spendenbox zu verbreiten, die innert einiger
Jahre zum wichtigsten Merkmal des JNF/KKL undder zionistischen Besiedlung Palstinas wurde. Die
finanziellen Zuwendungen waren zwar schon bald
beachtlich, in Relation zum (unerschpflichen) Ziel
der Organisation so viel Land erwerben wie mg-
lich waren die Mittel dennoch sehr bescheiden.
In jener Zeit war der JNF/KKL nur ein zionistischer
Landkufer unter vielen: Kibbuzim, jdische Privat-
leute oder kleinere Siedlungsorganisationen erwarben
und besassen bis 1919 zusammen ein Vielfaches des
Landes, das in JNF/KKL-Hand war. Unter der Obhutder Osmanen war es fr Auslnder enorm schwierig,
Land zu erwerben. Zudem durfte Agrarland nicht ln-
ger als drei Jahre brachliegen, ansonsten konnte der
Staat die Besitzer enteignen. Die Verkufer waren
meist arabische Grossgrundbesitzer, die selbst in ara-
bischen Stdten der Region (Beirut, Jerusalem) lebten
und ihr Land an Kleinbauern/Kleinbuerinnen ver-
pachtet hatten. Dass Lndereien ab und an die Besit-
zer wechselten, war an sich nichts Aussergewhnliches.
Traditionell hatte sich dadurch fr die BewohnerInnendes Landes nicht viel gendert: Sie hatten nun die
Pacht einfach an einen anderen Herrn zu entrichten.
Dies nderte sich mit dem Auftauchen zionistischer
InteressentInnen und dem Ende des Osmanischen
Reiches schlagartig. Entsprechend der zionistischen
Ideologie, mit jdischen ArbeiterInnen einen jdi-
schen Staat zu schaffen, der den diskriminierten und
verfolgten Juden und Jdinnen weltweit eine Heimat
bieten sollte, war fr arabische, nicht jdische Bauern-
familien kein Platz mehr. Von Anfang an war vomJdischen Weltkongress (JWK) geplant, dass der
JNF/KKL das Land, das die Zionisten in Palstina in
Besitz brchten, im Namen des jdischen Volkes als
Treuhnder verwalten sollte. Wie in seinen Statuten
festgeschrieben, sollte das Land ausschliesslich der
jdischen Nation dienen. Die Vertreibung arabischer
PchterInnen war somit unausweichlich. Unter osma-
nischer Herrschaft war dies jedoch usserst schwierig.
Erst als nach dem Ende des Ersten Weltkriegs dasOsmanische Reich unterging und die Briten die Herr-
schaft ber Palstina bernahmen, war die Zeit fr
den JNF/KKL gekommen.
Osmanische Landgesetze und deren
Transformation in der Mandatszeit
Die britische Mandatsverwaltung machte sich 1921
unverzglich daran, die osmanischen Landgesetze in
ein koloniales juristisches System zu transformieren.
Im Zentrum stand dabei der 1858 verabschiedeteOsmanische Landkodex, welcher alles Land in fnf
Kategorien unterteilt hatte. Dieses Gesetz bzw. seine
katastrophale Umsetzung in osmanischer Zeit war
eine der Ursachen fr den erfolgreichen Landerwerb
der verschiedenen zionistischen Krfte whrend der
Mandatszeit.
Voraussetzung fr die Wirksamkeit des Landkode-
xes war eine detaillierte Registrierung smtlichen Lan-
des. Fr die Kleinbauern/Kleinbuerinnen und
PchterInnen war die Registrierung des von ihnenbearbeiteten Landes aus mehreren Grnden vllig
uninteressant: Zum einen war die zentralstaatliche
Gesetzgebung in ihrem Leben seit jeher unwichtig,
eine Registrierung des eigenen Landes demnach in
ihren Augen unntig. Zum anderen befrchteten sie
neue Pflichten gegenber dem Staat (mehr Steuern,
Militrdienst, mehr Kontrolle durch die Behrden).
Im damaligen Palstina wurde die bersicht ber die
Landregistrierung den lokalen osmanischen Behrden
bertragen. Damit ffneten sich Tr und Tor fr Kor-ruption und Missbrauch. Lokale Beamte und Eliten
liessen ganze Landstriche, ganze Drfer auf ihren
Namen registrieren, ohne dass die betroffenen Bauern
davon etwas merkten. So entstand eine arabische
Schicht von Grossgrundbesitzern. Die britische Man-
datsregierung orientierte sich bei ihrer kolonialen An-
passung des Rechts meistens an den schriftlichen
Gesetzen und Registern und nicht an der Realitt vor
Ort, sodass die erschlichenen Ansprche arabischer
Notabeln unhinterfragt anerkannt wurden. Dies kamdem JNF/KKL sehr gelegen, denn viele Grossgrund-
besitzer, die meist in einer Stadt lebten und kaum
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einen Bezug zu ihrem Land hatten, verkauften ihmihre Lndereien. Bis 1929 stammte laut damaliger
Aussage eines Vertreters der Jewish Agency rund
90 Prozent des erworbenen Landes von abwesenden
Grundbesitzern (vgl. Ottoman Land Registration Law
as a Contributing Factor in the Israeli-Arab Conflict).
Die zionistischen Landerwerbe und
ihre Folgen
In den 1920er-Jahren begann der JNF/KKL, seine
Ttigkeit zu systematisieren und ein Konzept fr seineLandkufe auszuarbeiten. Man entschied, sich auf
lndliche Regionen zu konzentrieren, um landwirt-
schaftliche Siedlungen zu ermglichen. Zudem legte
man als geografischen Schwerpunkt das Jezreel-Tal,
spter die Kste in Juda und Sharon, fest. Auf diese
Weise erwarb der JNF/KKL bis 1927 rund 200 000
Dunam (= 200 km2) Land. Insgesamt belief sich das
Land in jdischem Besitz in jenem Jahr auf 900 000
Dunam (= 900 km2). Die PchterInnen, die tatschlich
auf den Lndereien wohnten und von der Landwirt-schaft lebten, hatten das Nachsehen. Sie wurden meist
vertrieben und waren gezwungen, in die Stdte zu zie-
hen. Der JNF/KKL war in dieser Hinsicht besonders
unnachgiebig. Vertreter des JNF/KKL besuchten per-
snlich die neu erworbenen Lndereien und ermutig-
ten die neuen jdischen Besitzer, die einheimischen
PchterInnen hinauszuwerfen, selbst wenn sie keine
Verwendung fr die gesamten Ackerflchen hatten(siehe Ilan Pappe, Literaturhinweis S. 13).
Auf diese Weise entstand eine neue Schicht von ara-
bischen landlosen Bauern/Buerinnen. Ihr Zorn auf
die europischen Juden, die scheinbar ber enorme
finanzielle Mittel verfgten, und auf die Briten, die
nichts gegen die langsame Verdrngung der Einheimi-
schen unternahm, wurde immer grsser und entlud
sich schliesslich 1929 in einer Reihe lokaler Aufstnde
mit zum Teil tdlichem Ausgang. In Hebron und Safa
kam es zu Massakern an jdischen SiedlerInnen, insge-samt kamen bei den Unruhen 133 Juden und 230 Ara-
ber ums Leben. Um die Ereignisse aufzuklren,
Grndung des Jdischen Nationalfonds (KKL) am fnftenKongress der zionistischen Bewegung (1901) in Basel
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setzte die Mandatsregierung eine Untersuchungskom-
mission ein. In ihrem Bericht, dem Shaw Report vom
Mrz 1930, wird die Entwicklung der 1920er-Jahre
deutlich aufgezeigt:
Es gibt unanfechtbare Hinweise, dass die jdischen
Behrden sich ernsthaft von der Doktrin [...] verab-
schiedet haben, die Einwanderung anhand der wirt-schaftlichen Kapazitt Palstinas, Neuankmmlinge zu
absorbieren, zu regulieren. [...] Zwischen 1921 und
1929 kam es zu gross angelegten Landverkufen. Als
Konsequenz davon wurden zahllose Araber vertrieben,
ohne dass ihnen ein anderes Stck Land zur Verf-
gung gestellt wurde. [...] Dadurch wurde eine landlose
und unzufriedene Klasse geschaffen. Das heute weit
verbreitete Gefhl basiert auf der zweifachen Furcht
der Araber, dass sie durch jdische Immigration und
Landkufe ihrer Existenzgrundlage beraubt wrdenund dass sie mit der Zeit unter die politische Herr-
schaft der Juden kmen.
Als Folge dieses Berichts verschrfte die Mandatsre-
gierung 1930 die Gesetze zum Schutz von PchterInn-
en und Kleinbauern/Kleinbuerinnen. Vor allzu ein-
schneidenden Massnahmen (zum Beispiel das von
arabischer Seite geforderte Verbot fr Auslnder,
Boden zu erwerben) schreckte sie aber zurck. Darin
zeigte sich einmal mehr die unklare Politik der Briten,
die whrend der ganzen Mandatszeit zwischen ihrenSympathien fr die zionistischen Einwanderer und
dem Schutz der einheimischen Bevlkerung schwank-
ten. Die historische Forschung hat in den letzten Jah-
ren deutlich aufgezeigt, wie die Zionisten die britische
Kolonialverwaltung immer wieder fr ihre Zwecke ein-
spannen konnten.
Die unterschiedlichen, aber stark ineinander ver-
wobenen Interessen der Briten und der Zionisten
fhrten zu einem sogenannten Dualen Kolonialis-
mus (Begriff von Ronen Shamir): Die jdischenEinwanderer bernahmen die konkrete Kolonisie-
rung des Landes, whrend die britischen Behrden
den kolonialistischen Rahmen in politischer, rechtli-
cher und administrativer Hinsicht garantierten. Der
Aufstand von 1929 und die grassierende Weltwirt-
schaftskrise hatten zur Folge, dass der JNF/KKL in
den Jahren darauf massiv weniger Land erwerben
konnte. Zum einen wurden weniger Spendengelder
generiert, zum anderen machte sich angesichts der
zunehmenden Spannungen mit der einheimischenBevlkerung eine pessimistische Stimmung breit.
Zudem erlebte die palstinensische Wirtschaft in der
ersten Hlfte der 1930er-Jahre einen Aufschwung,
sodass weder Bauern noch Grossgrundbesitzer finan-
ziell zum Verkauf ihres Landes gezwungen waren.
Die zionistischen Lndereien nehmen Form
an: JNF/KKL-Aktivitten bis 1947
Mit seinen Landkufen schaffte es der JNF/KKL,Fakten zu schaffen, die in den 1940ern massgeblich in
die UN-Plne zu Palstina einflossen. Trotz schwieri-
ger Bedingungen besass der JNF/KKL 1936 360 000
Dunam (= 360 km2) Land, was etwa einem Drittel
allen jdischen Landbesitzes in Palstina entsprach.
Trotz des grossen palstinensischen Aufstands von
19361939 gelang es dem JNF/KKL, seinen Land-
besitz in den kommenden zehn Jahren fast zu verdrei-
fachen: Am Vorabend des Krieges von 1948 waren
knapp sieben Prozent Palstinas 1,85 MillionenDunam (1850 km2) Land in den Hnden der jdi-
schen Community, die Hlfte davon unterstand dem
JNF/KKL.
Im Laufe der 1930er-Jahre konzentrierte sich der
JNF mehr und mehr darauf, einzelne Lndereien, die
bereits in jdischem Besitz waren, zu grsseren Ein-
heiten zu verbinden. Mit anderen Worten bemhte er
sich darum, die Lcken zwischen verschiedenen
jdischen Landstrichen zu erwerben, um daraus ein
zusammenhngendes jdisches Gebiet zu machen.Damit gelang es der zionistischen Bewegung, Mitte der
1940er-Jahre zwei grssere Landstriche als jdisch
bezeichnen zu knnen: die Kstenregion von Haifa bis
sdlich von Tel Aviv und die Region zwischen Haifa
und dem Tiberias-See.
Die UNO, die sich zu jener Zeit um einen Teilungs-
plan fr Palstina bemhte, wurde damit vor voll-
endete Tatsachen gestellt, die sie nicht ignorieren
konnte. So teilte sie diese beiden Landstriche dem
neu zu grndenden jdischen Staat zu. Die Land-kufe des JNF/KKL vor dem Krieg von 1948 waren
fr die Entstehung Israels von grosser Bedeutung.
Auch wenn der JNF/KKL in den ersten 35 Jahren
seines Bestehens nur 3,5 Prozent Palstinas kau-
fen konnte, setzte er damit den Grundstein fr die
jdische Besiedlung des Landes. Zudem ermglich-
te seine kontinuierliche Arbeit, planmssig und
systematisch vorzugehen und viele kleine Puzzle-
stcke, die von jdischen Siedlern privat erworben
wurden, miteinander zu verbinden und damit zumKern des zuknftigen Territoriums Israels zu ma-
chen.
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Die Verabschiedung des Teilungsplans durch die UNO
im November 1947 lste den ersten israelisch-arabi-
schen Krieg aus. Der Krieg endete mit der totalen
Niederlage der arabischen Armeen und palstinensi-schen Milizen, die arabischen Staaten schlossen 1949
Waffenstillstandsabkommen mit dem neuen Staat
Israel. In der israelischen Geschichtsschreibung ist
dies der Unabhngigkeitskrieg Israels. Die palstinen-
sische Seite nennt ihn Nakba, das arabische Wort fr
Katastrophe, weil vor und whrend des Krieges Hun-
derttausende von Einheimischen aus ihren Drfern
vertrieben wurden und gezwungen waren, sich in den
Nachbarlndern Jordanien, Syrien, Libanon oder
gypten niederzulassen (das Westjordanland war bis1967 Teil Jordaniens, der Gazastreifen stand unter
gyptischer Kontrolle).
Zahlreiche HistorikerInnen palstinensische wie
israelische haben sich seither mit den Ereignissen
zwischen 1947 und 1949 auseinandergesetzt. Die Tat-
sache, dass die PalstinenserInnen bewusst gegen
ihren Willen vertrieben worden sind, lsst sich kaum
mehr leugnen. Dennoch ist die historische Aufarbei-
tung der Ereignisse noch lange nicht erschpft.
Denn Aufarbeitung heisst nicht nur, die Geschehnissezu rekonstruieren und militrisch zu verstehen, son-
dern auch, nach den politischen Umstnden und der
Beihilfezur ethnischen
SuberungDer JNF/KKL und die Nakba
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laden und fragten die Leute unauffllig aus. Immer
mehr Details wurden festgehalten: die Bodenqualitt
des Agrarlandes, die Anzahl der Wasservorkommen in
einem Dorf, die wichtigsten Einkommensquellen der
BewohnerInnen, deren Religionszugehrigkeiten, die
Namen der Dorfvorsteher, Alter der mnnlichen Be-
wohner, Beziehungen zu anderen Drfern und so wei-ter. Des Weiteren interessierte die Orientalisten die
politische Haltung der DorfbewohnerInnen: Wie
feindlich standen sie dem Zionismus gegenber?
Welche DorfbewohnerInnen hatten sich am Aufstand
beteiligt, wer stand im Verdacht, Juden/Jdinnen um-
gebracht zu haben? Welche Familien hatten Ange-
hrige verloren? Innert weniger Jahre sammelte der
JNF/KKL auf diese Weise unglaublich viel Wissen.
Wissen, das ganz offensichtlich weit ber das akade-
mische Interesse an exakten geografischen Kartenhinausging. Gegen Ende der Mandatszeit trat die
militrische Ausrichtung der Angaben immer mehr in
den Vordergrund: Die Lage der Zufahrtsstrassen
wurde notiert, die Wachen in und um die Drfer
gezhlt, potenzielle Angriffsplne ausgearbeitet. Als
dann der Krieg ausbrach, konnte die zionistische Mi-
litrfhrung auf einen enorm umfangreichen Schatz
an Informationen ber ihre Feinde zurckgreifen.
Das Dilemma des Zionismus:Ohne Vertreibung kein jdischer Staat
In der Zeit vor der Annahme der UNO-Resolution 181
zur Teilung Palstinas in zwei Staaten befasste sich die
zionistische Fhrung um David Ben Gurion (er war
seit 1930 Prsident der zionistischen Arbeiterpartei
Mapai, ab 1935 Vorsitzender der Jewish Agency for
Palestine) mit der Frage, wie man mit den zu erwar-
tenden UNO-Beschlssen umgehen soll und welche
Chancen ein Krieg dem knftigen Staat Israel bieten
wrde.In der ffentlichkeit akzeptierte Ben Gurion den
UNO-Vorschlag, aber bei Reden in vertraulicherem
Rahmen machte er aus seiner Ablehnung der vorge-
schlagenen Grenzen keinen Hehl. Er rechnete fest mit
der vollstndigen Ablehnung der Teilung Palstinas
durch die arabische Welt und die PalstinenserInnen.
Darum war fr ihn klar, dass die Zustimmung der
ZionistInnen keine Verpflichtungen mit sich brchte,
da der Konflikt sowieso militrisch und nicht diploma-
tisch gelst wrde. Der Historiker Ilan Pappe kommtin seiner Untersuchung der Quellen aus dem zionisti-
schen Fhrungszirkel zum Schluss: Fr ihn [Ben
Gurion] und seine Freunde an der Spitze der zionisti-
schen Hierarchie bedeutete ein lebensfhiger jdischer
Staat ein Staatsgebiet, das den grssten Teil Palstinas
und, wenn berhaupt, nur eine verschwindende Zahl
von Palstinensern umfasste. Dieser Meinung war
wie Pappe zeigt, auch Yosef Weitz. Er schrieb 1940
in sein Tagebuch: Transfer dient nicht nur einem Ziel die arabische Bevlkerung zu reduzieren , er
dient auch einem zweiten, keineswegs unwichtigeren
Zweck, nmlich: Land zu rumen, das derzeit von
Arabern bestellt wird, und es frei zu machen fr jdi-
sche Besiedlung. Die einzige Lsung ist, die Araber von
hier in Nachbarlnder umzusiedeln. Kein einziges Dorf
und kein einziger Stamm darf ausgelassen werden.
Transfer war der allgemein verbreitete Begriff fr
die Vertreibung der einheimischen AraberInnen. Jekonkreter sich abzeichnete, dass das jahrzehntelang
ersehnte Ziel eines jdischen Staates zum Greifen nahe
war, desto mehr drehten sich die politisch-strategi-
schen Diskussionen der zionistischen Fhrung um die
Frage der knftigen Grenzen und um die sogenannte
demografische Frage: Ein jdischer Staat braucht
per Definition eine klare jdische Mehrheit auf seinem
Territorium. 1947 lebten im dem jdischen Staat zuge-
teilten Gebiet laut UNSCOP-Berechnungen 55 Prozent
Juden/Jdinnen (rund 500 000) und 45 ProzentAraberInnen. Im palstinensischen Staat wren 99 Pro-
zent der Bevlkerung arabisch gewesen und nur 1 Pro-
Ruinen von Al Quba Quelle: Badil
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zent (ca. 10 000) jdische Eingewanderte. Die Konse-
quenz daraus ist klar: Ohne Transfer der arabischen
Bevlkerung wrde es keinen jdischen Staat geben,
vor allem, weil Ben Gurion und Konsorten nach einem
zionistisch kontrollierten Territorium strebten, das weit
ber die von der UNO festgelegten Grenzen hinausging.
Die politische Verantwortung des JNF/KKL:
Yosef Weitz und die Beratergruppe
Mitte des Jahres 1947 begann David Ben Gurion,
einen engen Kreis an Beratern um sich zu scharen, mit
denen er vertraulich die zuknftigen Plne und Strate-
gien der zionistischen Bewegung besprach. Dieser
Kreis, das Beratende Komitee, war verantwortlich
fr die Planung und Ausfhrung der ethnischen Su-
berung whrend des ersten arabisch-israelischenKrieges 19471949. Der Historiker Ilan Pappe hat die
Debatten und Entscheide dieses Gremiums trotz
schwieriger Quellenlage detailliert aufgearbeitet. Dem
Komitee gehrten die hchsten Offiziere in der Armee
des zuknftigen jdischen Staates und fhrende Per-
sonen aus dem Kreis der schon erwhnten Orienta-
listen an, zudem einige regionale Kommandeure
der Haganah. Moshe Dayan, legendrer Verteidi-
gungsminister whrend des Sechstagekrieges 1967,
gehrte ebenso dazu wie Yitzhak Rabin, Armeechefin den 1960ern, zweimaliger Ministerprsident und
Friedensnobelpreistrger von 1994. Ebenfalls eingela-
den war Yosef Weitz, Leiter der Siedlungsabteilung
im JNF/KKL. Das Wissen, das er sich in den vielen
Jahren als fhrende Figur des JNF/KKL angeeignet
hatte, kam dem Beratenden Komitee nun zugute. Die
unter seiner Koordination angelegten Dorfakten wa-
ren die Grundlage fr die konkrete Kriegsplanung
und fr die Vorbereitung der Vertreibungen. Die leidernur selten gefhrten Protokolle zeigen, dass Weitz
immer wieder auf die Notwendigkeit eines Transfers
hinwies und zwischen den Treffen eifrig an konkreten
Vorschlgen zur praktischen Umsetzung arbeitete, die
er dann den Militrs und Ben Gurion schmackhaft zu
machen suchte.
Kriegsverlauf
Am 29. November 1947 verabschiedete die UNO die
Resolution 181 zur Teilung Palstinas. In den Tagendanach begannen spontane und unorganisierte palsti-
nensische Streik- und Protestaktionen, bei denen
unter anderem auch jdische Busse angegriffen wur-
den. Als Vergeltung kam es zu einer Serie von Angrif-
fen auf palstinensische Drfer und Stadtviertel, die
zwar nicht systematisch verliefen, aber dennoch rund
75 000 Menschen zur Flucht bewegten. Im Januar
nahmen diese Angriffe zu und wurden immer mehr zu
eigentlichen Suberungsaktionen. Mitte Februar folg-
ten gewaltsame Vertreibungen, bei denen es jdischenTruppen gelang, an einem einzigen Tag fnf palsti-
nensische Drfer zu rumen. Am 10. Mrz wurde Plan
Dalet beschlossen, der nun definitiv und ganz offiziell
die Entarabisierung Palstinas befahl. Bis zur Ausru-
fung des Staates Israel am 15. Mai 1948 wurden laut
dem palstinensischen Historiker Salman Abu Sitta
ber 400 000 PalstinenserInnen entwurzelt. Wenn
ein Dorf gerumt war, wurden smtliche Huser ge-
sprengt oder niedergebrannt.
An jenem 15. Mai 1948 begann offiziell der Kriegzwischen Israel und seinen arabischen Nachbarstaa-
ten. Dennoch behielt Israel jederzeit die Oberhand.
Seine Truppen waren seris ausgebildet, straff organi-
siert und relativ gut bewaffnet. Zudem gelang es Israel,
die Truppenstrke bis Ende des Sommers 1948 von
50 000 auf 80 000 zu erhhen, mehr als die arabi-
schen Armeen und die palstinensischen Milizen zu-
sammen aufbringen konnten, die zudem meist unge-
ngend bewaffnet und schlecht organisiert waren.
Aus dieser Position der Strke heraus legitimierten diezionistischen Streitkrfte ihre Vertreibungsaktionen
als Vergeltung fr gegnerische Angriffe, auch wenn die
Ehemaliges palstinensisches Haus im heutigen Israel
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Suberungen oft schon lange im Voraus geplant und
abgesegnet worden waren. Oftmals sah es so aus, als
ob die lokalen Truppenverbnde angewiesen worden
waren, mglichst heftig zu provozieren, um eine Eska-
lation herbeizufhren. Die palstinensische Bevlke-
rung wurde gezielt terrorisiert und eingeschchtert,
um mglichst viele zur Flucht zu bewegen. In Dr-fern, die dicht an Stdten lagen, verfolgten die israeli-
schen Truppen eine Politik der Massaker, um die
Flucht der Bevlkerung aus den nahen Orten und
Stadtgebieten zu beschleunigen. (Ilan Pappe)
Massaker
Ein solches Massaker ereignete sich im Dorf Ayn al-
Zaytun nahe der Stadt Safad. Ayn al-Zaytun lag in ei-
nem tiefen Tal an strategisch gnstiger Lage. Jdische
SiedlerInnen hatten schon einige Jahre zuvor in derNhe Land gekauft, waren aber von den palstinensi-
schen DorfbewohnerInnen feindlich aufgenommen
worden. Eine Abteilung der Palmach, der Haganah-
Eliteeinheit, griff am 2. Mai 1948 das Dorf an. Als sie
das Dorf aus Distanz in Beschuss nahmen, flohen die
syrischen Freiwilligen (neben den Truppenverbnden
der Nachbarstaaten gab es in ganz Palstina auch mili-
trische Trupps, die aus Freiwilligen bestanden) ber-
strzt und liessen ein wehrloses Dorf zurck. Das Dorf
kapitulierte, und gegen Mittag wurde es von der Pal-mach gestrmt. Die Palmach trieb alle zurckgebliebe-
nen BewohnerInnen zusammen. Routinemssig iden-
tifizierte ein maskierter Informant alle, deren Namen
auf einer vorbereiteten Liste der Geheimdienste stan-
den. Die selektierten Mnner wurden an einen ande-
ren Ort gebracht und erschossen. Dies wurde in fast
jedem eroberten Dorf so gemacht. In Ayn al-Zaytun
jedoch kam es darber hinaus zu Dutzenden, wenn
nicht Hunderten von Erschiessungen von Gefangenen:
Mnner, Frauen und Kinder. Anschliessend wurdenalle Huser des Dorfes niedergebrannt, als Warnung
an die palstinensischen BewohnerInnen der nahe
gelegenen Stadt Safad. Auch das benachbarte Dorf
Biriya wurde gewaltsam gerumt und vollstndig zer-
strt. Die Ruinen von Ayn al-Zaytun sind heute, zu-
sammen mit fnf weiteren zerstrten palstinensischen
Drfern, begraben unter dem Wald von Biriya, dem
grssten von Menschen angelegten Waldgebiet, das
sich ber insgesamt 20 km2 erstreckt. Der Wald wurde
nach dem Krieg vom JNF/KKL angelegt und steht bisheute unser dessen Aufsicht und Verantwortung.
Gegen Ende des Jahres 1948 nahmen die Suberungs-
aktionen ab. Nun konzentrierten sich die israelischen
Truppen darauf, eine Rckkehr der Flchtlinge zu ver-
hindern. Die verlassenen Drfer wurden sptestens ab
August 1948 systematisch zerstrt und von israeli-
schen Truppen bewacht. Zurckkehrende wurden wie-
der weggeschickt. Mit dem Abschluss der Waffenstill-
standsabkommen mit den Nachbarlndern kam dasEnde der Militraktionen. Schtzungen ber die Zahl
der Vertriebenen sind schwierig, liegen aber mit gros-
ser Wahrscheinlichkeit ber einer halben Million. Der
palstinensische Historiker Salman Abu Sitta spricht
ebenso wie Ilan Pappe von 800 000 Vertriebenen,
531 zerstrten Drfern und 11 entvlkerten Stadtteilen.
Der JNF/KKL und die ethnischen
Suberungen
Auch wenn der JNF/KKL keine eigenen Truppenbesass und auch direkt keine Suberungsbefehle er-
liess, so ist er dennoch massgeblich mitverantwortlich
am Leid, welches der palstinensischen Bevlkerung
angetan worden ist. Vertreter des JNF/KKL hatten
sich schon seit Jahren fr eine Vertreibung der Dorf-
bewohnerInnen eingesetzt, sie haben somit dazu bei-
getragen, dass dieses Tabu gebrochen wurde. Darber
hinaus war Yosef Weitz als Vertreter des JNF/KKL
von Dezember 1947 an Mitglied der Beratergruppe um
David Ben Gurion, des zentralen Planungs- und Ent-scheidungsorgans whrend des ersten arabisch-israeli-
schen Krieges. Nach den Vertreibungen gehrte er
einem zweikpfigen Gremium an, welches alle Ent-
scheidungen ber palstinensische Vermgen und
Grundbesitz treffen sollte Entscheidungen, die vor
allem Zerstrung und Enteignung bedeuteten. Es ist
usserst bezeichnend fr die Erinnerungs- und ffent-
lichkeitspolitik des Jdischen Nationalfonds, dass die-
se dunkle Seite seiner Geschichte in keiner Weise er-
whnt wird, weder auf den verschiedenen Websitesnoch in den vom JNF/KKL selbst verffentlichten
Bchern zu seiner Geschichte.
Weiterfhrende Literatur1. Ilan Pappe: Die ethnische Suberung Palstinas,
Frankfurt a. M. 20072. Interessante Karte von Salman Abu-Sitta, in der smtliche
zerstrte Drfer eingetragen sind und viel Zahlen-
material zusammengestellt ist:Palestine 1948. Commemoration of Al Nakba:palestineremembered.com/Acre/Maps/Story1261.html
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Die Entarabisierung der Landkarte
und der Versuch der Auslschung der
Erinnerung an die Nakba
Aus den Augen,aus dem SinnIsrael und der JNF nach 1948
Nach 1948 fand sich der JNF in einer grundlegend
neuen Situation wieder. Die Grndung eines jdischen
Staates, das jahrzehntelang angestrebte Ziel, war
erreicht. Mit der Vertreibung eines Grossteils der an-
gestammten Bevlkerung hatte sich fr den JNF die
Aufgabe, Land fr jdische SiedlerInnen zu erwerben,
erledigt: Der israelische Staat hatte im Krieg enormviel palstinensisches Land erobert. Auf diesem Land
waren von November 1947 bis Juli 1949 rund 530 ara-
bische Siedlungen und Drfer sowie elf Stadtteile zer-
strt, die Bevlkerung vertrieben worden. Mit anderen
Worten: Ein bedeutender Teil des neu entstandenen
Staatsgebietes hatte sich Israel durch Vertreibung und
militrische Gewalt angeeignet. Die nun entvlkerten
Landstriche boten genug Platz fr kommende jdische
ImmigrantInnen. Es ging fr den JNF nach 1948 also
nicht mehr darum, neues Land zu erwerben, sonderndarum, das gewonnene Land im Sinne des zionisti-
schen Projektes zu nutzen. Das hiess, den noch in den
Kinderschuhen steckenden israelischen Staat zu un-
tersttzen, indem neu ankommende ImmigrantInnen
Land zur Besiedlung und bei Bedarf eine Arbeitsstelle
erhielten. Die Entwicklung der Landwirtschaft wurde
vorangetrieben, Entwicklungsprojekte wurden initi-
iert, Wlder angelegt.
Dass diese Aufgaben dem JNF und nicht einer neu
geschaffenen staatlichen Behrde bertragen wurden,hatte neben praktischen und machtpolitischen (nach
40-jhrigem Bestehen hatte der JNF kein Interesse
daran, seine zentrale Position zu verlieren) auch einen
ganz wichtigen politisch-zionistischen Grund: Die
Grndungsstatuten des JNF verpflichteten ihn dazu,seine Besitztmer einzig dem jdischen Volk zur
Verfgung zu stellen. Das heisst, der JNF als nicht-
staatliche Organisation war und ist bis heute in der
Lage, einen Teil der Bevlkerung des neuen Staates
auf Kosten der nicht-jdischen Minderheit zu bevor-
zugen. Eine solch offene Diskriminierung wre fr
staatliche Behrden schwieriger aufrechtzuerhalten,
weil die internationale Gemeinschaft das nicht tolerie-
ren knnte. Eine private Organisation hingegen hat in
Bezug auf ihre Statuten und Verwendungszweckeeinen viel grsseren Spielraum.
Hchste Prioritt: Rckkehr der Flchtlinge
verhindern
Nach dem Waffenstillstand mit den Nachbarstaaten
stellte sich auf internationaler Ebene die Frage, was
mit dem durch Israel eroberten Land geschehen sollte.
Fr David Ben Gurion, Grnder und erster Minister-
prsident Israels, war klar, dass eine Rckkehr der
palstinensischen Flchtlinge nicht in Frage kam. Umden internationalen Druck auf Israel zu entschrfen,
wurden verschiedene Gremien geschaffen, die sich um
die ehemals arabischen Besitztmer kmmern sollten.
Eine endgltige Lsung der Landfrage wurde auf
unbestimmte Zeit verschoben, bis dahin sollte das
Land mit einer Reihe von Gesetzen vorbergehend
verwaltet werden. Dabei zeigte sich, dass die israeli-
sche Regierung darauf aus war, mglichst schnell
Fakten zu schaffen, mit denen sich die internationale
Gemeinschaft und die PalstinenserInnen dann arran-gieren sollten: Das annektierte Land wurde zwischen
der israelischen Armee, dem JNF, der Kibbutzbewe-
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gung und anderen InteressentInnen aufgeteilt. Ins-
gesamt bernahm der JNF rund ein Drittel des Staats-
landes. Dies beinhaltete den Grossteil der verwstetenpalstinensischen Drfer und deren direktes Umland.
Was der JNF mit diesem Land machte, beschrieb
Yosef Weitz, Leiter der Siedlungsabteilung des JNF,
im Juni 1948 so: Wir haben begonnen, die Drfer zu
rumen, den Schutt zu beseitigen und sie zur Kultivie-
rung und Besiedlung vorzubereiten. Auf einigen von
ihnen werden Parks angelegt. (Zitat in Pappe)
Die Sieger machen die Geschichte
Die Orte, die die ethnische Suberung von 1948 httenbezeugen knnen, wurden vom JNF in den folgenden
Jahren systematisch dem Erdboden gleichgemacht, an
ihrer Stelle entstanden Drfer mit ausschliesslich jdi-
schen BewohnerInnen, Wlder oder Parkanlagen.
Diese neu geschaffenen Orte erhielten alle hebrische
Namen, die sich angeblich aus der Geschichte Altisra-
els ableiteten. Dafr wurde extra eine Namensfin-
dungskommission aus ArchologInnen und Bibel-
kundlerInnen eingesetzt. Ilan Pappe bringt die Absicht
dahinter auf den Punkt: Dieses vorgebliche archolo-gische Bestreben, die Landkarte Altisraels wiederher-
zustellen, war im Grunde nichts anderes als ein syste-
matischer wissenschaftlicher, politischer und militri-
scher Versuch, das Terrain zu entarabisieren: seine
Ortsnamen, seine Geographie und vor allem seine
Geschichte.
Auch in heutigen offiziellen Darstellungen des JNF
zu den einzelnen Parkanlagen wird die arabische
Geschichte der Orte vllig ausgeblendet. Auf seiner
offiziellen Internetseite stellt sich der JNF als Einrich-tung dar, die dafr gesorgt hat, die Wste erblhen zu
lassen. Stolz verkndet er: Aber Israel war nicht mit
natrlichen Wldern gesegnet; seine Wlder sind alle
von Hand gepflanzt. Als die ersten jdischen Siedler
ankamen, wurden sie von einem kahlen Land empfan-
gen. Um das Land, das mit den Mnzen aus den blau-
en und weissen JNF-Spendenbchsen erworben wor-
den war, beanspruchen zu knnen, wurden als Erstes
Bume an den steinigen Hgeln und auf den sandigen
Bden gepflanzt.Mit dieser Darstellung wurde der alte, lngst
widerlegte zionistische Mythos vom Land ohne Volk
Imwas 1958 vor der Vertreibung und Zerstrung
Quelle: Imwas Charitable Association
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fr ein Volk ohne Land, das die Wste zum Erblh-
en bringt, einmal mehr sehr subtil verbreitet. Men-
schen, die nicht erwhnt werden, haben auch keine
Geschichte, die man erzhlen msste: Aus gerumten,
zerstrten Drfern wird kahler, steiniger Boden, der
von niemandem genutzt nur darauf wartete, mit
Bumen bepflanzt zu werden.Diese geschichtsverflschende Informationspolitik
betreibt der JNF gemeinsam mit dem israelischen
Staat bis heute. Die arabische Vorgeschichte der Wl-
der, Parks und Drfer wird einfach ausgeklammert, als
htte es keine palstinensische Bevlkerung gegeben.
Dahinter steht der Wunsch, Geschichte und Kultur der
PalstinenserInnen auszulschen und durch eine vor-
fabrizierte andere Version zu ersetzen, aus der smtli-
che Spuren der einheimischen arabischen Bevlke-
rung getilgt sind. Die zustndigen lokalen wie nationa-len israelischen Behrden gestalteten die gesamte
Kulturlandschaft Palstinas um. Sie nahmen den
Stdten ihren arabischen Charakter, indem sie grosse
Teile zerstrten, darunter den weitlufigen Park in
Jaffa und Gemeindezentren in Jerusalem.
1967 Fortsetzung der Vertreibungen
Im Zuge des Sechs-Tage-Kriegs von 1967 wurden er-
neut palstinensische Drfer gerumt und deren
BewohnerInnen vertrieben. Nach bewhrtem Rezeptlegte der JNF auf den Ruinen Parks und Wlder an.
Wieder versuchte der JNF damit, die Spuren arabi-
schen Lebens zu verwischen, damit die ehemaligen
Drfer in Vergessenheit geraten. Viele dieser Wlder
wurden ber die JNF-Bros in einzelnen westlichen
Lndern finanziert. So gibt es heute unzhlige Wlder
in Israel, die nach ihren Sponsoren benannt sind: Es
gibt zwei in den 1980ern entstandene Schweizer
Wlder, einen Canada Park, oder den 2007 vom
JNF-Frankreich gespendeten Gaston Defferre Park,um nur einige wenige zu erwhnen. Auch diese Anla-
gen sind oftmals auf den Trmmern palstinensischer
Drfer errichtet. Ein besonders stossender Fall ist der
Canada Park. Er wird anhand des folgenden Inter-
views ausfhrlich dargestellt.
Beispiel: Canada Park
Das palstinensische Dorf Imwas wurde zusammen
mit den Drfern Yalu und Beit Nuba im Sechs-Tage-
Krieg 1967 dem Erdboden gleichgemacht. Mitte der70-Jahre verwendete der Jdische Nationalfonds
(JNF) Spendengelder seiner kanadischen Zweigstelle,
um auf dem Land dieser drei Drfer den Canada Park
zu errichten. Al Majdal, Zeitschrift der palstinensi-
schen NGO BADIL, hat mit Ahmad Abughoush,
Prsident der Imwas Society, ber die Misere des
Dorfes und der Dorfbewohner und ber deren Rck-
kehrversuche gesprochen.
Al-Majdal:Was hast du fr Erinnerungen an
dein Dorf Imwas?
A.A.: Ich war zirka 14 Jahre alt, als wir aus dem Dorf
vertrieben wurden. Imwas besass eine Mittelschule fr
SchlerInnen bis zur neunten Klasse, ich war in der
siebten. Wie fr die meisten Leute hatte das Gelnde
um mein Heimatdorf herum einen gewaltigen Einfluss
auf meine Kindheit. Es war und ist noch immer so
schn, wie ein Dorf nur sein kann: saftige grne Fel-
der, die sich Richtung Westen bis zum Meer erstreck-ten, im Osten langezogene Hgel des Westjordanlan-
des und Jerusalems. Das Dorf hatte mehr als zwlf
Quellen, und sieben Brunnen verteilten sich ber die
Dorflndereien. Fast die Hlfte des Dorfes gehrte der
Abughoush-Familie.
Die Latrun-Ausbuchtung, wie die Gegend um das
Dorf herum heisst, war historisch sehr wichtig, weil sie
fr alle, die aus dem Osten kamen, als wichtigster Ein-
gang nach Jerusalem diente. Deshalb widmeten die
herrschenden Krfte Palstinas dieser Gegend immerbesondere Aufmerksamkeit, sodass das Dorf Imwas
eine lange Geschichte hat.
Das Dorf hat fr Christen eine religise Bedeutung,
weil man sagt, dass Jesus hier zweien seiner Schler
erschien und ihnen Brotstcke gab. Deshalb gibt es in
dem Dorf eine Kirche sowie ein Kloster, das noch im-
mer existiert. Whrend der Osmanischen Zeit, in der
das Dorf einen Niedergang erlebte, wurde die
Abughoush-Familie damit beauftragt, christliche
Pilger auf ihrem Weg nach Jerusalem zu beschtzen.Dies belebte die Wirtschaft des Dorfes, und es begann
zu wachsen, eine Entwicklung, die sich whrend des
Britischen Mandates fortsetzte. Zum Dorf gehrten
insgesamt 55 000 Dunam Land (5500 Hektar).
Davon lag der grsste Teil des landwirschaftlichen
Landes (50 000 Dunam) in der Ebene westlich des
Dorfes. Whrend der ethnischen Suberungen von
1948 bernahmen die zionistischen Streitkrfte die
Kontrolle ber die Ebene, aber sie schafften es nicht
am Dorf vorbei, das fr die wenigen bewaffnetenBewohnerInnen und die jordanischen Truppen wegen
der Anhhe leicht zu beschtzen war. Sechs oder sie-
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ben gescheiterte Versuche, das Dorf einzunehmen,
zwangen die Zionisten dazu, weiter nach Sden zu zie-
hen und zu versuchen, Jerusalem durch Bab el-Wad
und Al Qastal zu erreichen, was ihnen am Ende auch
gelang. Aber obwohl wir es schafften, whrend der
Nakba 1948 in unserem Dorf zu bleiben und es vor
der Zerstrung zu schtzen, bernahm Israel dieganzen 50 000 Dunam Agrarland. Durch den Verlust
unserer wichtigsten Existenzgrundlage waren viele
gezwungen, woanders nach Arbeit zu suchen. Aber die
meisten blieben im Dorf und wendeten sich der
Bildung und dem Handwerk als neuer Einkommens-
quelle zu. Wie ich schon sagte, das Dorf war von
entzckender Schnheit. Der JNF musste nicht vielmachen, um es in einen malerischen Picknickplatz zu
verwandeln.
Was fr Erinnerungen hast du an den Krieg
von 1967?
A.A.: Die Trennung von unserem Land nach 1948
machte aus unserem Dorf einen kulturell und politisch
sehr pulsierenden Ort. Immerhin lagen die Lndereien
des Dorfes genau vor unserer Nase, wir mussten nur
westwrts schauen. Die meisten der Dorfbewohnerwaren erklrte Befrworter des Projekts einer arabi-
schen Einheit, das der gyptische Prsident Gamal
Abdel-Nasser damals vorantrieb. Deshalb meldeten
sich viele Dorfbewohner freiwillig, um den jordani-
schen Truppen, die im Dorf stationiert waren, zu
helfen.
Am Tag, an dem [1967] der Krieg begann, verliessen
die jordanischen Truppen das Dorf. Sie behaupteten,
sie wrden sich nicht zurckziehen, sondern httenvielmehr den Auftrag, ein gyptisches Kommando zu
untersttzen, welches den Flughafen von Al Lydd
angreifen wolle. Wir erfuhren spter, dass das nicht
stimmte. Jedenfalls liessen sie ein wehrloses Dorf
zurck. Es stellte sich heraus, dass unser Dorf fr die
Israelis grosse militrische Prioritt hatte, einerseits
wegen seiner strategischen Lage, andererseits aus Ra-che fr unseren Widerstand 1948 und fr die Verluste,
die sie damals durch die erfolgreiche Verteidigung des
Dorfes erlitten hatten.
Am Dienstag, dem 6. Juni 1967, dem zweiten Tag
des Krieges, umzingelten israelische Truppen das Dorf
und erffneten das Feuer. Als niemand das Feuer er-
widerte, realisierten sie, dass das Dorf wehrlos war,
und nahmen es von nordwestlicher und sdwestlicher
Seite her ein. Vielen Dorfbewohnern war die 1948-
Nakba noch sehr lebhaft in Erinnerung. Jene aus densdlichen Teilen des Dorfes suchten Schutz im
Kloster. Bei der Einnahme des Klosters verhafteten die
Flucht aus Imwas 1967Foto: palestineremembered.com
Die Zerstrung von ImwasFoto: palestineremembered.com
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Israelis alle jungen Mnner und sperrten sie fr zwei
Monate ein. Die Israelis zwangen die Leute aus dem
Zentrum des Dorfes, sich auf den Dorfplatz zu bege-
ben. Die BewohnerInnen der nordwestlichen Dorfteile
wurden auf einem Feld versammelt. Beide Gruppen
wurden dann nordwrts Richtung Ramallah getrieben.
Es gibt eine berhmte Geschichte, laut der der Soldat,der zu einer der beiden Gruppen sprach, sagte: Von
hier bis Jiddah gehrt alles uns [d.h. Israel], das
heisst, ihr msst alle dieses Gebiet verlassen. Alle, die
unterwegs anhalten, werden erschossen!
Meine Familie lebte auf einem Hgel am stlichen
Ende des Dorfes, wir flchteten Richtung Yalu. Als wir
das Dorf Yalu erreichten, sahen wir, dass die israeli-
sche Armee schon dort war und wir das Dorf nicht be-
treten konnten. Am Ende liefen wir 16 Stunden abseits
aller Strassen, bis wir das 32 Kilometer entfernteRamallah erreichten. Immer wenn wir versuchten,
eine Strasse zu erreichen, stiessen wir auf Soldaten,
die uns den Weg blockierten. Als wir Ramallah erreich-
ten, betraten wir die Stadt, die von israelischen
Truppen grsstenteils umzingelt war. Wenige Tage
spter besetzten diese Truppen die Stadt. Eine Woche
nach unserer Vertreibung hrten wir, dass wir zurck-
kehren drften. Einige Dorfbewohner, darunter mein
Bruder, gingen zurck, um zu sehen, ob das tatsch-
lich wahr sei. Leider nein: Die Armee hatte eine Barri-kade errichtet, und als sich die Rckkehrer dem Dorf
nherten, wurden sie von den Soldaten beschossen.
Einige Tage spter begann die Armee, die Huser im
Dorf zu zerstren. Im Unterschied zu den meisten
anderen zerstrten Drfern war in Imwas ein israe-
lischer Fotograf [Joseph Onan] anwesend, der auch
Fotos von der Zerstrung machte.
Zudem dokumentierte er das Schicksal von ein paar
Familien, die etwas ausserhalb des Dorfes gelebt und
es geschafft hatten, in ihren Husern zu bleiben. Alsdas Dorf zerstrt wurde, wurden auch diese Familien
vertrieben, es gibt Fotos von ihrer Vertreibung. Eine
andere Erinnerung, die ich nie vergessen werde, dreht
sich um 13 alte Menschen, die nicht mehr gehen konn-
ten und deshalb im Dorf zurckblieben. Man hat nie
wieder etwas von ihnen gehrt. Auch Hussein Shukri,
ein junger Mann mit Krperbehinderungen, ver-
schwand. Das Kloster hatte ihm einen elektronischen
Rollstuhl beschafft, wohl eines der ersten Modelle im
ganzen Land. Ich erinnere mich daran, dass er einsehr junger, aktiver und athletischer Mann war. Zu-
dem war er ein begabter Vogeljger. Wir glauben, dass
all die Verschwundenen unter den Ruinen der zerstr-
ten Huser begraben wurden.
Wo sind die Palstinenser aus Imwas heute?
A.A.: Ein Teil der Arbeit der Imwas-Gesellschaft be-
steht darin, den Kontakt zu mglichst vielen Leuten
aus dem Dorf zu suchen und aufrechtzuerhalten.Unserer Schtzung nach wohnen von den heute leben-
den 23 000 DorfbewohnerInnen rund 18 000 in
Jordanien. Weitere 1500 leben im Westjordanland, die
meisten davon in und um Ramallah (primr in Betou-
nia), andere in den Regionen um Jericho und Jerusa-
lem.
Gab es nach 1967 Versuche, nach Imwas
zurckzukehren?
A.A.: Selbstverstndlich ist die Rckkehr etwas, daswir immer wollen, fordern und wofr wir kmpfen.
Das ist auch nicht auf Imwas beschrnkt, zwei Dritteln
aller PalstinenserInnen wird das Recht auf Rckkehr
dahin, wo sie herkommen, verweigert. Unser Kampf
um die Rckkehr lsst sich vom grsseren Kampf
nicht trennen.
Mein Vater, Hassan Ahmad Abughoush, erzhlte
mir, dass der fr die Gegend zustndige israelische
Militrkommandeur nach unserer Ausweisung Dele-
gierte der drei zerstrten Drfer Imwas, Yalu und BeitNuba treffen wollte. Mein Vater war der Vertreter von
Imwas. Mahmoud Ayyad vertrat Yalu, den Namen des
Vertreters von Beit Nuba weiss ich nicht mehr. Der
Offizier bot den Dorfbewohnern Kompensationen fr
die Drfer an und wollte alle Leute in eine andere
Gegend umsiedeln, dahin, wo heute das Militrgefng-
nis Ofer steht. Mein Vater antwortete ihm: Selbst
wenn ihr uns Land im Himmel anbietet, wir werden
nicht einen Dunum Land annehmen als Austausch fr
unser Dorfland. Von dort wurden wir vertrieben unddorthin werden wir zurckkehren. Des Weiteren muss
die Armee die zerstrten Huser wieder aufbauen.
Die Vertreter der Drfer erklrten dem Kommandeur,
dass ber jegliche Kompensationen, die die Ansprche
auf die ehemaligen Drfer und unser Land beseitigen
wrden, von allen DorfbewohnerInnen entschieden
werden msste und nicht nur von einer kleinen Grup-
pe von Delegierten.
Das war das letzte Mal, dass wir in dieser Sache von
Israel gehrt haben. Auf dem Papier ist Imwas seithereine Militrzone obwohl es nun einen JNF-Park gibt.
Bis 1991 war es mglich, den Ort des ehemaligen
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Dorfes aufzusuchen, was wir oft gemacht haben. Dann
aber wurde die Gegend gesperrt, sodass wir uns durch
die Hgel schleichen mussten, um dorthin zu gelan-
gen. Seit dem Bau der Mauer ist dies praktisch unmg-
lich geworden. Ich mchte noch anmerken, dass unse-re Beziehung zum Kloster des Dorfes immer sehr
eng war und immer noch ist. Vor 1967 waren mehr als
40 Leute aus dem Dorf dort angestellt, und seit Kur-
zem untersttzt das Kloster mit grossem finanziellem
Aufwand das Projekt der Imwas-Gesellschaft, verarm-
ten Familien aus Imwas unter die Arme zu greifen.
Mein Vater war einer derjenigen, die beim Bau desKlosters mitgeholfen haben. Als ich 1988 das Kloster
besuchte, erzhlten mir die lteren Mnche nostalgi-
sche Geschichten ber ihn. Aber am Wichtigsten ist,
dass das Kloster ffentlich bekannt gegeben hat,
dass sie die Kosten des Wiederaufbaus bernehmen
wrden, wenn wir zurckkehren knnen.
Wann hast du das erste Mal vom JNF gehrt
und von seiner Rolle, Israels Verbrechen an
deinem Dorf zu vertuschen?
A.A.:Von 1973 bis 1976 war ich Student in Beirut und
aktiv in der Befreiungsbewegung. Ich kehrte 1976 nach
Eitan Bronstein von der israelischen NGO Zochrot beieiner Fhrung im Canada Park
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Palstina zurck und wurde bald darauf von den Isra-
elis wegen der Mitgliedschaft in einer politischen
Organisation verhaftet. Ich war bis zu meiner Entlas-
sung 1988 zehn Jahre und neun Monate im Gefngnis.
Whrend meiner Beschftigung mit dem Zionismus,
den ich als Teil meiner Gefngnisbildung studierte,
stiess ich auf den JNF. Zuerst weigerte ich mich, He-brisch zu lernen. Erst 1982 realisierte ich, wie wichtig
es ist, diese Sprache lesen zu knnen. Nachdem ich die
Sprache gelernt hatte, begann ich die hebrische Pres-
se zu verfolgen. Dabei erfuhr ich immer mehr ber
den JNF.
Erst nach meiner Freilassung 1988 konnte ich den
Ort besuchen, an dem das Dorf stand. Dort sah ich,
dass unser geliebtes Imwas in einen JNF-Picknickpark
umgewandelt worden war. Da habe ich die direkte
Verbindung zwischen dem JNF und Imwas verstan-den. Seither arbeite ich daran, mit Hilfe der Imwas-
Gesellschaft ein Bewusstsein zu schrfen fr die be-
sondere Rolle des JNF.
Wie wurde die Imwas-Gesellschaft gegrndet
und was hat sie seither getan?
A.A.: Die Gesellschaft wurde 1978 gegrndet, als ich
noch im Gefngnis war. Die Grnder, sechs oder sie-
ben junge Mnner aus dem Dorf, wollten die Auf-
merksamkeit auf das Unrecht lenken, das unseremDorf angetan worden war. Ich wurde nach meiner
Freilassung aktiv in der Organisation. Seither haben
wir unter anderem begonnen, verarmte Familien
aus Imwas auf verschiedene Weise zu untersttzen.
1994 wurde ich zum Vizeprsidenten der Gesell-
schaft gewhlt der Prsident war mein alter Rektor.
Im Moment bin ich Prsident der Imwas-Gesellschaft.
Wir verstehen uns als Teil des generellen palstinensi-
schen Kampfes fr unsere Rckkehr und gegen Be-
satzung, Kolonialismus und Apartheid. Zustzlich leis-tet die Imwas-Gesellschaft konkrete Arbeit auf drei
Ebenen: auf der internationalen Ebene, auf der offi-
ziellen palstinensischen Ebene und innerhalb der
Familien aus Imwas. International arbeiten wir mit
Journalisten und internationalen Agenturen zusam-
men, um die Thematik um Imwas am Leben zu erhal-
ten. Imwas hat dieselbe Geschichte erlebt wie ber
530 weitere palstinensische Ortschaften, die von den
Zionisten zerstrt und entvlkert worden sind. Im
Unterschied zu den anderen Orten erlitt Imwas diesesSchicksal erst 1967. Darum ist die internationale
Gemeinschaft, ebenso wie bei den jdischen Siedlun-
gen im Westjordanland, eher bereit, diesen Fall als
Verbrechen zu bezeichnen.
Wir haben uns auch darum bemht, Wege zu fin-
den, um der kanadischen ffentlichkeit zu zeigen,
dass dieser Park in ihrem Namen gebaut worden ist.
Ein Dokumentarfilm des kanadischen Fernsehens
(CBC) von 1991 zeigte den Fall deutlich auf. Ich glau-be, dass der JNF aufgrund dieser Aufmerksamkeit ver-
sucht hat, den Park in Ayalon Park umzubenennen.
Heute sind beide Namen in Gebrauch. Aus diesen
Grnden sind wir sehr interessiert daran, eine interna-
tionale Kampagne gegen den JNF zu untersttzen.
Bei der Palstinensischen Autonomiebehrde (PA)
haben wir in langen Auseinandersetzungen klar ge-
macht, dass wir keinen Landtausch und keinen Um-
siedlungsvorschlag akzeptieren werden. Im Jahr 1998
stimmte Prsident Arafat der Schaffung eines ehren-amtlichen kommunalen Dorfrats zu, der aber nie um-
gesetzt wurde.
Daneben haben wir versucht, das Thema in der pa-
lstinensischen Presse am Leben zu halten. Wir haben
uns geweigert, an israelischen Gerichten fr unsere
Rechte zu klagen, weil es widersprchlich ist, sich an
eine Institution zu wenden, die Teil des rassistischen
Regimes ist, das uns zuvor vertrieben hat. Wir haben
zu einem Boykott des Canada Park aufgerufen, ausser
fr Bildungsreisen, die den Teilnehmenden die Ge-schichte des Ortes und das Schicksal der Dorfbewoh-
ner nherbringen wollen.
Weiterfhrende Literatur1. Ilan Pappe hat die Entwicklungen nach dem Krieg in sei-
nem Buch Die ethnische Suberung Palstinas aus-fhrlich behandelt. Dem sogenannten Memorizid(Auslschung der Erinnerung) widmet er ebenfalls einKapitel.
2. palestineremembered.org ist eine (englischsprachige)Homepage, die die Geschichte der ethnischen Sube-rung Dorf fr Dorf aufarbeitet und auch ber umfang-reiche Karten- und Fotosammlungen verfgt.
3. Das Interview ist der (englischsprachigen) Zeitschriftal-majdal der palstinensischen NGO BADIL entnommen,die sich unter anderem dem Kampf fr das Rckkehr-recht der Flchtlinge verschrieben hat. Auf der Websitebadil.org finden sich viele weitere Informationen zu denThemen Vertreibung, Nakba und Rckkehrrecht.
4. Neben palstinensischen Organisationen thematisiertauch die israelische NGO Zochrot den Vertreibungsprozess(Nakba) und organisiert Fhrungen in zerstrte Ortschaften.
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D er JNF/KKL beteuert immer wieder, er sei in den 1967 besetzten Gebieten (insbeson-dere Westjordanland, Ostjerusalem) nicht aktiv und in die Vertreibung der dortigenpalstinensischen BewohnerInnen nicht involviert. Die Verantwortlichen der Organisation
sind sich bewusst, dass die Kolonialisierung der 1967 besetzten Gebiete in der internatio-
nalen ffentlichkeit (auch in der jdischen) politisch umstritten ist, und tarnen deshalb
ihre Aktivitten zur jdischen Kolonisierung dieser Regionen.
Verfolgte der JNF/KKL nach 1967 noch eigene Projekte (Canada Park) in diesen Gebieten,so betreibt dies heute Himnuta, die 99-prozentige Tochterorganisation des JNF/KKL.Dass Himnuta mit dem JNF/KKL eng verbunden ist, zeigt auch, dass sich der Hauptsitzvon Himnuta in den Brorumen des JNF/KKL in Jerusalem befindet. Himnuta funktio-
niert klandestin und hat ihre Finanzquellen und Ausgaben nie ffentlich bekannt gegeben.
JNF/Himnuta kaufte ab 2004 illegal und ohne das Wissen der palstinensischen Besitzer
fr 20 Millionen Shekel (5 Millionen CHF) Land im Westjordanland.
Zwischen 1970 und 1992 kaufte JNF/Himnuta ebenfalls Tausende von Dunams in denvon Israel besetzten und illegal annektierten Gebieten in Ostjerusalem und begrntesie mit Wldern, um den israelischen Anspruch auf die ungeteilte Hauptstadt Jerusalem
zu unterstreichen. In den Militrzonen im besetzten Jordantal organisierte der JNF/KKL
Weiterbildungskurse fr die dortigen SiedlerInnen.
Z u den Aktivitten des JNF/KKL in den 1967 besetzen Gebieten gehrt der CanadaPark, der auf drei zerstrten palstinensischen Drfern errichtet wurde (sieheInterview). Dazu gehrt auch die Beteiligung an Vertreibungen aus Ostjerusalem. Die
Familie Sumarin musste bis Mitte Dezember 2011 ihr Haus in der Nhe der alten Stadt-
mauer in Ostjerusalem verlassen haben. Die zwlf Familienmitglieder haben vom neuen
Besitzer ihres Hauses, dem JNF/Himnuta, einen Rumungsbefehl erhalten. Auch mit
zahlreichen Einsprachen konnten sie auf legalem Weg nicht erreichen, dass sie in ihrem
Haus, das seit mehr als hundert Jahren im Besitz der Familie ist und bewohnt wird, blei-
ben knnen. Lange Zeit wurde die Familie gar nicht informiert, dass ihr Haus nach derisraelischen Besetzung von Ostjerusalem 1967 vom israelischen Staat enteignet wurde.
D as alte Gesetz von 1950, mit dem bereits der grsste Teil des Besitzes der vertriebe-nen PalstinenserInnen enteignet wurde (Absentee Property Law), wurde von Israelauch 1967 auf palstinensisches Eigentum in den besetzten Gebieten (Westbank,
Gazastreifen) angewandt. Weil die direkten Erben des Familienhauses im Ausland wohn-
ten, wurde das Haus der Familie Sumarin vom israelischen Staat enteignet (obwohl
Familienmitglieder im Haus wohnten). Das Haus wurde 1991 zusammen mit sieben ande-
ren Husern im Quartier Silwan (Ostjerusalem) vom israelischen Staat an die JNF-
Organisation Himnuta berschrieben. Nachdem JNF/Himnuta von der enteignetenFamilie erfolglos Mieten eintreiben wollte, geht es nun gemss Organisationszielen darum,
immer mehr des Besitzes an jdische MieterInnen zu vermieten.
JNF/KKL in der besetztenWestbank und Ostjerusalem
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Vor einigen Jahren beantragte der US-amerikanische
Ableger des Jdischen Nationalfonds, als Berater in
den UNO-Rat fr Wirtschaft und Soziales (ECOSOC)aufgenommen zu werden. In einem den Antrag beglei-
tenden Untersttzerbrief wird der JNF USA in den
hchsten Tnen fr seinen Umweltschutz gelobt: Der
JNF USA sei ein globaler Fhrer in Umweltfragen mit
einer ausserordentlichen Geschichte von 240 Millio-
nen Baumpflanzungen und 180 erbauten Wasserreser-
voirs. [...] Seine einzigartigen Fhigkeiten in Sachen
Aufforstung und Wasserhaushalt wrden Entwick-
lungs- wie Industrielndern zugutekommen.
Doch der JNF USA wurde abgewiesen. Die Gegner-Innen der Aufnahme begrndeten ihr Nein damit,
dass der JNF USA und der in Israel ansssige JNF/
KKL so eng miteinander verknpft seien, dass man
ihre Aktivitten nicht auseinanderhalten knne. Da
der JNF/KKL eine offen diskriminierende, parastaatli-
che Institution sei, knne der JNF USA nicht eindeutig
als Nichtregierungsorganisation (NGO) bezeichnet
werden. (http://www.stopthewall.org/es/node/4525)
Diese Zurckweisung war ein herber Rckschlag fr
den JNF/KKL. Seit Langem hatte er grosse Anstren-gungen unternommen, um international als Umwelt-
organisation wahrgenommen zu werden. Wer sich auf
den Homepages der verschiedenen JNF/KKL-
Lnderbros umschaut, wird dies schnell feststellen.
Als Israels lteste Umweltorganisation rhmt man
sich da, der JNF/KKL sei ein globaler Fhrer in Sa-
chen Umweltschutz mit einer jahrhundertelangen
Erfahrung, die den JNF dazu befhigt, an der Spitzeeiner Kampagne fr kologische Verantwortung zu
stehen. An anderer Stelle bietet die 103 Jahre alte
internationale Umweltorganisation mit mehr als
50 Bros rund um die Welt gleich selber eine Lsung
fr den globalen Klimawandel an: Berechnen Sie
Ihren persnlichen CO2-Fussabdruck, und dann glei-
chen Sie ihn aus, indem Sie Aufforstungsprogramme
in Israel untersttzen. In enger Zusammenarbeit mit
der israelischen Regierung wurde versucht, das Image
des JNF/KKL dem Zeitgeist anzupassen. Fragen zuKlimawandel, Umweltschutz und nachhaltigen Ressour-
cen haben in den letzten Jahren weltweit an Bedeu-
tung gewonnen. Fr eine Organisation wie den JNF/
KKL, die sich seit ihrer Grndung mit Land- und
Forstwirtschaft sowie Wasserfragen beschftigte, lag
es demnach nahe, ihre Ttigkeit unter das Label des
Umweltschutzes zu stellen. VertreterInnen des JNF/
KKL nahmen 2002 am UNO-Weltnachhaltigkeitsgip-
fel in Johannesburg als Mitglieder der offiziellen israe-
lischen Delegation teil. 2004 wurde der JNF/KKL vonder UNO als NGO akzeptiert und aufgenommen. Der
damalige Vorsitzende des JNF/KKL, Yehiel Leket,
Unter demDeckmantel des
UmweltschutzesGrner JNF/KKL?
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schrieb in einer Pressemitteilung: Den UN-Status zu
erhalten, bedeutet, dass der Jdische Nationalfonds
mehr universelle Anerkennung und Ansehen auf der
internationalen Bhne erhlt. Dass andere Lnder uns
in den Vereinten Nationen akzeptieren, gibt unseren
Bemhungen in Sachen Wasser, Umwelt und nachhal-tige Entwicklung mehr Legitimitt. In schne Worte
verpackt, formulierte Leket hier das zentrale Ziel des
JNF/KKL: Anerkennung und Legitimitt fr die eige-
nen Methoden und Handlungen sowohl in der Ver-
gangenheit als auch in der Gegenwart. Indem man die
Ttigkeiten in den Bereichen Wasser, Umwelt, Auf-
forstung in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit
stellt, wird der Kontext, in dem sich diese Ttigkeiten
bewegen, ausgeblendet. Besatzung, Vertreibung, be-
wusste Diskriminierung der PalstinenserInnen alldas geht unter in der Propaganda des Umwelt-
schutzes. In derselben Absicht bemhte sich der
JNF/KKL um internationale Forschungszusammen-
arbeit mit Universitten und anderen wissenschaftli-chen Institutionen. So veranstaltete die kanadische
Provinz Manitoba im August 2008 in Kooperation mit
dem JNF/KKL ein Wassersymposium, 2010 fand die
zweite solche Veranstaltung in Israel statt. Daraus hat
sich seither eine kontinuierliche, enge Zusammen-
arbeit zwischen akademischen Instituten beider Ln-
der entwickelt.
Ein anderes Projekt ist ein deutsch-israelisches
Programm fr UniversittsabgngerInnen mit dem
Namen greenXchange, das vom JNF/KKL initiiertwurde und nach eigenen Angaben die Grundlage fr
eine innovative Zusammenarbeit im Umweltbereich
KKL-Werbeprospekt zur Arbeit im Negev
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zwischen Israel und Deutschland darstellen soll. Dok-
torierende aus Deutschland mit Know-how in Bezug
auf Umweltthemen werden nach Israel eingela-
den, um Forst- und Bewsserungsprojekte zu bestau-
nen und daran mitzuarbeiten. Es lsst sich nicht be-
streiten, dass einige der Projekte des Jdischen Na-
tionalfonds durchaus umweltschtzerische Aspektehaben: Mit der Anlage von Wldern knnen Deserti-
fikation (= Ausbreitung der Wste) und Erosion einge-
dmmt werden. Werden in Landwirtschaft und in der
Bewsserung moderne Erkenntnisse der Agronomie
und Geologie einbezogen, wird der Boden weniger
ausgelaugt oder Wasserquellen werden nicht ber-
strapaziert. Doch diese Projekte machen den Jdi-
schen Nationalfonds noch lange nicht zu einer nach-
haltig denkenden und handelnden Umweltorganisa-
tion. Denn daneben frdert der JNF/KKL seit 1948Projekte, die fr die Umwelt schdigende, ja sogar zer-
strerische Folgen haben. Ausserdem relativieren sich
zum Beispiel die Baumpflanzungen des JNF/KKL,
wenn man bedenkt, dass gleichzeitig Zehntausende
von alten Olivenbumen im besetzten Westjordanland
ausgerissen wurden und wenn man weiss, dass die
meisten gepflanzten Bume keine einheimischen
Baumsorten sind. Dasselbe gilt fr den Bereich Was-
ser: Der JNF/KKL spielt sich als fortschrittliche Orga-
nisation auf, die nach technischen und praktischenLsungen fr die Wasserverteilung sucht, whrend
gleichzeitig palstinensische Drfer systematisch ver-
nachlssigt werden. Ein Grossteil der Wasserreserven
des Westjordanlandes wird fr die Landwirtschaft im
israelischen Kernland abgezweigt (siehe auch Amnesty-
International-Bericht Durstig nach Gerechtigkeit).
Der Carmel-Waldbrand 2010:
Folge unkologischer Forstmethoden
Die meisten der angeblich 2,4 Millionen Bume, dieder JNF/KKL seit seiner Grndung gepflanzt hat, sind
Nadelbume, hauptschlich Kiefern. Diese Baumarten
sind jedoch im Nahen Osten nicht heimisch. Einhei-
mische Baumarten sind etwa der Feigenbaum, der
Maulbeerbaum, der Johannisbrotbaum, niedrige
Eichen und natrlich der Olivenbaum. Zu Hundert-
tausenden wuchsen Olivenbume berall im Land, bil-
deten die Existenzgrundlage der meisten palstinensi-
schen Bauernfamilien. Und whrend der JNF/KKL
Kiefern pflanzt, werden seit Jahrzehnten Olivenbumeausgerissen, sei es, um israelischen Bauprojekten
(Siedlungen, Apartheidmauer, Checkpoints, Strassen
etc.) Platz zu machen oder als Kollektivstrafe fr
Aktionen palstinensischer Widerstandsorganisatio-
nen. Allein seit 2009 wurden im Westjordanland
160 000 Olivenbume ausgerissen.
Anstelle der einheimischen Vegetation entstanden
so im letzten Jahrhundert Dutzende von Wldern, die
eher in eine europische Landschaft passen als in denNahen Osten. Manche dieser Wlder sind eigentliche
Monokulturen, knstlich angelegt und hauptschlich
aus einer Baumart bestehend. Manchmal (z. B. in
Wldern um Jerusalem) kamen die nicht einheimi-
schen Bume schlecht mit dem palstinensischen
Klima klar. Viele Setzlinge des JNF/KKL berleben
nicht und mssen immer wieder umgepflanzt werden.
An manchen Orten haben die gesetzten Nadelbume
heimische Pflanzen verdrngt und das kosystem vl-
lig durcheinandergebracht.Einer dieser Wlder liegt am Hang des Carmel-
Bergs, sdlich von Haifa. Auf dem Boden des 1948
zerstrten Dorfes Al Tira liess der JNF/KKL Hundert-
tausende von Bumen setzen und half damit, den
Carmel-Nationalpark zu errichten. Weil die Land-
schaft der Flora der Schweizer Alpen glich, nannte
man den Park auch Little Switzerland, zu Deutsch
Kleine Schweiz. Die gepflanzten Nadelwlder sind
allerdings viel anflliger fr Waldbrnde als andere
Wlder. Von 167 Brandherden der letzten 60 Jahrelagen ber 45 Prozent in Gebieten, die hauptschlich
aus Nadelbumen bestehen. Auch als Ende 2010 im
Carmel-Nationalpark der schlimmste Waldbrand in
der israelischen Geschichte wtete, waren vor allem
die vom JNF/KKL gepflanzten Parks aus leicht brenn-
baren Pinienwldern betroffen. Experten des Mount
Carmel Research Center an der Universitt Haifa war-
nen davor, neue Bume zu pflanzen, um die natrliche
Regeneration des kosystems zu ermglichen und
eine erneute Brandgefahr zu minimieren. Vertreterdes JNF/KKL hingegen haben bereits eine Million US-
Dollar mobilisiert, um die Flche schnellstmglich
wieder zu bepflanzen. Dazu erklrte Omri Gal, Spre-
cher der Israel Nature and Parks Authority, die die
Carmel-Region verwaltet, dass das Ziel seiner Behrde
der Naturschutz sei, whrend der JNF/KKL eine poli-
tische Agenda verfolge.
Die Trockenlegung des Hula-Sees
Ein konkretes Beispiel fr den kurzsichtigen, interes-sengesteuerten Umgang des JNF/KKL mit der Um-
welt und der indigenen Bevlkerung ist der Hula-See
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Im Sommer des Jahres 2010, am 27. Juli, berichtete
die BBC vom berfall auf ein palstinensisches Dorf
im Negev/Naqab es handelte sich um Al Arakib. Die
israelische Polizei, die Grenzpolizei und Israels Land-
verwaltung rckten mit 1300 bewaffneten Mnnern
an, bewaffnet mit Bulldozern und schwerer Ausrst-
ung. Das Dorf Al Arakib wurde vllig zerstrt und 300
Menschen, darunter viele Kinder, obdachlos gemacht.Smtliche Olivenbume, insgesamt ber Tausend,
wurden ausgerissen. In einer jahrzehntelangen Ge-
schichte voll Vertreibung, Diskriminierung und Wi-
derstand war dies einer der wenigen Momente, ber
den die internationale Presse weltweit berichtete.
Am Tag nach der Zerstrung des Dorfes bauten die
BewohnerInnen ihre Htten wieder auf. Aber auch die
israelische Polizei und Grenzpolizei kamen zurck und
es entwickelte sich ein brutales Hin und Her. Bis Juli
2011 ist Al Arakib 24-mal zerstrt worden, jedes Malbauten die PalstinenserInnen ihre Unterknfte wie-
der auf. Das palstinensische Dorf Al Arakib soll ei-
nem Wald Platz machen, den der Jewish National
Fund (JNF) dort pflanzen will. Die Geschichte von Al
Arakib ist mittlerweile ein international bekanntes
Beispiel fr die Auseinandersetzung der Palstinenser-
Innen im Negev mit dem israelischen Staat und dem
Jewish National Fund.
Historischer Kontext des Konflikts
Die Ursprnge von Al Arakib gehen weit in die osma-
nische Zeit und vor die Anfnge der zionistischen
Bewegung zurck. Die BewohnerInnen, die Al Okbi,
lebten als Bauern von den Ertrgen ihres Landes,
unbehelligt von den Trken und der englischen Man-datsmacht. Eine Studie von Human Rights Watch
(HRW) besttigte vor wenigen Jahren, dass die bedui-
nisch-palstinensische Bevlkerung des Negev vor
dem Jahr 1948 eine sesshafte Lebensweise entwickelt
hatte. Sie siedelten in Drfern, bearbeiteten den
Boden und verfgten ber ein genau bestimmtes tra-
ditionelles System von kommunalem und individuel-
lem Landbesitz (vgl. Off the Map: Land and Housing
Rights Violation in Israels Unrecognized Villages,
HRW 2008). Der palstinensische Historiker SalmanAbu Sitta bezeichnet das Gebiet um Beer Sheva, wo
auch Al Arakib liegt, wegen des weit verbreiteten Ge-
treideanbaus fr das 19. Jahrhundert als den Brotkorb
Palstinas. Whrend des Krieges 1948 wurde die ber-
grosse Mehrheit der PalstinenserInnen aus dem Ne-
gev vertrieben, von den ursprnglich 65 000 bis
95 000 BewohnerInnen blieben nur 11 000. Die
Negev-PalstinenserInnen wurden, wie die brigen
PalstinenserInnen, unter Militrgerichtsbarkeit
gestellt und gezwungen, in einem bestimmten Gebiet(siyag) zu leben, um Platz fr jdische Siedler und
militrische Basen zu schaffen. Der damalige Vorsitz-
ende der Landabteilung des JNF, Yosef Weitz, hatte
brigens dafr pldiert, auch die letzten Palstinen-
serInnen zu vertreiben, die noch im Negev geblieben
waren. Zunchst schien der Staat Israel die Rechte
der Al Okbi auf ihr Land anzuerkennen. In Al Arakib
befand sich ein Gerichtssitz, bei Gerichtsverhandlun-
gen wurde die israelische Fahne gehisst und im Jahr
1949 wurde hier fr die ersten Knesset-Wahlen einWahllokal eingerichtet. Im Jahr 1951 befahl die israeli-
sche Armee den BewohnerInnen von Al Arakib
Wie der Jewish National Fund den
Negev/Naqab entwickelt
Auf Kosten derPalstinenser
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jedoch die Umsiedlung. Das Land wrde fr eine Mili-
trbung gebraucht, nach sechs Monaten knnten sie
zurckkehren, erklrte man den Al Okbis. Doch der
israelische Staat verhindert bis heute mit Polizeigewalt
diese Rckkehr. Als Al Okbis in den Jahren 1954 und
1973 versuchten, sich wieder anzusiedeln und ihr
Land zu bearbeiten, wurden sie verhaftet.
Landenteignungen mit menschenrechts-
widrigen Gesetzen nach 1948
Die PalstinenserInnen im Negev wurden Opfer der
israelischen Landgesetze und der Landverwaltung, bei
der der Jewish National Fund (JNF) eine wesentliche
Rolle spielte. Laut Human Rights Watch war vor allem
der im Jahr 1953 erlassene Land Acquisition (Valida-
tion of Acts and Compensation) Act entscheidend fr
die Enteignung der ursprnglichen Negev-Bewohner-Innen. Danach konnte der Staat Land fr sich regis-
trieren lassen, wenn sich am 1. April 1952 die Eigen-
tmer nicht dort befanden. Damals waren die Negev-
PalstinenserInnen bereits zwangsweise in das vom
israelischen Staat vorgesehene Gebiet umgesiedelt
worden.
So wurden weite Bereiche ihrer Lndereien als Staats-
land registriert, whrend viele Eigentmer nicht ein-
mal davon erfuhren.
Mit dem 1965 erlassenen Planning and Building Act
wurde ein Gesamtplan fr das Gebiet aufgestellt. Der
israelische Staat ignorierte damals die Existenz pa-
lstinensischer Drfer und trug diesen Boden einfachals Agrarland ein. Palstinenser, die spter wieder ver-
suchten, an ihre ursprnglichen Wohnorte zurckzu-
kehren, erhielten auf dieser gesetzlichen Grundlage
keine Baugenehmigung.
Eine weitere Bestimmung des Gesetzes aus dem
Jahre 1965 sah ausserdem vor, dass illegal errichtete
Bulldozer desKKL/JNF bei derZerstrung vonAl Arakib
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Huser nicht an die Wasserversorgung oder das
Elektrizitts- und Telefonnetz angeschlossen werden
konnten. Daher fehlt heute einer grossen Zahl palsti-
nensischer Drfer im Negev diese minimale Grund-
versorgung. Lediglich den Bewohnern von sechs pa-
lstinensischen Drfern im Negev ist es inzwischengelungen, die Anerkennung gegen den Staat durch-
zusetzen. Das Gesetz von 1965 sah ausserdem weite-
re Landenteignungen fr ffentliche Zwecke vor.
In Enteignungsverfahren wurde auch der Boden fr
die Planstadt Rahat konfisziert, in die der israelische
Staat die PalstinenserInnen umsiedeln will. Diese
Planstdte vegetieren am unteren Ende des Sozial-
indexes der israelischen Stdte und Gemeinden, haben
eine extrem hohe Arbeitslosigkeit und eine absolut
schlechte Infrastruktur.Der Verstoss gegen die Menschenrechte in den isra-
elischen Landgesetzen von 1953 und 1965 ist offen-
sichtlich. Die Palstinenser im Negev, die auf derGrundlage des Gesetzes von 1969 Prozesse gegen den
israelischen Staat oder den JNF um ihr offiziell nicht
eingetragenes Land verloren haben, knnen sich daher
auch eindeutig auf internationales Recht berufen. In
der Presseerklrung zur Studie von HRW beschuldigt
Joe Stork, Direktor der Organisation fr den Nahen
Osten, die israelischen Politiker, die Negev-Palsti-
nenserInnen in eine Verlierersituation gedrngt zu
haben. Der Staat habe sie gezwungen, ihr Land zu ver-
lassen, und in Htten bzw. Drfer ohne Grundversor-gung wie Wasser oder Elektrizitt zu ziehen. Israel hat
Tausende von Husern der Negev-Beduinen seit den
1970er-Jahren zerstrt, allein im Jahr 2007 sind es
Hunderte gewesen, stellt Stork fest. Die Behrden
gehen davon aus, dass 45 000 Huser der Negev-
PalstinenserInnen in 39 nicht anerkannten Drfern
illegal gebaut wurden, diese sind damit von Zerst-
rung bedroht. Dies wrde mit der Umsetzung des
Baurechts begrndet. Die Behrden zerstren zwar
systematisch die Huser von Negev-Palstinenser-Innen, wrden aber oft illegale jdische Siedlungen
bersehen oder im Nachhinein legalisieren, kritisiert
Zerstrte Bume beim Beduinendorf Al ArakibFoto: G. Rath
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HRW die Praxis. Bei den PalstinenserInnen herrsche
dringender Bedarf an angemessenem Wohnraum,
doch der Staat baue jdische Siedlungen, obwohl eini-
ge der 100 bestehenden jdischen Siedlungen halb
leer stnden, stellt HRW fest. Theoretisch knne zwar
jeder beantragen, dort zu wohnen, doch die Komitees,
die die BewerberInnen prften, urteilten auf derGrundlage nicht festgelegter Kriterien und schlssen
die PalstinenserInnen systematisch aus.
Human Rights Watch kritisiert die Rolle, die der
Jewish National Fund bei der rassistisch bestimmten
Zuteilung des Landes spielt. Der Staat und der JNF/
KKL kontrollieren 93 Prozent des Landes und weisen
sie (ausschliesslich jdischen) BenutzerInnen zu. Kein
israelisches Gesetz fordere eine faire und gerechte
Zuteilung ein, stellt HRW fest. Die Konsequenzen die-
ser Verhltnisse sind deutlich: Die PalstinenserInnenmachen laut der Studie von HRW 25 Prozent der Be-
vlkerung im nrdlichen Negev aus, sie haben jedoch
nur 2 Prozent des Bodens zur Verfgung.
Widerstand im Negev
Die Al Okbi, die BewohnerInnen von Al Arakib, geh-
ren zu den Negev-PalstinenserInnen, die nie aufgege-
ben haben. Sie kmpfen weiter dafr, ihr Land bewoh-
nen und bewirtschaften zu knnen. Beamte der Barak-
Regierung versprachen im Jahr 2001, sich der Sacheder Al Okbi anzunehmen. Doch als kurz darauf die
Sharon-Regierung an die Macht kam, wurde in einer
Nacht- und Nebelaktion eine neue Siedlung namens
Givot Bar auf dem Land der Al Okbi gegrndet. Bei
ihrer Erffnung war Wohnbauminister Effi Eitan
Ehrengast. Einmal mehr ist die neue Siedlung aus-
schliesslich fr jdische Israelis reserviert, whrend
den Beduinen systematisch Baugenehmigungen ver-
weigert werden.
Doch der Widerstand in Al Arakib geht weiter: NuriAl Okbi stellt schon seit Jahren ein Zelt auf einem
Stck Land seiner Vorfahren auf und lebt dort. Regel-
mssig wird er von der Polizei verhaftet und sein Zelt
zerstrt, da er Staatsland betreten habe, so die Behr-
den.
Hunderte der Al Turis, Nachbarn der Al Okbis, die
auch 1951 vertrieben worden w