Post on 26-Mar-2021
transcript
Her
bst /
Win
ter
201
6
2
Büromarkt | Dynamik für die Dienstleistungsgesellschaft
Schöner arbeiten | Wie Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt punkten
Fein abgestimmt | Durch Energieberatung zum Optimum
bau |
zeit
WAHR- NEH- MUNG
bau zeit
Magazin für Architektur, Bauen und Gesellschaft | Herbst / Winter 2016
22,7 °C
5.000.000
beträgt die Wohlfühltemperatur
der Bundesbürger. (Quelle: dpa)
Riechzellen nutzt der Mensch, ein Hund
hat knapp 220 Millionen, aber die beste
„Nase“ hat ein Fisch – der Aal.
200Bilder pro Sekunde verarbeitet das
Hochleistungsauge der Stubenfliege –
das mittelmäßige Menschenauge gerade
mal 60 Bilder in der Sekunde.
Welche Figur ist
größer? Das Geheim-
nis dieser optischen
Täuschung lüften wir
auf Seite 9.
2 E DI TO RI A L
EditorialLiebe Leserinnen und Leser,
können Sie Buchstaben farbig sehen? Töne schme-cken? Farben hören? Falls nicht, gehören Sie zur Mehrzahl der Menschen. Bei Ihnen funktionieren die Sinne einzeln und wohlgeordnet. Doch es gibt Menschen, für die ist sonnenklar: Blau schmeckt süß. Ein Trompetenklang leuchtet hellgrün. Und das Wort „Apfel“ prickelt spürbar! Diese Menschen nennt man Synästheten. Bei ihnen sind Sinne paral-lel geschaltet – wird einer gereizt, reagieren andere mit. Ihre Wahrnehmung funktioniert nach eigenen Gesetzen. Faszinierend! Und eine von unzähligen Facetten, die das Leitthema dieser Ausgabe der „bau|zeit“ – „Wahrnehmung“ – zu bieten hat. Doch auch ohne synästhetische Fähigkeiten gibt es hier viel zu entdecken. Zum Beispiel die Wahrnehmung und Wirkung von Architektur im Spannungsfeld von Zweckmäßigkeit und Wohlbefinden. Oder die Wahr-nehmung von Unternehmen („Hidden Champions“), die zwar in ihrem Bereich als Marktführer, aber in der allgemeinen Wahrnehmung im Verborgenen agieren. Fest steht: So individuell wir Menschen sind, so einzigartig ist auch unsere Wahrnehmung. Es kommt immer auf den Blickwinkel an. Wir wün-schen eine angenehme Lektüre und spannende neue Perspektiven!
Jörg-Uwe Goldbeck
3
6
Wie wirklich ist die Welt?Wie das Gehirn unsere Wahr-nehmung steuert
T I T E LT H E M A
44 Mulmig war gestern oder Krimi?
Nein danke!
Adieu Schmuddel-Image,
willkommen neues Parkhaus!
18
Fein abgestimmt Durch Energieberatung zum Optimum
30 Das Prinzip GOLDBECK
Drei Niederlassungen stellen
sich vor
BAU E N
48
22 Mehr als Fassade
In Industriehallen schlägt das
Herz der Wirtschaft
14 Schöner arbeiten!
Wie Unternehmen auf dem
Arbeitsmarkt punkten
Glossar
Fassadentechnik verständlich
erklärt
26
Im Auge des BetrachtersDer Zeitgeist entscheidet: Wahrnehmung von Architektur
A RC H I T E K T U R
4 I N H A LT
42 Wer hat’s erfunden?
Geniale Konstruktionen in Natur
und Technik
34
Wer schreibt, der bleibtEine kleine Kulturgeschichte des Büros
G E S E L L SC H A F T
38
10 Büromarkt: Dynamik pur
Dynamik für die Dienstleistungs-
gesellschaft
Heimliche GewinnerGlobal Player aus dem Mittelstand
M Ä R K T E
Inhalt5
WIE WIRKLICH
IST DIE WELT?
Wahrnehmung – jeder kann mit diesem Thema etwas an-
fangen, denn wir alle sind – sogar im Schlaf – pausenlos
damit beschäftigt, Dinge wahrzunehmen. Unsere Sinne
sind auf Dauerempfang eingestellt. Wir sehen, hören,
riechen, schmecken und fühlen permanent. Doch wer
genauer hinschaut, entdeckt: All das muss gar
nichts mit der Realität zu tun haben. ►
6 T I T E LT H E M A
Betrachten Sie diese
Abbildung mit etwas
Abstand. Und dann urtei-
len Sie: Sind die langen
Diagonalen parallel oder
nicht?
7
Nicht mehr als ein gedrucktes
Bild – und trotzdem entsteht
die Illusion von Bewegung. Am
besten ist die Bewegung an den
Stellen sichtbar, die gerade nicht
fokussiert werden.
8 T I T E LT H E M A
Bitte schauen Sie sich dieses Bild einmal genau an. Was sehen Sie? Vermutlich Fol-gendes: drei Kreise, bei de-nen jeweils eine Ecke fehlt,
drei Winkel – und ein weißes Dreieck. Seine Spitze zeigt nach oben, die Ecken münden in die Kreise. Dieses Dreieck ist nicht in die Abbildung eingezeichnet worden. Es ist nicht real. Dennoch kön-nen Sie es sehen. Wie ist das möglich?
Pippi-Langstrumpf-Philosophie
Die Antwort liegt in der Art und Weise, wie unser Gehirn arbeitet. Und sie be-weist, dass wir nicht nur mit den Augen sehen. Beim Sehen wirken vielmehr komplexe Strukturen in Augen und Gehirn. Die Grenze zwischen Sehen und Interpretieren ist fließend. Unser Gehirn ist ständig auf der Suche nach Bekanntem. Es stellt Muster und Ord-nungen her, die uns die Wahrnehmung der Welt erleichtern sollen. Und bei diesem Job fügt es auch schon einmal Dinge hinzu, die objektiv zwar gar nicht da sind, die eine Form aber logischer machen. Bei der abgebildeten Kanizsa- Illusion – benannt nach dem italieni-schen Psychologen Gaetano Kanizsa – ergänzt unser Gehirn die „fehlenden“ Linien, um uns die bekannte Form ei-nes Dreiecks liefern zu können. Die sichtbare Kontur dieses Dreiecks ist eine Illusion – doch sie ist logisch. Sie passt zu ihrer Umgebung.
Dieses Phänomen bedeutet nicht, dass auf unseren Wahrnehmungsap-parat kein Verlass ist. Die Vorstellung, dass unser Gehirn bei jeder sich bieten-den Gelegenheit frei nach Pippi Lang-strumpf singt: „Ich mach mir die Welt,
widdewidde wie sie mir gefällt!“ ist lustig, aber unzutreffend. Es ist zwar so, dass unser Gehirn für uns eine Art
„Wahrnehmungswelt“ kreiert, die nicht immer mit der Wirklichkeit überein-stimmt. Doch das tut es stets mit der Prämisse, uns das Überleben zu ermög-lichen. Unser Wahrnehmungsapparat ist an unsere Lebenswelt angepasst.
Spür die Fledermaus!
1974 stellte der Philosoph Thomas Nagel die Frage: „Wie ist es, eine Fle-dermaus zu sein?“ In seinem gleich-namigen Essay setzt er sich mit dem Dilemma von (scheinbarer) Objektivität und subjektiver Wahrnehmung aus-einander. Sein Thema ist die Lücke zwischen dem Mentalen und dem Phy-sischen. Sein Credo: Mit viel Fantasie können wir uns vorstellen, wie es ist, hängend mit dem Kopf nach unten zu schlafen, mit dem Mund Insekten zu fangen, die mit Flughäuten versehenen Arme auszubreiten und in die Nacht zu schwirren. Doch das auf Ultraschall basierende Ortungssystem der Fleder-maus ist uns völlig fremd. Mit aller Fantasie der Welt werden wir uns nie-mals vorstellen können, wie es ist, eine Fledermaus zu sein, Fledermaus-Emp-findungen und Fledermaus-Erlebnisse zu haben. Nagel: „Ich möchte wissen, wie es für eine Fledermaus ist, eine Fledermaus zu sein. Wenn ich mir dies jedoch nur vorzustellen versuche, bin ich auf die Ressourcen meines eigenen Bewusstseins eingeschränkt, und diese Ressourcen sind für das Vorhaben un-zulänglich.“
Logisch. Denn unser eigenes Be-wusstsein ist das Bewusstsein des Mensch-Seins. Anders gesagt: Wir kön-nen nicht aus unserer Haut. UV-Strah-len, bestimmte Schallwellen, das Magnetfeld der Erde – für viele Tiere elementare Bestandteile ihrer Lebens-welt – sind für uns nicht wahrnehmbar. Wir können sie nicht am eigenen Leib erfahren. Und sobald es in die Welt der höheren Physik geht, führt das ohnehin zu einem veritablen Knoten im Gehirn. Oder können Sie sich eine gekrümmte
Raumzeit wirklich vorstellen? Der Tier-physiologe Heinz Penzlin nennt den Grund: „Der Wahrnehmungsapparat von Tier und Mensch hat sich nur in dem Maße an die Wirklichkeit ange-passt, wie es für das Überleben jeder Art notwendig war.“ Im Grunde haben wir immer noch ein Primatengehirn. Aber: Die menschliche Neugier, Abstraktions-vermögen und Intelligenz haben uns im Laufe der Evolution in Wissensräu-me katapultiert, die wir sinnlich nicht erfassen können. Sind wir Menschen damit vielleicht über das Ziel hinaus-geschossen?
Moderne Herausforderungen
Unser Gehirn hat die Aufgabe, beide Welten miteinander zu verbinden. Im Rahmen seiner Möglichkeiten macht es das gut. Wahrnehmungstäuschungen zeigen aber, wo dabei die Grenzen lie-gen. Ein Beispiel finden Sie auf Seite 2, gegenüber dem Editorial: Hier sind zwei Figuren unter den Arkaden abgebildet. Beide sind gleich groß (nachmessen ist erlaubt!), doch uns erscheint die obere Figur größer als die untere. Der Grund: Unser Gehirn nimmt das Bild räumlich wahr. Die obere Figur steht dann für uns weiter hinten und scheint mit dem Kopf fast an die Decke zu stoßen. In einem tatsächlich dreidimensionalen Raum müsste sie deshalb größer sein als die vordere Figur – und so präsentiert unser Gehirn sie uns dann auch im zweidimensionalen Raum. Und die Re-alität? „Realität ist das, was außerhalb des Denkens der Menschen existiert“, sagte Dr. Heinz Oberhummer, Professor für Theoretische Physik am Atominsti-tut der Technischen Universität Wien. Wir erinnern uns an Pippi Langstrumpf. Und lassen unser Gehirn mal machen. ■
9
10 M Ä R K T E
Neue Bürobauten am
Breitscheidplatz in Berlin
Büromarkt:Dynamik purDer lauteste Ruf auf dem deutschen
Immobilienmarkt erschallt derzeit nach
Wohnungen. Die Großstädte im gesamten
Bundesgebiet werden wachsen, so heißt
es in der öffentlichen Wahrnehmung.
Doch die Attraktivität des Wohnmarktes
ist nur Folge einer prosperierenden Wirt-
schaft – und die braucht in einer Dienst-
leistungsgesellschaft Büros. Ein Blick
auf den deutschen Büroimmobilienmarkt
zeigt: Mehr Dynamik geht kaum. ►
11
Dass die Wahrnehmung mitun-ter verzerrt sein kann, zeigen die aktuellen Berichte über den deutschen Immobilienmarkt. Die Dominanz des Wohnungsbaus
schiebt die Bedeutung von Büroflächen in den Hintergrund. Dabei stehen Büroimmobilien an erster Stelle des Umsatzvolumens. In großer Zahl erscheinen neue Studien über den massiven Zuzug in deutsche Großstädte. Doch wächst die Anzahl der Bürobeschäftigten signifikant höher als die Einwohnerzahl. Allein Berlin verzeichnete seit 2005 ein Plus von 24 Prozent bei den Büroarbeits-plätzen – die Einwohnerzahl stieg hingegen nur um zwei Prozent. Diskussionen über Mietspiegel und Sozialwohnungen beherrschen Medien und Politik. Ganz unbemerkt hingegen nehmen inter-nationale Unternehmen Distanz zum Standort Deutschland, weil es an geeigneten Flächen fehlt.
Doch der Reihe nach: Im Jahr 2015 entfielen 44 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens im deutschen Immobilienmarkt auf Büros. Dies entsprach rund 24,6 Milliarden Euro. Dass Bü-ros nicht immer die führende Assetklasse sein müssen, zeigen die USA, wo der Handel mit Wohnungen auf dem ersten Platz beim Transak-tionsvolumen rangiert. Gerade im internationalen Vergleich ergibt eine weitere klassische Kenn-ziffer des Büromarktes hervorragende Werte für die Bundesrepublik: Der Immobilien-Researcher Catella ermittelte in den letzten 15 Jahren unter 14 europäischen Metropolen eine Zunahme des Büroleerstands um sechs Prozent. In den sieben größten deutschen Städten sank die durchschnitt-liche Leerstandsquote hingegen von knapp neun Prozent im Jahr 2011 auf 5,6 Prozent im Jahr
2015. Angesichts kontinuierlich hoher Nachfrage stehen die Zeichen eindeutig auf Expansion: Für das Jahr 2016 werden laut Berechnungen des Immobilien-Dienstleisters Savills rund 970.000 Quadratmeter Bürofläche fertiggestellt, bereits zwei Jahre später sind knapp 1,5 Millionen Qua-dratmeter prognostiziert.
„Der Bedarf an Büroflächen ist zweifellos hoch. Trotz zunehmender Nachfrage nach Co-Wor-king und Homeoffice werden wir auch in Zu-kunft qualitativ hochwertige Bürogebäude benö-tigen“, sagt Hans-Jörg Frieauff, Geschäftsführer von GOLDBECK Nord. Augenzwinkernd fügt er hinzu: „Das ideale Büro am idealen Standort ist allerdings zumeist eine Wunschkombination.“ Denn innerstädtische Lagen in deutschen Metro-polen entziehen sich der Verfügbarkeit. In einigen deutschen Städten wie beispielsweise München liegt die Leerstandsquote im Stadtzentrum bei unter zwei Prozent. Die Büronutzer reagieren auf zweierlei Weise: Mietverträge werden vielerorts länger als über die üblichen fünf Jahre geschlos-sen, zugleich bemühen sich die Unternehmen um eine effizientere Flächennutzung. Studien künden bereits von der notwendigen Raumreduzierung pro Mitarbeiter. Sie soll in den kommenden Jahren im Durchschnitt von 26 auf 20 Quadratmeter sinken.
Gerade die Flächeneffizienz birgt jedoch – je nach Unternehmenskultur – Konfliktpotenzial. Berlin beispielsweise hat seinen bemerkenswerten wirtschaftlichen Aufstieg mit einer Halbierung der Arbeitslosenquote innerhalb von zehn Jahren wesentlich der Technologie- und Start-up-Branche zu verdanken. Bis 2020 sollen diese Unternehmen laut einer Prognose des Marktforschungsinstituts Bulwiengesa bereits an erster Stelle der Büro-
„ Jede Branche hat ihre eigenen Büro-
kriterien: Flexibilität ist daher weitaus
wichtiger als Flächeneffizienz.“
Hans-Jörg Frieauff
12 M Ä R K T E
mieter in der Hauptstadt stehen. Im Sinne der Flächeneffizienz mögen kleinteilige Arbeitsplätze in Großraumbüros zwar zunächst kostensenkend sein – der Arbeitsleistung der Kreativarbeiter wäre diese Büroform gleichwohl abträglich. „Jede Branche hat ihre eigenen Bürokriterien: Flexibilität ist daher weitaus wichtiger als Flächeneffizienz“, so Frieauff.
Flexibilität wird angesichts mangelnder Flä-chen und steigender Mieten zum Schlüsselfaktor im Büromarkt. Sie bezieht sich zunächst auf die Lage. 1-b-Lagen sollten in den Investorenfokus rü-cken – nicht nur aus rein pragmatischen Gründen der Verfügbarkeit. Denn laut einer kürzlich veröf-fentlichten Studie ist die Nähe zur häufig peripher gelegenen Wohnung für die jungen Generationen der Bürobeschäftigten das maßgebliche Kriterium bei der Wahl des Arbeitsplatzes. Flexibilität um-fasst darüber hinaus anpassungsfähige Räume mit ausreichender Deckenhöhe und multipler Funkti-onalität. Wer heutzutage eine ansprechende und damit auch wirtschaftlich lohnende Büroimmo-bilie plant, kann sie nicht nur mit Arbeitsplätzen füllen. Ein Kindergarten, gastronomische Angebote und Freizeitflächen innerhalb desselben Gebäudes werden in naher Zukunft zum Standard werden. Denn angesichts wachsender Städte und größerer Distanzen werden kurze Wege zum entscheiden-den Wettbewerbsfaktor um Büronutzer.
Dies gilt umso mehr, da der deutsche Bü-romarkt Nachholbedarf in seiner Internationa-lisierung hat. Knapp drei Viertel des gesamten Umsatzes stammen immer noch aus den Händen deutscher Unternehmen – Tendenz steigend. Noch im Jahre 2000 lag der Anteil internationaler Bü-romieter bei über 30 Prozent, wie der Immobi-
lien-Dienstleister Jones Lang LaSalle feststellte. Seitdem sinkt ihr Anteil: aus Mangel an geeig-neten Flächen, aber auch wegen der deutschen Anhänglichkeit an traditionelle Bürokonzepte. Um global agierende Unternehmen für den deutschen Standort zu gewinnen, muss die Planung von Bürogebäuden Innovationen und Trends weltweit berücksichtigen. „Ein geeigneter Referenzrahmen ist hier vor allem der US-amerikanische WELL Building Standard: Seit seiner Einführung 2013 wenden wir ihn an, um nutzerfreundliche und nachhaltige Bürogebäude zu schaffen“, so Frieauff. Dynamik also im Büro: Das Leitmotiv gilt für den Markt wie für die Gestaltung gleichermaßen. ■
Zu den Top 6 gehören:
Berlin, Düsseldorf, Frankfurt,
Hamburg, Köln, München;
* Prognose | Quelle: Savills
Offenheit und Transparenz: Von GOLDBECK realisiertes
Bürogebäude in der Heinrich-Konen-Straße, Bonn
15 6
25 10
35 14 %
10 4
2006 20112007 20122008 20132009 2014 2016 Q3
2010 2015 2016*
20 8
30 12
€ / m2 / Monat Spitzenmiete € / m2 – Ø Top 6
Leerstandsrate in % – Ø Top 6
Durchschnittsmiete € / m2 – Ø Top 6
Mietpreise und Leerstandsrate
13
Schönerarbeiten!Die Zeiten der Uniformität
sind vorbei. Die moderne
Arbeitswelt ist vielfältig
und bunt! Basis ist die
Tatsache, dass unterschied-
liche Arbeitsprofile auch
unterschiedliche Arbeits-
umgebungen erfordern. ►
14 A RC H I T E K T U R
Mall und Arbeitsplätze im neuen
Bürogebäude des Logistikspezi-
alisten DSV
15
„ Die Büroumgebung ist ein überaus
wichtiges Aktionsfeld für Unternehmen,
um Mitarbeiter positiv zu beeinflussen.“
Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO
Das eine richtige Konzept für Bürogebäude gibt es nicht“, sagt Marc Seidel, GOLDBECK-Produktmanager Büro. „Aus-schlaggebend sind die Tätigkeiten,
die dort ausgeführt werden. Und auch Unterneh-menskultur und -philosophie müssen beachtet werden.“ Beispiel DSV in Krefeld. Hier entstand im Auftrag des internationalen Transport- und Logistikspezialisten DSV ein ungewöhnlich of-fenes Bürogebäude. Herzstück ist eine Mall mit durchgehendem Luftraum vom Erdgeschoss bis unter das Gebäudedach. Einige Großraumbüros grenzen direkt daran an – Offenheit extrem. Und doch funktioniert das Konzept. Denn es gibt eine Vielzahl von Schallschutzmaßnahmen, die für eine angenehme Arbeitsatmosphäre sorgen: Wände, Möbel und sogar Bilder haben durch besondere Materialien und teilweise feinste Perforationen eine raumakustische Wirkung. Ein hochwertiger Teppich schluckt störende Geräusche, und auch die dekorativen Holzpaneele wirken dämpfend. Einzelbüros und Besprechungsräume sind ab-geschlossen, fügen sich aber durch transparente Glaswände perfekt in das innenarchitektonische Konzept ein. Die Balance aus Offenheit – Basis der Unternehmensphilosophie – und guten Ar-beitsbedingungen ist gegeben.
Immer mehr Unternehmen gehen wie DSV höchst individuelle Wege in der Gestaltung ihrer Bürogebäude. Es entstehen regelrechte „Arbeits-landschaften“, deren Topografie so abwechslungs-
reich ist wie die jeweiligen Arbeitsplatzprofile. Seidel: „Dieser Entwicklung tragen wir mit zwölf unterschiedlichen Raummodulen Rechnung.“ Es gibt Räume für einzelne Personen, zum konzen-trierten Arbeiten und für vertrauliche Aufgaben – zum Beispiel die Thinktanks. Andere, meist offenere Bereiche dienen der schnellen und in-formellen Zusammenarbeit mit Kollegen und variieren in der Größe – vom Huddle bis zum Gra-vity Point. Projekträume sowie kleine und große Besprechungsräume sind überall dort sinnvoll, wo es um übergreifende Zusammenarbeit geht. Und dann sind da noch all die Mischformen, die aus den individuellen Anforderungen des Unterneh-mens heraus entwickelt werden können. Zusam-mengenommen entsteht so ein Raumkonzept, das im GOLDBECK-System perfekt umsetzbar ist und auch Verkehrswege, Büroinfrastruktur und Aspek-te der Energieeffizienz einbezieht. Doch was, wenn sich Prozesse ändern und neue Strukturen erfor-derlich werden? Seidel: „Ein gutes System ist flexi-bel genug, sich mitzuentwickeln.“ Bei GOLDBECK bedeutet das: Wände lassen sich versetzen und auch die technische Gebäudeausstattung „denkt“ von vornherein Funktionswechsel mit.
Doch das firmeneigene Bürogebäude ist heute nur noch ein Teil der Arbeitswelt vieler Arbeitneh-mer. Räumlich autonomes Arbeiten ist seit Jahren auf dem Vormarsch, zu Hause, im Café oder auf Reisen. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO besagt, dass heute 40 Prozent der Arbeitnehmer ent-
16 A RC H I T E K T U R
04b Twin Room
06 Touch Down
01 Single Workstation
05 Huddle
10 Kleiner Besprechungsraum
09 Projektraum
02 Bench Workstation
04a Single Room
08 Teambox
12 Gravity Point
11 Großer Besprechungsraum
07 Work Together
03 Thinktank
Legende
01 Single Workstation Offener Arbeits-
platz im Open Space, der für mehr als
fünf Personen Raum bietet
02 Bench Workstation Arbeitsplatz für
Einzel- und Teamarbeit im Open Space
03 Thinktank Geschlossener Raum für
eine Person, mit allen notwendigen
technischen Anschlüssen; für konzent-
riertes Arbeiten und Arbeit, die andere
stören könnte
04a Single Room Geschlossener Raum für
eine Person und zwei Besucher für
vertrauliche und Einzelarbeit
04b Twin Room Geschlossener Raum für
zwei Personen und drei Besucher
05 Huddle Offener Bereich für drei bis
sechs Personen mit komfortablen
Möbeln und technischen Anschlüssen
06 Touch Down Offener Bereich mit
Tischen und Stühlen für spontane und
kurzfristige nicht vertrauliche Zusam-
menarbeit
07 Work Together Halb offener Bereich für
drei bis vier Personen mit komfortablen
Möbeln und technischen Anschlüssen
08 Teambox Geschlossener Bereich für
drei bis vier Personen für kurze infor-
melle Meetings
09 Projektraum Geschlossener Raum
für sechs bis acht Personen für nicht
öffentliche Teamarbeit mit ständiger
Kommunikation
10 Kleiner Besprechungsraum
Geschlossener Raum für sechs bis acht
Personen, ausgestattet mit Technik für
Präsentationen und Teamarbeit
11 Großer Besprechungsraum
Geschlossener Raum für zehn bis zwölf
Personen, ausgestattet mit Technik für
Präsentationen und Teamarbeit.
12 Gravity Point Halb offener Bereich mit
gemeinsam genutzter Infrastruktur
wie Drucker und Teeküchen
scheiden können, wo sie arbeiten. Und mehr als die Hälfte der Befragten ist auch zeitlich autonom und entscheidet selbst über die eigenen Arbeitszeiten. Die Wissenschaftler erkennen einen Zusammenhang zwischen Autonomie und Zufriedenheit. „Wer seine Arbeit individuell gestalten kann, erlebt eine höhere Work-Life-Balance, mehr Mo-tivation und mehr Leistung“, so die Experten. Diese Erkenntnis ist nicht wirklich überraschend, denn das Phä-nomen kennen viele aus eigener Erfah-rung. Ein anderes Ergebnis ist da weit-aus spannender: Obwohl wir immer weniger Zeit dort verbringen, wird das klassische Büro immer wichtiger. Die Fraunhofer-Experten: „Die Büroumge-bung ist ein überaus wichtiges Aktions-feld für Unternehmen, um Mitarbeiter positiv zu beeinflussen.“ Zufriedenheit mit der Arbeitsumgebung führt zu einer stärkeren Bindung an das Unternehmen und zu höherer Leistungsfähigkeit.
Zu einer positiv empfundenen Bü-roumgebung zählt auch die Möglich-keit, selbst die Behaglichkeit herzustel-len. Ein angenehmes Raumklima. Gute Beleuchtung. Ruhe bei konzentriertem Arbeiten. Marc Seidel: „Jeder empfindet dabei anders. Deshalb lassen unsere Bürogebäude – je nach ausgewählter
Komfortstufe – eine individuelle Regel-barkeit zu.“ Sein Kollege Fabian Lenz, GOLDBECK New Technologies, blickt in die Zukunft: „Mit entsprechenden Sensoren können Mitarbeiter über den CO² -Gehalt im Büro informiert wer-den und ihn entsprechend justieren.“ Darüber hinaus arbeitet GOLDBECK an der „Sound-Maskierung“. Dieses Prinzip wird auch in der Medizin zur Bekämpfung von Tinnitus eingesetzt: Ein informationsloses Geräusch über-deckt unerwünschte Töne. Und unsere Arbeitswelt wird noch komfortabler. ■
„ Ein gutes System
ist flexibel genug,
sich mitzuentwi-
ckeln.“
Marc Seidel
So könnte ein optimiertes
Raumkonzept aussehen:
In dieser Arbeitsland-
schaft gibt es für jedes
Tätigkeitsprofil den maß-
geschneiderten Raum.
17
Fein abgestimmt
Nie zuvor konnten Bauherren unter so vielen Varianten der Energieversorgung
auswählen. Doch welche ist die beste? Das hängt vom Standort und dem Ver-
brauchsprofil ab. Die GOLDBECK-Energieberatung wägt alle Einflussfaktoren ab
und errechnet so die günstigste Variante. Und überzeugte damit einen echten
Energie-Spezialisten: den Energieversorger Süwag.
18 BAU E N
Die Süwag Energie AG versorgt rund 860.000 Kunden mit Energie. Das Unternehmen setzt auf erneuerbare
Energien: zwei Windparks, 16 Lauf-wasserkraftwerke und 24 Photovoltaik- anlagen. Zusätzlich zählt die Strom- und Wärmeerzeugung derzeit 22 Süwag-QuartierKraftwerke zu ihrem Portfolio. Es ist also keine Überraschung, dass die Süwag auch beim Bau neuer Ver-waltungsgebäude großen Wert auf ein nachhaltiges Energiekonzept legt.
„Als regionaler Energiemanager sehen wir es als unsere Pflicht, neue Energiekonzepte auch an unseren ei-genen Standorten einzusetzen. Die Er-fahrungen möchten wir nutzen und an unsere Kunden weitergeben“, erklärt Süwag-Vorstandsmitglied Mike Schuler.
Über einen Planungs- und Reali-sierungswettbewerb schrieb der Ener-gieversorger 2014 den Neubau eines Gebäudes für Verwaltung und Netzbe-trieb in Rheinmünster aus. GOLDBECK gewann und realisierte ein zweige-schossiges Bürogebäude plus Halle.
„Individuelle Energieberatung hat in der heutigen Zeit einen enorm hohen Stellenwert. Diesen Anspruch erleben wir tagtäglich auch bei unseren Kunden. Es geht dabei oft um individuelle Wün-sche. Unser Gebäude in Rheinmünster
enthält zum Beispiel neben einer öko-logischen Holzfassade und einer Dach-begrünung auch ein zukunftsweisendes Energiesystem, das zum ersten Mal den Heiz- und Kühlbetrieb eines Gebäudes miteinander koppelt“, so Schuler.
Das Herz des eingesetzten Ener-giesystems ist ein Solar-Eisspeicher. Im Sommer (Kühlung im Gebäude) führen Wärmetauscher ihm Energie zu, das Eis schmilzt. Im Winter (Heizung im Gebäude) entziehen Wärmetauscher dem Wasser im Speicher Energie, neues Eis wird gebildet. Fehlende Energie für Heizung oder Warmwasser wird durch Solarkollektoren auf dem Dach des Ge-bäudes erzeugt. Das System ist höchst effizient, weil das umliegende Erdreich als erweiterte Speichermasse dient und weil es die Kristallisationsenergie des Wassers am Schmelzpunkt nutzt.
„Für ein solches System muss aus-reichend Platz auf dem Grundstück gegeben sein“, sagt Diplom-Ingenieur Michael Berk von der GOLDBECK-Niederlassung Rhein-Main. Dieser Raum war bei einem zweiten Projekt der Süwag – wiederum über einen Pla-nungs- und Realisierungswettbewerb ausgeschrieben – nicht gegeben. Auch in Ilsfeld steht ein neues Verwaltungsge-bäude. GOLDBECK überzeugte mit dem besten Konzept und leistete auch hier Energieberatung. Berk: „Die Analyse
des Grundstücks ergab völlig andere Voraussetzungen als in Rheinmünster. Der Raum reichte für einen Solar-Eis-speicher nicht aus, und der Boden war ungeeignet für die Nutzung von Erd-wärme. Deshalb setzten wir hier auf Photovoltaik und eine Luftwärmepum-pe.“ Neben zwei Dachanlagen auf Büro und Parkhaus gewinnt auch eine neu entwickelte Photovoltaikanlage direkt an der Südfassade Sonnenenergie. Der Solarstrom dient der Eigennutzung und senkt den Bezug aus dem öffentlichen Netz deutlich.
Die Vorgehensweise bei beiden Pro-jekten ist typisch für die GOLDBECK-Energieberatung. Berk: „Über ther-mische Gebäudesimulationen und Amortisationsrechnungen analysieren wir den Energiebedarf einer Immobilie. Diese Berechnungen dienen dem Kun-den als Entscheidungsgrundlage für ver-schiedene Versorgungsvarianten.“ So schafft die GOLDBECK-Energieberatung Kunden einen Mehrwert, der über die Dauer der Gebäudenutzung an Bedeu-tung gewinnt. Michael Berk: „Generell steigt das Interesse der Bauherren am Thema Energie. Und bei der Vielzahl der heiz- und kühltechnischen Varian-ten, die auf dem Markt sind, braucht der Kunde Beratung durch Spezialisten.“ ►
„ Über thermische Gebäudesimulationen
und Amortisationsrechnungen analysieren
wir den Energiebedarf einer Immobilie.
Diese Berechnungen dienen dem Kunden
als Entscheidungsgrundlage für verschie-
dene Versorgungsvarianten.“
Michael Berk
19
Oben Süwag in Rheinmünster: Die
markante Holzfassade aus vorvergrauter
Weißtanne hat Charakter. Nicht sichtbar
ist das begrünte Dach.
Rechts Das Süwag-Gebäude in Ilsfeld
hat eine Photovoltaikfassade.
20 BAU E N
So funktioniert ein Eisspeicher
Wird bei einem Taschenwärmer ein
Metallplättchen umgeknickt, kristalli-
siert die Wasser-Salz-Lösung und wird
fest. Die dabei frei werdende Kristalli-
sationsenergie spüren wir als wohlige
Wärme. Beim Eisspeicher dauert es zwar
etwas länger, doch die Funktionsweise
ist ähnlich. Das Speichermedium Wasser
befindet sich in einem Betontank unter
der Erde. Ihm wird über eine Wärme-
pumpe Energie entzogen. So gefriert es
allmählich. Die frei werdende Energie
wird zum Heizen genutzt. Über Wärme
aus Sonne, Luft und Erdreich kann das
Wasser dann wieder aufgetaut und der
Kristallisationsprozess erneut einge-
leitet werden. Im Sommer taut das Eis
dann endgültig und wird zum Kühlen der
Räume genutzt.
Energie aus dem
Erdreich
Energie aus solarer
Einstrahlung
Energie aus der
Umgebungsluft
Blick in einen Eisspeicher mit gefrorenem
Eis. Deutlich sichtbar ist das Rohrsystem,
durch das ein flüssiges Kältemittel geleitet
wird.
Eisspeicher
Wärmepumpe und Regelung
Vertikale Photo-voltaikfassade
warm
kalt
21
MEHR ALS
FASSADE
Dialog aus Funktionalität und Attraktivität:
Logistikhalle im Lloyd Industriepark Bremen
22 BAU E N
Voll besetzte Doppeldeckerbusse bugsieren fotografierende Reisegruppen durch das örtliche Industriegebiet. Draußen lauscht eine aufgeregte Meute den fachkundigen Worten eines Reiseleiters mit überdimensi-
onalem Regenschirm in der linken und Faltprospekten in der rechten Hand. Er parliert von Stahlbeton, sys-tematisierten Elementen und Energiekonzepten. Von Logistik, Lager und Industrie. Die Masse ist begeistert, lässt sich vor Hallenfassaden ablichten und twittert die neuesten Tragwerkmodelle in die Welt hinaus.
Okay, dieses Szenario ist fiktiv. Es wird in ab-sehbarer Zeit keinen Industriehallentourismus geben, zumindest nicht für die breite Masse. Aber muss es das? Nein. Es passt nicht zur Halle. Sie ist der heim-liche Star, steht nicht in der ersten Reihe. Aber sie sorgt dafür, dass die Wirtschaft Raum hat. Nur mit ihrer Unterstützung sind Unternehmen in der Lage, Produkte herzustellen, zu lagern, zu kommissionieren. Sie ist ein echter Alleskönner und unverzichtbar für die meisten Branchen.
Zugegeben, eine Halle ist nicht so repräsentativ wie ein Rathaus oder ein Büro. Dafür herrscht innen eifriger Trubel. Lagern, produzieren, kommissionieren, ausstellen, kühlen oder wärmen, verkaufen, drucken. Ja, sogar Flugzeuge parken und Reisende empfangen. Mitnichten sind Hallen langweilig, die Wahrnehmung unterscheidet sich lediglich von anderen Gebäuden. Hallen definieren sich über ihren Nutzen. Doch welche Nutzung erfordert welches Profil? Welche Gemein-samkeiten gibt es und wo liegen die Unterschiede? Wir haben uns bei den GOLDBECK-Hallenexperten umgehört und uns einen Überblick verschafft.
„Aktuell“, so Kevin Suplie, Produktmanager Hal-len, „realisiert GOLDBECK rund 270 Hallenprojekte, davon 140 im Bereich Logistik und 130 Produktions-hallen. Dazu gesellen sich zum Beispiel Kühlhallen, Fachmärkte, Umschlagzentren, Hangars und sogar Passagierhallen wie das Cruise Center in Hamburg. GOLDBECK legt zudem großen Wert auf einen res-sourcenschonenden Umgang mit den Materialien – so bleibt die Halle am Ende einer sinnvollen Nutzungs-dauer recyclingfähig.“ ►
Auf den ersten Blick wirkt eine
Halle, wie eine Halle nun mal wirkt:
funktional, nüchtern, zweckdienlich.
Hallen definieren sich nicht über
Äußerlichkeiten, sie überzeugen mit
ihren Möglichkeiten. Und die sind
erstaunlich vielseitig.
23
Der Bestseller
Hattersheim, 4 Uhr morgens. Mit je-weils 6.000 Paketen und Päckchen im Schlepptau befahren die ersten Lkws des Tages das ein Jahr junge DHL-Sor-tierzentrum nahe der A66. Dann geht alles ganz schnell: Ausladen per Hand, rauf aufs Förderband und ab durch den Scanner, der bestimmt, wo die Reise hingeht. Im Anschluss fährt das Zentral-band die Pakete kreuz und quer durch die Halle, bis sie am anderen Ende an der Lade ihres Zustellbezirkes ankom-men. Von hier aus werden sie wieder per Hand in die Wagen geladen. Alles in hoher Geschwindigkeit und alles (fast) vollautomatisch.
Logistik- und Lagerhallen, zu denen auch Umschlagzentren für Pa-ketdienstleister gehören, sind die mit Abstand am häufigsten realisierten Ge-bäude bei GOLDBECK. Charakteristisch ist der großflächige Grundriss mit nur wenigen oder gar keinen Innenstützen. So bleibt innen Platz für Hochregale, reibungslosen Warenfluss oder – wie bei DHL – für riesige Sortiermaschinen. Im Bereich der „Technischen Gebäude-ausrüstung“ (TGA) liegt ein besonderes Augenmerk auf der Leitungsführung. Ob Wärmezufuhr, Wasser, Telekom-munikation oder Abluft: Die Leitungen haben gleichermaßen die Aufgabe, das Gebäude zu versorgen, ökonomisch und ökologisch effizient zu sein sowie sich unauffällig zu verhalten. Nur so kann der Raum im Inneren der Halle optimal genutzt werden.
Der Puls
Rahmen, Scheiben, Dichtungen, Fens-terheber, Lautsprecher, Blenden, Kabel und, und, und. Die Herstellung einer Fahrzeugtür ist ein komplexes Unter-fangen. In Bremen fertigt die Firma Brose Türen für die Mercedes C-Klasse. Auf rund 4.500 Quadratmetern pro-duziert der Automobilzulieferer über 1.000 Türen am Tag. Ganz klar: Hier riecht es nach Gummi, nach Schweiß und Arbeit. In der Produktionshalle schlägt das Herz eines produzierenden Unternehmens.
Bei dem Automobilzulieferer ist al-les auf das sogenannte Just-in-sequen-ce-Verfahren abgestimmt. Heißt: Nach der Bestellung verbleiben dem Unter-nehmen 280 Minuten für Montage, Prü-fung, Transport und Lieferung in das sechs Kilometer entfernte Daimler-Werk. Dementsprechend muss die Halle mit modernstem technischem Equipment ausgestattet sein, insbesondere da die Mechatroniker bei Brose mit einer Viel-zahl mechanischer, elektrischer und elektronischer Komponenten arbeiten. Eine ergonomische Gestaltungsweise ist Pflicht. Dazu gehört, dass die An-schlüsse für die Maschinen strategisch sinnvoll angeordnet sind – denn nicht nur im produzierenden Gewerbe ist Zeit oft Geld.
Die Thermik
Für die Lebensmittelindustrie sind Kühlhallen existenziell, denn ist die Kühlkette einmal unterbrochen, sind viele frische Produkte gefährdet. Und das schmeckt weder dem Hersteller noch dem Lieferanten und schon gar nicht dem Verbraucher. Aus diesem Grund stellt die Kühl- und Tiefkühllo-gistik besondere Herausforderungen an die Halle. Spezielle Fassadenkonstruk-tionen sorgen für optimale Dämmung, der perfekte Ausgleich von kalter und warmer Luft muss gewährleistet sein. Im Normalfall kühlen die Produkte in unterschiedlichen Temperaturberei-chen, Geflügel bei vier Grad Celsius, frischer Fisch bei höchstens zwei und Tiefkühlkost bei minus 14 bis minus 25 Grad. Zudem wird die Ware in Kühllogistikimmobilien verpackt und kommissioniert. Der Strombedarf ist dadurch enorm. Immer häufiger greifen Bauherren daher auf Solarstrom zurück. Vorteil: Unternehmen verbrauchen den erzeugten Strom direkt vor Ort. Zudem sind die Anschaffungskosten für Photo-voltaikanlagen aktuell attraktiv wie nie.
Die Speziellen
Die Vielseitigkeit der Halle drückt sich in der Vielzahl unterschiedlicher Nut-zungen für die verschiedensten Bran-
chen aus. Eine Halle dient nicht nur als Dach für ein Lager oder als Produktions-stätte. Sie ist zum Beispiel auch Hangar. Für die Flugzeuggaragen gelten – je nach Flugzeuggröße – unterschiedliche Anforderungen, insbesondere an die Dachkonstruktion. Die Halle ist auch Kreuzfahrtterminal. Sie ermöglicht Pas-sagieren den sicheren Weg von Festland auf Wasser und zurück. Auch in ihren Funktionen als Messe- oder Verkaufs-halle empfängt sie täglich Tausende Per-sonen. Hier gilt es, Ein- und Ausgänge perfekt aufeinander abzustimmen sowie freie Präsentationsflächen zu schaffen.
Ob für die Chemie-, Nahrungsmit-tel-, Automobil- oder Pharmaindust-rie: Eine Halle ist wandelbar und lässt sich für jede Branchenanforderung optimieren. Und die Zeiten der ein-tönigen, grauen Wellblechbunker sind auch vorbei. Längst strahlen selbst In-dustrie- und Logistikhallen in bunten Farben oder der eleganten Corporate Identity des jeweiligen Unternehmens. Und wer weiß, vielleicht lassen sich ja zukünftig auch die Touristen im Indus-triegebiet blicken. ■
„ Aktuell realisiert
GOLDBECK rund 270
Hallenprojekte, davon
140 im Bereich Logistik
und 130 Produktions-
hallen. Dazu gesellen sich
zum Beispiel Kühlhallen,
Fachmärkte, Umschlag-
zentren, Hangars und
sogar Passagierhallen
wie das Cruise Center
in Hamburg.“
Kevin Suplie
24 BAU E N
Oben
Das Cruise Center Steinwerder ist der
modernste Abfertigungsterminal des Kreuz-
fahrtstandortes Hamburg
Rechts
Viel Platz für Hochregale dank weitgehender
Stützenfreiheit bei der Spedition Baam in
Ettlingen
Unten
Freie Wege für fließenden Warenverkehr im
DHL-Sortierzentrum Ginsheim
25
26 A RC H I T E K T U R
Im Auge des BetrachtersEbenso wie die Architektur selbst
wechselt auch ihre Wahrnehmung.
Der Zeitgeist entscheidet. ►
Le Havre war 1944 in großen
Teilen durch Bombenangriffe
zerstört worden. In den 50er-
und 60er-Jahren wurde es nach
Plänen des Architekten und
Städteplaners Auguste Perret
wiederaufgebaut. Bevorzugter
Baustoff: Beton, in den der
Schutt der zerstörten Stadt
eingearbeitet wurde.
27
Vor zehn Jahren adelte die UNESCO das Stadtzentrum von Le Havre in der Normandie mit dem Welterbe-Status. Bis heute verstehen viele nicht, warum
„überdimensionierte Schuhschachteln“ (so formuliert es ein Blogeintrag) schützenswert sein sollen. Denn dieses Le Havre ist aus Beton. Nicht hier und da, sondern nach den verheeren-den Bombardierungen des Zweiten Weltkrieges komplett: neu aufgebaut in Baumaterie und -stil, auf einem schachbrettförmigen Stadtgrundriss. Ein Gesamtkunstwerk.
Der Schöpfer Auguste Perret hatte allerdings mehr im Blick als ein Ensemble im rechten Win-kel. Er wollte für den Menschen bauen. Dass Architektur dem Leben dient, weiß jeder, doch erst seit relativ kurzer Zeit richtet die Baukunst ausdrücklich ein Augenmerk auf das, was uns angeht: Wohnqualität. Breite Straßen bedeuten Licht, das in viele Fenster fällt. Ist Le Havre also ein lebenswerter Ort? Oder pfeift dafür zu oft der Nordwest vom Atlantik durch die Straßenfluchten dieser Idealstadt und macht die offene Topografie zum Fluch?
Dass die Medaille im Bauwesen stets zwei Seiten hat, zeigt auch Palmanova in Norditalien – ebenfalls ein Kind hegemonialer Bauplanung: Von einem zentralen Platz aus führen breite Straßen sternförmig in alle Richtungen. Aus der Vogelper-spektive entsteht ein faszinierendes Muster. Nur
ging es im Stadtgründungsjahr 1593 nicht um gutes Leben, allenfalls ums Überleben: Palmanova war eine Festung. Die breiten Straßen dienten dem Aufmarsch der Truppen. Und die zentrale Mitte, der alle Straßen zulaufen wie Speichen der Nabe, war ihr Appellplatz.
Das System der Wälle und Gräben, das Angrif-fe erschweren sollte, bedeutet heute Lebensqualität durch Schalldämmung, Naturnähe und Luftrein-heit. Das hilft indes nicht gegen Überalterung: Jun-ge Menschen ziehen fort aus der Idealstadt, weil dieses Gemeinwesen nicht wachsen kann – seine Verteidigungsanlage hemmt es wie ein Korsett. Die Touristen hingegen kommen in Scharen und loben die Idylle.
So ist Wahrnehmung von Architektur alles andere als konstant – angefangen mit der Ableh-nung, die dem Bauhaus in den 1920er-Jahren in Weimar entgegenschlug (was sich in der Drohung Weimarer Mütter zeigte, wer nicht artig wäre, kom-me „ins Bauhaus!“), bis zu den Entstuckungskam-pagnen des 20. Jahrhunderts, die viele deutsche Städte kahl werden ließen. Übrigens gehörte die Bauhaus-Bewegung zu den ersten, die Ornamen-ten den Krieg erklärten und dem Glatten und Geraden huldigten. Heute sind beide Varianten denkmalgeschützt.
Das heißt aber nicht, dass nun endlich Einig-keit herrscht darüber, welche Architektur man als „schön“ wahrzunehmen hat. Was dagegen
„ Ich weiß, dass Architektur Leben
ist, oder zumindest ist sie Gestalt
gewordenes Leben.“
Frank Lloyd Wright
28 A RC H I T E K T U R
„unschön“ ist, fällt leichter zu beurteilen. Anregun-gen gibt Friedensreich Hundertwasser: Er kritisiert die „Käfigkonstruktionen“ vieler Architekten und möchte das Lineal des Planers abschaffen, denn
„die grade Linie ist gottlos“. Gegenstimmen gibt es natürlich auch: So verteidigte der Architekt und Verleger Philipp Meuser kürzlich die berüchtigte WBS 70, Plattenhochhaustyp der DDR, als „poli-tische Ästhetik“.
Ein Ende ist erreicht, wenn es an die Gesund-heit geht: Der Benediktinerpater Anselm Grün schreibt in „Schönheit – Eine neue Spiritualität der Lebensfreude“: „Die Atmosphäre, die ein Bau ausübt, kann auf uns heilend oder krankmachend wirken.“ Nach Grün muss der Mensch sich im Haus wortwörtlich zu Hause fühlen. Das Gegenteil ist die „Unwirtlichkeit unserer Städte“ – so der Titel eines Essays des Arztes und Autors Alexan-der Mitscherlich aus dem Jahr 1965. Ihnen habe die Architektur im Bestreben um Funktionalität das Herz herausgerissen – und sie vermitteln uns das Gefühl, selbst auf das bloße Funktionieren reduziert zu werden.
Gibt es eine Formel für die Schönheit? Land-schaftsplaner zum Beispiel sind davon überzeugt: Eine neue Software zeigt auf der Skala von eins bis zehn an, wie „schön“ ein Ort ist. Basis des prophetischen Programms sind Noten von Nut-zern – sie goutieren Abwechslungsreichtum und Kleinteiligkeit. Heinrich Schatteburg wusste das
freilich schon vor über 100 Jahren: „Das Auge sucht eben die Natürlichkeit“, schreibt er in sei-nem Werk „Über die Schönheit in der Architektur“. Wobei er einräumt, sie werde „von verschiedenen Menschen verschieden“ empfunden.
Ob man eher für das eine oder das andere empfindet – ein Aspekt gilt immer: Der Architekt ist Alleinherrscher. Er diktiert den Stil. Damit und darin leben müssen andere. Das gilt auch für die Wellblechhütte in einer Münchener Reihen-haussiedlung, die soeben zum „Haus des Jahres“ gekürt wurde. „Niemals habe ich damit gerechnet“, war die Reaktion des Architekten. Das Wohnhaus mit dem Spitznamen „Neue deutsche Welle“ ist zweifellos originell, es ist preiswert, doch wollen die Bewohner wirklich den Rest ihres Lebens auf diese „graue Wohn-Maus“ schauen?
Der chilenische Architekt Alejandro Aravena versucht seit 2015 etwas Neues: Sein Büro „Ele-mental“ plant und baut Häuser für arme Menschen der Elendsviertel Chiles, doch nur zur Hälfte – ab dem Rohbau sind die Bewohner dran. Nach ihren Vorstellungen dürfen sie die restlichen 50 Prozent vollenden. Das spart vordergründig Geld, doch noch wichtiger: Es sorgt für eine Identifikation der Bewohner mit ihren Wohnungen. Hier gefällt die Architektur den Rezipienten vom ersten Moment an – und nicht erst Jahrzehnte später. ■
Die sternförmige Idealstadt Palmanova in Norditalien, deren Grundriss vor allem militärischen Vorgaben folgt
29
DAS PRINZIP GOLDBECK
Freizeit-Tipp: Das Weltall. Unendliche Wei-
ten. Dies sind die Abenteuer – nein, nicht
des Raumschiffs Enterprise. In Münster
werden Sie selbst zum Raumfahrer, und
das ganz bequem im drehbaren Liegesessel:
Das Planetarium im Westfälischen Landes-
museum zeigt den naturgetreu nachgebil-
deten Sternenhimmel, lässt ferne Welten
wie durch ein Raumschifffenster erleben
und bietet darüber hinaus wissenschaftliche
Vorträge, Konzerte, Lesungen und spannen-
de Kinderprogramme.
www.lwl-planetarium-muenster.de
„Drum o Mensch, sei weise, pack die
Koffer und verreise“, sagte Wilhelm
Busch. Ein guter Rat! Also nutzen auch
wir unsere Möglichkeiten und machen
uns – zumindest gedanklich – auf den
Weg. Zahlreichen unserer Niederlassun-
gen haben wir in den vergangenen Aus-
gaben unseres Kundenmagazins schon
einen Besuch abgestattet. Heute sind
Frankfurt, Münster und Birmingham an
der Reihe. Gute Reise!
Birmingham
Rhein-Main
Münster
Willkommen im Sternentheater! Das Planetarium Münster bietet
die schärfste digitale Bildauflösung in Deutschland.
30 BAU E N
„Münster hat alle Vorteile
einer Großstadt ohne deren
Nachteile“ – so wirbt die
Wirtschaftsförderung des
westfälischen Oberzentrums.
Anders formuliert: In Münster
lässt es sich gut leben und
arbeiten. Das bestätigen das
„IW Consult“-Städte ranking
2016 – und Dirk Klöpper,
GOLDBECK-Niederlassungs-
leiter vor Ort.
Typische Geräuschkulis-se: Glockenläuten und Fahrradklingeln. Die Münsteraner bewegen sich bevorzugt per Rad
durch ihre katholisch geprägte Stadt. Kein Wunder, denn fast 50.000 von ih-nen sind Studierende an einer der acht Hochschulen. Zum Beispiel der West-fälischen Wilhelms-Universität, der drittgrößten Universität Deutschlands. Und deren Institute und Seminare, La-bore und Hörsäle sind über ganz Müns-ter verteilt. Doch vom Studenten-Kli-schee am Aasee sollte sich niemand täuschen lassen. Münster überzeugt nicht nur als Wissens-, sondern auch als Wirtschaftsstandort. Im Städteran-king von IW Consult landete die Stadt auf Platz eins in Nordrhein-Westfalen. Dirk Klöpper: „Wir haben zwar keinen Audi, Daimler oder Bayer in der Region,
dafür aber viele Hidden Champions.“ Mittelständisch, bodenständig, fleißig, ehrlich – so charakterisiert der Nieder-lassungsleiter seine typischen Kunden. „Hier zählt das Wort. Unsere Verträ-ge schließen wir auf Augenhöhe, die Abwicklung ist geprägt von Vertrauen und Loyalität.“ Der 40-Jährige stammt selbst aus der Region, hat in Müns-ter und Portsmouth (GB) studiert und ist seiner Heimat treu geblieben. Seit 2007 arbeitet er bei GOLDBECK, seit 2008 in der damals neu gegründeten Niederlassung. „Inzwischen spüren wir deutlich, dass wir angekommen sind“, sagt Klöpper. „Vor acht Jahren kannte hier noch niemand GOLDBECK. Heute sind wir mit unserem 30-köpfi-gen Team einer der stärksten Player am Markt.“ Die Zeichen stehen weiterhin auf Wachstum. Deshalb sucht Klöp-per weitere Mitstreiter – besonders für
Vertrieb und TGA. Er sieht Parallelen zwischen münsterländischer Mentali-tät und GOLDBECK-Philosophie. Weil auch der Osnabrücker Raum ähnlich geprägt ist, hat er sich dessen Erschlie-ßung für die kommenden Jahre vorge-nommen. Erste Projekte gibt es hier bereits: Nachdem in Osnabrück-Lotte ein Brand die Logistikhalle der Spedi-tion Sostmeier komplett zerstört hatte, sorgte GOLDBECK in Rekordzeit für Ersatz. Doch auch in Münster prägt die Niederlassung das Stadtbild. Zum Beispiel im Technologiepark, einem der Wachstumsstandorte hier. Das drei- eckige Bürogebäude für die Firmen Connectiv und Anaptis der Brüder Tho-mas und Markus Thyen nutzt ein Eck-grundstück optimal aus und bietet auch einer Siemens-Niederlassung Raum. ■
Münster31
Rhein-MainEin Russe, ein Italiener und eine Griechin sitzen
zusammen am Besprechungstisch. Kommen eine
Türkin, ein Slowake und Sachse dazu. Kein Witz –
sondern ganz normaler Arbeitsalltag in der
GOLDBECK-Niederlassung Rhein-Main.
Freizeit-Tipp: Ein Museum, in dem
es nichts zu sehen gibt? Ja! Das
Frankfurter DialogMuseum lädt Se-
hende dazu ein, die Welt aus der
Perspektive von Nicht-Sehenden
zu erfahren. Besucher werden von
blinden Mitarbeitern des Museums
durch sechs vollkommen dunkle Er-
lebnisräume geleitet. Auch team-
bildende Firmentrainings bietet das
Museum an, denn kommunikative
Fertigkeiten gewinnen vor diesem
Hintergrund an Bedeutung. Zudem
kommen behinderte und nicht be-
hinderte Menschen auf unverkrampf-
te Weise ins Gespräch. Spannend!
Eine Reservierung ist erforderlich
unter Bookingline 069 90432144
oder info@dialogmuseum.de oder
online über den Ticketshop:
www.dialogmuseum.de
Wir haben hier einen bunten, multikul-turellen Mix“, sagt Niederlassungsleiter Andreas Leister. Sein
28-köpfiges Team ist damit genauso facettenreich wie die Menge seiner Kunden – und das ist ganz typisch für die Region. Frankfurt ist nicht nur – neben London – der bedeutendste Finanz- und Handelsplatz Europas, son-dern auch weltoffene Metropolregion und Knotenpunkt für viele Branchen. Unternehmen aus der Lebensmittel- und Textilbranche, der Kunststoffver-arbeitung oder dem Maschinenbau setzen seit mittlerweile 35 Jahren auf GOLDBECK im Raum Frankfurt. 1981 gründete das Unternehmen hier ein Verkaufsbüro, seit 2012 gibt es die Nie-derlassung Rhein-Main. Besonderheit: GOLDBECK ist in der Region höchst spezialisiert unterwegs. Denn neben der Niederlassung gibt es die Geschäfts-bereiche „Groß- und Industriekunden“,
„Büroimmobilien und Parkhäuser“ und „Bauen im Bestand“. Das Konzept der Differenzierung geht auf. Leister: „Im vergangenen Jahr haben wir es geschafft, nahezu jedes Angebot in einen Auf-trag zu verwandeln. Unsere Kunden bekommen das Beste aus zwei Welten: Eine sehr gute, produktspezifische Be-treuung, bei der alle Fäden bei einem
Ansprechpartner zusammenlaufen, und die Sicherheit des Unternehmens GOLDBECK im Hintergrund.“ Noch sind die vier Spezialisten nicht unter einem Dach – doch ein „GOLDBECK-Haus“ in Frankfurt ist das mittelfristige Ziel.
Schon jetzt prägen viele GOLDBECK-Projekte die Region. Zum Beispiel das markante Verwaltungsge-bäude für den Energieversorger Süwag Energie AG in Ilsfeld, das mit seiner Solarfassade das Unternehmensmotto
„Energie sichtbar machen“ eindrucks-voll verdeutlicht. Oder Halle und Büro in Dietzenbach, die der Schleifmaschi-nenhersteller Diskus-Werke und die Pittler T&S GmbH gemeinsam nutzen. Jüngst erfolgte in Oberursel ein Spaten-stich im Auftrag der Christian Bollin Armaturenfabrik. „Ein ganz klassisches Projekt für uns“, so Leister. „Der Kunde ist ein mittelständischer Marktführer, wir schneidern ihm eine neue Produk-tionshalle plus Büro und Sozialräume sozusagen auf den Leib.“
Und genauso kann es für Andreas Leister auch weitergehen. „Wir haben uns das Ziel gesetzt, die Qualität un-serer Arbeit noch weiter zu steigern, unsere tolle Mannschaft zu erhalten – und den Spaß im Team nicht zu kurz kommen zu lassen ...“ ■
32 BAU E N
Patrick King ist Nieder-lassungsleiter in Bir-mingham und gebürtiger Waliser. „Wir haben Park-häuser gebaut für die Su-
permarktkette Sainsbury’s, den Strom- und Gasnetzbetreiber National Grid und die Bahngesellschaft Network Rail, in deren Auftrag wir gerade das elfte Parkhaus realisieren.“ Das Parkhaus für National Grid in Warwick erhielt den British Parking Award als „Best New Car Park“. 16 Köpfe zählt Kings Team, und es wächst. Ende des Jahres wird die Niederlassung aus Milton Keynes in ein größeres Büro in der Nähe des Flughafens Birmingham ziehen. Damit rückt sie noch näher an die zweitgrößte Stadt Großbritanniens. Birmingham liegt im Herzen des Landes. Hier kann man im „thinktank – Birmingham scien-ce museum“ die älteste noch funkti-onierende Dampfmaschine der Welt anschauen – 1779 gebaut von James Watt. Und vielleicht ist sie so etwas wie das Herz der Stadt, denn Birmingham war eines der Zentren der industriellen Revolution in England. Längst sind die rauchenden Schlote einer modernen, dienstleistungsgeprägten City gewichen. Nach wie vor ist die Region industriell geprägt, wirtschaftlich prosperierend und über Autobahnen, Flughafen und Eisenbahn bestens vernetzt. Ähnlich erfolgreich wie im Parkhausbau möchte King deshalb auch in Sachen Logistik und Büro werden. Das jüngste Büro-projekt, das GOLDBECK auf der Insel realisierte, sorgt für Aufmerksamkeit. Es entsteht im Auftrag von Bentley Motors. Der britische Automobilher-steller ist offizieller Hoflieferant der britischen Königsfamilie und gehört zur Insel wie Linksverkehr und Fünfuhrtee. Am Unternehmenssitz in Crewe baute
GOLDBECK für die Volkswagen-Toch-ter das über 7.000 Quadratmeter große Bürogebäude, in dem jetzt das Bentley Engineering residiert. Doch eins zu eins ist die GOLDBECK-Bauweise nicht auf den britischen Markt übertragbar. Besonders die Sicherheitsvorschrif-ten sind hier deutlich strenger als in Deutschland. Patrick King: „Hier haben wir unsere deutschen Kollegen intensiv geschult.“ Weiterer Unterschied: Der britische Markt ist stärker von Investo-ren geprägt, die zudem besonders hohe Garantien auf die Gebäude erwarten.
„Beste Aussichten also für GOLDBECK“, so King, „denn diesen Anforderungen entsprechen unsere Gebäude völlig pro-blemlos!“ ■
Freizeit-Tipp: Wären Sie gern einmal zu Gast bei einem Industriellen der ersten Stunde?
Wenn es Ihnen nichts ausmacht, dass Ihr Gastgeber schon vor über 200 Jahren verstorben
ist, dann haben Sie in Birmingham dazu Gelegenheit. In Soho House residierte Matthew
Boulton, Freund und Geschäftspartner von James Watt und Besitzer einer der ersten Fabriken
der Welt. Sein Heim ist heute ein Museum, das seine Besucher auf charmante Weise in die
Vergangenheit entführt – Dampfheizung inklusive ...
www.birminghammuseums.org.uk/soho
Wer hätte das gedacht:
Die Nummer eins beim
Parkhausbau in Groß-
britannien kommt aus
Deutschland! „Das ist
unsere Königsdisziplin“,
sagt der Mann mit dem
passenden Namen.
Birmingham33
Weltmeisterschaft im Maschineschreiben,
Bern 1967. Seit den 50er-Jahren und bis
heute treten Tastenkünstlerinnen und
-künstler zu diesem Wettstreit an.
34 G E S E L L SC H A F T
Eine kleine Kulturgeschichte des Büros.
Bastion der Buchführung, Verwaltungs-
apparat, kreativer Tummelplatz – das Büro
hat viele Gesichter. Doch nicht nur als Hort
der Kulturtechniken Lesen, Schreiben und
Rechnen ist der Arbeitsplatz „Büro“ ein
kulturhistorisches Kleinod. Kein Handel,
kein Staatsapparat, keine Wirtschaft ist
ohne es denkbar. ►
WER SCHREIBT, DER BLEIBT
35
Renate, lassen Sie uns zur Sitzgrup-pe gehen!“ Loriot-Fans wissen so-fort, wo diese Szene spielt und haben pflegeleichte Auslegeware, Stehlampe und Gummibaum vor
Augen. Sie zieren das Büro von Dr. Karl-Heinz Meltzer, dem Chef der Vereinigten Europa-Triko-tagen GmbH Meltzer & Co. und Vorgesetzten von Renate Dinkel. Loriots Sketch „Liebe im Büro“ mit Evelyn Hamann und Vicco von Bülow zeichnet ein wunderbares Bild der deutschen Büropiefigkeit in den 70er-Jahren. Und obwohl uns dieses Ambiente heute liebenswert altmodisch erscheint, hatte das Büro als Arbeitsraum zu diesem Zeitpunkt schon eine jahrtausendealte Tradition.
Bier-Boni
Im Britischen Museum liegt ein auf den ersten Blick unscheinbares Ausstellungsstück, kaum größer als eine Kinderhand. Es ist eine Tontafel mit seltsamen eingeritzten Zeichen, 5.000 Jahre alt. Und so klein die Tafel ist, steht sie doch für einen Funken, der damals eine gewaltige Explosion ent-zündete. Denn die Tontafel aus Mesopotamien ist eines der frühesten Beispiele von Schrift. Ohne Schrift, ohne die Möglichkeit, komplexe Sach-verhalte zu notieren, ist kein Staatsapparat, keine Verwaltung vorstellbar. Die Tontafel im Britischen
Museum erzählt von Bier und Bürokratie: Der Staat entlohnte seine Arbeiter mit Bier für ihre Arbeit, und die Tontafel diente wohl als Verzeichnis der geleisteten „Zahlungen“. Und ob der Schreiber, der die Zeichen in den weichen Ton drückte, nun auf einer Matte im Sand oder auf einem Hocker im Schatten saß: Er war einer der ersten „Büroarbeiter“ unserer Geschichte.
Kaufmannsstolz
Zeitsprung. Wir heben ab und überspringen vier- einhalb Jahrtausende. Es ist das Zeitalter der Renaissance. Sie stellt den Menschen in den Mit-telpunkt ihrer Weltsicht, es herrscht Aufbruch-stimmung in Europa. Der Fernhandel blüht, Wis-senschaft und Kultur erweitern ihr Gesichtsfeld. In seinem Londoner Kontor treffen wir einen Zeitgenossen von Albrecht Dürer und Leonardo da Vinci. Der Hansekaufmann Georg Gisze, aus Danzig stammend, wird gerade von Hans Holbein dem Jüngeren porträtiert. Der Maler zeichnet mit scharfem Auge, nicht nur den reichen Kaufmann, sondern auch seine Attribute: Rechnungsbuch, Waage, Siegel. Selbstbewusst blickt Gisze den Betrachter an. Der Kaufmann ist das Sinnbild einer neuen, modernen Zeit, das Kontor – sein Büro – die Schaltzentrale.
Tontafel aus
Mesopotamien
36 G E S E L L SC H A F T
Das Bildnis des Danziger
Hansekaufmanns Georg
Gisze in London malte Hans
Holbein der Jüngere 1532.
Es zeigt den Kaufmann in
seinem Kontor, umgeben von
einer Vielzahl von Gegen-
ständen, die seine Arbeit und
seinen Reichtum symbolisie-
ren: Geschäftsbriefe, Siegel,
Bücher und Kostbarkeiten
aus fernen Ländern.
„Hamse jedient?“
Wir reisen weiter in der Zeit. An unserem „Lande-platz“ liegt der Geruch von Papier und Tinte in der Luft. Stahlfedern kratzen leise, gerade Rücken ste-hen an Pulten, denn Lehnstuhl und Schreibtisch sind den Vorgesetzten vorbehalten. Wir befinden uns in einer preußischen Amtsstube. Als im Ok-tober 1906 der Schuster Wilhelm Voigt als Haupt-mann verkleidet das Köpenicker Rathaus entert, dort den Bürgermeister verhaftet, die Stadtkasse raubt und damit als „Hauptmann von Köpenick“ in die Geschichtsbücher eingeht, ist er vermutlich in einen solchen Hort der Beamtenherrschaft ge-raten. Militär und Bürokratie sind hier längst eine feste Liaison eingegangen. Disziplin, Gehorsam, Korrektheit, Obrigkeitsgläubigkeit, all das passt gut zu bürokratischer Gründlichkeit. Ihren Gipfel fand sie im Dritten Reich, als Bürokratie und Ver-brechen direkt ineinander übergingen.
„Das Bürofräulein“
Wenige Jahre und ein Weltkrieg später. Sehnen-scheidenentzündung, Schwerhörigkeit, Erschöp-fung: Die Arbeit im Schreibsaal der 20er-Jahre ist kein Vergnügen. Die ersten Schreibmaschinen sind schwergängig und laut, das Bedienen erfordert Kraft. Doch die Technik wird besser, und immer mehr Maschinen halten Einzug ins Büro:
Telefon, Rechen- und Fakturiermaschine. Die Unternehmen organisieren sich neu, rational und arbeitsteilig in Abteilungen. Und auch das Chef-büro bekommt eine Ergänzung, ein vorgeschaltetes Bollwerk: das Vorzimmer nebst dort platzierter Sekretärin. In den Wirtschaftswunderjahren wird diese „Vorzimmerdame“ zum Klischee. Eben wie Renate Dinkel von den „Vereinigten Europa-Tri-kotagen“ …
An dieser Stelle ist unsere Zeitreise erst einmal zu Ende. Wir sind noch nicht in der Gegenwart angekommen. Lieber bleiben wir noch ein biss-chen bei Fräulein Dinkel und Herrn Dr. Meltzer, in einer Zeit, als alles noch wohlgeordnet und das Büro eine Institution biederster Langeweile zu sein schien. Wie bitte? Das greift Ihnen zu kurz? Dann empfehlen wir Ihnen den Artikel „Schöner arbeiten!“ auf Seite 14. Dort geht es um das Büro von heute und die verschiedenen Arbeitswelten, die es uns eröffnet. ■
37
Sie bewegen sich in der Regel in hoch spezialisierten Märkten
und sind dort überaus erfolgreich. Sie fühlen sich im Mittelstand
zu Hause, blicken auf eine lange Historie zurück –
und sind oft nur Fachleuten bekannt. ►
HeimlicheGewinner
38 M Ä R K T E
Bettina Glück, Geschäftsführerin der
REMA Lipprandt GmbH & Co. KG
39
Hidden Champions fliegen unter dem Radar der breiten Masse, haben aber einen hohen Be-kanntheitsgrad in ihrem Markt. Denn sie sind unverzichtbar als
Zulieferer für Endprodukte, die jeder kennt. So wie die Firma REMA Lipprandt GmbH & Co. KG aus Rheinbach bei Bonn, die unter anderem seit Kur-zem auch Ladesysteme für Elektroautos herstellt. Wir sprachen mit Geschäftsführerin Bettina Glück über hohe Produktqualität, Kundennähe und die Wahrnehmung des Endverbrauchers.
Frau Glück, was macht Ihrer Meinung nach einen
Hidden Champion aus?
Ich denke, der Begriff erklärt dies an sich schon sehr gut. Ein Champion ist jemand, der etwas be-sonders gut kann – und das gilt auch für Hidden Champions. Diese Unternehmen erbringen in ihrem Marktsegment herausragende Leistungen. Durch ihre besonderen Kernkompetenzen gren-zen sie sich vom Wettbewerb ab und bieten ihren Kunden etwas Besonderes.
Unbekannt oder versteckt – wie es der Begriff „Hidden“ suggeriert – sind sie dabei eigentlich nur für den Endverbraucher, denn die Marktteilnehmer wie Kunden, Zulieferer oder Wettbewerber wissen sehr wohl um die „meisterhaften“ Leistungen.
REMA entwickelt unter anderem Deichselköpfe,
Notabschalter und Ladestecksysteme für die
Gabelstaplerindustrie. Die Produkte sind auf der
ganzen Welt im Einsatz. Was ist Ihr Erfolgsge-
heimnis?
REMA hat ihre Kernkompetenz im Bereich der Kontaktfertigung. Dieses Know-how ist über 90 Jahre – auch in intensiver Zusammenarbeit mit Kunden – gewachsen. Durch gezielten Wissens-transfer haben wir immer wieder neue Märkte erschlossen und innovative Produkte geschaffen. Ein Beispiel hierfür sind die Ladesysteme für Elektromobile, die wir mit unserem Wissen aus der Schnellladetechnik für Flurförderzeuge ent-wickelt haben. Die von Ihnen angesprochenen Deichselköpfe, etwa für Gabelstapler, liefern wir individuell nach Kundenwunsch. Dabei handelt es sich quasi um das Multifunktionslenkrad für elektronische Hubwagen.
Auch den roten Notabschalter kennt jeder, der schon mal mit elektronischen Fahrzeugen in Kontakt gekommen ist. Sobald etwas Unvorherge-sehenes geschieht, wird der Stromkreis mit einem Schlag auf den Schalter unterbrochen. Sie sehen: Unsere Produkte sind durchaus bekannt.
Darüber hinaus sind langjährige Kundenbe-ziehungen, die hohe Kundenorientierung und Kundennähe ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Wir sind sowohl mit verschiedenen Produktions-standorten im In- und Ausland als auch mit Nie-derlassungen in China sowie den USA vertreten. So gewährleisten wir kompetente Betreuung und Beratung vor Ort.
Oben Eine runde
Sache: Kantine am
neuen REMA-Standort
in Rheinbach
Rechts In Rheinbach
in der Nähe von Bonn
realisierte GOLDBECK
für REMA eine neue
Produktionshalle und
dieses Verwaltungs-
gebäude.
40 M Ä R K T E
Für den Endkunden steht das Endprodukt im Vorder-
grund. Zulieferer wie REMA werden in der breiten
Öffentlichkeit daher oft nicht primär wahrgenommen.
Dennoch ist das Unternehmen in seiner Branche
überaus erfolgreich. Welche Vorteile hat es, ein
„heimlicher Gewinner“ zu sein?
Für uns gelten die gleichen „Spielregeln“ wie für alle anderen Unternehmen, die wirtschaftlich erfolgreich sein wollen – egal wie bekannt oder unbekannt sie dem Endverbraucher sind. Wir können nur bestehen durch qualitativ hochwertige Produkte und innovative Lösungen, mit denen wir die Anforderungen unserer Kunden erfüllen.
Ein Vorteil für Hidden Champions ist, dass sie sich in eher kleinen und hoch spezialisierten Marktsegmenten bewegen. Dort stehen sie nicht so sehr im Wettbewerb mit Konzernen und Groß-unternehmen.
Stichwort „Wahrnehmung“: Wie punkten Sie
gegenüber Unternehmen mit größerer Markenbe-
kanntheit, insbesondere was das Anwerben von
Fachkräften angeht?
Als mittelständisches und inhabergeführtes Un-ternehmen bieten wir unseren Mitarbeitern flache Hierarchien, die Übernahme von Verantwortung, kurze Entscheidungswege und einen recht großen eigenen Gestaltungsspielraum. Nicht zuletzt auch der persönliche Kontakt zum Geschäftsführer und das direkte Gespräch sind weitere Pluspunkte. Das sind gerade im Fachkräftebereich interessante Argumente, die für uns als Arbeitgeber sprechen, unabhängig von unserer Bekanntheit beim End-verbraucher. In der heutigen Zeit möchte sich der Mitarbeiter auch wohlfühlen und Teil der Familie sein. Dies gelingt dem Mittelstand, wo die Hidden Champions zu Hause sind, sehr gut. ■
41
WER HAT’SERFUNDEN?
42 G E S E L L SC H A F T
Bei einer idealen Konstruktion ist jeder Bestandteil perfekt auf seine Funktion abgestimmt. Wäre ein Element überbe-lastet, so würde es versagen. Wäre es unterbelastet, dann wäre der Material-
einsatz nicht wirtschaftlich. Dieser Grundsatz lässt sich in der Natur überall beobachten. Dass jede Konstruktion genau ihren Anforderungen folgt, zeigt jeder Baum und jeder Knochen. Und so sollte es auch beim Bau eines Gebäudes sein. Beispiel GOLDBECK-Fundament: Es trägt die aufliegenden Stützen und damit Dach, Wandkonstruktion und Windlast. Wie die Wurzeln eines Baums liegt es deshalb breit und voluminös in der Erde. Wäh-rend beim Baum der untere Stammbereich breit ist und sich nach oben immer weiter verjüngt, ist das bei einigen GOLDBECK-Stützen nicht der Fall. Sie stehen schlank und rank und scheinbar höchst gleichmäßig geformt in einer Reihe. Doch der Augenschein täuscht: Wie bei jedem Baum wirken auch bei der Stütze unten die stärksten Lasten. Das Geheimnis steckt im Inneren: Dort ist im unteren Bereich mehr Bewehrungsstahl im Beton verarbeitet als im oberen. Der dickere
„Stamm“ wirkt hier sozusagen im Verborgenen. Das Prinzip ist aber in beiden Fällen gleich.
„Stahlbeton“ von Mutter Natur
Und noch mehr wirkt unsichtbar. Ein Baum ist dem Wind ausgesetzt, der ihn – je nach Wind-richtung – zur Seite schiebt. Auf der dem Wind zugewandten Stammseite wirkt dann ein starker Zug. Der Stamm muss aber auch Druck aushalten, zum Beispiel wenn im Winter eine dicke Schnee-decke auf dem Baum lastet. Auf diese beiden völlig unterschiedlichen Anforderungen antwortet der Baum mit einer genialen Konstruktion. Er bildet
Stamm und Äste zu einem großen Teil aus Lignin, einem steifen, aber äußerst druckfesten Material. Darin eingelagert sind biegsame Zellulosefasern. Das Lignin schafft Druckfestigkeit, die Zellulose Zugfestigkeit – und fertig ist der Stahlbeton aus der Trickkiste von Mutter Natur. Denn nicht anders funktioniert das von Menschenhand geschaffene Pendant: Beton nimmt die Druckkräfte auf, der innen liegende Bewehrungsstahl hält Zug stand. Wie ein Augenzwinkern der Geschichte wirkt es, dass ausgerechnet ein Gärtner, der Franzose Joseph Monier, 1867 auf die geniale Idee der Kombination von Stahl und Beton kam. Er war es leid, dass seine großen Pflanzkübel immer wieder zerbrachen, legte Eisendrähte – sogenannte „Moniereisen“ – in den Beton ein und ließ sich seine Erfindung patentieren. Seitdem ermöglicht Stahlbeton Konstruktionen, die zuvor statisch unmöglich schienen. Moniers Landsmann Eugène Freyssinet entwickelte das Prinzip weiter und verwendete in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts erstmals Spannbeton. Dabei werden hochfeste Drähte vorgespannt und in Beton einge-gossen – wie zum Beispiel bei den im GOLDBECK-Werk in Vrdy hergestellten Spannbetonhohldielen. Indem sie sich später zusammenziehen, verleihen sie dem Beton mehr Stabilität. Keine Überra-schung: Auch hier gibt es ein natürliches Vorbild. Im Querschnitt eines Baumstammes erkennt man nicht nur die kreisförmigen Jahresringe, sondern auch sternförmig zum Stamminneren verlaufende Holzstrahlen. Sie wirken wie starke Seile, die die Holzfasern zur Mitte ziehen. So sorgen auch sie für Stabilität – genau wie die vorgespannten Drähte im Spannbeton. Genial einfach und einfach genial. ■
Der Franzose Joseph Monier
lebte von 1823 bis 1906 und
gilt als Pionier des Stahl-
betons.
Die Welt um uns herum ist voller genialer
Konstruktionen, die nicht von Menschenhand
gemacht sind. Sie zeigen uns die Gesetze der
Statik und den rationellen Einsatz von Roh-
stoffen. Wer genau hinschaut, entdeckt Paral-
lelen zu GOLDBECK-Systemelementen.
43
MULMIG WAR
GESTERN
KRIMI? NEIN
DANKE!
oder
44 T I T E LT H E M A
Wie nehmen wir als Nutzer ein Parkhaus
wahr? Ausschlaggebend für unser Erleben
sind nach Meinung von Fachleuten das
subjektive Sicherheitsempfinden und die
Möglichkeit zur schnellen Orientierung.
Vieles lässt sich auf planerische und
bauliche Details herunterbrechen.
Die Einfahrt ist eine Mutprobe. Seinen Wagen in den finsteren, steil abfal-lenden Schlund hinabzusteuern, erfordert Courage. Was der triste Zweckbau von außen verspricht,
hält er im Innern. Sich in den engen, verwinkelten Fahrgassen zu orientieren, fällt schwer. Flackernde Leuchtstoffröhren sorgen für schummeriges Licht. Müll, Taubendreck, der oft muffige Geruch und wilde Graffiti tun ein Übriges. Es ist diese unwirt-liche Atmosphäre, die Parkhäuser alter Bauart zur beliebten Kulisse für Fernsehkrimis macht. Das Parkhaus als Angstraum.
Doch das geht auch anders. Der ADAC spricht Empfehlungen zur Benutzerfreundlichkeit von Parkhäusern aus – denn die entscheidet heute über deren Auslastung und Erfolg. „Natürlich steht die Funktionalität weiterhin im Vordergrund“, sagt Markus Mühlhaus, Produktmanager Parkhaus bei GOLDBECK. „Aber der Fokus ist vom Auto auf die Bedürfnisse der Nutzer gewandert.“ 2013 hat der ADAC erfragt, worauf Parkhausnutzer den größten Wert legen. Ganz vorne: niedrige Preise, günstige Lage, leicht befahrbare Rampen und Fahrgassen, breite Stellplätze und helle Beleuchtung.
Sinneseindrücke zählen
Steuern wir auf ein Parkhaus zu, zählt, wie so oft, schon der erste Eindruck. Wir registrieren, wie Gebäude und Fassade gestaltet sind. Bedeutender aber sind unsere Sinneseindrücke im Innern. Düs-tere Ecken, klappernde Gittertüren, nach Abgasen riechende Luft und unauffindbare Ausgänge sind Minuspunkte. „Wie wir als Nutzer ein Parkhaus
erleben, hängt maßgeblich von Kriterien ab, die in die Bereiche Sicherheit und Orientierung fallen“, sagt Markus Mühlhaus.
Ausreichend hohe Geschosse, eine unverstell-te Sicht und flache, gut einsehbare Rampen sind wichtige Mosaiksteine für eine positive Raum-wahrnehmung und stärken unser subjektives Sicherheitsempfinden. Gleiches gilt für eine Be-leuchtung, die sämtliche Flächen gut ausleuchtet – also auch Zugangsbereiche und Treppenhäuser. Auch Videokontrolle, Notruftaster oder die An-wesenheit eines Parkwächters können unserem Sicherheitsgefühl zugutekommen. ►
Eine Anzeige der
freien Parkplätze auf
jeder Ebene erhöht
den Nutzungskomfort.
Dahinter steckt eine
fein justierte Erfas-
sungstechnik.
45
Schnelle Orientierung ist Trumpf
„Die räumliche Organisation sollte uns intuitiv eine schnelle Orientierung ermöglichen“, erklärt Markus Mühlhaus. Das beginnt mit der Anzeige der freien Stellplätze an der Einfahrt. Eindeutige Beschilderung und klare Wegeführung sollten uns direkt zum freien Parkplatz leiten. Eine sensor-gestützte Einzelplatzerfassung mit LED-Anzeige macht das Ziel schon von Weitem sichtbar. Die von GOLDBECK eingesetzte LED-Technik zeigt freie Plätze grün, belegte rot und Sonderpark-plätze blau an – und sorgt zudem für eine exakte Restplatzanzeige.
Garanten für bequemes Einparken und Aus-steigen sind in GOLDBECK-Parkhäusern die stüt-zenfreien Parkräume und die komfortable Stell-platzbreite: 2,50 Meter sind Standard, 2,70 Meter möglich. Wird der Fahrer zum Fußgänger, bewegt er sich auf breiten, hellen, eindeutig beschilder-ten Geh- und Überwegen. Oft sind es Details, die bleibenden Eindruck hinterlassen. Wer mit Ein-kaufstüten beladen feststellt, sich den Standort seines Autos nicht gemerkt zu haben, ist dankbar für farblich voneinander abgesetzte Parkebenen und eindeutige Stellplatznummerierungen.
Wohlfühloase ist nicht der Anspruch
„Die Lage des Parkhauses, Tarife oder Sauberkeit liegen nicht in unserer Hand. Aber über das, was wir konstruktiv beeinflussen können, schaffen wir die Voraussetzungen für eine positive Wahrneh-mung durch die Nutzer“, sagt Markus Mühlhaus.
„Doch kein Parkhaus hat den Anspruch, eine Wohlfühloase zu sein.“ Sich beim Herausfahren schon auf die eigenen vier Wände zu freuen, ist also legitim. Vielleicht läuft ja ein Krimi im Fern-sehen. ■
Interview mit Dr. Rotraut Walden
bau|zeit: Frau Dr. Walden, womit befasst sich die Architekturpsychologie?
Dr. Rotraut Walden: Sie erforscht die Wirkung der gestalteten Umwelt auf den Menschen. Meistens geht es darum, wie sich die Gestaltung eines Gebäudes auf das menschliche Erleben, Wohlbefinden und Verhalten auswirkt. Damit ist sie eine sehr praxisrelevante Disziplin – denn Un-tersuchungen belegen beispielsweise, dass ein hohes Wohlbefinden die Arbeits- und Lernleistung verbessert.
bau|zeit: Nun sind Parkhäuser keine Lernor-te. Trotzdem: Welche Faktoren beeinflussen aus architekturpsychologischer Sicht ihre Wahrnehmung?
RW: Zum Beispiel die Höhe der Parkdecks: Sind sie zu niedrig, kann das für Angst-gefühle sorgen. Die verstärken sich noch, wenn der Raum durch die Farbgebung und unzureichende Beleuchtung bedrückend wirkt. Betonflächen sollten durch helle Farben aufgefrischt werden. Sind solche Kriterien erfüllt, sorgt das für eine positive Raumwahrnehmung und damit Wohlbe-finden.
bau|zeit: Welche Folgen hat es, wenn diese Anforderungen nicht erfüllt sind?
RW: Nach der Feldtheorie von Kurt Lewin ist das Verhalten eine Funktion von Person und Umwelt. Es gibt eine enge Wechselwir-kung zwischen Mensch und Lebensraum. Übertragen auf Parkhäuser bedeutet das: Wird das Gebäude als eng, unübersichtlich, unbehaglich wahrgenommen, werden die Menschen es wahrscheinlich meiden.
„Enge Wechselwirkung“
Dr. phil. Rotraut Walden ist Privat-
dozentin für Architekturpsychologie
an der Universität in Koblenz. Im
Interview erklärt sie, wie sich die
Gestaltung von Parkhäusern auf
unser Wohlbefinden auswirkt.
„ Die räumliche Organisation sollte
uns intuitiv eine schnelle Orien-
tierung ermöglichen.“
Markus Mühlhaus
46 T I T E LT H E M A
Für den Kommunikationstechnik-Spezialisten
Kathrein in Rosenheim realisierte GOLDBECK
dieses Parkhaus, zudem ein Bürogebäude,
ein Rechenzentrum und eine Werkstatt.
47
Passend zu unserem Leitthema
Wahrnehmung beschäftigt sich das
Glossar in dieser Ausgabe mit der
Fassadentechnik. Denn nichts steuert
mehr zur visuellen Wahrnehmung bei
wie die Gebäudehülle.
Vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF)
Bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden verbleibt ein Hohlraum
zur Luftzirkulation zwischen Außenelement und Dämmung, der
sogenannte Hinterlüftungsraum. Vorteil dieses Systems: Das äußere
Fassadenelement hält Belastungen durch thermische Schwankungen
von der Dämmung fern. Eine Unterkonstruktion verbindet Gebäude,
Dämmung und Fassade. Sie überträgt die angreifenden Windlasten
und die Eigenlasten der Außenbekleidung durch die Dämmung auf
die Außenwand.
Agraffe
Das Wort stammt aus dem Französischen und bedeutet so viel
wie Klammer oder Spange. Genießer verbinden das Wort mit dem
Drahtgestell, das sich um den Korken einer Sektflasche windet. Im
Gegensatz dazu oder zu einer handelsüblichen Spange ist die Agraffe
im Fassadeneinsatz allerdings unsichtbar. Sie ist die Einstanzung am
Außenelement einer Kaltfassade und fixiert die Unterkonstruktion.
Oder den Sektkorken.
Pfosten-Riegel-Fassade
Ganz ohne Unterkonstruktionen und Agraffen kommt dieses Fas-
sadensystem zurecht, denn es handelt sich um eine Warmfassade.
Vertikale Pfosten stützen die Konstruktion, während die horizontal
angebrachten Riegel in der Lage sind, großflächige Fensterfronten
zu tragen. Daher kommt die Pfosten-Riegel-Fassade auch bevorzugt
bei repräsentativen Gebäuden mit offener Bauweise zum Einsatz.
Neben Pfosten und Riegeln besteht sie aus Press- und Deckleisten,
Glasscheiben und anderen Einsatzelementen.
GL
OSS
AR
48
Kompetenz vor Ort – immer in Ihrer Nähe
Gut, wenn ein Ansprechpartner immer in der Nähe ist. Noch besser, wenn er die regionalen Gegebenheiten kennt. Am besten aber ist es, wenn bei ihm alle Fäden zusammenlaufen und er kompetent all Ihre Fragen beantworten kann. Unser Niederlassungsnetz macht’s möglich! www.goldbeck.de
Vorschau
Impressum
Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt:
Geschäftsleitung GOLDBECK GmbH,
Ummelner Straße 4–6, 33649 Bielefeld,
Tel. 0521 9488-0
Redaktionsleitung: Tanja Adler | Editorial: Jörg-Uwe
Goldbeck | Texte: Katrin Borcherding, Thierry Krauser,
Rückerconsult GmbH Dr. Ulrich Nagel, Daniel Timme,
Robert A. Wildberg | Gestaltung: deteringdesign.de |
Titelbild: Freedom Tower von Trina Merry | Bildnach-
weise: Paul Langrock / Zenit / laif (S. 10), Bertrand Rie-
ger / hemis / laif (S. 26), PromoTurismoFVG (S. 29), LWL /
Oblonczyk (S. 30), Dialogmuseum (S. 32), Birmingham
Museums Trust (S. 33), Loelinger / Keysto-
ne / laif (S. 34), Rina H. / photocase.de
(S. 42) | Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit schriftlicher Genehmigung.
Lob oder Anregungen,
Kommentare oder Kritik?
Ihre Meinung ist uns wich-
tig! Schreiben Sie uns an:
bauzeit@goldbeck.de
Im Frühjahr erscheint die nächste Ausgabe unserer
„bau|zeit“ – mit dem Leitthema Vielfalt. Sie macht
das Leben bunt, bereichert die innere und äußere
Welt und verbindet Toleranz mit Zukunftsfähig-
keit. Wir leben sie täglich: in unseren Produkten, in
den Kontakten mit unseren Kunden und im Mit-
einander im Unternehmen. Und wir halten es mit
Richard von Weizsäcker: „Das Lebenserhaltende ist
die Vielfalt.“
Hamburg
Kiel
Bremen
Hannover
Magdeburg
BerlinMünster
Bielefeld
Düsseldorf
BochumHamm
KölnKassel
Erfurt
Leipzig
Dresden
Koblenz
Gießen
SuhlPlauen
FrankfurtMannheim
Nürnberg
Stuttgart
Regensburg
Ulm
München
Rosenheim
RostockBirmingham
Kutná Hora
Tovačov
Krakau
Posen
St. GallenBregenz
SalzburgBratislava
Wien
Linz
Prag
Bodensee
Karlsruhe
49
www.goldbeck.de
Her
bst /
Win
ter
201
6ba
u | ze
it
Titelbild Die US-amerikanische Künstlerin Trina Merry bemalt
Menschen und lässt sie so in Landschaften oder Skylines ver-
schwinden. Merry wurde 1980 in Seattle geboren und lebt heute
in New York. Unser Titelbild zeigt eines ihrer Bodypainting-Models
vor dem One World Trade Center (Freedom Tower) in New York.